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BVerfGE7,198Lth
1.DieGrundrechtesindinersterLinieAbwehrrechtedesBrgersgegendenStaatindenGrundrechtsbestimmungendesGrundgesetzesverkrpertsichaberaucheineobjektiveWertordnung,diealsverfassungsrechtlicheGrundentscheidungfralleBereichedesRechtsgilt.2.ImbrgerlichenRechtentfaltetsichderRechtsgehaltderGrundrechtemittelbardurchdieprivatrechtlichenVorschriften.ErergreiftvorallemBestimmungenzwingendenCharaktersundistfrdenRichterbesondersrealisierbardurchdieGeneralklauseln.3.DerZivilrichterkanndurchseinUrteilGrundrechteverletzen(90BVerfGG),wennerdieEinwirkungderGrundrechteaufdasbrgerlicheRechtverkennt.DasBundesverfassungsgerichtprftzivilgerichtlicheUrteilenuraufsolcheVerletzungenvonGrundrechten,nichtallgemeinaufRechtsfehlernach.4.AuchzivilrechtlicheVorschriftenknnen"allgemeineGesetze"imSinnedesArt.5Abs.2GGseinundsodasGrundrechtaufFreiheitderMeinungsuerungbeschrnken.5.Die"allgemeinenGesetze"mssenimLichtederbesonderenBedeutungdesGrundrechtsderfreienMeinungsuerungfrdenfreiheitlichendemokratischenStaatausgelegtwerden.6.DasGrundrechtdesArt.5GGschtztnichtnurdasuerneinerMeinungalssolches,sondernauchdasgeistigeWirkendurchdieMeinungsuerung.7.EineMeinungsuerung,dieeineAufforderungzumBoykottenthlt,versttnichtnotwendiggegendiegutenSittenimSinnedes826BGBsiekannbeiAbwgungallerUmstndedesFallesdurchdieFreiheitderMeinungsuerungverfassungsrechtlichgerechtfertigtsein.
Urteil
desErstenSenatsvom15.Januar19581BvR400/51
indemVerfahrenberdieVerfassungsbeschwerdedesSenatsdirektorsErichL.inHamburggegendasUrteildesLandgerichtsHamburgvom22.November1951Az.15.
O.87/51.Entscheidungsformel:
DasUrteildesLandgerichtsHamburgvom22.November1951Az.15.O.87/51verletztdasGrundrechtdesBeschwerdefhrersausArt.5Abs.1desGrundgesetzesundwirddeshalbaufgehoben.DieSachewirdandasLandgerichtHamburgzurckverwiesen.
Grnde:
A.
DerBeschwerdefhrer
damalsSenatsdirektorundLeiterderStaatlichenPressestelleder Freien
und Hansestadt Hamburg hat am 20. September 1950 anllich
derErffnung der "Woche des deutschen Films" als Vorsitzender des
HamburgerPresseklubsineinerAnsprachevorFilmverleihernundFilmproduzentenu.a.folgendes
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erklrt:"NachdemderdeutscheFilmimDrittenReichseinenmoralischenRufverwirkthatte,istallerdingseinMannamwenigstenvonallengeeignet,diesenRufwiederherzustellen:dasistderDrehbuchverfasserundRegisseurdesFilms"JudS".MgeunsweitererunabsehbarerSchadenvorderganzenWelterspartbleiben,dereintretenwrde,indemmanausgerechnetihnalsReprsentantendesdeutschenFilmsherauszustellensucht.SeinFreispruchinHamburgwarnureinformeller.DieUrteilsbegrndungwar
eine moralische Verdammung. Hier fordern wir von den Verleihern und
Theaterbesitzern
eineHaltung,dienichtganzbilligist,diemansichaberetwaskostenlassensollte:Charakter.UnddiesenCharakter
wnsche ich dem deutschen Film. Beweist er ihn und fhrt er den
Nachweis
durchPhantasie,optischeKhnheitunddurchSicherheitimHandwerk,dannverdienterjedeHilfeunddannwirdereineserreichen,waserzumLebenbraucht:Erfolgbeimdeutschenwiebeim
internationalenPublikum."
Die Firma DomnickFilmProduktion GmbH, die zu dieser Zeit den
Film "UnsterblicheGeliebte" nach dem Drehbuch und unter der Regie
des Filmregisseurs Veit
Harlanherstellte,fordertedaraufhindenBeschwerdefhrerzueineruerungdarberauf,mitwelcherBerechtigungerdievorerwhntenErklrungengegenHarlanabgegebenhabe.Der
Beschwerdefhrer erwiderte mit Schreiben vom 27. Oktober 1950, das
er als"OffenenBrief"derPressebergab,u.a.folgendes:
"DasSchwurgericht hat ebensowenigwiderlegt, daVeitHarlan fr
einen groenZeitabschnitt
desHitlerReichesder"NazifilmRegisseurNr.1"unddurchseinen"JudS"FilmeinerderwichtigstenExponenten
der mrderischen Judenhetze der Nazis war . . . Es mag im In und
AuslandGeschftsleutegeben,diesichaneinerWiederkehrHarlansnichtstoen.DasmoralischeAnsehenDeutschlands
in derWelt darf aber nicht von robustenGeldverdienern erneut
ruiniertwerden.DennHarlansWiederauftretenmukaumvernarbteWundenwiederaufreienundabklingendesMitrauenzum
Schaden des deutschen Wiederaufbaus furchtbar erneuern. Es ist aus
allen diesen GrndennichtnurdasRechtanstndigerDeutscher,sondernsogar
ihrePflicht,sich imKampfgegendiesenunwrdigen Reprsentanten des
deutschen Films ber den Protest hinaus auch zum
Boykottbereitzuhalten."
DieDomnickFilmProduktionGmbHunddieHerzogFilmGmbH(diesealsVerleiherindesFilms"UnsterblicheGeliebte'frdasBundesgebiet)erwirktennunbeimLandgerichtHamburg
eine einstweilige Verfgung gegen den Beschwerdefhrer, durch die
ihmverbotenwurde,
1. die deutschen Theaterbesitzer und Filmverleiher aufzufordern,
den Film "Unsterbliche Geliebte"nichtinihrProgrammaufzunehmen,
2.dasdeutschePublikumaufzufordern,diesenFilmnichtzubesuchen.
DasOberlandesgerichtHamburgwiesdieBerufungdesBeschwerdefhrersgegendaslandgerichtlicheUrteilzurck.AufAntragdesBeschwerdefhrerswurdedenbeidenFilmgesellschafteneineFristzurKlageerhebung
gesetzt. Auf ihre Klage erlie das Landgericht Hamburg am
22.November1951folgendesUrteil:
"Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung einer
gerichtsseitig festzusetzenden Geld
oderHaftstrafezuunterlassen,
1. die deutschen Theaterbesitzer und Filmverleiher aufzufordern,
den bei der Klgerin zu 1 )produzierten und von der Klgerin zu 2)
zum Verleih im Bundesgebiet bernommenen
Film"UnsterblicheGeliebte"nichtinihrProgrammaufzunehmen,
2.dasdeutschePublikumaufzufordern,diesenFilmnichtzubesuchen.
DerBeklagtetrgtdieKostendesRechtsstreits.
DasUrteilistgegenSicherheitsleistungvon110000DMvorlufigvollstreckbar."
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DasLandgerichterblickt
indenuerungendesBeschwerdefhrerseinesittenwidrigeAufforderung zum
Boykott. Ihr Ziel sei, ein Wiederauftreten Harlans "als
Schpferreprsentativer Filme" zu verhindern. Die Aufforderung des
Beschwerdefhrers laufesogar "praktisch darauf hinaus, Harlan von
der Herstellung normaler Spielfilmeberhauptauszuschalten,denn
jederderartigeFilmknntedurchdieRegieleistungzueinemreprsentativenFilmwerden".DaHarlanaber
indemwegenseinerBeteiligungan dem Film " Jud S" gegen ihn
eingeleiteten Strafverfahren rechtskrftigfreigesprochen worden sei
und auf Grund der Entscheidung imEntnazifizierungsverfahren in der
Ausbung seines Berufes keinen Beschrnkungenmehr unterliege, verstoe
dieses Vorgehen des Beschwerdefhrers gegen "diedemokratische Rechts
und Sittenauffassung des deutschen Volkes".
DemBeschwerdefhrerwerdenichtzumVorwurfgemacht,daerberdasWiederauftretenHarlans
eine ablehnende Meinung geuert habe, sondern da er die
ffentlichkeitaufgefordert habe, durch ein bestimmtes Verhalten die
Auffhrung von
HarlanFilmenunddamitdasWiederauftretenHarlansalsFilmregisseurunmglichzumachen.DieseBoykottaufforderung
richte sich auch gegen die klagenden Filmgesellschaften dennwennder
inderHerstellungbefindlicheFilmkeinenAbsatz findenknne,drohe
ihnenein empfindlicher Vermgensschaden. Der objektive Tatbestand
einer
unerlaubtenHandlungnach826BGBseidamiterfllt,einUnterlassungsanspruchalsogegeben.Der
Beschwerdefhrer legte gegen dieses Urteil Berufung zum
OberlandesgerichtHamburg ein. Gleichzeitig hat er
Verfassungsbeschwerde erhoben, in der er
dieVerletzungseinesGrundrechtsauf freieMeinungsuerung
(Art.5Abs.1Satz1GG)rgt. Er habe am Verhalten Harlans und der
Filmgesellschaften politische
undmoralischeKritikgebt.Dazuseierberechtigt,dennArt.5GGverbrgenichtnurdieFreiheitderRedeohneWirkungsabsicht,sonderngeradeauchdieFreiheitdesWirkensdurch
das Wort. Seine uerungen stellten Werturteile dar. Das Gericht
habeirrigerweisegeprft,obsieinhaltlichrichtigseienundgebilligtwerdenknnten,whrendesnurdaraufankomme,obsierechtlichzulssigseien.Dasaberseiensie,denndasGrundrechtderMeinungsfreiheithabesozialenCharakterundgewhreeinsubjektivesffentliches
Recht darauf, durch geistiges Handeln die ffentliche
Meinungmitzubestimmen und an der "Gestaltung des Volkes zum Staat"
mitzuwirken. DiesesRecht findeseineGrenzeausschlielich inden
"allgemeinenGesetzen" (Art.5Abs.2GG). Soweit durch die
Meinungsuerung in das ffentliche, politische Lebenhineingewirkt
werden solle, knnten als "allgemeine Gesetze" nur solche
angesehenwerden, die ffentliches Recht enthielten, nicht aber die
Normen des BrgerlichenGesetzbuchs ber unerlaubte Handlungen. Was
dagegen in der Sphre desbrgerlichenRechts sonstunerlaubt sei,
knnedurchVerfassungsrecht inderSphredes ffentlichenRechts
gerechtfertigt sein dieGrundrechte als
subjektiveRechtemitVerfassungsrangseienfrdasbrgerlicheRecht"RechtfertigungsgrndemitVorrang".
DemBundesminister der Justiz, demSenat der Freien
undHansestadtHamburg undden beiden Filmgesellschaften
wurdeGelegenheit zur uerung gegeben. Der Senathatmitgeteilt, da er
sich denAusfhrungen derVerfassungsbeschwerde
anschliee.DieFilmgesellschaftenhaltendasUrteildesLandgerichtsfrzutreffend.In
der mndlichen Verhandlung waren der Beschwerdefhrer und die
beidenFilmgesellschaftenvertreten.DieAktendesLandgerichtsHamburg15Q35/50und15O87/51sowiedasUrteildesSchwurgerichts
I in Hamburg vom 29. April 1950 (50) 16/50 // 14 Ks 8/49
warenGegenstanddermndlichenVerhandlung.
B.I.
DieVerfassungsbeschwerdeistzulssigdieVoraussetzungenfrdieAnwendungdes
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90Abs.2Satz2BVerfGG(EntscheidungvorErschpfungdesRechtsweges)liegenvor.II.
Der Beschwerdefhrer behauptet, das Landgericht habe durch das
Urteil seinGrundrecht auf freieMeinungsuerung ausArt. 5Abs. 1Satz 1
desGrundgesetzesverletzt.1. Das Urteil des Landgerichts, ein Akt
der ffentlichen Gewalt in der besonderenErscheinungsform der
rechtsprechenden Gewalt, kann durch seinen Inhalt einGrundrecht des
Beschwerdefhrers nur verletzen, wenn dieses Grundrecht bei
derUrteilsfindungzubeachtenwar.Das Urteil untersagt dem
Beschwerdefhrer uerungen, durch die er andere dahinbeeinflussen
knnte, sich seiner Auffassung ber das Wiederauftreten
Harlansanzuschlieen und ihr Verhalten gegenber den von ihm
gestalteten Filmenentsprechend einzurichten. Das bedeutet objektiv
eine Beschrnkung
desBeschwerdefhrersinderfreienuerungseinerMeinung.DasLandgerichtbegrndetseinen
Ausspruch damit, da es die uerungen des Beschwerdefhrers als
eineunerlaubte Handlung nach 826 BGB gegenber den Klgerinnen
betrachtet
unddiesendaheraufGrundderVorschriftendesbrgerlichenRechtseinenAnspruchaufUnterlassungderuerungenzuerkennt.SofhrtdervomLandgerichtangenommenebrgerlichrechtlicheAnspruchderKlgerinnendurchdasUrteildesGerichtszueinemdie
Meinungsfreiheit des Beschwerdefhrers beschrnkenden Ausspruch
derffentlichenGewalt.DieserkanndasGrundrechtdesBeschwerdefhrersausArt.5Abs.1SatzlGGnurverletzen,wenndieangewendetenVorschriftendesbrgerlichenRechtsdurchdieGrundrechtsnorminhaltlichsobeeinflutwerden,dasiedasUrteilnichtmehrtragen.DiegrundstzlicheFrage,obGrundrechtsnormenaufdasbrgerlicheRechteinwirkenundwie
dieseWirkung im einzelnen gedacht werdenmsse, ist umstritten (ber
denStandderMeinungensieheneuestensLaufke inderFestschrift
frHeinrichLehmann,1956,BandIS.145ff.,undDriginderFestschriftfrNawiasky,1956,S.157ff.).Dieuersten
Positionen in diesem Streit liegen einerseits in der These, da
dieGrundrechte ausschlielich gegen den Staat gerichtet seien,
andererseits in derAuffassung, da dieGrundrechte oder doch einige
und jedenfalls diewichtigsten vonihnen auch im Privatrechtsverkehr
gegen jedermann glten. Die
bisherigeRechtsprechungdesBundesverfassungsgerichts kannweder fr
dieeinenoch fr dieandere dieser extremen Auffassungen in Anspruch
genommen werden dieFolgerungen, die dasBundesarbeitsgericht in
seinemUrteil vom10.Mai 1957
NJW1957,S.1688ausdenEntscheidungendesBundesverfassungsgerichtsvom17.und23.Januar1957(BVerfGE6,55und6,84)indieserHinsichtzieht,gehenzuweit.AuchjetztbestehtkeinAnla,dieStreitfragedersogenannten"Drittwirkung"derGrundrechteinvollemUmfangzuerrtern.ZurGewinnungeinessachgerechtenErgebnissesgengtfolgendes:OhneZweifel
sind dieGrundrechte in erster Linie dazu bestimmt, die
FreiheitssphredeseinzelnenvorEingriffenderffentlichenGewaltzusichernsiesindAbwehrrechtedes
Brgers gegen den Staat. Das ergibt sich aus der
geistesgeschichtlichenEntwicklung der Grundrechtsidee wie aus den
geschichtlichen Vorgngen, die
zurAufnahmevonGrundrechtenindieVerfassungen der einzelnen Staaten
gefhrt haben. Diesen Sinn haben auch
dieGrundrechtedesGrundgesetzes,dasmitderVoranstellungdesGrundrechtsabschnittsden
Vorrang des Menschen und seiner Wrde gegenber der Macht des
Staatesbetonenwollte.Dementsprichtes,daderGesetzgeberdenbesonderenRechtsbehelfzur
Wahrung dieser Rechte, die Verfassungsbeschwerde, nur gegen Akte
derffentlichenGewaltgewhrthat.
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Ebensorichtigistaber,dadasGrundgesetz,daskeinewertneutraleOrdnungseinwill(BVerfGE2,1[12]5,85[134ff.,197ff.]6,32[40f.]),inseinemGrundrechtsabschnittaucheineobjektiveWertordnungaufgerichtethatunddageradehierineineprinzipielleVerstrkung
der Geltungskraft der Grundrechte zum Ausdruck kommt
(Kleinv.Mangoldt, Das Bonner Grundgesetz, Vorbem. B III 4 vor Art.
1 S. 93).
DiesesWertsystem,dasseinenMittelpunktinderinnerhalbdersozialenGemeinschaftsichfreientfaltenden
menschlichen Persnlichkeit und ihrer Wrde findet, mu
alsverfassungsrechtliche Grundentscheidung fr alle Bereiche des
Rechts geltenGesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung empfangen
von ihm Richtlinien undImpulse. So beeinflut es selbstverstndlich
auch das brgerliche Recht keinebrgerlichrechtlicheVorschriftdarf
inWiderspruchzu ihmstehen, jedemuinseinemGeisteausgelegtwerden.Der
Rechtsgehalt der Grundrechte als objektiver Normen entfaltet sich
im Privatrechtdurch dasMedium der dieses Rechtsgebiet unmittelbar
beherrschenden Vorschriften.Wie neues Recht im Einklangmit dem
grundrechtlichenWertsystem stehenmu, sowirdbestehendeslteresRecht
inhaltlichaufdiesesWertsystemausgerichtetvon ihmher fliet ihm ein
spezifisch verfassungsrechtlicher Gehalt zu, der fortan
seineAuslegung bestimmt. Ein Streit zwischen Privaten ber Rechte
und Pflichten aussolchen grundrechtlich beeinfluten
Verhaltensnormen des brgerlichen Rechts
bleibtmateriellundprozessualeinbrgerlicherRechtsstreit.Ausgelegtundangewendetwirdbrgerliches
Recht, wenn auch seine Auslegung dem ffentlichen Recht,
derVerfassung,zufolgenhat.Der Einflu grundrechtlicher Wertmastbe
wird sich vor allem bei
denjenigenVorschriftendesPrivatrechtsgeltendmachen,diezwingendesRechtenthaltenundsoeinen
Teil des ordre public im weiten Sinne bilden, d. h. der Prinzipien,
die ausGrnden des gemeinen Wohls auch fr die Gestaltung der
Rechtsbeziehungenzwischen den einzelnen verbindlich sein sollen und
deshalb der Herrschaft
desPrivatwillensentzogensind.DieseBestimmungenhabennach
ihremZweckeinenaheVerwandtschaftmitdemffentlichenRecht,demsiesichergnzendanfgen.Dasmusie
in besonderem Mae dem Einflu des Verfassungsrechts aussetzen.
DerRechtsprechung bieten sich zur Realisierung dieses Einflusses
vor allem die"Generalklauseln", die, wie 826 BGB, zur
Beurteilungmenschlichen Verhaltens aufauerzivilrechtliche, ja
zunchst berhaupt auerrechtlicheMastbe, wie die "gutenSitten",
verweisen. Denn bei der Entscheidung darber, was diese sozialen
Gebotejeweils im Einzelfall fordern, mu in erster Linie von der
Gesamtheit derWertvorstellungen ausgegangenwerden, die das Volk in
einem bestimmten Zeitpunktseiner geistigkulturellen Entwicklung
erreicht und in seiner Verfassung fixiert
hat.DeshalbsindmitRechtdieGeneralklauselnalsdie"Einbruchstellen"derGrundrechteindasbrgerlicheRechtbezeichnetworden(DriginNeumannNipperdeyScheuner,DieGrundrechte,BandIIS.525).Der
Richter hat kraft Verfassungsgebots zu prfen, ob die von ihm
anzuwendendenmateriellen zivilrechtlichen Vorschriften in der
beschriebenen Weise grundrechtlichbeeinflut sind trifft das zu,
dann hat er bei Auslegung und Anwendung
dieserVorschriftendiesichhierausergebendeModifikationdesPrivatrechtszubeachten.DiesistderSinnderBindungauchdesZivilrichtersandieGrundrechte(Art.1Abs.3GG).Verfehlt
er diese Mastbe und beruht sein Urteil auf der Auerachtlassung
diesesverfassungsrechtlichenEinflussesauf die
zivilrechtlichenNormen, so verstt er
nichtnurgegenobjektivesVerfassungsrecht,indemerdenGehaltderGrundrechtsnorm(alsobjektiverNorm)verkennt,erverletztvielmehralsTrgerffentlicherGewaltdurchseinUrteil
dasGrundrecht, aufdessenBeachtungauchdurchdie
rechtsprechendeGewaltderBrgereinenverfassungsrechtlichenAnspruchhat.GegeneinsolchesUrteilkannunbeschadetderBekmpfungdesRechtsfehlersimbrgerlichrechtlichenInstanzenzug
das Bundesverfassungsgericht im Wege der Verfassungsbeschwerde
angerufen
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werden.
DasVerfassungsgericht hat zu prfen, ob dasordentlicheGericht
dieReichweite undWirkkraft derGrundrechte imGebiet des
brgerlichenRechts zutreffend beurteilt hat.Darausergibt sichaber
zugleichdieBegrenzungderNachprfung:es ist
nichtSachedesVerfassungsgerichts,UrteiledesZivilrichtersinvollemUmfangeaufRechtsfehlerzuprfendasVerfassungsgerichthatlediglichdiebezeichnete"Ausstrahlungswirkung"derGrundrechte
auf das brgerliche Recht zu beurteilen und den Wertgehalt
desVerfassungsrechtssatzes auch hier zur Geltung zu bringen. Sinn
des Instituts derVerfassungsbeschwerde ist es, daalleAkte der
gesetzgebenden, vollziehenden undrichterlichen Gewalt auf ihre
"Grundrechtmigkeit" nachprfbar sein sollen (
90BVerfGG).SowenigdasBundesverfassungsgerichtberufenist,alsRevisionsodergar"Superrevisions"InstanzgegenberdenZivilgerichtenttigzuwerden,sowenigdarfesvon
der Nachprfung solcher Urteile allgemein absehen und an einer in
ihnen
etwazutagetretendenVerkennunggrundrechtlicherNormenundMastbevorbergehen.2.DieProblematikdesVerhltnissesderGrundrechtezumPrivatrechtscheint
imFalledes Grundrechts der freien Meinungsuerung (Art. 5 GG) anders
gelagert zu sein.Dieses Grundrecht ist wie schon in der Weimarer
Verfassung (Art. 118)
vomGrundgesetznurindenSchrankender"allgemeinenGesetze"gewhrleistet(Art.5Abs.2).Ohnedazunchstuntersuchtwird,welcheGesetze"allgemeine"GesetzeindiesemSinnesind,
lieesichdieAuffassungvertreten,hierhabedieVerfassungselbstdurchdieVerweisungaufdieSchrankederallgemeinenGesetzedenGeltungsanspruchdesGrundrechts
von vornherein auf den Bereich beschrnkt, den ihm dieGerichte
durchihreAuslegungdieserGesetzenochbelassen.DasErgebnisdieserAuslegungmsse,soweit
es eine Beschrnkung des Grundrechts darstelle, hingenommen werden
undknnedeshalbniemalsalseine"Verletzung"desGrundrechtsangesehenwerden.Dies
ist indessen nicht der Sinn der Verweisung auf die
"allgemeinenGesetze". DasGrundrecht auf freie Meinungsuerung ist
als unmittelbarster Ausdruck
dermenschlichenPersnlichkeitinderGesellschafteinesdervornehmstenMenschenrechteberhaupt(undesdroitslesplusprecieuxdel'hommenachArtikel11derErklrungderMenschen
und Brgerrechte von 1789). Fr eine
freiheitlichdemokratischeStaatsordnung ist es schlechthin
konstituierend, denn es ermglicht erst die stndigegeistige
Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement
ist(BVerfGE5,85[205]).EsistingewissemSinndieGrundlagejederFreiheitberhaupt,"the
matrix, the indispensable condition of nearly every other form of
freedom"(Cardozo).Aus dieser grundlegenden Bedeutung der
Meinungsuerungsfreiheit fr denfreiheitlich demokratischen Staat
ergibt sich, da es vom Standpunkt
diesesVerfassungssystemsausnichtfolgerichtigwre,diesachlicheReichweitegeradediesesGrundrechtsjederRelativierungdurcheinfachesGesetz(unddamitzwangslufigdurchdie
Rechtsprechung der die Gesetze auslegenden Gerichte) zu berlassen.
Es
giltvielmehrimPrinzipauchhier,wasobenallgemeinberdasVerhltnisderGrundrechtezurPrivatrechtsordnungausgefhrtwurde:dieallgemeinenGesetzemsseninihrerdasGrundrecht
beschrnkenden Wirkung ihrerseits im Lichte der Bedeutung
diesesGrundrechtsgesehenundsointerpretiertwerden,daderbesondereWertgehaltdiesesRechts,derinderfreiheitlichenDemokratiezueinergrundstzlichenVermutungfrdieFreiheit
der Rede in allen Bereichen, namentlich aber im ffentlichen Leben,
fhrenmu, auf jeden Fall gewahrt bleibt. Die gegenseitigeBeziehung
zwischenGrundrechtund"allgemeinemGesetz"
istalsonichtalseinseitigeBeschrnkungderGeltungskraftdesGrundrechtsdurchdie"allgemeinenGesetze"aufzufassenesfindetvielmehreineWechselwirkungindemSinnestatt,dadie"allgemeinenGesetze"zwardemWortlautnach
dem Grundrecht Schranken setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis
derwertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlichen
demokratischen Staat
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ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung
selbst wiedereingeschrnktwerdenmssen.Das Bundesverfassungsgericht,
das durch das Rechtsinstitut derVerfassungsbeschwerde zur Wahrung
der Grundrechte letztlich berufen ist, mudemgem auch hier die
rechtliche Mglichkeit besitzen, die Rechtsprechung derGerichte dort
zu kontrollieren,wo sie inAnwendung eines allgemeinenGesetzes
dengrundrechtlich bestimmten Raum betreten und damit mglicherweise
denGeltungsanspruch desGrundrechts im Einzelfall unzulssig
beschrnken. Esmu zuseinerKompetenzgehren, den spezifischenWert, der
sich in diesemGrundrecht
frdiefreiheitlicheDemokratieverkrpert,allenOrganenderffentlichenGewalt,alsoauchden
Zivilgerichten, gegenber zur Geltung zu bringen und den
verfassungsrechtlichgewolltenAusgleichzwischendensichgegenseitigwiderstreitenden,hemmendenundbeschrnkenden
Tendenzen des Grundrechts und der "allgemeinen
Gesetze"herzustellen.3. Der Begriff des "allgemeinen" Gesetzes war
von Anfang an umstritten. Es
magdahinstehen,obderBegriffnurinfolgeeinesRedaktionsversehensindenArtikel118derReichsverfassung
von 1919 gelangt ist (siehe dazu Hntzschel im Handbuch desdeutschen
Staatsrechts, 1932, Band II S. 658). Jedenfalls ist er bereits
whrend
derGeltungsdauerdieserVerfassungdahinausgelegtworden,dadarunteralleGesetzezuverstehensind,
die "nicht eineMeinungals solcheverbieten, die sichnicht
gegendieuerungderMeinungalssolcherichten",dievielmehr"demSchutzeeinesschlechthin,ohneRcksichtaufeinebestimmteMeinung,zuschtzendenRechtsgutsdienen",demSchutzeeinesGemeinschaftswerts,dergegenberderBettigungderMeinungsfreiheitden
Vorrang hat (vgl. die Zusammenstellung der inhaltlich
bereinstimmendenFormulierungenbeiKleinv.Mangoldt,a.a.O.,S.250f.,sowieverffentl.derVereinigungder
Deutschen Staatsrechtslehrer, Heft 4, 1928, S. 6 ff., bes. S. 18
ff., 51 ff.). Demstimmen auch die Ausleger des Grundgesetzes zu
(vgl. etwa Ridder in NeumannNipperdeyScheuner, Die Grundrechte,
Band II S. 282: "Gesetze, die nicht die
reingeistigeWirkungderreinenMeinungsuerunginhibieren").Wird der
Begriff "allgemeine Gesetze" so verstanden, dann ergibt
sichzusammenfassendalsSinndesGrundrechtsschutzes:DieAuffassung,danurdasuerneinerMeinunggrundrechtlichgeschtztsei,nichtdiedarinliegendeoderdamitbezweckteWirkungaufandere,istabzulehnen.DerSinneinerMeinungsuerungistesgerade,"geistigeWirkungaufdieUmwelt"ausgehenzulassen,"meinungsbildendundberzeugendaufdieGesamtheitzuwirken"(Hntzschel,Hdb.
DStR II, S. 655). Deshalb sind Werturteile, die immer eine geistige
Wirkungerzielen,nmlichandereberzeugenwollen,vomGrundrechtdesArt.5Abs.1Satz1GG
geschtzt ja der Schutz des Grundrechts bezieht sich in erster Linie
auf die
imWerturteilzumAusdruckkommendeeigeneStellungnahmedesRedenden,durchdieerauf
andere wirken will. Eine Trennung zwischen (geschtzter) uerung und
(nichtgeschtzter)Wirkungderuerungwresinnwidrig.Die so verstandene
Meinungsuerung ist als solche, d.h. in ihrer rein
geistigenWirkung,freiwennaberdurchsieeingesetzlichgeschtztesRechtsguteinesanderenbeeintrchtigt
wird, dessen Schutz gegenber der Meinungsfreiheit den
Vorrangverdient, so wird dieser Eingriff nicht dadurch erlaubt, da
er mittels
einerMeinungsuerungbegangenwird.Eswirddeshalbeine"Gterabwgung"erforderlich:Das
Recht zur Meinungsuerungmu zurcktreten, wenn schutzwrdige
Interesseneines anderen von hherem Rang durch die Bettigung der
Meinungsfreiheit verletztwrden. Ob solche berwiegenden Interessen
anderer vorliegen, ist auf Grund
allerUmstndedesFalleszuermitteln.4. Von dieser Auffassung aus
bestehen keine Bedenken dagegen, auchNormen desbrgerlichen Rechts
als "allgemeine Gesetze" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG
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anzuerkennen. Wenn das bisher in der Literatur im allgemeinen
nicht geschehen ist(worauf auch Kleinv. Mangoldt, a.a.O., S. 251,
hinweist), so kommt darin nur zumAusdruck, da man die Grundrechte
lediglich in ihrer Wirkung zwischen Brger undStaat gesehen hat, so
da folgerichtig als einschrnkende allgemeine Gesetze nursolche in
Betracht kamen, die staatliches Handeln gegenber dem einzelnen
regeln,also Gesetze ffentlichrechtlichen Charakters.Wenn aber das
Grundrecht der freienMeinungsuerung auch in denPrivatrechtsverkehr
hineinwirkt und seinGewicht
sichhierzugunstenderZulssigkeiteinerMeinungsuerungauchdemeinzelnenMitbrgergegenbergeltendmacht,somuaufderandernSeiteauchdiedasGrundrechtunterUmstnden
beschrnkende Gegenwirkung einer privatrechtlichen Norm, soweit
siehhere Rechtsgter zu schtzen bestimmt ist, beachtet werden. Es
wre nichteinzusehen, warum zivilrechtliche Vorschriften, die die
Ehre oder andere wesentlicheGter der menschlichen Persnlichkeit
schtzen, nicht ausreichen sollten, um derAusbung desGrundrechts der
freienMeinungsuerungSchranken zu setzen,
auchohnedazudemgleichenZweckStrafvorschriftenerlassenwerden.Der
Beschwerdefhrer befrchtet, da durch Beschrnkung der Redefreiheit
einemeinzelnengegenberdieGefahrheraufgefhrtwerdenknnte,derBrgerwerdeinderMglichkeit,durchseineMeinung
inderffentlichkeitzuwirken,allzusehrbeengtunddieunerllicheFreiheitderffentlichenErrterunggemeinschaftswichtigerFragenseinichtmehr
gewhrleistet. DieseGefahr besteht in der Tat (vgl.
dazuErnstHelle,DerSchutzderpersnlichenEhreunddeswirtschaftlichenRufesimPrivatrecht,1957,S.65,8385,153).Um
ihrzubegegnen,
istesabernichterforderlich,dasbrgerlicheRechtausderReihederallgemeinenGesetzeschlechthinauszuscheiden.EsmunurauchhierderfreiheitlicheGehaltdesGrundrechtsentschiedenfestgehaltenwerden.Eswirdvor
allem dort in die Waagschale fallen mssen, wo von dem Grundrecht
nicht
zumZweckeprivaterAuseinandersetzungenGebrauchgemachtwird,derRedendevielmehrinersterLinie
zurBildungderffentlichenMeinungbeitragenwill, sodadieetwaigeWirkung
seiner uerung auf den privaten Rechtskreis eines anderen zwar
eineunvermeidlicheFolge,abernichtdaseigentlicheZielderuerungdarstellt.Geradehierwird
das Verhltnis von Zweck und Mittel bedeutsam. Der Schutz des
privatenRechtsguts kann und mu um so mehr zurcktreten, je mehr es
sich nicht um eineunmittelbar gegen dieses Rechtsgut gerichtete
uerung im privaten, namentlich imwirtschaftlichen Verkehr und in
Verfolgung eigenntziger Ziele, sondern um
einenBeitragzumgeistigenMeinungskampfineinerdieffentlichkeitwesentlichberhrendenFrage
durch einen dazu Legitimierten handelt hier spricht die Vermutung
fr dieZulssigkeitderfreienRede.
Esergibtsichalso:AuchUrteiledesZivilrichters,dieaufGrund"allgemeinerGesetze"brgerlichrechtlicher
Art im Ergebnis zu einer Beschrnkung der Meinungsfreiheitgelangen,
knnen das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verletzen. Auch
derZivilrichter hat jeweils die Bedeutung des Grundrechts gegenber
dem Wert des im"allgemeinen Gesetz" geschtzten Rechtsguts fr den
durch die uerung angeblichVerletzten abzuwgen.DieEntscheidung kann
nur aus einerGesamtanschauungdesEinzelfalles unter Beachtung aller
wesentlichen Umstnde getroffen werden. Eineunrichtige Abwgung kann
das Grundrecht verletzen und so
dieVerfassungsbeschwerdezumBundesverfassungsgerichtbegrnden.
III.DieBeurteilungdesFallesaufGrunddervorstehendenallgemeinenDarlegungenergibt,da
die Rge des Beschwerdefhrers berechtigt ist. Gegenstand
derverfassungsgerichtlichenPrfungistdabeiderInhaltdeslandgerichtlichenUrteils,wieersich
aus Tenor und Entscheidungsgrnden ergibt. Ob die Entscheidung
desGerichtsauchdannverfassungsrechtlichenBedenkenunterlge,wennsie
imAnschluandieAusfhrungenimUrteildesOberlandesgerichtsHamburgimVerfahrendereinstweiligen
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VerfgungaufdieBestimmungdes823Abs.1BGBgesttztwordenwre,kanndasBundesverfassungsgericht
nicht abschlieend entscheiden, weil nicht ohne weiteresunterstellt
werden darf, da das Landgericht sich die Begrndung
desOberlandesgerichts in allen Einzelheiten zu eigen gemacht haben
wrde.Wegen
dersichhierergebendenProblememagaufdieAusfhrungenvonHelle,a.a.O.,S.75
ff.(bes.S.8385)verwiesenwerden.1.IndermndlichenVerhandlungisterrtertworden,obdasBundesverfassungsgerichtandietatschlichenFeststellungen,diedasLandgerichtseinemUrteilzugrundegelegthat,gebundenist.DasistnichtlediglichmitdemHinweiszubeantworten,danach26BVerfGG
im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht der Grundsatz
dermateriellenWahrheitsfindunggilt,dennderhierangegriffeneAktderffentlichenGewaltist
in einem Verfahren zustande gekommen, das seinerseits von
der"Dispositionsmaxime"beherrschtwird.DieFragebrauchtjedochhiernichtgrundstzlichentschieden
zu werden. Die ueren Tatsachen, namentlich der Wortlaut deruerungen
des Beschwerdefhrers, sind unbestritten unbestritten ist auch, da
derBeschwerdefhrer als Privatmann, nicht als Vertreter des
hamburgischen Staates,gesprochen hat. In der Deutung der uerungen
kann dem Landgericht
jedenfallssoweitgefolgtwerden,alsesdarineine"AufforderungzumBoykott",auch
inRichtunggegen die Filmgesellschaften, sieht. Der Beschwerdefhrer
selbst hat insoweit
keineBedenkenerhoben.WasdasZielderuerungenanlangt,soistesunbedenklich,wenndasLandgericht
feststellt, daderBeschwerdefhrer
"einWiederauftretenHarlansalsSchpfer reprsentativer Filme" habe
verhindern wollen ob die daran
geknpfteFolgerung,dadies"praktischdaraufhinauslaufe",HarlanvonderHerstellungnormalerSpielfilme
berhaupt auszuschalten, angesichts des Wortlauts der uerungen
nichtdochzuweitgeht,mufreilichzweifelhafterscheinen,kannaberdahingestelltbleiben,daesfrdieEntscheidungohneBedeutungist.Fr
die rechtliche Beurteilung ist davon auszugehen, da "Boykott" kein
eindeutigerRechtsbegriff ist, der als solcher schon eine unerlaubte
(sittenwidrige) Handlungbezeichnet. In der Rechtsprechung ist mit
Recht darauf hingewiesen worden (sobesonders RGZ 155, 257 [276
f.]), da es keinen fest umgrenzten Tatbestand
dessittenwidrigenBoykottsgibt,daesvielmehrimmerdaraufankommt,obeinVerhalteninseinem
konkreten Zusammenhang als "sittenwidrig" anzusehen ist. Auch aus
diesemGrunde ist es unbedenklich, dieDeutung des Landgerichts zu
bernehmen denn siesagt ber die rechtlichen Folgen dieser
Beurteilung noch nichts Entscheidendes
aus.ManmusichvonderSuggestivkraftdesBegriffs"Boykott"freihaltenunddasVerhaltendesBeschwerdefhrersimZusammenhangmitallenseinenBegleitumstndensehen.2.DasLandgerichthatdieVerurteilungdesBeschwerdefhrersauf826BGBgesttzt.Esnimmtan,dadasVerhaltendesBeschwerdefhrers
imSinnedieserBestimmunggegen die guten Sitten, gegen die
"demokratische Rechts und Sittenauffassung
desdeutschenVolkes",verstoenhabeunddeshalbeineunerlaubteHandlungdarstelle,daeinRechtfertigungsgrundnicht
erkennbar sei.Dabei brauchederjenige,
dessenRechtsittenwidrigbeeintrchtigtwerde,nichtmitdemGeschdigtenidentischzusein.NachdemobenzuII4Ausgefhrtenmu826BGB,dergrundstzlichalleRechteundGtergegensittenwidrigeAngriffe
schtzt, alsein "allgemeinesGesetz" imSinnedesArt. 5 Abs. 2 GG
angesehen werden. Die Prfung des Bundesverfassungsgerichtsbeschrnkt
sichdanachauf dieFrage, obdasLandgericht bei
derAnwendungdieserGeneralklausel Bedeutung und Reichweite des
Grundrechts der freienMeinungsuerung richtig erkannt und gegen die
Interessen Harlans und derFilmgesellschaftenabgewogenhat.
826BGBverweistaufdenMastabder"gutenSitten".Eshandeltsichhiernichtum
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irgendwie vorgegebene und daher (grundstzlich) unvernderliche
Prinzipien reinerSittlichkeit, sondern um die Anschauungen der
"anstndigen Leute" davon, was imsozialen Verkehr zwischen den
Rechtsgenossen "sich gehrt". Diese Anschauungensind geschichtlich
wandelbar, knnen daher in gewissen Grenzen auch
durchrechtlicheGeboteundVerbotebeeinflutwerden.DerRichter,derdashiernachsozialGeforderteoderUntersagteimEinzelfallermittelnmu,hatsich,wieausderNaturderSachefolgt,ihmaberauchinArt.1Abs.3GGausdrcklichvorgeschriebenist,dabeianjene
grundstzlichenWertentscheidungen und sozialenOrdnungsprinzipien zu
halten,dieerimGrundrechtsabschnittderVerfassungfindet.InnerhalbdieserWertordnung,diezugleicheineWertrangordnungist,muauchdiehiererforderlicheAbwgungzwischendemGrundrechtausArt.5Abs.1Satz1GGunddenseineAusbungbeschrnkendenRechtenundRechtsgternvorgenommenwerden.Fr
die Entscheidung der Frage, ob eine Aufforderung zum Boykott nach
diesenMastben sittenwidrig ist, sind zunchstMotive, Ziel und Zweck
der uerungen
zuprfenfernerkommtesdaraufan,obderBeschwerdefhrerbeiderVerfolgungseinerZiele
das Ma der nach den Umstnden notwendigen und
angemessenenBeeintrchtigungderInteressenHarlansundderFilmgesellschaftennichtberschrittenhat.a)
Sicherlich haftet den Motiven, die den Beschwerdefhrer zu seinen
uerungenveranlat haben, nichts Sittenwidriges an. Der
Beschwerdefhrer hat keine eigenenInteressen wirtschaftlicher Art
verfolgt er stand namentlich weder mit den
klagendenFilmgesellschaften noch mit Harlan in
Konkurrenzbeziehungen. Das Landgericht
hatselbstbereitsinseinemUrteilimVerfahrendereinstweiligenVerfgungfestgestellt,diemndlicheVerhandlunghabenichtdiegeringstenAnhaltspunktedafrergeben,daderBeschwerdefhrer
etwa "aus eigenntzigen bzw. nicht achtenswerten
Motiven"gehandelthabe.DemistvonkeinerSeitewidersprochenworden.b)DasZielderuerungendesBeschwerdefhrerswar,wieerselbstangibt,HarlanalsreprsentativenVertreterdesdeutschenFilmsauszuschaltenerwollteverhindern,daHarlanwieder
als Schpfer reprsentativer deutscher Filme herausgestellt werde
unddamitderAnscheinentstehe,alsseieinneuerAufstiegdesdeutschenFilmsnotwendigmit
der Person Harlans verbunden. Die Gerichte haben nicht zu
beurteilen, ob dieseZielsetzung sachlich zu billigen ist, sondern
nur, ob ihre Bekundung in der
vomBeschwerdefhrergewhltenFormrechtlichzulssigwar.Die uerungen des
Beschwerdefhrers mssen im Rahmen seiner
allgemeinenpolitischenundkulturpolitischenBestrebungengesehenwerden.ErwarvonderSorgebewegt,
das Wiederauftreten Harlans knne vor allem im Ausland so
gedeutetwerden,alshabesich
imdeutschenKulturlebengegenberdernationalsozialistischenZeit nichts
gendert wie damals, so sei Harlan auch jetzt wieder der
reprsentativedeutscheFilmregisseur.DieseBefrchtungenbetrafeneinefrdasdeutscheVolksehrwesentliche
Frage, im Grunde die seiner sittlichen Haltung und seiner
daraufberuhendenGeltunginderWelt.DemdeutschenAnsehenhatnichtssogeschadetwiediegrausameVerfolgungderJudendurchdenNationalsozialismus.EsbestehtalsoeinentscheidendesInteressedaran,dadieWeltgewiseinkann,dasdeutscheVolkhabesich
von dieser Geisteshaltung abgewandt und verurteile sie nicht aus
politischenOpportunittsgrnden, sondern aus der durch eigene innere
Umkehr gewonnenenEinsichtinihreVerwerflichkeit.
DieBefrchtungendesBeschwerdefhrerssindvon
ihmnichtnachtrglichkonstruiert,sieentsprechenderSachlage,wiesiesichdamalsfrihndarstellte.Dasistspterunteranderem
dadurch besttigt worden, da z.B. in der Schweiz der Versuch, den
Film"Unsterbliche Geliebte" zu zeigen, zu lebhaften Protesten, ja
sogar zu einerInterpretation im Nationalrat und zu einer amtlichen
Stellungnahme des
Bundesratsgefhrthat(vgl.NeueZeitungNr.70vom22./23.Mrz1952undNeueZrcherZeitung,
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FernausgabeNr.327vom28.November1951)derFilmwurdeeinhellignichtwegenseines
Inhalts, sondern wegen der Mitwirkung Harlans abgelehnt und infolge
dieserzahlreichen nachdrcklichen Interventionen auch nicht
aufgefhrt. Auch in
mehrerendeutschenStdtenwurdeausdengleichenGrndengegendieAuffhrungdesFilmsdemonstriert.DerBeschwerdefhrerkonntealsoindemWiederauftretenHarlanseinenim
Interesse der deutschenEntwicklung und des deutschenAnsehens in
derWelt zubeklagenden Vorgang sehen. Die sich hiermit nach seiner
Auffassung anbahnendeEntwicklungwollteerverhindern.Das Landgericht
hlt es fr zulssig, da der Beschwerdefhrer ber
dasWiederauftretenHarlanseineMeinunggeuerthat,machtihmaberzumVorwurf,daer
die ffentlichkeit aufgefordert habe, durch ein bestimmtes Verhalten
dasWiederauftreten Harlans unmglich zu machen. Bei dieser
Unterscheidung wirdbersehen, da derBeschwerdefhrer,wennman ihm
schon gestattenwill, ber dasWiederauftreten Harlans eine
(ablehnende) Meinung zu uern, kaum ber dashinausging was in diesem
Werturteil bereits enthalten war. Denn die Aufforderung,HarlanFilme
nicht abzunehmen und nicht zu besuchen, ergab sich als Wirkung
desnegativen Werturteils ber das Wiederauftreten Harlans geradezu
von selbst. Dassachliche anliegen des Beschwerdefhrers war es, die
Gefahr
nationalsozialistischerEinflsseaufdasdeutscheFilmwesenvonvornhereinabzuwehren
vondaherhaterfolgerichtigdasWiederauftretenHarlansbekmpft.HarlanerscheinthieralspersnlicherExponent
einer bestimmten, vom Beschwerdefhrer abgelehnten
kulturpolitischenEntwicklung.DerzulssigeAngriffgegendiesefhrtemiteinergewissenNotwendigkeitzueinemEingriffindiepersnlicheRechtssphreHarlans.Der
Beschwerdefhrer war durch seine besonders nahe persnliche Beziehung
zuallem,wasdasdeutsch jdischeVerhltnisbetraf,
legitimiert,seineAuffassung inderffentlichkeit darzulegen. Er war
damals bereits durch seine Bestrebungen umWiederherstellung eines
wahren inneren Friedens mit dem jdischen Volke bekanntgeworden. Er
war fhrend in der Gesellschaft fr christlichjdische
Zusammenarbeitttig er hatte kurz vorher in Rundfunk und Presse die
Aktion "Friede mit Israel"eingeleitet, die in Deutschland und
imAusland lebhaft diskutiert wordenwar und ihmzahlreiche
Zustimmungserklrungen eingebracht hatte. Es ist begreiflich, da
erbefrchtete,alledieseBestrebungenknntendurchdasWiederauftretenHarlansgestrtund
durchkreuzt werden. Er durfte aber auch davon ausgehen, da man in
derffentlichkeit gerade von ihmeineuerung dazu erwarte, zumal er
ausAnla
einer"WochedesdeutschenFilms"ohnedieszuaktuellenFilmfragenzusprechenhatteunddie
unmittelbar bevorstehende Auffhrung des ersten neuen HarlanFilms
inFachkreisensicherlichalseinwichtigesEreignisgewertetwurde.DerBeschwerdefhrerkonntedieEmpfindunghaben,daerhiereinerStellungnahmenichtausweichendrfe.DarausergabsichfrihneinedefensiveSituation,dieseineuerungennichtalseinenunmotivierten
und jedenfalls unprovozierten Angriff, sondern als eine
verstndlicheReaktionderAbwehrerscheinenlt.Das Verlangen, der
Beschwerdefhrer htte bei dieser Sachlage von der Kundgabeseiner
Auffassung, da Harlan von der Mitwirkung an reprsentativen
Filmenausgeschaltetwerdensolle,mitRcksichtaufdieberuflichenInteressenHarlansunddiewirtschaftlichen
Interessen der ihn beschftigenden Filmgesellschaften
trotzdemabsehenmssen, istunberechtigt.DieFilmgesellschaftenmgenbei
ihremEntschlu,Harlanwiederzubeschftigen,
formalkorrektverfahrensein.Wennsiedabeiaberdiedarber hinaus
verbleibende moralische Problematik des Falles nicht
bercksichtigthaben, dann kann das nicht dazu fhren, das Vorgehen
des Beschwerdefhrers,
dergeradedieseProblematikaufgriff,als"unsittlich"zubezeichnenundihmsodieFreiheitderMeinungsuerungzubeschneiden.DamitwrdederWert,dendasGrundrechtderfreienMeinungsuerungfrdiefreiheitlicheDemokratiegeradedadurchbesitzt,daesdieffentlicheDiskussionberGegenstndevonallgemeinerBedeutungundernstem
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Gehaltgewhrleistet,empfindlichgeschmlert.Wennesdarumgeht,dasich
ineinerfrdasGemeinwohlwichtigenFrageeineffentlicheMeinungbildet,mssenprivateundnamentlich
wirtschaftliche Interessen einzelner grundstzlich zurcktreten.
DieseInteressensinddarumnichtschutzlosdennderWertdesGrundrechtszeigtsichgeradeauchdarin,da
jedervon
ihmGebrauchmachenkann.Wersichdurchdieffentlicheuerungeinesandernverletztfhlt,kannebenfallsvorderffentlichkeiterwidern.ErstimWiderstreitderingleicherFreiheitvorgetragenenAuffassungenkommtdieffentlicheMeinung
zustande, bilden sich die einzelnen angesprochenen Mitglieder
derGesellschaft ihre persnliche Ansicht. Der Beschwerdefhrer hat zu
Recht daraufhingewiesen, da es z. B. grundstzlich zulssig ist, aus
ernsthaften Motiven in derffentlichkeit denAbsatz
bestimmterWarenoder bestimmteOrganisationsformendesVerkaufs zu
bekmpfen, auch wenn bei Erfolg solcher
MeinungsuerungenwirtschaftlicheUnternehmenzumErliegenkmen,Arbeitspltzeverlorengingenu.dgl.Solche
uerungen knnen nicht schon wegen dieser mglichen Folgen
gerichtlichuntersagt werden den Angegriffenen steht es aber frei,
sich durch Darlegung ihrerAuffassungzurWehrzusetzen.In diesem
Zusammenhang hat das Landgericht auf Art. 2 GG hingewiesen Es
gehtdavonaus,HarlandrfeseinenBerufalsFilmregisseurwiederaufnehmenundausben,da
er vom Schwurgericht, vor dem er wegen eines Verbrechens gegen
dieMenschlichkeit nach demKontrollratsgesetz Nr. 10 angeklagt war,
freigesprochen, imEntnazifizierungsverfahren als " Entlasteter"
eingestuft worden sei und dieSpitzenorganisation derFilmwirtschaft
(Spio) alleTtigkeitsbeschrnkungengegen
ihnaufgehobenhabe.Artikel2wirkeallerdingsnurgegendieffentlicheGewalt
zugleichkomme aber in der Bestimmung die sittliche Auffassung des
deutschen Volkes zumAusdruck, mit der Folge, da die eigenmchtige
Beschrnkung dieses Grundrechts,"vonwemsieauchkommenmag",
gegendiegutenSitten verstoe.Daran ist
richtig,daauchArt.2GGzudemgrundrechtlichenWertsystemgehrtunddieVorstellungendavon,waswiderdie"gutenSitten"verstt,mageblichbeeinflussenkann.Trotzdemwird
hier die Bedeutung des Artikels 2 nicht richtig gesehen. Da der
Staat,
dieffentlicheGewalt,nurindenSchrankenderGesetzegegenHarlanvorgehendurfteunddarf,
ist selbstverstndlich. Daraus folgt aber nichts dafr, was der
einzelne
BrgergegenberHarlanunternehmenunduerndarf.Dennhieristentscheidend,dajedereinzelne
Trger derselben Grundrechte ist. Da im Zusammenleben in einer
groenGemeinschaft sichnotwendig stndig
InteressenundRechtskollisionenzwischendeneinzelnenergeben,hat
imsozialenBereichstndigeinAusgleichundeineAbwgungder einander
entgegenstehenden Rechte nach dem Grade ihrer
Schutzwrdigkeitstattzufinden.Was alsErgebnis einer solchenAbwgung
anBeschrnkung der
freienEntfaltungsmglichkeitfrdeneinzelnenverbleibt,muhingenommenwerden.NiemandkannsichhieraufdieangeblichabsolutgeschtztePositiondesArt.2GGzurckziehenund
jedenAngriffaufsie,
"vonwemerauchkommenmag",alsUnrechtoderVerstogegen die guten Sitten
ansehen (vgl. auch H. Lehmann, MDR 1952, S.298). DieArgumentation
des Oberlandesgerichts Hamburg im Verfahren der
einstweiligenVerfgung: "weil der Staat das Recht (zu gewissen
Manahmen) nicht hat, so kanndieses Recht erst recht nicht der
einzelne Brger haben", ist irrig, weil sie
NichtZusammengehrigesineineinfachesVerhltnisvonmehrundwenigerbringenwill.DieAusfhrungendesLandgerichtsknntenauchsogedeutetwerden,daes
indenuerungen des Beschwerdefhrers einen Eingriff in den Kern der
knstlerischenPersnlichkeit Harlans erblickt, den "letzten
unantastbaren Bereich
menschlicherFreiheit"(BVerfGE6,32[41]),einenEingriffalso,derdurchkeinenochsogewichtigenInteressendesBeschwerdefhrersgerechtfertigtwerdenknneunddeshalb,weilerdieMenschenwrde
Harlans verletze, unter allen Umstnden sittenwidrig sei. Eine
soweitreichendeFolgerung lt aber der festgestellteSachverhalt nicht
zu. Selbstwennman ber denWortlaut deruerungenhinaus mit
demLandgericht annimmt, bei
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ErfolgderAufforderungwerdeHarlanalsRegisseurvonSpielfilmenvlligausgeschaltet,wrden
diesem doch noch andere knstlerische Bettigungsmglichkeiten auch
imFilmwesenverbleiben,sodavoneinergnzlichenVernichtungseinerknstlerischenund
menschlichen Existenz nicht gesprochen werden knnte. Eine solche
AnnahmewrdeaberberhauptdieIntensittdesindenuerungenliegendenEingriffserheblichberschtzen.Dieuerungen
konnten als solche die knstlerische
undmenschlicheEntfaltungsfreiheitHarlansunmittelbarundwirksamberhauptnichtbeschrnken.DemBeschwerdefhrer
standen keinerlei Zwangsmittel zuGebote, um seiner
AufforderungNachdruck zu verleihen er konnte nur an das
Verantwortungsbewutsein und diesittliche Haltung der von ihm
Angesprochenen appellieren und mute es ihrer
freienWillensentschlieung berlassen, ob sie ihm folgen wollten. Da
er auf
dieSubventionierungvonFilmendurchdenhamburgischenStaatEinflugehabthtte,alsodurch
die Drohung mit dem Entzug oder der Versagung von Subventionen
einengewissen Druck wenigstens auf die Filmproduzenten htte ausben
knnen, ist nichtdargetan.c)DieGegnerdesBeschwerdefhrershaben
indermndlichenVerhandlungvordemBundesverfassungsgericht besonderes
Gewicht darauf gelegt, da die vomBeschwerdefhrer bei der
Boykottaufforderung angewandten Mittel jedenfalls in
einerHinsichtinsichschonsittenwidriggewesenseien.DerBeschwerdefhrerhabenmlichdieobjektivunwahreBehauptungaufgestellt,HarlanseivomSchwurgerichtnurformellfreigesprochenworden,dieUrteilsgrndeseieneinemoralischeVerdammunggewesen.Es
mag dahinstehen, ob dieser Vorwurf, wenn er gerechtfertigt wre, ein
soumfassendes Verbot begrnden knnte, wie es im Urteil des
Landgerichtsausgesprochen ist. Das Landgericht selbst ist der
Auffassung, "da die Verwendungsittenwidriger Mittel wohl ein Verbot
der Boykottaufforderungmit diesenMitteln, nichtaber ein Verbot der
Boykottaufforderung schlechthin rechtfertigen wrde".
Indessenkannnichtanerkanntwerden,daderBeschwerdefhrersichmitdieserKennzeichnungdesSchwurgerichtsurteilseinesSittenverstoesschuldiggemachthabe.Aus
dem Inhalt des Schwurgerichtsurteils ist festzustellen: Das Urteil
schildert denLebensgang Harlans, insbesondere seine Laufbahn als
Filmregisseur, die nach 1933begannund ihnalsbald zum
"Prestigeregisseur" (so kennzeichnetHarlan selbst seineStellung in
derSchrift: "MeineBeziehung zumNationalsozialismus",S. 21)
aufsteigenlie. Das Urteil stellt dann die Entstehungsgeschichte des
Films "Jud S" und
dieBeteiligungHarlansandiesemFilmalsRegisseurundDrehbuchmitautor
imeinzelnendar. Es schreibt dem Film "klare antisemitische Tendenz"
zu, wrdigt ihn
imZusammenhangmitdenallgemeinenUmstndenzurZeitseinerEntstehungunderstenAuffhrung
(1940)dahin,daerdurchdie
tendenziseBeeinflussungderffentlichenMeinung im
judenfeindlichenSinnmiturschlich fr die Judenverfolgung gewesen
sei,und kennzeichnet ihn deshalb in objektiverHinsicht als ein
"Angriffsverhalten",wie
esnachderRechtsprechungfrdenBegriffdesVerbrechensgegendieMenschlichkeitimSinnedesKontrollratsgesetzesNr.
10erfordertwerde.DaHarlanalsMitgestalter
desDrehbuchsundRegisseurobjektivzumKreisderAngriffsttergehreunddaerauchdiemitdemFilmverfolgtenAbsichtenerkanntsowiemitdenvoraussichtlichenWirkungendes
Films gerechnet habe, kommt das Urteil zur Feststellung, da er
durch seinemagebendeMitwirkungbei derSchaffungdiesesFilms "in
objektiver und subjektiverHinsicht den Tatbestand des Verbrechens
gegen die Menschlichkeit erfllt" habe.
Essprichtihntrotzdemfrei,weilesihmdenSchuldausschlieungsgrunddessogenanntenNtigungsnotstands(52StGB)zubilligt.Dazuwirdimeinzelnenausgefhrt:
"NachdemErgebnisderBeweisaufnahmestehtfest,daHarlansichnichtumdieMitwirkunganderHerstellung
des Films "Jud S" bemht hat, sondern im Gegenteil erst auf Grund
des ihm vomPropagandaminister Goebbels erteilten Befehls ttig
geworden ist. Zur Beurteilung der Frage, wieGoebbels sich imFall
der offenenoder verstecktenAblehnungHarlans
verhaltenhabenwrde,warzunchstaufGrundallgemeinergerichtsnotorischerTatsachenfestzustellen,daimNovember1939
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bereits der Kriegszustand zwischen Deutschland und Polen und die
Mglichkeit der weiterenAusdehnung des Krieges auf andere Staaten
bestand. Goebbels vertrat die These, da im
KriegejederDeutscheseineAufgabeandemPlatz
zuerfllenhabe,andenergestellt sei, undda jederDeutsche "Soldat des
Fhrers" sei. Goebbels selbst betrachtete sich in seiner Eigenschaft
alsPropagandaminister als General des Fhrers und die unter ihm
arbeitenden Beamten
desPropagandaministeriumsundalleseinemMinisteriumunterstelltenPersonen,auchFilmproduzenten,Regisseure,
Schauspieler usw. als unter seinem Befehl stehende Soldaten. Die
Nichtausfhrungeines vonGoebbels gegebenenBefehleswurde
seitBeginndesKrieges von ihmalsVerweigerungeines kriegsdienstlichen
Befehles angesehen und es bedarf keiner Errterung darber, da
einesolchevondendamaligenMachthabernmitdenschrfstenStrafen,auchmitderTodesstrafe,belegtwordenwre.
In derartigen Fllen bewiesGoebbels eine unmenschliche Hrte und
SkrupellosigkeitzurDurchfhrung seinerAbsichten, sodadieMglichkeit
einer offenenAblehnung von vornhereinausgeschlossen war. Darber
hinaus bewiesen die angefhrten Einzelbeispiele, wie
unberechenbarundgefhrlichGoebbelsinseinenHandlungenseinkonnte.WeiterzeigtdieTatsache,daGoebbelsals
Propagandaminister jahrelang zugesehen hat, wie deutsche Menschen,
deutsche Stdte
durcheinensinnlosenKriegzugrundegerichtetwurdenundwieMillionenunschuldigerMenschendurchdieWillkrmanahmen
des nationalsozialistischen Regimes in einer jeder Menschlichkeit
HohnsprechendenArtundWeisegeqult,gedemtigt,
jasogargemordetwurden,unddaGoebbelsallediese Taten durch seine
Propaganda zu rechtfertigen suchte, wie skrupellos und ohne
moralischeHemmungen dieser Propagandadiktator war. Unter dem
nationalsozialistischen Gewaltsystem sindferner eine groe Anzahl
bedeutender und im Volke auerordentlich angesehener Mnner aus
deneinflureichsten Stellungen entfernt worden, in
Konzentrationslager verbracht, zum Selbstmordgetrieben oder
hingerichtet worden, und zwar in vielen Fllen ohne da auch nur der
Schein
desRechtesgewahrtwordenwre.AlledieseTatsachenerhellen,dasGoebbelszurDurchsetzungseinerAbsichten
ebenso wie die andern nationalsozialistischen Machthaber vor keiner
Gewalttatzurckschreckte.
AlsGoebbels
imJahre1938dieAuflageandieFilmgesellschaftenerteilte,
jeeinenantisemitischenFilmstoff herauszubringen, verfolgte er
planmig die im nationalsozialistischen
ProgrammfestgelegtenantisemitischenThesen.ImJahre1939mutedieantisemitischePropagandanachderAuffassung
der damaligen Machthaber eine noch weit grere Bedeutung erlangen,
da sie dasWeltjudentumals denFeindEuropasundals ihren
strkstenGegner betrachteten,wie dasauch indenRedenAdolfHitlers
stndig zumAusdruckgekommen ist.DieDurchfhrungder
vonGoebbelserteilten Auflage gewann daher zunehmend grere
Bedeutung. Sie mute sogar von seinemStandpunkt aus von grtem
staatspolitischenWert sein. Goebbels war daher schon aus den
hieraufgezeigtenGrndenanderDurchfhrungseinerBefehleaufdasheftigsteinteressiert.BeidemFilm"Jud
S" kam jedoch hinzu, da Goebbels auch persnlich durch den von den
SchauspielerngeleistetenWiderstand gegen dasFilmprojekt uerst
gereiztwar. Es galt fr ihn, seinenWillen
indiktatorischerWeisegegenberjedemWiderstanddurchzusetzen.UnterBercksichtigungallerdieserUmstnde
konnte zumindest dieMglichkeit nicht ausgeschlossenwerden, da
frHarlan imFalleeiner offenenoder verstecktenAblehnung, falls diese
vonGoebbelserkanntwurde,Gefahr fr Leibund Leben bestand. Das
Schwurgericht ist darber hinaus sogar der Auffassung, da
dieseLebensbedrohungbeider,PersnlichkeitGoebbels'durchausernsthaftgegebenwarundzwarumsomehr,alsdasVerhltniszwischenGoebbelsundHarlanbesondersimJahre1939/40auerordentlichgespanntwar.VondergroenZahlderzudiesemPunktvernommenenZeugenhatnichteineinzigermit
Sicherheit sagen knnen, welche Folgewirkungen fr Harlan htten
entstehen knnen. Siestimmten jedoch weitgehend darin berein, da
Goebbels in irgendeiner Weise seine furchtbareMacht Harlan htte
spren lassen. Fr die rechtliche Entscheidung kann es jedoch nicht
vonBedeutungseinobGoebbelsgegenHarlanalsVerweigerereineskriegsdienstlichenBefehlsetwaeinVerfahren
vor dem Sondergericht in die Wege geleitet oder ihn der
Willkrbehandlung imKonzentrationslager berantwortet htte, oder ob
er schlielich irgendeinen anderen, nicht imZusammenhang mit dem
Filmprojekt stehenden Vorwand gesucht und gefunden htte, Harlan
alspolitischen Gegner, Saboteur oder wegen irgendeines anderen
Deliktes den gleichen Manahmenauszusetzen. Da die Harlan drohende
Gefahr eine gegenwrtige war, bedarf keiner weiterenAusfhrungen, da
die Folgen der Nichtausfhrung des Goebbelsbefehles in jedem
Augenblickeintretenkonnten,indemGoebbelsHarlanswahreAbsichtenerkannte."
Es wird dann geprft, ob Harlan zu seinerMitarbeit an dem Film
etwa durch andereBeweggrnde bestimmt worden sei. Solche Motive
lassen sich nach Auffassung
desSchwurgerichtsnichtfeststellen.Esheitdannweiter:
"Es ist bereits ausgefhrtworden, dadie
offeneAblehnungderMitarbeit andemFilmprojekt "JudS" fr Harlan eine
schwere Bedrohung und Lebensgefahr bedeutet htte. Es war aber
weiter zuprfen,welcheMglichkeitenfr
ihnbestandenhaben,durchverstecktesAusweichendieserGefahr
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zu entgehen und sich dennoch der Beteiligung an der Filmarbeit
zu entziehen. Der Angeklagte hatnun behauptet, er habe alle
Mglichkeiten, um den Goebbels'schen Befehl herumzukommen,
vollausgeschpft, andere Mglichkeiten als die von ihm versuchten
htten ihm nicht zur Verfgunggestanden.
Dem Angeklagten konnte nicht widerlegt werden, da er
verschiedene Ausweichmanver versuchthat und zwar, da er das
Drehbuch bei Goebbels grndlich verrissen, sich zur Darstellung
reinnegativerPersonenunfhigerklrt,aufseinedringendenArbeitenanseinemFilm"Pedrosollhngen"undandemneuenProjekt"AgnesBernauer"verwiesenhatunddaersichschlielichfreiwilligzumKriegsdienst
gemeldet hat. Soweit es sich bei den von dem Angeklagten
behauptetenAusweichmanvern um Einwendungen knstlerischer Art
handelte, konnte seine Haltung
ihreErklrungauchinderBesorgniseinesRegisseursfinden,deraufGrundeinesschlechtenDrehbuchseinen
schlechten Film zu drehen frchtete. Trotzdem konnte das Gericht
nicht mit Sicherheitausschlieen, da alle diese Manahmen Harlans aus
einer inneren Ablehnung gegen
dasFilmprojektalssolcheergriffenwurden.EswardaherdieweitereFragezuprfen,obsichHarlanberdievon
ihmbehauptetenAusweichversuchehinausweitereMglichkeitenzumAusweichengebotenhabenknnten.DasGerichthatsolcheMglichkeitennichtfeststellenknnen."
DasUrteillegtdannimeinzelnendar,dazuderZeit,alsHarlanmitderGestaltungdesFilms
beauftragt wurde, fr ihn kaum noch Mglichkeiten bestanden htten,
sich derMitarbeit zu entziehen, den Film zu sabotieren oder seinen
antisemitischen Inhaltwesentlich zu mildern da er das letztere
wenigstens versucht habe, wird
ihmausdrcklichbescheinigt.IndiesemZusammenhangwirdgesagt:
"DemAngeklagtenkonnteauchnichtzumstrafrechtlichenVorwurfgemachtwerden,daerdenFilmineinerseinenknstlerischenFhigkeitenentsprechendenFormgestaltethat.Eswirdwohlzutreffen,da
der Film unter Zugrundelegung desMetzgerMller'schenDrehbuches oder
unter derRegieDr.Brauers einen weit geringeren Zulauf bei dem
Filmpublikum erreicht htte. Es ist logisch undzwingend, da in
diesem Falle die antisemitische Tendenz des Films keine so weite
Verbreitunghtte
findenknnen,wiediesbeidemvonHarlanhergestelltenFilmderFallwar.Eswarhierbeizubercksichtigen,daHarlandurcheineknstlerischnichtsohochzuwertendeGestaltungseinenRufals
groerRegisseur auf das schwerste htte gefhrden
knnen.DasSchwurgericht ist jedoch
derAnsicht,daeinKnstlerobernunfreiwilligodergezwungenandieErfllungeinesAuftragesgehtgar
nicht imstande ist, zu bestimmen, ob er einen guten, zugkrftigen
oder einen schlechten Filmherstellt. In jedem Falle wird der Film
so ausfallen, wie es seiner knstlerischen Begabungentspricht."
SogelangtdasUrteilschlielichzudemErgebnis:"Zusammenfassend ist
zu sagen, da die Ttigkeit Harlans in objektiver und subjektiver
Hinsichtzwar den Tatbestand des Verbrechens gegen die
Menschlichkeit erfllt hat, ihm jedoch
derEntschuldigungsgrunddes52StGBzuzubilligenwar."
Das Schwurgericht hat sonach nicht konkrete Tatsachen
festgestellt, die fr Harlaneinen Notstand begrndet htten es hat die
von Harlan in dieser Richtungvorgetragenen
Verteidigungsbehauptungen gewrdigt und ist zu dem
Schlugekommen,manmsseannehmen,dabeiAblehnungeinerMitwirkungandemFilmfr
Harlan Gefahr fr Leib und Leben bestanden habe die aus
allgemeinemgeschichtlichenWissen bekanntenCharakterzge
vonGoebbelsmachten eine solcheGefhrdungsogarwahrscheinlich.Diese
Gedankenfhrung des schwurgerichtlichen Urteils hat der
Beschwerdefhrerzusammenfassenddahingewertet,eshandlesichhierumeinen"formellenFreispruch"undeine"moralischeVerdammung".WasderBeschwerdefhrerzumAusdruckbringenwollte,waroffenbardies:EsliegehiernichteinFreispruchwegenerwiesenerUnschuldvor
Harlan sei durch die Urteilsgrnde in Wahrheit schwer belastet, da
er alsmagebender Mitgestalter eines Werkes erscheine, das als
"Verbrechen gegen dieMenschlichkeit" zu charakterisieren sei und
dessen mutmaliche Wirkung auf
dieBehandlungderJudenergekannthabedasGerichthabeihnnurfreigesprochen,weilesihmnichthabewiderlegenknnen,daerunterZwangandemFilmmitgewirkthabe.
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11/07/2015 DFRBVerfGE7,198Lth
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WennderBeschwerdefhrerseinenEindruckvomInhaltdesschwurgerichtlichenUrteilsindieWorte"formellerFreispruch"und"moralischeVerdammung"zusammengefathat,sogehtdasnachAuffassungdesBundesverfassungsgerichtsnichtberdieGrenzedesinderffentlichenDiskussioneinesThemasvonernstemGehaltZulssigenhinaus.Esbedeutet
eine unannehmbare Einengung der Redefreiheit in einer
freiheitlichenDemokratie,wenndasLandgerichthiervondemBeschwerdefhrer,dernichtJuristist,die
Sorgfalt sogar eines "strafrechtlich geschulten Lesers" fordert,
die ihn
htteveranlassenmssen,dieKennzeichnung"formellerFreispruch"zuunterlassen,weilsienur
beim Fehlen objektiver Voraussetzungen der Strafbarkeit angngig
sei. Die vomBeschwerdefhrer gewhlten Bezeichnungen sind keine
Tatsachenbehauptungen,deren Wahrheit oder Unwahrheit bewiesen
werden knnte namentlich wird mit
derBezeichnung"formellerFreispruch"keineindeutigerrechtlicherTatbestandbezeichnet.Eshandeltsichumeinezusammenfassende,wertendeCharakterisierungdesgesamtenUrteilsinhalts,
die fr zulssig gehalten werden mu, weil sie weder in der
Formverletzend ist noch inhaltlich so sehr den gemeintenSachverhalt
verfehlt, da sie
beiHrernundLesernganzirrigeVorstellungenberdenUrteilsinhalterweckenmte,wiees
etwa der Fall wre, wenn von einem Freigesprochenen ohne nhere
Erluterungbehauptet wrde, er sei "verurteilt" worden. Es ist hier
auch vonBedeutung, da derFreispruch Harlans in der breiteren
ffentlichkeit und erst recht in den Kreisen
derFilmwirtschaftbereitsbekanntwar.Ebensowarbekannt,daHarlanderRegisseurdesFilms
"Jud S" gewesen war. Damit stand fest, da das Urteil nicht die
vllige"Unschuld" im Sinne einer Nichtbeteiligung Harlans an der
Frderung
derJudenverfolgungdurchdiesenFilmfestgestellthabenkonnte,damithinderFreispruchauf
einem anderen, vergleichsweise "formalen" Gesichtspunkt beruhen
mute. DieuerungdesBeschwerdefhrerskannalsonicht
inVergleichgesetztwerdenmitdenFllen, in denen eine
Boykottaufforderung durch Verbreitung einer
summarischenKennzeichnungeinesSachverhaltsbegrndetwird,dievondenAdressatennichtohneweiteresrichtigverstandenwerdenkann.d)
Die vom Beschwerdefhrer fr seine Meinungsuerung gewhlten Formen
derAnsprachevordemPresseklubunddesOffenenBriefesgingennichtberdasnachdenUmstnden
Zulssige hinaus. Die DomnickFilmProduktion GmbH hat in
demSchreiben, das sie nach der Ansprache des Beschwerdefhrers an
diesen richtete,hervorgehoben, da ihr daran gelegen sei, die frhere
knstlerische Hhe desdeutschen Films wieder zu erreichen. In diesem
"Bestreben nach knstlerischanspruchsvollen Filmen" habe sie Harlan
zur Mitarbeit herangezogen. Daraus
ergibtsich,dadieGesellschaftsichgeradevonderMitwirkungHarlansanihrenFilmenvielversprach,
und es war selbstverstndlich, da sie dieseMitwirkung in
ihrerWerbungentsprechendhervorhebenwerde.HiermitwareinstarkesHervortretenHarlans
inderffentlichkeit auch ohne besonderes Zutun von seiner Seite
verbunden.
DasMassenunterhaltungsmitteldesFilmserreichtfastgleichzeitigMillionenvonZuschauernim
In und Ausland und lt so die Mitwirkenden, namentlich die
Darsteller undRegisseure, rasch in der breitestenffentlichkeit
bekanntwerden.Wer aber in dieserWeise vor die ffentlichkeit tritt
und dabei an den frheren Ruf eines Mitwirkendenanknpft, mu sich
gefallen lassen, da auch die Kritik hieran vor der
ffentlichkeiterfolgt und je intensiver mit einem Namen und unter
Hinweis auf die frherenLeistungen eines Knstlers auf breite
Bevlkerungskreise gewirkt wird, destoeindringlicher und schrfer
darf auch die Form der vorsorglichen Abwehr
solcherWirkungsein.Deshalbistesnichtzubeanstanden,daderBeschwerdefhrerfrseineKritikdieFormeinerAnsprachevorFilmproduzentenundFilmverleihernsowiediedesOffenenBriefesgewhlthat,dieletzterebrigensnur,weildieDomnickFilmProduktionGmbHihrerseitsihrSchreibenderSpiobekanntgegebenhatte.Eine
abschlieende Gesamtbetrachtung des Falles kann schlielich an
folgenderberlegungnichtvorbergehen:DerBeschwerdefhrerhatauslauterenMotivenandas
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sittlicheGefhldervonihmangesprochenenKreiseappelliertundsiezueinernichtzubeanstandenden
moralischen Haltung aufgerufen. Das ist in der
allgemeinenVolksanschauung nicht verkanntworden.Der Beschwerdefhrer
hat darauf
hinweisenknnen,daersichbeiseinerBewertungdesWiederauftretensHarlansimEinklangmitder
Haltung angesehener Persnlichkeiten des ffentlichen Lebens im
Inland undAuslandbefinde.Beweisedafr liegenvoresmagnuraufdie
inNr.3derDeutschenUniversittszeitungvom8.Februar1952verffentlichteStellungnahmevon48GttingerProfessorenverwiesenwerden,ferneretwaaufdieBeitrgeindererwhntenAusgabeder
Neuen Zrcher Zeitung. Vor allem aber hat in der 197. Sitzung des
DeutschenBundestags am 29. Februar 1952 der Abgeordnete Dr.
SchmidTbingen folgendeserklrt(Prot.S.8474):
"In Bonn luft zur Zeit der Film "Immensee" aus der Produktion
des Ihnen allen alsHersteller
desFilms"JudS"bekanntenRegisseursVeitHarlan.EsisteineSchande,dadieMachwerkediesesMannesinDeutschlandberhauptgezeigtundbesuchtwerdenknnen.Mancheberufensichdarauf,da
es keine Gesetze gebe, die es ermglichten, die Vorfhrung von Filmen
dieses Mannes
zuuntersagen.Dasistrichtig,undauchderBundestagkannihreVorfhrungnichtverhindern.Ichglaubeaber,damandemwahrenRechtedient,wennindiesemHausedagegenProtesterhobenwird,daausgerechnetamSitzedesdeutschenParlaments,dasindiesemLandeinganzbesonderemMaeder
Hter und Herold echter Toleranz zu sein hat, Filme eines Mannes
aufgefhrt werden, derzumindest indirekt mit dazu beigetragen hat,
diemassenpsychologischen Voraussetzungen fr
dieVergasungenvonAuschwitzzuschaffen."
DasProtokollverzeichnethierzu"BeifalllinksundbeidenRegierungsparteien".FrdieBeurteilung
des Verhaltens des Beschwerdefhrers kann die hier zum
AusdruckgekommeneAuffassungdes
reprsentativenVertretungsorgansdesdeutschenVolkesnicht gleichgltig
sein. Sie macht es unmglich, in den uerungen
desBeschwerdefhrerseinenVerstogegendie"Auffassungenderverstndigen,billigundgerechtdenkendenBrger"zusehen.
IV.DasBundesverfassungsgericht ist
aufGrunddieserErwgungenzuderberzeugunggelangt, da das Landgericht
bei seiner Beurteilung des Verhaltens desBeschwerdefhrers die
besondere Bedeutung verkannt hat, die dem Grundrecht
auffreieMeinungsuerungauchdortzukommt,woesmitprivaten
Interessenanderer inKonflikt
tritt.DasUrteildesLandgerichtsberuhtaufdiesemVerfehlengrundrechtlicherMastbeundverletztsodasGrundrechtdesBeschwerdefhrersausArt.5Abs.1SatzIGG.Esistdeshalbaufzuheben.