DEZENTRALE HERSTELLUNG VON WASSERSTOFF DURCH ELEKTROLYSE Dipl.-Ing. Andreas Brinner Institut für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) Pfaffenwaldring 38-40, D-70569 Stuttgart Dipl.-Ing. Wolfgang Hug Hydrotechnik GmbH Pfannkuchstr. 3a – 5, D-76185 Karlsruhe 1) Wasserstoff als Sekundärenergieträger Unsere heutigen Energiesysteme basieren überwiegend auf endlichen, fossilen Ressourcen und entlassen grosse Mengen von Schadstoffen in die Umwelt. Diese Energieträger müssen mittelfristig ergänzt und langfristig abgelöst wer- den durch Einbeziehung unerschöpflicher, erneuerbarer Energiequellen und de- ren Nutzung in geschlossenen, ökologisch neutralen Stoffkreisläufen ohne Ge- fährdungspotenziale. Der Einsatz von Sonnenenergie in verschiedenen Formen und anderer regene- rativer Energiequellen zur Herstellung des speicherbaren und transportierbaren Sekundärenergieträgers Wasserstoff aus Wasser mit Hilfe des Elektrolysepro- zesses stellt eine solche Ersatzoption dar. Wasserstoff ist ein hochwertiger und universeller Energieträger der - in Ergän- zung zum direkt erzeugten Strom - zur Bereitstellung von thermischer, mecha- nischer und elektrischer Energie genutzt werden kann. 2) Funktionsprinzip der alkalischen Wasserelektrolyse Der einfachste Apparat zur elektrochemischen Wasserspaltung ist die in Abb. 1 dargestellte bipolare alkalische Elektrolysezelle, die im Prinzip aus einem Ge- häuse mit zwei direkt angeschlossenen Gasabscheidern, zwei Elektroden (An- ode und Kathode) sowie einer dazwischen eingebrachten gasdichten aber was- serdurchlässigen Membran (Diaphragma) besteht. Wegen der Korrosionsbe- ständigkeit werden üblicherweise alle metallischen Teile aus
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DEZENTRALE HERSTELLUNG VON … Energiequellen zur Herstellung des speicherbaren und transportierbaren Sekundärenergieträgers Wasserstoff aus Wasser mit Hilfe des Elektrolysepro-zesses
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DEZENTRALE HERSTELLUNG VON WASSERSTOFF DURCH ELEKTROLYSE
Dipl.-Ing. Andreas Brinner Institut für Fahrzeugkonzepte des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) Pfaffenwaldring 38-40, D-70569 Stuttgart
Unsere heutigen Energiesysteme basieren überwiegend auf endlichen, fossilen
Ressourcen und entlassen grosse Mengen von Schadstoffen in die Umwelt.
Diese Energieträger müssen mittelfristig ergänzt und langfristig abgelöst wer-
den durch Einbeziehung unerschöpflicher, erneuerbarer Energiequellen und de-
ren Nutzung in geschlossenen, ökologisch neutralen Stoffkreisläufen ohne Ge-
fährdungspotenziale.
Der Einsatz von Sonnenenergie in verschiedenen Formen und anderer regene-
rativer Energiequellen zur Herstellung des speicherbaren und transportierbaren
Sekundärenergieträgers Wasserstoff aus Wasser mit Hilfe des Elektrolysepro-
zesses stellt eine solche Ersatzoption dar.
Wasserstoff ist ein hochwertiger und universeller Energieträger der - in Ergän-
zung zum direkt erzeugten Strom - zur Bereitstellung von thermischer, mecha-
nischer und elektrischer Energie genutzt werden kann.
2) Funktionsprinzip der alkalischen Wasserelektrolyse
Der einfachste Apparat zur elektrochemischen Wasserspaltung ist die in Abb. 1
dargestellte bipolare alkalische Elektrolysezelle, die im Prinzip aus einem Ge-
häuse mit zwei direkt angeschlossenen Gasabscheidern, zwei Elektroden (An-
ode und Kathode) sowie einer dazwischen eingebrachten gasdichten aber was-
serdurchlässigen Membran (Diaphragma) besteht. Wegen der Korrosionsbe-
ständigkeit werden üblicherweise alle metallischen Teile aus
H2O + Electricity H2 + 1/2 O2
Abb. 1: Funktionsprinzip einer bipolaren alkalischen Elektrolysezelle
Nickel oder billigeren Metallen mit Nickelüberzug hergestellt. In dem Gehäuse
befindet sich ein leitfähiges Kalilauge-Wasser-Gemisch. Bei Anlegen einer äu-
ßeren Gleichspannung zwischen Kathode (Minuspol) und Anode (Pluspol) fließt
ein elektrischer Strom, der an der Kathode für die Wasserstoff- (H2) und an der
Anode für die Sauerstoffentwicklung (O2) sorgt. Dabei wird nur das Wasser
zersetzt und muss nachgefüllt werden. Bei 20°C und 1 bar Druck beträgt die
elektrochemische Zersetzungsspannung einer Zelle 1,229 V. Aufgrund ohm-
scher Widerstände und innerer Überspannungsverluste muß die äußere Klem-
menspannung wesentlich höher sein. Abb. 15 zeigt den Vergleich verschiede-
ner Elektrolysekonzepte mit Nickelelektroden und verschiedenen katalytisch
aktiven Beschichtungen. Bei der industriell üblichen Stromdichte von 2 kA/m2
benötigt eine Elektrolysezelle mit blanken Nickelelektroden eine Spannung von
2,1 V entspr. 5,1 kWh/Nm3 Wasserstoff. Eine Zelle mit einfacher Kathodenbe-
schichtung in atmosphärischer Plasmaspritztechnik (APS) benötigt nur noch
eine Spannung von 1,92 V entspr. 4,7 kWh/Nm3. Eine Zelle mit beidseitiger
Elektrodenbeschichtung mit Hilfe der DLR-Vakuum-Plasma-Spritztechnologie
(VPS) kommt dagegen mit nur 1,69 V also 4,1 kWh/Nm3 aus. Zum Vergleich:
Dezentrale Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse, Brinner, Hug, 2002
der untere Heizwert des Wasserstoff beträgt 3 kWh/Nm3. Die
Elektrodenbeschichtung hat also den wesentlichsten Einfluss auf den
spezifischen Energieverbrauch des Elektrolyseprozesses. Die DLR-Elektroden
werden seit mehreren Jahren erfolgreich in Elektrolyseuren der Fa.
Hydrotechnik eingesetzt.
3) Photovoltaik-Elektrolysesystem
Bei Verwendung von Wasserstoff als Sekundärenergieträger spielen zwei As-
pekte eine wesentliche Rolle. Der eine Aspekt ist die Minimierung des spez.
Energieverbrauchs zur Herstellung, der im vorigen Kapitel kurz angerissen
wurde. Der zweite Aspekt ist die möglichst emissionsarme bzw. emissionsfreie
Herstellung. Nur die Kombination beider führen zu einem neuen Energiesystem.
Beide Aspekte haben auf die Auslegung des Wasserstofferzeugungssystems
großen Einfluss. Abb. 2 zeigt beispielhaft ein Photovoltaik-Elektrolysesystem.
Abb. 2: Funktionsprinzip eines Photovoltaik-Elektrolysesystems ohne Gasspeicherung In diesem Beispiel ist die regenerative Energiequelle, die Photovoltaik (Photo-
voltaic Generator), mit direkter elektrischer Energieerzeugung aus Sonnenlicht.
Die optimale Energieübertragung, d.h. die Anpassung der Energiequellen-
Kennlinien an die H2-Herstellungs-Kennlinien, wird durch eine Leistungsanpas-
sung (Power Conditioning) gewährleistet. Die effiziente Energieumsetzung wird
mit einem betriebs- und energieoptimierten Elektrolyseur (Alkaline Water Elec-
trolyzer) sichergestellt.
Dezentrale Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse, Brinner, Hug, 2002
Abb. 3 zeigt ein Übersichtsphoto des sog. HYSOLAR-Gebäudes, das 1987 im
Rahmen des deutsch-saudi arabischen Gemeinschaftsprogrammes HYSOLAR
(Hydrogen from SOLAR Energy) in Betrieb genommen wurde. Dieses Gebäude
beherbergt die weltweit erste TÜV-geprüfte 10 kWN Photovoltaik-Elektrolyse-
Versuchsanlage mit drei parallel betreibbaren 10 kWN Elektrolyseuren, die So-
lar-Wasserstoff für die Abgabe an Verbraucher erzeugen. Diese Anlage diente
neben den internen Untersuchungsprogrammen auch als Vorbildsystem für die
beiden anderen im HYSOLAR-Programm errichteten PV-Elektrolysesysteme
mit 3 kWp in Jeddah bzw. 350 kWp Leistung in Riad.
Wasserstoff-Speichersystem
Elektrolyse-Betriebsraum
Anlagen-Kontrollraum
Datenerfassung-und Auswertung
PV-Feld14,3 kWp / 10 kWN
Abb. 3: Aufbau der 10 kWN Photovoltaik-Elektrolyseanlage im HYSOLAR-Gebäude
Mit den Betriebsuntersuchungen an dieser Anlage werden drei Ziele verfolgt:
(1) die Entwicklung effizienter Elektrolyseure, (2) die Entwicklung einfacher, si-
cherer Gesamtanlagenkonzepte und (3) die gezielte Entwicklung peripherer Sy-
stemkomponenten wie Anlagensteuerung, Sicherheitseinrichtungen und Gas-
reinigungssystemen. Aufgrund des erfolgreichen Basiskonzeptes dieser Anlage
konnte ab April 1991 in Riad die 350 kW Solar-Wasserstoff-Produktionsanlage
errichtet und nach erfolgreicher TÜV-Abnahme im Sommer 1993 in Betrieb ge-
nommen werden.
Dezentrale Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse, Brinner, Hug, 2002
4) 350 kW Solar-Wasserstoffanlage in Riad/ Saudi Arabien
Die 350 kW Anlage wurde als erste vollautomatisch betreibbare Solar-Wasser-
stoff-Produktionsanlage geplant. Aufgrund dieser Zielrichtung besitzt diese An-
lage nicht die gleiche Betriebsflexilität wie die 10 kW-Anlage.
Abb. 4 zeigt das Blockschaltbild des 350 kW-Systems mit seinen 16 Hauptkom-
ponenten. Die oberen vier Blöcke des Bildes sind die Steuer- und Sicherheits-
systeme für den Betrieb. Mittig im Bild sind die beiden Blöcke des Elektroly-
seurs zu sehen. Links davon enthält das Diagramm die beiden Stromversor-
gungen und rechts im Bild die Blöcke der Wasserstoffspeicherung. Die übrigen
Blöcke stellen die Hilfssysteme für Kühlung, Wasseraufbereitung und
Druckluftversorgung dar. In Abb. 4 sind zusätzlich auch die Medien- und
Signalverbindungen der Hauptsysteme untereinander enthalten.
N2S350-P&I-06
HYS350-P&I-09 O2 H2
CWB: COOLING WATER CIRC. BLOW.CWC: COOLING WATER CIRC. CHILL.
DC PWR: DC ELECTRIC POWER
YS350-P&I-07
O2: OXYGENN2: NITROGEN
H2: HYDROGEN
PA
50-P&I-08 CWC
CWC
HYS350-P&I-02
DC PWR
HYS350-P&I-02
DC PWR
PAH2HYS350-P&I-03
CWB
O2
-10
CWC
HYS350-P&I-05
H2
HYS350-P&I-05
H2
HYS350-P&I-04
CWCPA
H2
O2N2
H2
H2
HYS350-P&I-05
HYS350-P&I-05
N2
HYDROGEN & OXYGEN
NITROGENSUPPLY
HARD-WIREDSAFETY SYSTEM
(HWSS)
BLOWER
H2 & O2 GAS
OPERATIONCOMPUTER (PLC)
ROOM AIRSUPERVISION
SYSTEM (RASS)
ANALYSIS SYSTEM(GAS)
LOOP HY
PRESSURISEDAIR H
WATERTREATMENT
HYS3
TRANSFORMER/RECTIFIER
SUPPLYSOLAR POWER
ELECTROLYTELOOP
HYDROGENCOMPRESSOR
HYS350-P&I
CHILLER/COOLER
LOOP
H2 BOTTLERACK 2
H2 STORAGEGAS TREATMENT VESSEL
H2 BOTTLERACK 1
Abb. 4: Blockschaltbild der 350 kW Photovoltaik-Elektrolyseanlage in Riad
Die angestrebte kompakte Bauweise der Anlage ist im Aufstellungsplan in Abb.
5 gut zu erkennen. In „Control Room“ und „Utilities Room“ sind alle Kontroll-, Si-
cherheits- und Datenerfassungssysteme untergebracht. Im „Electrical Room“ ist
die Verbindung zwischen Elektrolysesystem und Photovoltaikfeld realisiert.
Dezentrale Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse, Brinner, Hug, 2002
C&
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ELECTRICALROOM
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BATTERYROOM
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CoolersBlowers
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UTILITIESROOM
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PROCESSROOM
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HB
2
Com
pres
sor
H2
Vess
el
GASHANDLING
ROOM
NB
S
HB
1
CONTROLROOM
NUndergroundElectrolyte Tank
Abb. 5: Systemaufbau der 350 kWp PV-Elektrolyseanlage im Betriebsgebäude
Der „Utilities Room“ enthält ein Containergestell mit allen Hilfssystemen. Im
Osten außerhalb des Raums sind die Kühlanlagen und Untergrundtanks aufge-
baut. Der „Process Room“ ist nur dem Elektrolyseur in einem separaten Contai-
nergestellt vorbehalten. Der „Gas Handling Room“ beherbergt Wasserstoff-Zwi-
schenspeicher, Verdichter und Gasreinigungsanlage. Am nördlichen Gebäude-
ende wurden außen die Wasserstoff-Druckspeicher und das Stickstoff-Inertisie-
rungssystem aufgebaut. Für die Sicherheit des Bedienungspersonals wurden
eine Feuerlöschanlage, Duschen, Erste-Hilfe-Ausrüstung und Raumluft-Über-
wachungsanlagen in allen Betriebsräumen installiert. Die gesamte Anlage be-
nötigt nur eine Aufstellungsfläche von 102 m2. Dem gegenüber benötigt das
Photovoltaikfeld mit seinen 160 motorisch 2-achsig nachgeführten Solarzellen-
trägern eine Landfläche von 40.000 m2. Aufgrund des höheren Wirkungsgrades
wurden Solarmodule mit 30-fach konzentrierenden Fresnellinsen ausgewählt.
Aufgrund des hohen Automatisierungsgrades kann die 350 kW-Anlage von ei-
nem eingewiesenen Bediener betrieben werden. Der 2-jährige Testbetrieb hat
gezeigt, dass der Wartungsaufwand inklusive Druckspeicherwechsel bei etwa 8
Stunden pro Betriebswoche liegt und die meisten Arbeiten ohne Betriebsunter-
brechung durchgeführt werden können. Für die regelmäßigen Sicherheitsprü-
fungen wurde ein 3-jähriger Turnus festgelegt.
Dezentrale Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse, Brinner, Hug, 2002
Besonderes Augenmerk wurde auf die Gasqualität des Druck-Wasserstoff ge-
legt, die der Standardqualität 5.0 entspr. 99,999% Reinheit entsprechen sollte.
Dafür wurde an der 10 kW-Anlage das in Abb. 6 dargestellte Reinigungs- und
Speichersystem entwickelt und in der 350 kW-Anlage realisiert. Die Hauptvor-
teile dieser Anlage sind ihre dynamische Betreibbarkeit mit variablen Gasdurch-
flüssen und der angepasste Aufbau mit katalytischem Reiniger, Wasserfallen
und automatisch regenerierbaren Wasseradsorptionsbehälter sowie seinem
niedrigen Energieverbrauch. Das Reinigungssystem ist gastechnisch zwischen
die beiden Druckstufen des Verdichters eingeschleift und benötigt keine eigene
Steuerung.
Abb. 6: Beispiel eines dynamischen 10 kW H2 - Reinigungs- und Speichersystems
Dezentrale Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse, Brinner, Hug, 2002
5) Intermittierend betreibbare Elektrolyseure
Obwohl natürlich der spezifische Energieverbrauch der H2-Herstellung ein we-
sentlicher Kosten- und Betriebsfaktor ist, muss die Elektrolyseentwicklung noch