Aus der Universitätsklinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin CCM / CVK der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin DISSERTATION Die Beurteilung von OP-Prozessen mittels der Kennzahlen „Auslastung“ und „Wechselzeit“. Eine empirische und simulationsexperimentelle Untersuchung. zur Erlangung des akademischen Grades Doctor medicinae (Dr. med.) vorgelegt der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin Von Lena Lisa Wicha aus Bremen
81
Embed
Die Beurteilung von OP-Prozessen mittels der Kennzahlen ...
This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Aus der Universitätsklinik für Anästhesiologie
mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin CCM / CVK
der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin
DISSERTATION
Die Beurteilung von OP-Prozessen mittels der Kennzahlen
„Auslastung“ und „Wechselzeit“. Eine empirische und
simulationsexperimentelle Untersuchung.
zur Erlangung des akademischen Grades
Doctor medicinae (Dr. med.)
vorgelegt der
Medizinischen Fakultät
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Von Lena Lisa Wicha
aus Bremen
2
Gutachter/in: 1. Priv.-Doz. Dr. med. M. Schuster
2. Prof. Dr. med. Th. Volk
3. Priv.-Doz. Dr. med. T. Krause
Datum der Promotion: 16. 05. 2010
Vorbemerkung 3
Vorbemerkung
Die vorliegende Untersuchung war Teil einer größeren Untersuchungsreihe, die am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt wurde und verschiedene Aspek-
te der Effizienz und Qualität perioperativer Prozesse im Fokus hatte. Mit Tina Kotjan
und Christiane Buckl nahmen zwei weitere Doktorandinnen an dem Projekt teil. Die Er-
fassung der Daten aller drei Dissertationsprojekte erfolgte gemeinsam in einem Zeit-
raum von 4 Monaten. Die Dissertationen untersuchten im Weiteren unterschiedliche
Fragestellungen, so dass die Analyse der Daten und die Erstellung der Dissertationen
vollständig getrennt erfolgte.
Wesentliche Ergebnisse der vorliegenden Arbeit wurden von mir zusammen mit mei-
nem Doktorvater und weiteren Ko-Autoren in folgender Originalarbeit publiziert:
• Schuster M, Wicha LL, Fiege M, Goetz AE. Auslastung und Wechselzeit als
Kennzahlen der OP-Effizienz. Anaesthesist 2007;56:1058-1066.
Die in der Dissertation verwendeten Abbildungen und Tabellen sind zum Teil aus dieser
Arbeit übernommen und sind als solche gekennzeichnet.
Widmung 4
Widmung
Meiner Mutter Gisela Wicha und meinem Vater Dr. rer. nat. Michael Urbach gewidmet.
3.4 Weitere Einflussgrößen der Auslastung ..........................................................24
3.5 Auswirkungen verkürzter Wechselzeiten durch überlappende Einleitung auf die OP-Abläufe ..........................................................................................25
4.5 Einfluss der überlappenden Einleitung auf Überauslastung und Unterauslastung ..............................................................................................49
Abbildung 3: Datenerhebung der Prozessabläufe.................................................22
Abbildung 4: Schematische Darstellung der Einleitungsstrategien .......................26
Abbildung 5: Verteilung der Wartezeit der beiden häufigsten Gründe...................33
Abbildung 6: Korrelationsanalyse von OP-Auslastung (Chirurgische Zeit/Blockzeit) und ungenutzter Zeit .................................................35
Abbildung 7: Korrelationsanalyse von OP-Auslastung (Chirurgische Zeit innerhalb Blockzeit/Blockzeit) und ungenutzter Zeit .........................36
Abbildung 8: Korrelationsanalyse von Wechselzeit (Naht-Schnitt) und Wartezeit ..........................................................................................39
Abbildung 9: Korrelationsanalyse von Wechselzeit (Ende chir. Maßnahmen - Beginn chir. Maßnahmen) und Wartezeit .........................................40
Abbildung 10: Personalbedarf Real, OP-Bereich 1 und 2 .......................................44
Abbildung 11: Personalbedarf KÜ vs. NÜ, OP-Bereich 1........................................45
Abbildung 12: Personalbedarf KÜ vs. NÜ, OP-Bereich 2........................................46
Abbildung 13: Bedarfswahrscheinlichkeiten für KÜ.................................................48
Abbildung 14: Veränderung von Überauslastung und Unterauslastung durch KÜ im Vergleich zu Real ..................................................................50
Abbildung 15: Verminderte Überauslastung und zusätzliche Unterauslastung (in min) durch KÜ im Vergleich zu Real............................................51
Tabellenverzeichnis 8
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Zuordnung der OP-Säle und geplante OP-Blockzeiten nach
Tabelle 3: Produktive Zeiten und Wartezeiten .................................................31
Tabelle 4: Korrelationsanalyse: Ungenutzte Zeit vs. Auslastung ......................37
Tabelle 5: Ergebnisse der multivariaten Regressionsanalyse mit der abhängigen Variable „OP-Auslastung“ .............................................42
Tabelle 6: Einzelbetrachtung der Einflussstärke der unabhängigen Variablen ..........................................................................................43
Tabelle 7: Unterauslastung und Überauslastung in Minuten pro Tag und OP-Saal im Vergleich der Einleitungsstrategien Real und KÜ .............................................................................................49
1 Einleitung 9
1 Einleitung
Infolge der Privatisierung ehemals städtischer und landeseigener Krankenhausbetriebe,
sowie neuer Abrechnungssysteme in der Krankenversorgung, wie der Einführung von
Fallpauschalen zur Bezahlung der Behandlungen, ist der Kostendruck in den Kranken-
häusern stetig gewachsen.
Personal- und Sachkosten des OP-Bereichs sind verantwortlich für mehr als 30% der
Gesamtausgaben in der operativen Medizin (Macario 1995). OP-Kapazitäten sind kos-
tenintensiv und sollten daher optimal genutzt werden. Maßnahmen zur Optimierung von
OP-Prozessabläufen haben eine erhebliche Bedeutung für den ökonomischen Erfolg
von Krankenhäusern. Das Ziel ist hierbei, die Arbeitsabläufe effizienter zu steuern und
Leerzeiten zu verhindern.
Geplante OP-Zeit verursacht fixe Kosten, unabhängig davon ob sie für Operationen
verwendet wird oder nicht (Freytag 2005). Ungenutzte OP-Zeit steht somit einem effi-
zienten Prozessablauf entgegen. Eine Ursache für ungenutzte OP-Zeit sind Wartezei-
ten. Sie entstehen z.B. durch Warten von OP- und Anästhesie-Team auf den Patient,
der verspätet von der Station kommt. OP-Zeit ohne Programm verursacht ebenfalls un-
genutzte Zeit. Sie tritt zwischen zwei Fällen auf, wenn der vorherige früher endet als der
nächste beginnt, oder am Ende des OP-Tages, wenn nach dem letzten Fall noch OP-
Blockzeit vorhanden ist. Zur Bestimmung der Ursachen für Wartezeiten ist eine präzise
Dokumentation notwendig. Dies erfordert manuelle Datenerfassung, möglichst von nicht
in den OP-Alltag involvierten Beobachtern, und bedeutet somit einen hohen Arbeitsauf-
wand.
In verschiedenen Studien wurden Methoden untersucht, die OP-Nutzung effizienter zu
gestalten. Nach Identifizierung der entscheidenden Gründe für Wartezeit im OP (Over-
dyk 1998), führte ein Training aller OP-Mitarbeiter in Bezug auf die für ihren Bereich
spezifischen Ursachen, sowie darauffolgend monatliche Berichte über die aktuelle Situ-
ation, zu einem im Mittel 22 min früheren Beginn des ersten Falls des Tages und zu
einer im Mittel um 16 min verkürzten Wechselzeit. In einer weiteren Studie (Truong
1996) wurde die Wichtigkeit von Pünktlichkeit beim morgendlichen Beginn in Diskussi-
onsrunden der einzelnen Arbeitsgruppen und in Briefen an die Mitarbeiter verdeutlicht.
Ein verspäteter morgendlicher Beginn konnte dadurch von 15,73 ± 4,56 min auf 10,54 ±
1 Einleitung 10
3,92 min reduziert werden. Mathematische Modelle zur Verbesserung der OP-
Kapazitätsplanung wurden untersucht. Mit ihrer Hilfe konnte eine Senkung der Perso-
nalkosten um mehr als 10% (Freytag 2005), sowie eine Verminderung der Differenz
zwischen Ziel-OP-Blockzeit und tatsächlich allozierter OP-Blockzeit im OP-Plan (Blake
2002) erreicht werden. Die Computersimulation eines OP-Saals (Tyler 2003) zur Be-
stimmung der optimalen Auslastung führte zu dem Ergebnis, dass die geplante Zielaus-
lastung für eine optimale Nutzung der Kapazitäten zwischen 85% und 90% liegen sollte.
Eine höhere Auslastung war nur auf Kosten von Überstunden und längeren Wartezeiten
der Patienten möglich, wenn nicht parallel die Variabilität der Falldauern gesenkt wer-
den konnte. Durch Einführung einer internen Leistungsverrechnung, mittels der die chi-
rurgische Abteilung die Leistungen der Anästhesiologen ausschließlich auf Basis der
chirurgisch kontrollierten Zeit vergüteten, wurde die finanziell nicht rentable anästhesio-
logisch kontrollierte Zeit signifikant von 40,4 ± 23,5 min im Jahr 1998 auf 34,3 ± 21,7
min im Jahr 2003 verkürzt (Schuster 2005). Die chirurgisch kontrollierte Zeit wurde e-
benfalls signifikant reduziert von 121,30 ± 111,53 min im Jahr 2000 auf 107,20 ± 105,
21 min im Jahr 2002 (Kuntz 2005).
Eine weitere Möglichkeit zur Optimierung des Arbeitsablaufs bieten organisatorische
und strukturelle Veränderungen des OP-Bereichs. Wurden zeitintensive Regionalanäs-
thesien (Armstrong 2004) in zusätzlichen Räumen durchgeführt, betrug die mittlere a-
nästhesiologisch kontrollierte Zeit 11,4 min. Fand die Regionalanästhesie erst im OP-
Saal statt, belief sich die mittlere anästhesiologisch kontrollierte Zeit auf 32,9 min. Willi-
ams (2000) verglich in seiner Studie die in einem zusätzlichen Raum erfolgte Regional-
anästhesie mit einer im OP-Saal durchgeführten Allgemeinanästhesie. Hier betrug die
anästhesiologisch kontrollierte Zeit 11,4 ± 1,3 min, im Gegensatz zu der Allgemeinanäs-
thesie, die eine mittlere anästhesiologisch kontrollierte Zeit von 20,3 ± 1,2 min erforder-
te. Das zielgerichtete Neudesign eines OP-Saals, durch bauliche und technische Maß-
nahmen, wie die Einleitung und Ausleitung direkt an den OP-Saal anzubinden, durch-
gängiges Monitoring während der verschiedenen Arbeitsprozesse zu schaffen und den
OP-Saal optimal mit chirurgischen Arbeitsgeräten auszustatten, führte zusammen mit
einer Neustrukturierung der anästhesiologischen Prozesse zu einer Verkürzung der
nicht operativen Zeit von 67 ± 3 min auf 38 ± 2 min je Fall (Sandberg 2005). Überlap-
pende Einleitungen, d.h. der folgende Patient wurde eingeleitet, während die Operation
des vorherigen Patienten noch andauerte, wurden durch zusätzliche Anästhesieteams
1 Einleitung 11
ermöglicht und führten ebenfalls zu einer Verringerung der nicht operativen Zeit, der
anästhesiologisch kontrollierten Zeit und der Wechselzeit (Torkki 2005, Hanss 2005).
Um den Erfolg dieser Maßnahmen messen zu können und für die Steuerung von OP
Prozessen, werden Kennzahlen benötigt. Denz (2007) zeigte in seiner Studie den er-
heblichen Bedarf an Verbesserungen in der Organisation des OP-Ablaufs, unabhängig
von einem zentralen oder dezentralen OP-Management. Dies kann vor allem durch eine
verbesserte direkte Steuerung und Koordination der Arbeitsprozesse durch Kennzahlen
erreicht werden. Diese müssen objektiv, für alle Beteiligten nachvollziehbar und mit
möglichst geringem Aufwand zu generieren sein. Üblicherweise werden sie daher auf
Basis der Daten der OP-Datenmanagementsysteme erstellt. Die Aufgabe dieser Kenn-
zahlen ist es, die Effizienz der Abläufe zu quantifizieren.
Am häufigsten verwendet werden hierfür die Prozesskennzahlen OP-Auslastung und
Wechselzeit:
• Die Auslastung beschreibt das Verhältnis von tatsächlich genutzter OP-Zeit zu
der zur Verfügung stehenden OP-Blockzeit.
• Die Wechselzeit beinhaltet den Zeitraum zwischen Ende des vorherigen chirurgi-
schen Falls bis zum folgenden chirurgischen Fall. Sie schließt anästhesiologi-
sche Prozesszeiten, wie Einleitung und Ausleitung, aber auch Reinigung des
OP-Saals und Vorbereitung der Instrumente mit ein. Ein Großteil der Wartezeit
entsteht während dieses Intervalls (Overdyk 1998, Escobar 2006).
Trotz der häufigen Verwendung von Auslastung und Wechselzeit als Kennzahl, unter
der Annahme damit die Güte der Prozessabläufe messen zu können, ist die wissen-
schaftliche Evidenz hierzu eher gering (Schuster 2007a). In der vorliegenden Arbeit wird
untersucht, inwiefern Auslastung und Wechselzeiten geeignet sind, ungenutzte Zeiten
im OP-Tagesablauf zu detektieren. Hierbei liegt die Annahme zu Grunde, dass unge-
nutzte Zeit in Form von OP-Leerstand (d.h. Blockzeit ohne OP-Programm) und als War-
tezeit entstehen kann. Der Zusammenhang von diesen beiden Formen ungenutzter OP-
Zeit mit den Prozesskennzahlen Auslastung und Wechselzeit wird in der vorliegenden
Arbeit an Hand einer umfangreichen Prozessanalyse des Zentral-OPs einer Universi-
tätsklinik detailliert untersucht.
Von einigen Autoren werden überlappende Einleitungen als wesentliche anästhesiolo-
gische Intervention zur Reduktion der Wechselzeiten vorgeschlagen. Hierdurch sei eine
1 Einleitung 12
Verbesserung der OP-Effizienz möglich (Hanss 2005, Torkki 2005). Daher wurden im
Weiteren die empirisch gewonnen Daten der Prozessanalyse genutzt, um mittels eines
Simulationsmodells zu untersuchen, welchen Einfluss verschiedenen Strategien des
anästhesiologischen Prozessmanagements auf die Abläufe im OP haben.
2 Arbeitshypothese und Fragestellung 13
2 Arbeitshypothese und Fragestellung
Gegenstand der hier vorliegenden Untersuchung ist es, an Hand von empirischen Da-
ten den Zusammenhang der Kennzahlen „Auslastung“ und „Wechselzeit“ mit ungenutz-
ter Zeit im OP im Detail zu analysieren und mögliche Einflussfaktoren zu beschreiben.
Im Einzelnen wurden folgende Fragen untersucht:
• Welche Ursachen für Wartezeit sind im OP-Ablauf von besonderer Bedeutung?
• Kann die Auslastung als Maß für die ungenutzte OP-Zeit oder die OP-Zeit ohne
Programm innerhalb der Blockzeit verwendet werden?
• Besteht ein reproduzierbarer Zusammenhang zwischen Auslastung und Warte-
zeit, respektive zwischen Wechselzeit und Wartezeit?
• Welche weiteren Faktoren haben Einfluss auf die Auslastung?
Die Reduktion der Wechselzeiten mittels überlappender Einleitung ist eine wiederkeh-
rende Forderung der Krankenhausleitungen und der operativen Disziplinen. Daher soll-
te als zweiter Aspekt mittels eines einfachen Simulationsmodells auf Basis der zuvor
gewonnenen empirischen Daten die Folgen überlappender Einleitungen bezüglich Aus-
lastung und Ressourcenbedarf untersucht werden.
Hierbei wurden im Einzelnen folgende Fragen untersucht:
• Wie hoch ist der Mehrbedarf an Personal, um in zwei exemplarischen OP-
Bereichen überlappende Einleitungen gewährleisten zu können?
• Wie verteilt sich ein möglicher Mehrbedarf an Personal über den Tag?
• Wird durch die überlappende Einleitung ein zeitgerechtes Ende des OP-
Programms ermöglicht und damit Überauslastung und Überstunden eingespart?
• Entsteht durch überlappende Einleitungen möglicherweise zusätzliche OP-Zeit
innerhalb der Blockzeit?
Ziel der Arbeit ist es damit, die Grundlagen zur Steuerung von OP-Prozessen und für
Management-Entscheidungen bezüglich Ressourcenallokationen auf eine bessere Ba-
sis zu stellen.
3 Material und Methoden 14
3 Material und Methoden
3.1 Setting der Studie und Charakteristiken des unt ersuchten OP-
Bereichs
Die vorliegende Studie fand mit Genehmigung der Ethikkommission der Ärztekammer
Hamburg statt. Während eines 8-wöchigen Zeitraums, vom 24. April bis 16. Juni 2006,
wurden prospektiv die Abläufe im Zentral-OP des Universitätsklinikums Hamburg-
Eppendorf erfasst. In diesem Zentral-OP sind neun OP-Säle auf zwei miteinander ver-
bundenen Ebenen angeordnet, Abbildung 1 und 2 zeigen die Lagepläne der einzelnen
OP-Ebenen. Jeder OP-Saal verfügte über einen komplett ausgestatteten Einleitungs-
raum, die Ausleitungsräume waren zum Teil zwei Sälen, zum Teil einzelnen Sälen zu-
geordnet. Ein- und Ausleitung konnten also unabhängig von der Belegung des OP-
Saals stattfinden, zudem bestand die Möglichkeit, bei ausreichend Personalressourcen,
die Einleitungen überlappend zu gestalten. Überlappende Einleitung bedeutet, dass die
Anästhesie des folgenden Patienten so rechtzeitig beginnt, dass er bei Ende der vorhe-
rigen Operation bereits von der Anästhesie freigegeben werden kann (Schuster 2006).
Folgende chirurgischen Disziplinen nutzten den Zentral-OP:
• Hepatobiliäre Chirurgie inklusive der Transplantationschirurgie,
• Thorax-Herz-Gefäß Chirurgie inklusive der pädiatrischen Thorax-Herz-Gefäß
Chirurgie.
3 Material und Methoden 15
OP 4 OP 3 OP 2 OP 1 SCH
E 4 A 4 E 3 E 2 A 1/2 E 1
OP 4
A 3
AWR
Abbildung 1: OP-Ebene 1 Der Lageplan der OP-Ebene 1 zeigt vier OP-Säle, jeder verfügt über einen direkt angebundenen Einlei-tungsraum. OP-Saal 1 und 2 teilen sich einen Ausleitungsraum, Saal 3 und 4 sind jeweils eigene Auslei-tungsräume zugeordnet. Zudem sind Schleuse und Aufwachraum ersichtlich. OP 1-4 = OP-Saal 1-4; E 1-4 = Einleitungsraum 1-4; A 1-4 = Ausleitungsraum 1-4; AWR = Aufwachraum; SCH = Schleuse.
3 Material und Methoden 16
OP 5 OP 4 OP 3 OP 2 OP 1
E 5 E 4 E 3 E 2 E 1A 4/ 5 A 2/3
AWR
SCH
Abbildung 2: OP-Ebene 2 Der Lageplan der OP-Ebene 2 zeigt fünf OP-Säle, jeder verfügt über einen direkt angebundenen Einlei-tungsraum. Der OP-Saal 1 besitzt keinen eigenen Ausleitungsraum, Saal 2 und 3, sowie Saal 4 und 5 teilen sich jeweils einen Ausleitungsraum. Zudem sind Schleuse und Aufwachraum ersichtlich. OP 1-4 = OP-Saal 1-4; E 1-4 = Einleitungsraum 1-4; A 1-4 = Ausleitungsraum 1-4; AWR = Aufwachraum; SCH = Schleuse.
3 Material und Methoden 17
Die OP-Blockzeit in dieser Studie ist die geplante, reguläre Zeitspanne, die für die Fälle
einer chirurgischen Disziplin an einem Tag in einem Saal zur Verfügung stand. Dies
beinhaltete somit nicht nur chirurgische Prozesse und Zeiten, sondern auch anästhesio-
logische Prozesse und Zeiten. Die reguläre Blockzeit der OP-Säle während der Daten-
erhebung war für fünf OP-Säle von Montag bis Freitag von 7:00 bis 20:00, in den ande-
ren vier OP-Sälen von 7:00 bis 15:30, zusätzlich lief einer dieser vier Säle von Dienstag
bis Donnerstag weiter bis 20:00. Für die einzelnen Fachdisziplinen bestanden fest zu-
geteilte OP-Blockzeiten. Die Zuteilung der OP-Blockzeiten beruhte hauptsächlich auf
historischen Gegebenheiten. So stand z.B. der Allgemeinchirurgie montags ein OP-Saal
mit einer Blockzeit von 7:00 bis 15:30 zur Verfügung sowie zwei OP Säle mit einer OP-
Block-Zeit von 7:00 bis 20:00 Uhr. Die Verteilung der Blockzeiten auf die Disziplinen
kann der Tabelle 1 entnommen werden. Aus verschiedenen Gründen wurde die Zutei-
lung der OP-Blockzeit jedoch nicht immer eingehalten, z.B. aufgrund kurzfristig abge-
sagter Fälle, stattfindender Konferenzen oder weil wegen eines Notfalls eine chirurgi-
sche Disziplin mehr Blockzeit beanspruchte als vorgesehen.
3 Material und Methoden 18
Tabelle 1: Zuordnung der OP-Säle und geplante OP-Bl ockzeiten nach Fachdiszip-linen 1
Fachrichtung OP-Ebene OP-Saal Montag Dienstag Mittw och Donnerstag Freitag
1 Die Zuordnung der Anzahl von langen (7:00-20:00) und kurzen (7:00-15:30) Sälen pro Tag war wäh-
rend der Studie für jede Woche gleich. Innerhalb der Fachdisziplinen wurden lange und kurze Säle je-doch räumlich flexibel disponiert, z.B. in der Allgemeinchirurgie Saal 4/Ebene 1 als langer Saal statt Saal 1/Ebene 2.
3 Material und Methoden 19
3.2 Methodik der Datenerhebung
Die Abläufe in den neun OP-Sälen wurden für die gesamte Regel-OP-Blockzeit (Tab. 1)
für jeden OP-Saal an jedem Studientag von unabhängigen Beobachtern in 5-Minuten-
Intervallen erfasst. Hierzu wurden alle Abläufe mittels eines von insgesamt 31 Schlüs-
seln dokumentiert, welche die einzelnen Abläufe im OP widerspiegelten. Unterschieden
wurde hierbei in unproduktive und produktive Zeit. Als unproduktive Zeit wurde Warte-
zeit (z.B. Wartezeit auf den Patient) und Zeit ohne OP-Programm (wie sie z.B. zwischen
zwei Fällen auftreten kann) erfasst. Die produktive Zeit umfasste sämtliche anästhesio-
logische und chirurgische Arbeitsvorgänge im OP-Saal. Die produktiven Arbeitsprozes-
se wurden unterschieden in anästhesiologisch und chirurgisch kontrollierte Zeit. Die
chirurgisch kontrollierte Zeit wird definiert (Dexter 1995) als der Zeitraum zwischen Be-
ginn der Lagerung und/oder Hautdesinfektion und dem Vollenden der chirurgischen
Verbände und umfasst damit den eigentlichen chirurgischen Eingriff. Die anästhesiolo-
gisch kontrollierte Zeit umfasst die zwei Zeiträume vor und nach der chirurgisch kontrol-
lierten Zeit (Dexter 1995). Die erste Zeitspanne beginnt mit der Vorbereitung zur Einlei-
tung, und dauert an bis der Patient dem chirurgischen Personal zur Lagerung und
Hautdesinfektion übergeben wird. Die zweite Zeitspanne beginnt nach den chirurgi-
schen Verbänden und dauert bis zur Übergabe des Patienten im Aufwachraum bzw. auf
der Intensivstation. Für die produktive Zeit wurden elf Schlüssel verwendet, die sich an
der publizierten Terminologie orientieren (Donham 1998, Kuss 2006):
• Anästhesie-Vorbereitung Funktionsdienst,
• Anästhesie-Vorbereitung Arzt,
• Anästhesie-Einleitung,
• Chirurgie-Lagerung,
• Chirurgie-Abwaschen,
• Chirurgie Schnitt-Naht,
• Chirurgie Verband/chirurgische Nachbereitung,
• Anästhesie-Ausleitung,
• Saalreinigung,
3 Material und Methoden 20
• Benchen (Splitten der Leber für Transplantation)
• und sonstige Tätigkeit.
Die Wartezeit wurde gemäß früherer Arbeiten (Overdyk 1998) und eigener Analyse in
insgesamt 20 Schlüsseln erfasst.
Als Anästhesiologie bezogen wurden folgende Wartezeiten erfasst:
• kein Anästhesist verfügbar,
• fehlende Unterlagen Anästhesiologie,
• anästhesiologisches Material/Geräte nicht verfügbar/defekt,
• Patient nicht prämediziert bzw. laufende Prämedikation,
• kein Funktionsdienst Anästhesie verfügbar,
• Unklarheiten zum Anästhesieverfahren,
• Anästhesist wegen Notfall abwesend.
Als Chirurgie bezogene wurden folgende Wartezeiten erfasst:
• kein entscheidungsberechtigter Operateur verfügbar,
• kein Funktionsdienst OP verfügbar,
• Tischaufbau,
• chirurgisches Material/Geräte nicht verfügbar/defekt,
• fehlende Unterlagen Chirurgie,
• Lagerung unklar.
Organisatorisch bedingte Wartezeiten wurden erfasst als:
• Unklarheit über nächsten Patient,
• Patient ist nicht im OP verfügbar,
• Saal nicht verfügbar (nicht gereinigt, technischer Defekt),
• Warten auf Notfall,
• Intensivstation nicht aufnahmebereit,
• Intensivbettenzusage offen,
3 Material und Methoden 21
• nicht näher definierte Wartezeit.
Ein Schlüssel wurde der OP-Zeit ohne Programm zugeordnet, ebenso wurde die Über-
auslastung mit einem Schlüssel erfasst. Das Bespiel eines Datenerhebungsblattes ist in
Abbildung 3a abgebildet.
OP-Saal und Einleitungsraum sind in dem konkreten Setting des untersuchten Zentral-
OPs in ihren Abläufen eng miteinander verbunden. In der Regel wird die Anästhesie im
Einleitungsraum begonnen: der Patient wird zunächst vom Anästhesie-Funktionsdienst
an die Überwachungsgeräte (EKG, Blutdruckmessung, O2-Sättigung) angeschlossen
und für die weitere Anästhesie vorbereitet (z.B. durch das Legen von venösen oder ar-
teriellen Zugängen), der Anästhesist beginnt nach Studium der Patientenunterlagen mit
der Narkoseeinleitung, der Patient wird intubiert und an das Beatmungsgerät ange-
schlossen, danach folgen eventuell weitere Vorbereitungen durch den Arzt, wie z.B. das
Legen eines Zentralvenenkatheters. Nach vollendeter Einleitung beginnt meist schon im
Einleitungsraum die Lagerung des Patienten durch den OP-Funktionsdienst und die
Operateure. Daraufhin wird der Patient von den Überwachungsgeräten und dem Beat-
mungsgerät im Einleitungsraum dekonnektiert und auf dem fahrbaren OP-Tisch in den
OP-Saal geschoben. Dort wird der Patient an das Beatmungsgerät und die Überwa-
chungsgeräte des OP-Saals angeschlossen. Im OP-Saal erfolgt die endgültige Lage-
rung und Hautdesinfektion. Die Arbeitsabläufe in OP-Saal und Einleitungsraum sind eng
miteinander verzahnt, daher wurden beide Räume für die Auswertung zu einem virtuel-
len Raum zusammengefasst. Die konsekutiven Arbeitsschritte aus zwei Räumen sind
somit in einem dargestellt. Entstand die Situation, dass in beiden Räumen parallel Ar-
beitsprozesse abliefen (Beginn der nächsten Narkose im Einleitungsraum während die
Vor-OP noch andauerte, z.B. um Wechselzeiten zu verkürzen), dominierte der Schlüs-
sel des vorherigen Falls den des folgenden. Das Excel-Blatt, welches die Arbeitspro-
zesse in diesen virtuellen OP-Sälen wiederspiegelt, wird in Abbildung 3b gezeigt. War
ein OP-Saal geplant für einen Tag geschlossen, z.B. aufgrund eines reduzierten Pro-
gramms aus personellen Gründen, wurde er für diesen Tag von der Studie ausge-
schlossen.
3 Material und Methoden 22
[[[[3a]]]]
[[[[3b]]]]
Abbildung 3: Datenerhebung der Prozessabläufe Gezeigt sind die Excel-Blätter der Datenerhebung. Abb. 3a zeigt das Blatt mit Hilfe dessen jeder Pro-zessschritt in jedem OP-Saal und dem dazu gehörenden Einleitungsraum durch einen Schlüssel2 in 5-Minuten Intervallen erfasst wurde. Abb. 3b zeigt das Blatt nachdem jeweils OP-Saal und Einleitungsraum zu einem virtuellen Raum zusammengefasst wurden. Jeder Prozessschritt in jedem virtuellen OP-Saal ist durch einen Schlüssel in 5-Minuten Intervallen dargestellt, bei parallelen Arbeitsprozessen in beiden Räumen dominierte der Schlüssel des vorherigen Falls den des folgenden.
Schnitt-Naht-Zeit und Verbände) als Dividend verwendet. Diese ist gleichzuset-
zen mit der chirurgisch kontrollierten Zeit (Dexter 1995).
Um einen Einfluss der Definition auf die Ergebnisse der Studie auszuschließen, wurden
die Ergebnisse hier mit beiden Definitionen getrennt berechnet.
Eine hohe Auslastung zeigt in der Regel einen hohen Nutzungsgrad der zugeteilten
Blockzeit an. Wird am Ende des Tagesprogramms die Blockzeit überschritten, da die
Operation nicht rechtzeitig fertig wird, kommt es zu sogenannter Überauslastung. Wird
hier die gesamte chirurgische Zeit durch die Blockzeit dividiert, kommt es zu einer ver-
meintlich gesteigerten Auslastung. Überauslastung erhöht also nominell die Auslastung,
ist aber negativ zu sehen, da sie aufgrund der zu bezahlenden Überstunden zu einem
finanziellen Mehraufwand führt und zur Frustration der Mitarbeiter beiträgt. Darüber hin-
aus entstehen ausgeprägte organisatorische Probleme für das OP-Management
(Schuster 2007a). Die Alternative ist, nur die in der Blockzeit stattfindende chirurgische
Zeit als Dividend zu verwenden. Hierzu wird von der gesamten chirurgischen Zeit der
Anteil bestimmt, der sich außerhalb der zugeteilten OP-Blockzeit befindet, und dann
subtrahiert. In dieser Studie wurden beide Auslastungsraten berechnet.
Wechselzeit ist die Zeit zwischen dem Ende der vorherigen OP und dem Beginn der
folgenden OP, wobei in der Literatur erhebliche Unterschiede existieren, wie diese Zeit-
punkte zu definieren sind (Donham 1998).
In dieser Studie wurden die Wechselzeiten auf zwei verschiedene Arten erfasst:
3 Material und Methoden 24
• Wechselzeit auf Basis der chirurgischen Zeit. Die Wechselzeit ist hier der Zeit-
raum zwischen Ende der chirurgischen Zeit des vorherigen Patienten (Ende der
Verbände) und Beginn der chirurgischen Zeit des folgenden Patienten (Ende der
Anästhesie-Einleitung). Wechselzeit und chirurgische Zeit sind hierbei klar von-
einander abgegrenzt.
• Wechselzeit auf Basis der Schnitt-Naht-Zeit. Die sogenannte Naht-Schnitt-Zeit
ist definiert als der Zeitraum zwischen Ende der Hautnaht des vorherigen Pati-
enten bis zum Hautschnitt des folgenden Patienten. Die Naht-Schnitt-Zeit lässt
sich jedoch nicht eindeutig von der chirurgischen Zeit abgrenzen, da chirurgi-
sche Arbeitsprozesse (Lagerung, Hautdesinfektion und Verbände) zum Teil der
Wechselzeit werden (Schuster 2007a). Sie schließt die gesamte Zeit zwischen
zwei Fällen ein, und nicht nur die Zeitspanne für die Reinigung und Vorbereitung
des OP-Saals, da wesentliche Verzögerungen schon vor dem eigentlichen
Hautschnitt in der chirurgischen Zeit entstehen (Overdyk 1998, Escobar 2006).
Wechselzeit ist Artefakt-anfällig, wenn Zeit ohne OP-Programm zwischen zwei Fällen
entsteht. Dies ist aus zwei Gründen möglich:
• der nachfolgende Fall beginnt aus organisatorischen Gründen viel später, als
der vorangegangene endet (z.B. wegen mangelnder Verfügbarkeit von Personal
oder technischem Gerät).
• zusätzliche Fälle treten auf, nachdem der OP-Saal eigentlich schon für den Tag
geschlossen war.
In beiden Fällen führt dies zu falsch hohen Wechselzeiten. Die Wechselzeiten aller be-
obachteten Fälle wurden erfasst und zusätzlich die Wechselzeiten der rein konsekuti-
ven Fälle (Wechselzeiten von wirklich aufeinander folgenden Fällen, keine OP-Zeit oh-
ne Programm zwischen zwei Fällen) berechnet. Berichtet werden beide Ergebnisse.
3.4 Weitere Einflussgrößen der Auslastung
Weitere Faktoren können die Auslastung eines OP beeinflussen: der jeweilige Wochen-
tag (Dexter 1999b), die operierende Fachdisziplin, die durchschnittliche Falldauer
(Schuster 2007a) oder die Anzahl der Wechsel. Um den Einfluss der verschiedenen
Faktoren auf die Auslastung als abhängige Variable zu analysieren wurde eine multiva-
3 Material und Methoden 25
riate „stepwise forward“-Regressionsanalyse mit folgenden unabhängigen Variablen
durchgeführt:
• chirurgische Disziplin,
• durchschnittliche Dauer der chirurgischen Zeit pro Tag,
• Anzahl der OPs pro Tag,
• Wochentag,
• Dauer der verfügbaren Blockzeit,
• Anteil der Zeit ohne Programm von der verfügbaren Blockzeit,
• Anteil der Wartezeit von der verfügbaren Blockzeit.
3.5 Auswirkungen verkürzter Wechselzeiten durch übe rlappende
Einleitung auf die OP-Abläufe
Überlappende Einleitung bedeutet, dass die Anästhesie des folgenden Patienten so
rechtzeitig begonnen wird, dass er bei Ende der vorherigen Operation bereits von der
Anästhesie freigegeben werden kann (Schuster 2006). Bestenfalls kann hier die durch
die Einleitung entstehende Wartezeit vollständig eingespart oder zumindest reduziert
werden.
Um die Auswirkungen überlappender Einleitungen und somit schneller Wechselzeiten
auf die OP-Abläufe zu untersuchen, wurden mittels eines Simulationsmodells folgende
drei Strategien der Narkoseeinleitung verglichen:
• Real.
Hier wurde die reale Einleitungssituation widergespiegelt. Sie ergab sich durch
die während des 2-wöchigen Untersuchungszeitraums im Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf erhobenen Prozessablauf-Daten. Bei ausreichend Perso-
nalressourcen fanden teilweise bzw. komplett überlappende Einleitungen statt,
zum Teil aber auch nicht überlappende Einleitungen.
• Komplett überlappend (KÜ).
Bei einer komplett überlappenden Narkoseeinleitung ist die Narkoseeinleitung
des folgenden Patienten bei Ende der Hautnaht des vorherigen Falls vollendet.
3 Material und Methoden 26
Die Vorbereitung und Lagerung des Patienten durch das chirurgische Team im
Einleitungsraum gibt den Reinigungskräften Zeit den OP-Saal zu säubern. Die
Wechselzeit auf Basis der chirurgischen Zeit liegt hier bei Null.
• Nicht überlappend (NÜ).
Für den Fall der nicht überlappenden Einleitung galt die Annahme, dass pro OP-
Saal und dem dazu gehörendenden Ein- und Ausleitungsraum je genau ein A-
nästhesist verfügbar war. Die Einleitung des nächsten Patienten konnte erst be-
ginnen, wenn der Anästhesist den vorherigen Patienten extubiert und im Auf-
wachraum bzw. auf der Intensivstation übergeben hatte.
Eine schematische Darstellung der drei Strategien ist in Abbildung 4 ersichtlich:
OP-Blockzeit
Komplett überlappend (KÜ):
Fall 2Fall 1 Fall 3 Fall 4
Einleitungsraum: E 1 E 4E 3E 2
OP-Saal:
A 1 A 2 A 3 A 4Ausleitungsraum:
Fall 4
Nicht überlappend (NÜ):
E 1
Fall 3Fall 2Fall 1
A 1
E 2
A 2
E 3
A 3
E 4Einleitungsraum:
OP-Saal:
Ausleitungsraum:
Real:
Fall 2 Fall 3 Fall 4Fall 1
E 1 E 2
A 1
E 3 E 4
A 2 A 3 A 4
Einleitungsraum:
OP-Saal:
Ausleitungsraum:
Abbildung 4: Schematische Darstellung der Einleitun gsstrategien Bei der realen Einleitungsstrategie sind sowohl komplett, als auch teilweise oder nicht überlappende Ein-leitungen möglich. Bei KÜ ist der folgende Patient bei Ende des vorherigen Falls bereits eingeleitet, der OP-Saal ist nahtlos durch chirurgische Zeit gefüllt; bei NÜ kann die folgende Narkose-Einleitung erst nach Ende des vorherigen Falls begonnen werden. Real = reale Einleitung; KÜ = komplett überlappende Einleitung; NÜ = nicht überlappende Einleitung; E 1-4 = Einleitung 1-4; A 1-4 = Ausleitung 1-4.
3 Material und Methoden 27
Auf Grundlage der erhobenen Prozessablauf-Daten aus einem 2-wöchigen Zeitraum (8.
bis 19. Mai 2006) wurde das Simulationsmodell in Excel erstellt. Ziel war es, zu simulie-
ren, welchen Einfluss Veränderungen in der Ablauforganisation auf die Prozesszeiten,
die Auslastung und den Ressourcenbedarf haben würden. Verwendet wurden die rea-
len Prozessablauf-Daten, welche die Abläufe im Einleitungsraum, im OP-Saal, sowie im
Ausleitungsraum als getrennte Räumlichkeiten zeigten. Für jede Lokalität war für jedes
5-Minuten Intervall der jeweilige Arbeitsprozess oder die Wartezeit dokumentiert. So
konnte z.B. im Einleitungsraum gerade die Narkoseeinleitung des folgenden Patienten
durchgeführt werden, während gleichzeitig im OP-Saal die neuen Instrumente vorberei-
tet wurden und im Ausleitungsraum der vorherige Patient extubiert wurde.
Um die Strategie KÜ zu simulieren, wurde in dem realen OP-Ablaufplan der jeweils fol-
gende Fall auf der Zeitachse manuell so weit nach vorne verschoben, dass dessen Ein-
leitung mit dem Ende der chirurgischen Nachbereitung des vorherigen Patienten ab-
schloss. Eventuelle Wartezeiten in der Wechselzeit wurden somit eliminiert. Dem ent-
sprechend begannen und endeten auch die zugehörigen OP- und Ausleitungsdaten
früher und der OP-Saal war durchgehend mit chirurgischer Zeit gefüllt (s. Abb. 4). Durch
diese „Raffung“ der Prozesse konnte es zu einer Steigerung der Zeit ohne Programm
am Ende der OP-Blockzeit kommen bzw. zu einer verminderten Überauslastung. Diese
wurde im Vergleich zu den realen Daten berechnet. Da die Strategie KÜ, wie leicht zu
ersehen, zu einer Zunahme der parallelen Prozesse und damit des Personalbedarfes
führt, wurde getrennt für jedes 5-Minuten Intervall, die Anzahl der benötigten Anästhe-
sie-Teams berechnet.
Die Strategie NÜ wurde wie folgt simuliert: Als Grundlage dienten wieder die realen OP-
Ablaufdaten. Manuell wurde der jeweils folgende Fall zeitlich so weit nach hinten ver-
schoben bis der für den OP-Saal zuständige Anästhesist, nach Übergabe des vorheri-
gen Falls, wieder verfügbar für die Einleitung war. Es durfte also in jedem 5-Minuten-
Intervall immer nur genau ein Anästhesie-Team gebunden sein. Dies führte im Ver-
gleich zur realen Situation zu einer „Dehnung“ des Ablaufes. Die erhöhte Überauslas-
tung, entstanden durch die nur konsekutiv mögliche Bearbeitung der Fälle, wurde in
Bezug auf die realen Ablaufdaten berechnet und der Personalbedarf wurde wiederum
für jedes 5-Minuten Intervall bestimmt.
Für alle drei Strategien wurde der Bedarf an Anästhesie-Teams für jedes 5-Minuten In-
tervall getrennt bestimmt und hinterher die einzelnen Bedarfe miteinander verglichen.
3 Material und Methoden 28
Zusätzlich wurden die durchschnittliche Unterauslastung (OP-Blockzeit ohne Programm
am Ende des Tages) und Überauslastung (d.h. Tätigkeit nach Ende der Blockzeit) pro
OP-Saal und Tag in Minuten errechnet und die drei Strategien miteinander verglichen.
3.6 Statistik
Die Daten-Analyse erfolgte mit Microsoft Excel 2002 (Microsoft, Redmond, USA) und
SPSS 13.0 (SPSS, Chicago, USA). Wenn nicht anders angegeben, wird der arithmeti-
sche Mittelwert ± Standardabweichung angezeigt. Für die Korrelationsanalyse wurden
Spearman´s Rangkorrelationskoeffizient rs und der dazugehörige p-Wert berechnet.
Die multivariate Regressionsanalyse wurde durchgeführt als lineare „stepwise forward“-
Regression mit der Auslastung (chirurgische Zeit innerhalb der Blockzeit/Blockzeit) als
abhängiger Variable und den folgenden unabhängigen Variablen: chirurgische Disziplin,
durchschnittliche chirurgische Zeit pro Tag, Anzahl der OPs pro Tag, Wochentag, Dauer
der Blockzeit, Anteil der Zeit ohne Programm und Anteil der Wartezeit.
Der Vergleich der Mittelwerte des kalkulatorischen Personalbedarfs der beiden Einlei-
tungsstrategien KÜ und NÜ zu den untersuchten Zeitpunkten wurde mittels des Mann-
Whitney-U-Test getestet. Ein p-Wert ≤0,05 wurde als signifikant angesehen.
4 Ergebnisse 29
4 Ergebnisse
Im Zentral-OP des UKE wurden während der Datenerhebung insgesamt 790 Fälle
durchgeführt, die im Rahmen der Studie untersucht und dokumentiert wurden. Weiter-
führende Informationen zu den Patienten und zu ihrer Verteilung auf die einzelnen
Fachdisziplinen sind in Tabelle 2 dokumentiert. Die Allgemeinchirurgie erreichte die
höchste Fallzahl der vier Disziplinen. In allen Disziplinen wurden Patienten aller ASA-
Klassen behandelt, und in allen Disziplinen fanden sich Patienten aller Altersklassen,
vom Neugeborenen bis zum sehr alten Menschen. Der überwiegende Teil der Patienten
wurde elektiv operiert, einige Fälle erforderten jedoch auch einen zeitnahen bzw. sofor-
tigen Eingriff. Die durchschnittlich längsten chirurgischen Zeiten wurden in der Hepato-
biliären Chirurgie sowie in der Thorax-Herz-Gefäß Chirurgie benötigt, die mittleren A-
nästhesiepräsenzzeiten waren dort ebenfalls am längsten.
Die Gesamtsumme der untersuchten und dokumentierten OP-Blockzeit betrug 3501
Stunden. Diese setzten sich zusammen aus 3000,1 Stunden (85,7% der Gesamtzeit)
produktiver Tätigkeiten, also anästhesiologisch oder chirurgisch kontrollierter Zeit, und
500,9 Stunden ungenutzter OP-Zeit. Die ungenutzte OP-Zeit lässt sich unterteilen in
268,8 Stunden (7,7% der Gesamtzeit) Zeit ohne Programm und 232,1 Stunden (6,6%
der Gesamtzeit) Wartezeit. Die genaue Verteilung der einzelnen Arbeitsprozesse und
Wartezeiten auf die gesamten OP-Stunden zeigt Tabelle 3.
Der Großteil der produktiven Zeit wurde von der chirurgischen Schnitt-Naht-Zeit (58,2%
der Gesamtzeit) eingenommen, die anästhesiologischen Prozesszeiten hatten einen
Anteil von 13,1% an der Gesamtzeit. In weniger als 4% der beobachteten Fälle wurden
Operationen in Lokalanästhesie ohne Anwesenheit eines Anästhesisten durchgeführt.
Als Hauptursache für Wartezeiten erwies sich die fehlende Verfügbarkeit des Patienten
im OP (1,9% der Gesamtzeit). Dass der Patient nicht rechtzeitig im OP-Saal eintraf,
konnte z.B. an begrenzten Patienten-Transportmöglichkeiten liegen. Die nächstfolgen-
den Gründe für Wartezeit waren Warten auf den Anästhesisten (1% der Gesamtzeit),
welches der Anästhesiologie bezogenen Wartezeit zuzuordnen ist sowie Warten auf
den Chirurgen (0,9% der Gesamtzeit) und auf den OP-Funktionsdienst (0,8% der Ge-
samtzeit), welche zur Chirurgie assoziierten Wartezeit gehörten.
3 Übernommen aus Schuster 2007b; 4 Patienten die in Lokalanästhesie operiert wurden ohne Beteiligung der Anästhesiologie; 5 chirurgisch kontrollierte Zeit inklusive Lagern, Abwaschen, Schnitt-Naht-Zeit und Verband; 6 Patienten-bezogene Anästhesiepräsenzzeit, inklusive Vorbereitung des Patienten, Einleitung, OP Zeit, Ausleitung
Abbildung 5: Verteilung der Wartezeit der beiden hä ufigsten Gründe Dargestellt sind die Wartezeiten (in min) je Tag und OP-Saal und ihre Verteilung (in %). Abb. 5a zeigt die Verteilung der Wartezeit auf den Patienten. Abb. 5b zeigt die Verteilung der Wartezeit auf den Anästhe-sisten. Lesart: 20 – 30 min = >20 - ≤30 min.
4 Ergebnisse 34
4.1 Korrelation von Auslastung und ungenutzter OP-Z eit
Abbildung 6 und 7 zeigen die Korrelationsanalyse von Auslastung und ungenutzter OP-
Zeit. Die OP-Auslastung wurde auf zwei Arten berechnet. Die eine berücksichtigt die
gesamte chirurgische Zeit, also auch die, die außerhalb der Blockzeit in Überstunden
stattgefunden hat. Wird hier für die Berechnung der Auslastungsrate die chirurgische
Zeit durch die Blockzeit dividiert, sind Werte >100% möglich (Abb. 6a-c). Die zweite
Möglichkeit zur Berechnung der Auslastung verwendet die chirurgische Zeit innerhalb
der Blockzeit als Dividend, die Auslastungsraten waren infolge <100% (Abb. 7a-c).
In Abbildung 6a und 7a wurde die gesamte ungenutzte OP-Zeit innerhalb der Blockzeit
als Variable mit der Auslastung korreliert. Die errechneten Korrelationskoeffizienten be-
trugen rs=0,718 und rs=0,745. Die ungenutzte OP-Zeit teilt sich auf in OP-Zeit ohne
Programm und Wartezeit. Werden diese Variablen jeweils mit der Auslastung korreliert,
ergeben sich bei der Korrelation mit der OP-Zeit ohne Programm Korrelationskoeffizien-
ten von rs=0,706 und rs=0,620 (Abb. 6b und 7b). Bei der Korrelationsanalyse von Aus-
lastung und Wartezeit wurden deutlich geringere Korrelationskoeffizienten berechnet,
sie betrugen hier rs=0,104 und rs=0,233 (Abb. 6c und 7c).
Die in Abbildung 6 und 7 gezeigten Graphen wurden auf Grundlage der chirurgischen
Zeit erstellt. Für eine vollständige Darstellung wurde zusätzlich dieselbe Korrelations-
analyse mit der jeweiligen Schnitt-Naht Zeit als Dividend durchgeführt. Die ermittelten
Korrelationskoeffizienten sind in Tabelle 4 ersichtlich. Hierbei wird deutlich, dass beide
Analysen zu ähnlichen Korrelationskoeffizienten und p-Werten führen. Die gewählte
Definition der Auslastung (chirurgische Zeit/Blockzeit oder Schnitt-Naht-Zeit/Blockzeit)
ist also nicht von entscheidender Bedeutung für die Ergebnisse.
4 Ergebnisse 35
0%
20%40%
60%80%
100%120%
140%160%
180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Ungenutzte Zeit gesamt (in % von Blockzeit)
rs = 0,718
0%
20%40%
60%80%
100%120%
140%160%
180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Zeit ohne Programm (in % von Blockzeit)
rs = 0,706
0%20%
40%60%
80%100%
120%140%
160%180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
rs = 0,104
[6a]
[6b]
[6c]OP
–Aus
last
ung
(in %
) –
Chi
rurg
isch
e Z
eit/B
lock
zeit
0%
20%40%
60%80%
100%120%
140%160%
180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Ungenutzte Zeit gesamt (in % von Blockzeit)
rs = 0,718
0%
20%40%
60%80%
100%120%
140%160%
180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Zeit ohne Programm (in % von Blockzeit)
rs = 0,706
0%20%
40%60%
80%100%
120%140%
160%180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
rs = 0,104
[6a]
[6b]
[6c]OP
–Aus
last
ung
(in %
) –
Chi
rurg
isch
e Z
eit/B
lock
zeit
Abbildung 6: Korrelationsanalyse von OP-Auslastung (Chirurgische Zeit/Blockzeit) und ungenutz-ter Zeit 8 Auslastung definiert als Chirurgische Zeit geteilt durch die Blockzeit. Alle Datenpunkte stellen den Wert eines OPs an einem Tag dar. Die Werte für ungenutzte Zeit, Zeit ohne Programm und Wartezeit entspre-chen dem Anteil an der Blockzeit in Prozent. Abb. 6a zeigt die Korrelation von Auslastung und ungenutz-ter Zeit gesamt, Abb. 6b zeigt die Korrelation von Auslastung und Zeit ohne Programm, Abb. 6c zeigt die Korrelation von Auslastung und Wartezeit. Spearmans Korrelationskoeffizient wird durch rs dargestellt.
8 Übernommen aus Schuster 2007b
4 Ergebnisse 36
0%20%40%60%80%
100%120%140%160%180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Ungenutzte Zeit gesamt (in % von Blockzeit)
rs = 0,745
0%
20%40%
60%80%
100%120%
140%160%
180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Zeit ohne Programm (in % von Blockzeit)
rs = 0,620
0%
20%40%
60%80%
100%120%
140%160%
180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
rs = 0,233
[7a]
[7c]
[7b]
OP
–Aus
last
ung
(in %
) –
Chi
rurg
isch
e Z
eit i
nner
halb
Blo
ckze
it/B
lock
zeit
0%20%40%60%80%
100%120%140%160%180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Ungenutzte Zeit gesamt (in % von Blockzeit)
rs = 0,745
0%
20%40%
60%80%
100%120%
140%160%
180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Zeit ohne Programm (in % von Blockzeit)
rs = 0,620
0%
20%40%
60%80%
100%120%
140%160%
180%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
rs = 0,233
[7a]
[7c]
[7b]
OP
–Aus
last
ung
(in %
) –
Chi
rurg
isch
e Z
eit i
nner
halb
Blo
ckze
it/B
lock
zeit
Abbildung 7: Korrelationsanalyse von OP-Auslastung (Chirurgische Zeit innerhalb Block-zeit/Blockzeit) und ungenutzter Zeit 9 Auslastung definiert als Chirurgische Zeit innerhalb Blockzeit geteilt durch die Blockzeit. Alle Datenpunkte stellen den Wert eines OPs an einem Tag dar. Die Werte für ungenutzte Zeit, Zeit ohne Programm und Wartezeit entsprechen dem Anteil an der Blockzeit in Prozent. Abb. 7a zeigt die Korrelation von Auslas-tung und ungenutzter Zeit gesamt, Abb. 7b zeigt die Korrelation von Auslastung und Zeit ohne Pro-gramm, Abb. 7c zeigt die Korrelation von Auslastung und Wartezeit. Spearmans Korrelationskoeffizient wird durch rs dargestellt.
9 Übernommen aus Schuster 2007b
4 Ergebnisse 37
Tabelle 4: Korrelationsanalyse: Ungenutzte Zeit vs. Auslastung 10
Spearman r s p-Wert
Auslastung basierend auf OP-Zeit inkl. Überauslastu ng
-- basierend auf chirurgischer Zeit
- Ungenutzte Zeit gesamt vs. Auslastung 0,718 < 0,01
- Zeit ohne Programm vs. Auslastung 0,706 < 0,01
- Wartezeit vs. Auslastung 0,104 n.s.
-- basierend auf Schnitt-Naht-Zeit
- Ungenutzte Zeit gesamt vs. Auslastung 0,733 < 0,01
- Zeit ohne Programm vs. Auslastung 0,631 < 0,01
- Wartezeit vs. Auslastung 0,249 < 0,01
Auslastung basierend auf OP-Zeit innerhalb der Bloc kzeit
-- basierend auf chirurgischer Zeit
- Ungenutzte Zeit gesamt vs. Auslastung 0,745 < 0,01
- Zeit ohne Programm vs. Auslastung 0,620 < 0,01
- Wartezeit vs. Auslastung 0,233 < 0,01
-- basierend auf Schnitt-Naht-Zeit
- Ungenutzte Zeit gesamt vs. Auslastung 0,726 < 0,01
- Zeit ohne Programm vs. Auslastung 0,506 < 0,01
- Wartezeit vs. Auslastung 0,387 < 0,01
10 übernommen aus Schuster 2007b
4 Ergebnisse 38
4.2 Korrelation von Wartezeit und Wechselzeit
Abbildung 8 und 9 zeigen die Korrelationsanalyse von Wartezeit und Wechselzeit. Die
Wechselzeit wurde nach zwei unterschiedlichen Definitionen berechnet. In Abbildung 8
wurde die Wechselzeit als Naht-Schnitt-Zeit bestimmt, also der Zeitraum zwischen
Hautnaht des vorherigen Patienten bis zum Hautschnitt des folgenden. Die berechneten
Korrelationskoeffizienten waren niedrig, die Werte betrugen rs=0,063 und rs=0,183. Ab-
bildung 9 zeigt die Korrelation von Wartezeit und Wechselzeit als Zeitraum vom Ende
chirurgischer Maßnahmen (Ende der Verbände) bis zum Beginn chirurgischer Maß-
nahmen (Ende der Einleitung bzw. Beginn der chirurgischen Lagerung). Die Werte der
Korrelationskoeffizienten waren ebenfalls niedrig, rs=0,032 und rs=0,175. Beide Analy-
sen führten zu Korrelationskoeffizienten von geringem Unterschied. Dies macht deut-
lich, dass die Definition der Wechselzeit für die Ergebnisse nicht von entscheidender
Bedeutung ist. Sämtliche Wechselzeiten wurden in Abbildung 8a und 9a berücksichtigt.
Nur die rein konsekutiven Wechsel, d.h. zwischen zwei Fällen durfte keine OP-Zeit oh-
ne Programm auftreten, erscheinen in Abbildung 8b und 9b.
4 Ergebnisse 39
0
50
100
150
200
250
300
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
Alle Wechsel
rs = 0,183
[8a]
0
50
100
150
200
250
300
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
rs = 0,063
Nur konsekutive Wechsel[8b]
Wec
hsel
zeit
(in m
in)
–N
aht-
Sch
nitt
0
50
100
150
200
250
300
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
Alle Wechsel
rs = 0,183
[8a]
0
50
100
150
200
250
300
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
rs = 0,063
Nur konsekutive Wechsel[8b]
Wec
hsel
zeit
(in m
in)
–N
aht-
Sch
nitt
Abbildung 8: Korrelationsanalyse von Wechselzeit (N aht-Schnitt) und Wartezeit 11 Wechselzeit definiert als Zeitraum zwischen Ende der Naht des vorherigen Patienten und Schnitt des folgenden Falls. Abb. 8a zeigt alle Wechsel, Abb. 8b nur die konsekutiven Wechsel. Alle Datenpunkte stellen den Wert eines OPs an einem Tag dar; alle Wechselzeiten entsprechen den durchschnittlichen Wechselzeiten eines OPs eines Tages; alle Wartezeiten entsprechen dem Anteil der Wartezeit an der Blockzeit in Prozent. Spearmans Korrelatonskoeffizient wird durch rs dargestellt.
11 übernommen aus Schuster 2007b
4 Ergebnisse 40
0
50
100
150
200
250
300
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
Alle Wechsel
rs = 0,175
0
50
100
150
200
250
300
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
rs = 0,032
Nur konsekutive Wechsel
Wec
hsel
zeit
(in m
in)
–E
nde
chir.
Maß
nahm
en-B
egin
nch
ir. M
aßna
hmen
[9a]
[9b]
0
50
100
150
200
250
300
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
Alle Wechsel
rs = 0,175
0
50
100
150
200
250
300
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%
Wartezeit (in % von Blockzeit)
rs = 0,032
Nur konsekutive Wechsel
Wec
hsel
zeit
(in m
in)
–E
nde
chir.
Maß
nahm
en-B
egin
nch
ir. M
aßna
hmen
[9a]
[9b]
Abbildung 9: Korrelationsanalyse von Wechselzeit (Ende chir. Maß nahmen-Beginn chir. Maßnah-men) und Wartezeit 12 Wechselzeit definiert als Zeitraum zwischen Ende der chirurgischen Maßnahmen des vorherigen Falls, d.h. Ende der Verbände, und Beginn der chirurgischen Maßnahmen des folgenden Patienten, wie der chirurgischen Lagerung. Abb. 9a zeigt alle Wechsel, Abb. 9b nur die konsekutiven Wechsel. Alle Daten-punkte stellen den Wert eines OPs an einem Tag dar; alle Wechselzeiten entsprechen den durchschnittli-chen Wechselzeiten eines OPs eines Tages; alle Wartezeiten entsprechen dem Anteil der Wartezeit an der Blockzeit in Prozent. Spearmans Korrelationskoeffizient wird durch rs dargestellt.
12 übernommen aus Schuster 2007b
4 Ergebnisse 41
4.3 Multivariate Regressionsanalyse
Um den Einfluss weiterer Faktoren auf die Auslastung (chirurgische Zeit innerhalb
Blockzeit/Blockzeit) zu bestimmen, wurde eine multivariate Regressionsanalyse mit der
Auslastung als abhängiger Variable durchgeführt. Die unabhängigen Variablen wurden
nacheinander, in absteigender Folge ihrer Einflussgröße, mit in die Analyse aufgenom-
men. Als wichtigster signifikanter Einflussfaktor für die Auslastung zeigte sich die OP-
Zeit ohne Programm mit einem Regressionskoeffizienten von R=0,713. Weitere Fakto-
ren, die eine signifikante Auswirkung auf die Auslastung erzielten, waren die durch-
schnittliche chirurgische Zeit und der Anteil an Wartezeit. Einen geringeren, aber den-
noch signifikanten Einfluss hatten die Variablen Mittwoch als OP-Tag, die Thorax-Herz-
Gefäß Chirurgie als operative Fachdisziplin und eine OP-Blockzeit von 8 Stunden, wo-
bei bei diesen nur noch ein geringer Anstieg des adjustierten R² zu verzeichnen war.
Tabelle 5 zeigt die Ergebnisse der multivariaten Regressionsanalyse. Tabelle 6 zeigt
die Einflussstärke der unabhängigen Variablen.
4 Ergebnisse 42
Tabelle 5: Ergebnisse der multivariaten Regressions analyse mit der abhängigen Variable „OP-Auslastung“ 13
Nr. Modell-Bestandteile
R des
Modells
Adjustier-
tes R2 des
Modell
Verände-
rung im
adj. R2
p-Wert
der ANO-
VA
1 Anteil Zeit ohne Programm 0,713 0,506 0,506 <0,001
2 Anteil Zeit ohne Programm,
durchschn. chirurgische Zeit 0,813 0,659 0,153 <0,001
3
Anteil Zeit ohne Programm,
durchschn. chirurgische Zeit,
Anteil Wartezeit 0,843 0,708 0,049 <0,001
4
Anteil Zeit ohne Programm,
durchschn. chirurgische Zeit,
Anteil Wartezeit,
OP-Tag : Mittwoch
0,858 0,732 0,024 <0,001
5
Anteil Zeit ohne Programm,
durchschn. chirurgische Zeit,
Anteil Wartezeit,
OP-Tag : Mittwoch,
operative Disziplin : Herz-
Gefäßchirurgie
0,869 0,751 0,019 <0,001
6
Anteil Zeit ohne Programm,
durchschn. chirurgische Zeit,
Anteil Wartezeit,
OP-Tag : Mittwoch,
opererative Disziplin Herz-
Gefäßchirurgie, Blockzeit : 8 Stun-
den
0,871 0,755 0,004 <0,001
Folgende Variablen wurden vom Modell ausgeschlossen, da sie keine signifikanten Verbesserung des Regressionsmodells erbrachten: Anzahl OPs pro Tag, operative Disziplin Allgemeinchirurgie, Urologie oder hepatobiliäre Chirurgie, andere OP-Tage als Mittwoch.
13 übernommen aus Schuster 2007b
4 Ergebnisse 43
Tabelle 6: Einzelbetrachtung der Einflussstärke der unabhängigen Variablen
Nicht standardisierte Koef-
fizienten
Standardisierte
Koeffizienten
Nr- Modell B Standardfehler Beta Signifikanz
(Konstante)
76,083 1,347 <0,001
1 Anteil Zeit ohne Pro-
gramm
-0,828 0,036 -0,689 <0,001
2 Durchschn. chirurgi-
sche Zeit
0,026 0,003 0,266 <0,001
3 Anteil Wartezeit
-0,619 0,078 -0,254 <0,001
4 OP-Tag: Mittwoch
-4,755 0,838 -0,161 <0,001
5 Operative Disziplin:
Herz-Gefäßchirurgie
3,631 0,768 0,138 <0,001
6 Blockzeit: 8 Stunden -1,796 0,759 -0,069 0,019
Der nicht standardisierte Koeffizient B zeigt den erwarteten Zuwachs bzw. die Abnahme der abhängigen Variablen (OP-Auslastung) an. Der standardisierte Koeffizient Beta beschreibt die relative Wichtigkeit der einzelnen unabhängigen Variablen im Gesamtmodell.
4 Ergebnisse 44
4.4 Ressourcenbedarf
Als Vergleich zu den fiktiven Einleitungsstrategien KÜ und NÜ zeigt Abbildung 10 den
durchschnittlichen Ressourcenbedarf (mittlere Anzahl Anästhesieteams je OP-Tag in-
nerhalb des 2-wöchigen Erhebungszeitraums) der realen Einleitungsstrategie für beide
OP-Bereiche. Hier wird deutlich, dass während des Vormittags und der Mittagszeit die
meisten Anästhesieteams benötigt wurden.
0
1
2
3
4
5
6
7
8
07:0
0
08:0
0
09:0
0
10:0
0
11:0
0
12:0
0
13:0
0
14:0
0
15:0
0
16:0
0
17:0
0
18:0
0
19:0
0
20:0
0
Zeit in h
Einleitung Real, Bereich 1 Einleitung Real, Bereich 2
Anz
ahl A
näst
hesi
etea
ms
0
1
2
3
4
5
6
7
8
07:0
0
08:0
0
09:0
0
10:0
0
11:0
0
12:0
0
13:0
0
14:0
0
15:0
0
16:0
0
17:0
0
18:0
0
19:0
0
20:0
0
Zeit in h
Einleitung Real, Bereich 1 Einleitung Real, Bereich 2
Anz
ahl A
näst
hesi
etea
ms
Abbildung 10: Personalbedarf Real, OP-Bereich 1 und 2 Durchschnittlicher Ressourcenbedarf je OP-Tag der realen Einleitungsstrategie (mittlere Anzahl Anästhe-sieteams innerhalb des 2-wöchigen Erhebungszeitraums) in OP-Bereich 1 und 2, angegeben in 5-Minuten-Intervallen.
In Abbildung 11 und 12 ist der durchschnittliche Ressourcenbedarf bzw. der Mitarbei-
terbedarf (mittlere Anzahl Anästhesieteams ± Standardabweichung innerhalb des 2-
wöchigen Erhebungszeitraums) je OP-Tag für die Strategie der komplett überlappenden
Narkoseeinleitung und für die Strategie der nicht überlappenden Einleitung des Simula-
tionsmodells ersichtlich. Die Graphiken stellen dar, zu welcher Uhrzeit des Tages, an-
gegeben in 5-Minuten-Intervallen, wie viele Anästhesieteams durchschnittlich für die
Bereiche an, in denen statistisch signifikante Unterschiede (p≤0,05), berechnet mit dem
Mann-Whitney Test, zwischen den beiden Strategien bestehen. Dargestellt sind die Er-
gebnisse für beide untersuchte OP-Bereiche.
4 Ergebnisse 45
0
1
2
3
4
5
6
7
807
:00
08:0
0
09:0
0
10:0
0
11:0
0
12:0
0
13:0
0
14:0
0
15:0
0
16:0
0
17:0
0
18:0
0
19:0
0
20:0
0
Zeit in h
Einleitung komplett überlappend (KÜ) Einleitung nicht überlappend (NÜ)
Mann-Whitney:
Anz
ahl A
näst
hesi
etea
ms
0
1
2
3
4
5
6
7
807
:00
08:0
0
09:0
0
10:0
0
11:0
0
12:0
0
13:0
0
14:0
0
15:0
0
16:0
0
17:0
0
18:0
0
19:0
0
20:0
0
Zeit in h
Einleitung komplett überlappend (KÜ) Einleitung nicht überlappend (NÜ)
Mann-Whitney:
Anz
ahl A
näst
hesi
etea
ms
Abbildung 11: Personalbedarf KÜ vs. NÜ, OP-Bereich 1 Durchschnittlicher Ressourcenbedarf (mittlere Anzahl Anästhesieteams ± Standardabweichung innerhalb des 2-wöchigen Erhebungszeitraums) je OP-Tag für die Einleitungsstrategien der komplett überlappen-den Einleitung und der nicht überlappenden Einleitung in OP-Bereich 1, angegeben in 5-Minuten-Intervallen. Darstellung der statistisch signifikanten Bereiche im Mann-Whitney Test.
4 Ergebnisse 46
0
1
2
3
4
5
6
7
807
:00
08:0
0
09:0
0
10:0
0
11:0
0
12:0
0
13:0
0
14:0
0
15:0
0
16:0
0
17:0
0
18:0
0
19:0
0
20:0
0
Zeit in h
Einleitung komplett überlappend (KÜ) Einleitung nicht überlappend (NÜ)
Mann-Whitney:
Anz
ahl A
näst
hesi
etea
ms
0
1
2
3
4
5
6
7
807
:00
08:0
0
09:0
0
10:0
0
11:0
0
12:0
0
13:0
0
14:0
0
15:0
0
16:0
0
17:0
0
18:0
0
19:0
0
20:0
0
Zeit in h
Einleitung komplett überlappend (KÜ) Einleitung nicht überlappend (NÜ)
Mann-Whitney:
Anz
ahl A
näst
hesi
etea
ms
Abbildung 12: Personalbedarf KÜ vs. NÜ, OP-Bereich 2 Durchschnittlicher Ressourcenbedarf (mittlere Anzahl Anästhesieteams ± Standardabweichung innerhalb des 2-wöchigen Erhebungszeitraums) je OP-Tag für die Einleitungsstrategien der komplett überlappen-den Einleitung und der nicht überlappenden Einleitung in OP-Bereich 2, angegeben in 5-Minuten-Intervallen. Darstellung der statistisch signifikanten Bereiche im Mann-Whitney Test.
4 Ergebnisse 47
In OP-Bereich 1 (Abb. 11) besteht für die Strategie KÜ im Vergleich zu der nicht über-
lappenden Einleitungsstrategie zwischen 11:45 und 13:55 ein signifikant erhöhter Be-
darf an Anästhesie-Teams.
In OP-Bereich 2 (Abb. 12) wurden für die Strategie KÜ im Vergleich zu der nichtüber-
lappenden Einleitungsstrategie fast während des gesamten Vormittags zusätzliche A-
nästhesieteams benötigt. Der Mann-Whitney Test zeigt zwischen 9:55 und 13:10 sowie
gegen 19:00 signifikante Unterschiede der beiden Strategien an.
Für die Durchführung komplett überlappender Einleitungen müssten also vor allem wäh-
rend der Mittagszeit, in Bereich 2 schon im Laufe des Vormittags, zusätzliche Anästhe-
sieteams vorgehalten werden. Der signifikant erhöhte Bedarf an Anästhesieteams der
nicht überlappenden Einleitungsstrategie in Bereich 2 gegen 19 Uhr lässt sich dadurch
erklären, dass bei der komplett überlappenden Einleitungsstrategie das OP-Programm
zu diesem Zeitpunkt meist schon vollendet war.
Da der Bedarf an Personal selbst wieder einer statistischen Streuung unterliegt, genü-
gen zur Ermittlung des Bedarfs die Mittelwerte nicht. Es müssen stattdessen Bedarfs-
wahrscheinlichkeiten für einzelne Zeitpunkte ermittelt werden; wie viele Anästhesie-
teams werden punktuell benötigt, um dem Bedarf mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
gerecht zu werden. Um dies zu bestimmen, wurden die 100.-, 75.- und 50.-Perzentile
der Personalbedarfe für die Strategie der komplett überlappenden Einleitung berechnet.
In Abbildung 13 ist die ermittelte Anzahl der benötigten Anästhesieteams zu jeder Uhr-
zeit des Tages, angegeben in 5-Minuten Intervallen, angezeigt. In der Graphik ist somit
der zusätzliche Bedarf an Personal ersichtlich, um mit einer Wahrscheinlichkeit von
100%, 75% bzw. 50% komplett überlappende Einleitungen gewährleisten zu können.
In Bereich 1 (Abb. 13a) könnten mit 7 Anästhesieteams 100% der Einleitungen verläss-
lich überlappend gestaltet werden.
In Bereich 2 (Abb. 13b) wären mit 8 Anästhesieteams komplett überlappende Einleitun-
gen aller Fälle gewährleistet.
4 Ergebnisse 48
0
1
2
3
4
5
6
7
8
907
:00
08:0
0
09:0
0
10:0
0
11:0
0
12:0
0
13:0
0
14:0
0
15:0
0
16:0
0
17:0
0
18:0
0
19:0
0
20:0
0
Zeit in h
100% 75% 50%
[13a]
Anz
ahl A
näst
hesi
etea
ms
0
1
2
3
4
5
6
7
8
907
:00
08:0
0
09:0
0
10:0
0
11:0
0
12:0
0
13:0
0
14:0
0
15:0
0
16:0
0
17:0
0
18:0
0
19:0
0
20:0
0
Zeit in h
100% 75% 50%
[13a]
Anz
ahl A
näst
hesi
etea
ms
[13b]
Anz
ahl A
näst
hesi
etea
ms
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
07:0
0
08:0
0
09:0
0
10:0
0
11:0
0
12:0
0
13:0
0
14:0
0
15:0
0
16:0
0
17:0
0
18:0
0
19:0
0
20:0
0
Zeit in h
100% 75% 50%
[13b]
Anz
ahl A
näst
hesi
etea
ms
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
07:0
0
08:0
0
09:0
0
10:0
0
11:0
0
12:0
0
13:0
0
14:0
0
15:0
0
16:0
0
17:0
0
18:0
0
19:0
0
20:0
0
Zeit in h
100% 75% 50%
Abbildung 13: Bedarfswahrscheinlichkeiten für KÜ Bedarf an Anästhesieteams in OP-Bereich 1 (Abb. 13a) und OP-Bereich 2 (Abb.13b), angegeben in 5-Minuten Intervallen, um mit einer Wahrscheinlichkeit von 100%, 75% bzw. 50% alle Prozesse komplett überlappend gestalten zu können.
4 Ergebnisse 49
4.5 Einfluss der überlappenden Einleitung auf Übera uslastung und Unterauslastung
Eine überlappende Einleitung kann auf zwei Wegen Einfluss auf die Effizienz der OP-
Nutzung nehmen. Entweder geschieht dies durch eine Reduktion der Überauslastung
oder durch den Gewinn zusätzlich nutzbarer OP-Zeit innerhalb der Blockzeit, die gege-
benenfalls weitere Fälle im laufenden OP-Programm ermöglicht. Tabelle 7 zeigt die
Dauer in min (MW ± SD) der Unterauslastung bzw. der Überauslastung für die Simulati-
on einer komplett überlappenden Einleitung (KÜ) und der realen Einleitung (Real) sowie
deren jeweilige Differenz. Bei der Simulation entstanden durch KÜ im Mittel pro Tag und
OP-Saal 32,10 ± 42,29 min zusätzliche Blockzeit und 9,81 ± 22,23 min weniger an Ü-
berauslastung.
Tabelle 7: Unterauslastung und Überauslastung in Mi nuten pro Tag und OP-Saal im Vergleich der Einleitungsstrategien Real und KÜ
Unterauslastung Überauslastung
Real 47,78 ± 74,12 min 22,22 ± 48,39 min
KÜ 79,88 ± 88,18 min 12,41 ± 36,04 min
Differenz 32,10 ± 42,29 min 9,81 ± 22,23 min
In 70,4% der Fälle des Simulationsmodells könnte durch komplett überlappende Einlei-
tungen im Vergleich zu der realen Einleitungsstrategie die Überauslastung reduziert und
bzw. oder zusätzlich freie Zeit innerhalb der Blockzeit erzeugt werden. In 29,6% der
untersuchten Fälle wurden durch KÜ im Vergleich zu der realen Einleitungsstrategie
keine Einsparungen erreicht (Abb.14).
Abbildung 15 zeigt die Verteilung der Zeitspannen dieser 70,4%, aufgeschlüsselt dar-
gestellt für reduzierte Überauslastung sowie für zusätzliche Unterauslastung. Die Zeit
wurde hierbei in 20-Minuten-Schritten geclustert. In der Graphik ist somit ersichtlich, wie
oft, wie viel Zeit eingespart werden könnte bzw. wie oft, wie viel Zeit zusätzlich zur Ver-
fügung stünde.
4 Ergebnisse 50
Keine Einsparung29,6%
Verminderte OU19,8% Zusätzliche UU
42,0%
Zusätzliche UU+Verminderte OU
8,6%
Abbildung 14: Veränderung von Überauslastung und Un terauslastung durch KÜ im Vergleich zu Real Dargestellt sind die durch die komplett überlappende Einleitungsstrategie erzielten Veränderungen in Bezug auf Überauslastung und Unterauslastung; berechnet im Vergleich zu der realen Strategie. Angabe in prozentualer Häufigkeit. OU = Überauslastung; UU = Unterauslastung.
In Abbildung 15a ist die durch KÜ mögliche Reduktion der Überauslastung angezeigt.
Angegeben ist die Häufigkeitsverteilung der pro OP-Saal eingesparten Zeit. In 14,8%
der Fälle würde die verminderte Überauslastung >0 und ≤20 min betragen. Eine Redu-
zierung der Überauslastung >60 min wäre durch die komplett überlappende Einleitung
nur in 5% der Fälle möglich.
Abbildung 15b zeigt die durch überlappende Einleitung zusätzlich zur Verfügung ste-
hende OP-Zeit innerhalb der Blockzeit, d.h. die erhöhte Unterauslastung, an. Angege-
ben ist die Häufigkeitsverteilung der zusätzlichen Zeit pro OP-Saal. In 14,8% der Fälle
würde die überlappende Einleitung zu einer zusätzlichen freien Zeit >20 und ≤40 min
führen, in 9,9% wäre eine zusätzlichen Zeit >60 und ≤80 min möglich, in weiteren
11,1% aller Fälle könnte eine zusätzliche Zeit >80 min erreicht werden.
Abbildung 15: Verminderte Überauslastung und zusätzliche Unteraus lastung (in min) durch KÜ im Vergleich zu Real Abb. 15a zeigt die verminderte Überauslastung (chirurgische Zeit außerhalb der Blockzeit) in min, Abb. 15b zeigt die zusätzliche Unterauslastung (freie OP-Zeit innerhalb der Blockzeit) in min durch die kom-plett überlappende Einleitungsstrategie; beide jeweils berechnet im Vergleich zu der realen Strategie. Angabe in prozentualer Häufigkeit. Lesart: 20 – 40 min = >20 - ≤40 min.
5 Diskussion 52
5 Diskussion
Ein bedeutender Anteil der Gesamtausgaben eines Krankenhauses wird durch die Kos-
ten des OP-Bereichs erzeugt (Macario 1995). Demzufolge ist ein optimaler Ablauf der
OP-Prozesse von großer Wichtigkeit für das Krankenhausmanagement. Zugleich ist es
für das Management schwierig einen objektiven Blick auf die Güte der Prozessabläufe
zu bekommen, wenn es sich nur auf die Berichte der Beteiligten verlässt, die zudem oft
widersprüchlich ausfallen dürften. Daher sind Steuerungskennzahlen notwendig, die
mehrere Bedingungen erfüllen müssen:
• Die Kennzahlen müssen tatsächlich messen, was sie vorgeben zu messen;
• Die Kennzahlen sollen Abweichungen vom Sollprozess zeitnah und möglichst
genau abbilden;
• Die Kennzahlen müssen reproduzierbar und von allen anerkannt sein.
Kennzahlen im Allgemeinen, als Instrument des betriebswirtschaftlichen Controllings
besitzen drei wesentliche Eigenschaften (Hentze 2001):
• Maßgrößencharakter, d.h., sie sollen quantitative Aussagen über fest definierte
Bereiche treffen;
• Verdichtungscharakter, d.h. sie sollen die Information konzentrieren und Über-
flüssiges vermeiden;
• Entscheidungsbezug, d.h. sie sollen in Bezug auf ihre praktische Anwendung de-
finiert werden.
Die Aufgabe der Kennzahlen ist es also, quantitativ messbare Sachverhalte in aussa-
gekräftiger, komprimierter Form wiederzugeben (Wöhe 2005) und somit eine objektive
Aussage über die Effizienz der Abläufe zu ermöglichen. Geeignete Prozesskennzahlen
sollen in ihrer Informationsfunktion das OP-Management rechtzeitig auf nicht optimale
Arbeitsprozesse sowie niedrige OP-Effizienz hinweisen. Probleme bei der Verwendung
von Kennzahlen sind mögliche Informationsdefizite, die durch die verdichteten Aussa-
gen über Sachverhalte entstehen können und die verschiedenen, zum Teil sich wieder-