Top Banner
Б.І. Гінка DIE DEUTSCHEN: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen Тернопіль навчальна книга — Богдан
21

Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

Feb 09, 2018

Download

Documents

hoangdan
Welcome message from author
This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Page 1: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

Б.І. Гінка

Die Deutschen:ein soziokulturelles Bild des Volkes

Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

Тернопільнавчальна книга — Богдан

Page 2: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

УДК 811.112.2ББК 63.5 (4 Нім) Г 49

Г49 Німці: соціокультурний портрет народу : Навчальний посібник з міжкультурної комунікації/ Автор-укладач Гінка Б.І. — Тернопіль : Нав чальна книга — Богдан, 2015. — 400 с.

ISBN 978-966-10-4232-1 Навчальний посібник присвячено міжкультурній комунікації і висвітлює програмні по-

ложення курсу: менталітет німецького народу, національний характер, національні герої і символи, сприйняття німцями простору і часу, норми та поведінкові стереотипи німецького способу життя, невербальну мову, гумор тощо і ґрунтується на концепції розвитку здатності студентів до міжкультурного спілкування німецькою мовою через практично-аналітичне усвідомлення феномену «типово німецьке» та покликаний розвинути у студентів-германістів орієнтацію у культурі (у широкому розумінні) німецького народу та виховати у них «між-культурну особистість».

Матеріали посібника призначені для аудиторної, самостійної та індивідуальної роботи студентів старших курсів німецького відділення педагогічних закладів освіти і можуть бути ви-користані на нефілологічних факультетах і на уроках німецької мови у старших класах середніх загальноосвітніх шкіл, гімназій, ліцеїв та інших середніх спеціальних навчальних закладів.

УДК 811.112.2ББК 81.2Нім-93

ISBN 978-966-10-4232-1

Îõîðîíÿºòüñÿ çàêîíîì ïðî àâòîðñüêå ïðàâî. Æîäíà ÷àñòèíà öüîãî âèäàííÿ íå ìîæå áóòè âіäòâîðåíà â áóäü-ÿêîìó âèãëÿäі áåç äîçâîëó àâòîðà ÷è âèäàâíèöòâà.

© Гінка Б.І.© Навчальна книга — Богдан, майнові права, 2015

Рецензенти:доктор філологічних наук, професор, завідувач кафедри міжкультурної комунікації і перекладу

Львівського національного університету імені Івана ФранкаПаславська А.Й.

кандидат філологічних наук, доцент, завідувач кафедри міжкультурної комунікації Житомирського державного університету імені Івана Франка

Жуковська В.В.кандидат філологічних наук, доцент, завідувач кафедри ділової комунікації та організаційної

поведінки Тернопільського національного економічного університетуВергун Л.І.

Рекомендовано науково-методичною радою Тернопільського національного педагогічного універси-тету імені Володимира Гнатюка (протокол № 1 від 19.09.2012 р.)

Page 3: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

Inhalt

Vorwort 4

1. Kapitel. Der Begriff «Kultur». Grenzen des Kulturberriffs 7

2. Kapitel. Deutsche Mentalität: Ursprung und Entwicklung 35

3. Kapitel. Das Konzept des Nationalcharakters. Schwierig-keiten und Verallgemeinerungen 55

4. Kapitel. Raumwahrnehmung der Deutschen, kulturspezifi-sche Prägung 121

5. Kapitel. Zeitwahrnehmung  der  Deutschen,  kulturspezifi-sche Prägung 141

6. Kapitel. Sitten und Normen als Bestandteile der kultur-spezifischen Verhaltensmuster  155

7. Kapitel. Xenophilie und Xenophobie der Deutschen 241

8. Kapitel. Deutsche verbale und nonverbale Sprache 260

9. Kapitel. Deutsche symbolische und nichtäquivalente Lexik 294

Empfohlene Literatur und andere Medien 348

Page 4: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

VorwortUnsere Welt ist längst, wie man heute bildlich sagt, zum «globalen Dorf»

geworden. Manche Menschen gehen in ein anderes Land, um zu studieren. Andere fahren einfach in den Urlaub oder sind auf der Studienreise. Man-che sind geschäftlich unterwegs, andere müssen ihre Heimat verlassen. Tatsache ist, dass immer mehr Menschen aus unterschiedlichen Kulturen aufeinander treffen und versuchen (müssen), miteinander zu kommunizie-ren. Manchmal funktioniert die Kommunikation und man versteht sich. Oft klappt die Kommunikation nicht und es kommt zu (interkulturellen) Miss-verständnissen, schlechten Gefühlen, Frustration oder gar Aggression.

Was passiert, wenn Menschen aus unterschiedlichen Kulturen miteinan-der kommunizieren? Wie kann man interkulturelle Missverständnisse erklä-ren? Und was ist eigentlich ein Kulturschock? Diese Fragen und viele andere werden im Kurs Interkulturelle Kommunikation diskutiert und besprochen (D. Tangredi).

Das vorliegende Buch trägt von seiner Konzeption her den Charakter eines Sammelwerks und umfasst Texte sowie Textauszüge aus unterschied-licher Fachliteratur und Medien. Es ist ein Reader in Interkultureller Kom-munikation, in erster Linie für ukrainische GermanistikstudentInnen der höheren Studienjahre gedacht und soll für sie ein Lehrbehelf und Nachschla-gewerk zugleich sein, indem es die wichtigsten Schwerpunkten der geistigen Kultur Deutschlands und speziell dessen menschlichen Faktors behandelt. Es ist ein Versuch, die Studierenden in die Problematik der interkulturellen Kommunikation einzuführen und die Innen- bzw. Außenwelt der Deutschen durch das Phänomem «typisch deutsch» darzustellen, das heißt, es wird ein Versuch unternommen, die wichtigsten Programmleitsätze des Kurses zu erläutern, nämlich: Mentalität des deutschen Volkes, Nationalcharakter, nationale Helden und Symbole, Wahrnehmung des Raumes und der Zeit durch Deutschen, Benehmensnorme der deutschen Lebensweise und deren Auswirkung auf die zwischenmenschlichen Beziehungen usw. Anders ge-sagt, das ist eigentlich eine Menschenkunde Deutschlands.

Die Zusammenstellung der Studientexte erfolgte auf der Grundlage jahrelanger Erfahrung des Autors in Lehre, Forschung und praktischer Tätigkeit an der pädagogischen Wolodymyr-Hnatjuk- Universität Ternopil. Die Studientexte sind so angelegt, dass die Studierenden Grundlagen, Zu-sammenhänge und Probleme des Faches Interkulturelle Kommunikation in groben Zügen kennen lernen können, ohne sich im großen Umfang des Stoffgebietes zu verlieren. Einige Abbildungen, die im Buch vorhanden sind, sollen Stoffinhalte in ihren Zusammenhängen anschaulich und einprägsam vermitteln.

Der Reader besteht aus 9 Kapiteln und dem Verzeichnis empfohlener

Page 5: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

Literatur und anderer Medien. Jedes Kapitel wird durch Programmschwer-punkte eingeführt, welche Raum für Studierende zur weiteren Vervollkomm-nung des jeweiligen Kapitelinhalts lassen, besonders durch Vergleich mit ukrainischen Realien, Werten und Einstellungen. Mancher mag das eine oder andere Thema vermissen, aber auf Vollständigkeit kam es gar nicht an, vielmehr soll dieses Buch dazu anregen, neue Informationen zu sammeln und sie zu recherchieren. Manche Texte können mit Erfolg in den sprach-praktischen Lehrveranstaltungen benutzt werden.

Die Auswahl aus verschiedenen Büchern und die Ergänzung aus den Erfahrungen der eigenen Tätigkeit sollen den ukrainischen Germanistikstu-dentInnen grundlegende Fragen, die beim Studium dieses Lehrfaches auf-tauchen, beantworten und den Zugang zu der Vielfalt der geistigen Kultur Deutschlands (im weitesten Sinne dieses Wortes) eröffnen. Ferner soll es ihnen ein Studienbegleiter sein und auch zum Verständnis verschiedener historischer, kulturologischer, psychologischer, ethnologischer, ja auch phi-lologischer Zusammenhänge verhelfen, weil die Aufgabe der Germanistik-lehrerausbildung nicht nur Aneignung des Wissens durch die Studierenden ist, sondern bei ihrer Begegnung mit deutscher Kultur ihre leichtere künf-tige Sozialisation in fremde Alltagsverhältnisse zu sichern. Die Lehrmate-rialien sind eigentlich auf kreative sprachliche Tätigkeit der Studenten ge-zielt, auf die Entwicklung ihrer Fähigkeiten zur selbstständigen Analyse der landeskundlichen Texte sowie eigene Meinung zum Ausdruck zu bringen. Das Endziel des Buches ist, «interkulturelle Persönlichkeiten» (N. Borisko) zu erziehen, welche mit eventuellen interkulturellen Missverständnissen bzw. Komplikationen reibungsfrei umgehen und sie tolerant überwinden können.

Der Verfasser

Page 6: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

Empfindungswörter

aha die Deutschenei die Deutschenhurra die Deutschenpfui die Deutschenach die Deutschennanu die Deutschenoho die Deutschenhm die Deutschennein die Deutschenjaja die Deutschen

Rudolf Otto Wiemer

Page 7: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

7

1. KAPITEL. DER BEGRIFF «KULTUR». GRENZEN DES KULTURBEGRIFFS

Programm:a) Drei Ansätze zur Landeskunde.b) Was ist Kultur? Kulturdefinitionen. Grenzen des Kulturbe-

griffs. Strukturmerkmale der Kultur. Kulturdimensionen. Kulturstandards.

c) Kulturschock: Symptome. Phasen des Kulturschocks.d) Kulturelle Vielfalt in der BRD.

Schlüsselwort Kultur: Gesamtheit der von einer bestimmten Gemeinschaft auf einem bestimmten Gebiet während einer bestimmten Epoche geschaffenen, charak-teristischen geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen.

1.1. Überblick über die drei Landeskundeansätzen

Didak-tisches Konzept:

Kognitiver Ansatz Kommunikativer AnsatzInterkultureller Ansatz/ kul-turbezogenes Lernen Interkulturelle Kommunikation

Didakti-scher Ort:

eigenes Fach/ selb-ständige Unter-richtseinheit

im Fremdsprachenunterricht im Fremdsprachenunterricht

Überge-ordnetes Ziel:

— Wissen:— d.h.Erwerb und Repro-duktion von Fakten-wissen

— Kommunikative Kompetenz:angemessenes (sprachliches) Verhalten in Alltagssituatio-nen des anderen Landes

— Orientierungsfähigkeit in ei-ner fremden Kultur:— Kommunikative Kompetenz in interkulturellen Situationen

Lerninhalte: — Daten— geschichtliche Er-eignisse— berühmte Perso-nen und Zeugnisse der «hohen» Kultur z. B. aus der:— Soziologie— Politik— Wirtschaft— Kultur— Geschichte …

Alltagskultur als Referenzwis-sen für adäquate Verwendung der Sprache, z. B.:Wie Leute wohnenWie Leute sich erholenWie Leute miteinander in Ver-bindung tretenWie Leute am Gemeinwesen teilnehmenWie Leute sich versorgenWie Leute arbeiten/ihren Le-bensunterhalt sichernWie Leute sich bilden etc. (kultu-relle Tradierung)

Alle Repräsentationen der Ziel-kultur, die den Bedeutungsum-fang eines Begriffes oder eines Themas konstituieren. Ihre Bedeutung innerhalb der Ziel-kultur und die Interpretation durch die Lernenden. Systematischer Vergleich zu den äquivalenten Bereichen in der eigenen Kultur und ihre Be-deutung für die Lernenden.

Page 8: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1. KAPITEL. DER BEGRIFF «KULTUR». GRENZEN DES KULTURBEGRIFFS 8

Methodik/Verfahren

Dem sprachlichen Lernen nachgeord-netes Erlernen von objektiviertem und systematis ier tem Wissen, d.h. die An-eignung von Daten und Fakten.

Sprachliches Lernen durch Be-schäftigung mit authentischen Texten und Materialien. Diese sind einerseits informativ und vermitteln Alltagswissen, an-derseits (sprech-) handlungs-orientiert, indem sie Modelle für Alltagskommunikation bieten.

Sprachenlernen als Entde-ckungsreise in eine fremde Kultur, bei der die eigenen kul-turellen Voraussetzungen be-wusst werden.Entwicklung von Strategien zur Erschließung und Aneig-nung der fremden Sprache/Kultur mit dem Ziel, als Person mit eigen (kulturell)em Erfah-rungshintergrund Kommuni-kationssituation aktiv mitzu-gestalten. Im Zentrum stehen Grundmuster und Phänomene des Fremdsprachenlernens, nämlich Prozesse der Wahrneh-mung, Bedeutungserfassung und Sinngebung, Bildung von Hypothesen über Sprachfor-men und -inhalte

Landesbild Alltagskultur / Gesprächs-themen

Fremd- / Kulturverstehen

Weimann/Hosch (1993), 514-523

1.2. Was bedeutet «Kultur»?

traditioneller Kulturbegriff■ die Orgelwerke von J.S.Bach■ die Werke des Malers Albrecht 

Dürer■ die Gedichte von Ingeborg Bach-

mann (1926-1973)■ der Roman «Atemschaukel» von

Herta Müller■ das Rokokoschloss Sanssouci in 

Potsdam

erweiterter Kulturbegriff■ ein Konzert von «Rammstein»■  ein  Buch  mit  dem  Titel  «Authentische

Biografie einer unterdrückten Hausfrau»■Umweltprobleme  durch  Automobilen-

Tourismus in den österreichischen Alpen■ ein Kochrezept für Schweizer Käsefondue■ Graffitis von der Berliner Mauer etc., po-

litische Karikaturen■ Fernsehwerbung für Autos■ Eine Statistik über das Freizeitverhalten 

in Deutschland■ Gedichte von Schülern im Internet■ Bericht über die Arbeitsatmosphäre in ei-

nem Großkonzern■ die Zahl der Kindergartenplätze in einer 

Großstadt■ ein Jazzkonzert in einer Kneipe

Biechele M., Padros A. Didaktik der Landeskunde, Langenscheidt. S.157

Page 9: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1.2. Was bedeutet «Kultur»? 9

■ Definition Kultur• «Kulturen» sind wie Landkarten oder Orientierungspläne.• Wir teilen sie mit anderen Menschen einer Gruppe.• Jede von uns hat eine ganze Mappe von ihnen bei sich. • Sie leiten uns, oft ohne dass wir uns dessen bewusst sind.

Mit dem Begriff «Kultur» beschreiben wir die gemeinsamen Lebenswei-sen und Deutungsmuster einer Gruppe oder Lebenswelt.

Kulturen sind:• nicht statisch, sondern in Bewegung, also veränderbar• nicht einheitlich, sondern zusammengesetzt• nicht eindeutig, sondern mehrdeutig und widersprüchlich.

Daraus folgt:• In jeder Gesellschaft gibt es eine Vielzahl von Kulturen.• In manche Kulturen werden wir hineingeboren, anderen ordnen wir

uns «freiwillig» zu.• Wir werden von kulturellen Einflüssen geprägt, sind aber keine Ma-

rionetten unserer Kultur(en).• Wir können kulturelle Prägungen nicht einfach abschütteln, aber be-

wusst mit ihnen umgehen.• Kulturen prägen Menschen und Menschen prägen Kulturen.

■ Definition• Kulturstandards sind Normen, die von den Mitgliedern einer Kultur 

geteilt und für verbindlich angesehen werden.• Sie regulieren weite Bereiche des Denkens, Wertens und Handelns.• Die Verbindlichkeit dieses Kulturstandards kann etwas variieren, doch 

wird abweichendes Verhalten von der sozialen Umwelt abgelehnt.• Diese Kulturstandards werden vom Individuum so sehr als Teil der 

eigenen Person erlebt, dass sie ihm nicht bewusst sind.• Nur wenn wir  Personen  treffen,  die  sich  nach  anderen Kulturstan-

dards verhalten, werden die eigenen Standards bewusst. Nach S.Schroll-Machl

NO-SOME-ALL EbEnEn von kulturEllEn ErschEinungsformEn

Jeder Mensch istPersönlichkeitwie

niemand

Grund-bedürfnisse

RegionGeschlecht

Religionsoziale Schicht

wiemanche

wiealle

Symbole

Helden

Rituale

Werte

Page 10: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1. KAPITEL. DER BEGRIFF «KULTUR». GRENZEN DES KULTURBEGRIFFS 10

wie niemand:→ individuelle Interpre-tation der eigenen Geschichte, z. B. .innovativ, einzigartig, außergewöhn-lich, Erfahrungen, Geschichte

wie manche:→kollektive Interpretati-onenz. B. Normen, Werte, Riten, Sprachen, Wirtschafts- und Staatsformen, Familien- und Geschlechterbeziehungen, Zeit-und Raumwahrnehmung, Architektur

wie alle:→ die gesellschaftliche Natur des Menschenz. B. Hunger, Sterben, soziales Wesen, Se-xualität, Trauer, Wut, Hoffnung, Überle-benswille

Symbole Worte, Gesten, Bilder, Objekte

Helden Personen, tot oder lebendig, echt oder fiktiv, die oder deren Eigenschaften hoch angesehen sind

Rituale kollektive Tätigkeiten, die auch um ihrer selbst Willen ausgeführt wer-den

Werte polarisierende mit Emotionen belegte Kriterien zur Bewertung von Handlungen und Umständen wie gut-böse, schön-hässlich, normal-anormal, rational-irrational

nach G.Hofstede

1.3. Strukturmerkmale von Kulturen (nach G.Maletzke) Will man Kulturen miteinander vergleichen, so muss man erst einmal

wissen, was man denn miteinander vergleicht ― welche Aspekte von Kul-tur also im Mittelpunkt stehen sollen. Der Kommunikationswissenschaftler Gerhart Maletzke unterscheidet verschiedene «Strukturmerkmale von Kulturen» und bezeichnet diese als «die Kategorien, in denen sich Kulturen voneinander abheben und die in ihrer strukturierten Gesamtheit das spezi-fische Profil einer Kultur bilden». Neun der insgesamt zehn von Geert Ma-letzke identifizierten Strukturmerkmale sollen in diesem Teilkapitel näher vorgestellt werden:

(1) Wahrnehmung,(2) Zeiterleben, (3) Raumerleben, (4) Denken, (5) Sprache, (6) nichtverbale Kommunikation, (7) Wertorientierungen, (8) Verhaltensmuster, (9) soziale Beziehungen. Wie im Folgenden noch deutlich werden wird, sind diese Merkmale auf

vielfache Weise untereinander vernetzt.Wahrnehmung ist immer selektiv und was aus dem breiten Spektrum

des Wahrnehmbaren für wichtig gehalten und daher ― visuell, olfaktorisch (d.h. mit dem Geruchssinn) oder taktil (d.h. mit dem Tastsinn) ― tatsäch-lich wahrgenommen wird, ist hochgradig kulturspezifisch. Die Fähigkeit zur 

Page 11: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1.3. Strukturmerkmale von Kulturen (nach G.Maletzke) 11

Wahrnehmung von Tieren im Dickicht, von unterschiedlichen Sorten von Schnee, von feinen oder weniger feinen Abstufungen im Färbspektrum oder von Veränderungen auf einem Computerbildschirm hängt maßgeblich von kulturspezifischen Lebensweisen ab.

Dass Zeitkonzepte und Zeiterleben kulturell unterschiedlich sind, zeigt schon die einfache Tatsache, dass es noch heute verschiedene Kalender gibt: In China beginnt das neue Jahr etwa am zweiten Neumond nach der Wintersonnenwende, d.h. zwischen dem 21. Januar und 21. Februar unserer Zeit. Ob der Zeitverlauf als linear (zumeist im ’Westen’) oder als zyklisch (vielerorts in Asien) wahrgenommen wird oder ob Zeit als eine bruchteils-sekundengenaue, kontinuierliche und objektiv messbare Kategorie oder als eine variable, diskontinuierliche und nur subjektiv erfahrbare Kategorie wahrgenommen wird, ob man sich schwerpunktmäßig an der Zukunft, der Gegenwart oder der Vergangenheit orientiert, ist ebenfalls kulturabhängig.

Bei den Saulteaux am Berens River in Manitoba wurden gewisse Ereig-nisse nicht auf einer Skala von Zeitpunkten eingeordnet. Sie waren nicht vorher oder nachher. Man könnte eher sagen, dass diese Indianer sich auf «Löcher» in der Zeit, auf Zeitloses zu-oder wieder von ihm wegbewegten. Die Zeit, die während dieser Bewegung verlief, wurde nicht gezählt, etwa in Ta-gen oder dergleichen, und es ist auch nicht zutreffend, zu sagen, diese Zeit sei eine Spanne zwischen wiederkehrenden Ereignissen gewesen. Vielmehr kamen die Indianer immer wieder auf dasselbe Zeitloch zu und entfernten sich wieder von ihm.

Die Unterscheidung zwischen monochronen und polychronen Kulturen findet sich bei einem der Begründer der  interkulturellen Kom-petenz-Forschung E.T.Hall. In vielen Kulturen Nord-und Westeuropas (z. B. Deutschland und den Niederlanden) herrscht eine rigide Zeiteintei-lung, bei der äußerste Pünktlichkeit erwartet wird. Sie sind monochron. Als polychrone Kulturen hingegen gelten E.T.Hall zufolge die romanischen Kulturen  Europas  und  Amerikas.  Sie  zeichnen  sich  durch  eine  flexiblere Zeiteinteilung, einen geringeren Grad der Strukturierung von Zeit aus. Der Romanist Hans-Jürgen Lüsebrink hat darauf hingewiesen, dass der kultur-spezifische Umgang mit Zeit ein Grund für Konflikte am Arbeitsplatz sein kann: Untersuchungen zum interkulturellen Management haben gezeigt, dass interkulturelle Spannungen häufig auf der zeitlichen Organisation von Arbeitsvorgängen beruhen. 70% der im Rahmen einer Studie zum deutsch-französischen Management befragten Mitarbeiter deutscher und französi-scher Mutter- und Tochtergesellschaften gaben an, dass dies ein Grund für Irritationen und Konflikte gewesen sei. 

Wie orientiert man sich im Raum (etwa anhand von natürlichen Ge-gebenheiten oder von Hinweisschildern)? Wie wird Raum gestaltet (hierzu zählt die Anlage von Städten, der Hausbau und die Inneneinrichtung, etwa

Page 12: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1. KAPITEL. DER BEGRIFF «KULTUR». GRENZEN DES KULTURBEGRIFFS 12

das berühmte Feng Shui)? Welche Bedeutung wird dem Raum zugeschrie-ben? Wie wird der private Raum vom öffentlichen Raum getrennt? Aber auch: Wie groß ist die räumliche Distanz zwischen den Interaktionspart-nern einer Kultur (vgl. die so genannte Interaktionsdistanz oder Proxemik)? Diese Fragen beziehen sich auf das Verhältnis von Kultur und Raum. Wie groß die Unterschiede in dem Erleben und der Bedeutung des Raums von Kultur zu Kultur sein können, zeigt das folgende Beispiel zur Raumwahr-nehmung der Balinesen: Bei den Bewohnern von Bali ist das Alltagsleben in ungewöhnlichem Ausmaß auf den Raum und auf räumliche Orientierung hin ausgerichtet. Der Berg repräsentiert Heiligkeit, die See ist eine Zone von Gefahr und bösen Geistern, Höhe wird mit Reinheit assoziiert. Man schläft mit dem Kopf zu den Bergen und mit den Füßen zum Meer hin. Der Fami-lienschrein steht auf der Inlandseite des Hauses in Bergrichtung, während die Küche sich auf der Seeseite, also zur Küste hin befindet. Dorffriedhöfe liegen auf der Küstenseite.

Kulturen weisen unterschiedliche Denkformen oder Denkstile auf, die Resultat der Standardisierung des Denkens sind. G.Maletzke unterscheidet hinsichtlich kulturspezifischer Denkformen vier Gegensatzpaare:

► logisch oder prälogisch (d.h. analytisches, lineares und rationales Denken vs. ganzheitliches, assoziatives und affektives Denken)

► induktiv oder deduktiv (Denken ausgehend vom empirischen Einzel-fall vs. von allgemeinen, theoretischen Annahmen)

► abstrakt oder konkret► alphabetisch oder analphabetisch (das Denken in Schriftkulturen un-

terscheidet sich von dem Denken in Kulturen ohne Schriftsystem)Hierbei handelt es sich um sehr krude Unterscheidungen, selbst wenn

man die genannten Denkformen nicht als strikte Gegensatzpaare, sondern als die Extrempunkte einer Skala begreift. Zudem sind die jeweils erstge-nannten Begriffe in der Geschichte immer wieder mit Attributen wie «fort-schrittlich», «weiter entwickelt» oder «zivilisiert» versehen worden. Eine wertneutrale Herangehensweise an kulturelle Unterschiede scheint ein solches Modell daher kaum zu gewährleisten. Mehr Sinn macht es hinge-gen, sich einmal die Frage zu stellen, warum der Denkstil der einen Kul-tur sich von dem einer anderen Kultur unterscheidet. Solche Unterschiede lassen sich durch das Konzept der Bezugsrahmen oder frames of reference erklären ― der im Verlauf des Heranwachsens in einer Kultur erworbenen Schemata, welche die Wahrnehmung, das Denken und die Erinnerung in bestimmte Bahnen lenken .

Sprache und Weitsicht einer Gruppe hängen auf das Engste zusam-men. Sprachen sind für die gemeinsame Konstruktion von Sinnwelten be-deutsam, und zwar so sehr, dass Kulturen nicht selten nach Sprachräumen kategorisiert werden (etwa der «romanische Kulturraum»). Ähnliches gilt

Page 13: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1.3. Strukturmerkmale von Kulturen (nach G.Maletzke) 13

für Formen der nonverbalen Kommunikation (Körpersprache, Gesichts-ausdruck etc.), die hochgradig kulturspezifisch und für die Analyse kulturel-ler Unterschiede außerordentlich aufschlussreich sind.

Um  kulturspezifische  Verwendungsweisen  von  Sprache  voneinander zu unterscheiden, wurden von E.T.Hall (1959) die Begriffe low-context und high-context eingeführt. Dabei dreht es sich um die Frage, welche Bedeu-tung Sprache bei der Generierung von Bedeutung spielt ― im Zusammen-spiel mit bzw. im Gegensatz zu nonverbalen Faktoren und der Beziehung der Sprecher untereinander. In kontextungebundenen (low-context) Kultu-ren haben Wörter unabhängig vom jeweiligen Kontext weitgehend dieselbe Bedeutung. Daher ist eine unpersönliche Kommunikation möglich; es wird auf einer Sachebene kommuniziert. In kontextgebundenen (high-context) Kulturen hingegen scheint die Bedeutung in der Kommunikation nicht so sehr von den Wörtern selbst zu stammen, sondern hängt in erster Linie vom Kontext des Gesprächs und der Beziehung der Sprecher untereinander ab. E.T.Hall korreliert kontextungebundene Kulturen mit monochronischen Zeit-konzepten (z. B. Deutschland, Großbritannien), kontextgebundene Kulturen mit polychronischen Zeitkonzepten (z. B. Indien, Italien).

Weil der (bewusste oder unbewusste) Bezug auf kulturspezifische Werte und Normen in der konkreten interkulturellen Interaktion eine besonders bedeutende Rolle spielt und nicht selten zu Konflikten zwischen Mitgliedern verschiedener Kulturen führt, konzentrieren sich viele Studien zur interkul-turellen Kompetenz auf die Darlegung von Wertorientierungen, die dann bei Geert Hofstede etwa unter dem Begriff «Kulturdimensionen» firmieren. Hierbei geht es beispielsweise um den Wert, der der Familie, Hierarchien oder Traditionen beigemessen wird und der von Kultur zu Kultur stark va-riieren kann. Die Werte und Normen einer Kultur (die zu ihrer mentalen Dimension gehören) schlagen sich auf sehr verschiedene Arten in konkreten Verhaltensweisen nieder (die zu ihrer sozialen Dimension gehören). Das folgende Beispiel zeigt, wie divergierende Verhaltensmuster bei der Begeg-nung von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zu Missverständnissen führen können ― selbst wenn es sich dabei um sich relativ nahe stehende Kulturen, wie die USA und Großbritannien, handelt: Unter den während des Krieges stationierten amerikanischen Soldaten war die Ansicht weit verbreitet, die englischen Mädchen seien sexuell überaus leicht zugänglich. Merkwürdigerweise behaupteten die Mädchen ihrerseits, die amerikani-schen Soldaten seien übertrieben stürmisch. Eine Untersuchung, an der u.a. Margaret Mead teilnahm, führte zu einer interessanten Lösung des Wi-derspruchs. Es stellte sich heraus, dass das Paarungsverhalten (courtship pattern) ― vom Kennenlernen der Partner bis zum Geschlechtsverkehr ― in England und Amerika ungefähr dreißig verschiedene Verhaltensformen durchläuft, dass aber die Reihenfolge dieser Verhaltensformen in den beiden

Page 14: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1. KAPITEL. DER BEGRIFF «KULTUR». GRENZEN DES KULTURBEGRIFFS 14

Kulturbereichen verschieden ist. Während z. B. das Küssen in Amerika re-lativ früh kommt, etwa auf Stufe 5, tritt es im typischen Paarungsverhalten der Engländer relativ spät auf, etwa auf Stufe 25. Praktisch bedeutet dies, dass eine Engländerin, die von ihrem Soldaten geküsst wurde, sich nicht nur um einen Großteil des für sie intuitiv nichtigen Paarungsverhaltens (Stu-fe 5-24) betrogen fühlte, sondern zu entscheiden hatte, ob sie die Beziehung an diesem Punkt abbrechen oder sich dem Partner sexuell hingeben sollte. Entschied sie sich für die letztere Alternative, so fand sich der Amerikaner einem Verhalten gegenüber, das für ihn durchaus nicht in dieses Frühstadi-um der Beziehung passte und nur als schamlos zu bezeichnen war. Die Lö-sung eines solchen Beziehungskonfliktes durch die beiden Partner selbst ist natürlich deswegen praktisch unmöglich, weil derartige kulturbedingte Ver-haltensformen und -abläufe meist völlig außerbewusst sind. Ins Bewusst-sein dringt nur das undeutliche Gefühl: der andere benimmt sich falsch.

Die Gliederung der Gesellschaft ist ein traditioneller Forschungsgegen-stand der Kulturanthropologie und Soziologie, weil dieses äußere Ord-nungssystem viel über das innere, das mentale System einer Kultur verrät. Neben der Familie gehören etwa Verwandtschaftsbeziehungen, die Existenz von Klassen und Kasten, das Verhältnis zwischen Individuum und Gruppe oder die Bedeutung von Freundschaft zu dem Gebiet der sozialen Gruppie-rungen und Beziehungen, welche von Kultur zu Kultur stark variieren. Man denke etwa an die Unterschiede zwischen weit verzweigten Großfamilien in Indien und der deutschen Kleinstfamilie. Mit beiden Formen sozialer Be-ziehungen sind sehr unterschiedliche Auffassungen von der Bedeutung von Verwandtschaft, von sozialen Rechten und Pflichten sowie den Möglichkei-ten zur individualistischen Lebensgestaltung verbunden.

Strukturmerkmale von Kulturen, wie sie G.Maletzke aufzeigt, bieten uns ein systematisches Raster, anhand dessen wir erkennen, auf welchen Gebieten sich Kulturen womöglich voneinander unterscheiden und welche Aspekte daher die interkulturelle Interaktion beeinflussen können. Ein sol-ches Wissen um generelle Strukturmerkmale gehört zur kulturübergreifen-den Kompetenz. Alexander Thomas und Geert Hofstede haben unter den Begriffen «Kulturstandards» und «Kulturdimensionen» Modelle entwickelt, anhand derer die typischen Eigenschaften verschiedener Nationalkulturen bestimmt werden.

Erll A., Gymnich M. Interkulturelle Kompetenzen. – S.38–43.

1.4. Fünf Kulturdimensionen Bei G.Hofstedes Studien zu den «fünf Kulturdimensionen» handelt es

sich um das bekannteste und am weitesten verbreitete Modell zur Erfassung kultureller Unterschiede. In umfangreichen empirischen Untersuchungen, die er in den Jahren 1968 und 1972 bei über 100.000 Mitarbeitern des IBM-

Page 15: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1.4. Fünf Kulturdimensionen 15

Konzerns in über 70 Ländern durchführte, hat G.Hofstede fünf zentrale Werte, die er als «Kulturdimensionen» bezeichnet, systematisch erhoben. Im Folgenden werden diese Kulturdimensionen vorgestellt und an einigen Bei-spielen veranschaulicht.

G.Hofstede definiert Machtdistanz als «das Ausmaß, bis zu welchem die weniger mächtigen Mitglieder von Institutionen bzw. Organisationen eines Landes erwarten und akzeptieren, dass Macht ungleich verteilt ist.» Macht-distanz kann in gesellschaftlichen Institutionen wie der Familie, Schule und Staat oder in Organisationen wie in Firmen gemessen werden.

Der Machtdistanzindex (MDI) ist ein «Gradmesser für die Ungleich-heit der Gesellschaft». Er gibt an, welche Akzeptanz es in einer Kultur für Macht- und Autoritätsunterschiede sowie Hierarchiegefälle gibt. Die unten abgebildete Tabelle basiert auf den oben bereits erwähnten Befragungen, die G.Hofstede und sein Team in den Jahren 1968 und 1972 durchführten. Die Tabelle zeigt sehr hohe Machtdistanzwerte in den asiatischen, osteuro-päischen, lateinamerikanischen und arabischen Ländern und sehr niedrige Machtdistanzwerte etwa für Israel, Skandinavien, die deutschsprachigen Länder, Großbritannien und die USA.

Land/Region Punktewert Position Land/Region Punktewert Position

Slowakei 104 1/2 Belgien Flämisch 61 39/40

Philippinen 94 5 Südkorea 60 41/42

Russland 93 6 Iran 58 43/44

Rumänien 90 7 Taiwan 58 43/44

Serbien 86 8 Tschechien 57 45/46

Venezuela 81 10/11 Pakistan 55 48

Arabische Länder 80 12/14 Kanada Quebec 54 49/50

China 80 12/14 Italien 50 51

Ecuador 78 15/16 Argentinien 49 52/53

Indonesien 78 15/16 Südafrika 49 52/53

Westafrika 77 17/18 Ungarn 46 55

Singapur 74 19 Jamaika 45 56

Kroatien 73 20 Estland 40 57/59

Slowenien 71 21 Luxemburg 40 57/59

Bulgarien 70 22/25 USA 40 57/59

Schweiz Franz. 70 22/25 Niederlande 38 61

Vietnam 70 22/25 Australien 36 62

Frankreich 68 27/29 Deutschland 35 63/65

Hongkong 68 27/29 Großbritannien 35 63/65

Polen 68 27/29 Finnland 33 66

Page 16: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1. KAPITEL. DER BEGRIFF «KULTUR». GRENZEN DES KULTURBEGRIFFS 16

Belgien Franz. 67 30/31 Norwegen 31 67/68

Kolumbien 67 30/31 Schweden 31 67/68

Salvador 66 32/33 Irland 28 69

Türkei 66 32/33 Schweiz Deutsch 26 70

Ostafrika 64 34/36 Neuseeland 22 71

Peru 64 34/36 Dänemark 18 72

Thailand 64 34/36 Israel 13 73

Chile 63 37/38 Österreich 11 74

Die kursiv gedruckten Punktwerte für die Länder/Regionen wurden aus der IBM Datenbank ermittelt. Die Punktwerte für die restlichen Länder basieren auf Wiederho-lungsstudien oder Schätzungen.

Der Machtdistanzindex wurde von G.Hofstede mit weiteren soziokultu-rellen Faktoren in Verbindung gebracht, z. B. mit verschiedenen Berufs-gruppen, mit Schule und Staat. Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft die typischen Einstellungen zu allgemeinen Normen, zu Familie und Schule in Gesellschaften mit geringer und mit großer Machtdistanz:

Hauptunterschiede zwischen Gesellschaften mit geringer und großer Machtdistanz - 1. Allgemeine Norm, Familie und Schule

geringe Machtdistanz große Machtdistanz

Ungleichheit unter den Menschen sollte so ge-ring wie möglich sein.

Ungleichheit zwischen den Menschen wird er-wartet und ist erwünscht.

Mit sozialen Beziehungen soll man sorgsam um-gehen.

Sozialer Status soll nur beschränkt ausgeglichen werden.

Zwischen den weniger mächtigen und den mäch-tigen Menschen besteht eine Interdependenz bis zu einem gewissen Grad, und die sollte es auch geben.

Weniger mächtige Menschen sollten abhängig sein,- sie befinden sich zwischen den beiden Ext-remen Abhängigkeit und Kontra-Dependenz.

Eltern behandeln ihre Kinder wie ihresgleichen. Eltern erziehen ihre Kinder zu Gehorsam.

Kinder behandeln ihre Eltern und ältere Verwand-te wie ihresgleichen.

Respekt gegenüber den Eltern und älteren Ver-wandten ist eine grundlegende Tugend, die ein Leben lang geübt wird.

Bei der Altersversorgung ihrer Eltern spielen Kin-der keine Rolle.

Kinder sind eine Quelle für die Altersversorgung ihrer Eltern.

Schüler behandeln Lehrer wie ihresgleichen. Schüler behandeln ihre Lehrer auch außerhalb des Unterrichts mit Respekt.

Lehrer erwarten von ihren Schülern Eigeninitia-tive.

Jede Initiative im Unterricht sollte von den Leh-rern ausgehen.

Lehrer sind Experten, die losgelöstes Wissen ver-mitteln.

Lehrer sind Gurus, die ihr eigenes Wissen vermit-teln.

Page 17: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1.4. Fünf Kulturdimensionen 17

Die Qualität des Lernprozesses ist abhängig vom Austausch zwischen Lehrern und Schülern und der Qualität der Schüler.

Die Qualität des Lernprozesses ist von der Profes-sionalität des Lehrers abhängig.

Menschen mit weniger Bildung neigen zu mehr Autorität als Menschen mit höherer Bildung.

Sowohl Menschen mit mehr als auch solche mit weniger Bildung haben die gleiche Einstellung zur Autorität.

Die Bildungspolitik konzentriert sich auf weiter-führende Schulen.

Die Bildungspolitik konzentriert sich auf Univer-sitäten.

Die zweite Kulturdimension nach G.Hofstede ist das Verhältnis von Individualismus und Kollektivismus.  Sie  wird  folgendermaßen  defi-niert: «Individualismus beschreibt Gesellschaften, in denen die Bindungen zwischen den Individuen locker sind; man erwartet von jedem, dass er für sich selbst und für seine unmittelbare Familie sorgt. Sein Gegenstück, der Kollektivismus, beschreibt Gesellschaften, in denen der Mensch von Geburt an in starke, geschlossene Wir-Gruppen integriert ist, die ihn ein Leben lang schützen und dafür bedingungslose Loyalität verlangen.» Zur Erstellung des «Individualismus-Index» fand eine Erhebung statt, bei der IBM-Mitarbei-ter etwa nach der Wertschätzung von persönlicher Zeit, von Freiheit und von Herausforderungen gefragt wurden. Kaum überraschend haben die USA die höchsten Individualismus-Indexwerte, gefolgt von Australien, Großbritan-nien und Kanada. Die niedrigsten Werte finden sich in Guatemala, Ecuador, Panama, Venezuela, Kolumbien und Pakistan. Diese Länder sind damit am Extrem-Pol des «Kollektivismus» angesiedelt .

Bei der dritten Kulturdimension ― Maskulinität/Femininität ― geht es G.Hofstede nicht um biologische Unterschiede (weiblich/männlich), son-dern um soziokulturelle Kategorien (maskulin/feminin): «Eine Gesellschaft bezeichnet man als maskulin, wenn die Rollen der Geschlechter emotional klar gegeneinander abgegrenzt sind: Männer haben bestimmt, hart und ma-teriell orientiert zu sein, Frauen dagegen müssen bescheidener, sensibler sein und Wert auf Lebensqualität legen. Als feminin bezeichnet man eine Ge-sellschaft, wenn sich die Rollen der Geschlechter emotional überschneiden: sowohl Frauen als auch Männer sollen bescheiden und feinfühlig sein und Wert auf Lebensqualität legen.» Ermittelt wurde der Maskulinitäts-Index anhand von Fragen etwa nach der Bedeutung, die dem Einkommen, der An-erkennung oder der Möglichkeit zur Beförderung zugemessen wird («masku-line Werte»), im Gegensatz zur Bedeutung eines guten Arbeitsklimas, einer angenehmen Umgebung und der Sicherheit des Arbeitsplatzes («feminine Werte»). Japan hat demnach einen Maskulinitätsindex von 95, Deutsch-land einen Wert von 66, die USA von 62, Frankreich und der Iran von 43 und Schweden von 5.

Page 18: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1. KAPITEL. DER BEGRIFF «KULTUR». GRENZEN DES KULTURBEGRIFFS 18

Die vierte Kulturdimension ― Unsicherheitsvermeidung ― wird von G.Hofstede folgendermaßen beschrieben: «Unsicherheitsvermeidung lässt sich [...] definieren als der Grad, bis zu dem die Mitglieder einer Kultur sich durch uneindeutige oder unbekannte Situationen bedroht fühlen. Dieses Gefühl drückt sich u.a. in nervösem Stress und einem Bedürfnis nach Vor-hersehbarkeit aus: ein Bedürfnis nach geschriebenen und ungeschriebenen Regeln.»

Interessanterweise findet sich der größte Unterschied zwischen der Kul-tur Deutschlands und Großbritanniens auf dem Gebiet der Unsicherheits-vermeidung: Deutschland hat einen Indexwert von 65, Großbritannien hingegen von nur 35 (ebd.: 234). Symptomatisch für diesen kulturellen Un-terschied ist eine Beobachtung des britischen Soziologen Peter Lawrence, der im Jahr 1980 sichtlich erstaunt und erheitert Folgendes über den deut-schen Pünktlichkeitswahn schrieb:

Wenn man als Ausländer durch Deutschland reist, so fällt einem beson-ders die Bedeutung der Pünktlichkeit auf, ganz gleich ob sie eingehalten wird oder nicht. Nicht das Wetter, sondern die Pünktlichkeit ist das Gesprächsthe-ma Nr. 1 zwischen fremden Reisenden im Zugabteil. In deutschen Fernzügen liegt in jedem Abteil ein Faltblatt aus, das man als Zugbegleiter bezeichnet und in dem alle Haltestellen mit Ankunfts- und Abfahrtszeiten sowie alle Umsteigemöglichkeiten auf der Strecke angegeben sind. Es ist in Deutsch-land schon fast ein Nationalsport, nach dem Zugbegleiter zu greifen, sobald der Zug in den Bahnhof einfährt, um mit der Digitaluhr festzustellen, ob der Zug den Fahrplan einhält. Wenn ein Zug Verspätung hat, was tatsächlich vorkommt, so wird dies durch Lautsprecheransagen in einem stoisch-tragi-schen Ton mitgeteilt. Die schlimmste Art der Verspätung ist die unbestimmte Verspätung (man weiß nicht, wie lange es dauern wird!), und die wird im Tonfall einer Trauerrede bekannt gegeben. (Zit. nach Hofstede)

Die  fünfte  und  letzte Kulturdimension  nach G.Hofstede ― die Lang-zeit- oder Kurzzeitorientierung von Kulturen ― ist eine sehr komplexe Kategorie, die in Auseinandersetzung mit dem Konfuzianismus entwickelt wurde. Tatsächlich führen ostasiatische Staaten die Liste des Langzeitori-entierung ―  Indexes  an: China, Hongkong,  Taiwan,  Japan, Vietnam und Südkorea. Die Definition dieser fünften Dimension lautet folgendermaßen: «Langzeitorientierung steht für das Hegen von Tugenden, die auf künftigen Erfolg hin ausgerichtet sind, insbesondere Beharrlichkeit und Sparsamkeit. Das Gegenteil, die Kurzzeitorientierung, steht für das liegen von Tugenden, die mit der Vergangenheit und der Gegenwart in Verbindung stehen, insbe-sondere Respekt für Traditionen, Wahrung des «Gesichts» und die Erfüllung sozialer Pflichten»

Page 19: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1.5. Kulturstandards (A.Thomas) 19

Wie sich Langzeit- und Kurzzeitorientierung im Geschäftsleben auswir-ken, zeigt folgende Tabelle:

Kurzzeitorientierung Langzeitorientierung

Zu den Hauptwerten am Arbeitsplatz gehören Freiheit, Rechte, Leistung und selbstständiges Denken.

Zu den Hauptwerten am Arbeitsplatz gehören Lernen, Ehrlichkeit, Anpassungsfähigkeit, Verant-wortlichkeit und Selbstdisziplin.

Freizeit ist wichtig. Freizeit ist nicht wichtig.

Die «Bilanz» steht im Mittelpunkt. Die Marktposition steht im Mittelpunkt.

Man legt Wert auf den Gewinn im laufenden Jahr.

Man legt Wert auf den Gewinn, den man in 10 Jahren macht.

Vorgesetzte und Mitarbeiter psychologisch in zwei Lager geteilt.

Firmeninhaber/Vorgesetzte und Mitarbeiter ha-ben dieselben Ziele.

Meritokratie, Entlohnung nach Fähigkeiten. Große soziale und wirtschaftliche Unterschiede sind nicht erwünscht.

Persönliche Treuepflichten richten sich nach den Bedürfnissen, die das Geschäft mit sich bringt.

Lebenslange Investition in ein persönliches Netz-werk.

Langsames bzw. fehlendes Wirtschaftswachstum zwischen 1970 und 2000.

Schnelles Wirtschaftswachstum zwischen 1970 und 2000.

Niedrige Sparquote, wenig Geld für Investitio-nen.

Hohe Sparquote, Mittel für Investitionen stehen zur Verfügung.

Geld wird in Investmentfonds investiert. Geld wird in Immobilien investiert.

Erll A., Gymnich M. Interkulturelle Kompetenzen. – S.44–49.

1.5. Kulturstandards (A.Thomas) Aus dem Bereich der kulturvergleichenden und interkulturellen Psy-

chologie stammt das von Alexander Thomas geprägte Konzept der «Kul-turstandards». Es ist differenzierter als G.Hofstedes, auf fünf Dimensionen fokussiertes Modell, weil zur Bestimmung von Kulturstandards eine Fülle verschiedener Faktoren einbezogen wird. Dabei greift Thomas auch auf die Ergebnisse bestehender kulturvergleichender Forschung ― etwa von Hofste-de, E.T.Hall und Trompenaars / Hampden-Turner (2006) ― zurück.

Kultur ist für A.Thomas ein Orientierungssystem; Dieses Orientierungs-system wird aus spezifischen Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesell-schaft usw. tradiert. Es beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller ihrer Mitglieder und definiert somit deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Kulturstandards sind zentrale Orientierungsmerkmale in die-sem System. Sie werden folgendermaßen definiert: Kulturstandards sind Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns, die von der Mehr-zahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich und andere als normal, typisch und verbindlich angesehen werden. Eigenes und fremdes Verhalten wird auf der Grundlage dieser Kulturstandards beurteilt und reguliert. Zen-

Page 20: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1. KAPITEL. DER BEGRIFF «KULTUR». GRENZEN DES KULTURBEGRIFFS 20

trale Kulturstandards einer Kultur können in einer anderen Kultur völlig fehlen oder nur von peripherer Bedeutung sein. Verschiedene Kulturen kön-nen ähnliche Kulturstandards aufweisen, die aber von unterschiedlicher Be-deutung sind und unterschiedlich weite Toleranzbereiche aufweisen.

Wie werden solche Kulturstandards ermittelt? A.Thomas und andere führten Interviews mit Menschen durch, die über langjährige Erfahrung in der interkulturellen Interaktion und Kommunikation verfügten (dabei han-delte es sich vorwiegend um Fach- und Führungskräfte). Die Materialbasis ist damit also konkretes Erfahrungswissen. Ausgehend von der Analyse und dem Vergleich der Erlebnisschilderungen wurden beispielsweise folgende zentrale Kulturstandards für Deutschland, China und die USA identifiziert:

deutsche Kulturstandards chinesische Kulturstandards US-amerikanische Kulturstan-dards

• Sachorientierung• Regelorientierung• Zeitplanung• Trennung  von  Persönlich-

keits- und Lebensbereichen• schwacher Kontext als Kom-

munikationsstil• Individualismus

• Danwei-System  (Clan-  und Cliquenbeziehung)• Hierarchieorientierung• List und Taktik• Soziale Harmonie• Guanxi-System  (Beziehungs-

netzwerke)• Bürokratie• Etikette

• Patriotismus• Gleichheitsdenken• Gelassenheit Ceasy going• Handlungsorientierung• Leistungsorientierung• Individualismus• Bedürfnis  nach  sozialer  Anerken-

nung• Interpersonale Distanzminimierung• Zwischengeschlechtliche  Bezie-

hungsmuster (dating)

Im Zentrum von Thomas' Theorie interkultureller Kompetenz steht das Konzept  des  «interkulturellen  Handelns».  Handlungen  werden  definiert als «Formen des Verhaltens, die dadurch charakterisiert sind, dass sie be-wusst, zielgerichtet, erwartungsgesteuert, motiviert und reguliert sind.» (Tho-mas 1996) Effektives Handeln in kulturellen Überschneidungssituationen beruht Thomas zufolge auf der Kenntnis der fremden Kulturstandards. Durch interkulturelles Lernen werden diese Standards vermittelt. A.Thomas und seine Mitarbeiter haben daher verschiedene Trainingsprogramme ent-wickelt, wie etwa bestimmte Formen des Culture Assimilator.

Erll A., Gymnich M. Interkulturelle Kompetenzen. – S.50-51.

1.6. Deutsche Kulturstandards aus der Sicht verschiedener Nationen

Im Kontrast zu USA Im Kontrast zu Frank-reich

Im Kontrast zu Tsche-chien Im Kontrast zu China

Persönliches Eigentum Sachorientierung Sachbezug Sachorientierung

Regelungsorientierung

Organisationsbedürfnis

Regel- und Stabilitäts-orientierung

Aufwertung von Struk-turen

Regelorientierung

Page 21: Die Deutschen - bohdan-digital.com fileБ.І. Гінка Die Deutschen: ein soziokulturelles Bild des Volkes Studientexte zur «Interkulturellen Kommunikation» für GermanistikstudentInnen

1.7. Wer ist Deutscher? Was ist Kultur? 21

Systematische Aufga-benerledigung

Konsekutivität Zeitplanung

Pflichtbewusstsein Selbststeuerung Regelorientierte Kont-rolle

Vertragsbindung

Abgegrenzter Privatbe-reich

Interpersonale Distanz-differenzierung

Geschlechterdifferen-zierung

Abgrenzung von Le-bensbereichen

Trennung von Persön-lichkeits- und Lebens-bereichen

Trennung von Arbeits-und Privatbereich

Direktheitinterpersonaler Kommu-nikation

Explizite, direkte Kom-munikation

Schwacher Kontext

Konfliktkonfrontation

Direktheit / Wahrhaftig-keit

Gemeinsinn Individualismus

Autoritätsdenken Gleichheitsstreben

Stabile Sicherheit

Körperliche Nähe

Tangredi Donato. Interkulturelle Kommunikation: Ein Lese- und Arbeitsbuch. – S.32.

1.7. Wer ist Deutscher? Was ist Kultur? Wer sich der Kulturgeschichte der Deutschen zuwendet, ist sich Rechen-

schaft darüber schuldig, wen er als Deutschen betrachten, was er unter Kul-tur verstehen will. Wer und was zählt dazu? Wer und was nicht? Was halb? Weshalb? Ist doch die Frage «Wer ist Deutscher?» nicht weniger schillernd als die Frage «Was ist Kultur?» Und hat er darüber Klarheit gewonnen, ist immer noch offen, was als deutsche Kultur gelten darf. Denn sie ist ein Teil der europäischen Kultur und nur in diesem Zusammenhang fassbar. Kultur ist ein Lernvorgang, und dieser beruht auf Tradition und Kommunikation. Verdankt doch die deutsche Kultur Unendliches den Nachbarn, zumal im Süden und Westen! Und nicht weniges hat sie an die Völker im Osten und Norden weitergegeben. Zu Recht bemerkte Goethe: «Keine Nation, am we-nigsten vielleicht die deutsche, hat sich aus sich selbst gebildet.»

Begriffsbestimmungen beruhen auf Interessen. Definitionen sind Macht-akte; es sind Abgrenzungen, die von der Kompetenz und der Position des Definierenden abhängen. Der Kulturhistoriker verwendet andere Kriterien als der Politiker, der Jurist oder der Philosoph. Er fasst seine Grundbegriffe weiter, um die Vielfalt an Erscheinungen einzubeziehen, und nimmt den Verlust an Trennschärfe in Kauf.

Als Deutsche im kulturellen Sinne betrachtet er die Angehörigen einer Sprachgemeinschaft. Wer deutsch spricht, muss kein Reichs- oder Bundes-deutscher sein, nicht einmal ein Volksdeutscher, wenn wir an die Hugenot-