Der Stellenwert der Unternehmenskultur im Rahmen von Betriebspraktika. Mögliche Wege der didaktischen Aufarbeitung im Unterricht Markus Ammann, 7. österreichischer Wipäd-Kongress, 12. April 2013
Der Stellenwert der Unternehmenskultur im Rahmen von Betriebspraktika. MöglicheWege der didaktischen Aufarbeitung im Unterricht
Markus Ammann, 7. österreichischer Wipäd-Kongress, 12. April 2013
Betriebspraktika gewinnen zunehmend mehr an Bedeutungcurricular verankert im Rahmen vollzeitschulischer Berufsausbildungen (vgl. bspw. den aktuellen Schulversuch „Praxis Handelsschule“ oder Entwurf für die HAK)Zunahme von freiwilligen und selbstorganisierten Praktika
Youth on the Move – Initiative der Europäischen Kommission u. a. Entwicklung eines Qualitätsrahmens für BetriebspraktikaZertifizierung und Auszeichnung von vorbildlichen Praktikumsbetrieben
Was zeichnet ein qualitätsvolles Betriebspraktikum aus? Wie kann der Praktikumsplatz ausgestaltet werden?Beitrag zur didaktischen Gestaltung bzw. zum Bridging
Ausgangslage
Datengrundlage und Form der Praktika
aus humanberuflichen Schulen
Erfahrungsergänzende Pflichtpraktika laut Lehrplan
Rückmeldungen im Form eines Feedbackbogens mit quantitativen und qualitativen Elementen – Sommer 2009
� 1436 PraktikantInnen - 18 % davon im Ausland
� 1167 – ca. 81 % im Gastgewerbe/Tourismus
Fünf Leitfadeninterviews mit PraktikantInnen
Inhaltsanalytische Auswertung – Zusammenfassung –Kategorienbildung
Theoretischer Hintergrund – Activity Theory
Activity System(Engeström 2008)
Rahmenbedingungen Unternehmenskultur Handlungsfeld
Ort – Region Umgangsformen Selbstständigkeit
Hygiene am Arbeitsplatz GemeinschaftsgefühlForm der Tätigkeiten – Job
Rotation
Unterkunft Gemeinsame Freizeitaktivitäten Über- bzw. Unterforderung
Niveau des Betriebes Kommunikation Eigene Entscheidungsräume
Mitarbeiter/innen/stand PeersIntegration in den
Arbeitsprozess
Bezahlung Mitarbeiter/innen/führung Verantwortung
Vor- und Nachbereitung,Begleitung
Zeiteinteilung Zusatzaktivitäten
Ansprechpartner/in VerpflegungInstruktion durch
Kolleg/inn/en
Qualitätsindizientableau(Ammann/Thoma 2011)
Unternehmenskultur – zwei mögliche Definitionen
„The culture of a group can now be defined as a pattern of shared basic assumptions learned bya group as it solved its problems of external adaption and internal integration, which has workedwell enough to be considered valid and, therefore, to be thaught to new members as thecorrect way to perceive, think and feel in realation to those problems.“ (Schein 2004)
Unternehmenskultur als Gesamtheit der Werte und Normen in einer Organisation, die den Akteuren Sinn und Richtlinien für ihr Handeln bieten (vgl. Hinterhuber 1996).
Was sagen die Indizien über Qualität aus? Wie können diese didaktisch fruchtbar gemacht werden?
Ebenen der Analyse – nach Schein
Ebene 1: sichtbare Verhaltensweisen, Artefakte, Erzeugnisse, Rituale, MythenKommunikation, MitarbeiterInnenführung, Umgangsformen, Verpflegung,
Zeiteinteilung, Peers, Gemeinsame Freizeitaktivitäten, Gemeinschaftsgefühl
Ebene 2: Gefühl für das Richtige, kollektive Werte – wie die Dingesein sollen –steuern das Verhalten der Organisationsmitglieder
Ebene 3: Grundannahmen, Wesen, Beziehungen zur Natur & anderen, Zeit & Aktivitätsorientierung –die Grundannahmen werden nicht hinterfragt, sie sind selbstverständlich
Bridging mittels Portfolios
Ebene 1: sichtbare Verhaltensweisen, Artefakte, Erzeugnisse, Rituale, Mythen
Ebene 2: Gefühl für das Richtige, kollektive Werte –wie die Dinge sein sollen – steuern das Verhalten der Organisationsmitglieder
Ebene 3: Grundannahmen, Wesen, Beziehungen zur Natur & anderen, Zeit & Aktivitätsorientierung –die Grundannahmen werden nicht hinterfragt, sie sind selbstverständlich
Portfolio als Sammlung von ausgewählten und
verpflichtenden Arbeiten
Methodische Herangehensweise
Interviews, teilnehmende Beobachtung, Analyse von
Dokumenten
(vgl. Raeder 2010: 93)
Didaktisches Potential – möglicher Weg der Analyse
Beispiel – Erkundungsauftrag Gemeinschaftsgefühl
(vgl. Bauer 2011: 72 f.)
Aufgabe
Ein gutes Gemeinschaftsgefühl trägt wesentlich zur
Motivation der Mitarbeiter/innen bei. Während
deiner Zeit im Praktikum hast du die Möglichkeit für
dich herauszufinden, ab wann man von einem guten
Gemeinschaftsgefühl sprechen kann und wie du die
Situation im Praktikum empfunden hast. Verfasse
einen Bericht, der sich mit deinem Zugang zu
Gemeinschaftsgefühl beschäftigt.
Ziel
Der Zusammenhalt/das Gemeinschaftsgefühl äußert
sich im Unternehmen mitunter anders als in der Schule,
im privaten Bereich oder in der Freizeit. Durch diesen
Arbeitsauftrag soll sich der Praktikant unter anderem
diese Unterschiede vor Augen führen.
Fragestellungen zur Unterstützung
� Wie definierst du für dich ein gutes
Gemeinschaftsgefühl?
� Welche Faktoren wirken sich deiner Meinung
nach positiv und welche negativ auf die
� Zusammenarbeit und den Zusammenhalt im
Betrieb aus?
� Wie empfindest du die Situation in deinem
Praktikumsbetrieb? Wo siehst du
� Unterschiede/Gemeinsamkeiten zur Schule
oder zum Verein, bei dem du Mitglied bist?
� Wie wohl/unwohl fühlst du dich im Praktikum?
� Wie verhalten sich die Mitarbeiter gegenüber
dir?
Beispiel – Erkundungsauftrag SteckbriefAufgabe
Mit dem Beginn des Praktikums kommen neue
Herausforderungen auf dich zu. Womöglich ist es sogar
das erste Mal, dass du in einem Unternehmen
arbeitest. Zu diesem Zweck erkundige dich auf der
Homepage des Unternehmens, in Broschüren, etc.
über den Betrieb, in dem du die nächsten Wochen
arbeitest und fertige einen Art Steckbrief an. Du kannst
auch deine/n Betreuer/in bitten, dir Informationen
zum Unternehmen zu geben/dich zu unterstützen.
Ziel
Beim Wechsel von der Schule in den Praktikumsbetrieb
taucht der Praktikant ein in ein neues Lernsetting.
Durch den Erkundungsauftrag macht er/sie sich
schrittweise mit dem Unternehmen vertraut.
Hilfestellung – mein Praktikumsbetrieb
� Name des Betriebs
� Geschichte
� Anzahl der Mitarbeiter/innen
� Was wird hier hergestellt/verkauft?
� Welche Dienstleistungen werden angeboten?
� Welche Berufe sind im Betrieb anzutreffen
(auch außerhalb deiner Abteilung/ deinem
Bereich)?
� Welche Tätigkeiten haben deine
Arbeitskollegen hauptsächlich zu verrichten?
(vgl. Bauer 2011: 67)
Portfolio als mögliches Bridging-Tool Chancen und G renzen
� Portfolios wurden im Rahmen einer
Evaluation von Studierenden (n = 49) als
„eher lästig“ und „unwichtig“ eingestuft
� Durch den Wechsel der CoP kommt es zu
einem temporären Bruch mit der
entsendenden Institution.
� Zusätzliche Anforderungen werden
abgelehnt, weil das Praktikum ohnehin
schon zeitaufwändig ist.
� Dennoch zeigte sich eine grundsätzliche
Wertschätzung gegenüber dem Instrument.
� Anerkennung durch Betreuungslehrkräfte
eher gering
� Portfolios sind grundsätzlich ein offenes
Konzept und nicht für bestimmte Zwecke
determiniert – Gestaltungsfreiheit und
verschiedenartige Einsatzmöglichkeiten
� Möglichkeit, den Praktikumsplatz in
verschiedenen Formen in die Schule zu
holen.
� Es eröffnen sich dadurch
Anknüpfungspunkte, die für die Gestaltung
des Unterrichts verwendet werden können
(Beispiele, Videos usw.).
� Möglichkeit der Qualitätssicherung, durch
systematischen Aufbau einer Datenbasis.
(vgl. Ostendorf/Welte 2012: 157 f.)
Vielen Dank!
Ammann, M./Thoma, M. (2011): Entwicklung eines Qualitätsmodells für Betriebspraktika. Erste empirische Einblicke. In: wissenplus, Sonderausgabe Wissenschaft, 5-10/11, S. 61 - 66.
Bauer, S. (2011): Das Portfolio im Betriebspraktikum, unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität Innsbruck.
Engeström, Y. (2008): Entwickelnde Arbeitsmarktforschung. Die Tätigkeitstheorie in der Praxis. Berlin.
European Commission (2010): Youth on the Move – An initiative to unleash the potential of young people to achieve smart, sustainable and inclusive growth in the European Union. Luxemburg. http://europa.eu/youthonthemove/docs/communication/youth-on-the-move_EN.pdf, abgerufen am 29.05.12.
Hinterhuber, H. H. (1996): Strategische Unternehmensführung. I Strategisches Denken. Vision – Unternehmenspolitik – Strategie, Berlin und New York.
Ostendorf, A / Welte, H.: Portfolioarbeit im Schulpraktikum als methodischer Weg zur Unterstützung eines Cross-border-learnings –dargestellt am Beispiel des Schulpraktikums im Masterstudium Wirtschaftspädagogik an der Universität Innsbruck. In: Die berufsbildende Schule, 64. Jg., Heft 5, S. 152 – 158.
Raeder, S. (2010): Organisationskultur – Analyse, Gestaltung und Entwicklung. In: Werkmann-Karcher, B. / Rietiker, J. (Hrsg.): Angewandte Psychologie für das Human Resource Management, Berlin/Heidelberg, S. 89 – 110.
Schein, E. (2004): Organizational Culture and Leadership, San Francisco.
Literaturverweise