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DOKUMENTATION #BEBEETHOVEN KONZERTE & PERFORMANCE BONN OKTOBER 2020
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DOKUMENTATION #BEBEETHOVEN KONZERTE & …

Nov 14, 2021

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DOKUMENTATION#BEBEETHOVEN KONZERTE & PERFORMANCE BONN OKTOBER 2020

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ZUSAMMENFASSUNG · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 5KONZERTE & PERFORMANCES · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 9AUSSTELLUNG & AKTIONEN · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 37STREAMING & DIGITALES · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 40PRESSE, ÖFFENTLICHKEITS- ARBEIT, SOCIAL MIEDIA · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 43KONZERTÜBERSICHT · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 45 IMPRESSUM · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 46

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bespielte eine innovative Gruppe von Künstler*innen die Beethoven-Stadt und zeigte, welche Grenzen heute noch im Bereich der klassischen Musik ver-schoben werden können.

Die zwölf Fellows nutzten ihre künstlerischen Freiheiten als „Beethoven“ sehr produktiv. Bei vielen entstanden zum Abschluss Werke, die zum Teil weit über die Ausgangsidee hinausgingen - weil sich im Entwicklungsprozess neue Richtungen ergaben oder weil die Turbulenzen der Gegenwart von ihnen neue Antworten verlangten. Zusammen mit der #bebeethoven-Ausstellung im Beethovenhaus und den Aktionen im öffentlichen Raum entstand so in nur knapp zwei Wochen ein sehr spannendes, ein-drucksvolles und dichtes Bild wegweisender Innova-tionen zur Zukunft der klassischen Musik. Dabei ging es u.a. um folgende Ansätze:

Die Cembalistin Elina Albach erkundet, wie zeit-genössische Musik auf dem Instrumentarium der Al-ten Musik klingt. Der Komponist Kaan Bulak erfindet elektroakustische Kammermusik. Die Dramaturgin Elisa Erkelenz ist Theoretikerin einer post-euro-zentristischen Musikwelt. Der Tonmeister Johann Günther geht ungewohnte Wege, altbekannte Stücke neu aufzuzeichnen und zu produzieren. Der Pianist Mathias Halvorsen eignet sich klassisches Material für eigenwillige Interpretationen an. Die Elektro-Künstlerin Holly Herndon und ihr musikali-scher Partner Mat Dryhurst lassen eine Künstliche Intelligenz singen lernen. Hornist Juri de Marco forscht mit seinem STEGREIF.orchester an einem radikal neuen Orchestermodell. Pianist und Kompo-nist Iñigo Giner Miranda hinterfragt die klassischen Aufführungspraxen und lässt Konzerte zu inszenato-rischen Gesamtkunstwerken werden. Der Pianist und Bastler Koka Nikoladze lässt Technik, Komposition und Improvisation mit Chuzpe neue Wege finden. Das Konzeptkunstduo Quadrature entwickelt ein Teleskop, das Weltraumdaten hörbar macht. Der Komponist Michael Rauter verknüpft Theater, Tanz und Bildende Kunst. Der Komponist und Multime-diakünstler Alexander Schubert bringt Künstliche

Das Projekt #bebeethoven entstand im Jahr 2017 aus der Idee, einen radikal neuen Zu-gang zum Jubiläum des 250. Geburtstags

des Ludwig van Beethoven zu finden: Im Beethoven-jahr 2020 eben nicht nur die Musik des Komponisten zu feiern, sondern auch seine Herangehensweise an das Komponieren, an das Material, die Technik seiner Zeit. Zwölf junge, aufstrebende Künstler*in-nen und Musikprojekte wurden für ein Fellow-ship-Programm – maßgeblich gefördert von der Kulturstiftung des Bundes – von PODIUM Esslingen zusammen mit 6 renommierten Partnern ausgewählt. Die Fellows durften danach drei Jahre lang an ihren künstlerischen Visionen arbeiten, eigene Ansätze entwickeln – für sich selbst Zugänge finden zu Erbe und Zukunft der Musik, ohne den üblichen Druck des Betriebes und der traditionellen Förderstruktu-ren. Das erklärte Ziel bei #bebeethoven: Nicht das planmäßige Erreichen eines bestimmten Ziels sollte im Vordergrund stehen, sondern die künstlerische Entwicklung des einzelnen Fellows, das Ausdifferen-zieren einer eigenen künstlerischen Handschrift, die von den Künstler*innen selbst konzipierten Projekte.

Im Anschluss an die beiden #bebeethoven-Prä-sentationskonzerte in Esslingen (15. Okt. 2020 ) und Bonn (17. Okt. 2020), die einen zusammen-fassenden Überblick gaben über die Ergebnisse des mehrjährigen #bebeethoven-Projekts, bot das von BTHVN2020 geförderte Projekt #bebeethoven

– Konzerte & Performances in Bonn die einmalige Chance, innerhalb von neun Tagen alle zwölf Fellows mit einem exemplarischen Projekt im Rah-men einer gesonderten Veranstaltung einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Gestartet wurde im Beethovenhaus mit der Vernissage der „Welcome to #bebeethoven“-Ausstellung am 16. Oktober 2020 und der Eröffnung der Installation des Digital-Pro-jekts „Pixelsinfonie“; den Schlusspunkt setzte das Konzert von Fellow Koka Nikoladze mit experimen-tellem Technikkonzept und georgischsprachigem Rap am 24. Oktober 2020 in der Bundeskunsthalle. Inspiriert durch den revolutionären Geist Beethovens

5#BEBEETHOVEN KONZERTE & PERFORMANCES IN BONN ZUSAMMENFASSUNG

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kungen ist es in den knapp zwei Wochen gelun-gen, herausragende innovative Konzertprojekte ambitionierter junger Künstler*innen in öffentlichen Veranstaltungen mit Publikum – und als Streaming-Angebote - zu präsentieren und dadurch die positive Stimmung bei allen Beteiligten aufrechtzuerhalten. In der Bundeskunsthalle als der zentralen Spielstätte gelang es, eine Atmosphäre zu schaffen, die es für Künstler*innen und Publikum ermöglichte, sich mit dem Projekt zu identifizieren. Hierzu trug auch die zeitweise Umgestaltung des Foyers der Bundes-kunsthalle durch die Teppiche der #bebeethoven-Ausstellung von Thibaut de Ruyter bei. Insgesamt war erfreulich, mit wie viel Verständnis alle Be-teiligten auf die besondere Situation reagierten und mit welch großer Begeisterung das Publikum die Konzerte aufnahm – und zwar von Iñigo Giner Mi-randas dokumentarisch-musikalischer Betrachtung des Jahres 1920 in der Bundeskunsthalle bis zu Kaan Bulaks elektroakustischen Erfahrung in der Kirche St. Hildegard. Dies galt besonders für das acht Tage lang kostenfrei zugängliche Projekt C.R.E.D.O. von Quadrature, das Performancekunst und Wissen-schaft verband und gezielt Menschen jenseits der Klassik-Szene für sich einnehmen konnte.

Bei Presse und Publikum fand das Programm der #bebeethoven – Konzerte & Performances in Bonn großen Anklang, auch wenn die Platzkapazitäten in den Spielstätten wegen der Corona-Pandemie ext-rem beschränkt waren und viele Menschen mit Blick auf die Infektionsrisiken zögerten, Live-Konzerte zu besuchen. In der Bundeskunsthalle durften z.B. nur noch 60 Plätze belegt werden. Um so erfreulicher war es, dass die Konzertreihe und die begleitenden Veranstaltungen / Aktionen insgesamt einen guten Zuspruch fanden und wir mit den 13 Konzertveran-staltungen und Performance, der Ausstellung sowie den Aktionen im öffentlichen Raum rund 7.000 Besucher*innen erreichten. Auch das Interesse am begleitenden Angebot im Bereich Social Media war sehr lebhaft – nicht zuletzt erreichten unsere Strea-ming-Angebote insgesamt über 7.000 Aufrufe.

Intelligenz in den Kompositionsprozess ein und löst dabei die Grenzen zwischen Mensch und Technik auf.

Die Konzertveranstaltungen und die zwei Per-formances/Installationen fanden in der Bundeskunst-halle, der Aula der Universität Bonn, der Kirche St. Hildegard sowie im Kammermusiksaal des Bonner Beethovenhauses statt, sie intervenierten aber auch im öffentlichen Raum, etwa bei der Performance des Duos Quadrature, das den Bonner Post-Tower mit optischen Signalen bespielte oder beim musikalischen Flashmob der Musiker*innen des STEGREIF.orches-ters, die mit ihrem Spiel auf der Freitreppe des Alten Bonner Rathauses für große Aufmerksamkeit sorgten.

Das gesamte Projekt #bebeethoven in Bonn wur-de extrem überschattet von der Corona-Pandemie. Der Konzertstart vor Ort fiel mit der beginnenden zweiten Welle zusammen und dem Überschreiten der damals kritischen Sieben-Tage-Inzidenz von 50 Fällen pro 100.000 Einwohner*innen. Die Platzkapa-zitäten waren ohnehin zuvor schon stark beschränkt. Es drohten weitere Einschränkungen und Veranstal-tungsverbote. Die Entwicklung der Infektionszahlen verlangte ein ständiges Abwägen und Anpassen einzelner Maßnahmen der Hygienekonzepte. Um so größer war die Erleichterung bei alle Beteiligten, dass es doch noch möglich war, das Projekt #bebeet- hoven in Bonn vor Ort erfolgreich durchzuführen

– wenn auch in einer angepassten und reduzierten Form. Möglich wurde das dank der engen Abspra-chen zwischen PODIUM und Jubiläumsgesellschaft BTHVN2020 - in Abstimmung mit den Spielstätten und den technischen Dienstleistern - sowie dank der offenen Kommunikation mit den beteiligten Künstler*innen und ihrer Flexibilität. Schade war es, dass das groß angelegte Projekt „Pixelsinfonie“ des Fellows Michael Rauter lediglich in einer reduzierten Digital-Fassung als Installation gezeigt werden konnte und dass der ambitionierte Konzertabend mit Holly Herndon und Mat Dryhurst & Ensemble wegen eines akuten Verdachtsfalls im Ensemble als digitale Zoom-Lecture-Veranstaltung stattfinden musste.

Trotz aller dieser Erschwernisse und Einschrän-

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Das #bebeethoven-Präsentationskonzert zum Auftakt bot einen multimedialen, sinnlichen, auch unterhaltsamen Einblick in die Arbeiten der Fellows und machte das Projekt als Mikrokosmos

des zeitgenössischen Musikschaffens im Kontext des Beethoven-Jubilä-ums erlebbar machte. Als besonderes Showcase-Format zwischen vorab produziertem audiovisuellem Content und Live-Auftritten, moderiert von einem fiktiven „Geist Beethovens“, der sich in animierten Videos als Nebel über die Bühne legte oder psychedelisch durchs Weltall schoss, verband es musikalische Experimentierfreude und Meisterschaft mit Entertain-ment. Den Text des Geistes schrieb dabei der Schweizer Schriftsteller Jürg Halter, eingesprochen wurde er von Schauspielerin Sarah Scherer.

Aufgrund der Corona-Pandemie mussten bei diesem Format mehr Fellows als geplant virtuell repräsentiert werden. Eingespielt werden konnten dabei teilweise dokumentarische, teilweise ästhetisch verspielte Clips, die im Vorfeld entstanden waren. Zu den Live-Auftritten zählten Stücke von Beethoven, Bach und David Lang, Kaan Bulaks „Fantasie für Bassklarinette und Elektronik“ und ein Stück der iranischen Tar-Virtuo-sin Elshan Ghasimi. Den Abschluss bildete ein Auszug aus dem Projekt

„#bfree“ des STEGREIF.orchesters, das in schnellem Ritt durch Beetho-vens Neunte wirbelte.

PRÄSENTATIONSKONZERT

Sa 17 OKT → Bundeskunsthalle

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→ JOHANN GÜNTHER BACKLASH MUSIC TRAILER MUSIC IN SILENCE VIDEO

→ ELISA ERKELENZ OUTERNATIONAL

Elshan Ghasimi, Tar und Gesang

→ IÑIGO GINER MIRANDA SHARING MUSIC: CONCERTS AS A HUMAN EXPERIENCE VIDEO

→ ELINA ALBACH BACH FANTASIE IN A-MOLL, BBV 904

Elina Albach, Cembalo

→ DAVID LANG CHEATING, LYING, STEALING, TEIL 2

Simone Drescher, Cello Miguel Pérez Iñesta, Bassklarinette Amadeus Wiesensee, Klavier Johannes Werner, Schlagwerk Lucas Gerin, Schlagwerk Hannes Brugger, Schlagwerk

→ JURI DE MARCO & STEGREIF.ORCHESTER #BFREE (AUSZUG)

Aaron Müller, 1. Violine Bartosz Nowak, 2. Violine Nina Kazourian, Viola Mon-Pou Lee, Violoncello Paul Lapp, Kontrabass Nikola Djurica, Klarinette MichaelaŠpačková, Fagott Juri de Marco, Horn Sebastian Lange, Saxophon Hiromu Seifert, Schlagwerk Michael Riemer, Gitarre

→ LUDWIG VAN BEETHOVEN KLAVIERTRIO NR 3, OP. 1, FINALE, PRESTISSIMO

Johanna Ruppert Violine Simone Drescher Violoncello Amadeus Wiesensee Klavier

→ DAVID LANG CHEATING, LYING, STEALING, TEIL 1

Simone Drescher, Cello Miguel Pérez Iñesta, Bassklarinette Amadeus Wiesensee, Klavier Johannes Werner, Schlagwerk Lucas Gerin, Schlagwerk Hannes Brugger, Schlagwerk

→ KAAN BULAK FANTASIE FÜR BASSKLARINETTE UND ELEKTRONIK

Miguel Pérez Iñesta, Bassklarinette

→ KOKA NIKOLADZE BEAT MACHINES VIDEO

→ ALEXANDER SCHUBERT AV3RY VIDEO

→ HOLLY HERNDON SPAWN VIDEO

→ QUADRATURE LGM#2 VIDEO

→ MICHAEL RAUTER THE GAP VIDEO

→ MATHIAS HALVORSEN „THE WELL-PREPARED PIANO“ MathiasHalvorsen, Präpariertes Klavier

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Das Duo Quadrature, das sind die Berliner Künstler*innen Juliane Götz und Sebastian Neitsch. Quadrature verbindet seit ihrer ersten Ausstellung 2007, damals noch als Trio, ihre Liebe zur

Technologie und zum Weltraum. Technologie als Medium des Reali-tätsschaffens, der Kosmos als Spiegel des Selbst, der Emotionen und Wissenschaft zusammen bringt. Die #bebeethoben-Fellows vereinen beide Pole.

Das Projekt „C.R.E.D.O.“ wurde am 17. Oktober 2020 auf dem Dach der Bundeskunsthalle als Live-Performance eröffnet - mit begleitender Visualisierung am Post Tower - und am 18./ 19. Oktober 2020 wieder-holt. Anschließend lief die Installation bis 24. Oktober 2020 selbststän-dig, dabei horchte eine KI mit einem aufwändig selbst gebauten Radio-teleskop nach Daten aus dem All und macht sie zu Musik. Die „Artificial Sound Search Engine“, die Quadrature ab Juli 2018 im Rahmen von #bebeethoven entwickelte, übersetzt das für Menschen eigentlich unhörbare Summen von Planeten und Sternen in Klänge, denen eine Harmonie inne zu wohnen scheint, die sich nach und nach entfaltet

– weil auch im scheinbar chaotischen Rauschen eine Struktur steckt; denn Menschen suchen nach Mustern. Und auch die KI - von Menschen programmiert - weiß, welche Muster Menschen erkennen.

Im Projekt C.R.E.D.O. steht das Kürzel nicht für ein Glaubensbe-kenntnis, sondern für Cosmic Radio Engine for Delusional Observations

– also für einen kosmischen Radioapparat für wahnhafte Beobachtungen. Das selbstgebaute Radioteleskop wurde in einer mit rituellen Praxen spielenden Eröffnung von #bebeethoven-Fellow Juliane Götz gesteuert, anschließend übernahm die KI der „Artificial Sound Search Engine“ eine Woche lang selbstständig die Steuerung des Teleskops und spielte die so gefundenen und zur Hörbarkeit manipulierten Klangmuster über die Soundanlage auf dem Dach. Eine visuelle Entsprechung fanden die Daten während den Performances durch eine digitale Verbindung zur Außenhaut des Post Towers am Rheinufer, auf dem sich für jeweils zwei Stunden Soundwellen und Rauschen abbildeten.

QUADRATURE

Sa 17 OKT → DachderBundeskunsthalle

QuadraturemitChristian LosertundSebastian Müllauer

HERZLICHEN DANK AN DIE DEUTSCHE POST DHL GROUP FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG UND 163 METER VISUALISIERUNG

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Der mutige Umgang mit dem Originalmaterial, die überraschende Neuverzahnung – das vereint viele der #bebeethoven-Fellows. Doch der norwegische Pianist Mathias Halvorsen, Jahrgang

1988, geht noch eine Spur eigener mit seiner Rolle als Interpret um. Immer wieder schafft er es, Kompositionen außerhalb des schmalen Klangkorridors des Klassikbetriebs zur Aufführung zu bringen, erweitert dadurch die Interpretationsmöglichkeiten klassischer Musik und eröffnet den Blick auf einen originellen, zeitgenössischen Umgang mit klassischen Meisterwerken – egal, ob er mit dem Popstar Peaches aus dem über-bordenden Musical „Jesus Christ Superstar“ ein Zwei-Personen-Stück kreiert oder für ein #bebeethoven-Projekt Bachs „Wohltemperiertes Klavier“ auf das präparierte Klavier übersetzt.

Sein Projekt „La Bohème“ wiederum denkt Pucccinis altbekannte Oper völlig neu: Als instrumentales Duett, das die handlungstragenden Charaktere und musikalische Motive maximal verdichtet. Im Spiel mit dem Violinisten Mathieu van Bellen und visuell ergänzt um Übertitel, wurde das Werk für die Reihe der Bonner #bebeethoven-Konzerte von aller Ausstattung und großen Operngesten befreit. Durch Halvorsens Reduktion wird die Absurdität der romantischen Oper fast wie Konzept-kunst exponiert. Dennoch ließ seine Bearbeitung zu, dass das Publikum im intimen Ambiente des Kammermusiksaals mit seiner feinen Akustik von der Musik berührt wurde.

„Wir haben alle Parts des Orchesters, des Chores und der Solist*in-nen eingekocht – mit dem Ziel, unterwegs nicht ein Stückchen Drama zu verlieren“, erklärte Halvorsen sein Konzept vorab. Und von der spürbar gelösten Leichtigkeit im Saal ob der überschäumenden Lebenslust der Bohèmiens, wenn der Musiker Schaunard plötzlich Geld für einen Abend im Café auftreibt, bis zum Bangen beim herzzerreißenden Tod der Mimi

– wer in Abwesenheit des Bühnenensembles das Publikum beobachtete, musste erkennen: Es ist ihnen gelungen.

MATHIAS HALVORSEN

So 18 OKT → Kammermusiksaal Beethovenhauses

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MathiasSusaasHalvorsen, Klavier MathieuvanBellen, Violine Ida Kristine Hatleskog, dramaturgische Beratung und Video-Design Andreas Donat, Übersetzung Anselm Bieber, Übertitel

HERZLICHEN DANK AN DAS BEETHOVEN-HAUS BONN FÜR DIE FREUNDLICHE UNTERSTÜTZUNG

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Für Iñigo Giner Miranda, geboren 1980, gibt es nicht nur einen mu-sikgeschichtlichen Kanon, sondern auch Parallelbewegungen und Verwebungen, ein Anschwellen und Abschwellen. Für ihn gehört

zum Kulturerbe auch das Vergessene und Verdrängte. Von Giner Miran-da konzipierte Konzertabende erkunden darum oft vergessenes Reper-toire. Sie sind aber auch, das ist der zweite Schwerpunkt der Projekte des gebürtigen Basken, Erkundungen der Frage, was eigentlich ein Konzert ist. Seine Projekte im Handlungsfeld des Konzertdesigns vermitteln einen Geist von unmittelbarem Erleben, vom Eintauchen und durchaus von Witz, der dennoch die Musik in Erhabenheit und Schönheit ernst nimmt. Und sie wollen das Konzert zum Gesamtkunstwerk erheben.

Sein Beitrag zur Reihe der Bonner Konzerte und Performances war das dokumentarische Konzertprojekts „1920“, das die unglaub-liche Energie und die zahlreichen musikhistorischen Tendenzen dieses Jahres in ein rhizomatisch wucherndes Konzerterlebnis mit Stücken von Gershwin, Satie, aber auch von unbekannten Komponist*innen wie dem amerikanischen Saxofonisten Rudy Wiedoeft oder Lili Boulanger packte.

„1920“ setzte sich als Ziel, den Beginn des Jahrzehnts in seiner Vielstim-migkeit zu zeigen und entdeckte dabei zahlreiche Parallelen zur heuti-gen Zeit, von feministischer Kampfeslust bis zur Klage über Wohnungs-not, die nicht nur in der Musik, sondern auch in Form von Found Footage in Bild und Ton vermittelt wurden. Besetzt mit einem Salonorchester, das zugleich Verkünder von Nachrichten jener Tage ist, und untermalt durch Visuals mit zeitgenössischer Technik der 1920er, vermittelte der Abend in der Bundeskunsthalle Wissen und Musikgenuss auf eine ganz andere Art als das klassische, sein Publikum doch notorisch unterschät-zende „Edutainment“.

Nicht zuletzt zeigte das Programm auch, dass die Grabesstille der Konzerthäuser nicht die natürliche Umgebung für klassische Musik ist. Die Musik, die I. Giner Miranda hier präsentiert, ist für die Hausmusik im Salon gemacht, aber auch für stickige Gasttätten, sie ist für abseitige akademische Klausen geschrieben und gar als Möbelstück. An diesem Abend schien sich der Raum mit jedem Bogenstrich der Geige zu ver-wandeln. „1920“ wurde so auch in der Erfahrung des Musikhörens zu einer Zeitreise.

IÑIGO GINER MIRANDA

So 18 OKT → Bundeskunsthalle

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HERZLICHEN DANK AN DAS BEETHOVEN-HAUS BONN FÜR DIE FREUNDLICHE UNTERSTÜTZUNG

Iñigo Giner Miranda, Konzept, Künstlerische Leitung, Klavier und Performance Wiebke Rademacher, Konzept und Dramaturgie Àngela Ribera, Szenographie Aoife Ní Bhriain, Violine Meriel Price, Saxofon und Performance Jakob Schall, Violoncello SylvanaSeddig, Video

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Johann Günther gehört als Tonmeister zu den wenigen im Feld der Fellows, die nicht selbst Musik machen. Wobei man darüber diskutie-ren kann: Ist nicht Günther, der Mann am Mischpult, eigentlich

derjenige, der die Musik erst macht, aus den Tönen, die andere spielen? Der Berliner, 1980 geboren und nach Ausbildung an der Berliner UdK Produzent einer Vielzahl von Aufnahmen im Bereich der Kammer- und Orchestermusik, erkundete für #bebeethoven innovative Wege, Musik aufzuzeichnen, den Vorgang des Aufnehmens zum Teil des Werks werden zu lassen und damit der Aufnahme zurückzugeben, was dem Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit nach Walter Benjamin zu fehlen scheint: seine Aura. Auch altbekannte Stücke des Kanons offenbaren so neue Seiten, die ein aufmerksames Publikum in zahlreichen Aufnahmen und in Konzertprojekten erfahren kann. Der Aufnahmeprozess wird zudem filmisch bzw. fotografisch festgehalten und für die digitale Präsentation visuell aufbereitet.

Das Konzert im Beethovenhaus versucht, dieses besondere Gespür für Klang im Rahmen eines Konzerts in eine Live-Situation zu überset-zen. Sein gemeinsam mit Fellow Mathias Halvorsen entwickeltes Stück

„On Palestrina“ mit Neuninterpretationen und Montagen von Material des Renaissance-Komponisten Giovanni Pierluigi de Palestrina für Klavier, Kontrabass und Schlagzeug lässt das Publikum die Musik ganz neu hören, indem es Günthers Ohr vorschaltet. Nicht nur Bühnensetting und Instrumente wurden vorab experimentell mit einem innovativen Konzept von Mikrofonierung präpariert, das Publikum im Kammermusik-saal wurde auch vorab über Programmheft und Webseite gebeten, Kopf-hörer mitzubringen: So waren die Zuhörenden direkt mit dem Mischpult verbunden und konnten die Musik in einem ganz neuen plastischen, hochgradig intimen Klang erleben.

JOHANN GÜNTHER

Di 20OKT → KammermusiksaalBeethovenhaus

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HERZLICHEN DANK AN DAS BEETHOVEN-HAUS BONN FÜR DIE FREUNDLICHE UNTERSTÜTZUNG

Johann Günther, Konzept und Tonmeister MathiasSusaasHalvorsen, Klavier Inga Margarete Aas, Kontrabass JanMartinGismervik, Schlagzeug

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Holly Herndon gehört zu den Gesichtern, die schon vor dem Projekt #bebeethoven vielen Menschen der Musikszene vertraut waren. Die wenigsten hätten sie allerdings in die Klassik verortet.

Die Wahl-Berlinerin Herndon gehört zu den derzeit wichtigsten Prota-gonist*innen am Berührungspunkt von Pop, Club- und Hochkultur. Die 1980 in den USA geborene Electro-Avantgardistin arbeitet gemeinsam mit ihrem künstlerischen Partner Mat Dryhurst an Musik, die sich aus der Kenntnis der Musikgeschichte von Sakralmusik bis House heraus entwickelt hat, die die Möglichkeiten des Heute nutzt und der zeitge-nössischen Musik neue Richtungen vorschlägt. Ihre Musik handelt stets vom Verhältnis des Menschen zur Technik. Zusammen mit Dryhurst ging sie soweit, dass sie eine Künstliche Intelligenz nicht nur konzipiert hat, sondern als eine Art konzeptionelles „KI-Baby“ mit dem Namen „Spawn“ erzieht, ein Programm, das einer menschlichen Stimme möglichst nahe kommen soll.

Angekündigt für die Reihe der Konzerte und Performances war eine Aufführung ihres Stückes „Proto“ in der Bundeskunsthalle, bei dem sie das in den letzten Jahren entwickelte und in zahlreichen teilweise öffentlichen „Trainings-Sessions“ kraftvoll und stimmlich reichhaltig ge-machte KI-Programm in den Mittelpunkt rückt. Aufgrund eines akuten Verdachtsfalls auf eine SARS-CoV-2 -Infektion im „Proto“-Ensemble am Vortrag der Performance konnten Herndon und Dryhurst mit ihrem Ensemble nicht nach Bonn reisen und mussten das Konzert im Rahmen der Präsentationsreihe absagen – nicht aber die Präsentation des Pro-jekts selbst; es wurde kurzfristig umdisponiert und die Präsentation von

„Spawn“ in den digitalen Raum verlegt. Über das Kommunikations-Tool Zoom und einen öffentlichen Zugangslink stellte das Fellow-Duo zahlrei-chen Interessierten einen multimedialen Vortrag über Idee und Funk-tionsweise von „Spawn“ vor und beantwortete Fragen des Publikums, so dass - der Pandemie zum Trotz - alle Fellows im Rahmen der Bonner Reihe #bebeethoven Konzerte & Performances präsent waren.

19HOLLY HERNDON & MAT DRYHURST

Mi 21OKT → Digital-Format(anstelledesKonzerts)

Holly Herndon & Mathew Dryhurst, Projektpräsentation SPAWN StevenWalter,Kurator #bebeethoven Ariana Zustra, Moderation

HERZLICHEN DANK AN DIE DEUTSCHE TELEKOM AG FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG IM VORFELD DES KONZERTS

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Die Cembalistin Elina Albach, geboren 1990 in Berlin, denkt die Alte Musik neu für das Heute. Etwa, indem sie ihre Konzerte in Settings spielt, die dem oft intimen Charakter der Musik näher

stehen als der große Konzertsaal der bürgerlichen Klassik. Oft geht sie aber auch darüber hinaus und führt zeitgenössische und Alte Musik zusammen, verschränkt klassische Kompositionen mit Gegenwartskunst, lässt Stücke moderner Komponist*innen erstmals auf dem Instrumen-tarium des Barock erklingen und experimentiert mit elektroakustischen Verstärkungstechniken. Und das nicht nur aus neugierigem Spieltrieb heraus, sondern auch, weil Albach tatsächlich einen inhaltlichen Zu-sammenhang sieht, eine Verwandtschaft im Denken wie im ästhetischen Erleben junger Menschen des Barock und des 21. Jahrhunderts.

Diese Verwandtschaft wurde im Rahmen der Bonner Reihe gefun-den in der Frage, welche Rolle gemeinschaftliche Rituale einnehmen, Magie und Religion. Albachs Stück „Vespers & Dreams“ verbindet eine Vesper von 2015 - Missy Mazzolis „Vespers for a New Dark Age“ - mit einer des 17. Jahrhunderts. Die Vesper, das Abendgebet, gehörte zu den wichtigsten Gebeten des frühen Christentums, später inspirierte die Form zahlreiche Komponist*innen. Am bekanntesten vielleicht: Monte-verdis Marienvesper von 1610, eine Komposition zwischen Sakral- und Profanmusik. Sie stand in der Aula der Universität Bonn im Zentrum des Programms - auf Augenhöhe mit Mazzolis Entwurf. Zwei Vespern als Überlegungen zu Schwellen, zwei Vespern als Musik für Rituale. Albach ließ sie gemeinsam mit ihrem auf barockem Instrumentarium spielenden Ensemble CONTINUUM ineinanderlaufen und sich verschränken und nahm das Publikum dabei mit auf eine Reise hinein ins menschliche Be-dürfnis nach Spiritualität.

Angefangen beim sphärischen vokalen Intro, mit dem die Zuschau-er*innen zu ihren Plätzen geleitet wurden, das Anhänger*innen Alter Musik mit neuer Lust am immersiven Konzert überraschte, bis zu den außergewöhnlichen Klängen, die heute selten gespielte Instrumente wie Zink oder Theorbe erzeugen, wenn sie auf vermeintlich vertrautes Gebiet der Neoklassik an der Schwelle zum Pop gesetzt werden, war Albachs „Vespers & Dreams“ in Bonn aber auch abseits der Ausein-andersetzung mit religiösen Klängen ein musikalisches Abenteuer für Beteiligte wie Publikum.

21ELINA ALBACH

Do 22OKT → AuladerUniversitätBonn

Elina Albach, Cembalo, Truhenorgel und musikalische Leitung Marie Luise Werneburg, Sopran Viola Blache, Sopran Bernadette Beckermann, Alt Richard Resch, Tenor Patrick Grahl, Tenor Felix Schwandtke, Bass Matthias Winckhler, Bass Claudia Mende, Violine Franciska Anna Hajdu, Violine Bork-Frithjof Smith, Zink JosuéMeléndezPeláez, Zink Liam Byrne, Gambe Magnus Andersson, Laute Philipp Lamprecht, Schlagwerk

HERZLICHEN DANK AN STADTDECHANT DR. WOLFGANG PICKEN FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG IM VORFELD DES KONZERTS

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Alexander Schubert, geboren 1979, lernte Multimediales Kompo-nieren, nachdem er bereits ein Studium zum Neuroinformatiker absolviert hatte: Schubert ist ein digital native. Die Verbindung

von organisch-lebendigem und technischem Material, von digitalem und analogem Raum beschäftigte ihn auch in seinen in Bonn präsentierten Projekten, allesamt Werke zwischen Performance und Experiment, die den Körper der Musiker*innen in den Fokus rücken. Und die auch die Körper des Publikums in Beschlag nehmen, Reize setzen, die Unwohlsein, Beklemmung, Erleichterung, Furcht, Erstaunen auslösen.

Vier Stücke standen in der Bundeskunsthalle auf dem Programm. Seine Uraufführung feierte das Stück „Instrumental Convergence“, das gemeinsam mit dem Ensemble Resonanz auf die Bühne gebracht wurde.

„Instrumentale Konvergenz“ bedeutet: Eine künstliche Intelligenz eignet sich diejenigen Werkzeuge und Instrumente an, die sie zur Durchfüh-rung ihrer Pläne braucht. Sie nutzt dafür die zuvor eingelesenen und re-synthetisierten Bild- und Tondaten von vier Musiker*innen. Welche Persönlichkeiten die KI aus diesen Datensätzen entwickelte und wie diese sich unter Zuhilfenahme der Instrumente auf der Bühne verhalten, ob bei diesem Experiment der Effekt der Überraschung, der Harmonie oder der Bedrohung überwiegt, wurde erst im Moment der Aufführung offenbar. In Bonn hatte es etwas Bedrohliches: Menschen spielten mit ihren Avataren, die Technik übernahm die Kontrolle.

Weitere Werke dieses außergewöhnlichen Konzertabends, der das Publikum immer wieder in Staunen versetzte, waren „wikipiano.net“, Scanners und Acceptance. Das Klavierstück „wikipiano.net“ wird von der globalen Internet-Community komponiert, weswegen die Partitur stetiger Veränderung unterworfen ist. Es befeuerte die Debatte: Wer ist der Schöpfer eines Kunstwerks? Die Performance „Scanners“ setzt sich mit dem Körper der Musiker*innen in elektroakustischen Settings auseinandersetzt und mit der Mechanisierung der Bewegung eines so hochkomplexen Klangorgans wie des hier spielenden Streicherquintetts.

„Acceptance“ ist eine dokumentarische Videoarbeit, die an diesem Kon-zertabend eingespielt wurde.

23ALEXANDER SCHUBERT

Do 22OKT → Bundeskunsthalle

→ INSTRUMENTAL CONVERGENCE

Alexander Schubert, Konzept und Komposition

Ensemble Resonanz: Gregor Dierck, Violine Benjamin Spillner, Violine Tim-Erik Winzer, Viola Maresi Stumpf, Viola Saerom Park, Violoncello Antoine Caillon, Philippe Esling, BenjaminLevy(IRCAM,Paris), Audio Deep Learning Programmierung JorgeDavila-Chacon, Video Deep Learning Programmierung

→ ACCEPTANCE Alexander Schubert,

Konzept, Komposition, Text Editing, Final Cut

Carola Schaal, Performerin Adrian Schmidt, Kamera PedroGonzálezFernández, 3D Rendering

→ WIKI-PIANO.NET Alexander Schubert,

Konzept, Komposition Iñigo Giner Miranda,

Performance

→ SCANNERS Alexander Schubert,

Konzept, Komposition Ensemble Resonanz

HERZLICHEN DANK AN DIE DEUTSCHE TELEKOM AG FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG IM VORFELD DES KONZERTS

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Kaan Bulak, Jahrgang 1991, besteht auf die Grenze zwischen E- und U-Musik – ziehen würde er sie nur anders: Schließlich sei, sagt er, eine Oper viel mehr Unterhaltungsmusik als ein avant-

gardistisches, düsteres Electro-Set im Club. Bulak, der in Stuttgart und Istanbul aufgewachsen ist und heute in Berlin lebt, kennt beide Seiten: er ist klassisch ausgebildeter Pianist und war Resident-DJ im Berliner Club Wilde Renate. Seine Projekte im Rahmen von #beebeethoven verwischen die Grenze zwischen elektronischer Musik und analogem, organischem Instrumentarium und erkunden, was er „elektroakustische Kammermu-sik“ nennt.

Die Strukturgleichheit von Ambient-Electro und byzantinischer Kir-chenmusik ist wiederum ein leitendes Motiv seines Konzertabends, den er mit einem Streicherquintett in der Bad Godesberger Kirche St. Hilde-gard im Rahmen der Konzertreihe in Bonn aufführte. Das achteckige Gotteshaus, das Strenge und Harmonie vereinigt, passte als Bau aus den 1960er-Jahren, der sich nach antiken Vorbildern richtete, bestens zur Musik: „Hymnen der Zeit“ zog eine Linie von byzantinischen Hymnen zur Musik der Renaissance und heutiger Electro-Akustik. Aufgeführt wurden in einem Klangfluss, bei dem die Grenzen zwischen den Stücken verschwimmen, unter anderem Werke der frühesten europäischen Kom-ponistin Kassia, die im neunten Jahrhundert ein breites Werk geistlicher Hymnen schuf, des italienischen Komponisten Carlo Gesualdo, der an der Grenze von der Renaissance zum Barock Madrigale und geistliche Lieder schuf sowie Eigenkompositionen Bulaks.

Besondere Noten erhielt das Klangbild des Konzerts in St. Hildegard durch das von Bulak entwickelte „Augmented Piano“: Ein Lautspre-cher, der den Klang der Saiten des Flügels direkt abnimmt, der dort mit elektronischen Klängen kombiniert und schließlich in einem 360-Grad-Winkel mit einem besonders warm-organischen Sound abstrahlt und so dafür sorgt, dass die Elektronik nicht zum Fremdkörper in der Musik des begleitenden Ensembles wird.

25KAAN BULAK

Fr 23OKT → KircheSt.Hildegard

Kaan Bulak, Augmented Piano Moritz Ter-Nedden, Violine Aoife Ní Bhriain, Violine Friedemann Slenczka, Viola StefanHadjiev,Violoncello Kristina Edin, Kontrabass

HERZLICHEN DANK AN STADTDECHANT DR. WOLFGANG PICKEN FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG IM VORFELD DES KONZERTS

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Im #bebeethoven-Kosmos ist die Hamburgerin Elisa Erkelenz, Jahr-gang 1987, eine Ausnahme. Sie ist selbst keine Musikerin, sondern forschende Kuratorin mit Neugierde für die Musik der Gegenwart,

für die Klassik außerhalb des eurozentrischen Klassik-Fokus. Es gibt kei-ne Weltmusik, diese musikwissenschaftliche Wahrheit steht im Zentrum ihrer Denkweise. Jenes Label, entstanden aus kommerziellen Überlegun-gen, kolonisiert vielmehr auch im 21. Jahrhundert Kunstmusik außerhalb der westlichen Klangtradition. Weil die Perspektive auf klassische Musik hierzulande noch immer eine weiße ist, fordert sie das Publikum auf, das Hören neu zu lernen und die Ohren zu spitzen: Für trans-traditionelle, trans-kulturelle, post-migrantische Musik - Musik also, die die globalen Klangtraditionen miteinander hybridisiert, aber auch zum Kollidieren bringt, Musik, die historisch unvereinbare Klänge in einer globalisierten Welt miteinander konfrontiert.

Als Dramaturgin kuratiert sie Konzertabende, die Akteur*innen diverser Klangwelten vorstellen – in Bonn gestaltete sie einen Abend mit dem Berliner Trickster Orchestra, das mit der Methode der produktiv scheiternden Mimesis und Instrumentenkonstellationen jenseits westlicher Harmonien die Frage stellt, wie das Neue in die Welt kommt. In der Bun-deskunsthalle forderte sie das Publikum heraus mit ihrem Klang zwischen elektronischer Musik und Neuer Musik, klassischen Musiktraditionen der ganzen Welt, Jazz, Weird Pop, Hip Hop und freier Improvisation.

So war es, nachdem Elshan Ghasimi am Tar Erkelenz‘ Konzept im Er-öffnungskonzert vertrat, an diesem Abend sicher für die Bundeskunsthalle eine Premiere, die Instrumente Flügel und Koto, Kawala und Klarinette, Sheng und Schlagzeug auf der Bühne zu erleben – alle im gleichen Kon-zert. Die Idee Outernational bewies sich einmal mehr als eine, die nicht nur konfrontativ Grenzen sprengt, sondern auch für Menschen mit Offenheit im musikalischen Geschmack höchst unterhaltsame Ergebnisse zeitigt.

27ELISA ERKELENZ / OUTERNATIONAL

Fr 23OKT → Bundeskunsthalle

Elisa Erkelenz, Kuration Wu Wie, Sheng Naoko Kikuchi, Koto Mohamad Fityan, Kawala und Ney Mona Matbou Riahi, Klarinette Susanne Fröhlich, Paetzold Flöte und Blockflöten Florian Juncker, Posaune Martin Stegner, Viola Anil Eraslan, Violoncello Taiko Saito, Marimba und Vibraphon Nikolai Meinhold, Flügel Milian Vogel, Bassklarinette und Electronics Korhan Erel, Electronics Ralf Schwarz, Kontrabass Cymin Samawatie, Gesang und Komposition Ketan Bhatti, Schlagzeug und Komposition Martin Ruch, Sounddesign

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Juri de Marco wurde 1993 geboren und studierte klassisches Horn in Berlin und Jazztrompete in Leipzig, doch schon mit Anfang Zwanzig war ihm klar, dass der Virtuosität des Spiels die Freiheit der Musiker*

innen im Orchester vorausgehen sollte. Klassische Strukturen und Hierarchien aufbrechen, das ist darum das Ziel und die gelebte Realität des von ihm 2015 gegründeten STEGREIF.orchester, das 2017 als Teil des Projekts #bebeethoven zu einem neuen Orchestermodell entwickelt werden sollte. In dieser Zeit ist das Orchester auf fast 30 internationale Musiker*innen angewachsen, es spielt ohne Dirigat, ohne Partitur, oft ohne Schuhe, immer ohne feste Anordnung auf der Bühne. STEG-REIF lässt zu, dass sich das Orchester über den Saal verteilt und fasst choreografisch-dramatische Elemente als essenziellen Bestandteil des Konzerterlebnisses auf. Die Stücke, die Juri de Marco mit dem Orchester erarbeitet, sind Collagen aus klassischem Material, Improvisation, Neu-komposition in Klangfarben wie Jazz und Rock. Das führte STEGREIF zu Gastspielen in traditionelle Konzerthäuser genauso wie zu Konzerten auf dem Electro-Festival Fusion.

In Bonn kam ihr Werk „#bfree“ zur Aufführung, das Beethovens Neunte Sinfonie, die in der „Ode an die Freude“ mündet, tatsächlich als ein Werk für Europa interpretiert. „#bfree“ ist eine Ode an die Gren-zenlosigkeit - an die der musikalischen Vision Beethovens ebenso wie an die des Kontinents, der sich den Schlusschor zur Hymne gewählt hat. Das Orchester hat Teile des Werks neu komponiert, kombiniert sie mit Beethovens Original-Partituren und mit Volksliedern und folkloristischen Weisen aus allen Teilen Europas und mit deutlichen Anspielungen auf die Lage an den Außengrenzen. Ergänzt um choreographisch-tänze-rische Elemente sorgte das Stück in der Aula der Universität Bonn für Jubelstürme.

29STEGREIF.ORCHESTER

Sa 24OKT → AuladerUniversitätBonn

Juri de Marco, Künstlerische Leitung Uri Caine, Juri de Marco, Alistair Duncan, Bertram Burkert, Rekomposition / Arrangement DavidFernandez,Regie / Choreographie Andreas Harder, Light Design GabrielėBakšytė,Regieassistenz Sebastian Caspar, Anne-Sophie Bereuter, Celia Schann, Aaron Müller, Violine 1 Bartosz Nowak, Franz Berlin, Valerie Leopold, Milena Gutjahr, Violine 2 Nina Kazourian, Lydia Kappesser, Viola DavidFernandez,EdwardKing, Tabea Schrenk, Violoncello Paul Lapp, Kontrabass Luca Höhmann, Flöte Nikola Djurica, Klarinette Anne Willem, Oboe Anne Fliegel, Fagott Sebastian Lange, Saxophon Konstantin Döben, Trompete Juri de Marco, Nuría Rodríguez Díaz, Horn Alistair Duncan, Posaune Michael Riemer, Gitarre AntonioRivero,HiromuSeifert, Schlagwerk

EIN KOOPERATIONSPROJEKT VON STEGREIF UND PODIUM ESSLINGEN IM RAHMEN VON #BEBEETHOVEN – GEFÖRDERT DURCH DIEKULTURSTIFTUNG DES BUNDES, DAS LAND BADEN-WÜRTTEMBERG, DIE BADEN-WÜRTTEMBERG STIFTUNG UND DIE L-BANK SOWIE DURCH DIE KARL SCHLECHT STIFTUNG.

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Zu sagen, Koka Nikoladze erforsche neue Beziehungen von Tech-nologie und Komponieren, das wäre zwar korrekt, würde aber die übersprudelnde Kreativität des georgischen Sound Artists kaum

treffen. Geboren 1989 in Tbilisi, studierte er dort Violine, in Stuttgart und Oslo Komposition. In Oslo war es auch, wo ihn eine Sinnkrise einhol-te, er sich eingesperrt fühlte in den Techniken und Routinen der Musik und wo er sich aus ihr befreite, indem er das ziellose Basteln für sich entdeckte, DIY und einfaches Programmieren. Seine auch außerhalb des Kosmos der avancierten Musik bekannt gewordenen Beat Machines nehmen hier ihren Ausgangspunkt. Von hier aus konnte er sich wieder auf die klassische Musik zu bewegen; die Ergebnisse führten zu verschie-denen Projekten, die die Möglichkeiten neuer Technologien und Erfin-dungsgabe aneinanderkoppeln und die Grenze von Improvisation und Komposition verwischen.

Sein Projekt „Beat Machines“ wurde in Bonn auf eine völlig neue Weise aufgeführt: Statt der Basteleien steht nun Nikoladze als Musiker im Mittelpunkt, der sich selbst per Video-Sampling auf einer Leinwand steuern kann. Vorab eingespielt sind Clips mit analog erstellten Beats – Sprühstöße von Deo-Dosen, Klopfen auf Bleche, zusammenklappende Bücher, die er, mit live aufgeführten georgischsprachigen Rap-Parts, zu hochgradig ansteckenden Grooves zusammenschraubt, die das Publikum mitgerissen haben.

Daneben präsentierte er an diesem Abend in der Reihe der Konzer-te und Performances in Bonn das Projekt „Clickscore“, ein experimen-telles Stück für acht Schlagwerker*innen, das die Musiker*innen mit dem Aufführungsort und seiner Materialität experimentieren ließ: Was scheinbar spontan und unverbunden verteilt als Schlagen auf Laternen-pfosten, Fahrradständer und Kanaldeckel vor der Tür begann, umgab das Publikum im Saal immersiv bald als einen sich immer dichter ziehenden Rhythmus. Denn: Die Schlagwerker sind bei diesem Stück mit In-Ear-Kopfhörern verbunden, so dass Nikoladze komplexe Patterns synchroni-sieren kann.

31KOKA NIKOLADZE

Sa 24OKT → Bundeskunsthalle

Koka Nikoladze, Künstlerische Leitung, Konzeption und Video Sampling Johannes Werner, Lucas Gerin, HannesBrugger,AsenKuzmanov, Johannes Reischmann, Tom Goemare, Augustin Lipp, Florian Peter, Schlagwerk

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Der gebürtige Basler Rauter ist in der Klassik-Szene seit langem eine etablierte Größe, er wurde es spätestens 2006 mit dem einflussreichen Berliner Solistenensemble Kaleidoskop. Umso

erstaunlicher, dass er sich - nachdem er die Leitung des Ensembles 2016 niedergelegt hatte - noch einmal auf künstlerisch neue Wege begab. War schon Kaleidoskop ein Ensemble an der Schwelle von Musik, Thea-ter, Performance und Bildender Kunst, ist diese Schnittstelle auch der Fokus von Rauters Projekten im Rahmen von #bebeethoven, in denen er versucht, traditionelle Darstellungsformen zu durchbrechen und inter-disziplinär neu zu verbinden.

Rauters Beitrag zur Reihe #bebeethoven Konzerte & Performances wurde durch die Corona-Pandemie entscheidend verändert; statt eines groß angelegten szenisch-musikalischen Live-Projekts konnte das „Pixel“ lediglich digital umgesetzt und als Stream sowie als Installation im Bon-ner Beethovenhaus gezeigt werden. Rauters Projekt greift die Tatsache auf, dass ein der „Klangkörper“ des Orchesters eigentlich eine Menge individueller Körper ist. Wie eine Vielzahl von Pixeln das digitale Bild ergibt, ist es eine Vielzahl von Spieler*innen und Instrumenten, die den Gesamtklang des Orchesters ergeben. Ursprünglich geplant als Projekt zwischen Konzert, Kunst und Performance in einzelnen Zimmern eines Hotels, zeichnete Rauter schließlich der Pandemie geschuldet für die Präsentation von „Pixel“ ein Orchester in den jeweiligen Räumlichkeiten seiner Mitglieder auf. Grundlage des Werks ist Beethovens 6. Sinfonie, die „Pastorale“: jene Idee des Städters, der der Landidylle nachjagt, sich in eine Unberührtheit träumt, während er in der Großstadt arbeitet; das ergab im Zusammenspiel mit den Bildern der vereinzelten Musiker*in-nen eine bedrückende, aber auch berückend schöne Auseinanderset-zung mit den Grundbedingungen des gesellschaftlichen Lebens in einer außergewöhnlichen Zeit, auf die sich jeweils eine Person einlassen konnte.

33MICHAEL RAUTER

Fr 16OKT → BeethovenhausBonn

Michael Rauter, Konzept, Regie und Komposition Cornelius Puschke, Dramaturgie Anna Philippa Müller, Kostüme LadislavZajac,Found Footage Collage Miguel Pérez Iñesta, Performance/ Künstlerische Mitarbeit Christina Voigt, Filmproduktion Johann Günther, Sound Design MichaelBossler,ChristinaVoigt,  Kamera Mattias Schneider, Ellen Burger (FichtnerTontechnik),Ton Peter Ulrich, Webseite

Mitglieder des Orchesters der Ludwigsburger Schlossfestspiele

Solistenensemble Kaleidoskop

Studierende der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstel-

lende Kunst Stuttgart sowie weiterer Hochschulen

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AUSSTELLUNG „Welcome to #bebeethoven“

Als digitale Ausstellung konzipierte Thibaut de Ruyter die Präsentation „Welcome to #bebeetho-ven“, die im Oktober 2020 auch über den Zeit-raum der Konzerte und Performances hinaus im Beethovenhaus Bonn gezeigt wurde. Das bestehende Ausstellungskonzept mit Teppichen, die die Fellows repräsentieren, musste angesichts der konkre-ten Raumverhältnisse vor Ort angepasst werden. Anstelle der Zwölf Fellow-Teppiche wurde eine Ausstellungswand mit zwölf grafischen Flächen ge-schaffen, die zusammen mit vier Teppichen die zwölf Fellows und das Gesamtprojekt präsentierte; das Ausstellungskonzept arbeitet mit QR-Codes, die den Besucher*innen einen exklusiven Zugang zu den für die Ausstellung erstellten Film-, Ton-, Textbeiträgen verschaffen. Für Besucher*innen ohne Smartphones wurden Tablets zum Ausleihen vorgehalten. Die Ausstellung wurde am 16. Oktober 2020 eröffnet mit Reden von #bebeethoven-Kurator Steven Walter und Malte Boecker, Leiter des Beethovenhauses und der Beethoven Jubiläums GMBH. Parallel zur Ausstellung im Beethovenhaus konn-ten die zwölf Fellow-Teppiche, die für die Esslinger Ausstellung hergestellt wurden, als Elemente zur Raumgestaltung im Foyer der Bundeskunsthalle ein-gesetzt werden. Sie begleiteten die Besucher*innen zum Veranstaltungssaal und sorgten so für eine be-sondere Präsenz des Projekts #bebeethoven in Bonn.

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Die Ausstellung „Welcome to #be-beethoven“ wird manche Zuschauer

verunsichern.Vorallemwegenihrer

Form: 16 QR-Codes laden den Besucher

dazu ein, kurze Videos, Soundtracks und

Texte auf ihr Smartphone oder Tablet

zustreamen.Die,dieeinPorträtdes

Komponisten oder historische Relikte

erwarten, mögen angesichts dieser Gra-

fikcodes,diemittlerweileTeildesAlltags

sind,enttäuschtsein.Dochüberdieses

Erscheinungsbild hinaus untersucht die

AusstellungBeethovensNachwirkenvor

alleminhaltlich.Zielwaresnicht,Beet-

hovensMusikmitHilfevonSynthesizern

und Technobeats zu aktualisieren, son-

dern zu experimentieren, auszuprobie-

ren, zu forschen und auch zu scheitern

–wieschonBeethovenzuseinerZeit.“

Thibaut de Ruyter

AUSSTELLUNG & AKTIONEN IN BONN

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abgespielt, sobald sich eine Person dem Bewegungs-melder näherte. Zum Erstaunen der Besucher*innen ertönte dann zwischen den ausgestellten Büsten Beethovens eine körperlose Stimme, die den Um-gang mit dem Erbe Beethovens oder seine Rolle als Klischee der Musikgeschichte ironisch reflektierte.

INFOPOINT & FLASHMOB

Bereits ab Anfang Oktober 2020 wurde mit dem Infopoint Bonngasse eine zentrale Anlaufstelle im Beethovenhaus geschaffen, die allen Interessierten die Möglichkeit eröffnete, sich über das innovative Projekt #bebeethoven und die in Bonn geplanten Aktivitäten zu informieren. Zugleich bildete dieser Infopoint den Ausgangspunkt für weitere öffentlich-keitswirksame Aktionen; so positionierten sich zwei Mitarbeiter*innen regelmäßig vor dem Beethoven-haus in der Bonngasse, um – selbstverständlich mit dem infektionsbedingt gebotenen Abstand – Pas-sant*innen mit Flyern und Gesprächen auf die Ange-bote von #bebeethoven aufmerksam zu machen, u.a. auf die Installation „Pixel“ des #bebeethoven-Fellow Michael Rauter, die im Beethovenhaus aufgebaut war und kostenfrei besucht werden konnte. In zahlrei-chen persönlichen Gesprächen konnten die innova-tiven Formate und Ideen vermittelt und individuelle Konzertempfehlungen ausgesprochen werden.

Um möglichst viele Menschen auf die #bebe-ethoven Konzerte und Performances aufmerksam zu machen, fand zudem am 17. Oktober 2020 ein musikalischer Flashmob mit Musiker*innen des STEGREIF.orchesters auf der Rathaustreppe statt. Der durchdringende Klang der Blechbläser sorgte schnell für Aufsehen. Das PODIUM-Team nutzte die Gelegenheit, um mit Interessierten ins Gespräch zu kommen und Flyer zu verteilen. Ein weiterer ge-planter Flashmob am 24. Oktober 2020 mit Koka Nikoladze und acht Schlagzeuger*innen musste aufgrund der sich zuspitzenden Infektionslage leider kurzfristig abgesagt werden.

„Beethovens Geist“ IM ÖFFENTLICHEN RAUM

Für das Präsentationskonzert #bebeethoven hatte der Schweizer Schriftsteller Jürg Halter einen lite-rarischen Text geliefert, der das Projekt aus der Per-spektive des Jubilars kommentiert. Für die diversen Aktionen in Bonn schrieb der Dichter neue Texte, die speziell das Nachleben des Komponisten als Ikone thematisieren; sie bildeten das Zentrum der Aktio-nen im Öffentlichen Raum, die begleitend zu den Konzerten im Oktober 2020 in Bonn stattfanden. In diesem Sinne wurde „Beethovens Geist“ als Kunst-figur erschaffen, die an insgesamt sechs Tagen in der Bonner Innenstadt präsent war und an der Halte-stelle am Bertha-von-Suttner-Platz, am Beethoven-denkmal sowie an der Treppe zum alten Rathaus zu den Passant*innen sprach. Die Worte des Geistes kamen dabei aus einer Bluetooth-Box, die von einem unscheinbaren #bebeethoven-Jutebeutel umhüllt an diesen zentralen Orten in Bonn platziert wurde. Der Schauspieler Mario Neumann lieh dem Geist seine Stimme und sprach durch ein Funkmikrophon in der Nähe, aber für die Passant*innen jeweils nicht sicht-bar, die Menschen direkt an. Die Aktion wurde von den Passant*innen mit großem Interesse, mit Neu-gierde und mit Begeisterung aufgenommen.

„Beethovens Geist“ IM GARTEN DES BEETHOVENHAUSES

Auch für den Garten des Beethovenhauses - in di-rekter Nähe zur „Welcome to #bebeethoven“-Aus-stellung also – wurde eine besondere Audio-Aktion entwickelt, die die Besucher*innen des Beethoven-hauses auf unkonventionelle Weise ansprach. Die Texten stammen ebenfalls von Jürg Halter und wur-den von Mario Neumann eingesprochen. Für diese Audio-Intervention konzipierte und fertigte Michael Bethle wasserdichte Boxen, die – gut versteckt im Efeu der Gartenanlage des Beethovenhauses – platziert wurden. Von dort wurden kurze Monologe

39AUSSTELLUNG & AKTIONEN IN BONN

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STREAMING

Die Abschlusspräsentation des #bebeethoven-Pro-jekts im Rahmen des PODIUM Festivals Esslingen und die anschließende Wiederholung dieser Auffüh-rung als Auftakt der Reihe #bebeethoven Konzerte & Performances in Bonn verstanden sich auch als Teil eines digitalen Festivals. Dies zunächst vor dem Hintergrund der durch die Pandemie drastisch reduzierten Platzkapazitäten und mit Blick auf die Chance, so für die Musik einen breiteren Personen-kreis zu erreichen. Soweit möglich, wurden alle Kon-zerte live gestreamt bzw. aufgezeichnet und über die Plattform PODIUM.digital der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt - per On-Demand-Stream bzw. ganz oder ausschnittsweise als Videoproduktion. Die einzelnen Videos wurden auf Youtube und Facebook gezeigt und auf der Homepage eingebunden. Die Resonanz auf das Angebot war erfreulich. So wurde z.B. das von Elisa Erkelenz kuratierte Konzert „Ou-ternational“ über 2.500-mal, das Konzert von Elina Albachs „Vespers & Dreams“ über 1500- mal und Mathias Halvorsens „La Bohème“ rund 1.200-mal aufgerufen. Insgesamt erreichte der PODIUM-Kanal auf Youtube im Jahr 2020 über 500.000 Streams.

SOCIAL MEDIA

Um die Präsenz im Digitalen zu stärken, wurde unter der Leitung einer professionellen Journalistin für eine konsequente Präsenz des Projekts auf allen digi-talen Kanälen gesorgt. Die Vermittlung des Projekts in den sozialen Medien lief dabei unter den Profilen von PODIUM, die bereits vor dem Projektstart einen großen Teil der Menschen innerhalb der Szene der jungen Klassik erreichten (Im Jahr 2020 über 1.150.000 Aufrufe (Stand:23.11.2020).

Das Hauptaugenmerk bei der Social-Media-Arbeit wurde auf Instagram gelegt, das mit seinem Story-Tool erlaubt, unmittelbar Inhalte zu verbrei-ten und zugleich sich quasi filmisch darbietende Geschichten zu erzählen, die durch das automati-

STREAMING & DIGITALES

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auch das tagesaktuelle Fotomaterial verwendet.Auch über Twitter wurde jede Veranstaltung

beworben und damit verbunden Inhalte der Web-seite geteilt. Dem Twitter-Profil @podiumesslingen folgen derzeit über 1.700 Menschen. Wesentlich mehr Menschen noch erreicht der Projekt-Hashtag #bebeethoven, den auch große Medien-Accounts wie jener der Deutschen Welle (140.000 Follower), FluxFM (30.000) oder SWR2 (11.000) ebenso verbreiteten wie solche aus anderen Ecken des Musikuniversums, etwa das Electro-Label RVNG Intl. (13.000) oder die Organisation Women Produce Music (7.000).

sche Verschwinden nach 24 Stunden einen gewissen ad-hoc-Charme besitzen. Der Kanal @podiumess-lingen erreicht 2.000 Abonnent*innen, die während der Konzertreihe in Bonn 23 feste Beiträge mit vorab erstellten fotografischen Fellow-Porträts und Konzertrückblicken mit aktuellem Bildmaterial und über 130 Story-Beiträge sehen konnten. Das Sto-rytelling umfasste Blicke hinter die Kulisse genauso wie kurze Interviews mit Protagonist*innen, digitale Inszenierungen von Ausstellungen und Flashmobs, außerdem bauten zu jeder Performance der Fellows

„Festival Finds“ genannte assoziativ-essayistische Bilderfolgen aus der Weite des Internets ein zugäng-liches Diskursnetz um die Aufführungen. Durch die Erweiterung von Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit um engagierte Teammitglieder, die ihre eigene Perspektive und Instagram-Erfahrung einbrachten, konnte die Tonalität der Story-Beiträge divers ge-staltet, die Anzahl hochgehalten und die vielfältigen Möglichkeiten der Story-Funktion experimentell für das Projekt erschlossen werden, was die Views im Veranstaltungszeitraum in die Höhe trieb. Die Fellows wurden darüber hinaus dazu aufgefordert, selbst in ihren Stories aktiv zu werden und PODIUM genauso zu verlinken wie den Hashtag #bebeetho-ven. Das Feedback war rege, insbesondere die große Followerschaft von Holly Herndon, vom STEGREIF.orchester und von Koka Nikoladzes konnte so auf die Reihe der Bonner Konzerte und Performances auf-merksam gemacht werden.

Bei Facebook konnte während der Reihe der Konzerte und Performances in Bonn ein sehr starker Zuwachs bei der Reichweite und den Aufrufen der Beiträge erzielt werden. Im Oktober 2020 erreichte der Kanal von PODIUM Esslingen, podiumesslingen, fast 50.000 Nutzer*innen und hat derzeit 5.000 Fol-lower. Posts waren oft Ausgangspunkt für vielfältige und inspirierende inhaltliche Diskussionen über das Projekt innerhalb der Community. Auch über Face-book wurden die Veranstaltungen beworben und Inhalte der Webseite geteilt, etwa die täglichen Kon-zertbesprechungen und die Streams. Hierzu wurde

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Auf lokaler Ebene konnte das Projekt vor allem im Bonner Generalanzeiger punkten. Die Zeitung veröf-fentlichte schon im September 2020 eine Vorschau auf das Projekt, im November 2020 eine Rückschau mit Kurator Steven Walter, dem künftigen Intendan-ten des Beethovenfests, und begleitete die Bonner Konzertreihe mit laufender Berichterstattung über die jeweiligen Konzertabende.

PUBLIKATIONEN & WERBUNG

Für das Projekt wurden ein Save-the-Date, ein Pro-grammflyer, ein Programmheft und eine Programm-dokumentation erstellt. Gemeinsam mit Bonn-Ticket und der Fa. Ströer wurden die einzelnen Konzerte gezielt mit Plakaten, Anzeigen und Info-Screens beworben. Mit Fahnen und Buswerbung wurde dar-über hinaus für öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt. Auch im Digital-Bereich wurden einzelne Konzerte gezielt – auch mit Anzeigen - beworben.

FOTODOKUMENTATION & VIDEOS

Alle Konzerte und Performances wurden von einem professionellen Fotografen-Team begleitet. So ent-stand nicht nur spannendes Bildmaterial für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und für das Social-Media-Publikum, sondern auch eine ansprechende und informative Fotodokumentation zum Projekt. Darüber hinaus war bei nahezu allem Konzerten und Performances ein Filmteam anwesend und er-stellte - zu Dokumentationszwecken - umfangreiches Bildmaterial; aus diesem Bild-Material sowie aus dem Streaming-Material wurden für die Projekt-dokumentation einzelne, aussagekräftige Musik-Vi-deos hergestellt, die den exemplarischen Charakter der einzelnen Konzerte eindrucksvoll festhalten. Sie werden auf der Webseite von PODIUM im Zusam-menhang mit der digitalen Projektdokumentation veröffentlicht.

MEDIENRESONANZ

Zahlreiche Medien berichteten über die Reihe #bebeethoven Konzerte und Performances in Bonn. Auch das Fernsehen war vor Ort, „WDR Lokalzeit“ begleitete den Auftakt der Bonner Tage am 18. Ok-tober 2020 mit Bildern u.a. von den Proben zur Per-formance von Quadrature, Bildern der Ausstellung

„Welcome to #bebeethoven“ und einem Gespräch mit Steven Walter. Zuvor berichtete die Sendung

„Sweet Spot“ des Hörfunksenders BR Klassik über die Fellows und die anstehenden Konzerte, auch die Deutsche Welle sendete unter der Überschrift „Auf der Suche nach dem Beethoven von heute“ einen Bericht über das Projekt #bebeeethoven und die Konzertreihe in Bonn. Auch im überregionalen Printbereich erzeugte das #bebeeethoven Projekt und die Konzertreihe in Bonn Aufmerksamkeit; so wurde etwa beim Ge-spräch der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ mit Steven Walter zur Lage der Konzertbranche im November 2020 über die Konzerte in Bonn gesprochen.

43PRESSE, ÖFFENTLICHKEITSARBEIT & WERBUNG

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IMPRESSUMPODIUM Musikstiftung EsslingenHeilbronner Straße 11/1 , 73728 Esslingen +49 711 365 577 50post@podium-esslingen.dewww.podium-esslingen.dewww.bebeethoven2020.com

Vorstand Brigitte Russ-Scherer (Vorsitzende), Lothar Kuhn, Dr. Adrian-Minh Schumacher

Künstlerischer Leiter & Geschäftsführer Steven Walter

Redaktion & Texte Steffen Greiner, Nike Lerche, Dr. Wiebke Rademacher, Brigitte Russ-Scherer, Julian Stahl, Steven Walter

Fotos Christoph Püschner und Rainer Kwiotek (Agentur Zeitenspiegel), Sarah Larissa Heuser

Projektförderer #BEBEETHOVEN

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Hauptförderer PODIUM Esslingen

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PROJEKT #BEBEETHOVEN KONZERTE & PERFORMANCES IN BONN

Kurator und Künstlerischer LeiterSteven Walter

Projektleitung #bebeethovenLukas Onken

ProjektmanagementDr. Wiebke Rademacher (Bonn)Pamina Rottok (Esslingen)

Presse, Öffentlichkeitsarbeit & Social MediaSteffen Greiner, Philipp Hecht, Ariana Zustra

#bebeethoven Konzerte & Performances in Bonn“ ist ein Projekt von BTHVN2020 und PODIUM Esslingen, das 2019 / 2020 verwirklicht wurde; das Projekt wurde u.a. unterstützt vom Land Nordrhein-West-falen, der Stadt Bonn und zahlreichen Paten aus dem Bonner Beethoven-Netzwerk.

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