Wittgenstein Siegener Zeitung 9 W Luthers Lieder als Flügel der Reformation BAD BERLEBURG Vokalensemble „Cantamus“ gab anlässlich des Luther-Jahres ein Konzert in der evangelischen Stadtkirche zeswidrig. Das ist, als würde heute jemand seine Gitarre zerschmettern.“ Claudia Latzel-Binder gab ihrer Ge- meinde gegen Ende des Abendkonzertes noch Folgendes mit auf den Weg: Heutzu- tage geht es nicht mehr darum, die damali- gen Lieder mit ihren Anliegen zu überneh- men, sondern neue Lieder mit Luthers zeitlosem Anliegen zu kreieren. So werden die Gedanken des Trägers der Reforma- tion auch weiterhin die Jahrzehnte über- dauern und noch Generationen nach uns mit ihren Botschaften erfreuen. onsbewegung und sind noch heute allen in Erinnerung. Chorleiter Peter Metzger und Chormitglied Johannes Röhl schätzen be- sonders die Arbeit von Johann Sebastian Bach, der viele der von Luther gedichteten Lieder vertonte. „Er hat die Texte haarge- nau in Noten umgesetzt, bewegend, auf- wühlend und einfühlsam zugleich“, schwärmte Peter Metzger. Johannes Röhl äußerte sich näher zum entsprechenden Musikstil: „Seine Melodien sind ein biss- chen zu vergleichen mit dem Punk der Neuzeit, sie waren verstörend, quasi geset- ches Gemüt. Als er später damit begann, eigene Lieder zu dichten, verbreiteten sich diese auf Flugblättern in Windeseile durch das ganze Land. Mehr als 35 überlieferte Lieder kennen wir von Martin Luther heute. Dabei be- schränkte er sich allerdings nie auf bloße Übersetzungen, in seinen Texten finden sich zugleich auch seine Interpretationen, seine Gedanken und Ansichten. Lieder überbrachten für Luther eine Botschaft, die jedermann erreichen sollte. Genau aus diesem Grund beschränkte sich der Refor- mator auch nicht nur auf klassische Kir- chenlieder. Mit seinen Texten und Melo- dien für Volks- und Straßenlieder brachte er seine Botschaft zu Menschen aller Her- kunftsschichten und seine Lieder wurden zu Flügeln der Reformation. Er erreichte seine Zuhörer im Alltag und stärkte mit seinen Künsten neben ihrem Glauben auch ihre Bildung. Ebendiese Auffassung überlieferte „Cantamus“ ihren andachtsvollen Zuhö- rern auch gleich im ersten Lied. „Wir glau- ben all an einen Gott“ wurde von dem Chor nicht ohne Grund an erste Stelle des Abendprogramms gesetzt. Die Melodie be- tont das „Wir“; ganz nach Luther sollen nicht nur Chöre oder Priester singen, son- dern die gesamte Gemeinde, das Gemein- schaftsverständnis wird in den Vorder- grund gestellt. Auch die darauffolgenden Lieder spiegelten Luthers Thesen, Gedan- kengänge und Ansichten wider, wurden zu Streitliedern und Hymnen der Reformati- Unter der Leitung von Peter Metzger präsentierten die rund 25 Mitglieder des Chores eine Mischung aus Chorälen von und Worten zu Martin Luther. aber � Anlässlich des diesjährigen Luther-Jahres und des damit einherge- henden 500-jährigen Reformationsjubi- läum veranstaltete das Vokalensemble „Cantamus“ am vergangenen Sonntag- abend ein Konzert in der evangelischen Stadtkirche in Bad Berleburg unter dem Motto „Cantamus plus Luther“. Unter der Leitung von Peter Metzger präsentierten die rund 25 Mitglieder des bereits 13 Jahre alten Chores eine aussagekräftige Mi- schung aus Chorälen von und Worten zu Martin Luther, seiner Theologie und Re- formationsgeschichte. Die Worte lieferte hierbei Gemeinde- pfarrerin Claudia Latzel-Binder in Form von Auslegungen und kurzen Anekdoten über den Urheber der Reformation zwi- schen den einzelnen Liedern. Martin Luther war schon von klein auf äußerst musikalisch veranlagt, stammte aus einer ebenso musikalisch begabten Familie und erlernte so schon früh den Gesang und das Musizieren. Die Musik selbst schätzte er neben der Theologie als höchstes Gut, sie versprach ihm stets Ruhe und ein fröhli- Das Vokalensemble „Cantamus“ rund um Chorleiter Peter Metzger gab am Sonntagabend anlässlich des Luther-Jahres und des Reformationsjubiläums ein Konzert in der evange- lischen Stadtkirche in Bad Berleburg. Foto: aber