Der Weg in den Zweiten Weltkrieg Wehrmachtssoldaten reißen am 1. September 1939 einen Schlagbaum an der deutsch-polnischen Grenze ein. Am 1. September 1939 überfällt die Wehrmacht ohne jede Ankündigung Polen. Doch überraschend beginnt der deutsche "Blitzkrieg" nicht. Hitler hat ihn seit seiner Machtergreifung 1933 geplant. Dieser Krieg kam nicht überraschend. Hitler hatte aus seinen aggressiven Expansionsplänen keinen Hehl gemacht, auch wenn er ab und zu, nach Hitlers eigenen Worten, die „pazifistische Platte“gespielt habe, meint Klaus Hesse vom Berliner Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors". Für ihn ist klar: „Hitler trieb seit der Machtübernahme im Januar 1933 alles auf die Vorbereitung zum Krieg hin. Seitdem diente alles der Revision der Versailler Nachkriegsordnung, alles der Rückgewinnung der Hegemonie in Europa durch ein Großdeutschland, alles der Erschaffung einer europäischen Großraumwirtschaft, die Deutschland ermöglichte, einen großen Krieg in Europa, der auch länger dauern würde zu führen“. 1) Krieg im Innern – gegen Opposition und Juden Der Friedensvertrag von Versailles hatte 1919 die alleinige Verantwortung des Deutschen Reichs und seiner Verbündeten für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs festgehalten und es zu Gebietsabtretungen, Abrüstung und Reparationszahlungen an die Siegermächte verpflichtet. In Hitlers Verständnis eine Demütigung, die es zu revidieren galt. Bestens gelegen kam ihm die sogenannte "Dolchstoßlegende", nach der Sozialdemokraten und Juden dem Reich aus dem inneren hinterrücks einen Dolchstoß verpasst hätten. Und so nahm der Weg in einen erneuten Krieg seinen Beginn im Innern. Nur wenige Tage nach seiner Machtergreifung hatte Hitler am 1. April 1933 den ersten landesweiten Boykott gegen jüdische Geschäfte organisieren lassen. Darauf folgte das " Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" – ein de facto Ausschluss aller Juden von Tätigkeiten im öffentlichen Dienst. Dabei ging es von Anfang auch um finanzielle Mittel, mit denen sich ein Krieg nach Außen finanzieren ließ. Schon bevor die Regierung den Raub jüdischen Besitzes per Gesetz umfassend regelte, wurden jüdische Unternehmer unter Druck gesetzt, selbst aus der Flucht von Juden aus Deutschland noch Profit geschlagen: Auswanderer mussten 25 Prozent ihres steuerpflichtigen Vermögens an den Staat abgeben, der so allein in den ersten beiden Jahren der NS-Herrschaft 153 Millionen Reichsmark einnehmen konnte. Beim Devisentransfer ins Ausland war zudem eine Abschlagszahlung an die staatliche Deutsche Golddiskontbank fällig. Bis September 1939 steig sie auf 96 Prozent der Transfersumme.
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Der Weg in den Zweiten Weltkrieg · 2020. 7. 5. · Der Weg in den Zweiten Weltkrieg Wehrmachtssoldaten reißen am 1. September 1939 einen Schlagbaum an der deutsch-polnischen Grenze
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Der Weg in den Zweiten Weltkrieg
Wehrmachtssoldaten reißen am 1. September 1939 einen Schlagbaum an der deutsch-polnischen Grenze ein.
Am 1. September 1939 überfällt die Wehrmacht ohne jede Ankündigung Polen. Doch überraschend
beginnt der deutsche "Blitzkrieg" nicht. Hitler hat ihn seit seiner Machtergreifung 1933 geplant.
Dieser Krieg kam nicht überraschend. Hitler hatte aus seinen aggressiven Expansionsplänen keinen
Hehl gemacht, auch wenn er ab und zu, nach Hitlers eigenen Worten, die „pazifistische Platte“gespielt
habe, meint Klaus Hesse vom Berliner Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors". Für ihn ist
klar: „Hitler trieb seit der Machtübernahme im Januar 1933 alles auf die Vorbereitung zum Krieg hin.
Seitdem diente alles der Revision der Versailler Nachkriegsordnung, alles der Rückgewinnung der
Hegemonie in Europa durch ein Großdeutschland, alles der Erschaffung einer europäischen
Großraumwirtschaft, die Deutschland ermöglichte, einen großen Krieg in Europa, der auch länger
dauern würde zu führen“.
1) Krieg im Innern – gegen Opposition und Juden
Der Friedensvertrag von Versailles hatte 1919 die alleinige Verantwortung des Deutschen Reichs und
seiner Verbündeten für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs festgehalten und es zu
Gebietsabtretungen, Abrüstung und Reparationszahlungen an die Siegermächte verpflichtet.
In Hitlers Verständnis eine Demütigung, die es zu revidieren galt. Bestens gelegen kam ihm die
sogenannte "Dolchstoßlegende", nach der Sozialdemokraten und Juden dem Reich aus dem inneren
hinterrücks einen Dolchstoß verpasst hätten. Und so nahm der Weg in einen erneuten Krieg seinen
Beginn im Innern.
Nur wenige Tage nach seiner Machtergreifung hatte Hitler am 1. April 1933 den ersten landesweiten
Boykott gegen jüdische Geschäfte organisieren lassen. Darauf folgte das "Gesetz zur
Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" – ein de facto Ausschluss aller Juden von Tätigkeiten im
öffentlichen Dienst. Dabei ging es von Anfang auch um finanzielle Mittel, mit denen sich ein Krieg nach
Außen finanzieren ließ. Schon bevor die Regierung den Raub jüdischen Besitzes per Gesetz umfassend
regelte, wurden jüdische Unternehmer unter Druck gesetzt, selbst aus der Flucht von Juden aus
Deutschland noch Profit geschlagen: Auswanderer mussten 25 Prozent ihres steuerpflichtigen
Vermögens an den Staat abgeben, der so allein in den ersten beiden Jahren der NS-Herrschaft 153
Millionen Reichsmark einnehmen konnte. Beim Devisentransfer ins Ausland war zudem eine
Abschlagszahlung an die staatliche Deutsche Golddiskontbank fällig. Bis September 1939 steig sie auf
96 Prozent der Transfersumme.
Der Boykott jüdischer Geschäfte begann schon 1933, in den Novemberpogromen 1938 wurde die Brutalität des Regimes
noch offener sichtbar.
2) „Deutschlands Nachbarn in Waffen“
Die Wiederaufrüstung Deutschlands war eines der vorrangigen Ziele des NS-Regimes. Angesichts der
militärischen Überlegenheit anderer Staaten forderte Deutschland das Recht zu eigener Aufrüstung.
Als die Genfer Abrüstungskonferenz die sofortige Gleichberechtigung des Deutschen Reiches in
Rüstungsfragen ablehnte, trat Deutschland im Oktober 1933 demonstrativ aus dem Völkerbund aus.
Mit der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht am 16. März 1935 hob das Deutsche Reich
sämtliche militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrages auf.
Auf diesen einseitigen Vertragsbruch reagierten Großbritannien, Frankreich und Italien mit einer
gemeinsamen Verurteilung und der Bildung der sogenannten „Stresafront“, die jedoch am 18. Juni
1935 mit dem deutsch-britischen Flottenabkommen schon wieder zerbrach.
Großbritannien unterzeichnete trotz der Bevorzugung multilateraler Abkommen den bilateralen
Vertrag mit Deutschland, um ein Wettrüsten wie vor dem Ersten Weltkrieg zu verhindern. Hitler und
sein Sonderbevollmächtigter Joachim von Ribbentrop erkannten in dem Flottenabkommen hingegen
die erste Etappe eines angestrebten, umfassenden deutsch-britischen Bündnisses.
Ein weiterer Erfolg für Hitler war die Saarabstimmung im Januar 1935 mit der überwältigenden
Zustimmung der Bevölkerung des Saarlandes zur Rückkehr ins Reich.
3) Berlin 1936 – Olympia und die vorgezogene Kriegserklärung
Ein Großteil der Deutschen sah in Hitler bis 1939 den Heilsbringer. Vielen von ihnen hatte seine
Diktatur eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lebenssituation gebracht. Die Arbeitslosigkeit war
gesunken, der individuelle Konsum gestiegen. „Hitler war zu sehr Populist, um nicht zu wissen, dass er
neben Kanonen auch Butter zu bieten haben musste“, meint Klaus Hesse.
Berlin 1936: https://www.youtube.com/watch?v=Es6f7K4c-y8
Die Kanonen aber waren das eigentliche Ziel. Während die Welt zu den olympischen Spielen in Berlin
gastierte, festigte Hitler seine Kriegspläne. In vier Jahren sollte die Wehrmacht einsatzfähig sein für
den Krieg im Osten. Hitlers Plan in der geheimen "Denkschrift zum Vierjahresplan": Auf möglichst
vielen Gebieten solle Deutschland autark werden und sich vom Weltmarkt abkoppeln, um so alle
Ressourcen in die Rüstung investieren zu können. Bald schon diente die Hälfte aller Staatsausgaben
der Waffenbeschaffung.
Berlin – „Unter den Linden“ – 1. August 1936, während der 11. Olympiade: Frieden?