Fakultät Betriebswirtschaftslehre Die Balanced Scorecard als Instrument moderner Unternehmensführung Zu den Möglichkeiten und Grenzen eines neuen Werkzeuges zur Unternehmenssteuerung Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades „Diplom-Betriebswirt (FH)“ von Markus P. Schenk Aufgabensteller: Prof. Dr. Theo Knicker Nürnberg, 25.02.2008
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Fakultät Betriebswirtschaftslehre
Die Balanced Scorecard als Instrument moderner Unternehmensführung
Zu den Möglichkeiten und Grenzen eines neuen
Werkzeuges zur Unternehmenssteuerung
Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades
„Diplom-Betriebswirt (FH)“
von
Markus P. Schenk
Aufgabensteller:
Prof. Dr. Theo Knicker
Nürnberg, 25.02.2008
Inhaltsverzeichnis I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ....................................................................................... I Abbildungsverzeichnis .............................................................................. III 1 Einleitung......................................................................................... 1
1.1 Problemstellung und Ziele der Arbeit........................................... 1
1.2 Aufbau der Arbeit......................................................................... 4
Literatur und Quellenverzeichnis...............................................................VI Prüfungsrechtliche Erklärung...................................................................XII
Abbildungsverzeichnis III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit .................................................................. 4
Abbildung 2: Methoden der Datenerhebung .............................................. 6
Abbildung 3: Arten von Literatur................................................................. 8
Die daraus folgende Professionalisierung der Führung und ihrer Aufgaben
und Umsetzung erfordert Messbarkeit und Begründung um eine
Bewertung der getroffenen Entscheidungen zu ermöglichen.
Zur Erfolgsmessung werden verschiedene Kennzahlen herangezogen.
Eine nahe liegende Kennzahl ist der Gewinn, also das, was nach Abzug
der Ausgaben vom Umsatz am Ende der betrachtenden Periode übrig
bleibt.
Solche einfachen Kennzahlen stoßen allerdings bald an Grenzen
bezüglich ihrer Aussagekraft, vor allem wenn es darum geht, Sachverhalte
aufzuzeigen die sich über mehrere Perioden erstrecken.
Die herangezogenen Kennzahlen werden zunehmend komplexer und es
werden immer mehr Kennzahlen verwendet. Um diese Kennzahlen zu
erfassen und auszuwerten wird immer mehr Zeit und Arbeitskraft
eingesetzt. Das erfordert die Einrichtung einer Controlling Abteilung,
welche die Zahlen erhebt, auswertet und an die zuständigen
Führungskräfte die für diese relevanten Kennzahlen kommuniziert.
Nachteilig an diesem Vorgehen ist die Isolation der Vielzahl an
Kennzahlen auf kleine, meist nicht klar zusammenhängenden Pakete die
einzelnen Führungskräften vorgelegt werden. Zudem werden Kennzahlen
vor allem auf leicht erfassbare Messgrößen ausgerichtet, die zwar
quantitativ gut zu erfassen sind, aber qualitativ nur sehr schwer in einen
einheitlich verstandenen Gesamtzusammenhang mit den
Unternehmenszielen zu fassen sind.
Inzwischen gibt es mehrere Kennzahlensysteme die versuchen diese
Problematik abzuschwächen. Allerdings fehlt auch ihnen meist der der
Bezug auf „das große Ganze“, die strategischen Ziele einer
Unternehmung.
Wie können diese Probleme gelöst werden, um ein gegebenes Ziel zu
erreichen und damit den Erfolg eines Unternehmens zu gewährleisten und
damit den Bestand des Unternehmens auch in Zukunft sicherzustellen?
1. Einleitung 3
Ein Schlagwort, welches in den vergangenen Jahren in der
betriebswirtschaftlichen Praxis und Theorie oft genannt wurde ist die
Balanced Scorecard (BSC). Fast jeder, der sich mit Unternehmensführung
beschäftigt, hat zumindest ein diffuses Bild des zugrunde liegenden
Konzeptes der BSC. Diese Vorstellungen weichen teils gravierend von der
ursprünglichen Idee ab. Dabei reicht die Bandbreite über die
Vorstellungen bezüglich der BSC von einer Ergänzung des Controllings,
diesem untergeordnet, bis zu einem selbstbewusst modifizierten Einsatz
als Management Tool. Aber was steckt hinter der Balanced Scorecard?
Was möchte sie erreichen und wie ist sie wirklich strukturiert? Und eignet
sie sich wirklich für einen Einsatz in der Unternehmensführung, kann sie
die Umsetzung von Entscheidungen erleichtern?
Die vorliegende Diplomarbeit soll untersuchen, wie sich die BSC seit ihrer
Vorstellung durch Kaplan / Norton in der Theorie und in der Praxis
entwickelt hat, welche praktischen Ergänzungen und Modifikationen sie
erfahren hat und an welche Grenzen das Konzept in der
Unternehmensführung stößt.
1. Einleitung 4
1.2 Aufbau der Arbeit
In dieser Arbeit sollen die theoretischen Grundlagen der BSC, basierend
auf Kaplan / Norton, deren Modifikationen durch andere Autoren, sowie
der Einsatz in verschiedenen Bereichen anhand von Beispielen aus der
Praxis aufgezeigt werden.
Markus P. Schenk - Die Balanced Scorecard als Instrument moderner Unternehmensführung – Diplomarbeit WS 2007/08GSO Hochschule, Nürnberg
Markus P. Schenk - Die Balanced Scorecard als Instrument moderner Unternehmensführung – Diplomarbeit WS 2007/08GSO Hochschule, Nürnberg
2
Aufbau der Arbeit
Praxis
Theoretische Grundlagen
Kapitel 2 Klärung der BegriffeVision, Mission, Ziele, Strategien, Kennzahlen
Strategie BSC
Kapitel 3 Perspektiven der BSCStrategische Stoßrichtungen, BSC Kennzahlen,
Perspektiven
Kapitel 4 Anwendungsgebiete der BSCControlling, Führungswerkzeug, Personalwesen, Vertriebsplanung
Kapitel 5 Praxisbeispiele
Kapitel 6 Grenzen der BSCZeitlich, personell, sachlich
Kapitel 7 & 8 FazitPräsentation
Kapitel 1 EinleitungProblemstellung, Aufbau der Arbeit, methodisches Vorgehen
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit3
Nach dieser Einleitung untersucht Kapitel 2 in welchem Zusammenhang die BSC zu den grundlegenden Orientierungen einer Organisation
(Unternehmung) steht. Dies betrifft Ausführungen zu Vision, Mission und
Strategie und deren Vorkommen innerhalb einer BSC.
In Kapitel 3 werden die zur Ausgestaltung der verschiedenen
Perspektiven benötigten Kennzahlen allgemein vorgestellt und erläutert,
sowie deren mögliche Verwendung im Kennzahlensystem der BSC
dargestellt.
In Kapitel 4 werden denkbare Einsatzmöglichkeiten einer BSC innerhalb
der Struktur einer Organisation und in verschiedenen Bereichen eines
Unternehmens vorgestellt. 3 Eigene Darstellung
1. Einleitung 5
Nachdem die theoretischen Grundlagen erläutert wurden, werden in
Kapitel 5 interessante Aspekte zum Einsatz der BSC in der Praxis
vorgestellt.
Kapitel 7 enthält die begleitend zur Diplomarbeit entstandene
elektronische Präsentation, welche die wichtigsten Aspekte der Arbeit in
kurzer, prägnanter Form zusammenfasst und schnell zugänglich macht.
In Kapitel 8 erfolgt eine abschließende Betrachtung zum Einsatz der
BSC, unter Berücksichtigung der in der Arbeit untersuchten theoretischen
Grundlagen und der praktischen Erscheinungsformen.
Zum Abschluss eines jeden Kapitels werden die Inhalte in einer grafischen
Übersicht zusammenfassend dargestellt.
1. Einleitung 6
1.3 Methodisches Vorgehen
Bei der Informationsgewinnung unterscheidet man grundsätzlich zwei
Arten der Informationsbeschaffung. Einerseits die so genannte
Primärforschung und andererseits die Sekundärforschung.4
7
Markus P. Schenk - Die Balanced Scorecard als Instrument moderner Unternehmensführung – Diplomarbeit WS 2007/08GSO Hochschule, Nürnberg
Methoden der Datenerhebung
Primärdaten Sekundärdaten
Befragung
Experiment
Beobachtung Fachbücher
BücherAufsätze
Abbildung 2: Methoden der Datenerhebung5
Die Primärforschung bezeichnet dabei die selbst durchgeführte oder die
Veranlassung zur Erhebung noch nicht vorhandener Daten. Die
Primärforschung kennt hierfür drei übliche Datenerhebungsmethoden:
• Befragung
• Beobachtung
• Experiment / Test
Bei der Befragung werden die Informationen mithilfe von Fragen
(schriftlich oder mündlich präsentiert) und von anderen Medien unterstützt
bei den Teilnehmern einer Befragung erhoben.6
1. Einleitung 7
Die Beobachtung versucht Reaktionen der Beobachteten auf Sinnesreize
durch zielgerichtetes, planmäßiges Vorgehen durch Dritte oder
Messgeräte im Moment des Auftretens zu erfassen.7
Obwohl das Experiment im Grunde entweder eine Befragung oder eine
Beobachtung ist, wird es durch die Art der Versuchsanordnung zu einer
eigenen Methode der Datenerhebung. Ein Experiment dient dabei zur
Überprüfung eines Kausalzusammenhangs zwischen mehreren Faktoren
unter vorher genau definierten und steuerbaren Bedingungen, die
unerwünschte Einflüsse beseitigen. Mithilfe des Experiments soll die
Veränderung eines einzeln betrachteten Faktors auf einen anderen Faktor
untersucht werden.8
Die Sekundärforschung greift auf bereits vorhandenes Datenmaterial zur
Informationsauswertung zurück, welches nicht für den speziellen
Untersuchungszweck erhoben wurde.9
In der Sekundärforschung ist ein Hauptproblem das Auffinden der
benötigten Information und der anschließenden Übertragung auf die zu
beantworteten Sachverhalte.
Die Literaturgattungen aus denen Informationen bezogen werden, lassen
sich folgendermaßen klassifizieren:
4 Vgl. Koch J., 2001, Marktforschung, S. 58 5 Eigene Darstellung 6 Vgl. Koch J., 2001, Marktforschung, S. 65ff 7 Vgl. Berekhoven L., Eckert W., Ellenrieder P., 1989, Marktforschung, S.118 8 Vgl. Koch J., 2001, Marktforschung, S. 94ff; ergänzend Kotler P., Bliemel F., 2001,
Marketing-Management, S. 208ff sie definieren zusätzlich zu den drei genannten Methoden noch die Focus-Gruppe; vgl. Oehme W., 2001, Handels-Marketing, S. 58ff und 60, er sieht eine andere Aufteilung der Datenerhebungsmethoden, nennt aber auch das Experiment / den Test als eigene Methode; kritisch vgl. Ebster C., Stalzer L., 2008, Wissenschaftliches Arbeiten für Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, S. 205f, sie sehen im Experiment keine eigenständige Datenerhebungsmethode, sondern als ein spezifisches Design der Erhebungsmethoden Befragung und Beobachtung. Sie beschreiben als dritte Methode die Inhaltsanalyse, vgl. ebenda S. 188 und 201ff
9 Vgl. Hüttner M., Schwarting U., 2002, Grundzüge der Marktforschung, S. 194
1. Einleitung 8
Abbildung 3: Arten von Literatur10
Bücher sind weiter unterteilt in Monographien und Sammelwerke, wobei
Monographien geschlossene Werke eines oder mehrerer Autoren
bezeichnen und Sammelwerke aus thematisch verwandten,
• Strategien sind eine Reihe untereinander abhängiger Einzelentscheidungen
• Strategien sind hierarchisch eingebettet
33 Vgl. ebenda, S. 15 34 Vgl. Welge, M., Al-Laham, A., 2008, Strategisches Management, S. 15 35 Vgl. ebenda, S. 16 36 Vgl. Ortmann, G: Strategie und Strukturation, S. 5
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 17
• Strategien berücksichtigen die SWOT Situation einer Organisation
• Strategien berücksichtigen die Ressourcenverteilung im
Unternehmen
Zusammenfassend versteht das klassische Strategieverständnis unter
einer Strategie einen rationalen Maßnahmenplan mit den oben
aufgezählten Merkmalen. 37
Strategieverständnis nach Mintzberg38
Mintzberg sieht die Rationalitätsprämisse des klassischen
Strategieverständnisses äußert kritisch, da für ihn Strategien nicht
unbedingt ein Ergebnis von rationalen Planungsprozessen darstellen.
Stattdessen existiert nach seinen Beobachtungen ein breites Spektrum an unterschiedlichen Strategietypen, welche in Unternehmungen zur
Anwendung kommen bzw. praktiziert werden. Aufgrund von Fallstudien
leitet er daher folgende, teilweise nicht formalisierte Arten von
Strategien ab. Er formuliert diese als „Five Ps for Strategy“39:
• Strategien als Pläne (Plan)
• Strategien als Muster (Pattern)
• Strategien als Positionierungen (Position)
• Strategien als Denkhaltung (Perspective)
• Strategien als List (Ploy)
37 Vgl. Welge, M., Al-Laham, A., 2008, Strategisches Management, S. 19 38 Vgl. ebenda, S. 19ff 39 Mintzberg H., Ahlstrand B., Lampel J., 1998, Strategy Safari, S. 9
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 18
Abbildung 6: Darstellung von 4 P-Strategien nach Mintzberg40
Durch Verdichtung seiner empirisch festgestellten Strategien erhält man
Safari, S. 10 und 13 41 Vgl. Welge, M., Al-Laham, A., 2008, Strategisches Management, S. 21
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 19
Abbildung 7: Strategietypen nach Mintzberg42
Dabei stellt er eine mögliche dynamische Änderung der Typologie über
den Zeitverlauf fest. Durch starke Modifikation der intendierten Strategie
erhält diese Wesenszüge einer emergenten Strategie, so dass die initiale
Strategie ex-post betrachtet nur wenig mit der verwirklichten Strategie
gemein hat. 43
Andererseits kann auch eine im Zeitverlauf auftretende emergente
Strategie durch nachträgliches Formalisieren die Züge einer
intendierten Strategie aufweisen, und als solche vom Management
betrachtet und kommuniziert werden.44
Dieses Verständnis nach Mintzberg hat den Vorteil konzeptioneller Offenheit. Dies bedeutet, dass neben der rationalen, formalisierten
Vorausplanung auch andere Wege existieren, die den strategischen Erfolg
einer Unternehmung ermöglichen. Auch betont er den visionären bzw. unspezifisierten Teil des strategischen Managements, welcher die
42 Vgl. Mintzberg H., Ahlstrand B., Lampel J., 1998, Strategy Safari, S. 12 43 Vgl. Welge, M., Al-Laham, A., 2008, Strategisches Management, S.21 44 Vgl. ebenda, S. 21
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 20
Fähigkeit des Managements auf neue, nicht antizipierte Ereignisse zu
reagieren erlaubt.45
Allerdings hat laut Welge/Al-Laham der Mintzberg´sche Ansatz
Schwächen in zwei Bereichen.
Aufgrund der konzeptionellen Offenheit (z.B. Berücksichtigung
nachträglicher emergenter Strategien) ist der Geltungsbereich schwierig abzugrenzen. Dies kann zur Folge haben, dass aus subjektiver Sicht (des
verantwortlichen Managers) nahezu jede bedeutende Entscheidung zu
Strategie ernannt werden kann. Auch weisen emergente Strategien,
welche aus dem Tagesgeschäft zufällig entstehen, unter Umständen
keinen oder keinen ausreichenden Bezug zu einem strategischen
Management auf. Beispielsweise ist es bei emergenten Strategien
teilweise nicht zu klären, inwieweit sie einen Bezug zur SWOT -
Positionierung einer Organisation haben. 46
2.1.4 Ziele einer Unternehmung
Strategien zeigen den Weg zur Zielerreichung, können diese aber noch
nicht eindeutig erfassen und bewerten.47 Die Unterfütterung mit Zielen
ermöglicht die messbare Feststellung der Strategieumsetzung.
Dazu müssen die Ziele eines Unternehmens trotz unterschiedlichster
individueller Ausprägungen in einem gleich bleibenden Rahmen definiert
werden, nach den zugrunde liegenden englischen Begriffen SMART
bezeichnet.48
• Specific spezifisch
• Measurable messbar
• Achievable erreichbar
45 Vgl. Welge, M., Al-Laham, A., 2008, Strategisches Management, S.21f 46 Vgl. ebenda, S.22 47 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 36 48 Vgl. Camphausen B., 2007, Strategisches Management, S. 21
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 21
• Realistic realitisch
• Time frame zeitlich befristet
Spezifisch bedeutet hierbei, dass umfassende Ziele in Teilziele
untergliederbar sein müssen, damit ein Ziel messbar ist muss es
quantifiziert sein. Es muss erreichbar und realistisch sein, d.h. es darf
nicht so formuliert werden, dass es trotz hoher Anstrengung nicht erreicht
werden kann und damit eine Demotivation der Mitarbeiter zur Folge hat.
Ziele sind langfristig gültig, mit einer definierten zeitlichen Befristung.49
2.1.5 Kennzahlen einer Unternehmung50
Die numerische Erfassung der Zielwerte erfolgt mithilfe von
Messgrößen. Diese Kennzahlen dienen der Unternehmensführung zur
schnellen Erlangung eines Überblicks über die Leistungsfähigkeit eines
Unternehmens. Dabei stellen sie relevante innerbetriebliche und
außerbetriebliche Sachverhalte in konzentrierter Weise dar.51 Im Rahmen
der BSC haben Kennzahlen vor allem die Aufgabe, die strategischen Ziele in anschaulicher Form und auf den Punkt gebracht darzustellen,
sie bringen zum Ausdruck, inwieweit die Ziele erreicht werden. Sie
erlauben dem Management und den Beschäftigten die Wege und die
Entwicklung der Ergebnisse zu erkennen und bilden daher einen wichtigen
Bestandteil der BSC.52
Um die Erreichung der Strategie überprüfen zu können, ist es notwendig,
dass ihre strategischen Ziele messbar sind. Dabei wird auf eine Vielzahl
an Kennzahlen aus Jahresabschlüssen mit großen bilanzierungsrechtlichen Gestaltungsspielräumen zurückgegriffen.53
49 Vgl. Camphausen B., 2007, Strategisches Management, S. 21 50 Weitere Ausführung zu Kennzahlen vgl. Weber, M., 1999, Kennzahlen, S.11ff; Schott,
G., 1981, Kennzahlen, S.17ff; Groll K.H., 2004, Das Kennzahlensystem zur Bilanzanalyse S. 9ff
51 Vgl. Olfert, K., Rahn H., 2001, Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, Eintrag 485 52 Vgl. Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard, S. 52f 53 Zu den Grenzen und Problemen der Jahresabschlussbezogenen
Kennzahlenbetrachtung vgl. Corsten H., Reiß M., 1994, Betriebswirtschaftslehre, S. 603f
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 22
Diese Messung wirtschaftlicher Prozesse anhand monetärer Größen ist
sowohl leicht manipulierbar als auch stark vergangenheitsbezogen.
Dieser Charakter der Vergangenheitsorientierung besteht trotz der
Weiterentwicklung mithilfe von wissenschaftlichen Methoden, da die
Basisdaten aus der Vergangenheit entnommen sind.54
Kennzahlen werden nach der Weise ihrer Berechnung folgendermaßen
eingeteilt:
Grundzahlen Verhältniszahlen
Gliederungszahlen Messzahlen Beziehungszahlen
Kennzahlen nach Berechnungsverfahren
Abbildung 8: Kennzahlen nach Berechnungsverfahren55
Grundzahlen werden als einzelne Messgrößen verwendet, d.h. sie
werden nicht in ein Verhältnis zu einer anderen Kennzahl ausgedrückt.
Erst durch einen Vergleich der absoluten Kennzahl zu anderen Kenzahlen
ist ihnen eine sinnvolle Aussage zu entnehmen (z.B. Soll-Ist Vergleiche).56
Groll unterteilt die Grundzahlen, auch als absolute Kennzahlen
bezeichnet, nach statistischen Gesichtspunkten weiter in:57
• Einzelwerte
• Summen
• Differenzen
• Mittelwerte
• Finanzmathematische Werte
54 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 36f 55 Eigene Darstellung, nach Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard,
S. 55 56 Vgl. Ziegenbein K., 2004, Controlling, S. 493 57 Nach Groll, K., 2004, Das Kennzahlensystem zur Bilanzanalyse, S. 9ff
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 23
Verhältniszahlen setzen Messgrößen in Relation zu anderen
Messgrößen, unterteilt nach Gliederungszahlen, Beziehungszahlen und
Messzahlen58.
Gliederungszahlen stellen einer Teilmasse eine Gesamtmasse
gegenüber, als Ergebnis erhält man Anteile.59
Beziehungszahlen drücken ein Verhältnis von Messgrößen zueinander
aus, die miteinander logisch zusammenhängen.60
Indexzahlen oder Messzahlen beschreiben die zeitliche Entwicklung von
Messwerten gleicher Art zu verschiedenen Zeitpunkten bezogen auf eine
Basisgröße.61
58 Ziegenbein nennt Messzahlen auch Indexzahlen, vgl. Vgl. Ziegenbein K., 2004,
Controlling S. 494 59 Vgl. ebenda, 494 60 Vgl. ebenda, S. 494f 61 Vgl. Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard, S. 56
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 24
Kennzahlensysteme
Kennzahlensysteme sind eine hierarchische, sachlich geordnete
Darstellung von Kennzahlen, die erst in der Gesamtbetrachtung ihre volle
Aussagekraft entfalten.62
Dabei werden Ordnungssysteme und Rechensysteme unterschieden.63
Ordnungssysteme gliedern Kennzahlen unter einem bestimmten
Gesichtspunkt, ohne dass sie zueinander rechnerisch verbunden sind.64
Rechensysteme gliedern Kennzahlen nach einer Spitzenkennzahl65, die
rechnerisch mit den untergeordneten Messgrößen verknüpft ist. Die Wahl
der Spitzenkennzahl entscheidet über die Verwertbarkeit der erfassten
Zusammenhänge.66
Eines der am häufigsten verwendeten Kennzahlensysteme ist die DuPont Kennzahlenpyramide, die 1919 von Mitarbeitern der Firma Du Pont
Nemours and Company ausgearbeitet wurde. Entwickelt wurde sie, damit
verschiedenen Stakeholdern und dem Management eine Beurteilung der
wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens möglich wurde. Als
entscheidende Kennzahl an der Spitze der Pyramide steht der Return-On-Investment (ROI). Dieser ROI setzt den Gewinn in Beziehung zum
eingesetzten Kapital. Dies wird durch eine Aufspaltung in zwei Komponenten, Umsatzrentabilität und Kapitalumschlag, erreicht. So ist
eine Verbesserung der Kapitalrentabilität sowohl durch eine Steigerung
der Umsatzrentabilität als auch durch eine Erhöhung des
Kapitalumschlags möglich. Bei gleich bleibendem Umsatz haben eine
Erhöhung des Gewinns und eine Verringerung des Gesamtvermögens
positive Auswirkungen auf den ROI. Die Pyramide stellt in den folgenden
Ebenen dar, welche Positionen Einfluss auf die Höhe des Gewinns und
das Vermögen haben. Der Vorteil solcher Kennzahlen und 62 Vgl. Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard, S. 60 63 Vgl. Ziegenbein K., 2004, Controlling, S. 497 64 Vgl. ebenda, S. 497 65 Ein System mit zwei gleichrangigen Spitzenkennzahlen ist das RL Kennzahlensystem
von Reichmann und Lachnit vgl. http://www.muszalik.com/Kennzahlensysteme/RL.html 66 Vgl. Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard, S. 61
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 25
Kennzahlensysteme ist die exakte Quantifizierbarkeit und damit die
genaue Messbarkeit der jeweiligen Zielerreichungsgrade. Sie werden
daher auch als „harte“ Kennzahlen bezeichnet. 67
Abbildung 9: DuPont Kennzahlensystem 68
Ein ähnliches System stellt das ZVEI-Kennzahlensystem69 des
Zentralverbands der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie dar, welches
in Deutschland das am häufigsten eingesetzte Kennzahlensystem ist. 70
Es ist unterteilt in die Bereiche Wachstumsanalyse und Strukturanalyse.
Während in der Wachstumsanalyse verschiedene Grundzahlen (z.B.
Cash-Flow) in Bezug auf eine vorangegangene Periode betrachtet
67 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 39f 68 Vgl. ebenda, S. 40; vgl. auch Olfert, K., Rahn H., 2001, Lexikon der
Betriebswirtschaftslehre , Eintrag 486 69 Vgl. Ziegenbein K., 2004, Controlling, S. 498, auch Management Enzyklopädie, Bd3,
Grundlage innerhalb des klassischen Management-Prozesses ist die
Planung. Dabei wird versucht, die Zielrichtung zu bestimmen, zukünftige
Handlungsoptionen zu erkennen und aus diesen eine Auswahl zu
treffen. Dies erfolgt unter Beachtung rationaler Vorbereitung, um den
optimalen Einsatz knapper Mittel zur bestmöglichen Befriedigung der
Bedürfnisse.75
73 Vgl. Welge, M., Al-Laham, A., 2008, Strategisches Management, S. 5ff 74 Vgl. ebenda, S. 12 75 Vgl. Beschorner D., 1995, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 50
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 28
Abbildung 11: Planungswürfel76
Nach Kreikebaum77 hat Planung grundsätzlich folgende Aufgaben:
• Vermeidung von Sach- und Zeitzwängen durch die Schaffung von
Handlungsspielräumen
• Stabilisierung von Verhaltensweisen und Erwartungen zur
Verringerung von Komplexität
• Erstellung eines umfassenden Gesamtplans unter Integration von
Einzelentscheidungen unter Berücksichtigung bestehender
Handlungsabhängigkeiten
2.2.1 Phasen Finanzplanung und Langfristplanung
Ursprünglich beruhte Planung stark auf finanzwirtschaftlich ausgerichteten kurzfristigen Planungen, wobei Budgetierungen und
Projektplanungen im Fokus standen.
Mitte der 1950er Jahre wurde die Marktsituation durch eine größere
Nachfrage und damit einhergehenden Dynamik und Komplexität verändert. Dies erforderte einen längeren Planungshorizont über
76 Vgl. Beschorner D., 1995, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Abb. 30 , S. 50 77 Vgl. Kreikebaum H., 1997, Strategische Unternehmensplanung, S. 28
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 29
mehrere Perioden hinweg, sowie erste strategische Orientierung des
Unternehmens auf die Umwelt (Kunden und Wettbewerber).78
2.2.2 Strategische Planung
Die zunehmende Instabilität des Unternehmensumfelds wird in der
strategischen Planung berücksichtigt, indem diese versucht, die
Entwicklung der Umwelt und des Marktes zu erfassen und Rückschlüsse
daraus auf die Unternehmungsplanung zu gewinnen.79
Die Strategische Planung ist Aufgabe und wird verantwortet durch die
Unternehmensführung. Der grundsätzliche Ablauf und die Struktur
Strategischer Planung lassen sich in Anlehnung an Beschorner /
Peemüller wie folgt darstellen:
Analysephase
Strategienphase
Zielphase
Auführungsphase
Kontrollphase
Abbildung 12: Phasen der strategischen Planung80
78 Vgl. Welge, M., Al-Laham, A., 2008, Strategisches Management, S. 11f 79 Vgl. ebenda, S. 13 80 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Beschorner D., 1995, Allgemeine
Betriebswirtschaftslehre, Abb. 31 , S. 51
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 30
Im Folgenden wird der strategische Planungsprozess in diesem Schema
kurz vorgestellt.
Analysephase
Als Grundlage für die weitergehende Planung dient die strategische Analyse. Hierbei wird untersucht, wie die Situation des Unternehmens
bzw. wichtiger Geschäftsbereiche (strategische Geschäftsfelder, SGF)
unter Berücksichtigung aller relevanten internen und externen Daten ist
bzw. welches Entwicklungspotenzial vorhanden ist. Die Untersuchung
lässt sich in zwei Bereiche einteilen.
Die Umweltanalyse betrachtet dabei die von außen auf das Unternehmen
einwirkenden Kräfte. Dabei wird vor allem versucht, die zukünftige
Entwicklung dieser Umweltfaktoren zu betrachten und in die strategische
Planung einzubinden.
Abbildung 13: Klassifizierung der Umweltbedingungen81
Die Ressourcenanalyse betrachtet die Stärken und Schwächen des
Unternehmens von innen heraus. Die Verbindung mit der Umweltanalyse,
also den Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung, gibt dem
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 31
Management Ansätze zur marktsegmentgerechten Positionierung des
Unternehmens oder einzelner SGF.82
SWOT-Analyse83
Die Verbindung von Umweltanalyse und Ressourcenanalyse kann im
Rahmen einer SWOT-Betrachtung zusammengeführt werden.
SWOT steht für Strenghts (Stärken), Weaknesses (Schwächen),
Opportunities (Chancen) and Threads (Risiken - Bedrohungen), also
Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken, die das Unternehmen
betreffen.
Die SWOT Analyse wird als zweidimensionale Matrix dargestellt. Als
Achsen dienen die Umwelt (Umweltanalyse) und das Unternehmen
(Ressourcenanalyse). Auf der Unternehmensachse werden die Stärken
und Schwächen berücksichtigt, auf der Umweltachse die Chancen und
Risiken. Anhand dieser Betrachtungsweise ergeben sich in der Matrix vier
Felder und auf jeder Achse ein positiv (Stärken - Chancen) und ein
negativ (Schwächen - Risiken) besetztes Feld. Aus dieser
„Konfrontation“84 und der übersichtlichen Darstellungsweise ergeben sich
mehrere strategische Handlungsoptionen. Diese Optionen können nach
den Feldkombinationen in vier verschiedene Gruppen eingeteilt werden,
die für die jeweilige Situation versuchen, die negativ wahrgenommen
Ergebnisse mithilfe der positiven abzumildern oder zu vermeiden:
• SO-Strategien
• ST-Strategien
• WO-Strategien
82 Vgl. Beschorner D., 1995, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 51 83 Weitere Ausführungen zur SWOT Analyse vgl. Müller-Stewens G., Lechner C., 2005,
Strategisches Management, S. 224ff; Horváth & Partners, 2004, Balanced Scorecard umsetzen, S. 450ff; Gälweiler A.,1986, Unternehmensplanung, S. 193; Dyson R. , O´Brien F., 1998, Strategic Development, S. 69ff; kritisch auch Grant R., Nippa M., 2006, Strategisches Management, S. 35; Grant R., 2002, Contemporary Strategy Analysis Concepts, Techniques, Applications, S. 15f
84 Müller-Stewens G., Lechner C., 2005, Strategisches Management, S. 224
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 32
• WT-Strategien
Diese Betrachtungsweise erlaubt eine grobe Beurteilung der Situation
eines Unternehmens; dabei steht SO für ein ideal aufgestelltes
Unternehmen, ST für ein gefährdetes Unternehmen, WO für ein
bedrängtes Unternehmen und WT für ein Unternehmen, dessen Existenz
bedroht ist.85
Strategiephase
Hier werden Strategien entwickelt, die als Maßnahmenbündel die Erreichung der Ziele ermöglichen und sicherstellen sollen. Ergänzend zu
den vorgestellten Strategiearten ist hier eine weitere Unterscheidungen
der Strategien nach der Reichweite der zielabhängig gewählten Strategien
innerhalb des Unternehmens sinnvoll.
• Unternehmensstrategien
• Geschäftsfeldstrategien
• Funktionalstrategien
• Zielformulierung
Zielphase
Nach der strategischen Analyse, der daraus resultieren grundsätzlich
beabsichtigten Ausrichtung des Unternehmens (oder einzelner SGF) und
der Ableitung von Strategien, werden die Ziele formuliert. Ziele sind dabei
die gewünschten Zustände oder Zustandsfolgen, deren Erreichung ungewiss ist.86
Bei der Verfolgung mehrerer Ziele ist die Zielverträglichkeit zu beachten.
Ziele können untereinander in verschiedenen Weisen harmonieren, korrelieren oder sich unter Umständen sogar ausschließen.
85 Vgl. Camphausen B., 2007, Strategisches Management, S.112 86 Vgl. Beschorner D., 1995, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 53
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 33
Abbildung 14: Zielbeziehungen87
Ziele können daher, entsprechend ihres Zusammenhangs und ihre
Intensität, im Rahmen von Zielsystemen betrachtet werden.88
Ausführungsphase
In dieser Phase der operativen Planung werden die zur Zielerreichung
vorgesehenen Ressourcen ermittelt und den einzelnen Bereichen in
Form von Budgets und Kapazitäten zugeordnet. 89
Kontrollphase
In der Kontrollphase werden die Ist-Werte der Zielkennzahlen mit den
gewünschten Soll-Vorgaben verglichen. Sie dient damit der Kontrolle der
Planerreichung bzw. der Feststellung der Planabweichung. Abweichungen
machen es gegebenenfalls notwendig, diese Abweichung in
Planänderungen zu berücksichtigen. Die Kontrollphase ist damit auch
Ausgangspunkt erneuter Planung und dem Durchlaufen der einzelnen
Planungsschritte.90
2.2.3 Strategisches Management
87 Jung H., 2002, Allgemeine Betriebswirtschafslehre, S.34 88 Da dies anhand der Zielmessgrößen, den Kennzahlen, geschieht, sei hier auf, S. 24
verwiesen 89 Vgl. Beschorner D., 1995, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 58, hier auch eine
vertiefende Darstellung der mit der operativen Planung verbundenen Aufgaben und Probleme
90 Vgl. ebenda, S. 70
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 34
Die Vorstellungen der strategischen Planung hinsichtlich der Machbarkeit,
Steuerbarkeit und Beherrschbarkeit und der problemlosen Umsetzung der
Planung an der Unternehmensspitze wirken durch die zunehmende
Dynamisierung der globalen Wirtschaft zu stark begrenzt. Strategisches Management wird heute nicht nur als Mittel zur Zielformulierung
betrachtet, sondern vor allem auch als Instrument zur Strategieimplementierung. Durch die zunehmenden Verknüpfungen von
organisatorischen Strukturen des Unternehmens mit denen Dritter, samt
der daraus entstehenden Widersprüchlichkeiten und Paradoxien, machen
es für eine erfolgreiche Umsetzung einer Strategie notwendig diese, auch
richtig umzusetzen.
Die Schwächen der strategischen Planung liegen nach Welge / Al Laham
vor allem in91
• der Überbetonung der Strategieformulierung im Vergleich zur
Strategieumsetzung
• der geringeren Akzeptanz der Strategien in den Linienstellen
aufgrund der Delegation an Stabstellen
• den Schwierigkeiten bei der Integration in Controlling und
Budgetierungssysteme, die zu einer getrennten Planung von
strategischen und operativen Belangen führt
• dem stark auf außen konzentrierten Bezug, indem sie Märkte und
Wettbewerb mit einbezieht, unter eher schwacher Orientierung auf
innere Prozesse und Strukturen.
Strategisches Management integriert die strategische Planung in ein
Managementsystem, welches sich vor allem auch mit der Umsetzung
einer Strategie beschäftigt.92
2.2.4 Die BSC
91 Vgl. Welge, M., Al-Laham, A., 2008, Strategisches Management, S.13 92 Vgl. ebenda, S. 14
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 35
Zu diesen Managementsystemen, die sich mit der Umsetzung von
Strategien befassen, zählt die Balanced Scorecard. 93
Die Balanced Scorecard wurde von Robert S. Kaplan und David P. Norton
Anfang der 1990er Jahre entwickelt. Ursprung der Idee war eine Studie zu
dem Thema „Performance-Messung in Unternehmen“. Seit dieser Zeit
wurde und wird das Konzept der BSC von verschiedenen Seiten
weiterentwickelt und der Anwendungskontext erweitert, nicht zuletzt von
den beiden ursprünglichen Autoren selbst.94
Die Nutzerbandbreite ist inzwischen breit gefächert und umfasst fast alle
professionellen Organisationen. Diese beinhaltet sowohl die klassischen Nutzer betriebswirtschaftlicher Ansätze, mit deren Hilfe und für welche
das Konzept ursprünglich entwickelt wurde, wie Industrieunternehmen
und Mittelständler. Mittlerweile gibt es auch nennenswerte
Einsatzbeispiele aus dem Bereich der Dienstleistungsunternehmen, staatlichen Institutionen wie auch der Non-Profit Organisationen.95
Gerade im deutschen Sprachraum gibt es aus verschiedenen Gründen
Übersetzungen und Übertragungen des Begriffs Balanced Scorecard. Im
Folgenden eine unvollständige Liste an synonym gebrauchten
deutschen Begriffen:96
• Gewichteter Berichtsbogen
• Gewichtete Zielekarte
• Ausgewogener Zielebogen
• Konzept der strategischen Anzeigetafel
93 Der Untertitel der englischen Originalausgabe des Buches Balanced Scorecard von
Kaplan / Norton, lautet „Translating Strategy into Action“ 94 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 11 95 Vgl. ebenda, S. 11 96 Vgl. ebenda, S. 11f
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 36
Weiterhin wird der Begriff Balanced Scorecard (BSC) verwendet.
Die BSC soll die Umsetzung der Strategien einer Unternehmung unter-
stützen, indem sie diese mit ausgewogenen Zielen, Zielwerten, Messgrößen und der Definition von strategischen Aktionen unterfüttert.
Entscheidend für das Konzept der BSC ist dabei die Kommunikation der
Involvierten miteinander über alle beteiligten Hierarchiestufen und
organisatorischen Unternehmensbereiche hinweg. Dies, und nicht etwa
die alleinige Betrachtung der herangezogenen Kennzahlen, ist das
bestimmende Moment für operative Entscheidungen bei der Anwendung
einer BSC. Damit geht das BSC-Konzept über bestehende
Kennzahlensysteme hinaus, und soll vielmehr die Ausrichtung des
operativen Geschäfts unter konsequenter Beachtung der festgelegten
strategischen Ziele unterstützen und erleichtern.97
97 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 12
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 37
2.3 Perspektiven der BSC
Kernpunkt des BSC-Ansatzes ist die Zuordnung von Zielen, deren
Kennzahlen und Messgrößen sowie strategischer Aktionen zu einer
bestimmten Betrachtungsweise, den so genannten Perspektiven.
Im ursprünglichen Konzept wurden aufgrund empirischer Erfahrung vier Perspektiven erkannt und benannt:98
• Finanzen
• Kunden
• Interne Geschäftsprozesse
• Lernen und Wachstum
Diese Perspektiven stellen nur Vorschläge dar, die sowohl in inhaltlicher
Ausrichtung, als auch in Anzahl an die Bedürfnisse und Anforderungen
des Unternehmens / Geschäftsfeldes angepasst werden können.
Abbildung 15: Die Balanced Scorecard99
In der folgenden Übersicht sind verschiedene alternative Bezeichnungen
für die von Kaplan / Norton vorgeschlagenen Perspektiven dargestellt.
98 Vgl. Horváth & Partners, 2004, Balanced Score umsetzen, S. 3 99 Vgl. ebenda, S. 4 Abb 1.1
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 38
Diese sind inhaltlich mit den Perspektiven von Kaplan / Norton
weitgehend identisch, modifizieren und ergänzen diese jedoch
teilweise.100
Potenzial- oder MitarbeiterperspektiveMitarbeiterperspektiveMitarbeiter und Human
ResourcesLernen und Wachstum
Morganski
Geschäftsprozess-perspektive bzw.
Prozessperspektive
Geschäftsprozess-perspektive
Friedag / Schmidt
Kunden
Aufbau und Ablauforganisation
Kunden und Märkte
Gehringer
Andere Bezeichnung bei grundsätzlich gleicher oder ähnlicher inhaltlicher Auffassung unter teilweiser Erweiterung und Modifizierung des Inhaltes in der Literatur
Interne Geschäfts-prozesse
Finanzen
Perspektive nach Kaplan / Norton
Abbildung 16: Unterschiedliche Bezeichnungen der 4 BSC Perspektiven101
Diese Übersicht zeigt deutlich die Bedeutung der Finanzperspektive, die
unverändert in den dargestellten Modellen verwendet wird. Unterschiede
gibt es vor allem bei der inhaltlichen Sichtweise der Prozessperspektive,
teilweise werden nur interne Prozesse betrachten, jedoch teilweise auch
externe Prozesse miteinbezogen.102
100 Vgl. Gehringer J., Walter J.M., 2000, Frühwarnsystem Balanced Scorecard, S. 31;
Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 28; Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 17
101 Eigene Darstellung, vgl. Gehringer J., Walter J.M., 2000, Frühwarnsystem Balanced Scorecard, S. 31; Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 28; Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 17
102 Vgl. Gehringer J., Walter J.M., 2000, Frühwarnsystem Balanced Scorecard, S. 31; Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 28; Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 17
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 39
2.3.1 Finanzen
Als die wichtigste, teilweise gar als einzig zu berücksichtigende,
Perspektive gilt die finanzwirtschaftliche Perspektive. Sie ermöglicht
eine Überprüfung der Strategie hinsichtlich Ergebnisänderungen des
Unternehmens. Ihre Kennzahlen beruhen stets auf der Messung der
Rentabilität in engerem oder weiterem Sinne. Dabei erfüllen diese
Kennzahlen zwei Aufgaben. Zum einen zeigen sie die von einer Strategie
erwartete finanzielle Verbesserung. Zum anderen bilden sie den
Endpunkt der anderen Perspektiven der BSC, deren Kennzahlen über
Ursache-Wirkungsbeziehungen mit den finanziellen Zielen in
Verbindung stehen müssen. Der Begriff finanzwirtschaftlich wird im BSC
Konzept weiter gefasst, als es das klassische Verständnis der
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 46
verbesserten Prozessen niederschlagen. Dies findet sich in der Lern-
und Entwicklungsperspektive wieder.120
Abbildung 19: Ursache-Wirkungskette in der BSC121
120 Vgl. Kaplan R., Norton D., 1997, Balanced Scorecard, S. 28f 121 Vgl. ebenda, S. 29
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 47
2.4 Weiterentwicklungen der Balanced Scorecard
Das ursprüngliche Modell von Kaplan / Norton wurde zwischenzeitlich
verschiedentlich modifiziert und erweitert. Im Folgenden sollen einige
dieser veränderten Modelle kurz beschrieben werden.
Da sich manche Modelle nur in einer Gewichtung der einzelnen Schritte
des BSC Prozesses unterscheiden, wird das Kaplan / Norton Konzept
zuerst schematisch dargestellt.
Abbildung 20: Schritte des Kaplan / Norton-Modells122
Die Hauptprozesse werden entlang den 10 Schritten mehrmals
durchlaufen und verfeinern so die BSC und deren Herunterbrechen auf
verschiedene Unternehmensbereiche.123
Die dargestellten 10 Schritte dieses Ansatzes sind stark auf die
Erfordernisse großer amerikanischer Unternehmen zugeschnitten. Um
diese andere Denkweise und Kultur auf deutsche Verhältnisse zu
übertragen hat Horváth den Ansatz leicht modifiziert. Dabei setzt er auf
einen festen Rahmen von Instrumenten und Strukturen. Er versucht damit
die Problematik der Strategieumsetzung zu mindern. Ein solcher Rahmen
lässt sich gut mit begleitender Beratung koppeln, da der Rahmen an sich 122 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 2000, My Balanced Scorecard, S.93 123 Vgl. ebenda, S.94
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 48
wieder definiert und erklärt werden muss. Nicht zuletzt müssen auch die
Beteiligten und Betroffenen bereit sein, sich in ein festes System
einzugliedern. In solchen eher starren Systemen geraten diese
handelnden Personen leicht an den Rand der Ereignisse, anstatt diese
aktiv zu gestalten und damit den Erfolg der BSC sicherzustellen.124
Abbildung 21: Schritte des Horváth-Modells125
124 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 2000, My Balanced Scorecard, S.94f 125 Vgl. ebenda, S.95
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 49
Das TQM-Scorecard Modell erweitert das ursprüngliche BSC Konzept um
Aspekte aus dem europäischen TQM-Modell (Total Quality Management).
Abbildung 22: TQM-Scorecard126
Allerdings setzt dieser Ansatz aufgrund der Rückgriffe auf die Systematik
des europäischen TQM-Modells, Erfahrungen mit diesem voraus.
Eine weitere Modifikation der BSC für den Einsatz im Handel ist das
Eschenbach Modell.
Abbildung 23: Eschenbach Modell127
126 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 2000, My Balanced Scorecard, S. 102 127 Vgl. ebenda, S. 103
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 50
Mit zunehmender Bekanntheit des Begriffs Balanced Scorecard nehmen
auch vereinfachte Umsetzungsversuche zu. Diese verwenden Teile des
BSC Ansatzes und versuchen diese mithilfe altbekannter
Informationssysteme abzubilden. Dabei werden die Perspektiven als
Kennzahlenordnungssystem verstanden und zugehörige Kennzahlen in
Informationssystem-Softwareanwendungen als Balanced Scorecard
präsentiert. In einem solchen Fall geht vor allem der strategische Bezug
der Kennzahlen und Perspektiven, verbunden durch Ursache-
Wirkungseffekte, verloren. Die computergestützte Erfassung von
Kennzahlen und deren Aufbereitung und Aggregation in Perspektiven
können, richtig eingesetzt, einen Beitrag zur BSC bilden. Aber sie stellen
eben nur einen Teil des Gesamtkonzepts BSC dar.128
128 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 2000, My Balanced Scorecard, S. 96ff
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 51
2.5 Beachtung der Balance
„Balanced“ impliziert im BSC-Konzept eine ausgewogene Betrachtung.
Diese Ausgewogenheit wird durch den Rückgriff auf verschieden Kennzahlen erreicht. Sie besteht aus einer Abwägung von operativer Planung und strategischen Zielen, aus der Berücksichtigung des Heute
und des Morgen in Form von Früh und Spätindikatoren, sowie aus einem
Gleichgewicht aus quantitativen und qualitativen Kennzahlen.129
Um die Ausgewogenheit der Ziele in der BSC zu erreichen, ist die
Abstimmung an drei Gesichtspunkten zu orientieren. Ausgewogenheit
beinhaltet die Darstellung des Unternehmens, die Einbeziehung aller
relevanten Organisationseinheiten und die Kommunikation mit allen
Mitarbeitern.130
Die Perspektiven der BSC stellen dabei den Rahmen für die Aussagen
der Strategie über strategische Schwerpunkte dar. Den Perspektiven
werden die Ziele zugeordnet. Die Ziele werden in Kennzahlen
ausgedrückt, die angeben, wie die Zielerreichung zu bewerten ist und in
welchem inneren Ursache-Wirkungsverhältnis die Ziele zueinander
stehen.131
129 Vgl. Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard, S. 107 130 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 21 131 Vgl. Horváth & Partners, 2004, Balanced Score umsetzen, S. 43
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 52
Die BSC als Konzept will zusammenfassend folgendes erreichen:132
• Eine vereinfachte Darstellung komplexer Betriebsabläufe und
nachvollziehbare Teile hieraus für die Mitarbeiter darlegen,
• die Vision und Mission durch Ableitung von Strategie und Ziele
messbar machen,
• Kommunikation über diese Ziele mit den Mitarbeitern,
• Strategien in den operativen Bereich umsetzen und
• Strategien so umzusetzen und anzupassen, dass auf eine
Änderung der unternehmerischen Herausforderungen reagiert
werden kann.
Der Ansatz der BSC geht über das normale von Führungskräften
geforderte mehrdimensionale Denken hinaus. Es kommt nicht nur darauf an mehrere Sichtweisen zu berücksichtigen, sondern vielmehr auf
die Art und Weise, wie dies geschieht. Um eine Überbetonung des
eigenen Bereichs zu verhindern, zeigt die BSC die Abhängigkeit der
verschiedenen Sichtweisen auf, beachtet diese nicht unabhängig, sondern
gleichzeitig und bietet einen Rahmen zur Erstellung eines passenden
Zielsystems.133
Hinter aller Gleichgewichtung der verschiedenen Bereiche in einem
logischen Zusammenhang, steht letztlich die Grundlage betrieblicher
Aktivitäten: der Erzielung von Gewinn im Auftrag der Kapitalgeber.
Dies ist zweifach relevant. Zum einen kann es leicht während der
Betrachtung des BSC-Ansatzes in Vergessenheit geraten. In der BSC
spielt die Beachtung der Finanzen eine wichtige Rolle, nicht zuletzt
indem Ursache-Wirkungsketten final auf die Verbesserung der
Finanzperspektive ausgerichtet sind. Zum anderen ist es aber gerade Ziel
der BSC vor allem die Wege, die Ziele und strategischen Maßnahmen,
132 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 23 133 Vgl. Horváth & Partners, 2004, Balanced Score umsetzen, S. 44
2. Die BSC im Spiegel der theoretischen und praktischen Diskussion 53
die zu dieser Verbesserung führen, aufzuzeigen und die Umsetzung zu
Dies liegt laut Horváth & Partners jedoch meist nicht vor. In der Praxis
besteht „die Strategie“ oft nur als Ansammlungen einzelner Meinungen,
nicht verbundenen Konzepten, detaillierten Auswertungen, schönen
Visionen und anderem.138
Hinzu kommen Änderungen in der Strategie. Umfangreiche
Richtungsänderungen erfordern eine Anpassung des gesamten
Strategiemodells. Nötig werden solche Anpassungen bei M&A Aktivitäten
oder Markteintritten. Häufig werden solche Ereignisse für die
Erstanwendung des BSC-Konzepts gewählt. Kleinere Änderungen der
Strategie, die wesentlich häufiger stattfinden, machen eine fortlaufende
Beschäftigung mit der Strategie nötig. Diese Änderungen ergeben sich
aus vielen operativen Einzelentscheidungen auf Teilbereiche der
laufenden Strategie, die zusammengenommen aber Einfluss auf die
gesamte Weiterentwicklung der Strategie haben.139
Horváth & Partners trifft dabei eine Unterscheidung der Strategie in zwei
Sichtweisen, in einen eher kurzfristigen, strategischen Rahmen und in ein
eher dynamisches Zielsystem. Diese werden in eine Wettbewerbsarena
eingebettet, welche die nötigen Aussagen zu Trends / Szenarien, Märkten
/ Kunden, Branchen / Erfolgsfaktoren und Wettbewerbern / Unternehmen
zusammenfasst. Dies stellt eine Erweiterung des ursprünglichen BSC
Konzeptes dar, welches auf Ziele fokussiert ist, aber nicht 137 Vgl. Horváth & Partners, 2004, Balanced Scorecard umsetzen, S.122 138 Vgl. ebenda, S. 122 139 Vgl. ebenda, S. 123
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 56
Strategieelemente berücksichtigt, welche nicht als Ziele formuliert werden.
Hierzu zählen beispielsweise Führungsgrundsätze oder die Mission.140
Abbildung 26: Schalenmodell zur Strukturierung von Strategieinhalten141
Um eine BSC zu erstellen, werden verschiedene strategische
Informationen benötigt, unterschieden nach und abhängig von den
einzelnen Perspektiven.142
140 Vgl. Horváth & Partners, 2004, Balanced Scorecard umsetzen, S.126 141 Vgl. ebenda, S. 126 142 Vgl. ebenda, S. 127
Wet
tbew
erbe
r / U
nter
nehm
en
Märkte
/Kunden
Trend / Szenarien
Branche / Erfolgsfaktoren
Vision
Ges
chäf
tsko
nzep
t Mission
/Werte
Zielposition
Strat. Ziele / Strategy Map
MessgrößenS
trate
gisc
he
Akt
ione
n
Ist- und Zielwerte
Operativer Kern
In der Wettbewerbsarena werden die Trends, Märkten/Kunden,
Branchen/Erfolgsfaktoren und Wettbewerber analysiert
Im Strategischen Rahmen werden Grundsatzentescheidungen getroffen,
gebündelt und in einem Geschäftskonzept umgesetzt
Durch die Beschreibung und Operationalisierung der Strategie wird die Umsetzung gesteuert (Balanced
Scorecard)
Im operativen Kern wird die Wertschöpfung realisiert (Ressourcen,
Prozesse und Produkte)
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 57
Abbildung 27: Informationsanforderungen an die Balanced Scorecard143
Strategische Ziele werden aus einer Vielzahl möglicher strategischer
Ziele durch Reduktion, Selektion und Konzentration abgeleitet um die
relevanten Ziele herauszuarbeiten. Dabei werden den einzelnen
Perspektiven Ziele zugeordnet. Es findet eine Unterscheidung zwischen
strategischen und operativen Zielen statt, sowie zwischen strategischen
Zielen und strategischen Aktionen. Ein strategisches Ziel zeichnet sich
durch folgende Punkte aus:144
• Es ist organisationsspezifisch, individuell und nicht austauschbar,
• es überführt die Strategie in handlungsorientierte Aussagen für die
jeweilige Perspektive und
• gliedert die Strategie in ihre Bestandteile.
Da die strategischen Ziele, und nicht etwa deren Messgrößen, zentrales
Herzstück der BSC sind, ist die Qualität der strategischen Ziele von
entscheidender Bedeutung für den Erfolg einer BSC.145
143 Vgl. Horváth & Partners, 2004, Balanced Scorecard umsetzen, S. 127 144 Vgl. ebenda, S. 169 145 Vgl. ebenda, S. 169
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 58
3.2 Kennzahlen in der BSC
Die meisten der gebräuchlichen Kennzahlen in der
Betriebswirtschaftslehre sind vergangenheitsorientiert, ihre
Auswirkungen zeigen sich erst am Ende betriebswirtschaftlicher Prozesse,
sie sind daher Spätindikatoren.146
Kennzahlen, die auf den Anfang oder die frühen Phasen eines Prozesses
und dessen Auswirkungen auf das Ergebnis abzielen, werden als
Frühindikatoren bezeichnet147
Kennzahlen können daher in drei Dimensionen betrachtet und durch diese
definiert werden. Alle drei Dimensionen müssen innerhalb der BSC
ausgewogen repräsentiert sein. Dabei setzen sich die einzelnen
Dimensionen wie folgt zusammen:148
Erste Dimension: ausgehend von den Perspektiven der BSC
Zweite Dimension: ausgewogene Differenzierung nach kurz- und
langfristigen Kennzahlen
Dritte Dimension: Unterscheidung zwischen Früh und Spätindikatoren
Spätindikatoren oder auch Kernkennzahlen betrachten vor allem
Entwicklungen aus der Vergangenheit. Diese Kennzahlen sind
grundsätzlich für eine Vielzahl an Unternehmen sehr ähnlich aufgebaut
und können daher ohne große Änderungen direkt eingesetzt werden.149
Diese Leistungstreiber signalisieren wie die Spätindikatoren zustande
kommen und bilden für diese die Voraussetzung für eine Wertsteigerung
für das Unternehmen.150
Die Unterscheidung von Spät- und Frühindikatoren kann von
Unternehmen zu Unternehmen verschieden sein. So kann die gleiche
146 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 42 147 Vgl. ebenda, S. 42 148 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 46f 149 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 116 150 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 64
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 59
Kennzahl in dem einen Unternehmen als Spätindikator, in einem anderen
aufgrund einer anderen Strategie als Frühindikator gesehen werden.151
Abbildung 28: Dreidimensionalität von Kennzahlen 152
Kennzahlen die in der BSC verwendet werden, haben einige
Besonderheiten.153 Ehrmann stellt diese Anforderungen folgendermaßen
dar:
• Einfache Kennzahlen um Aussagefähigkeit und Akzeptanz zu
erhöhen
• Akzeptanz ist Grundbedingung für die motivierende Wirkung einer
BSC
• Um Eigeninitiative und Kommunikation nicht zu behindern, darf die
Kontrollfunktion einer Kennzahl nicht im Mittelpunkt stehen
• Den Kennzahlen werden verantwortliche Personen zugeordnet,
welche die Entwicklung der Kennzahlen begleiten
151 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 117 152 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 46 153 Vgl. Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard, S. 58
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 60
• Kennzahlen vermitteln die Strategien und stellen die Verbindung
zum operativen Ablauf her, daher sind sie nicht unter der Betonung
eines Leistungsanreizes zu betrachten
• Früh- und Spätindikatoren sind ausgewogen zu berücksichtigen.
Eine unausgewogene Mischung ermöglicht keine zuverlässigen
Aussagen über das Zustandekommen von Ergebnissen
• Es dürfen nicht zu viele Kennzahlen betrachtet werden, da eine zu
große Zahl den Bezug zur Strategie verliert
• Messgrößen stellen sowohl quantitative als auch qualitative
Sachverhalte dar
• Ursache-Wirkungszusammenhänge müssen in jeder Kennzahl klar
sein
• Der Ermittlungsaufwand einer Messgröße muss wirtschaftlich
angemessen sein
Vor allem die Beschränkung auf wenige, dafür aber umso relevantere
Kennzahlen ist ein wesentliches Merkmal des BSC-Konzeptes.
Gehringer sieht bei vier Perspektiven etwa 15-20 Kennzahlen als
angemessen an.154
154 Vgl. Gehringer J, Walter J.M.,2000, Frühwarnsystem Balanced Scorecard, S. 61
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 61
3.2.1 Quantitative Kennzahlen
Dies sind die klassischen Kennzahlen zur Erfolgsmessung eines
Unternehmens. Sie spiegeln daher bewährte und bekannte Sachverhalte
wider.155 Mit ihnen werden in der BSC meist die Spätindikatoren
dargestellt.
Diese Kennzahlen lassen sich beispielsweise wie folgt gliedern156:
Shareholder Value AnsatzEconomic Value Added (EVA)Market Value Added (MVA)Capital Asset Pricing Model (CAPM)Discounted Free Cash Flow Model (DCF)
Unternehmenswertorientierte Kennzahlen
EigenkapitalrenditeReturn on Investment (ROI),Return on Equity (ROE)Return on Capital Employed (ROCE)…
• Erntephase: Nutzung von Vermögenswerten / Investitionsstrategie
Die Kennzahlen der strategischen Themen erklären, wie der
entsprechende Bereich sich entwickelt und welche Maßnahmen zur
Verbesserung daraus abgeleitet werden können.173
Richtiges Finanzmanagement umfasst sowohl Gewinn- als auch
Risikobetrachtung. Daher ist die Integration eines risikoorientierten Zieles
innerhalb der BSC sinnvoll. Eine Balance zwischen Ertragszielen und
risikoorientierten Zielen kann z.B. die Diversifizierung der
Einnahmequellen ausdrücken.
Da die Kennzahlen aus der Finanzperspektive sich vor allem aus
quantitativen Kennzahlen „rekrutieren“, soll hier ein Verweis auf Kapitel
3.2.1 und dort insbesondere auf Abbildung 29 ausreichend sein.
172 modifizierte Darstellung nach Kaplan R., Norton D., 1997, Balanced Scorecard, S.50 173 Für eine ausführliche Darstellung der strategischen Themen vgl. Kaplan R., Norton D.,
1997, Balanced Scorecard, S. 50-58
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 69
3.3.2 Kundenperspektive
Als Kernfrage der Kundenperspektive bietet sich an:174
Welches Verhalten ist unseren Kunden gegenüber notwendig um
unsere Visionen und den finanziellen Erfolg unserer Bemühungen
zu gewährleisten?
Spätindikatoren
Marktanteil
Voraussetzung für die verwertbare Erfassung des Marktanteils ist eine
genaue Definition und Einschränkung der Zielgruppe.175 Der Marktanteil
ist für im Wettbewerb stehende Unternehmen eine bedeutende Kennzahl,
da sie direkt die Position des Unternehmens im Vergleich zu den
restlichen Marktteilnehmern abbildet. Der Marktanteil liefert Informationen
wie der Absatz in der Zielgruppe gesteigert werden kann.
Kundenzufriedenheit
Zufriedenheit der Kunden ist nicht alles, wertvoll werden Kunden erst,
wenn sie die angebotenen Produkte / Dienstleistungen wiederholt wahrnehmen.176 Die Kundenzufriedenheit ist hierfür eine Voraussetzung.
Unzufriedene Kunden werden ein Angebot im freien Markt kaum ein
weiteres Mal in Anspruch nehmen. Darüber hinaus werden schlechte
Erfahrungen häufiger weitergegeben als positive. So wird statistisch eine
schlechte Erfahrung 5- bis 10-mal an andere berichtet, gute Erfahrungen
hingegen nur 1- bis 3-mal.177
174 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 52; Horváth & Partners, 2004,
Balanced Score umsetzen, S. 45 175 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S, 56 176 Vgl. ebenda, S, 56; vgl. auch Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S.
117f 177 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 118,
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 70
Kundentreue
Ein treuer Kunde ist auch günstiger als ein neu zu werbender Kunde.
Diese Vertriebsweisheit gerät durch starke Fokussierung auf Neukunden
manchmal in Vergessenheit. 178 Die exakte Messung der Kundentreue in
einem Marksegment oder einer Periode setzt gute Kenntnisse des
Kundenstamms voraus.179 Bestandskunden erfordern in Relation zu
Kundenneugewinnung einen wesentlich geringeren Einsatz finanzieller
Mittel.180
Kundenakquisition
Obwohl neue Kunden teuer sind, sind sie eine wichtige Basis für
Umsatzausweitungen, sofern sie mit dem Angebot und seinen
Entscheidend für den Unternehmenserfolg ist aber nicht der Umsatz, der
mit Alt- oder Neukunden erzielt wird, sondern der daraus resultierende Gewinn.182 Dieser Grundsatz kann zwar für einen begrenzten Zeitraum
bei Produktneueinführungen ignoriert werden, langfristig muss das
Unternehmen sich jedoch auf profitable Kunden konzentrieren183
Frühindikatoren
Produkt und Serviceeigenschaften
Die Produkteigenschaften stehen in engem Zusammenhang mit der
gewählten Strategie zur Positionierung des Unternehmens. So werden
Produkte / Dienstleistungen, die einer Billigstrategie folgen, andere
Merkmale besitzen als Produkte einer Hochpreisstrategie.184 Zunehmend
178 Vgl. ebenda, 1999 S. 119 179 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 62 180 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 119 181 Vgl. ebenda, S. 120 182 Vgl. ebenda, S. 120 183 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S.63 184 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 123
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 71
wichtiger werden die Serviceeigenschaften, die im Zusammenhang mit
dem Angebot stehen. Dazu zählen z.B. Aspekte der Lieferung wie
Lieferbereitschaft, Liefertreue, das verfügbare Angebot sowie die ständige
Verfügbarkeit. 185
Image und Ansehen
Ein positives Image stellt heutzutage für den Konsumenten einen großen Wert dar.186 Gute Öffentlichkeitsarbeit muss nicht teuer sein, sie erfordert
nicht unbedingt aufwendige und groß angelegte Image-Werbekampagnen,
Erfolge bei der Verbesserung des Images sind allerdings erst langfristig
feststellbar und sehr schwer messbar.187 Ein ständiger Einsatz der
Geschäftsführung ist aber für die Bildung eines positiven Images
entscheidend.
Kundenbeziehungs- und Kundebindungsmanagement
Um Wünsche des Kunden in Erfahrung zu bringen und ihm entsprechende
(Zusatz-)Angebote durch die Mitarbeiter machen zu können, müssen
diese die Wünsche identifizieren. 188 Dabei muss der Rahmen der
Angebotspräsentation zu den Erwartungen des Kunden passen, die wahr-
genommene Qualität des Angebots sowie das Preis-Leistungsverhältnis
berücksichtigen.189
185 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 65 186 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 124 187 Vgl. ebenda, S. 124 188 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 66 189 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 124
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 72
3.3.3 Interne Prozessperspektive
Die bestimmende Frage der Prozessperspektive kann lauten:
Nach welchen Zielen müssen Prozesse ausgerichtet sein, um unsere
Kunden zufrieden zu stellen und um positive finanzielle Auswirkungen zu
erzielen?190
In der Prozessperspektive stehen nicht unbedingt die einzelnen Teil-
Geschäftsprozesse im Vordergrund, sondern vielmehr der
Gesamtprozess unter strategischen Gesichtspunkten. Dieser besteht aus
vier Bestandteilen:191
• Indikatoren der Innovation
• Indikatoren des Betriebsprozesses
• Indikatoren des Kundendienstprozesses/Nachsorge
• Indikatoren für die Kommunikation
Abbildung 33: Prozess Wertkette der internen Perspektive192
Indikatoren der Innovation
Innovation ist mehr als die Entwicklung neuer Produktangebote. Innova-
tion ist ein Prozess der alle Mitarbeiter eines Unternehmens auffordert, Kundenwünsche aus der Zielgruppe / dem Zielmarkt heraus zu
190 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 92; Horváth & Partners, 2004,
Balanced Score umsetzen, S. 45 191 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 136f 192 Vgl. Kaplan R., Norton D., 1997, Balanced Scorecard, S. 93
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 73
identifizieren, um für diese Zielgruppen / Zielmärkte zugeschnittene und
als optimal empfundene Angebote zu schaffen.193
Indikatoren des Betriebsprozesses
Die Indikatoren des Betriebsprozesses lassen sich weiter unterteilen nach
der Prozesszeit und der Prozessqualität. 194
Die Prozesszeit erfasst dabei die Laufzeiten verschiedener Prozesse, der
jeweilige Startpunkt einen Zyklus hängt dabei von dem betrachteten
Prozess ab.195
Die Prozessqualität wird mit verschiedenen Konzepten überprüft. Zum
Einsatz kommen Ansätze wie TQM oder Kaizen. Kaizen ist eine
Denkhaltung deren Leitsatz in etwa lautet: Das Hauptbestreben unsere
Anstrengungen ist die fortwährende Verbesserung unserer Tätigkeiten. 196
193 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 95 194 Vgl. ebenda, S. 95f 195 Vgl. ebenda, S. 95 196 Vgl. ebenda, S. 97
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 74
Indikatoren des Kundendienstprozesses/Nachsorge
Wie bereits im Rahmen der Kundenperspektive formuliert, verursachen
Bestandskunden weniger Kosten als die Akquisition von Neukunden.
Daher ist es wichtig, dass sich Kunden bei Problemen ernst genommen
fühlen und dementsprechend behandelt werden. Um eine solche
Betreuung zu gewährleisten, ist ständiger Einsatz der Mitarbeiter
gefordert. In diesem Zusammenhang lassen sich einige Fragestellungen
identifizieren, die diesen Prozess unterstützen:197
• Erfassung der Kundenerfahrungen mit dem Angebot des
Unternehmens
• Feedbackmöglichkeit für Kunden in und auf Packungen
• Routinemäßige Befragung der Kunden nach einiger Zeit zur
Zufriedenheit mit dem Angebot
• Werden, und wenn ja wie häufig, Beschwerden und Probleme von
Kunden zur Verbesserung von Neukundegewinnung und
Serviceverbesserungen genutzt?
Indikatoren für die Kommunikation
Die Kommunikation ist ein wesentlicher Bestandteil des BSC Konzeptes,
sie ist „das innere Potenzial der Balanced Scorecard“198 und stellt damit
einen wichtigen innerbetrieblichen Prozess dar, welcher auch
entsprechend behandelt und umgesetzt werden muss.199 Ein guter
kommunikativer Prozess, der die Visionen, Missionen und Strategien
erfolgreich nach innen und außen trägt, ermöglicht dem Unternehmen die
Wahrnehmung von Erfolgspotenzialen. Nach innen gerichtet erschließt
197 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 98f 198 Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 150 199 Vgl. ebenda, S. 150f
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 75
Kommunikation Führungspotenzial und schafft nach außen
Marktchancen.200
200 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 100
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 76
3.3.4 Lern- und Entwicklungsperspektive
Grundlegende Frage in der Entwicklungsperspektive ist:
Welche Ziele ermöglichen es uns und vor allem unseren Mitarbeitern,
zukünftige Herausforderungen zu erkennen und zu bewältigen?201
Spätindikatoren
Mitarbeiterzufriedenheit
Die Zufriedenheit der Mitarbeiter basiert auf einem von Verantwortung und gegenseitiger Wertschätzung geprägtem Arbeitsklima. In
Verbindung mit der Berücksichtigung der jeweiligen Potenziale der
untergeordneten Mitarbeiter werden so die Voraussetzungen für
zufriedene Mitarbeiter geschaffen.
Mitarbeitertreue
Ähnlich der Neugewinnung von Kunden sind die Einführung neuer
Mitarbeiter und deren Anlernen in ihr Tätigkeitsfeld mit hohen Kosten
verbunden.
Mitarbeiterproduktivität
Durch die Förderung des Mitarbeiterpotenzials in Verbindung mit deren
Zufriedenheit kann die Produktivität analysiert werden.
Frühindikatoren
Fort- und Weiterbildung sowie High-Potential-Development
In der heutigen globalisierten Welt veraltet angelerntes Wissen enorm
schnell, daher ist es notwendig, Mitarbeiter durch
Fortbildungsmaßnahmen auf den aktuellen Wissenstand zu bringen. Auch
wenn dies in der Vergangenheit eher als Motivationsmaßnahme
erfolgreicher oder bewährter Mitarbeiter galt, ist Wissen heute mehr denn
201 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 79; Horváth & Partners, 2004,
Balanced Score umsetzen, S. 46
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 77
je Macht bzw. Grundlage für den Erfolgsbeitrag des einzelnen
Mitarbeiters.
Mitarbeitermotivation
Zufriedenheit und aktueller Wissenstand der Mitarbeiter sind eine gute
Grundlage für erfolgreiche Unternehmen, aber wenn der Mitarbeiter nicht motiviert ist, wird dieses erreichte Potenzial nicht zum Vorteil des
Unternehmens genutzt werden können.
Informelle Infrastruktur im Unternehmen
Motivation und Fortbildung sind notwendig, führen aber noch nicht zur
Zielerreichung. Entscheidend dafür ist die Nutzung von Informationen.
Erst die richtigen Informationen, vom richtigen Mitarbeiter genutzt,
ermöglicht die Erfüllung von Zielen. Dafür erfordert Informationsprozesse,
die Informationen den Mitarbeitern dann zugänglich machen wenn sie
diese benötigen.202
Zunehmend verlagert sich die Informationsverarbeitung weg von interner
Erfassung hin zu der Nutzung des Internets und des World-Wide-Webs
(WWW) in Verbindung mit Data-Mining / Online analytical processing
(OLAP). Data Mining / OLAP ist eine Methode um mithilfe online
verfügbarer Information für das Unternehmens unbekannte
Abhängigkeiten und logische Verbindungen zu entdecken und für das
Unternehmen nutzbar zu machen. Zwar ist zur Durchführung von OLAP
ein gewisses Maß an technischen Voraussetzungen durch die IT-
Abteilung zu schaffen, dennoch ist die Nutzung und gedankliche
Verarbeitung der Daten beim zuständigen Mitarbeiter erforderlich. 203 Aus
diesen Ansprüchen resultiert das Bild eines Wissen-Managers, welcher
das Wissen im Unternehmen koordiniert und die punktgenaue Allokation
von Wissen professionell unterstützt.204
202 Vgl. Kaplan R., Norton D., 1997, Balanced Scorecard, S. 130 203 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 175 204 Vgl. Morganski B., 2003, Balanced Scorecard, S. 91
3. Quellen der BSC und ihrer Perspektiven 78
Markus P. Schenk - Die Balanced Scorecard als Instrument moderner Unternehmensführung – Diplomarbeit WS 2007/08GSO Hochschule, Nürnberg
Markus P. Schenk - Die Balanced Scorecard als Instrument moderner Unternehmensführung – Diplomarbeit WS 2007/08GSO Hochschule, Nürnberg
14
Markus P. Schenk - Die Balanced Scorecard als Instrument moderner Unternehmensführung – Diplomarbeit WS 2007/08GSO Hochschule, Nürnberg
Kapitel 3: Die Perspektiven der BSC
Finanzen
Kunden
Prozesse
Lernen und Wachstum Ursache- Wirkungsketten
Auswirkungen auf die Mitarbeiter
Abbildung 34: Zusammenfassung Kapitel 3205
205 Eigene Darstellung
4. Die Anwendungsgebiete der BSC 79
4 Anwendungsgebiete der BSC
Im Folgenden soll untersucht werden, wie eine BSC in den
Unternehmensbereichen Controlling, Management, Personalwesen und
Vertrieb sinnvoll eingesetzt werden kann.
4.1 BSC als Controllinginstrument
Aufgaben des Controllings waren anfänglich die Erfassung, Überprüfung
und Planung von Geldausgaben und Geldeingängen. Größere
Unternehmen führten dann eigene Rechnungswesenabteilungen und
später Stabsstellen für Controlling ein. Diese Stabstellen haben die
Aufgabe, sämtliche relevante Daten zur Unternehmensführung und -steuerung in verdichteter Form den entsprechenden
Informationsempfängern bereitzustellen. 206
In dieser Sichtweise ist das Controlling eher passiv mit der Beschaffung
und Interpretation von Daten befasst. Zunehmend versucht das
Controlling auch eine aktive Rolle in der Gestaltung und Koordinierung
von Strategien einzunehmen und dies sowohl bei deren Entwicklung, als
auch in der Durchsetzung und Kontrolle von Strategien. In dieser Rolle ist
das Controlling bzw. der Controller ein interner Berater des
Managements um so einen Beitrag zur Wertschaffung im Unternehmen
zu leisten.207
206 Vgl. Gehringer J, Walter J.M.,2000, Frühwarnsystem Balanced Scorecard, S. 67 207 Vgl. Weber J., Schäffer U., 2000, Balanced Scorecard & Controlling, S. 175
4. Die Anwendungsgebiete der BSC 80
Abbildung 35: Unterschiedliche Sichten von Controlling und Controller in ihrer zeitlichen Entwicklung208
Meist greift das Controlling auf Daten in Form von Spätindikatoren
zurück. Dazu zählen Daten, die erfasst werden müssen, wie z.B.
Rechnungen, Zahlungseingänge. Aber auch freiwillig erhobene Daten,
wie z.B. Lagerbewegungen werden herangezogen. Für die Planungen
aufgrund dieser Daten sind effektive Planungs- und
Steuerungsinstrumente verfügbar, z.B. JIT (Just-in-Time)-Konzepte oder
Kanban. Der Nutzen dieser Instrumente ist aber abhängig von der guten
Vorhersagbarkeit zukünftiger Entwicklungen. 209
Die Balanced Scorecard kann durch einen weniger starken
Vergangenheitsbezug und die Berücksichtigung von Frühindikatoren auch
schnelle und nicht vorhersehbare Änderungen der Rahmenbedingungen
in die Entscheidungsfindung und Planung einbinden.
Durch die starke Betonung der Kommunikation in der BSC und damit der
strategischen Ziele und deren Maßnahmen zur Zielerreichung unterstützt
die BSC aktiv das Controlling in der Wahrnehmung der
Koordinationsfunktion für die Unternehmensführung. Auch die Rolle des
Controllers als interner Berater des Managements wird durch die
verständliche Formulierung und Vermittlung der notwendigen Schritte zu
einer Steigerung des Unternehmenswertes positiv beeinflusst. 208 nach Weber J., Schäffer U., 2000, Balanced Scorecard & Controlling, S. 189 209 Vgl. Gehringer J, Walter J.M.,2000, Frühwarnsystem Balanced Scorecard, S. 68
Controlling als Informationsversorgung
Entwicklungspfad der Sichten
Controlling als spezielle Form der Führung
Controlling als Koordination der Führung
Controller als Registrator oder Accountant
Controller als Navigator Controller als Innovator bzw. als Management Consultant
Funktion des Controllings als
Abteilung
Funktion des Controllers als
Person
Information Navigation Koordination
4. Die Anwendungsgebiete der BSC 81
4.2 BSC als Führungswerkzeug
4.2.1 im Top Management
Im Rahmen des strategischen Managements kann die BSC eine wichtige
Rolle einnehmen. Die Aufgaben strategischer Unternehmensführung
umfassen: 210
• Pflege der Unternehmenskultur
• Strategiefindung
• Formulierung daraus abgeleiteter Ziele
• Erarbeitung strategischer Aktionen
Oft herrschen aber innerhalb der obersten Unternehmensführung und bei
wichtigen Stabs- und Linienorganen Unklarheiten über die genaue
Aussage und den Inhalt der Strategie und der daraus abzuleitenden
Handlungsvorgaben. Auch wenn diese im Top-Management gedanklich
klar scheinen, werden diese in unteren Ebenen oft unscharf
wahrgenommen und umgesetzt. 211 Konkret kann dies aus folgenden
Faktoren resultieren:212
• Es gibt gar keine konkrete Strategien
• Es gibt sie zwar, sie wurden allerdings nicht durchgesetzt
• Es gibt keine Ziele, die aus der Strategie abgeleitet wurden
• Die Strategien sind einseitig an ökonomischen Erfolgsgrößen
orientiert
• Vision und Mission einerseits und Strategie andererseits haben
keinen (klaren) Zusammenhang
210 Vgl. Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard, S.13 211 Vgl. ebenda, S. 13 212 Vgl. ebenda, S. 13f
4. Die Anwendungsgebiete der BSC 82
• Es gibt keine oder nur eine unzureichende Beteiligung der unterer
Führungsebenen im Strategiefindungsprozess und bei der
Zielableitung
• Die Strategie und ihre Ziele werden den Mitarbeitern nicht mitgeteilt
und erläutert
• Es werden ungeeignete Kennzahlen der Zielerfüllung verwendet
• Die Planung ist zu komplex
Diese Probleme können mithilfe der BSC vermieden oder erheblich
abgeschwächt werden. Die BSC unterstützt die oberste Ebene der
Unternehmensführung bei der Schärfung und Kommunikation der,
zumindest latent, vorhandenen Strategien.213 Die durch die
Kommunikation der Strategien gesteigerte Aufmerksamkeit bei allen
Mitarbeitern verbessert die Durchsetzung der Strategien innerhalb des
Unternehmens. Durch Beachtung nicht ausschließlich finanzieller
Messgrößen werden in Strategien auch schwieriger zu erfassende
kritische Erfolgsfaktoren berücksichtigt. Durch die Ableitung strategischer
Maßnahmen auf Basis von Mission und Vision wird der Zusammenhang
dieser beiden Größen aufgezeigt. Die Kommunikation innerhalb der BSC
beschränkt sich nicht auf Aussagen des Managements nach unten.
Sondern sie fordert auch die intensive Beteiligung von Mitarbeitern unterer
Ebenen auf dem Weg zur Zielfindung und der Erreichung dies Ziele. Die
ausgewogene, gleichzeitige Betrachtung von mehreren Perspektiven
und vor allem ihrer inneren Zusammenhänge (Ursache-Wirkungsketten)
verhindert eine zu starke Fokussierung auf einzelne Bereiche. So wird
sichergestellt, dass die Beteiligten aus ihrer Sicht positive Kennzahlen
nicht überbetonen. Somit vermindert die BSC den Einsatz nicht passender
Kennzahlen. Durch die Beschränkung auf einige wenige, dafür wirklich relevante, Kennzahlen wird die Planung in der BSC vereinfacht.
213 Vgl. zu Einsatz der BSC in der Unternehmensführung auch O.V., O.J., URL:
http://www.eic-partner.de/download/BSC%20in%20Markting%20u%20Vertrieb.pdf, S. 19f
4. Die Anwendungsgebiete der BSC 83
4.2.2 in untergeordneten Hierarchiestufen
Die Aufteilung in organisatorische Einheiten, in denen Top-Management
getrennt von der Geschäftsbereichsführung und Funktionalebene gesehen
wird, resultiert aus einem breiten Leistungsspektrum eines
Unternehmens.214
Top-Management
verantwortet die Entwicklung einer Strategie für dasGesamtunternehmen
Geschäftsbereich-führung
verantwortet die Entwicklung der Strategien für einzelne SGF unter Berücksichtigung derer BesonderheitenSGF 1 SGF 3SGF 2 SGF 4
Funktionalebenesetzt die SGF Strategie in operativeMaßnahemn um
Besc
haffu
ngPr
oduk
tion
Absa
tz
…
Abbildung 36: organisatorische Führungesbenene215
Die Führungsebene der Geschäftsbereiche muss Strategien für die von
ihr verantworteten SGF oder Produkt – Markteinteilungen bestimmen.216
Diese Strategien finden ihre operative Umsetzung auf Funktionalebene,
sie definiert den Planungsbedarf der operativen Ebenen217
Die BSC verhindert dabei, dass eine einseitige Betrachtung der eigenen
Erfolgsfaktoren unter Umständen die Ergebnisse anderer Bereiche negativ
beeinflussen. Die mehrdimensionale, gleichzeitige Betrachtung in
Verbindung mit dem Verdeutlichen der gegenseitigen Abhängigkeiten
durch Kommunikation stellt bei den operativ Verantwortlichen sicher, dass 214 Vgl. Welge, M., Al-Laham, A., 2008, Strategisches Management, S. 458 215 Eigene Darstellung, nach vgl. ebenda, S. 459, leicht modifiziert 216 Vgl. ebenda, S. 515 217 Vgl. ebenda, S. 556f
4. Die Anwendungsgebiete der BSC 84
diese den Gesamtbezug zur erfolgreichen Strategieumsetzung nicht
verlieren. Dieser Bereich ähnelt stark der Kommunikation in der obersten
Führungsebene, daran zeigt sich deutlich wie ausgeprägt die
Kommunikation zwischen verschiedenen Unternehmnesteilen in der BSC
gefordert und gefördert wird.
Die Aufgabe des mittleren und unteren Managements, die notwendigen
Schritte und Wege zur Zielerreichung erfolgreich an die Mitarbeiter der
eigenen Abteilung / des SGF weiterzugeben und zu vermitteln, wird
durch die BSC erleichtert. Dies zeigt sich in den kommunikativen
Bestandteilen der BSC, die neben der Verdeutlichung der Strategie auch
die regelmäßige und frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter in die
Strategieentwicklung und die Festlegung der daraus abgeleiteten Ziele
fordert und fördert.
Verknüpfungen der BSC zwischen verschiedenen organisatorischen Ebenen
Kommunikations- und Feedbackprozesse der BSC
Abbildung 37: Die BSC in verschiedenen Managementebenen218
218 modifizierte Darstellung von vgl. Welge, M., Al-Laham, A., 2008, Strategisches
Management, S. 557,
4. Die Anwendungsgebiete der BSC 85
4.3 BSC als Werkzeug des Personalwesens
Der Einsatz des BSC Konzeptes im Personalwesen betrifft vier
bedeutsame Bereiche. Erstens ist es als Steuerungsinstrument eng an
die strategischen Unternehmensziele angelehnt, was als Kennzeichen
eines innovativen Personalmanagements gelten kann. Dies hilft der
Personalabteilung auch den von ihr generierten Beitrag zum
Unternehmenserfolg zu erklären und damit zur Wertschaffung
beizutragen. Als zweiten Bereich sind die so genannten „Soft Skills“ oder
auch „Sozialkompetenz“ interessant, da diese im Zusammenhang mit dem
Personalwesen (daher neu auch: Human Ressource Department) aktuell
diskutiert werden. Diese Kompetenzen werden in der BSC direkt anhand
der Lern- und Entwicklungsperspektive dargestellt und werden dort als
erfolgskritisch gesehen. Auch betrachtet diese BSC-Sichtweise neben den
Ergebnissen betrieblicher Weiterbildungen als dritten Bereich, sondern
auch viertens die für diese Ergebnisse relevanten Grundbedingungen.219
Die Balanced Scorecard ermöglicht die Anpassung von Anreizsystemen,
insbesondere die Höhe von Bonusprämien, im Hinblick auf
zwischenmenschliche Faktoren220. Diese Anpassung wird durch
Kennzahlen des Personalwesens erreicht, die bspw.
Mitarbeiterbefragungen widerspiegeln und in der Lern- und
Entwicklungsperspektive innerhalb der BSC berücksichtigt werden.221
Dabei erhöht die BSC auch die Transparenz der getroffenen
Zielvereinbarungen und zeigt direkte Beiträge des einzelnen im
Gesamtkontext des Unternehmens auf.222
219 Vgl. Fredersdorf, 2001, Kennzahlen im Personalwesen, in Bernhard M.G., Hoffschröer
S., (Hrsg.) 2001, Report Balanced Scorecard, S. 191f 220 Zur Gestaltung von Anreizsystemen mit der BSC vgl. Scherer A., 2001, URL:
http://www.uni-konstanz.de/FuF/Verwiss/scherer/downloads/SemWS00_01/bsc.pdf 221 Vgl. Gehringer J., Walter J.M.,2000, Frühwarnsystem Balanced Scorecard, S.11 222 Vgl. Kröger C.W., Schüssler S., Möglichkeiten und Grenzen der Balanced Scorecard
in KMU, in Controlling, 2006, Heft 12 S. 643
4. Die Anwendungsgebiete der BSC 86
Scherer sieht die BSC dabei als „Redeinstrument:
• Herstellung eines gemeinsamen Verständnisses
• Dynamische Weiterentwicklung
• Dialogische Rationalität
• Argumentationshilfe“ 223
Der praktische Einsatz der BSC in Verbindung mit Anreizsystemen muss
aber nicht zwingend erfolgreich sein, vor allem in Hinblick auf die
motivierende Funktion der gewährten Anreize. Dies resultiert aus einem
hohen Anteil anderer berücksichtigter Aspekte, deren direkter Zusammenhang mit den Leistungen der Abteilung nicht deutlich genug
ist. So hat eine Studie bei der Intercar AG224 ergeben, dass etwa 40% der
verwendeten Kennzahlen zu hohe externe Einflüsse aufweisen. Diese
äußeren Effekte können schwer innerhalb der Abteilung vermindert
werden. Daraus folgt für die Betroffenen ein geringerer Anreiz sich an
diesem Ergebnissen zu orientieren. Da die Vergütung aber darauf
basiert, hat dies letztlich eine verringerte Akzeptanz der BSC als
Anreizsystem zur Folge. Hieraus folgte teilweise ein Verhalten, welches
gegenläufig zur eigentlichen Strategie war.225
223 Scherer A., 2001, URL: http://www.uni-
konstanz.de/FuF/Verwiss/scherer/downloads/SemWS00_01/bsc.pdf, S. 14 224 Vgl. Langer A, 2006, BSC-basierte Anreizsysteme für Führungskräfte bei der Intercar
Forschungseinrichtungen In: CM controller Magazin, 2006, Heft 3, S. 210
5. Die BSC in der Praxis 104
5.3 Bewertung der Beispiele
5.3.1 Ordnung für das Chaos: LASG
Das Beispiel der LASG zeigt anschaulich die „Klammerfunktion“ der
BSC. Im Unternehmen LASG waren viele Kennzahlen und sogar eine
Anlehnung der perspektivischen Sichtweise der BSC vorhanden. Aber
aufgrund der Vielzahl und vor allem des unkoordinierten Entstehens der
Kennzahlen war es nicht möglich, diese sinnvoll auf anderen Ebenen zu
betrachten. Auch der Einsatz von (softwaregestützten) MI-Systemen
führte nicht zu mehr Übersicht. Stattdessen wurden immer neue, auf
spezielle Gegebenheiten angepasste Kennzahlen eingeführt, so dass
umfangreiches Filtern der Kennzahlen nötig wurde, welches die Übersicht
und die Kennzahlenzusammenhänge noch unklarer erscheinen ließ.
Die projektbezogene Einführung einer BSC zeigt eine wichtige Aufgabe
des BSC Konzeptes, die Ordnung der strategischen, davon abgeleitet
dann auch der operativen, Denkweise aller Beteiligten. Damit dient sie als
eine Klammer für die langfristigen unternehmerischen Entscheidungen,
die im Unternehmen schon vorhandenen Ressourcen, hier Kennzahlen,
Kennzahlensysteme und grundsätzliche Denkweisen, einordnet und
untereinander sinnvoll in einen übergeordneten Rahmen einbindet.
5.3.2 Gewinn ist nicht alles: öffentliche Froschungseinrichtung
Das Beispiel des Einsatzes der BSC in öffentlichen
Forschungseinrichtungen verdeutlicht den Anspruch des Konzepts, nicht
auf gewinnorientierte (Industrie-)Unternehmen beschränkt zu sein, obwohl
es in diesem Umfeld erstmals formuliert wurde. Durch den Austausch der
Finanzperspektive durch eine Auftragsperspektive wird gezeigt, dass die
ursprünglich festgestellten Perspektiven an die entsprechende
Organisationsform angepasst werden können und müssen.
Abschließend zeigt das Beispiel noch auf, wie das Instrument der BSC mit
anderen Instrumenten des Controllings zusammenarbeitet und diese
koordinierend miteinander in Beziehung setzt (vgl. Abbildung 45).
5. Die BSC in der Praxis 105
10
Markus P. Schenk - Die Balanced Scorecard als Instrument moderner Unternehmensführung – Diplomarbeit WS 2007/08GSO Hochschule, Nürnberg
Praxisbeispiele zur BSC
LASG Öffentliche Forschungseinrichtung
Klammer-funktion /
Ordnungs-funktion
Erfüllung des
öffentlichen Auftrags
Funktion der BSC
Abbildung 46: Zusammenfassung Kapitel 5241
241 Eigene Darstellung
6. Grenzen der BSC 106
6 Grenzen der BSC
In diesem Kapitel soll untersucht werden, wann und warum der Ansatz der
BSC an Grenzen stößt, und wie diese Grenzen zu einer Änderung der
Bewertung des Konzeptes führen. Dabei werden die Grenzen in drei
Teilbereiche gegliedert:
• zeitliche Grenzen,
• personelle Grenzen und
• sachliche Grenzen.
Unter den zeitlichen Grenzen wird der zeitliche Aufwand der BSC
Entwicklung und Einführung betrachtet. Personelle Grenzen zeigen die
nötigen Anforderungen an die beteiligten Mitarbeiter auf. Andere
Limitationen im Zusammenhang mit der BSC werden unter den
sachlichen Grenzen beleuchtet.
6. Grenzen der BSC 107
6.1 Zeitliche Grenzen
Die Einführung einer Balanced Scorecard benötigt viel Zeit. Dies gilt vor
allem dann, wenn die Grundvoraussetzungen, ein klares Verständnis
des Unternehmen von sich selbst und klar definierten Strategien, noch nicht gegeben sind.
Im Zuge der Umsetzung des BSC-Konzeptes kann es auch zu
Fehlallokation der eingesetzten zeitlichen Ressourcen kommen, indem
zu lange nach der optimalen Scorecard gesucht wird. Dies kann z.B. bei
nicht vorhandenen Daten zu einem als wichtig angesehen Bestandteil der
BSC vorkommen. Dabei wird dann versucht, diese Daten durch die
Neueinrichtung entsprechender Informationssysteme doch noch erheben
zu können. Die daraus resultieren Verzögerungen schlagen sich nicht
zuletzt in der sinkenden Motivation der Beteiligten wieder, deren
anfängliche Begeisterung im Zeitverlauf abnimmt. Auch resultiert aus einer
Verzögerung der BSC-Einführung die verringerte Möglichkeit zur
Reaktion auf das dynamische Umfeld.242 Eine BSC unterliegt der
ständigen Anpassung auf neu auftretende Ereignisse u.a. des Marktes,
des Wettbewerbes und der regulatorischen Rahmenbedingungen. Somit
kann eine zu lange Konzeptionsphase, und insbesondere die Suche nach
bestimmten Ausprägungen von BSC Perspektiven oder deren Kennzahlen
unter Umständen dazu führen, dass die BSC bei der tatsächlichen
Einführung, dem Roll-Out, schon wieder vom marktlichen Umfeld überholt
wurde. Demnach müsste die BSC wieder angepasst werden und, bei
ähnlichem Ressourceneinsatz, wieder bei Einführung überholt sein. Somit
würde die BSC den Anforderungen an den Unternehmenserfolg
hinterherlaufen.
Kaplan Norton schlagen vor, in solchen Situationen nach der Devise „Just
do it!“243 zu verfahren.
242 Vgl. Kaplan R., Norton D., 1997, Balanced Scorecard, S. 276f 243 Vgl. ebenda, S. 277
6. Grenzen der BSC 108
6.2 Personelle Grenzen
Die Entwicklung und der Einsatz einer BSC haben hohe Ansprüche an die
beteiligten und betroffenen Mitarbeiter.
Gerade in der Einführungsphase, wenn nicht nur die während des
Entwicklungsprozesses beteiligten und daher mit dem System schon
etwas vertrauteren Mitarbeiter, sondern alle Mitarbeiter mit diesem neuen
System konfrontiert werden, kommt es regelmäßig zu skeptischen oder
ablehnenden Reaktion. Bei diesen Vorbehalten, die Neuem
entgegengebracht244 werden, hilft vor allem Kommunikation. Auch die
BSC selbst baut auf Kommunikation auf. Kann ein Unternehmen dies
leisten, so wird die Entwicklung (Kommunikation der Strategie) und die
Einführung (Kommunikation eines neuen Werkzeugs245) erleichtert.
Verfügt die Organisation aber nicht über die entsprechenden
Kompetenzen, sieht sie sich im Zuge einer Umsetzung des BSC Ansatzes
gleich zwei Problemen gegenübergestellt. Ein weiterer Aspekt ist, dass
Mitarbeiter im Rahmen des BSC-Konzepts nicht mehr als ausführende
Weisungsempfänger gesehen werden, sondern vielmehr als aktive
Gestalter des Unternehmenserfolges.246
Wird die BSC, ihre Entwicklung und unternehmensindividuelle Anpassung,
vom Top-Management nur delegiert, wird dies nach Meinung von Kaplan
/ Norton nicht die beabsichtigen Ergebnisse bringen. Die BSC benötigt als
Grundlage die strategische Vision der Unternehmensführung. Fehlt diese oder werden nur Leistungskennzahlen auf einen begrenzten Anteil
der Prozesse angewendet, widerspricht dies der Intention des BSC
Konzeptes, Managementprozesse zu gestalten und erkennbar positiv
zu beeinflussen.247 Der BSC-Ansatz erfordert daher eine starkes „Wollen“
der beteiligten Personen, insbesondere der Unternehmensführung. Diese
244 Vgl. Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard, S.19 245 Unzureichendes kommunizieren der Intentionen einer BSC, werden vor allem in
Verbindung mit der Sichtweise „es ist ja doch nur ein weiteres Kennzahlensystem“ die Akzeptanz der BSC erschweren. Dieser Eindruck wird teilweise in Literatur und Praxis vertreten (vgl. Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard, S. 19)
246 Vgl. Ehrmann H., 2000, Kompakt-Training Balanced Scorecard, S.19 247 Vgl. Kaplan R., Norton D., 1997, Balanced Scorecard, S. 276
6. Grenzen der BSC 109
muss die Einführung und Entwicklung einer BSC aktiv betreuen, begleiten
und bereit sein, schon während der Entwicklung die Vision und die
strategischen Ausrichtungen offen mit allen Mitarbeitern zu diskutieren.248
248 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 2000, My Balanced Scorecard, S. 89f
6. Grenzen der BSC 110
6.3 Sachliche Grenzen
Aufgrund der hohen zeitlichen und personellen Belastungen im
Zusammenhang mit der Entwicklung, Einführung und dem Einsatz einer
BSC gibt es einige Grenzen sachlicher Natur.
Eine BSC wird meist anhand eines Pilotprojektes für eine Abteilung oder
eine SGE eingeführt. Nachdem die BSC entwickelt und einige Zeit
eingesetzt wurde, wird dann eine Ausweitung auf andere Bereiche wie
Tochtergesellschaften oder Konzernholdingstrukturen geprüft.249 Eine
solche Vorgehensweise impliziert verschiedene Aspekte, die zu einer
kritischen Bewertung des BSC-Ansatzes führen können. Die BSC
erfordert den Einsatz und die volle Unterstützung der
Geschäftsführung. Aber wer zählt während einer Pilotphase zu diesem
Kreis? Ist dies die Geschäftsführung der SGE, oder wird der
Konzernvorstand auch involviert? Welche Strategien und Ausrichtungen
werden geklärt und kommuniziert, die der SGE oder des Unternehmens?
Wird die BSC der einzelnen Abteilung / dem SGE zugerechnet, fehlt unter
Umständen der größere strategische Rahmen. Wird die Konzernführung
eingeschaltet werden zusätzlich auch dort Mittel und damit Kapital
gebunden, für ein Konzept dessen erfolgreicher Einsatz noch nicht
einzuschätzen ist.
Eine Bewertung dieser Fragen und der daraus resultierenden Folgen für
die BSC hängen maßgeblich von dem Grad der Eigenständigkeit einzelner Unternehmensteile ab. So lohnt sich der Aufwand für eine
eigene BSC nur bei einem hohen Maß an Eigenverantwortlichkeit der
SGE / Abteilungen.250 Bei Pilotabteilungen / SGE mit starker strategischer
Ausrichtung an der Gesamtunternehmensstrategie wird der Aufwand die
Abteilung überfordern. Dies betrifft vor allem die grundlegenden
Vorarbeiten zur Erstellung einer BSC. Die Abteilung müsste in diesem Fall
mit den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen Probleme bearbeiten,
249 Vgl. Fließ, Lasshof, Matznick, 2006, Balanced Scorecard für Dienstleister, in
Controlling, 2006, Heft 2, S. 104 250 Vgl. Friedag H., Schmidt W., 1999, Balanced Scorecard, S. 239
6. Grenzen der BSC 111
die auf einer höheren, umfassenderen Ebene angesiedelt sind. Hierzu
zählen bspw. die Formulierung der Vision und Mission und die
kommunikationsfähige Ableitung der Gesamtstrategie. Die Erarbeitung
dieser ist dabei Aufgabe der obersten Führungsebene und schwer zu
delegieren, wenn die BSC erfolgreich umgesetzt werden soll.
6. Grenzen der BSC 112
5
Markus P. Schenk - Die Balanced Scorecard als Instrument moderner Unternehmensführung – Diplomarbeit WS 2007/08GSO Hochschule, Nürnberg
Grenzen der BSC
BSC
Sachliche Grenzen
Zeitliche Grenzen
Personelle Grenzen
Abbildung 47: Zusammenfassung Kapitel 6251
251 Eigene Darstellung
7. Zur Entwicklung einer Power-Point Präsentation zur Diplomarbeit 113
7 Entwicklung einer PowerPoint Präsentation zur Diplomarbeit
Die Präsentation wurde aus Gründen des Speicherplatzes entfernt. Die
Präsentation kann unter mpschenk.de abgerufen werden.
8. Fazit 114
8 Fazit
Die - bedingt durch die Globalisierung - zunehmende Dynamisierung
und dem damit einhergehenden ständigen Wandel sowie die wechselnden
Anforderungen stellen das Management und die Mitarbeiter von
Unternehmen vor große Herausforderungen, um einen beständigen unternehmerischen Erfolg zu erreichen und den Wert des
Unternehmens zu steigern. Kann nun das Konzept der Balanced Scorecard einen Beitrag zur Sicherstellung der Bewältigung dieser
Herausforderungen leisten?
Die vorliegende Arbeit hat die Bejahung dieser Frage grundsätzlich
untermauert.
Stärken hat die BSC vor allem im Bereich der Darstellung von
Abhängigkeiten verschiedener unternehmerischer Bereiche, auch und
gerade unter Einbeziehung schwierig zu erfassender Sachverhalte.
Auch die Vermittlung der Strategie durch Kommunikation zu den
Mitarbeitern zählt zu den interessanten Komponenten dieses Konzepts.
Erleichtert wird dies im Wesentlichen durch die klare Zuordnung zu
Perspektiven mit konkreten Zielen, sowie der Beschränkung auf wenige
dafür aber erfolgskritische Kennzahlen.
Diese Kernpunkte des BSC Ansatzes führen, sofern gut realisiert, zu einer
Verbesserung in Bezug auf die Umsetzung von Strategien.
Strategisches Management fordert eine bessere Umsetzung von
Strategien, ausgehend von einer starken Betonung des Planerischen im
Management. Da die BSC genau diese Umsetzungsbetonung der
Strategie erreichen, will eignet sich sie sich konzeptionell sehr gut für
einen Einsatz im strategischen Management.
Neben dem Einsatz in der Unternehmensführung ist BSC auch für andere
Bereiche im Unternehmen gut geeignet.
8. Fazit 115
Die BSC unterstützt das Controlling bei seiner koordinierenden und
beratenden Funktion des Managements. Im Personalwesen zeigt die
BSC die zur Motivation und Weiterbildung notwendigen Prozesse auf.
Die Transparenz der Vorgänge in der BSC erleichtert zudem die
notwendige Vermittlung strategischer Schritte bei den Führungskräften.
Sie kann zudem, mit Einschränkungen, als Basis für Anreizsysteme
dienen. Im Vertrieb kann die BSC als Bestandteil eines SCM die