Diagnostik und Therapie der postmenopausalen OSTEOPOROSE Diagnostik Diagnostik und und Therapie Therapie der der postmenopausalen postmenopausalen OSTEOPOROSE OSTEOPOROSE Philipp Drees Zentrum für Unfallchirurgie und Orthopädie StiftungsKlinikum Mittelrhein Koblenz Orthopäde, Rheumatologe, Osteologe, Orthopäde und Unfallchirurg, Spez. Orthop. Chirurgie
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Diagnostik Diagnostik und Therapie Diagnostik und Therapie ... · hat in seiner Klientel 160 therapiebedürftige Osteoporosepatienten. (Zufall keine Kumulation!) • therapiert davon
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Diagnostik und Therapie der
postmenopausalen OSTEOPOROSE
DiagnostikDiagnostik und und TherapieTherapie der der
Exponentielle Zunahme von Wirbelkörper- und Schenkelhalsfrakturenmit jedem Lebensjahrzehnt über 65 Jahren
Epidemiologie
Altersentwicklung in Deutschland 1950-2040
1950 1955 2010 2040
> 60 Jahre
14,6% 21% 24,9% 33,9%
< 20 Jahre
30,5% 21,5% 18,5% 16%
nach Brecht 1997
Die Osteoporose ist eine gewebliche Bilanzstörung, bei der es sich um eine unvollkommene Apposition verkalkten Knochengewebes oder
unverkalkten Osteoids
oder evtl. um einen gesteigerten Knochenabbbauprozess handeln kann. Unabhängig von der Ätiologie und
Pathogenese des Prozesses ist der Zustand der Osteoporose immer derselbe. Verdünnung der Spongiosabälkchen bis zum völligen
Schwund derselben, Erweiterung der Haver‘schen und Volkmannschen Kanälchen zu größeren, wuchtigen Räumen, die dann makroskopisch
sichtbar werden. Man spricht von Porosierung
der Spongiosa
und Spongiosierung
der Kortikalis.
(Dröge, 1940)
„Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung, die durch eine unzureichende Knochenfestigkeit und eine Verschlechterung der Mikroarchitektur des Knochengewebes charakterisiert ist, welche zu einer erhöhten Knochenbrüchigkeit führt. Die Knochenfestigkeit spiegelt dabei primär das Zusammenwirken von Knochendichte und Knochenqualität wider“
Normaler Knochen
Osteoporotischer Knochen
Copyright 2001, David W. Dempster
Genant HK al. Interim report and recommendations of the World Health Organization Task-Force for Osteoporosis. Osteoporosis Int 1999; 10:259- 264
Definition der Osteoporose
Involutionsosteoporose
Typ I Typ II
Alter 50-75 Jahre > 75 Jahre
Geschlecht w/m 6 : 1 2 : 1
Knochenabbau überwiegend Spongiosa
Spongiosa und Kortikalis
Wesentliche Frakturen
Wirbelkörper, distaler Radius
Schenkelhals, Wirbelkörper
Nach Riggs und Melton
1986
Risikofaktoren für die Entstehung der Osteoporose
Primäre postmenopausale
Osteoporose
•
Sexualhormonmangel (Östrogen/Testosteron)
•
frühe Menopuse
•
Hypogonadismus
Sekundäre Osteoporose
•
Ernährung
•
Glukokortikoide
•
Transplantation (Immunsuppression)
•
Chron. entzündl. Krankheiten (z.B. M. Crohn, RA, etc.)
•
Immobilisation u.a.
Dramatische Fakten zur Osteoporose
7,8 Millionen Osteoporose-Patienten in DInzidenz steigend!
Jede 2. Minute erleidet ein Osteoporose- Patient in D eine Fraktur
333.000 Frakturen pro Jahr
Jede 2. Frau über 50 Jahren ist an Osteoporose erkrankt
Häussler et al., Osteoporosis Int 2007; 18:77-84
• 61 % der Schenkelhalsfrakturen geschehen zu Hause• 100 % werden hospitalisiert• 82 % werden nach Entlassung in eine Rehaklinik
überwiesen
ein Jahr nach der Hospitalisation:• 65 – 35% leben wieder zu Hause• 17 - 36% versterben • 18 – 51% brauchen weiter Pflege
Beeinträchtigung der Lebensqualität infolge Schenkelhalsfrakturen
Schürch et al, J. Bone Miner Res 1996; 12: 1935-1942Smektala et al., Unfallchirug 2005, 108:927-937
1,5
98,5
61,3
38,7
Kosten der Osteoporose
in Deutschland
Frakturen
Rest
61,3% der Gesamtkosten werden für Frakturen aufgewendet (4,3% der Patienten)
Graduelles Fortschreiten über Osteopenie zur Osteoporose
•
Manifeste (schwere) Osteoporose: Frakturen sind bereits eingetreten
Bildquelle: Alan Boyde www.ucl.ac.uk
Überwiegt der Knochenabbau den Knochenanbau kommt es zu einem Verlust an Festigkeit, Struktur und Masse und damit zu einer erhöhten Anfälligkeit für Frakturen
Wie verläuft der Knochenumbauprozess?
Osteoklasten resorbieren Knochen durch Sezernierung von Säure und kollagenauflösenden Enzymen
Osteoblasten sezernieren eine neue Lage Kollagen, die anschließend passiv durch Calcium mineralisiert wird
Alte Osteoblasten werden als Osteozyten in das Knochengewebe eingebaut und dienen dann als Mechanosensoren
Am Knochenumbau sind verschiedene Knochenzellen beteiligt:
Bildquelle: Prof. Bartl, Osteoporose-Manual, 2004
Altersabhängigkeit
der Knochenmasse
Zunahme derKnochenmasse
AltersbedingterKnochenmasseverlust
ErhErhööhteshtesOsteoporoseOsteoporose--
RisikoRisiko
Männer
Frauen
0 1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
Alter
Kno
chen
mas
se
Postmenopause
Maximal e
Knoche n-
masse
Knochenschicksal
Osteoporoseverdacht im Blick: Anamnese und Befund
1. Erfassung der Risikofaktoren und des Frakturrisikos
• Familiäre Veranlagung (z.B. Schenkelhalsfraktur eines Elternteils)• Untergewicht• Rauchen• Frakturen und Stürze in der Vergangenheit• Bewegungsmangel
2. Krankheiten oder Medikamente mit Einfluss auf das Skelett oder auf Stürze
Pfeilschifter et al. Evidenzbasierte Konsensus-Leitlinie des DVO zur Osteoporose, 2006
Osteoporoseverdacht im Blick: Körperliche Untersuchung
3. Körperliche Untersuchung
• Gewicht / Größenverlust (> 7 cm Größenabnahme?)• Schmerzen• Funktionsbeeinträchtigung durch Schmerzen oder
Erschlaffung der Muskulatur• Typisch: Hoher Rundrücken, Osteoporosebauch
4. Funktionsuntersuchung von Muskelkraft und Koordination
• Chair-Rising• Tandemstand
• Timed-up-and-go• Sit-and-reach Test
Checkliste –
15 Fragen zum Osteoporoserisiko
Die Empfehlung zur Basisdiagnostik besteht bei Vorliegen von einem oder mehreren der folgenden Befunde:Frau Mann Befund
50-60 60-70 Jahre Eine oder mehrere Wirbelkörperfraktur(en)Eine oder mehrere periphere Fraktur(en) als Einzelfallentscheidung
60-70 70-80 Jahre Wirbelkörperfraktur(en)Periphere Fraktur(en)Schenkelhalsfraktur eines ElternteilsUntergewicht (BMI<20)NikotinkonsumMultiple StürzeImmobilität
> 70 > 80 Jahre Empfehlung zur Basisdiagnostik für alle Patienten
Wann wird eine Basisdiagnostik empfohlen?
Pfeilschifter et al. Evidenzbasierte Konsensus-Leitlinie des DVO zur Osteoporose, 2006
Was umfasst die Basisdiagnostik?
1. Spezifische Anamnese und Befund
–
Erfassung der Risikofaktoren und des Frakturrisikos
–
Krankheiten oder Medikamente mit Einfluss auf das Skelett oder auf Stürze
–
Körperliche Untersuchung
–
Funktionsuntersuchung von Muskelkraft und Koordination
2. Bildgebende Verfahren
–
Messung der Knochendichte mittels DXA
–
Röntgen der BWS und LWS in zwei Ebenen
3. Basislabor
Pfeilschifter et al. Evidenzbasierte Konsensus-Leitlinie des DVO zur Osteoporose, 2006
1. Körperliche Untersuchung
• Untersuchung der Wirbelsäule auf Druck- oder
Klopfschmerz
• Verstärkte Rundrückenbildung
• Verlust an Körpergröße
• Faltenbildung der Haut am Rücken
aber: Auch bei Patienten mit manifester Osteoporose
ist die körperliche Untersuchung oft ohne
Befund.
Körperliche Untersuchung / Diagnostik
1. Vermehrte BWS Kyphose2. Abnahme der Körpergröße (4-7
2. Röntgen der Wirbelsäule zum Nachweis von Sinterungsfrakuren
•
BWS und LWS in zwei Ebenen
•
Wann ist eine Röntgenaufnahme indiziert?–
bei akuten, persistierenden
Rückenschmerzen
–
bei chron. Rückenschmerzen unklarer Genese –
bei deutlichem Größenverlust
–
bei geringem Rippen-Becken-Abstand
•
Es gibt keine einheitliche Definition einer Wirbelkörperfraktur! –
Allgemein: Mehr als 20% Höhenverlust an Vorder-, Mittel-
oder
Hinterkante (absolut mind. 4 mm)
•
Röntgen ist nicht für eine Frühdiagnose der Osteoporose geeignet
Pfeilschifter et al. Evidenzbasierte Konsensus-Leitlinie des DVO zur Osteoporose, 2006
Fehr
Osteoporotische LWK Frakturen
RRööntgenntgen MRTMRT CT CT
Messverfahren der Knochendichte
DXA (Dual-energy X-ray Absorptiometrie)Goldstandard der Knochendichtemessung
Q-CT (Quantitative Computertomographie)
pQCT (periphere quantitative CT)
QUS (Quantitative Ultraschallmessung)
Q-CT (Quantitative Computertomographie)
pQCT (periphere quantitative CT)
QUS (Quantitative Ultraschallmessung)
Osteodensitometrie mit Dual X-Ray Absorptiometrie als Golden Standard
Osteodensitometrie Empfehlung: DXA Gesamt-Lendenwirbelsäule und Gesamt-Femur, für die Beurteilung ist der niedrigste Messwert der Gesamtareale ausschlaggebend.
Aufbaumarker, z.B. Knochenspezifische alkal. Phosphatase (B-AP)
Zusammenfassung
•
Überwiegt der Knochenabbau den Knochenanbau kommt es zu einem Verlust an Festigkeit, Struktur und Masse und damit zu einer erhöhten Anfälligkeit für Frakturen
•
Eine Basisdiagnostik wird in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht und dem Vorliegen von Risikofaktoren empfohlen
•
Die Basisdiagnostik umfasst spezifische Anamnese und Befund, bildgebende
Verfahren und das Basislabor
•
Die Funktionsleistung des Patienten kann mit einfachen praktischen Übungen bestimmt werden
Therapie der Osteoporose
Nicht-medikamentösMedikamentös
1. Bewegung und körperliche AktivitätVerbesserung der KoordinationErhöhung der MuskelleistungVermeidung von Stürzen
2. Ernährung und Lebensstil
Versorgung mit Calcium und Vit. DAusgewogene ErnährungSonnenlichtexpositionRauchverzicht
3. Medikamentöse Therapie
Osteoporose- spezifische Therapie (incl. Calcium und Vitamin D)Schmerztherapie
Der Dreiklang der Osteoporose-Therapie
Alle drei Säulen der Therapie müssen gleichwertig ineinander greifen!
1. Wichtige Säule der Therapie: Bewegung und körperliche Aktivität
•
80% der Stürze sind auf verminderte Muskelleistung und Koordination zurückzuführen!
•
Ziel: Verringerung des Sturzrisikos
Empfehlung:
•
Regelmäßige Bewegung
–
v.a. gewichtstragende Sportarten
•
Krafttraining unter Anleitung zur Stärkung der Muskulatur
•
Übungen zur Verbesserung der Balance und Koordination
–
Besonders gut geeignet: Im Alltag leicht durchführbare Übungen
• Sicheres Schuhwerk, Hausschuhe mit rutschfester Sohle
• Auf dem Fußboden liegende Gegenstände aufräumen
Sturzvermeidung
Physiotherapie
Sturzverhütung:durch Training von • Kraft• Kraftausdauer• Koordination
Zunahme der Knochendichte: durch Einwirken von Kräften aller Art auf den Knochen• Stauchung (Aufprall auf den Boden beim Sprung)• Biegung• (Muskel-)Zug
Alle Maßnahmen entfalten ihre Wirkung auf den Knochenstoffwechsel bzw. Sturzprophylaxe innerhalb von wenigen Monaten. Sie sind daher gerade im hohen Alter effektiv.Aber:Es gibt keine Evidenz für eine persisitierende Langzeitwirkung von Maßnahmen zur Osteoporose- und Frakturprophylaxe!
2. Wichtige Säule der Therapie: Ernährung und Lebensstil
•
Ausreichende und ausgewogene Ernährung
–
Untergewicht ist ein Risikofaktor für Frakturen!
•
Calciumreiche Ernährung
•
Bei Bedarf Supplementierung
von Calcium und Vitamin D
–
Vit. D 400-1200 IE tägl., Calcium 1200-1500 mg tägl.
Bei Vorliegen multipler Frakturen ist die Einleitung der Therapie ohne DXA-Messung möglich
Osteoporose-spezifische Therapie
•
Ziel:
–
Senkung des Frakturrisikos
–
Normalisierung des Knochenstoffwechsels
Bisphosphonate SERM Strontium Parathormon
Osteoklasten-Hemmung Osteoblasten-Stimulation
•
Schmerztherapie
•
Die Basistherapie umfasst immer:
–
1200 -
1500 mg Calcium und 400 -
1200 I.E. Vitamin D täglich
•
Minimale Behandlungsdauer 3-5 Jahre
Tibiametaphyse*
Kontrolle
Osteoanabole Antiresorptiva erhöhen • das trabekuläre Volumen • die Trabekeldicke • die Anzahl der Trabekel
Zunahme
der trabekulären
Knochenmasse
*Nach 104 Wochen Therapie (OVX Ratten)
Ammann P. et al. JBMR (2004)12:2012-2020.
Wirkmechanismus
der stickstoffhaltigen
Bisphosphonate
Bürstensaum
Howship-LakuneOsteoklast
FPP: Farnesylpyrophosphat-Synthase
Bindung an Knochen
Freisetzung und Aufnahme durch
Osteoklasten
Hemmung der FPP- Synthase
Verlust der Osteoklasten-
Funktion
Hemmung der Knochenresorption
Bisphosphonat
Placebo
Recker R, et al. 34th European Symposium on Calcified Tissues; May 5-9, 2007; Copenhagen, Denmark. Abstract PO21-M.
Wiederherstellung der Knochenarchitektur
Nebenwirkungen
•
Kopfschmerzen•
Durchfall, Übelkeit, Dysphagie, Refluxösophagitis
•
Hypokalziämie•
Muskuloskelettale
Schmerzen („Grippegefühl“)
•
Anstieg der Kreatinin-Clearence•
Hauterythem
Nebenwirkungen
Kiefernekrosen
unter i.v. Bisphosphonattherapie
in 6-
15facher Dosierung der Osteoporosetherapie in Zusammenhang mit Zahnextraktion und/oder lokaler Infektion bei Tumorpatienten im Rahmen der Osteolysenbehandlung
–
Substanzeffekt?
–
Dosierungseffekt?
–
Komorbidität?
–
Inzidenz
bei onkologischen Patienten <1%
–
Kumulationseffekt bei Osteoporosepatienten zu erwarten?
www.aerzteblatt.de/lit4606
Einrichtung des deutschen Kiefernekroseregisters an der Charité Berlin 2006
•
Medikamentöse Schmerztherapie nach WHO- Stufenschema
–
NSAR (z.B. Diclofenac, Ibuprofen) oder Coxibe (Etoricoxib, Celecoxib)
•
Coxibe
für Patienten mit gastrointestinalem
Risiko
–
NSAR/Coxib
+ schwaches bzw. starkes Opioid
Schmerztherapie
Therapie der osteoporotischen
Wirbelkörperfraktur
Therapieziel:
•
Schnelle und risikoarme Mobilisation
•
Zufriedenstellendes funktionelles Resultat
•
Wiedereingliederung in die häuslichen Verhältnisse
•
Hospitalisation
vermindern
Therapie der osteoporotischen Wirbelkörperfraktur
Drei-Punkt-Mieder oder Lindemann-Mieder:
Indikation eingeschränkt, aber möglich zur
•
Vorübergehenden Ruhigstellung
•
Vorübergehenden Stabilisierung und damit zur Schmerzreduktion
•
Korsett sollte aber nur kurzfristig getragen werden (2 –
3 Monate)
Zielorientierte und keine zeitorientierte Physiotherapie