JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ - INSTITUT FÜR PHYSIK Die physikalischen Grundlagen der Luftfahrt Wissenschaftliche Prüfungsarbeit gemäß § 12 der Landesverordnung über die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien vom 07. Mai 1982, in der derzeit gültigen Fassung vorgelegt am 2. Juli 2010 von: Lena Michaela Altherr Goethestraße 22 63512 Hainburg Erstgutachter: PD. Dr. Frank Fiedler Zweitgutachter: Prof. Dr. Heinz-Georg Sander
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Die physikalischen Grundlagen der Luftfahrt...JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ - INSTITUT FÜR PHYSIK Die physikalischen Grundlagen der Luftfahrt Wissenschaftliche Prüfungsarbeit
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JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ - INSTITUT FÜR PHYSIK
Die physikalischen Grundlagender Luftfahrt
Wissenschaftliche Prüfungsarbeitgemäß § 12 der Landesverordnung über die Erste Staatsprüfung für das
Lehramt an Gymnasien vom 07. Mai 1982, in der derzeit gültigenFassung
vorgelegt am
2. Juli 2010
von:
Lena Michaela Altherr
Goethestraße 22
63512 Hainburg
Erstgutachter: PD. Dr. Frank Fiedler
Zweitgutachter: Prof. Dr. Heinz-Georg Sander
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 10
1. Historischer Überblick - der Traum vom Fliegen 11
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik 17
Dabei handelte es sich zunächst um Fesselflüge, später um
freie Aufstiege mit Tieren als Flugpassagieren. Schon ein
Jahr später erreichte man Höhen bis zu 4000 Metern. 1785
wurde erstmals mit einem Heißluftballon der Ärmelkanal
überquert. Heißluftballone werden nach ihren Erfindern
Montgolfière genannt.
Als >>Vater der Aeronautik<< gilt
der Engländer Sir George Cayley,
der bereits 1799 ein Gleitflugzeug
mit allen wesentlichen Merkmalen
moderner Flugzeuge wie Flügel,
Höhen- und Seitenleitwerk
skizzierte und damit die
wissenschaftliche Beschäftigung
mit dem Fluggerät 敦schwerer als
Luft屯 einleitete. Fünf Jahre später
baute er aufbauend auf seinem
Flugzeugkonzept erfolgreich
unbemannte Flugmodelle.
Dem italienischen Ingenieur Enrico Forlanini gelang 1877 der erste Flug eines dampfgetriebenen
Modellhubschraubers, der mit zwei koaxialen gegenläufigen Rotoren etwa 20 Sekunden flog und Höhen von
bis zu 13 Metern erreichte. Für weitere flugtechnische Experimente entwickelte er einen Windkanal und baute
sein erstes Luftschiff, das 1909 zum ersten Flug startete. Obwohl er seine militärische Laufbahn beendet
hatte, konstruierte er während des Ersten Weltkrieges auch mehrere Luftschiffe für den Kriegseinsatz.
Der Ingenieur und
Unternehmer Otto
Lilienthal erforschte
gemeinsam mit
seinem Bruder Gustav
die Vorteile der
gewölbten Fläche für
die Flugzeugtechnik.
1890 1870
Die Ergebnisse ihrer Auftriebs- und
Widerstandsmessungen an Tragflügelprofilen
veröffentlichten sie 1889 in Otto Lilienthals Buch
敦Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst屯,
dargestellt in Polardiagrammen, die heute noch
Grundlage des Begriffssystems und gängige Praxis
in der Aerodynamik sind.
Nach den jahrelangen theoretischen Vorarbeiten unternahm Otto Lilienthal, seit Kindertagen von der Fliegerei
begeistert, zwischen 1890 und 1896 praktische Flugversuche mit Hängegleitern, die den heutigen Sportdrachen
ähnelten. 1891 gelang ihm der erste Menschenflug mit einem manntragenden Segelapparat; seine 敦Möwe屯 trug
ihn dabei über sieben Meter durch die Luft. In der Folgezeit
baute und erprobte er mehr als 30 Gleitflugzeuge und
erzielte Flugweiten über 300 Meter. Alle Gleitflugzeuge
waren in Anlehnung an den Vogelflug so konstruiert,
dass der Pilot das Fluggerät mit den Händen hielt, die
Beine zum Anlaufen benutzte und den Gleiter durch
Verlagerung der Körperposition steuerte. Nach mehr als
100 Flügen starb Lilienthal 1896 bei einem Absturz aus
20 Meter Höhe. Seine Erfindungen waren bahnbrechend
für die moderne Luftfahrt.
Als herausragender Luftschiff-Pionier gilt
der Offizier Ferdinand Graf von Zeppelin,
der sich seit 1892 dem Luftschiffbau
widmete und das erste lenkbare
Starrluftschiff konstruierte. Zeppelin-
Luftschiffe, ab 1909 in der Firma
»Luftschiffbau Zeppelin GmbH« in
Friedrichshafen gebaut, dominieren die
Geschichte der Starrluftschifffahrt derart,
dass bis heute der Begriff Zeppelin ein
Synonym für Starrluftschiff ist. Das
erfolgreichste Luftschiff, die Graf Zeppelin,
absolvierte bereits Anfang des 20.
Jahrhunderts Erdumrundungen und
Atlantiküberquerungen. Zeppeline wurden
sowohl in der zivilen Luftfahrt als auch in
Kriegszeiten als Bomber und Aufklärer
eingesetzt.
Erst die Erfindung des Verbrennungsmotors verhalf der
Fliegerei zum Durchbruch als Verkehrsmittel. Mit Hilfe
eines solchen Benzinmotors gelang den amerikanischen
Brüdern Orville und Wilbur Wright 1903 der erste
erfolgreiche gesteuerte Motorflug, ermöglicht durch ihre
Erfindung der aerodynamischen Flugsteuerung um alle drei
Achsen. Der gelungenste Flug ging über 260 Meter und
dauerte 59 Sekunden. Allerdings gibt es auch historische
Quellen, die dem deutschen Flugpionier Karl Jatho den
ersten geglückten Motorflug zusprechen, der 1903 vier
Flüge absolviert haben und beim weitesten 60 Meter
zurückgelegt haben soll.
1898 1894 1890
dabei durch einen Ottomotor angetrieben. Obwohl kurz
zuvor ein von Louis und Jacques Bréguet gebauter
Hubschrauber bereits abheben konnte, gilt Cornus Flug
als erster freier Flug eines Hubschraubers, weil der
andere aufgrund seiner Instabilität durch Helfer im
Gleichgewicht gehalten werden musste.
Der französische Ingenieur und Fahrradfabrikant Paul Cornu entwickelte
den weltweit ersten bemannten Hubschrauber, der bei seinem Erstflug
1903 eine Flugzeit von 20 Sekunden nicht überschritt. Er wurde auch
fliegendes Fahrrad genannt. Die beiden gegenläufigen Drehflügel wurden
1902 1906 1910
Der Fortschritt in der Hubschraubertechnik verlief zunächst ohne deutsche Beteiligung; 1936 präsentierte der
Flugzeugkonstrukteur Heinrich Focke einen einsitzigen Versuchshubschrauber Fw 61, den ersten wirklich
einsetzbaren Hubschrauber weltweit, der in den Folgejahren Weltrekorde in Flugdauer, Streckenlänge, Flughöhe
und Geschwindigkeit aufstellen sollte.
1910 1920 1930
Schon im Ersten Weltkrieg wurden Tausende von
Kampfflugzeugen produziert mit jedoch nur
geringem Einfluss auf das Kriegsgeschehen. Im
Laufe des Krieges ging die Entwicklung der
Jagdflugzeuge dann von eher fragilen, wenig
bewaffneten Maschinen zum Schutz von Aufklärern
und Bombern hin zu sehr manövrierfähigen,
schwer bewaffneten Einsitzern. Ebenfalls 1914
wurde die erste Passagierfluglinie eröffnet auf der
Strecke St. Petersburg - Tampa Bay.
Der Fortschritt in der
Hubschraubertechnik verlief zunächst
ohne deutsche Beteiligung; 1936
präsentierte der Flugzeugkonstrukteur
Heinrich Focke einen einsitzigen
Versuchshubschrauber Fw 61, den
ersten wirklich einsetzbaren
Hubschrauber weltweit, der in den
Folgejahren Weltrekorde in Flugdauer,
Streckenlänge, Flughöhe und
Geschwindigkeit aufstellen sollte.
Zu einem enormen Aufschwung in der
Flugzeugentwicklung kam es im Zweiten
Weltkrieg, wo vor allem Deutschland den
Mangel an Ressourcen durch technischen
Vorsprung zu kompensieren suchte.
Höhepunkt dieses Prozesses
war die Produktion von Strahltriebwerken
und die Serienproduktion von
Strahlflugzeugen, deren Triebwerke
allerdings nicht von langer Lebensdauer
waren. In diese Zeit fällt auch die
Entwicklung der ersten leistungsfähigen
Hubschrauber, des Schleudersitzes, der
Radartechnologie und verschiedener
Raketen.
Im Jahr 1949 erfolgte der Erstflug der britischen De
Havilland Comet, des weltweit ersten
Passagierflugzeugs mit Strahltriebwerken, deren
Einbau die Flugreisegeschwindigkeit verdoppelte. Drei
Jahre später wurde mit eben diesem Flugzeugtyp der
erste Liniendienst der Welt mit Düsenflugzeugen
zwischen London und Johannesburg aufgenommen.
Die Geschichte der Flugsicherung verläuft
parallel zur Entwicklung des Flugzeuges zum
Massentransportmittel im Deutschland der
1950er Jahre. Hervorgegangen aus den
Flugsicherungsdiensten der West-Alliierten in
der Nachkriegszeit wurde mit Gründung der
Bundesanstalt für Flugsicherung 1953 die
Aufgabe der Flugsicherung des zivilen
Luftverkehrs in deutsche Hände gelegt. Bis
zu ihrer Privatisierung 1992 handelte es sich
um eine Anstalt öffentlichen Rechts.
1950 1940 1960
1960 1970 1980 2000 1990 2010
1953 wurde in den USA mit der North American
F-100 Super Sabre, einem einstrahligen
Kampfflugzeug, der erste Überschalljäger der
Welt gebaut. Konzipiert war sie
als Tiefdecker mit zentralem
Lufteinlauf, ihre Tragflächen
waren 45° gepfeilt. Aufgrund
ihrer Langlebigkeit wurde sie
noch bis in die achtziger Jahre aktiv eingesetzt.
Das erfolgreichste Verkehrsflugzeug
aller Zeiten ist die Boeing 737 mit in
der Anfangsversion 100 Sitzplätzen,
deren erster Abnehmer nach dem
Erstflug 1967 die Lufthansa war. Im
Jahr 2005 waren ständig rund 1.300
Boeing 737 gleichzeitig in der Luft und
alle sechs Sekunden startet eine.
Die 屯Concorde惇, das einzige langfristig
eingesetzte Überschall-
Verkehrsflugzeug, gilt als eine der
größten Leistungen in der Geschichte
der Luftfahrt. Ihre Entwicklung, ein
gemeinsames Projekt der Nationen
England und Frankreich, mündete 1969
in den Erstflug der beiden Prototypen; ab
1976 wurde sie im kommerziellen
Linienverkehr eingesetzt. Sie fasst 128
Fluggäste und fliegt mit einer
Geschwindigkeit von über 2100 km/h.
Aufgrund der hohen Betriebskosten
konnte sie sich jedoch nicht durchsetzen.
Im Jahr 2000 kam es zu einem
tragischen Absturz, der zu einer
Stilllegung der Flotten führte.
Der Inbegriff für moderne Flugtechnik ist der Airbus A380, ein vierstrahliges Großraumflugzeug mit zwei
durchgängigen Passagierdecks, das in der Regelausstattung 555 Passagieren in drei Klassen Platz bietet
und ohne Zwischenstop bis zu 15.000 Kilometer fliegen kann. Dieser Tiefdecker ist das größte
zivile Verkehrsflugzeug, das bisher in Serienfertigung
produziert wurde. 2005 absolvierte der Airbus A380
seinen Erstflug, seit 2007 ist er im
Passagierverkehr eingesetzt. Der erste deutsche
Airbus A380, der das neue Flaggschiff der
Lufthansa sein wird, hebt am 6.6.2010 zu seinem
Jungfernflug von Frankfurt nach Johannesburg ab
mit der deutschen Fußballnationalmannschaft auf
dem Weg zur WM.
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine didaktische Arbeit zur Flugphysik.
Im Vorgriff auf Kapitel 3 sei angemerkt, dass zu einer vollständigen Behandlung der
physikalischen Grundlagen der Luftfahrt zwei Arten von Flugobjekten gehören, nämlich
solche, die schwerer, und solche, die leichter als Luft sind, und damit auch zwei Arten
von Auftrieb. Daher werden sie im praktischen Teil der vorliegenden Arbeit auch beide
Gegenstand der Betrachtung sein. Im theoretischen Teil hingegen erfolgt eine Beschrän-
kung auf die Grundlagen der Flugobjekte, die schwerer als Luft sind. Für die Theorie
zu den Luftfahrzeugen leichter als Luft wird auf die Wissenschaftliche Prüfungsarbeit
von Martin Schilling mit dem Thema »Auftrieb im Schülerlabor - Schülerexperimente
zum Heißluftballon« verwiesen.
Vor der Überlegung, wie diese Flugphysik in der Schule vermittelt werden kann, muss
eine intensive Auseinandersetzung mit der Aerodynamik des Fliegens stehen, wel-
che wiederum gründliche Kenntnisse in der Strömungsmechanik voraussetzt. Daher
wird hier der Behandlung der Grundlagen des Fliegens eine Behandlung wesentli-
cher Aspekte der Strömungsmechanik vorangestellt und zwar auf einem universitären
Anspruchsniveau. Dieses Kapitel stellt dem unterrichtenden Lehrer nützliches Hinter-
grundwissen zur Verfügung, muss aber nicht zwangsläufig gänzlich durchdrungen
werden, um Flugphysik in der Schule zu behandeln.
Die Strömungslehre untersucht die Bewegung von Flüssigkeits- und Gasmassen, also
deren Kinematik und Dynamik. Sie ist damit Teilgebiet der ältesten und grundle-
genden Disziplin der Physik, der klassischen Mechanik. Um einen in dieser Arbeit
möglicherweise entstehenden Eindruck von vornherein zu korrigieren, sei voraus-
geschickt, dass - im Gegensatz zu den mathematisch vollständig gelösten Ein- und
Zwei-Körperproblemen der Mechanik - in der Aero- und Hydrodynamik bei Weitem
nicht alle Probleme mathematisch lösbar sind bzw. deren Lösung nicht exakt angegeben
werden kann. Insbesondere technische Strömungsprobleme können in der Regel erst
17
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
aufgrund von Modellversuchen oder Simulationsprogrammen komplett beschrieben
werden; bekannte Beispiele für wichtige Experimentiergrößen bei solchen Versuchen
sind die Reynolds-, die Froude- und die Mach-Zahl. Die Strömungslehre ist also ein
noch weites, offenes Feld für den Experimentalphysiker bzw. den experimentierenden
Techniker. Das liegt nicht etwa daran, dass es sich bei Gasen und Flüssigkeiten letztlich
um sehr große Vielteilchensysteme handelt. Dieser Aspekt ist bei normalen Teilchen-
dichten für die Strömungslehre uninteressant, man behandelt die Flüssigkeiten und
Gase sowieso als Kontinua. Im Gegenteil: von Seiten der Physik sind die Grundglei-
chungen zur Beschreibung von Flüssigkeits- und Gasbewegungen durchaus bekannt.
Vielmehr scheitert die theoretische Lösung an der im Allgemeinen nicht durchführbaren
Integration der Differentialgleichungen; sie gelingt nur in Sonderfällen. In der vorlie-
genden Arbeit wird diese Schwierigkeit freilich nicht zum Vorschein kommen, da in
diesem theoretischen Teil der Arbeit die Grundlagen des Fliegens anhand von lösbaren
Strömungsbeispielen mithilfe mathematischen Handwerkszeuges verdeutlicht werden
sollen.
2.1. Physikalische Eigenschaften der Luft
Wichtige Eigenschaften des strömenden Mediums für die Strömungsmechanik sind
Dichte, Temperatur, Kompressibilität und Zähigkeit. Die Dichte ρ ist im Allgemeinen
nicht konstant, sondern hängt von Temperatur und Druck ab. Unter der Kompressibilität,
der Zusammensdrückbarkeit, eines Mediums versteht man die Fähigkeit bei Einwirkung
äußerer Druckkräfte das Volumen zu verringern. Sie ist definiert als
κ = −1
V
dV
dp. (2.1)
Ein Maß für die Kompressibilität einer Flüssigkeit oder eines Gases ist der Volumen-
Elastizitätsmodul E. Er ist definiert durch Gleichung 2.2.
dp = EdV
V(2.2)
18
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
Wegen der Erhaltung der Masse gilt, wenn dρρ<< 1 ist:
dp = −Edρ
ρ. (2.3)
Bei kleinem Staudruck1 ist ∆ρ
ρ<< 1, so dass bei mäßigen Strömungsgeschwindigkei-
ten das strömende Medium - sowohl Flüssigkeiten als auch Gase - als inkompressibel
angesehen werden kann. Die in Zusammenhang mit den inneren Reibungskräften in
einem gasförmigen oder flüssigen Fluid stehende Zähigkeit meint die Erscheinung,
dass zur gegenseitigen Verschiebung benachbarter Volumenenlemente eine gewisse
Kraft aufgebracht werden muss. Sie kann häufig bei technischen Anwendungen ver-
nachlässigt werden. Selbstverständlich gibt es auch Fragen, bei denen die Zähigkeit
berücksichtigt werden muss. Hier ist beispielsweise die Grenzschichttheorie zu nennen.
Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle also festhalten, dass sich viele Aufgaben,
unter anderem auch die Berechnung des Auftriebes an Tragflügeln, unter Zugrundele-
gung eines inkompressiblen reibungslos strömenden Mediums lösen lassen. Wenn nicht
anders beschrieben, wird in dieser Arbeit daher immer von einer solchen Flüssigkeit
bzw. einem solchen Gas ausgegangen.
2.2. Kinematik der Strömungen
2.2.1. Eulersche und Langrangesche Betrachtungsweise
Die im Allgemeinen zweckmäßigste Form zur Beschreibung von Flüssigkeits- und Gas-
bewegungen ist die Angabe des Strömungszustandes am jeweils festgehaltenen Ort zu
verschiedenen Zeiten. Man erhält dann das Strömungsfeld ~v = ~v (~r, t) mit seinen Strom-
linien, deren Wegelemente d~s im Zeitpunkt t überall die Richtung der Geschwindigkeit
~v haben. Stromlinien sind geometrische Hilfsobjekte, die der Veranschaulichung eines
Strömungsfeldes dienen. Es gilt also:
d~s ||~v oder d~s× ~v = 0
1Staudruck oder auch dynamischer Druck bezeichnet denjenigen Druck, der von einer strömendenFlüssigkeit oder einem strömenden Gas an einem Hindernis hervorgerufen wird. Er wird beschriebendurch ρ
2v2.
19
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
Diese sogenannte Eulersche Betrachtungsweise ist vor allem dann einfach und anschau-
lich, wenn die Strömung von einem bestimmten raumfesten Koordinatensystem aus
gesehen zeitlich gleichbleibend, genannt stationär, ist:
~v = ~v (~r) (2.4)
Zu unterscheiden ist davon die sogenannte Langrangesche Betrachtungsweise, in der
die Bahnlinien der einzelnen Flüssigkeits- bzw. Gasteilchen betrachtet werden, also jene
Kurven, die von den einzelnen Teilchen durchlaufen werden. Sie fallen nur in stationärer
Strömung mit den Stromlinien zusammen, denn nur dann bewegen sich die Teilchen
auf den zeitlich gleichbleibenden Stromlinien wie auf festen Gleisen weiter. Trotzdem
benötigt man zur Aufstellung der dynamischen Grundgleichung die Beschleunigung
eines einzelnen Teilchens und damit zunächst die Langrangesche Betrachtung, um sie
anschließend in das feste Euler-Koordinatensystem übertragen zu können.
2.2.2. Kontinuitätsgleichung
Die Erhaltung der Masse wird für ein strömendes Medium durch die sogenannte
Kontinuitätsgleichung ausgedrückt. Diese ist für eine eindimensionale Bewegung der
Geschwindigkeit v längs einer Stromröhre besonders leicht zu formulieren. Unter
einer Stromröhre versteht man in diesem Zusammenhang sämtliche Stromlinien, die
durch eine geschlossene Fläche, den Stromröhrenquerschnitt, verlaufen und somit
ein röhrenförmiges Volumen bilden. Nimmt man die Strömungsgeschwindigkeit v
als über den Strömungsquerschnitt A konstant an, so bezeichnet A · v das an einer
Stelle der Stromröhre pro Zeiteinheit durchfließende Volumen. Die pro Zeiteinheit
durchfließende Masse ist also durch ρ ·A ·v gegeben. Aufgrund der Erhaltung der Masse
und der Tatsache, dass durch die Ummantelung der Stromröhre nichts hindurchfließt,
muss der Massenstrom längs der Stromröhre konstant sein. Für eine eindimensionale
Bewegung längs einer Stromröhre ergibt sich also die Kontinuitätsgleichung eines
kompressiblen Mediums:
ρ · A · v = const. (2.5)
20
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
Im Falle einer inkompressiblen Flüssigkeit ergibt sich wegen der Konstanz der Dichte
die einfacherere Form:
A · v = const. (2.6)
Diese wird häufig auch wie in Gleichung 2.7 formuliert.
A1 · v1 = A2 · v2 (2.7)
Nun lässt sich anhand des Stromlinienbildes direkt eine Aussage über die Strömungsge-
schwindigkeit machen. Nach der Konvention wird ein Stromlinienbild derart gezeichnet,
dass jede Stromröhre den gleichen Volumenstrom besitzt, so dass mithilfe der Glei-
chung 2.7 die folgende Aussage getroffen werden kann: Für inkompressible Medien
korrespondieren enge Stellen der Stromröhre mit hohen Strömungsgeschwindigkeiten
und umgekehrt. Orte sich verengender Stromlinien sind also Orte der Zunahme der
Strömungsgeschwindigkeit in Strömungsrichtung und umgekehrt. Für kompressible
Strömungen gilt dieser Zusammenhang nur für Geschwindigkeiten unterhalb der Schall-
geschwindigkeit 2, oberhalb ist der Zusammenhang ein gleichsinniger. Die Ursache
hierfür liegt in der mit der Geschwindigkeitszunahme verbundenen Erniedrigung des
Drucks bzw. Vergrößerung des Volumens.
Etwas komplizierter gestaltet sich die dreidimensionale Kontinuitätsgleichung. Diese
kinematisch allgemeinste Beziehung für das Geschwindigkeitsfeld einer Strömung ist
in Gleichung ?? dargestellt und ist überall gültig mit Ausnahme eventuell vorliegender
Quellen oder Senken (Singularitäten des Feldes).
∂ρ
∂t+ div (ρ · ~v) = 0. (2.8)
Dies folgt aus der Tatsache, dass die zeitliche Änderung der Masse innerhalb eines
Volumenelementes gleich der Differenz aus aus- und eintretender Massenströme ist.
Die ausführliche Herleitung ist für das weitere Verständnis nicht unbedingt erforderlich;
2Mit Schallgeschwindigkeit wird die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer fortschreitenden Schallwelle ineinem festen, flüssigen oder gasförmigen Medium bezeichnet. Sie ist sowohl von dern elastischenEigenschaften des Mediums, als auch von Druck und Temperatur abhänig. Für Luft beträgt dieSchallgeschwindigkeit vei 20 ◦C und Normaldruck (1013hPa) c = 343
m
s.
21
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
Abbildung 2.1: Gedankenexperiment zum Begriff der Drehung bzw. der Drehungs-freiheit [Schlichting und Truckenbrodt, 2001a]
sie würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, kann aber bei Bedarf in [Oertel, 2008]
nachgelesen werden.
Für ein inkompressibles strömendes Medium vereinfacht sich Gleichung 2.8 wegen
ρ = const. zu Gleichung 2.9.
div ~v =∂vx
∂x+
∂vy
∂y+
∂vz
∂z= 0 (2.9)
2.2.3. Potentialströmung
In der Strömungslehre werden zwei Gruppen von Strömungen unterschieden, nämlich
diejenigen mit Drehung und diejenigen ohne Drehung. Es lässt sich feststellen, dass im
Allgemeinen Bewegungen mit Drehung nur bei reibungsbehafteter Strömung vorliegen
können. Im weiteren Verlauf sind gerade diejenigen ohne Drehung von besonderer
Bedeutung. Sie werden auch Potentialströmung genannt.
Zunächst soll jedoch ein tieferes Verständnis des Begriffes der Drehung herbeigeführt
werden. Dazu wird sich eines Gedankenexperimentes bedient, dass die Drehung an-
schaulich erklärt. Dazu stelle man sich eine strömende Flüssigkeit vor. Lässt man auf
der Oberfläche dieser Flüssigkeit einen kleinen festen Körper mitschwimmen, der ei-
ne bestimmte Richtung markiert, kann man an diesem ablesen, ob die vorliegende
Strömung drehungsfrei ist oder nicht. Denn bleibt die markierte Richtung andauernd
parallel zu ihrer Ausgangslage, so liegt keine Drehung vor. Abbildung 2.1 zeigt dies
im linken Teil beispielhaft, da a parallel a′ parallel a′′. Dagegen zeigt Abbildung 2.1
im rechten Teil das Ergebnis des Gedankenexperimentes für eine mit Drehung behaf-
tete Strömung, hier am Beispiel einer Flüssigkeit in einem zylindrischen Gefäß, das
22
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
in Rotation versetzt wird. Mathematisch wird eine Drehung beschrieben durch den
sogenannten Drehvektor ~θ bzw. den Drehwinkelgeschwindigkeitsvektor ~ω = dθdt
. Für die
Drehwinkelgeschwindigkeit kann gezeigt werden, dass
~ω =1
2rot~v (2.10)
gilt. Man bezeichnet eine Strömung als drehungsfrei, falls alle Komponenten der
Drehwinkelgeschwindigkeit verschwinden, wenn also
rot~v = 0 (2.11)
gilt.
2.2.4. Beschleunigung
Obwohl in Abschnitt 2.2.1 die Langrangesche Betrachtungsweise für ungünstiger erklärt
wurde, wird sie dennoch benötigt für die Einführung des Begriffes des Beschleunigung.
Diese kinematische Größe ist nach dem zweiten Newotnschen Axiom zentral bei der
Aufstellung der dynamischen Grundgleichungen. Unter der Beschleunigung versteht
man in der Mechanik die zeitliche Ableitung der Geschwindigkeit. Daher gilt
~a =d~v
dt(2.12)
Zunächst soll die Beschleunigung für eine eindimensionale Strömung eingeführt und
erläutert werden. Die Beschleunigung als zeitliche Geschwindigkeitsänderung eines
bestimmten Masseteilchens setzt sich aus zwei Anteilen zusammen, dem lokalen und
dem konvektiven. Der lokale Anteil beschreibt denjenigen, der durch eine sich mit
der Zeit ändernde Geschwindigkeit in einem festen Raumpunkt entsteht. Der zweite
Anteil, der konvektive, kommt durch die Ortsänderung des Geschwindigkeitsteilchens
zustande, falls sich die Geschwindigkeit längs der Stromröhre ändert.
Die Gesamtbeschleunigung lässt sich also berechnen als
a =dv
dt=
∂v
∂t+
dv
dt=
∂v
∂t+
∂v
∂s·ds
dt(2.13)
23
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
und somit umformen zu
a =dv
dt=
∂v
∂t+ v ·
∂v
∂s(2.14)
Übertragen auf eine dreidimensionale Strömung mit dem Geschwindigkeitsvektor ~v
ergibt sich für die Gesamtbeschleunigung Gleichung 2.15.
~a =d~v
dt=
∂~v
∂t+ (~v · grad)~v (2.15)
2.3. Dynamik der Strömungen
2.3.1. Eindimensionale Strömungen
Unter einer eindimensionalen Strömung versteht man eine solche, bei der nur eine
Geschwindigkeitskomponente von Null verschieden ist. Diese wiederum ist dann auch
nur von einer Ortskoordinate abhängig. Bezeichnet man die Koordinate längs der
Stromlinie mit s und die Geschwindigkeit mit v, so kann die Bewegung durch
v = v(s, t) (2.16)
als eindimensional aufgefasst werden. Rohrströmungen mit variablem Rohrquerschnitt
können näherungsweise als eindimensionale Strömungen behandelt werden. Dabei wird
eine bei genauerer Betrachtung festzustellende Querkomponente der Geschwindigkeit
vernachlässigt. Diese Betrachtungsweise wird auch als Stromfadentheorie bezeichnet.
Somit erhält man die maximale Geschwindigkeit des Strömungsfeldes auf der Kreiskon-
tur gerade bei φ = π2, nämlich vmax = 2u.
2.3.2.6. Die Methode der konformen Abbildungen
Während im vorangegangen Kapitel für einfache analytische Funktionen einer komple-
xen Variablen analysiert wurde, welchen Strömungen sie entsprechen, soll an dieser
Stelle ein Ausblick auf Methoden gegeben werden, die der Lösung der umgekehrten
Aufgabenstellung dienen. Das heißt, es soll ein Weg aufgezeigt werden, wie man bei
vorgegebenem Körper die komplexe Strömungsfunktion erhalten und so die Strömung
an sich beschreiben kann. Diese Richtung der Aufgabenstellung ist die für die Praxis er-
heblich wichtigere. Konnte man bislang lediglich hoffen, dass die untersuchte komplexe
Funktion die Umströmung praxisrelevanter Formen beschreibt, so kann man diese jetzt
gezielt analysieren.
Unter einer konformen Abbildung versteht man eine winkeltreue Abbildung. Das heißt,
durch die konforme Abbildung einer Ebene in eine andere werden die Winkel der einen
in gleiche Winkel der anderen überführt. Ebenso ist das Verhältnis zweier Strecken der
einen Ebene gleich dem Verhältnis der entsprechenden Strecken in der anderen Ebene,
falls die Größe der Strecken nach Null konvergiert. Insofern kann man das Bild einer
Ebene unter einer konformen Abbildung als in den kleinsten Teilen ähnlich bezeichnen.
[Schlichting und Truckenbrodt, 2001a]
38
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
Abbildung 2.7: Verfahren der konformen Abbildung, [Schlichting und Trucken-brodt, 2001a]
Für die anfangs genannte Problemstellung kann der geometrische Prozess der kon-
formen Abbildung dahingehend genutzt werden, dass ein bestimmtes System von
Potential- und Stromlinien einer Ebene in eines der anderen Ebene überführt wird. Geht
man also von einer bekannten Strömung um einen Körper des Umrisses A aus, für die
die komplexe Strömungsfunktion bekannt ist, und sucht dasjenige Strömungsbild der
Umströmung eines Körpers mit Kontur B, so kann die Aufgabe wie folgt gestellt werden:
man suche eine konforme Abbildungsfunktion, die Kontur A in Kontur B überführt.
Dabei wird dann auch gleichzeitig das bekannte Netz der Potential- und Stromlinien
überführt in das gesuchte Φ-Ψ-Netz.
Als besonders geeignet für den Ausgangspunkt stellt sich die Umströmung eines Kreis-
zylinders heraus. Denn nach dem Riemannschen Abbildungssatz findet man, abgesehen
von wenigen Ausnahmefällen, immer eine konforme Abbildung, die den Kreis in eine
einfache zusammenhängende Kontur überführt.
Bezeichnet F (z) die Strömungsfunktion des bekanntes Strömungsfeldes und ξ = f(z)
die Abbildungsfunktion, die die z-Ebene auf die ξ-Ebene abbildet, so erhält man die
Geschwindigkeitsverteilung des gesuchten Strömungsfeldes nach der Kettenregel wie
in Gleichung 2.64.
v(ξ) =dF
dξ=
dF
dz
dz
dξ= vz
dz
dξ(2.64)
39
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
2.4. Wirbelbewegung
2.4.1. Begriff der Zirkulation
In den vorangegangenen Abschnitten wurden ausschließlich drehungsfreie Strömungen,
das heißt diejenigen behandelt, bei denen an jeder Stelle die Bedingung rot v = 0 erfüllt
ist. Es stellt sich jedoch heraus, dass gerade die Strömungen, die die Bedingung der
Drehungsfreiheit an einzelnen Stellen des Geschwindigkeitsfeldes verletzen, für die
Umströmung von auftriebserzeugenden Körpern von großer Bedeutung sind. Daher
soll es im Folgenden um eben diese Strömungen gehen, also um solche, bei denen an
einzelnen Stellen rot v 6= 0 gilt. Diese werden auch Wirbelbewegungen genannt.
Eine in diesem Zusammenhang besonders wichtige physikalische Größe ist die soge-
nannte Zirkulation Γ. Unter ihr versteht man das Linienintegral der Geschwindigkeit
längs einer geschlossenen Kurve K. Sie ist also definiert wie in Gleichung 2.65.
Γ =
∮
(K)
~vd~s ≡
∮
(K)
|~v| cos(α)d~s . (2.65)
Dabei bezeichnet α den Winkel zwischen dem Geschwindigkeitsvektor und der Kurven-
tangente. Ausgedrückt in rechtwinkligen Koordinaten ergibt sich
Γ =
∮
(K)
vxdx+ vydy + vzdz . (2.66)
Für Potentialströmungen ergibt sich demnach die Zirkulation nach Gleichung 2.67.
Γ =
∮
(K)
dΦ (2.67)
2.4.2. Zusammenhang zwischen Zirkulation und Drehung
Die beiden rein kinematischen Größen Drehung und Rotation stehen in einem wichti-
gen Zusammenhang, der hier erläutert werden soll. Nach dem Integralsatz von Stokes
lässt sich nämlich das geschlossene Linienintegral längs einer einfachen zusammen-
hängenden Kurve K umwandeln in ein Flächenintegral über eine beliebige einfach
40
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
zusammenhängende Fläche A, deren Randkurve eben gerade K ist. Demnach gilt für
die Zirkulation Γ
Γ =
∮
(K)
~v · d~s =
∫
A
rot~v · d ~A . (2.68)
Dabei bezeichnet ~A die Flächennormale. Mit dem Zusammenhang von Drehwinkel-
geschwindigkeits- und Geschwindigkeitsvektor aus Gleichung 2.10 gilt damit
Γ = 2
∫
A
~ω · d ~A . (2.69)
Insofern ist also »die Zirkulation über die Randkurve einer beliebigen Fläche [...] gleich
dem doppelten Flächenintegral über die Drehung (Wirbelstärke) einer Strömung in
dieser Fläche« [Schlichting und Truckenbrodt, 2001a]
2.4.3. Thomson’scher Wirbelerhaltungssatz
Im vorliegenden Abschnitt soll ein für die spätere Behandlung der Flugphysik entschei-
dender Wirbelsatz bearbeitet werden, der zeitliche Wirbelerhaltungssatz. Die Herleitung
erfolgt in Anlehnung an [Schlichting und Truckenbrodt, 2001a].
Ausgehend vom Linienintegral der Geschwindigkeit
∫ B
A
~vd~s (2.70)
soll die zeitliche Differentiation der Zirkulation DΓDt
hergeleitet werden. Differentiation
von Gleichung 2.70 liefert nach der Produktregel
D
Dt
∫
~vd~s =
∫
D~v
Dtd~s+
∫
~vD(d~s)
Dt. (2.71)
Zur weiteren Betrachtung werden die beiden Integrale der rechten Seite zunächst ge-
trennt voneinander behandelt und umgeformt, um sie später erneut zusammenzufügen.
41
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
Dabei kann das erste Integral aus der Eulerschen Bewegungsgleichung 2.27 durch
Integration erhalten werden:
∫
D~v
Dtd~s =
∫ ~K
ρd~s+
∫
grad p
ρd~s . (2.72)
Aufgrund des konservativen Kraftfeldes kann die Massenkraft ~K dargestellt werden als~K = −ρgradU . Damit folgt für das erste Integral in Gleichung 2.72:
∫ ~K
ρd~s = −
∫
gradUd~s = −
∫
dU = −U . (2.73)
Dagegen kann das zweite Integral aus Gleichung 2.72 geschrieben werden als
∫
grad p
ρd~s =
∫
dp
ρ. (2.74)
Angenommen, die Dichte sei nur eine Funktion des Druckes, so gilt demnach
∫
grad p
ρd~s =
∫
dp
ρ= P (p) (2.75)
mit P (p) als Druckfunktion. Zurück zum ersten Integral aus Gleichung 2.71 ergibt sich
also
∫
D~v
Dtd~s = −U − P (2.76)
Betrachtet man nun das zweite Integral der rechten Seite der Gleichung 2.71 so gilt
D(d~s)
Dt= d
D~s
Dt= d~v (2.77)
und somit für das Integral
∫
~vD(d~s)
Dt=
∫
~vd~v =1
2~v2 . (2.78)
42
2. Physikalische Grundlagen aus der Strömungsmechanik
Fasst man nun wie angekündigt die beiden Integrale wieder zusammen, so ergibt sich
D
Dt
∫
~vd~s = −U − P +1
2~v2 . (2.79)
Der Übergang vom unbestimmten zum bestimmten Integral zwischen den Punkten A
und B liefert
D
Dt
∫ B
A
~vd~s =
[
−U − P +1
2~v2]B
A
(2.80)
Die Betrachtung des Grenzüberganges B → A ergibt daraus das Integral der Geschwin-
digkeit längs einer geschlossenen Linie. Falls das Geschwindigkeitsfeld im gesamten
Integrationsgebiet stetig ist, gilt demnach
D
Dt
∮
K
~vd~s =DΓ
Dt= 0 (2.81)
und somit
∮
K
~vd~s = Γ = const. . (2.82)
In Worten ausgedrückt bedeutet der Thomsonsche Wirbelsatz also, dass in einem
reibungsfreien, homogenen Fluid, die sich in einem konservativen Kraftfeld befindet,
die Zirkulation längs einer mitbewegten Linie zeitlich konstant ist. Dieser Erkenntnis
wird im späteren Verlauf der vorliegenden Arbeit eine große Bedeutung zukommen
und zwar bei der Erklärung der Entstehung der Zirkulation bei auftriebserzeugenden
Tragflügeln.
43
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Grundsätzlich lassen sich Luftfahrzeuge einteilen in solche, die schwerer und solche,
die leichter als Luft sind. [Apel, 2001] Zu den Flugobjekten leichter als Luft zählen
Ballone und Luftschiffe, zu denen, die schwerer sind, Flugzeuge und Hubschrauber.
Unter physikalischen Gesichtspunkten ist diese Einteilung auch deshalb sinnvoll, weil
das jeweils zugrunde liegende Prinzip ein anderes ist, in dem einen Fall der statische, im
andern der dynamische Auftrieb. Statt der Unterscheidung statisch - dynamisch kann
auch die Bezeichnung passiv - aktiv gewählt werden, denn Fliegen ist im Gegensatz zum
passiven Obenbleiben ein aktiver Vorgang. Auch flugtechnisch ergibt diese Einteilung
einen Sinn, da Luftschiffe und Ballone nicht fliegen, sondern statisch schweben. Nur
beim Luftschiff ist überhaupt ein gezielter Richtungsflug durch Propeller möglich.
Allerdings bringt diese Vorwärtsbewegung es nicht in einen Flugzustand; man spricht
daher von Fahren. Fliegen als aktiver Vorgang beinhaltet, dass sich das Flugobjekt in
ständiger Bewegung befinden muss, um nicht abzustürzen, das Flugzeug als Ganzes,
beim Hubschrauber zumindest die Rotoren.
Während in Kapitel 2 Grundlegendes aus der Strömungsmechanik ohne direkten Bezug
zum Flugzeug behandelt wurde, beschäftigt sich dieses Kapitel mit der Physik des Flie-
gens an sich. Die im Vorangegangen gewonnenen theoretischen Erkenntnisse werden
nun auf das Flugzeug übertragen. Nach einem Überblick über die wichtigsten Bauteile
des Flugzeuges und deren Funktion werden zunächst die am Tragflügel wirkenden
Kräfte eingeführt und in Bezug zueinander gesetzt. Anschließend wird auf die Aero-
dynamik des Tragflügels eingegangen und dabei unterschieden zwischen Tragflügeln
unendlicher und Tragflügeln endlicher Spannweite.
44
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
3.1. Bauteile des Flugzeuges und ihre Funktion
• Tragwerk
Die Gesamtheit der Auftrieb liefernden Bauteile eines Flugzeugs nennt man Trag-
werk; ihr Hauptbestandteil sind die Tragfläche. Dabei kann es sich um eine oder
mehrere Tragflächen handeln, die übereinander oder hintereinander angeordnet
sein können. Sind Leitwerke oder Rumpf dafür konzipiert, zur Auftriebserzeugung
beizutragen, so rechnet man sie ebenfalls zum Tragwerk.
• Rumpf
Der Rumpf ist Träger aller anderen Bauteile des Flugzeuges und dient außerdem
der Unterbringung von Fracht und Passagieren. Seine wesentliche Aufgabe ist
somit die Aufnahme der Nutzlast des Flugzeuges. Um seiner Aufgabe gerecht zu
werden, minimalen Luftwiderstand bei vorgegebenem Volumen zu erzeugen, hat
er die Form eines langen spindelförmigen Körpers; das heißt, die Länge ist im
Vergleich zu Höhe und Breite groß, Höhe und Breite dagegen liegen in ähnlicher
Größenordnung.
• Leitwerk
Im Allgemeinen besitzt ein Flugzeug ein Leitwerkssystem, das sich aus Höhenleit-
werk, Seitenleitwerk und zwei Querrudern zusammensetzt. Alle drei Leitwerke
haben in der Regel die Form eines Klappenflügels. Sie bestehen aus einem fest-
stehenden Teil, bei Höhen- und Seitenleitwerk als Flosse bezeichnet, und einem
beweglichen Element, dem Ruder. Hauptsächlicher Zweck des Leitwerkes ist die
Steuerung des Flugzeuges. Dabei dient das Höhenleitwerk der Steuerung um
die Querachse, das Seitenleitwerk der Steuerung um die Hochachse und mit
den Querrudern kann die Bewegung um die Längsachse geführt werden. Ein
vergleichbar wichtiger Zweck der Leitwerke ist die Stabilisierung des Flugzeuges.
• Fahrwerk
Das Fahrwerk eines Luftfahrzeuges stellt die Gesamtheit aller beweglichen Teile
dar, die der Verbindung zur Fahrbahn dienen, also Räder, Stoßdämpfer und Brem-
sen. Seine Funktion ist es, die Fortbewegung des Flugzeugs am Boden und die
Vorgänge des Startens und Landens zu ermöglichen. Das Fahrwerk ist unabhängig
vom Triebwerk, die Fortbewegung also kann auch durch einen Abschleppvorgang
erfolgen. Man unterscheidet zwischen feststehenden, starren und einfahrbaren
Fahrwerken; letztere sind in der Praxis wesentlich häufiger anzutreffen, ihr Vorteil
45
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
liegt in der deutlichen Verringerung des aerodynamischen Widerstandes. Nach An-
ordnung, Einbauort und Bauart der Räder kann man die Fahrwerksarten einteilen
in Hauptfahrwerk (vor oder hinter dem Flugzeugschwerpunkt) und Stützfahrwerk
(Bug- oder Spornfahrwerk bzw. Stützfahrwerke an den Tragflächen).
• Triebwerk
Als Triebwerk bezeichnet man sämtliche Antriebselemente motorgetriebener
Flugzeuge, das heißt den Motor und weitere Bestandteile wie Getriebe und
Luftschraube. Für den kommerziellen Luftverkehr ist heute das Strahltriebwerk
von außerordentlicher Bedeutung. Dabei handelt es sich um Gasturbinen, die
nach dem Rückstoßprinzip funktionieren, indem sie Umgebungsluft ansaugen
und die Verbrennungsprodukte sowie Luft als Antriebsstrahl wieder ausstoßen.
Der dabei erzeugte Rückstoß bewirkt eine Schubkraft. Im Transportflugverkehr
sind sie dominierend, außerhalb der Luftfahrt finden sie wenig Verwendung.
3.2. Geometrie des Tragflügels
Charakteristisch für die Geometrie des Tragflügels ist, dass seine Dicke im Vergleich
zu den beiden anderen Dimensionen, nämlich der Spannweite und der Tiefe, sehr
klein ist. Generell ist ein Tragflügel von symmetrischem Aufbau; seine Symmetrieebene
fällt in der Regel mit der des Flugzeuges zusammen. Die wichtigsten Parameter bei
der Beschreibung der Geometrie des Flügels sind die sogenannte Zuspitzung, das
Flügelprofil sowie die Verwindung und V-Stellung. Abbildung 3.1 zeigt drei mögliche
Betrachtungsebenen, in a) den Grundriss, in b) den Querschnitt und schließlich in c)
das Flügelprofil.
Im Folgenden wird die x-y-Ebene, also der Grundriss, genauer erläutert. Abbildung 3.2
stellt dazu die wichtigsten Größen dar, Tabelle 3.1 zusätzliche Ergänzungen.
Charakteristisch für heutige Flugzeuge ist eine Trapezform des Flügels. In den meisten
Fällen nimmt die Flügeltiefe, am Rumpf mit ti bezeichnet, nach außen hin ab. Am
äußersten Punkt wird sie ta genannt. Das Verhältnis von ta zu ti heißt Zuspitzung λ.
Eine weitere Haupteigenschaft ist die sogenannte Pfeilung. Sie misst den Winkel, der
von der Flügelvorderkante bzw. der 25 %-Linie5 mit der Querachse eingeschlossen wird.
5Die 25 %-Linie markiert die Verbindung von der Flügelwurzel, der Nahstelle zwischen Rumpf undTragflügel, und Flügelaußenspitze in 25 % der Profiltiefe. (vergleiche Abbildung 3.2)
46
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.1: Betrachtungsebenen des Tragflügels, [Schlichting und Trucken-brodt, 2001a]
Ein Maß für die Schlankheit des Flügels in Spannweitenrichtung ist durch die Streckung
Λ nach Gleichung 3.1 gegeben.
Λ =b
t=
b · b
t · b=
b2
S(3.1)
Abkürzung Dimension BezeichnungS m2 Flügelflächeb m Spannweiteφ ◦ Pfeilwinkel / PfeilungΛ - Streckungλ - Zuspitzungta m Flügeltiefe am Flügelendeti m Flügeltiefe an der Flügelwurzelγ - Verwindung
Tabelle 3.1: Größen der Tragflächengeometrie, nach [Schneiderer, 2008]
In Abbildung 3.3 ist ein Flügelprofil mit den zugehörigen Begrifflichkeiten dargestellt.
Mit der Profilsehne ist eine gerade Linie gemeint, die von der Vorder- zur Hinterkante
47
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.2: Grundriss des Tragflügels, [Schneiderer, 2008]
Abbildung 3.3: Terminologie des Flügelprofils, [Schneiderer, 2008]
48
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
des Profils verläuft. Dagegen bezeichnet die Skelettlinie die mittige Linie zwischen
Profilober- und -unterseite. Sie beschreibt die Wölbung des Profils. Als Wölbungshöhe
wird die größte Abweichung zwischen Skelettlinie und Profilsehne bezeichnet. Mit
der Wölbungsrücklage ist der Abstand von der Profilnase zur Position der maximalen
Wölbungshöhe gemeint. Diese Kenngröße ist maßgeblich für die aerodynamischen
Eigenschaften eines Profils verantwortlich, sie beeinflusst Momentbeiwert und Druck-
punktwanderung.
In der Aerodynamik unterscheidet man nach ihrer geometrischen Natur verschiedene
Arten von Flügelprofilen6, von denen hier exemplarisch die wichtigsten skizziert werden
sollen.
• Symmetrische Profile, deren Skelettlinie gerade verläuft, sind entlang ihrer Längsach-
se spiegelsymmetrisch.
• Halbsymmetrische Profile verlaufen entlang ihrer Längsachse ähnlich, allerdings
weisen Unter- und Oberseite unterschiedliche Wölbungshöhen auf.
• Bei Profilen mit flacher Unterseite fällt diese mit der Profilsehne zusammen. Ihr
Vorzug liegt in der einfacheren Konstruierbarkeit.
• Normalprofile weisen an der Oberseite eine konvexe und an der Unterseite eine
s-förmige Wölbung auf.
3.3. Kräfte am Tragflügel
Anliegen des folgenden Abschnitts ist es zu beschreiben, welche Kräfte am Tragflügel
wirken. Weiterhin sollen für die Luftkräfte Auftrieb und Widerstand die dimensionslosen
Beiwerte eingeführt werden, die es erlauben, die Eigenschaften verschiedener Tragflügel
zu vergleichen. Schließlich wird noch auf die Kräfteverhältnisse in unterschiedlichen
Bewegungsphasen eingegangen.
Physikalisch kann man ein Flugzeug wie einen beliebigen starren Körper ansehen. Die
Lage seines Massenmittelpunkts, also des Schwerpunktes, ist für die Bewegung des
Flugobjekts und die angreifenden Kräfte von elementarer Bedeutung. Es handelt sich
6Im Verlauf des Projektes wurden Hypothesen aufgestellt, inwiefern die Art des Flügelprofils Auftriebund Widerstand beeinflusst.(vgl. Abschnitt 6.5)
49
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.4: Kräfte am Flugzeug, [http://de.wikipedia.org/wiki/Flugzeug]
Abbildung 3.5: Luftkräfte am Tragflügel, [Böswirth, 2010]
um den Punkt, bei dem das Flugzeug sich im Gleichgewicht befindet, wenn es an ihm
frei aufgehängt wird.
In der Praxis hängt die Lage des Schwerpunktes natürlich von der Beladung ab. Auf-
grund der Schwierigkeit, ein Flugobjekt genau so zu beladen, dass es sich im perfekten
Gleichgewicht befindet, wird ein sogenannter zulässiger Schwerpunktsbereich festge-
legt, der sich in der Regel im vorderen Drittel der Flügelwurzel befindet.
Bei der Analyse der Bewegungsvorgänge des Flugzeugs gilt es, vier Kräfte zu betrachten,
nämlich die beiden Luftkräfte Auftrieb und Widerstand, die Gewichtskraft sowie die
Schubkraft, das heißt den Antrieb. Im Folgenden soll nun auf die beiden Luftkräfte
näher eingegangen werden.
50
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Bei einer Relativbewegung von Tragflächen und Luftmassen, wenn also die Tragfläche
durch ruhende Luft bewegt bzw. von Luft umströmt wird, dann wirken Kräfte auf sie,
wie Abbildung 3.5 zeigt. Dabei heißt die Kraftkomponente senkrecht zur Anströmrich-
tung Auftriebs-, die parallel dazu Widerstandskraft.
Unter aerodynamischem Widerstand versteht man eine Kraft, zusammengesetzt aus
dem Reibungswiderstand der Luft an den einzelnen Komponenten des Flugzeugs, dem
Druckwiderstand sowie dem induzierten Widerstand.
Zur Einführung der dimensionslosen Beiwerte cA und cW von Auftrieb und Widerstand
wird die jeweilige Luftkraft ins Verhältnis gesetzt zu dem Produkt aus Flügelgrundriss-
fläche A und Staudruck der ungestörten Strömung:
FA = cAA1
2ρv2
∞(3.2)
FW = cWA1
2ρv2
∞, (3.3)
wobei v∞ die Strömungsgeschwindigkeit der ungestörten Strömung in großer Entfer-
nung des Tragflügels angibt.
Der Widerstandsbeiwert, der experimentell ermittelt wird, gibt also an, wie aerodyna-
misch ein Körper geformt ist: Je kleiner der Beiwert, desto geringer der aerodynamische
Widerstand.
Die physikalische Begründung für die Auftriebsentstehung und -berechnung folgt
an anderer Stelle. Für dieses Kapitel ist lediglich von Bedeutung, dass Auftrieb und
Widerstand abhängen von Strömungsgeschwindigkeit, Luftdichte, Größe der Tragfläche
und Oberflächenbeschaffenheit. Zusätzlich besteht eine Abhängigkeit vom Flügelprofil.
In der Praxis besonders wichtig ist der Anstellwinkel, definiert als der Winkel zwischen
der Anströmungsrichtung der Luft und der Profilsehne des Tragflügels.
Will man verschiedene Profile miteinander vergleichen bezüglich ihrer aerodynami-
schen Eigenschaften, so muss man stets Auftrieb und Widerstand parallel analysieren.
Deshalb bevorzugt man eine Darstellungsart, aus der man sowohl Auftrieb als auch
Widerstand in Abhängigkeit des Anstellwinkels herauslesen kann. Sie geht zurück auf
Otto Lilienthal und wird Polardiagramm genannt. Wie in Abbildung 3.6 wird dabei der
51
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.6: Polardiagramm nach Lilienthal, [Heepmann, 2006]
Auftriebsbeiwert für verschiedene Anstellwinkel über dem Widerstandsbeiwert aufge-
tragen. Es werden also nicht die absoluten Werte für Auftriebs- und Widerstandskraft,
sondern die dimensionslosen Beiwerte verwendet, die allerdings zueinander im glei-
chen Verhältnis stehen. Die dabei entstehende Kurve bezeichnet man als Profilpolare.
Häufig wird für die beiden Achsen eine unterschiedliche Skalierung gewählt, da der
Widerstandbeiwert im Allgemeinen innerhalb eines sehr viel kleineren Intervalls liegt
als der Auftriebsbeiwert.
Sowohl Modellbauern als auch Flugzeugkonstrukteuren dient das Polardiagramm als
Grundlage für die Wahl der Profilform. Ihm können die wesentlichen Charakteristika
des Profils entnommen werden, so der Anstellwinkel, bei dem z.B. minimaler Auftrieb,
Nullauftrieb, Maximalauftrieb, minimaler Widerstand oder geringste Gesamtluftkraft
vorliegt.
Weiterhin lässt sich aufgrund des Verlaufes der Polaren eine Aussage über den günstigen
Bereich für den Anstellwinkel eines Flugzeuges machen, in dem noch nicht die Gefahr
des Strömungsabrisses droht. Als solchen bezeichnet man in der Aerodynamik die
Ablösung der Luftströmung von der Oberfläche eines angeströmten Gegenstandes, hier
insbesondere der Tragfläche. Dafür kann neben einer Erhöhung der Anströmungsge-
schwindigkeit an einem Unterschallprofil in den schallnahen Bereich auch ein Anstell-
winkel verantwortlich sein, der über einem für das jeweilige Profil charakteristischen
Wert liegt. Für den zweiten Fall können die Informationen der Profilpolaren entnommen
52
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
werden.
Aerodynamisch besonders interessant sind zwei Flugzustände, nämlich der Start bzw.
die Landung sowie der Reiseflug. Beim Starten muss, obwohl die Rollgeschwindigkeit
deutlich geringer ist als gewöhnliche Fluggeschwindigkeiten, eine zum Abheben aus-
reichend große Auftriebskraft erzeugt werden. Mit Hilfe von Klappen wird bei Starts
die Flügelfläche eines Flugzeugs so verändert, dass sowohl der Beiwert verbessert wird
als auch die Flügelfläche zunimmt. Zusätzlich kann der kritische Anstellwinkel und
damit der maximale Auftriebsbeiwert durch ausfahrbare kleine Vorflügel an der Nasen-
oberseite erhöht werden. Diese Maßnahmen gehen allerdings einher mit einer großen
Widerstandserhöhung; daher ist fürs Abheben ein deutlich höherer Schub notwendig
als im Horizontalflug. Ähnliche Schritte werden beim Landevorgang unterstützend
eingeleitet.
Der Reiseflug ist neben den Start- und Landephasen vor allem bei Langstreckenflügen
eine äußerst wichtige Komponente, die es unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
zu optimieren gilt. Es handelt sich um einen unbeschleunigten Horizontalflug, bei
dem alle am Tragflügel wirkenden Kräfte im Gleichgewicht sind. Das bedeutet, der
Vortrieb entspricht genau der Widerstandskraft. Wäre er größer, so würde das Flugzeug
beschleunigt. Ist der aerodynamische Widerstand eines Flugobjektes bekannt, kennt
man also auch seinen Schubbedarf, der als Schwebeschub bezeichnet wird. Der Auftrieb
ist gerade so groß, dass er das Gewicht des Flugzeuges kompensiert; wenn er größer
wäre, käme es zu einem Steigflug, wäre er kleiner, zu einem Sinkflug.
An dieser Stelle seien noch zwei weitere Begriffe eingeführt, die eng verbunden sind
mit den Bewegungsvorgängen des Flugzeugs. Da ist zum einen die Gleitzahl, die die
aerodynamische Güte eines Tragflügels beschreibt. Sie ist definiert als das Verhältnis
von aufgegebener Höhe zur zurückgelegten Strecke. Folglich bedeutet eine Gleitzahl
von 1:100, dass ein Flugzeug pro Meter Höhenverlust 100 Meter an horizontaler Strecke
zurücklegt. Bei dem unbeschleunigten Sinkflug, auch Gleitflug genannt, ist weiterhin
der Sinkwinkel eine bedeutsame Kenngröße. Er entspricht dem besten Verhältnis aus
Widerstand zu Auftrieb.
53
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.7: Gleitzahl und Sinkwinkel, [Schneiderer, 2008]
3.4. Aerodynamik des Tragflügels unendlicher Spannweite
Inhalt des nun folgenden Kapitels ist die Theorie des Auftriebes am Tragflügel, genauer
am Tragflügel unendlicher Spannweite bei inkompressibler Strömung. Betrachtet man
diese als ebenes Problem, so setzt man den auftriebserzeugenden Körper als einen
unendlich langen, quer zur Anströmungsrichtung verlaufenden Zylinder voraus, so
dass in jedem senkrechten Schnitt die Strömungsvorgänge gleich sind. Es handelt sich
also um ein zweidimensionales Problem. Die Behandlung des Tragflügels endlicher
Spannweite findet sich in Kapitel 3.5; sie ist aufgrund der an den Enden des Tragflügels
Die Gesamtkraft, in Komponenten zerlegt, ergibt sich aus Gleichung 3.11 durch Inte-
gration zu
Fx = −
∮
(C)
pdy sowie Fy =
∮
(C)
pdx . (3.12)
Sollen nun die Druckintegrale durch Geschwindigkeitsintegrale auf der Körperkontur
ersetzt werden, so muss beachtet werden, dass, wie in Kapitel 2.2.1 begründet, d~s ||~v
ist und somit dx : dy = vx : vy. Umformung ergibt
vxdy − vydx = 0 . (3.13)
Für die Komponenten der Kraft folgt damit
Fx = −
∮
(C)
pdy−ρ
∮
(C)
v2xdy − vxvydx sowie Fy = −
∮
(C)
pdx+ρ
∮
(C)
v2ydx− vxvydy .
(3.14)
Der Druck auf der Körperkontur kann mithilfe der Bernoulli-Gleichung berechnet
werden zu
p = p∞ +ρ
2v2∞−
ρ
2
(
v2x + v2y)
. (3.15)
Einsetzen von Gleichung 3.15 in die beiden Integrale aus Gleichung 3.14 ergibt unter
Beachtung der Tatsache, dass die über die ganze Kurve zu erstreckenden Integrale∮
(C)
(
p∞ − ρ
2v2∞
)
dx und∮
(C)(p∞ − ρ
2v2∞)dy verschwinden
Fx = −ρ
2
∮
(C)
[(
v2x − v2y)
dy − 2vxvydx]
sowie Fy = −ρ
2
∮
(C)
[(
v2x − v2y)
dx+ 2vxvydy]
.
(3.16)
Führt man die komplexe Kraft
F = Fx − i · Fy (3.17)
61
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
ein, so lassen sich mithilfe der komplexen Geschwdingkeit v(z) = vx − i · vy sowie der
Beziehung dz = dx+ i · dy die beiden reellen Kraftkomponenten zusammenfassen zu
F = iρ
2
∮
(C)
v2dz . (3.18)
Dieser Zusammenhang wird als erste Blasiusche Formel bezeichnet. Die zweite Blasius-
sche Formel soll hier nicht thematisiert werden, da sie für die weiteren Betrachtungen
ohne Auswirkung bleibt.
Beweis der Kutta-Joukowski-Formel
Im Folgenden soll der exakte Beweis der Kutta-Joukowski-Formel erfolgen und zwar als
Anwendung der soeben bewiesenen ersten Blasiusschen Formel.
Nimmt man an, dass die Geschwindigkeit außerhalb der Kontur an jeder Stelle endlich
ist, so lässt sie sich entwickeln in einer komplexen Laurent-Reihe der Form
v (z) = A0 +A1
z+
A2
z2+ ... . (3.19)
Die Koeffizienten A0 und A1 können physikalisch wie folgt gedeutet werden:
• A0 ist die Anströmgeschwindigkeit, da für z → ∞ v = v∞ = A0 gilt.
• A1 ist ein Maß für die Zirkulation längs der Körperkontur, da
Γ = −
∮
(C)
vdz = −
∮
(C)
(vxdx+ vydy)− i ·
∮
(C)
(vxdy − vydx) . (3.20)
Das zweite Integral in Gleichung 3.20 verschwindet, da die Kontur Stromlinie ist.
Einsetzen der Laurentreihen-Entwicklung liefert dann
Γ =
∮
(C)
(
A0 +A1
z+
A2
z2+ ...
)
dz = −2πiA1 . (3.21)
62
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Nun soll die resultierende Kraft nach der Blasiusschen Formel aus Gleichung 3.18
berechnet werden. Dazu betrachte man zunächst nur das Integral∮
(C)v2dz. Für dieses
gilt:
∮
(C)
v2dz =
∮
(C)
(
A0 +A1
z+
A2
z2+ ...
)2
dz = 2
∮
(C)
A0A1
zdz = 2A0A12πi . (3.22)
Verwendet man nun Gleichung 3.21 so ergibt sich
∮
(C)
v2dz = −2A0Γ . (3.23)
Einsetzen in die Blasiussche Formel liefert
F = Fx − i · Fy = −iρA0Γ = −iρ (vx∞ − ivy∞) Γ . (3.24)
Für die einzelnen reellen Kraftkomponenten pro Breiteneinheit erhält man hier also
Fx = −ρvyΓ sowie Fy = ρvxΓ . (3.25)
Das Ergebnis dieser Herleitung stimmt also überein mit dem schon vorher begründeten
Zusammenhang, wobei hier zusätzlich gezeigt wurde, dass die aus der Zirkulation
resultierende Kraft senkrecht zur Anströmungsrichtung wirkt.
Joukowski-Profile
Mit der in Abschnitt 2.3.2.6 vorgestellten Methode der konformen Abbildung wer-
den praktisch brauchbare Flügelprofile beschrieben, nämlich solche mit Wölbung und
Dicke. Dazu wird eine spezielle Abbildung 3.26 , die sogenannte Joukowski-Abbildung,
als konforme Abbildung verwendet:
ξ = f(z) = z +a2
za ∈ R . (3.26)
63
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Diese Funktion kann einen in der x-y-Ebene gelegenen Kreis in eine tragflügelförmige
Körperkontur überführen. Die Lage des Mittelpunktes und der Radius a des Kreises
beeinflussen das entstehende Profil.
Abbildung 3.14 zeigt für drei verschiedene Ausgangssituationen die entstehende Kör-
perform.
Einige Fälle sollen hier kurz erläutert werden.
• Liegt der Mittelpunkt des Kreises im Koordinatenursprung der z-Ebene, so wird
dieser auf eine Ellipse in der ξ-Ebene abgebildet.
• Liegt dagegen der Kreismittelpunkt auf dem negativen Halbstrahl der x-Achse,
dann entsteht eine eiförmige Kontur, die mit kleiner werdendem Radius immer
mehr zu einer Tropfenform tendiert (Vgl. Abbildung 3.14 a).
• Falls der Mittelpunkt des Kreises auf dem positiven Teil der Ordinate gelegen ist,
so ist das Bild der konformen Abbildung ein bohnenförmiges, wobei die Dicke
des Profils vom Radius des Kreises abhängt. Dieses artet unter gewissen Voraus-
setzungen zu einem Kreisbogenprofil aus, wie es Abbildung 3.14 b demonstriert.
• Eine tragflügelähnliche Form ergibt sich, falls der Mittelpunkt im zweiten Qua-
dranten des Koordinatensystems liegt.
Somit kann man zu praxisrelevanten Profilformen mithilfe der Methode der konformen
Abbildung Aussagen über das Φ-Ψ-Netz und damit das Strömungsfeld treffen.
3.5. Aerodynamik des Tragflügels endlicher Spannweite
Die bisherige Beschränkung auf die zweidimensionale Betrachtungsweise bei der Be-
handlung der Umströmung des Tragflügels entspricht der Vereinfachung, dass Druck-
verteilung, Stromlinienbilder und damit Auftrieb und Widerstand in jedem Flügelquer-
schnitt gleich sind.
Dabei kann man sich vorstellen, an den Enden des betrachteten Flügelausschnitts seien,
wie in Abbildung 3.15 dargestellt, sogenannte Endscheiben, die einen Druckausgleich
zwischen Unter- und Oberseite unmöglich machen. Bei dieser Betrachtungsweise be-
handelt man die Tragfläche so, als sei seine Profiltiefe an jedem Ort gleich. Da die
Zirkulation abhängig ist von Anströmgeschwindigkeit, Profiltiefe und Anstellwinkel,
64
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.14: Joukowski-Profile durch konforme Abbildung, [Schlichting undTruckenbrodt, 2001a]
bedeutet dies, dass sie über die gesamte Flügelspannweite konstant ist, veranschaulicht
in Abbildung 3.15 durch die Pfeile oberhalb des Tragflügels.
Beim Tragflügel endlicher Spannweite dagegen ist die Strömung dreidimensional
zu betrachten. Ausgehend von der Vorstellung, die Endscheiben würden wegfallen,
gelangt man zu der Erkenntnis, dass eine Umströmung der Flügelenden auftreten
muss, hervorgerufen durch die sich ausgleichenden Druckunterschiede zwischen Unter-
und Oberseite. Diese Strömung ist tatsächlich empirisch nachweisbar. Abbildung 3.16
stellt den Vorgang der Entstehung der Wirbel dar; der Druckausgleich bewirkt eine
unterschiedliche Ablenkung der Stromfäden ober- und unterhalb des Flügels. Der
so entstandene Richtungsunterschied der Stromfäden beim Zusammentreffen hinter
dem Tragflügel hat die Bildung zweier Wirbel mit entgegengesetztem Drehsinn zur
Folge. Diese beiden sogenannten freien Wirbel bleiben hinter dem Tragflügel zurück.
Anschaulich gedacht sind die Randwirbel also eine Fortführung der Zirkulation um
den Flügel. Diese Betrachtungsweise führt, wie von Prandtl vorgeschlagen, zu einem
vereinfachten Wirbelsystem, bei dem man analog zum zweidimensionalen Fall von einer
über die Flügelspannweite konstanten Zirkulation ausgeht. In diesem vereinfachten
sogenannten Hufeisenwirbelsystem entstehen, wie in Abbildung 3.17 dargestellt, die
65
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.15: Zirkulation und Auftrieb beim Tragflügel unendlicher Spannwei-te, [Marchaj, 1982]
66
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.16: Entstehung der freien Wirbel durch Druckausgleich an den Flüge-lenden, [Schlichting und Truckenbrodt, 2001b]]
freien Wirbel lediglich an den Flügelenden.
Zusätzlich tritt ein weiterer Effekt auf, der den der Randwirbelentstehung an den Enden
des Flügels überlagert. Er basiert auf der Tatsache, dass in den meisten Fällen die
Zirkulation um einen Tragflügel über die Spannweite nicht konstant ist, sondern im
Gegenteil eine veränderliche Zirkulationsverteilung vorliegt. Abbildung 3.18 illustriert
diesen Sachverhalt.
FA = −ρv∞
∫ b
2
−b
2
Γ(x)dx (3.27)
Der Gesamtauftrieb lässt sich folglich gemäß Gleichung 3.27 bestimmen durch Inte-
gration der Zirkulation längs des betrachteten Flügels. In der Konsequenz der sich
67
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.17: Vereinfachtes Wirbelsystem des Tragflügels endlicher Spannwei-te, [Marchaj, 1982]
ändernden Zirkulation bilden sich nicht nur an den Enden des Tragflügels Wirbel aus,
sondern die freien Wirbel gehen anfangs über die gesamte Flügelspannweite als flä-
chenhaftes Band ab. Man spricht daher von einer Wirbelfläche. Deren spiralförmiges
Aufrollen führt dazu, dass in einem gewissen Abstand von der Tragfläche schließlich nur
noch zwei Einzelwirbel übrig bleiben. Abbildung 3.19 veranschaulicht diesen Vorgang
mittels einer Analogie aus der Mechanik.7
Betrachtet man abschließend die beiden Abbildungen 3.17 und 3.18 noch einmal
im Vergleich, so muss man feststellen, dass, obwohl das wirkliche Wirbelsystem we-
sentlich komplizierter ist, das Hufeisenwirbelsystems als Ersatzvorstellung in seiner
physikalischen Auswirkung der Realität doch sehr nahe kommt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Tragflügel, die in der Realität eine endliche
Spannweite haben, als dreidimensionales Problem zu behandeln sind (Vgl. Abbildung
3.20). Die Umströmung der Flügelenden von dem Überdruckgebiet auf der Unterseite
über die Flügelspitze in das Unterdruckgebiet auf der Oberseite hat drei Auswirkungen
[Marchaj, 1982], die hier lediglich noch einmal angegeben, nicht hergeleitet werden:
• Die Auftriebskraft pro Längeneinheit nimmt in Richtung der Flügelspitzen ab.
7Für den Physiker ist die Analogie aus Abbildung 3.19 vermutlich weder notwendig noch besondershilfreich, für den Verstehensprozess der Schüler hat sich, wie die Projekttage zeigten, ihr Einsatzallerdings bewährt.
68
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.18: Wirbelsystem des Tragflügels endlicher Spannweite, [Marchaj,1982]
Abbildung 3.19: Entstehung der Randwirbel am Tragflügel endlicher Spannweite,[Marchaj, 1982]
69
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.20: Zwei- und dreidimensionale Betrachtung des Auftriebsbeiwertes,[Marchaj, 1982]
• Mit der Auftriebsabnahme geht eine Zunahme des Widerstands einher.
• Durch die sich ausbildende Zusatzströmung an den Flügelenden kommt es zu einer
Änderung des effektiven Anstellwinkels und damit von Auftrieb und Widerstand
längs der Spannweite.
Abbildung 3.21 zeigt eine reale Aufnahme der Randwirbel, auch Wirbelschleppen
genannt, aus denen sich eine bedeutsame Konsequenz für die Flugpraxis ergibt: nach-
folgende Flugzeuge müssen zeitlich bzw. räumlich einen gewissen Mindestabstand
einhalten, um nicht um nicht in die zopfartigen, gegenläufig drehenden Luftverwirbe-
lungen hinter fliegenden Flugzeugen hinein zu geraten.
Für diese Mindestabstände gibt es gesetzliche Vorgaben, die sich vor allem nach dem
Gewicht der beiden Flugzeuge richten, weil dieses die größte Auswirkung auf die Stärke
der Wirbelschleppen hat. Die moderne Flugzeugtechnik versucht, auch wegen der mit
den Wirbelschleppen verbundenen Energieverluste, diesen Effekt zu verringern, u.a.
durch bautechnische Veränderung der Tragflügel. Darauf soll an dieser Stelle jedoch
nicht weiter eingegangen werden.
70
3. Physikalische Grundlagen des Fliegens
Abbildung 3.21: Wirbelschleppe in Fotographie, [Wodzinski, 1999]
71
4. Versuche
Im Rahmen dieser Wissenschaftlichen Prüfungsarbeit wurden zur Vermittlung flug-
physikalischer Inhalte in der Schule zahlreiche Versuche konzipiert, von denen im
vorliegenden Abschnitt jedoch nur vier ausführlich präsentiert werden. Es handelt sich
um diejenigen, die von der Verfasserin als besonders bedeutend eingestuft werden.
Sie unterscheiden sich von den restlichen, im Anhang A zu findenden vor allem da-
durch, dass jene ohne größeren Aufwand mit normalem Versuchsgerät unkompliziert
nachzustellen sind, wohingegen den hier beschriebenen eine lange Konzeptions- und
Bauphase vorausgeht. Darüberhinaus sind sie auch deutlich kostenaufwändiger.
4.1. Strömungskanal nach Ludwig Prandtl
Die Sichtbarmachung von Strömungsvorgängen ist eine der zentralen Aufgaben der
experimentellen Aerodynamik. Doch wie lassen sich Vorgänge visualisieren, die ei-
ne direkte Beobachtung nicht zulassen? Dies geschieht durch Zugabe von Wollfäden,
Rauch, Farbe oder Teilchen. Wissenschaftler experimentieren schon seit Beginn des 20.
Jahrhunderts zu dieser Thematik. Während man heute Strömungen mithilfe modernster
Technik und Rechenverfahren vorhersagen und simulieren bzw. in Windkanälen ver-
messen kann, waren die Hilfsmittel anfangs sehr viel einfacher, aber dennoch effizient.
Ein Beispiel hierfür ist der in Abbildung 4.1 in einer historischen Aufnahme dargestellte
Wasserkanal von Ludwig Prandtl, einem deutschen Physiker, der als Begründer der
modernen Strömungslehre gilt.
Er lieferte bedeutende Beiträge zum grundlegenden Verständnis der Strömungsmecha-
nik, entwickelte die Grenzschicht- und Tragflügeltheorie und konstruierte als Leiter der
Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen den ersten deutschen Windkanal in der so-
genannten Göttinger Bauart. Seine Experimente und Erkenntnisse belegten bereits um
72
4. Versuche
Abbildung 4.1: Ludwig Prandtl 1904 mit seinem Wasserkanal
1900, dass Strömungsphänomene in Luft und in Wasser gleichen Gesetzen gehorchen.
Seine Herangehensweise war folglich, Phänomene in Wasser zu beobachten und die
Resultate dann auf Luft zu übertragen. So erhält man eine unmittelbare Anschauung
von Strömungsverhältnissen, die beim Experimentieren mit Luft schwerer zu gewinnen
wäre. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll dieser Weg nachempfunden werden mit-
hilfe eines eigens angefertigten Nachbaus des historischen Prandtlschen Wasserkanals,
inspiriert durch einen Aufbau im DLR-Schoollab Göttingen8.
Der nachgebaute Prandtl-Kanal besteht, wie in Abbildung 4.2 dokumentiert, aus einer
kastenförmigen Metallwanne von 1, 45m Länge, 0, 25m Breite und 0, 205 cm Höhe. Er
wurde aus 1,5 mm dickem Stahlblech gefertigt, das Metall ist zur Vermeidung von
Korrosion pulverbeschichtet. Die Nahtstellen sind elektrogeschweißt. Die Wanne besitzt
einen herausnehmbaren Zwischenboden und verfügt an einer Seite über ein hand-
betriebenes Schaufelrad mit 12 Schaufelblättern. Wenn das Wasserrad in Bewegung
gesetzt wird, fließt das Wasser in einem geschlossenen Kreislauf durch die Wanne auf
das Schaufelrad zu, durch den Unterboden zurück und tritt dann durch ein Umlenk-
und Siebsystem am anderen Ende an der Oberfläche wieder aus. Das Sieb erfüllt die
Funktion eines Gleichrichters und ist wie die Leitbleche herausnehmbar. Dadurch ist
nicht nur eine einfachere Reinigung möglich, sondern vor allem kann deren Funktion
8Das DLR Schoollab ist ein Schülerlabor des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt mit demZiel, Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I und II einen Einblick in moderne Forschungund Technik zu vermitteln und Interesse daran zu wecken.
73
4. Versuche
Abbildung 4.2: Skizze des Prandtlschen Wasserkanals
Abbildung 4.3: Nachbau des Prandtlschen Wasserkanals
74
4. Versuche
Abbildung 4.4: Detailansicht aus Abbildung 4.3
demonstriert werden durch Vergleich der Versuchsergebnisse bei Durchführung mit
bzw. ohne Bauteil.
Zum Zubehör zählt weiterhin eine Halterung für die Profilkörper (Vgl. Abbildung 4.5),
ebenfalls aus 1, 5mm dickem, pulverbeschichtetem Stahlblech gefertigt und mit einer
M12-Gewindestange versehen. Die Profile, die mittels einer Flügelmutter befestigt
werden können. sind aus Holz gebaut und zum Schutz vor Durchfeuchtung lackiert.
Um die Strömung sichtbar zu machen, wird auf die Wasseroberfläche Maisgrieß aufge-
bracht. Die Wege der Wasserteilchen lassen sich dann aus den Bahnen der mitbewegten
Maisflocken erschließen.
Der Prandtl-Kanal eignet sich also zur qualitativen Beobachtung von Strömungen;
er ist nicht dazu konstruiert, detaillierte Messungen vorzunehmen. Vielmehr vermag
er Antworten zu geben auf Fragen wie: Wie verhält sich die Strömung? Wo ist sie
gleichgerichtet, wo gleichförmig? Liegen großräumige Strukturen vor? Wo entstehen
Wirbel? Wo liegt die Strömung an, wo reißt sie ab? Diese einfache qualitative Methode
hat den Vorzug, das Experiment nicht zu verfälschen. Um quantitative Messungen
durchzuführen, müssten nämlich Sonden in die Strömung eingebracht werden, die
den Versuchsaufbau verkomplizieren und vor allem selbst die Strömungsverhältnisse
beeinflussen würden.
Im Experiment werden verschiedene Modelle auf der Halterung im Kanal angebracht,
die sich ergebende Umströmung wird beobachtet und mithilfe einer Digitalkamera
festgehalten. Die Beobachtungen und die aufgezeichneten Strömungsbilder werden
75
4. Versuche
Abbildung 4.5: Halterung und Profilkörper
anschließend analysiert, besonders im Hinblick auf die Frage, welche Bedeutung Strö-
mungsvorgänge für technische Konstruktionen haben.
Der Einsatz der Modelle dokumentiert, dass jeder Körper, sofern er nicht mit der
Strömung fortgeführt wird, dieser einen Widerstand entgegensetzt. Wie groß der Strö-
mungswiderstand ist, lässt sich durch die unterschiedlichen Wirbelausbildungen hinter
den Körperformen abschätzen. Man kann im Strömungskanal austesten, welche Ver-
wirbelungen bei unterschiedlichen Körperformen entstehen. Beispielhaft sollen im
Folgenden einige beim Experimentieren entstandene, eigene Aufnahmen von Umströ-
mungen gezeigt werden.
Abbildung 4.6 zeigt die Umströmung eines Halbzylinders; die Anströmungsrichtung
verläuft von links nach rechts. Deutlich erkennbar ist die Ausbildung zweier Wirbel.
Bild 4.7 illustriert, wie eine scharfe Kante seitlich angeströmt wird. In der flugtechni-
schen Anwendung spielt die scharfe Kante eine entscheidende Rolle, näher erläutert im
Abschnitt über die Entstehung der Zirkulation.
Im Prandtlschen Strömungskanal kann weiterhin die Ausbildung des Anfahrwirbels am
Tragflügelprofil (Vgl. Abschnitt 3.4.1.) beobachtet werden. Dafür wird die Umströmung
des Tragflügels aus der Ruhe heraus beobachtet. Abbildung 4.8 ist kurz vor der Ablösung
des Wirbels aufgenommen.
76
4. Versuche
Abbildung 4.6: Umströmung eines Halbzylinders
Abbildung 4.7: Seitliche Umströmung einer scharfen Kante
77
4. Versuche
Abbildung 4.8: Der Anfahrwirbel beim Tragflügelprofil
Abbildung 4.9: Umströmung des Tragflügels bei unterschiedlichem Anstellwinkel
Anstelle des Maisgrießes können zur Strömungsvisualisierung auch Aluminiumflocken
verwandt werden. Da das Experiment aber als Schülerversuch konzipiert ist, wurde in
der vorliegenden Arbeit aus Sicherheitsgründen darauf verzichtet, weil Aluminiumflo-
cken in Verbindung mit Wasser explosiv wirken können. Die beiden Abbildungen 4.9,
aufgenommen in einem bauähnlichen Kanal aus dem DLR- Schoollab Göttingen unter
Einsatz von Aluminiumflocken, zeigen ein Tragflügelmodell bei geringem bzw. starkem
Anstellwinkel. Einmal liegt die Strömung glatt an, im zweiten Fall entstehen Wirbel an
der Oberseite der Tragfläche, ein Beleg für den Strömungsabriss.
4.2. Seifenfilmkanal
Seit Ende der 1980iger Jahre beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Idee, Strömun-
gen durch Seifenfilme sichtbar zu machen. Der erste Schritt dahin war die Entwicklung
einer Methode, mittels derer man große Seifenfilme über einen langen Zeitraum sta-
bil halten konnte, um sie für die Umströmung von Flügelprofilen und verschiedener
78
4. Versuche
Abbildung 4.10: Seifenfilmkanal mit Beleuchtungseinheit
anderer Körper zu nutzen. Für die vorliegende Arbeit wurde in Anlehnung an ein
im DLR-Schoollab Göttingen präsentiertes Experiment ein eigener Seifenfilmkanal
gebaut und getestet. Bei Versuchen mit dem Seifenfilmkanal macht man sich die zen-
trale Eigenschaft von Licht zunutze, dass nämlich weißes Licht eine Überlagerung von
Spektralfarben ist, die durch Brechung wieder getrennt werden können.
4.2.1. Versuchsanordnung
Der Seifenfilmkanal (Vgl. Abbildung 4.10) besteht aus einem Aluminiumrahmen von
0, 72m Breite, 1, 97m Höhe. Aus einem Behälter, der sowohl als Auffanggefäß für die
Seifenlauge als auch als Seifenlaugenspeicher dient, wird über eine Aquariumspumpe
mittels Schlauch permanent Lauge nach oben gepumpt. Mithilfe einer Schlauchklemme
kann die Durchflussmenge variiert werden. Das Seifenwasser läuft dann zwischen zwei
dünnen Nylonfäden kontinuierlich herunter und in den Behälter zurück. Die Lauge
wird angesetzt aus 10 l Wasser, 125ml Spülmittel und 2-3 Esslöffel Glycerin. Das Glyce-
79
4. Versuche
rin soll die schnelle Verdunstung der Wassermoleküle an der Oberfläche verhindern
und so für längere Haltbarkeit sorgen. Im Versuch setzt die verwendete Seifenlauge
die Oberflächenspannung des Wassers so weit herab, dass sich zwischen den beiden
Fäden ein für Experimente nutzbarer Seifenfilm aufspannen lässt. Der herabfließende
Seifenfilm, in seiner Breite variierbar, kann verschiedene Körperformen umströmen.
Beleuchtet man diese Versuchsanordnung von vorne, so lässt sich ein faszinierendes
Farbenspiel beobachten, aus dem man das Strömungsverhalten ablesen kann. Eine
schwarze Rückenplatte aus Hartschaum, mit dem Aluminiumgestell verankert, dient
dazu, dass die Farben intensiver wahrgenommen werden können. Zusätzlich können
an ihr mittels einer Gewindestange und einer Flügelmutter die zu untersuchenden
Modellkörper angebracht werden. Diese sind analog zu den Profilen im Prandtlschen
Strömungskanal aus Holz gefertigt und lackiert. Alternativ zu oben dargestelltem
Aufbau kann der Seifenfilm auch von Hand mithilfe eines Trichters erzeugt werden.
Abbildung 4.11: Seifenfilm mit Farbspiel
80
4. Versuche
4.2.2. Physikalischer Hintergrund
Was ist ein Seifenfilm? Eine Seifenblase ist eine sehr dünne Schicht Wasser zwischen
zwei Schichten von Seifenmolekülen. Diese spezielle Anordnung ergibt sich, weil
ein Teil des Seifenmoleküls, der hydrophile, Wasser mag und ein anderer Teil, der
hydrophobe, Wasser meidet. Der Kopf eines solchen Moleküls mag Wasser, das Endstück
nicht. Ohne diese Moleküle würde die Luftblase spontan in kleine Wassertröpfchen
auseinanderbrechen. Ein Seifenfilm ist nichts anderes als ein Ausschnitt aus einer
Seifenblase, meistens durch Drähte oder Fäden begrenzt und von einer Stärke, die
zwischen 0, 02mm und 5 nm schwanken kann. Die größten Stärkeschwankungen treten
unmittelbar nach dem Aufspannen des Filmes auf, denn sobald er gebildet ist, beginnt
er, sich zu verdünnen. Das überschüssige Wasser läuft weg vom Film, so dass sich die
Stärke des Films verringert, bis eine abschließende Gleichgewichtsstärke erreicht ist. In
diesem Zustand des Gleichgewichts ist die Oberflächenspannung in allen Punkten die
gleiche.
Wie entsteht das Farbspiel? Bevor diese Frage beantwortet wird, sei kurz das elek-
tromagnetische Spektrum erläutert. Das sichtbare Spektrum des Lichts erstreckt sich
über den Wellenlängenbereich zwischen 380nm und 760nm. Es erscheint uns in seiner
Gesamtheit als weißes Licht. Lässt man weißes Licht auf ein Prisma fallen, so wird
als Folge der unterschiedlich starken Brechung von Licht unterschiedlicher Wellen-
länge das Spektrum sichtbar. Ähnlich wie bei dem den Schülern und Schülerinnen
vertrauten Phänomen der Lichtbrechung an einem Ölfleck werden auch beim Seifenfilm
bei Phasengleichheit einzelne Farben des weißen Lichts ausgelöscht, so dass man die
Komplementärfarben erkennt. Die Interferenzfähigkeit des Lichtes ist also ursächlich
verantwortlicht für das Farbspiel. Es überlagern sich die an der Ober- und Unterseite
des Seifenfilms reflektierten Strahlen, die einen unterschiedlich langen Weg zurück
gelegt haben und folglich einen Gangunterschied aufweisen. Auf eine ausführlichere
Darstellung des Vorgangs der Interferenz an dünnen Schichten soll an dieser Stelle ver-
zichtet werden, da für die Schülerinnen und Schüler die Ergebnisse des Experimentes
im Vordergrund stehen sollen, also das Strömungsverhalten, nicht aber die Physik der
Farbentstehung in diesem Versuch.
Die zu beobachtenden Farben entstehen durch die sich verändernde Dicke des Sei-
fenfilms und durch den 180◦-Phasensprung bei Reflexion an der Filmoberfläche. Der
Phasensprung tritt nur beim Übergang des Lichtes vom optisch dünneren zum optisch
81
4. Versuche
Abbildung 4.12: Zwölfteiliger Farbkreis, nach [http://de.wikipedia.org/wiki/Farbkreis]
dichteren Medium auf, also nicht bei Reflexion an der Innenfläche. Für das Farbspiel
am Seifenfilm bedeutet das, dass an einer dicker werdenden Schicht wegen der kurzen
Wellenlänge von blauem Licht zuerst auch die Farbe Blau ausgelöscht wird und sich als
resultierende Farbe Gelb ergibt. Als nächstes wird Grün durch Überlagerung heraus-
gefiltert, übrig bleibt jetzt Magenta. Schließlich wird als letzte Farbe das langwellige
Gelb herausgefiltert, so dass aus der additiven Überlagerung der restlichen Farben Cyan
entsteht. Hat man also die Farbfolge Gelb- Rot-Blau, so wird der Film dicker. Selbst-
verständlich gibt es noch viele Schattierungen der hier aufgezählten reinen Farben.
Welche Farbe gesehen wird, hängt immer auch vom Winkel des Betrachters ab. Bei
den Aufnahmen ist der Einfallswinkel allerdings konstant und dieser Aspekt damit zu
vernachlässigen.
Inwiefern lässt sich der Seifenfilm zur Untersuchung von Strömungen nutzen? Wird
ein Körper in den Seifenfilm eingebracht, so verändert sich die Strömung; es kommt
zu Geschwindigkeitsänderungen im Seifenstrom, wie sie auch ein Flügel in der Luft
verursacht. Fließgeschwindigkeit und Filmdicke hängen unmittelbar miteinander zu-
sammen. Denn da in dem durch die Pumpe geförderten, konstanten Massestrom, nach
dem Bernoullischen Gesetz die Summe aus statischem und dynamischem Druck an
jeder Stelle gleich sein muss, ist mit einer Zunahme der Geschwindigkeit eine Abnahme
des statischen Drucks verbunden. Folglich presst in diesem Fall der vorherrschende
Luftdruck den Seifenfilm zusammen. Diese Änderung der Filmdicke äußert sich in einer
Farbänderung. Die Interferenzstreifen können daher als Höhenlinien der Dicke der
Filmschicht angesehen werden. Die sichtbar gemachten Schwankungen der Filmdicke
können als Druck- bzw. Geschwindigkeitsänderungen der Luft beim Flügelmodell in-
terpretiert werden. Wie bei den Höhenlinien auf einer Landkarte gilt folglich: Liegen
82
4. Versuche
die Interferenzstreifen dicht beieinander, so entspricht dies einer schnellen Höhen-
bzw. Druckänderung. Auseinandergezogene Linien signalisieren dagegen ein flaches
Abfallen des Geländes und hier eine langsame Änderung des Druckes.
4.2.3. Exemplarische Ergebnisse
Im Versuch war die Farbgebung zwar gut zu erkennen, die Aufnahme mit Digitalkamera
erwies sich jedoch als extrem schwierig. Um an dieser Stelle dennoch die Ergebnisse
anschaulich diskutieren zu können, wird auf Bildmaterial der DLR-Schoollabs Göttingen
und Hamburg zurück gegriffen.
Abbildung 4.13: Bernoulli-Körper im Seifenfilmkanal, [DLR]
Der Bernoulli-Körper aus Abbildung 4.13 verdeutlicht den Massendurchsatz und die dar-
aus resultierende Verdünnung des Seifenfilms in der Mitte zwischen den beiden Körpern.
An der zügigen Änderung der Farben erkennt man, dass eine schnelle Dickenänderung
des Films vorliegt.
Der Flügel in Abbildung 4.14 ist leicht gegen die Strömung angestellt. Zu beobachten
ist eine glatte Umströmung des Flügels mit heftigen Farbwechseln an der Vorderkante
des Flügels sowie an Ober- und Unterseite. Interpretieren kann man die Bilder am
günstigsten, wenn man sich von außen dem Flügel nähert. Hier nur exemplarisch für
die Oberseite des Flügels: Im vorderen Bereich liegt ein Übergang von violett nach gelb
vor, also eine Auslöschung von Grün nach Blau; das heißt der Film wird dünner, die
83
4. Versuche
Abbildung 4.14: Flügelprofil im Seifenfilmkanal, [DLR]
Strömungsgeschwindigkeit nimmt also zu. Genau in der Mitte der Flügeloberseite sieht
man die umgekehrte Farbfolge, diesmal allerdings mit großen Abständen.
4.3. Messung von Auftrieb und Widerstand am Tragflächenprofil
Im folgenden Abschnitt soll ein Experiment zur Messung von Auftrieb und Widerstand
am Tragflügel vorgestellt werden. Darin werden Auftriebs- und Widerstandskraft in
Abhängigkeit vom Anstellwinkel bestimmt, so dass anschließend mithilfe von Lilienthal-
schen Polardiagrammen Aussagen über den idealen Anstellwinkel sowie den kritischen
Anstellwinkel des Strömungsabrisses getroffen werden können. Das verwendete Trag-
flügelmodell wurde aus Holz selbst gefertigt und zwischen zwei Plexiglasscheiben
fixiert. Der Anstellwinkel kann variiert und mithilfe einer Winkelskala auf der vorderen
Plexiglasscheibe abgelesen werden. Der für beide Versuchsteile verwendete Luftstromer-
zeuger stammt aus dem Sortiment der Cornelsen Experimenta GmbH. Für das Trag-
flügelmodell wurde beim Bau die Breite so gewählt, dass der Luftstrom lediglich das
Profil, nicht aber die Plexiglaskonstruktion trifft, vor allem um die Widerstandsmessung
nicht zu verfälschen.
84
4. Versuche
4.3.1. Messung der Auftriebskraft
Das Experiment ist so konzipiert, dass die Auftriebskraft nicht direkt gemessen wird,
sondern über die Massenzu- bzw. -abnahme des Tragflächenmodells errechnet werden
kann.
Das Tragflächenmodell wird auf einer Digitalwaage mit einer Messgenauigkeit von 0, 1 g
platziert und zwar in unmittelbarer Nähe des Luftstromerzeugers, wie in Abbildung 4.15
dargestellt. Zunächst wird das Gewicht des Tragflügelmodells bei ausgeschaltetem Luft-
strom ermittelt. Der Aufbau muss bezüglich seiner horizontale Lage so justiert werden,
dass die Vorderkante des Profils mit der Mitte des Luftstromerzeugers übereinstimmt.
Es wird nun eine Messreihe bei maximaler Strömungsgeschwindigkeit durchgeführt.
Gemessen wird jeweils für Anstellwinkel im Bereich von –30◦ bis +30◦ in 5◦-Schritten
das Gewicht des Tragflächenmodells. Für die Messungenauigkeit werden die maximalen
Schwankungen der Anzeige der Waage ermittelt.
Abbildung 4.15: Versuchsanordnung zur Auftriebsmessung
85
4. Versuche
4.3.2. Messung der Widerstandskraft
Für diesen Versuchsteil wird das Tragflächenmodell auf einen Gleiter montiert, der sich
auf einer Luftkissenfahrbahn möglichst reibungsarm bewegt. Mithilfe eines Federkraft-
messers wird parallel zur Luftkissenbahn die Widerstandskraft des Tragflächenmodells
für verschiedene Anstellwinkel direkt gemessen. Analog zum ersten Versuchsteil werden
auch hier Messwerte für die Anstellwinkel zwischen –30◦ und +30◦ in 5◦-Schritten bei
maximaler Strömungsgeschwindigkeit aufgenommen. Die Messungenauigkeit wird wie
im vorherigen Versuch über die maximale Schwankung bestimmt.
Abbildung 4.16: Versuchsanordnung zur Widerstandsmessung I
Abbildung 4.17: Versuchsanordnung zur Widerstandsmessung II
86
4. Versuche
4.3.3. Ergebnisse der beiden Experimente
In einem ersten Schritt der Auswertung werden für die Messreihe der Auftriebskraft
die Differenzen zwischen dem Gewicht des Tragflächenmodells bei ausgeschaltetem
Luftstrom von m0 = 734, 7 g und denen in angeströmtem Zustand berechnet. Die
ermittelten Differenzwerte werden in Newton umgerechnet. (Vergleiche Tabelle 4.1)
Die Messungenauigkeiten sind ebenfalls in Tabelle 4.1 angegen, die Fehler wurden
mithilfe der Gaußschen Fehlerfortpflanzung berechnet.
Abbildung A.11: Stromlinienbild zur Erklärung des Versuches mit dem schweben-den Ball, [CorEx FlugFliegen]
Auch im schräg gerichteten Luftstrom schwebt die Kugel, da die über die nach innen ge-
richtete Kugeloberfläche strömende Luft eine Auftriebskraft erzeugt, die Gewichtskraft
und Luftwiderstand kompensiert. Durch das Annähern der Tragfläche an den Ball wird
an dieser Stelle die Strömungsgeschwindigkeit erhöht, folglich der Auftrieb verstärkt. In
der Konsequenz steigt die Kugel in den Luftstrom hinein, bis sie die Fläche berührt. Der
Luftstrom bricht ab, so dass die Kugel wieder in ihre Ausgangsstellung zurückfällt. Nun
wiederholt sich der Vorgang: die Kugel pendelt zwischen ihrer Ursprungsposition und
der Tragflächenaußenseite hin und her. Abbbildung A.11 zeigt das diesem Phänomen
zugrunde liegende Stromlinienbild.
A.7. Bernoullische Bälle
Das nun folgende Experiment stellt eine weitere Illustration des Bernoullischen Gesetzes
dar. Zwei Bälle hängen nebeneinander an Bindfäden. Der Raum dazwischen beträgt
ungefähr 2 cm. Mit einem Luftstromerzeuger wird versucht, in den Zwischenraum
zu pusten und so die Bälle auseinander zu treiben. Dies gelingt jedoch nicht, im
Gegenteil je kräftiger der Luftstrom ist, umso stärker treibt es die Bälle zusammen. Sie
bewegen sich solange aufeinander zu, bis sie sich berühren und der Lufstrom abreißt.
In diesem Moment fallen sie in ihre Ausgangslage zurück und der Vorgang beginnt
von vorne. Erklären lässt sich dieses Phänomen mithilfe des Bernoullischen Gesetzes.
Durch die Verengung des Raumes, der für die Lufströmung zur Verfügung steht, wird
die Strömungsgeschwindigkeit zwischen den beiden Bällen erhöht, was die Ausbildung
157
A. Versuchsbeschreibungen
Abbildung A.12: Schüler beim Experimentieren mit den Bernoullischen Bällen
eines Unterdruckgebietes zur Folge hat. Die sich ergebende Sogwirkung ist ursächlich
verantwortlich dafür, dass sich die Kugeln aufeinander zu bewegen.
A.8. Bernoullisches Gesetz beim Spülen
Auch mit folgendem Freihandversuch lässt sich das Bernoullische Gesetz veranschauli-
chen. Hält man nämlich zwei Esslöffel am Griffende so, dass die einander zugekehrten
Wölbungen in einem Abstand von etwa 5mm hängen und lässt zwischen den Wöl-
bungen Wasser hindurchfließen, so kann auch hier der in A.7. beschriebene Effekt
beobachtet werden: die Löffel bewegen sich aufeinander zu, bis es zur Berührung
kommt, und sobald sich zwischen ihnen ein Zwischenraum erneut gebildet hat, beginnt
die Bewegung von vorne.
A.9. Stromlinienerzeugung mit Taschentüchern
Im vorliegenden Abschnitt soll eine Möglichkeit aufgezeigt werden, wie mit alltäglichen
Dingen Stromlinienbilder unkompliziert erzeugt werden können. Dazu schneidet man
von einem Papiertaschentuch einen etwa 8 cm breiten Streifen ab und aus dessen
Mitte eine gewölbte oder ebene, angestellte Tragfläche als Loch heraus. Weil das
158
A. Versuchsbeschreibungen
Abbildung A.13: Versuchanordnung zur Erzeugung von Stromlinienbilder, [Heep-mann, 2006]
Papier so weich ist, erweist sich dies als der schwierigste Teil. Anschließend stellt
man einen leeren Quarkbecher erhöht auf und befüllt ihn randvoll mit Wasser. An der
Schmalseite des Papiertaschentuchs werden nun 2 cm umgeknickt, die anschließend
über den Becherrand in das Wasser hineingehängt werden. Das Papier saugt jetzt das
Wasser aus dem Becher an, woraufhin dieses in dem frei hängenden Papierstreifen
herab sickert und schließlich unten heraus tropft. Mit einem Tintenfüller werden nun
Punkte in Abständen von einem Zentimeter auf das nasse Papier über dem Becherrand
getupft. Deren Farbe wird von der Wasserströmung mitgenommen und erzeugt sichtbare
Stromlinien um das Profilloch herum. Hierzu müssen die Tintenpunkte etwa alles zehn
Sekunden erneuert werden.
A.10. Velourspapierströmungen
Was in A.9. mit einfachen Mitteln realisiert wurde, soll hier mithilfe einer Versuchsan-
ordnung aus dem Sortiment von Leybold Didactic wiederholt werden mit verbesserten
Ergebnissen. Abbildung A.14 zeigt das verwendete Wasserstromliniengerät, das lamina-
re Strömungen um verschieden geformte Körper zu demonstrieren vermag. Dazu wird
ein vertikal ausgerichteter Bogen Velourspapier am oberen Ende in Wasser getaucht. Es
fließt im Velourspapier nach unten und bildet eine annähernd laminare Strömung aus,
die mit Farbstoffpartikeln sichtbar gemacht wird.
159
A. Versuchsbeschreibungen
Abbildung A.14: Wasserstromliniengerät, [LD36207]
Hintergrund dieses Wiederholungsexperimentes war das Anliegen, der Schülergruppe
neben den inhaltlichen Aspekten auch Kompetenzen im Umgang mit Fertigversuchsauf-
bauten und Gerätekarten zu vermitteln.
A.11. Luftballon-Fön-Versuch
Ein aufgeblasener Luftballon wird an einem Faden auf einem Tisch befestigt. Er soll
nun von der Tischplatte hochgeblasen werden. Bild A.15 zeigt zwei mögliche Stel-
lungen des Luftsromerzeugers. Bei welcher gelingt der Versuch? Beschreibe deine
Beobachtungen.
Abbildung A.15: Mögliche Stellungen des Winderzeugers
160
A. Versuchsbeschreibungen
A.12. »actio=reactio« auf dem Skateboard
Zwei Skateboards werden in etwa 10m Entfernung voneinandern aufgestellt und
die Mitte zwischen ihnen markiert. Zwei Versuchspersonen mit annähernd gleicher
Masse stellen sich auf je ein Skateboard und nehmen je ein Ende eines Seiles in die
Hand. Sollten die Versuchspersonen unterschiedlich schwer sein, so kann mithilfe von
Gewichten ein Massenausgleich vorgenommen werden. Eine Person hält das Seil nur
fest, während die andere Person am Seil zieht. Beide Bretter setzen sich in Bewegung
und treffen sich an der zuvor markierten Stelle. Ziehen beide Versuchspersonen am Seil,
ergibt sich das gleiche Resultat. Stellen sich dagegen verschieden schwere Personen auf
die Bretter, so legt die leichtere Person eine längere Stecke zurück, unabhängig davon,
ob nur eine oder beide Personen am Seil ziehen. Es ist immer darauf zu achten, dass
am Seil gleichmäßig und mit mäßigem Kraftaufwand gezogen wird, nicht zuletzt um
der Verletzungsgefahr vorzubeugen.
Zieht eine Person an dem Seil, so erfährt die Person auf dem anderen Brett eine
Beschleunigung. Nach dem 3. Newtonschen Axiom wirkt auf die ziehende Person eine
gleich große Gegenkraft. Da die beiden Skateboards mit den daraufstehenden Personen
dieselbe Masse besitzen, erfahren sie jeweils eine gleich große Beschleunigung und
dieselbe Reibung mit der Unterlage. Sie legen in derselben Zeit gleich lange Strecken
zurück und treffen sich somit in der Mitte. Ziehen beide Personen am Seil, so wirkt auf
jede Person eine Kraft durch das eigene Ziehen und eine Kraft durch das Ziehen der
anderen Person. Die daraus resultierende Kraft ist wiederum für beide Personen gleich
groß, wenn beide in etwa gleich stark ziehen.
Die Versuchpersonen auf den Skatesboards erfahren jeweils eine Beschleunigung, die
direkt proportional zu ihrer Masse ist. Bei unterschiedlichem Körpergewicht der beiden
Personen legt daher die schwere Person eine kürzere Strecke zurück als die leichtere, so
dass sich die beiden Bretter in diesem Fall nicht an der markierten Mittelstelle treffen.
A.13. Sengersches Wasserrad
In den unteren Teil einer Plastikflasche werden mithilfe eines Nagels oder einer Schere
drei Löcher gestochen, gerade so groß, dass die Strohhalme, ohne eingedrückt zu
werden, hineinpassen. Die Strohhalme werden ein wenig gekürzt und dann mithilfe
der Knete in den Löchern fixiert; die Trinkhalme sollten sich dabei alle in einer Ebene
161
A. Versuchsbeschreibungen
Abbildung A.16: Versuchsanordnung zum Sengerschen Wasserrad
befinden und alle in die gleiche Richtung abgeknickt sein, so dass der Querschnitt
aus Abbildung A.16 entsteht. Die derart präparierte Flasche wird mit einem dünnen
Faden an einem Stativ so befestigt, dass sie in etwa in der Mitte über einem Wasser-
auffangbecken hängt. Nun wird von oben Wasser in die Flasche gefüllt. Die Wanne
unter der Flasche sollte das aus der Flasche auslaufende Wasser während der Befüllung
und während des Experimentes aufsammeln. Die Flasche wird in Ruhe gebracht und
losgelassen. Wasser fließt durch die Trinkhalme aus der Flasche, und diese beginnt sich
zu drehen.
Tritt das Wasser von der Flasche in einen Trinkhalm ein, besitzt es eine gewisse Ge-
schwindigkeit und damit einen Impuls ~p1Wasser (siehe Abbildung A.17). Am Ende des
Trinkhalmes hat das Wasser den Impuls ~p2Wasser. Da das Wasser in dem Trinkhalm nicht
mehr beschleunigt wird, ist der Betrag der Geschwindigkeit des Wassers am Anfang
und am Ende des Trinkhalmes konstant. Deshalb sind die Beträge der Impulse p1Wasser
und p2Wasser gleich. Aus der Impulsänderung ∆~p
∆tfolgt, dass der Trinkhalm eine Kraft ~Fp
mit ∆~p
∆t= ~Fp auf das Wasser ausgeübt hat. Nach dem Newtonschen Prinzip actio gleich
reactio existiert eine Kraft ~̃Fp, die das Wasser auf die Flasche bzw. den Trinkhalm ausübt.
Diese Kraft kann man in einen Anteil ~̃FRad parallel und einen Anteil ~̃FTang senkrecht
zum Anfangsimpuls ~p1Wasser aufteilen. Aufgrund der Anordnung der drei Trinkhalme
heben sich die drei Kräfte ~̃FRad, die jeweils senkrecht zur Flächenwand zeigen, auf. Da
jede der drei Kräfte ~̃FTang nicht im Mittelpunkt der rotationsfähigen Fläche, sondern an
den Trinkhalmen angreift, entsteht ein Drehmoment, welches die Fläche in Rotation
versetzt.
162
A. Versuchsbeschreibungen
Abbildung A.17: Kräftebetrachtung zum Sengerschen Wasserrad, [Berthold et al.,2006]
163
A. Versuchsbeschreibungen
Abbildung A.18: Nachweis der Zirkulation, [Wodzinski, 1999]
A.14. Zirkulationsströmung am Flügelprofil
Hier soll ein Experiment vorgestellt werden, mit dem die Zirkulationsströmung um
ein Flügelprofil demonstriert werden soll. Es soll darüber hinaus einen Eindruck vom
Drehsinn der Zirkulation vermitteln. Der experimentelle Aufbau ist in Abbildung A.18
dargestellt. Zwei dünne Pappstreifen sind mit Stecknadeln und Korken so gelagert, dass
sie horizontal frei beweglich sind. Zieht man eine Tragfläche mit genügend großem An-
lauf zwischen den Streifen hindurch, wird der obere Streifen nach hinten und der untere
nach vorn bewegt. Dies illustriert, dass die Luft an der Oberseite in Strömungsrichtung
beschleunigt und an der Unterseite verzögert wird. Zieht man hingegen beispielsweise
einen Zylinder zwischen den Streifen hindurch, bewegen sich beide Zeiger gleichzeitig
nach vorn, wie man es aufgrund der Reibung erwarten würde.
A.15. Tragschraube
Mithife von Stativmaterial wird eine Luftschraube so angebracht, dass sie einen An-
stellwinkel von etwa 30◦ aufweist und mittels eines Reiters über die gesamte Länge
einer Schiene frei beweglich gleiten kann. Abbildung A.19 zeigt den Aufbau. Die Strö-
mungsgeschwindigkeit des Lüfters wird langsam erhöht und dabei die Luftschraube
beobachtet.
164
A. Versuchsbeschreibungen
Abbildung A.19: Versuchsaufbau zum Prinzip der Tragschraube, [CorExFlugFliegen]
Man erkennt, dass die Luftschraube zu rotieren beginnt und im Luftstrom nach oben
steigt. Eine in anströmender Luft rotierende Luftschraube bewirkt eine Auftriebskraft;
dieses Prinzip wird als Tragschraube bezeichnet. Bei einem Tragschrauber, das heißt
einem Flugobjekt, das diesem Prinzip unterliegt, übernimmt eine große Luftschraube,
deren Achse gegen die Flugrichtung geneigt ist, die Aufgabe der Tragflügel. Bei der
Vorwärtsbewequng des Flugzeuges wird die Tragschraube angetrieben und erzeugt so
den aerodynamischen Auftrieb.
165
B. Bastelanleitungen
B. Bastelanleitungen
B.1. Cartesianischer Taucher
Das benötigst du:
- stabile Plastikflasche
- Backaromafläschchen
Und so geht’s!
1. Fülle die Plastikflasche randvoll mit Wasser.
2.2.2.2. Fülle das Backaromafläschchen etwa zu ein Fünftel mit Wasser auf. 3.3.3.3. Gebe das Backölfläschchen mit der Öffnung voran in die Flasche. Es muss
gerade an der Oberfläche schwimmen. 4.4.4.4. Verschraube jetzt die Fasche.
Nun kannst du seitlich auf die Flasche drücke und beobachten, wie dein Taucher bei Druck hinabsteigt.
1. Schneide den Boden der Flasche sowie ihren Hals ab, so dass ein Rohr entsteht. 2. Für die Befestigung des zu untersuchenden Flügelprofils benötigst du obenund unten
ein kleines Loch in dem PET-Rohr. 3. Forme aus dem Karton einen Flügel und durchsteche ihn in der Mitte einmal von
oben nach unten. 4. Nun benötigst du den Strohhalm. Er dient später dazu, dass sich der Flügel gut den
Draht entlang bewegen kann und muss daher in das Loch im Flügel eingepasst werden.
5. Hetzt steckst du den Draht durch den Strohalm und befestigst ihn an den zwei Bohrungen in deinem Mini-Windkanal-Rohr.
6. Positioniere den Fön vor deinem Windkanal. 7. Mithilfe eines Räucherstäbchens kannst du nun die Strömung um dein Profil sichtbar
machen.
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167
B. Bastelanleitungen
B.3. Heißluftballon aus Seidenpapier
Das benötigst du: - buntes Seidenpapier (Blumenseide) - dünner, nicht brennbarer Faden - Flüssigklebstoff - Draht - Brennstoff (z.B. in Benzin getränkter Wattebausch)
Und so geht’s!
1. Klebe zunächst je zwei Bögen Seidenpapier zusammen. 2. Fertige dir zunächst aus festem Karton eine Schablone nach Abbildung 2 an. 3. Schneide aus den zusammengeklebten Bögen mithilfe der Schablone 8
Streifen. 4. Klebe nun nacheinander die Bögen an ihrer langen Seite zusammen; auf die
Spitze oben wird zusätzlich ein runder Deckel aus Seidenpapier geklebt. Achte darauf, dass die Klebenaht überall fest ist. Wenn du alle Bögen zusammengeklebt hast, drehe den Ballon um und klebe die äußeren beiden zusammen.
5. Halbiere nun ein Seidenpapierbogen der Länge nach und falte die eine Hälfte noch einmal über die gesamte Länge zusammen.
6. Lege in das Papier einen Draht, forme einen Ring und klebe diesen an den unteren Rand des Ballons wie in der Zeichnung oben.
7. Befestige nun drei dünne Schnurstücke und knote sie in der Mitte zusammen. 8. An den mittleren Knoten kannst du nun den Brennstoff befestigen.
Jetzt ist dein Ballon startklar. Für die ersten Flugversuche kannst du eine Schnur am Ballon befestigen. Zum Vorheizen des Ballons eignet sich eine Kochplatte oder ein Föhn besonders gut.
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Abb.1
Abb.2
168
B. Bastelanleitungen
B.4. »5 aus einem Brett«
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169
C. Herleitungen für den Unterricht in der Oberstufe
Abbildung C.1: Skizze zur Herleitung des Archimedischen Prinzips in der Schule,[Kuhn, 2008]
C. Herleitungen für den Unterricht in der Oberstufe
C.1. Herleitung des Archimedischen Prinzips
Das Archimdische Prinzip kann im Rahmen des schulischen Unterrichtes leicht hergelei-
tet werden für den Spezialfall eines Quaders oder auch eines Zylinders. Abbildung C.1
diene dabei als Grundlage.
Zur Berechnung der Auftriebskraft müssen die auf die Begrenzungsflächen des Körpers
infolge des Schweredrucks wirkenden Kräfte betrachet werden. Die seitlichen Kräfte
sind entgegengesetzt gleich und heben sich daher in ihrer Wirkung auf, anders aber die
auf Ober- und Unterseite des Körpers wirkenden. Der Schweredruck auf die Oberseite
des Körpers ist gegeben durch
p1 = ρF lssigkeit · g · h1 .
Folglich ist die Kraft
F1 = ρF lssigkeit · g · h1 · A .
170
C. Herleitungen für den Unterricht in der Oberstufe
Analog kann der Druck auf die Unterseite angegeben werden durch
p2 = ρF lssigkeit · g · h2 .
Die Kraft auf die Unterseite ist demnach
F2 = ρF lssigkeit · g · h2 · A .
Die Auftriebskraft ergibt sich dann aus der Differenz der beiden Kräfte F1 und F2:
FA = F2 − F1 = ρF lssigkeit · g · A · (h2 − h1) .
Der Term h2−h1 stellt nichts anderes dar als die Höhe h des eingetauchten Körpers, A·h
wiederum nicht anderes als das Volumen V des Körpers. Damit folgt das Archimdische
Prinzip:
FA = ρF lssigkeit · gV .
Diese Gleichung bedeutet in Worten ausgedrückt: die Auftriebskraft, die ein in eine
Flüssigkeit eingetauchter Körper erfährt, ist genauso groß wie die Gewichtskraft des
von ihm verdrängten Wassers.
C.2. Herleitung der Bernoulli-Gleichung
In diesem Abschnitt soll die Bernoulli-Gleichung noch einmal hergeleitet werden und
zwar auf eine Art und Weise, die im schulischen Kontext der Oberstufenphysik einsetz-
bar ist.
Man betrachtet zu diesem Zweck eine stationäre Flüssigkeitsströmung. Während eines
kleinen Zeitintervalls bewegt sich ein herausgegriffenes Flüssigkeitsvoulmen unter dem
Einfluss der Druckkräfte. Die Arbeit
W = F1∆s1 − F2∆s2 = p1A1∆s1 − p2A2∆s2
171
C. Herleitungen für den Unterricht in der Oberstufe
Abbildung C.2: Skizze zur Herleitung der Bernoulli-Gleichung in der Schule, [Sexlet al., 1980]
gibt die Energieänderung an, die das betrachtete Flüssigkeitsvolumen während der
Bewegung erfährt. Diese muss gleich der Summe der Änderungen der kinetischen und
potentiellen Energie sein, da in einer reibungslosen inkompressiblen Strömung nur
diese veränderlich sind. Aus Abbildung C.2 ergibt sich für diese Änderung:
∆E = Energie im Endzustand− Energie im Anfangszustand ,
also
∆E =
(
1
2m2v
22 +m2gh2
)
−
(
1
2m1v
21 +m1gh1
)
.
Nach dem Energieerhaltungssatz muss die Energieänderung gleich der Arbeit der
angreifenden Kräfte sein. Daher gilt:
(
1
2m2v
22 +m2gh2
)
−
(
1
2m1v
21 +m1gh1
)
= p1A1∆s1 − p2A2∆s2 .
Im nächsten Schritt bietet es sich an, die Massen m1 und m2 durch die konstante Dichte
ρ und die entsprechenden Volumina zu ersetzen:
172
C. Herleitungen für den Unterricht in der Oberstufe
m1 = ρA1∆s1 und m2 = ρA2∆s2 .
Beachtet man zusätzlich, dass bei inkompressibler Strömung A1∆s1 = A2∆s2 gilt, so
liefert das Einsetzen der Ausdrücke für die Massen:
(
1
2ρv22 + ρgh2
)
−
(
1
2ρv21 + ρgh1
)
= p1 − p2 .
Diese Gleichung, die sogenannte Bernoulli-Gleichung, lässt sich in der Form eines
Erhaltungssatzes angeben und lautet dann:
1
2ρv21 + ρgh1 + p1 =
1
2ρv22 + ρgh2 + p2 = const. .
173
D. Arbeitsblätter
D. Arbeitsblätter
D.1. Arbeitsblatt zum Archimedischen Prinzip
Die Auftriebskraft eines Körpers in einer Flüssigkeit oder einemGas ist genauso groß wie die Gewichtskraft des von ihm
verdrängten Volumens.
in Formeln: VgmgFA ⋅⋅=⋅= ρ
Wie müssen sich Gewichtskraft des Körpers und Auftriebskraftzueinander verhalten, falls…
Für die Auftriebskraft gilt . Die Gewichtskraft desBallons ist BallonGF , . Zusätzlich muss die Gewichtskraft des im Ballonenthaltenen Gas betrachtet werden. Diese ist .
Für die resultierende Gesamtkraft gilt damit:
Mithilfe der Gasgesetze kann man diese Formel umformen zu
Wie kann also beim Bau des Ballons vorgegangen werden, um einemöglichst große resultierende Gesamtkraft zu erhalten?