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SONDERDRUCK RGZM – TAGUNGEN Band 16 Martin Grünewald · Stefan Wenzel (Hrsg.) RÖMISCHE LANDNUTZUNG IN DER EIFEL NEUE AUSGRABUNGEN UND FORSCHUNGEN Tagung in Mayen, vom 3. bis zum 6. November 2011 Römisch-Germanisches Zentralmuseum Forschungsinstitut für Archäologie Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 2012
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E. Saal, Neue Ausgrabungen an der römischen villa mit Eisenverhüttung >>An den Maaren

Apr 22, 2023

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Sonderdruck

rGZM – TaGunGen Band 16

Martin Grünewald · Stefan Wenzel (Hrsg.)

röMiSche LandnuTZunG in der eifeL

neue auSGrabunGen und forSchunGen

Tagung in Mayen, vom 3. bis zum 6. November 2011

römisch-Germanisches Zentralmuseum

Forschungsinstitut für Archäologie

Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 2012

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Redaktion: Martin Grünewald, Claudia Nickel, Marie Röder, Stefan Wenzel (RGZM)Satz: Dieter Imhäuser, Hofheim a. T.Umschlaggestaltung: Reinhard Köster (RGZM)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie: Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-88467-208-2ISNN 1862-4812

© 2012 Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funk- und Fernsehsendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem (Fotokopie, Microkopie) oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungs-anlagen, Ton- und Bildträgern bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Vergütungsansprüche des §54, Abs.2, UrhG. werden durch die Verwertungsgesellschaft Wort wahrgenommen.

Herstellung: Strauss GmbH, MörlenbachPrinted in Germany.

Die Tagung wurde gefördert von

Veranstaltet in Kooperation von

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III

INhalt

Axel von Berg · Thomas Fischer · Holger SchaaffVorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX

Fritz MangartzRömerzeitliche Mühlsteinproduktion in den Grubenfeldern des Bellerberg-Vulkans bei Mayen (Lkr. Mayen-Koblenz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Tatjana Gluhak · Jutta Geisweid · Wenxing XuMineralogische Untersuchungen von Basalt, Tuff und Keramik als Erkenntnismittel für römische Landnutzung und Wirtschaftsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Bernd C. OesterwindSpätlatènezeit und frühe Römische Kaiserzeit in und um Mayen (Lkr. Mayen-Koblenz) . . . . . . . . . . . . . 49

Elena KöstnerStadt, Land, Fluss: rechtliche Aspekte der Landnutzung in der Eifel nach dem Gallischen Krieg . . . . . . . 73

Antonia M. GlaubenDer vicus von Mayen (Lkr. Mayen-Koblenz). Alte Grabungen und neue Forschungen . . . . . . . . . . . . . . . 87

Angelika HunoldMayen und der Katzenberg (Lkr. Mayen-Koblenz). Spätrömische Höhenbefestigungen als Elemente der Landnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

Lutz GrunwaldDie römischen und frühmittelalterlichen Töpfereien von Mayen (Lkr. Mayen-Koblenz). Eine zwischenzeitliche Standortbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Stefan WenzelVilla und burgus von Obermendig »Im Winkel« (Lkr. Mayen-Koblenz) im Kontext der römischen Besiedlung des Segbachtals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Martin GrünewaldReiche Steinbruchbesitzer? Die villa in Axialhofanlage von »Lungenkärchen« bei Mendig (Lkr. Mayen-Koblenz) im Kontext der römischen Landnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

Markus Dotterweich · Stefan Wenzel · Rainer SchregLandschaftsentwicklung seit der Römerzeit im westlichen Segbachtal bei Mayen (Lkr. Mayen-Koblenz) in der Osteifel. Erste Teilprojektergebnisse des DFG-Projekts »Zur Landnutzung im Umfeld eines römischen Industriereviers« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

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IV

Tanja ZerlEin Getreidevorrat aus dem spätantiken burgus »Im Winkel« bei Obermendig (Lkr. Mayen-Koblenz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Lothar BakkerRädchenverzierte Argonnensigillata aus Mendig und Thür (Lkr. Mayen-Koblenz) . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

Jérémie ChameroyFundmünzen aus Mendig (Lkr. Mayen-Koblenz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Viktoria BaurDie ländliche Besiedlung im Umfeld der Basaltsteinbrüche und des vicus von Mayen (Lkr. Mayen-Koblenz) in römischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

Ricarda GiljohannZur ländlichen Besiedlung im Umland der Tuffbergwerke zwischen Andernach und Mayen (Lkr. Mayen-Koblenz) in römischer Zeit. Ein Vorbericht zur Besiedlungsentwicklung in einer antiken Industrielandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

Sibylle FriedrichDie römischen Töpfereien von Weißenthurm am Rhein (Lkr. Mayen-Koblenz) und ihr Umland . . . . . . . 263

Salvatore OrtisiDer vicus bei Nettersheim (Kr. Euskirchen) und die römische Besiedlung des oberen Urfttals . . . . . . . . 279

Klaus GreweRohstoff Wasser – die Eifel als Wasserversorger der CCAA. Neue Forschungsergebnisse zum Aquäduktbau im Rheinland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

Eveline SaalNeue Ausgrabungen an der römischen villa mit Eisenverhüttung »An den Maaren« in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Lkr. Ahrweiler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

Achim H. SchmidtDie »Bunte Kuh« – ein spätrömischer Siedlungsplatz bei Bad Neuenahr-Ahrweiler (Lkr. Ahrweiler) . . . . 311

Hans NortmannZu den eisenzeitlichen Wurzeln römischer Besiedlung im westlichen Treverergebiet . . . . . . . . . . . . . . . 321

Peter Henrich · Carsten MischkaRömische Villen in der westlichen Vulkaneifel. Untersuchungen zur regionalen Raumplanung . . . . . . . 327

Bernd BienertEifelkeramik – Dependance Speicher / Herforst (Eifelkreis Bitburg-Prüm). Zum gegenwärtigen Forschungsstand zu den römischen Großtöpfereien in der Südeifel . . . . . . . . . . . 343

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V

Michiel Gazenbeek · Jean-Denis LaffiteL’archéologie du paysage antique en Lorraine. Recherches récentes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

Jean-Paul PetitLa micro-région de Bliesbruck-Reinheim (dép. Moselle / F; Saarland / D) à l’époque romaine. État des recherches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

Raymond BruletLa diffusion de la céramique de l’Eifel au Bas-Empire dans l’ouest des provinces de Germanie et de Belgique Seconde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431

Paul Van OsselLandnutzung und Rohstoffvorkommen: die spätrömischen Sigillata-Produktionen im Pays de France, zwischen Paris und Meaux . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465

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299Römische Landnutzung in der Eifel

EvELinE SaaL

Neue AusgrAbuNgeN AN der römischeN Villa mit

eiseNverhüttuNg »AN deN mAAreN« iN bAd NeueNAhr-

Ahrweiler (lkr. Ahrweiler)

Im Stadtwald von Ahrweiler finden auf die Initiative des Fördervereins für Archäologie und Museumskultur Bad Neuenahr-Ahrweiler e. V. (FAM) in Kooperation mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Direktion Landesarchäologie, Außenstelle Koblenz (GDKE), seit zwei Jahren archäologische Ausgra-bungen zur römischen Besiedlung im unteren Ahrtal statt 1. In römischer Zeit gehörte das verkehrsgünstig im unmittelbaren Hinterland der Rheingrenze gelegene Ge-biet der Provinz Germania inferior bzw. der Provinz Germania secunda mit der Provinzhauptstadt Köln (Co-lonia Claudia Ara Agrippinensium) an. Heute befindet sich die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler im Norden von Rheinland-Pfalz und dort im Landkreis Ahrweiler. Ihr Siedlungsbild wird durch den Flusslauf der Ahr geprägt, welche die Landschaft in west-östlicher Richtung durchfließt und bei Remagen-Kripp in den Rhein mündet. Die Tallagen der Ahreifel boten durch das milde Klima und die fruchtbaren Böden günstige Siedlungsverhält-nisse. Daher sind römische Hinterlassenschaften sehr zahlreich im gesamten Ahrtal zu verzeichnen. Zu den bekanntesten Fundstellen zählen etwa das Kastell von Remagen 2, die Töpferei von Sinzig 3, die Römervilla am Silberberg in Ahrweiler 4 und das Landgut von Schuld 5. In nördliche Richtung fällt das Ahrgebirge in das Rheinische Tiefland der Kölner Bucht ab, während es nach Süden hin zum Eifler Bergland stark ansteigt. Trotz der klimatisch und ackerbaulich wesentlich ungünstige-ren Siedlungsbedingungen, die der südliche Höhenrücken im Vergleich zu der Tallage bot, lassen sich auch in diesem Gebiet mehrfach römische Ansiedlungen, Grabstätten und Schürfstellen verzeichnen 6. Letztere dienen als Belege für den obertägigen Abbau von Braun- und Roteisensteinen, die in dem südlichen Höhen-zug zwischen Ahr und Vinxtbach als oberflächennahe Erzadern in den quarzitischen Sandsteinbänken der unterdevonischen Schichten anstehen 7. Durch die Ausgrabungen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn unter Prof. Dr. Otto Klee-mann in den Jahren 1958-1965 rückte die römische Siedlung in der Flur »An den Maaren« im Stadtwald von Ahrweiler in das Interesse der Forschung. Die Stelle liegt ca. 3 km südlich von Ahrweiler auf einem zum Ahrtal abfallenden Bergrücken, der westlich und östlich durch die Täler des Wingsbach und des Bachemer Bachs tief eingekerbt und begrenzt wird. In südliche Richtung steigt die Anhöhe zu der Bergkuppe des »Breite Kopf« hin an, die sich etwa 400 m von der römischen Siedlung entfernt befindet (Abb. 1).Bei den Bonner Lehrgrabungen wurde etwa ein Fünftel der 0,8 ha großen Siedlungsstelle untersucht 8. Ab-gesehen von einem kurzen Vorbericht und einer knappen allgemeinen Zusammenfassung kam die geplan-te Veröffentlichung der Ergebnisse jedoch seiner Zeit nicht mehr zustande. Die montanarchäologisch be-deutende »Eisenschmelzersiedlung« geriet daher lange Zeit in Vergessenheit 9. Ein von Kleemann erstellter Gesamtplan (Abb. 2) wurde im Jahr 1990 publiziert 10. Die wissenschaftliche Auswertung der Grabungen anhand der an die Landesarchäologie Koblenz überstellten Unterlagen erfolgte erst in den Jahren zwischen 1999 und 2003 durch Hubertus Ritzdorf 11.Seine Untersuchungen ergaben eine dreiphasige Siedlung, die nach Ritzdorf spätestens vom Ende des 1. bis in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts genutzt wurde 12. Aus der nach Münzfunden theoretisch schon in augusteischer Zeit beginnenden ersten Phase sind nur relativ wenige Fundstücke und abgesehen von

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300 e. saal · Neue Ausgrabungen an der römischen villa »An den Maaren« in Bad Neuenahr-Ahrweiler

einigen Pfostenlöchern nach Ritzdorf keine Baubefunde bekannt 13. Durch Schlackenfunde ist eine Verhüttungstä-tigkeit aber bereits für diese Frühphase gesichert 14. In der zweiten, sog. Blütephase der Siedlung, die auf das entwickelte 2. und 3.  Jahrhundert entfällt, kam es zum größten Ausbau mit einer Umfassungsmauer, mindestens einer Zisterne, Wasserleitungen sowie bislang fünf sicher nachgewiesenen Gebäuden 15 (Abb. 2). Zwei dieser Bau-werke sind durch die metallurgischen Befunde als Werk-stätten anzusprechen 16. in ihnen fanden sich insgesamt 16 Rennöfen zur Verhüttung von Eisenerz, fünf Ausheiz-herde zum Ausschmieden von Schlackenrückständen aus den Luppen sowie zwei große Darren 17. nach ausweis der umliegenden Erzabbaustellen auf dem Höhenrücken des

»Breite Kopf« dürfte die zur Siedlung gehörende Gewerbefläche etwa 1 km2 betragen haben 18. In der anschließenden dritten und letzten Nutzungsphase wurde das Siedlungsareal scheinbar verkleinert, da in den bereits ausgegrabenen Bereichen keine nennenswerten Baubefunde aus dem 4. Jahrhundert auf-gedeckt wurden 19. Es kam zur Aufschüttung von drei mächtigen Abfallhalden, die neben Siedlungsabfällen vor allem aus Schlacken bestanden und z. T. die älteren Baustrukturen aus der Vorgängerphase überlager-ten 20. Ritzdorf zufolge wurde die Siedlung in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts aufgelassen 21. Die aktuellen Forschungsgrabungen wurden in den Sommermonaten der Jahre 2010 und 2011 durchge-führt 22. Das Ziel der Untersuchungen war bei Grabungsbeginn, das Gebiet nördlich der alten Grabungsgren-ze zu erforschen und das dort befindliche, bis dahin noch nicht vollständig freigelegte Werkstattgebäude 3 komplett zu erfassen. Dazu wurden in den beiden Kampagnen vier Quadranten von je 5 × 5 m Seitenlänge eingerichtet. Anders als erwartet, setzte sich die Werkstatt jedoch nicht weiter nach Norden fort. Es zeigte sich, dass der angebaute Nebenraum bereits nach wenigen Metern endete. Durch einen breiten Korridor von dieser Werkstatt getrennt, schloss sich im Norden ein Wohnhaus an, das im 2./3. Jahrhundert sicherlich als zentrale Wohneinheit der Siedlung diente. Hier wurden zwei mit Fußbodenheizungen ausgestattete Räu-me angeschnitten, deren Hypokausten durch einen Mauerschacht miteinander verbunden waren (Abb. 3).Auf dem Ziegelboden der Heizung in Raum 1, der aus versetzt verlegten tegulae mit abgeschlagenen Leis-ten bestand, gründeten noch wenige quadratische Pfeilerplatten (laterculi) in situ. Die Innenwände des Wohnraumes waren ursprünglich mit Glasfenstern sowie mit geometrisch verzierten Buntputzen ausgestat-tet, die in einer kompakten Versturzschicht geborgen werden konnten. In Raum 2 waren runde Platten für die tragenden Hypokaustpfeiler verbaut worden, die noch bis zu acht Lagen hoch in situ erhalten waren. Ein durch zwei seitlich gemauerte Ziegelwangen begrenzter Heizkanal ragte weit in den Raum hinein. Diese Ziegelwangen stießen im Norden an zwei mächtige Tuffsteinblöcke, die wiederum in einem gemauerten praefurnium endeten, das in der Kampagne 2011 freigelegt werden konnte (Abb. 4). Bei Ausgrabungsende zeigte sich in der tiefsten dokumentierten Schicht, dass jener gemauerte Bedienraum / praefurnium auf der Mauer eines Vorgängerbaus gründete 23. Diese Baustruktur könnte theoretisch zur ersten Nutzungsphase gehört haben und somit den ersten archäologischen Befund dieses Siedlungsabschnittes darstellen. Die-se Annahme muss aber durch weitere Untersuchungen untermauert werden. Innerhalb des aufgehenden Mauerwerks des Wohngebäudes ließen sich bereits verschiedene Bauphasen beobachten, die für mittelkai-serzeitliche Um- und Anbauten sprechen. Insgesamt betrachtet war das aufgehende zweischalige Mauer-werk mit Höhen von bis zu 1 m sehr gut erhalten, was daran liegt, dass das Gebiet im Wald von Ahrweiler nach dem Ende der römischen Epoche nicht landwirtschaftlich überprägt wurde 24.

Abb.  1  Kartenausschnitt der Stadt Bad Neuenahr-Ahr-weiler: 1 römische Siedlung »An den Maaren«. – 2 Höhen-siedlung »Bunte Kuh«. – (Ausschnitt aus der TK 100 mit eigenen Ergänzungen; ©GeoBasis-DE/LVermGeoRP2012- 01-03).

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301Römische Landnutzung in der Eifel

Abb. 2 

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302 e. saal · Neue Ausgrabungen an der römischen villa »An den Maaren« in Bad Neuenahr-Ahrweiler

Die Nutzung des Wohnhauses fällt in das 2. und 3.  Jahrhundert, was große Fundmengen an Keramik sowie einige Münzfunde belegen. Je ein Denar des Elagabal (218-222) fand sich im Korridor sowie in der Brandschicht des praefurnium. Ein Denar des Septimius Severus (193-211) und ein As des Antoninus Pius (138-161) stammen aus den an das praefurnium angrenzenden Bereichen 25. Einen aktuellen Hinweis auf die mittelkaiserzeitliche Eisenproduktion liefern Funde von Eisensteinen als Rohstoff, bereits zerkleinerte Eisenerze für die Weiterverarbeitung in den Rennöfen sowie Fließschlacken als Abfallprodukte des Verhüt-tungsprozesses 26. Jene Funde konzentrierten sich vor allem im ehemals durch Holzpfosten überdachten Außenbereich südöstlich des Wohnhauses, womit dieser Ort als Lager- oder Werkplatz anzusprechen sein dürfte 27. Die Verhüttung der aufbereiteten Werkstoffe konnte in der nur 11 m weiter südlich gelegenen Werkstatt erfolgen. Insgesamt wurden in den beiden Grabungskampagnen über 60 kg vorgepochte Erze geborgen, aus denen man hypothetisch ca. 15 kg Eisen hätte gewinnen können 28. Knapp 60 kg Schlacken zeugen von einer Produktion von etwa 20 kg Eisenluppe. Die Eisenverhüttung war ein spezialisiertes Gewerbe, das ein gutes Zusammenspiel verschiedener Arbeitsbe-reiche nötig machte. Integriert in den Produktionsablauf waren die Waldwirtschaft, die Köhlerei sowie der Erzabbau. Das Erz musste zerkleinert, transportiert und möglicherweise auch gelagert werden, was ebenso wie für die benötigte Holzkohle eine gewisse Logistik voraussetzt. Dazu kamen der Ofenbau, der ausrei-chende Lehmvorkommen und technisches Know-how bedingte, und der eigentliche Verhüttungprozess, der wiederum Kenntnisse über die Rohstoffe, die ideale Schmelztemperatur und die besten Mischungs-verhältnisse bei der Ofenfüllung erforderte 29. Nach der Herstellung konnten die Weiterverarbeitung der gewonnenen Luppe und wahrscheinlich auch der Warenhandel folgen 30. Dass die Rohstoffvorkommen und die Eisenproduktion wohl als Wirtschaftsbasis der Siedlung dienten, le-gen einige jüngst geborgene Fundstücke nahe, die auf einen gehobenen Lebensstandart der Bewohner hindeuten. In der Verfüllung des praefurnium kam eine intakte Bronzeplatte mit Steilrand zutage, auf deren Unterseite sich vier Rillenpaare von einer Nachbearbeitung auf der Drehbank befinden (Abb. 5).

Abb. 3  Befund der Ausgrabung »An den Maaren« 2010. Blick auf die Fußbodenheizung des Wohnhauses. Blickrichtung Ost. – (Foto E. Saal).

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303Römische Landnutzung in der Eifel

Vergleichsfunde derartiger Platten in Silberausführung, die u. a. zum Auftragen der Speisen dienten, stam-men etwa aus den Schatzfunden von Manching (Lkr. Pfaffenhofen) 31 oder Karnak / EG 32 und datieren in die Zeit des späten 2. Jahrhunderts bis in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts. Als weitere Anzeichen für den gehobenen Lebensstil können die Funde eines versilberten und mit Vogelköpfen verzierten Griffs einer wei-teren Platte sowie diverser Glasgefäßfragmente angesehen werden. Unter den zahlreichen Eisenobjekten waren auch eine Schöpfkelle sowie zwei große Messer, die neben den vielen Keramikfragmenten von Koch- und Vorratsgefäßen sowie deren Deckeln eine Nutzung im Küchenbereich implizieren. Trachtaccessoires wie zwei Fibeln, eine beinerne Haarnadel, ein möglicher Ohrring, ein Fingerring, zwei Glasperlen und ein Armringfragment aus Glas zeugen eindrucksvoll von der Ausstattung der ehemaligen Bewohner. Als Überraschung stellte sich der Fund eines ungewöhnlichen Keramikobjekts heraus: Der mit einer Hand-habe versehene, hohle Gefäßkörper aus dünnwandiger Keramik besitzt auf der Oberseite eine kreisrunde Öffnung, um die herum eine rote Bemalung aufgetragen ist (Abb. 6). Nach dem Vergleich mit einem 23 cm langen, versilberten Bronzeobjekt aus Le Vieil-Èvreux / Cracouville / Haut-Normandie / F (dép. Eure / Musée d’Art, Histoire et Archéologie d’Evreux) zu urteilen (Abb. 7), ist das Stück als Rassel anzusprechen 33. Durch die Öffnung konnte der Hohlkörper z. B. mit kleinen klappernden Steinchen gefüllt und danach verschlos-sen werden. Einen Hinweis auf die Verwendung als Spielzeug für Säuglinge und Kinder liefert etwa die Abbildung eines kleinen Mädchens auf einem Mainzer Grabstein, das in der Hand eine Klapper hält 34. Andere Verwendungszwecke der Rassel sind daneben aber auch in musikalischen oder kultischen Bereichen denkbar. Nach wie vor ist der Wissensstand über die spätantiken Siedlungsstrukturen sehr begrenzt. Aus der Zeit des 4. Jahrhunderts sind bislang an aussagekräftigen Befundstrukturen lediglich die drei großen Schlackenhal-den bekannt, die während der Altausgrabung teilweise angeschnitten wurden 35. Die südliche Halde über-

Abb. 4  Befund der Ausgrabung »An den Maaren« 2011. Blick auf das aufgehende Mauerwerk des Wohnhauses (links) und des Neben-gebäudes (rechts) mit dazwischenliegendem Korridor. Blickrichtung Nordost. – (Foto E. Saal).

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304 e. saal · Neue Ausgrabungen an der römischen villa »An den Maaren« in Bad Neuenahr-Ahrweiler

Abb. 5  Gesamtplan der Ausgrabungen »An den Maaren« 2010-2011. Im kleinen Fenster in Planausschnitt Altgrabung Kleemann einge-bettet. – (Graphik E. Saal / A. Schmidt / M. May / D. Richter, GDKE; Gesamtplan O. Kleemann aus: Wegner 1990, 325 Abb. 209).

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305Römische Landnutzung in der Eifel

lagerte mit ihren Siedlungs- und Produktionsabfällen den gesamten Bereich des als Werkstatt genutzten Nebengebäudes 1 aus der älteren Siedlungsphase 36. Da das Gebäude aufgelassen und sogar bewusst als Müllhalde benutzt wurde, kann mit einer erhebli-chen Verkleinerung des spätantiken Siedlungsareals gerechnet werden. Dabei muss die Eisenverhüttung aber weiterhin in großem Umfang betrieben wor-den sein, wie die beachtlichen Mengen an aufge-schütteten Schlackenabfällen belegen. Das Gesamt-gewicht der drei Schlackenhalden wird von Ritzdorf mit 1000 t veranschlagt, woraus sich eine Gesamt-produktion von 333 t Eisen ergibt 37. Hätte die Eisen-herstellung kontinuierlich im gesamten 4. Jahrhun-dert stattgefunden, so müssten in der spätantiken Verhüttungswerkstatt täglich über 9 kg Eisen fabri-ziert worden sein 38. Um nähere Aussagen über das Ausmaß der Eisenproduktion zu ermöglichen, ist die Ausgrabung des spätantiken Verhüttungsbetriebes notwendig, dessen genauer Standort bislang noch unbekannt ist. Er kann aber im zentralen Siedlungskern vermutet werden, sodass von dort aus eine praktische Entsorgung der Produktionsabfälle in drei Richtungen erfolgen konnte. Hierbei nahm man keine Rücksicht auf ältere, ungenutzte Baustrukturen. Die enorme Pro-duktivität mit hohem wirtschaftlichen Ausstoß stellt in der Region einen absoluten Einzelfall dar. Aus der Überlegung, dass die Bewohnerzahl zur Blütezeit der Siedlung im 2./3. Jahrhundert im Vergleich zum verkleinerten spätantiken Siedlungsareal höher angesetzt werden dürfte, folgert Peter Rothenhöfer eine ebenfalls hohe Produktionsrate für die mittelkaiserzeitliche Siedlungsphase 39.Den bodenkundlichen Analysen nach kann eine ackerbauliche Nutzung des Gebietes aufgrund der sauren, kalkarmen und zur Staunässe neigenden Böden weitestgehend ausgeschlossen werden 40. Dieser Umstand sowie die nachgewiesene Verarbeitung der reichhaltig anstehenden Eisenerze über die gesamte Siedlungs-dauer hinweg sprechen nach dem momentanen Forschungsstand eher für eine planvolle Niederlassung in Rohstoffnähe und für die Nutzung der Ansiedlung als metallurgischen Gewerbebetrieb. Nach der Vielzahl an metallurgischen Befunden aus der zweiten Phase und den großen Schlackenmengen aus der dritten Phase der Siedlung »An den Maaren« zu schließen, dürfte man das Eisen weit über den Eigenbedarf hinaus produziert haben. Es kann damit gerechnet werden, dass der Überschuss der Gewer-besiedlung zur Deckung der Nachfrage in der Region oder in der Provinz diente 41. Für einen »Eisengewin-nungsdistrikt« oder gar für einen auf der Eisenausbeute basierenden regionalen Wirtschaftsboom mögen die weiteren, dicht konzentriert vorkommenden metallurgischen Fundstellen im Gebiet zwischen Unterer Ahr und dem Vinxtbach sprechen 42. Um weitere offene Fragen zu Wirtschaftsstrukturen, Produktionsmengen und den verschiedenen Baupha-sen zu klären, sind Untersuchungen im zentralen Areal der einzigartigen Siedlung als zukünftiges For-schungsprojekt ebenso erstrebenswert wie interdisziplinäre Untersuchungen in den Bereichen der Montan-archäologie, der Bodenkunde, der Geophysik sowie der Tierknochen- und der Pollenanalyse.Insgesamt gesehen konnten die neuen Ausgrabungen den Forschungsstand zu der Siedlung »An den Maa-ren« in Bezug auf die Baulichkeit, den sozialen Wohlstand der Bewohner und die Wirtschaft für die mittlere Kaiserzeit ergänzen und erweitern 43. Während Ritzdorf in den beiden als Werkstätten genutzten Nebenge-

Abb. 6  Bad Neuenahr-Ahrweiler »An den Maaren«. Bronzeplatte mit Steilrand. – (Foto E. Saal).

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306 e. saal · Neue Ausgrabungen an der römischen villa »An den Maaren« in Bad Neuenahr-Ahrweiler

bäuden 1 und 3 noch eigenständige Betriebseinheiten mit mehreren Besitzern sah, erlaubt das jüngst ent-deckte Wohnhaus nun eher von einer zentral gesteuerten ländlichen Siedlung auszugehen, die am besten als villa rustica charakterisiert werden kann, deren Existenzgrundlage im Wesentlichen auf der Verarbeitung von Eisenerz beruhte 44.

Anmerkungen

Abb. 7  Keramikrassel aus Bad Neuenahr-Ahr-weiler »An den Maaren«. – (Foto E. Saal).

Abb.  8  Versilberte Bronzerassel aus Le Vieil-Èvreux / Cra-couville (dép. Eure / F) – (Nach Fauduet 1992, 145 Nr. 1070).

1) An dieser Stelle sei nochmals herzlich allen beteiligten Institu-tionen und deren Mitarbeitern sowie den Sponsoren für den großen Einsatz gedankt. Zu den neuen Ausgrabungen vgl.: Saal 2011a. – Saal 2011b. – Saal 2011c.

2) Friedrich 2010.

3) Fischer 1969.

4) Fehr 2003. – Gogräfe 1995. – Jung 2006. – Redknap 2006.

5) Ritzdorf 2010.

6) Kleemann 1971, 76 (Ahrweiler Nr. 2); 77 (Ahrweiler Nr. 3-5. 7-8. 13); 79 (Ahrweiler Nr. 26-27); 80 (Ahrweiler Nr. 29. 34); 81 (Ahrweiler Nr. 44-45); 86 (Heimersheim Nr. 2); 87 (Heimers-heim Nr. 6); 94 (Neuenahr Nr. 4-5. 7-8); 95 (Neuenahr Nr. 11); 102 (Ramersbach Nr. 2-3); 112 f. (Staffel Nr. 1-6). – Ritzdorf 2006, 137-143. – Rothenhöfer 2005, 254-259.

7) Ritzdorf 2006, 104. 157 f.

8) Ritzdorf 2003, 11. Die Forschungsgrabungen der Universität Bonn dienten u. a. der »Berufsausbildung der Fachstudenten

in der Ausgrabungskunst«. Kleemann 1965, 334. Als dama-lige Studenten waren heute namhafte Archäologen beteiligt, wie etwa Hermann Ament (Mainz), Heinz-Josef Engels (Spey-er) und Hans-Eckart Joachim (Bonn).

9) Kleemann 1965. – Kleemann 1971, 33 Abb. 4, 77 Nr. 5.

10) Wegner 1990.

11) Ritzdorf 1999. – Ritzdorf 2003. – Ritzdorf 2006.

12) Ritzdorf 2006, 130 f. 143 f.

13) Ritzdorf 1999, 33 f. 92. – Ritzdorf 2003, 17. 102. – Ritzdorf 2006, 106 f. 130 f.

14) Ritzdorf 2003, 102.

15) Ritzdorf 2006, 108-131. 143 f. – Auf dem von O. Kleemann er-stellten Gesamtplan der Siedlung sind erheblich mehr Gebäu-destrukturen verzeichnet, vgl.: Wegner 1990, Abb. 209; Ritz-dorf 2003, Abb. 3. 8. Da wichtige Grabungsunterlagen nicht auffindbar waren und zahlreiche Befunde einer detaillierten Prüfung nicht standhielten, legte H. Ritzdorf einen revidierten

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307Römische Landnutzung in der Eifel

Gesamtplan mit einem wesentlich reduzierteren Befundbild vor: Ritzdorf 2003, Abb. 4. − Ritzdorf 2006, 107 Abb. 5.

16) Ritzdorf 2006, 143 f.

17) Bislang wurde die Funktion der beiden Einbauöfen nicht ge-klärt. Nach freundlicher Mitteilung von Dr. Peter Henrich sind die beiden Öfen als Darren anzusprechen. Die beiden in die Verhüttungswerkstätten eingebauten T-förmigen Darren impli-zieren in ihrem baulichen Kontext eine handwerkliche Nutzung im Bereich der Metallurgie. Gegen die Nutzung zur Trocknung von Lebensmitteln in den Darren mag bei gleichzeitigem Be-trieb der Rennfeueröfen die hohe Abgasbelastung durch den Verhüttungsprozess sprechen. Eine Verwendung der unter-schiedlichen Ofentypen muss aber nicht zwangsläufig parallel stattgefunden haben und könnte saisonal bedingt gewesen sein. Zu Darren vgl.: Van Ossel 1992, 137-151. − Dreisbusch 1994.

18) Rothenhöfer 2005, 79. P. Rothenhöfer geht anhand von Fließ-schlackenfunden in der Nähe des Abbaugebietes am »Breite Kopf« neben der Verhüttung der Erze innerhalb der Siedlung auch von einer Verhüttung der Rohstoffe direkt in der Umge-bung der Abbaustellen aus.

19) Ritzdorf 2006, 144.

20) Ebenda 120.

21) Ebenda 131.

22) In den beiden Kampagnen leisteten die Mitglieder des FAM unter der wissenschaftlichen und grabungstechnischen Lei-tung von E. Saal und A. Schmidt insgesamt weit über 2500 eh-renamtliche Arbeitsstunden. Ohne diesen beachtlichen Einsatz wären die Ausgrabungen nicht möglich gewesen, wofür allen Helfern nochmals ein außerordentliches Dankeschön ausge-sprochen sei. Ebenso ist der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, dem Kreis Ahrweiler sowie allen weiteren Sponsoren für die finanzielle Unterstützung zu danken. – Berichte zur Ausgra-bung im Jahr 2010: Saal 2011a. – Saal 2011b. – Saal 2011c.

23) Möglicherweise gehört dieses ältere Mauerstück zu einem ver-füllten und einplanierten Keller, was bei zukünftigen Grabun-gen weiter zu untersuchen ist.

24) Das Gebiet wird bereits in einer Urkunde aus dem 10. Jh. als »königlicher Bannwald« bezeichnet und ist in der jüngsten Zeit weitgehend forstwirtschaftlich genutzt worden. Ritzdorf 2003, 15 Anm. 44. – Die Mauerverläufe der verstürzten rö-mischen Gebäude zeichnen sich im Gelände teilweise recht deutlich als Erhebungen ab. Bei den Ausgrabungen wurden die obersten Versturzschichten unmittelbar unter der Grasnar-be angetroffen, was für ausgebliebene Bodenveränderungen seit der römischen Zeit spricht.

25) Für die Bestimmung der Fundmünzen sei an dieser Stelle Herrn Gerd Martin Forneck recht herzlich gedankt.

26) Der Verbleib der immensen Schlackenmengen, die in den 16 nachgewiesenen Rennöfen der zweiten Siedlungsphase ange-fallen sein dürften, ist bislang ungeklärt. Ritzdorf 2006, 134.

27) Möglicherweise sprechen die neuen metallurgischen Funde dafür, dass die Erzaufbereitung auch innerhalb der Siedlung stattfand und somit nicht nur fertig zerkleinertes Erz in die Werkstätten geliefert wurde. Ritzdorf 2003, 108.

28) Die Berechnungen der Produktionsmengen sind rein hypothe-tisch, da sie von vielen verschiedenen unbekannten Faktoren abhängig waren. Nach A. Kronz lag die Eisenausbeute bei latènezeitlichen Rennprozessen bei ca. 25 % der Erzmenge: Kronz 2010, 203. Dieser Wert liegt den Berechnungen zugrun-de. Zur Ermittlung der produzierten Eisenmenge anhand expe-rimenteller Versuche vgl. auch: de Rijk 2007, 172 mit weiterer Lit.

29) Gassmann 2006, 92. – de Rijk 2007, 176.

30) Eisenbarren sind im Fundmaterial bislang nicht belegt, wobei aber zwei Fundstücke von Ritzdorf als Rohlinge angesprochen werden: Ritzdorf 2006, 134.

31) Baratte 1984, 22. 88 f. Abb. 24. – Künzel 1997, 21 Abb. 13.

32) Mielsch / Niemeyer 2001, 13. 39 f. Abb. 39.

33) Fauduet 1992, 145 Nr. 1070.

34) Walser 1993, 266 f. Nr. 120. – Speck 1993, 15 Abb. 17.

35) Ritzdorf 2006, 120 Abb. 16-17.

36) Ritzdorf 2006, 120. – Kleemann nennt für diese Halde eine Höhe von 2,5 m: Kleemann 1965, 335.

37) Ritzdorf 2006, 134. – Gilles 1961, 1072. – Beyer-Rotthoff / Luik 2007, 26.

38) Rothenhöfer 2005, 78. Bei einer kürzeren Dauer der Sied-lungsphase ist dementsprechend von einer höheren Tages-produktion auszugehen. Ungeklärt bleibt die Frage, ob die Eisenverhüttung möglicherweise einem saisonalen Zyklus un-terworfen gewesen sein könnte.

39) Rothenhöfer 2005, 78.

40) Ritzdorf 2006, 105. Eine plausible landwirtschaftliche Nutzung zur Existenzsicherung in Form von Viehzucht und Weidewirt-schaft könnte auch im Nebengewerbe stattgefunden haben. Einige Mühlsteinfunde sowie die Darren könnten als Anzei-chen für die ackerbauliche Produktion gewertet werden. Aller-dings liegt eine ausreichende versorgung der Bewohner und Arbeiter mit Nahrungsmitteln quasi auf der Hand. Das benö-tigte Getreide könnte auch eingehandelt worden sein. Nicht auszuschließen ist eine Nutzung der Darren in Verbindung mit dem metallurgischen Handwerk ebenso wie die saisonale Nut-zung der Werkstattgebäude zu unterschiedlichen Zwecken.

41) Rothenhöfer 2005, 87. 99. – Die Bedingungen für eine Eisen-produktion über den Eigenbedarf hinaus sind gegeben durch die ausreichende versorgung mit Rohstoffen, ein mögliches Absatzgebiet mit ausreichender Nachfrage und durch eine »soziale Organisation, die es den Eisenhüttenleuten ermög-licht, sich nicht oder nur geringfügig mit landwirtschaftlichen Aktivitäten beschäftigen zu müssen«: de Rijk 2007, 172.

42) Rothenhöfer 2005, 78 f. 254-259. – Ritzdorf 2006, 157 f.

43) Dieser Beitrag spiegelt den vorläufigen Forschungsstand an-hand der neuen Ausgrabungen und ihrer Ergebnisse wider. Für die exakte zeitliche Einordnung der verschiedenen Bauphasen ist eine Auswertung des insgesamt erbrachten Fundmaterials aller Kampagnen unabdinglich und dringend nötig.

44) Ritzdorf 2006, 145. – Zu den villae rusticae im Mosel-Gebiet und Rheinland vgl.: Polfer 2005. – Beyer-Rotthoff / Luik 2007, 11 f. Abb. 1. – Luik 2005.

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literatur

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309Römische Landnutzung in der Eifel

Zusammenfassung / Résumé

Neue Ausgrabungen an der römischen Villa mit Eisenverhüttung »An den Maaren« in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Lkr. Ahrweiler)Im Stadtwald von Ahrweiler wurde von 1958 bis 1965 die römische Siedlung »An den Maaren« ausgegraben, die bedeutende Einblicke in die handwerkliche Eisengewinnung und -verarbeitung im ländlichen Raum erlaubt. Bei neuen Ausgrabungen der Jahre 2010 und 2011 wurden innerhalb der Siedlung Teile eines gut ausgestatteten Wohnhauses aufgedeckt, wodurch die Anlage erstmals als villa rustica mit durch das Metallgewerbe geprägter Existenzbasis ange-sprochen werden kann. Die im Eifeler Bergland konzentriert vorkommenden metallurgischen Fundstellen zeigen, dass die Region des Ahrtales in der römischen Zeit einen nicht zu vernachlässigenden Wirtschaftsstandort im ländlichen Raum darstellte.

Fouilles récentes à la villa romaine d’ »An den Maaren« à Bad Neuenahr-Ahrweiler (Lkr. Ahrweiler) présen-tant des activités sidérurgiquesL’agglomération romaine d’ »An den Maaren« fut fouillée dans la forêt d’Ahrweiler de 1958 à 1965 et nous a livré de précieuses informations sur l’extraction artisanale et le travail du fer en zone rurale. Les fouilles récentes de 2010 et 2011 ont mis au jour plusieurs parties d’une résidence aisée à l’intérieur de l’agglomération, qui permettent pour la première fois de l’identifier comme villa rustica dont l’existence était essentiellement basée sur des activités métallur-giques. Les sites métallurgiques, concentrés dans la zone montagneuse de l’Eifel, montrent que la région de la vallée de l’Ahr représentait une zone économique rurale importante. Traduction: Y. Gautier

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