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51 Der rhodisch-byzantische Krieg von 220 v. Chr. Ein Handelskrieg im Hellenismus? 1 Von Nikolai Jefremow Im XX. Buch seiner Universalgeschichte schildert Diodor mit folgenden Worten die Grundprinzipien rhodischer Politik: h" po4lij h" tw/n !Rodi6wn i3scu5ousa nautikai/j duna5mesi kai& politeuome6nh ka5llista tw/n §Ellh6nwn peri3 ma5chtoj toi/j duna5staij kai& basileu/sin h)n, e§ka5stou speu5dontoj ei3j th%n au"tou/ fili6an proslamba5nesvai, proorwme6nh de& po4rrwven to$ sumfe6ron kai& pro$j a"5pantaj kat 1 i3di6an suntiveme6nh th%n fili6an tw/n pro$j a2llh5louj toi/j duna5staij pole6mwn ou2 metei/cen. dio4per sune6bainen au2th%n tima/svai me&n u"f 1e§ka5stou basilikai/j dwreai/j, a25gousan de& polu%n cro4non ei3rh5nhn mega5lhn e3pi6dosin labei/n pro$j au25xhsin. 2 Die Rhodier seien also seit alters 1 Für kritische Bemerkungen möchte ich mich an dieser Stelle bei Ju.G. Vinogradov (Moskau), H. Heinen (Trier) und H.-J. Drexhage (Marburg) bedanken. Sie haben das Manuskript gelesen und mich von vielerlei Fehlern bewahrt. Für die sonst auftauchenden Unklarheiten und Irrtümer trage ich jedoch allein die Verantwortung. Bereits nach der Anfertigung des Aufsatzes sind mir durch die Vermittlung von Ju. G. Vinogradov und H.- J. Drexhage die für das Thema außerordentlich wichtigen Untersuchungen von O.L. Gabelko (jetzt Kasan) bekannt geworden, welcher mir freundlicherweise auch die Son- derdrucke jener Arbeiten zur Verfügung gestellt hat. Es handelt sich dabei um folgende Untersuchungen: Nekotoryje osobennosti zarskoj vlasti v Vifinii (Einige Besonderheiten der Königsherrschaft in Bithynien), in: VDI 3 (1995), 161ff.; Zur Lokalisierung und Chronologie der asiatischen Besitzungen von Byzanz, in: Orbis Terrarum 2 (1996), 121ff.; Konflikt Rodosa i Vifinii s Visantijem (Der Konflikt von Rhodos und Bithynien mit Byzantion), in: Antičnost, Miry i obrasy (Die Antike. Die Welten und Gestalten), Kasan 1997, 26ff. (weiter Gabelko 1997); Dionisij Visantijskij o nekotorych osoben- nostjach političeskoj istorii regiona Bospora Frakijskogo (Dionysios von Byzanz über einige Besonderheiten der politischen Geschichte des Thrakischen Bosporos), in: Antičnost: istorija i istoriki (Die Antike: Geschichte und die Historiker), Kasan 1997, 34 (weiter Gabelko 1997a); H.-U. Wiemer, Rhodische Traditionen in der hellenistischen Historiographie, Frankfurt/Main 2001; Ders., Krieg, Handel und Piraterie. Unter- suchungen zur Geschichte des hellenistischen Rhodos, Berlin 2002. 2 Diod. XX 81, 2f. Vgl. 46; Polyb. XXX 5, 6ff. Nun wurde aber richtig bemerkt, dass dieser diodorische Bericht einer rhodischen Quelle entnommen wurde und erst die Ver- hältnisse des ausgehenden 3. -frühen 2. Jh. wiedergibt, H.H. Schmitt, Rom und Rhodos, München 1957, 54f.; H. Hauben, Rhodes, Alexander and the Diadochi from 333/332 to 304 B.C., in: Historia XXVI 3 (1977), 318ff.; R.M. Berthold, Rhodes in the Hellenistic Age, Ithaca-London 1984, 57f., 63ff.; S.L. Ager, Rhodes: The Rise and Fall of a Neutral
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Der rhodisch-byzantische Krieg

Apr 04, 2023

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Der rhodisch-byzantische Krieg von 220 v. Chr. Ein Handelskrieg im Hellenismus?1

Von Nikolai Jefremow

Im XX. Buch seiner Universalgeschichte schildert Diodor mit folgenden Worten die Grundprinzipien rhodischer Politik: h" po4lij h" tw/n !Rodi6wn i3scu5ousa nautikai/j duna5mesi kai& politeuome6nh ka5llista tw/n §Ellh6nwn peri3 ma5chtoj toi/j duna5staij kai& basileu/sin h)n, e§ka5stou speu5dontoj ei3j th%n au"tou/ fili6an proslamba5nesvai, proorwme6nh de& po4rrwven to$ sumfe6ron kai& pro$j a"5pantaj kat 1 i3di6an suntiveme6nh th%n fili6an tw/n pro$j a2llh5louj toi/j duna5staij pole6mwn ou2 metei/cen. dio4per sune6bainen au2th%n tima/svai me&n u"f 1e§ka5stou basilikai/j dwreai/j, a25gousan de& polu%n cro4non ei3rh5nhn mega5lhn e3pi6dosin labei/n pro$j au25xhsin.2 Die Rhodier seien also seit alters

1 Für kritische Bemerkungen möchte ich mich an dieser Stelle bei Ju.G. Vinogradov (Moskau), H. Heinen (Trier) und H.-J. Drexhage (Marburg) bedanken. Sie haben das Manuskript gelesen und mich von vielerlei Fehlern bewahrt. Für die sonst auftauchenden Unklarheiten und Irrtümer trage ich jedoch allein die Verantwortung. Bereits nach der Anfertigung des Aufsatzes sind mir durch die Vermittlung von Ju. G. Vinogradov und H.-J. Drexhage die für das Thema außerordentlich wichtigen Untersuchungen von O.L. Gabelko (jetzt Kasan) bekannt geworden, welcher mir freundlicherweise auch die Son-derdrucke jener Arbeiten zur Verfügung gestellt hat. Es handelt sich dabei um folgende Untersuchungen: Nekotoryje osobennosti zarskoj vlasti v Vifinii (Einige Besonderheiten der Königsherrschaft in Bithynien), in: VDI 3 (1995), 161ff.; Zur Lokalisierung und Chronologie der asiatischen Besitzungen von Byzanz, in: Orbis Terrarum 2 (1996), 121ff.; Konflikt Rodosa i Vifinii s Visantijem (Der Konflikt von Rhodos und Bithynien mit Byzantion), in: Antičnost, Miry i obrasy (Die Antike. Die Welten und Gestalten), Kasan 1997, 26ff. (weiter Gabelko 1997); Dionisij Visantijskij o nekotorych osoben-nostjach političeskoj istorii regiona Bospora Frakijskogo (Dionysios von Byzanz über einige Besonderheiten der politischen Geschichte des Thrakischen Bosporos), in: Antičnost: istorija i istoriki (Die Antike: Geschichte und die Historiker), Kasan 1997, 34 (weiter Gabelko 1997a); H.-U. Wiemer, Rhodische Traditionen in der hellenistischen Historiographie, Frankfurt/Main 2001; Ders., Krieg, Handel und Piraterie. Unter-suchungen zur Geschichte des hellenistischen Rhodos, Berlin 2002. 2 Diod. XX 81, 2f. Vgl. 46; Polyb. XXX 5, 6ff. Nun wurde aber richtig bemerkt, dass dieser diodorische Bericht einer rhodischen Quelle entnommen wurde und erst die Ver-hältnisse des ausgehenden 3. -frühen 2. Jh. wiedergibt, H.H. Schmitt, Rom und Rhodos, München 1957, 54f.; H. Hauben, Rhodes, Alexander and the Diadochi from 333/332 to 304 B.C., in: Historia XXVI 3 (1977), 318ff.; R.M. Berthold, Rhodes in the Hellenistic Age, Ithaca-London 1984, 57f., 63ff.; S.L. Ager, Rhodes: The Rise and Fall of a Neutral

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her bestrebt, die guten Beziehungen zu allen Mächten aufrechtzuerhalten und gerade diese vorsichtige Politik trägt zur Prosperität des Inselstaates bei. Seit den Diadochenkämpfen, von welchen Rhodos weitgehend verschont blieb, war es jahrzehntelang strikt neutral, und wurde bis zum Ausbruch des 2. Makedonischen Krieges in keinen dauerhaften Konflikt involviert. Diese permanente souveräne Neutralitätspolitik und das freiwillige Ausscheiden aus der großen Politik waren die besten Garantien seiner Unabhängigkeit. Es ist ein folgerichtiges, gut durch-dachtes politisches Manöver gewesen, da Rhodos allein der Aufgabe gegen die Großmächte zu kämpfen kaum gewachsen war. Das heißt jedoch nicht, daß man sich völlig aus dem politischen Geschehen zurückzog und auf die bescheidene Rolle eines Beobachters oder letztenendes eines Vermittlers eingeschränkt hatte. Mochte der Staat in den Wirren der Zeit überleben und dazu eine selbständige Politik betreiben, so bliebe ihm nichts anderes übrig, als sich den aktuellen Her-ausforderungen zu stellen. Eine solche Gelegenheit ließ nicht auf sich warten. Im 2. Syrischen Krieg gibt Rhodos schroff seine kulante proptolemäische Politik auf und ergreift die Seite der Seleukiden. Man sieht darin das Bestreben, das Gleich-gewicht der Kräfte, welches durch den enormen Zuwachs der ägyptischen Prä-senz in Kleinasien gestört werden konnte, zu erhalten.3 Diese Parteinahme bleibt jedoch nur eine Episode und trübt keinesfalls die Beziehungen zu dem Ptolemä-erreich. Eine Formänderung rhodischer Politik kommt etwa im letzten Drittel des 3. Jh. Für das Jahr 220 ist ein vorher nicht dagewesenes, reges Engagement für die hellenischen Angelegenheiten belegt, was von nun an zu einer Maxime der Außenpolitik des Inselstaates wird. Womit ist ein solcher Schwung seines Ver-haltens von einer aktiven Neutralität und den traditionell freundschaftlichen Be-

Diplomat, in: Historia XL 1 (1991), 10f.; V. Gabrielson, The Naval Aristocracy of Helle-nistic Rhodos, Aarhus 1997, 21, 71, 73, 97, 99; Wiemer, Rhodische (wie Anm. 1), 222ff.; Ders., Krieg (wie Anm. 1), 39ff. 3 Lind. Temp. Chron. FGrHist 532 F 37; Polyaen V 18; Front. III 9, 10 (zweifelhaft). Vgl. IG XI 4 Nr. 1128 = Syll.³ Nr. 455; Chr. Blinkenberg, Lindos. Fouilles de l’acropolis. t. 2: Inscriptions, Berlin 1941, Nr. 88 und t. II 1, 48ff.; H. v. Gelder, Geschichte der alten Rhodier, Den Haag 1900, 110; M.I. Rostovtzeff, Gesellschafts-und Wirtschaftsgeschichte der hellenistischen Welt, Darmstadt 1984, 226; Chr. Habicht, Gottmenschentum und griechische Städte², Stuttgart 1970, 110; P.M. Fraser, Ptolemaic Alexandria, vol. I, Ox-ford 1972, 163; E. Will, Histoire politique du monde hellénistique. t. I, Paris 1979, 236f.; Berthold (wie Anm. 2), 89f., 91f.; Ager (wie Anm. 2), 15; C. Reger, Regionalism and Change in the Economy of Independent Delos, 314-167 B.C., Berkeley 1994, 264f. mit no. 35. Vgl. jedoch Wiemer, Krieg (wie Anm. 1), 97ff. Das Datum ist in die Zeit zwi-schen 262 und 246 festzulegen. Siehe J. Seibert, Die Schlacht bei Ephesos, in: Historia 25 (1976), 45ff.

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ziehungen zu allen Mächten damaliger Welt bis zur direkten Einmischung in das politische Geschehen in der Region zu erklären? Die Antwort auf diese Frage ist sicher in den politischen Prämissen jener Epoche zu suchen. Die Ptolemäer wa-ren geschwächt und nicht mehr das, was sie mehr als ein halbes Jahrhundert für die Ägäis gewesen waren – nämlich die Garanten der Stabilität und Ordnung in der sich herausgebildeten "balance of power".4 Ihr Gegenspieler, das Seleukiden-reich, befand sich seit dem "Krieg der Brüder" in völliger Zerrüttung und wird nach den raschen Erfolgen gegen die Attaliden durch die Erhebungen des Molon und Achaios erneut erschüttert.5 Schließlich war die dritte "Weltmacht" Makedo-nien, die ebenfalls traditionelle Interessen in der Region hatte, mit den Angele-genheiten in Griechenland beschäftigt.6 Die Schwächung bzw. Infantilität der Großmächte, die jahrzehntelang das politische Bild der Region geprägt haben, führte zur Herausbildung eines politischen Vakuums, das sofort von den kleine-ren, jedoch nicht weniger habgierigen und aggressiven Staaten ausgefüllt wurde. Hiermit wurde das Erbe der Diadochenzeit, das monarchische Patronat über die griechischen Poleis hinfällig und sie selbst wurden zu den Begierdeobjekten in den Kämpfen der neuen Machthaber. Dieser Sachverhalt verlangte nach einem wirksamen Ersatz der seleukidisch-ptolemäischen Schutzherren für die Welt der kleineren, selbstagierenden Staaten. Ihn versuchten nun die Rhodier zu bieten. Eben in dieser Zeit entwickelte sich wohl auf Rhodos die Idee über die schützen-de Funktion des Inselstaates als "Vorkämpfer der griechischen Freiheit", welche mit der bereits traditionell gewordenen raffinierten Neutralität kollidierend, zu den Grundprinzipien rhodischer Politik wurde und den Verzicht auf eine absti-nente Zurückhaltung aus dem politischen Geschehen in der Region bedeutete.7

4 Zum politischen Vakuum in der Ägäis, R.B. McShane, The Foreign Policy of the At-talids of Pergamum, Urbana 1964, 95. Zur Definition "Gleichgewicht der Kräfte", Rostovtzeff (wie Anm. 3), Kap. IV; H. Braunert, Hegemoniale Bestrebungen hellenisti-scher Großmächte in Politik und Wirtschaft, in: Historia 13 (1964), 81, 91ff., 104; Bengt-son GG³ (1964), 399ff.; H.H. Schmitt, Polybios und das Gleichgewicht der Mächte, in: F.W. Walbank, P. Pedech e.a. (eds.), Polybe, Genève 1973, 72ff. (jeweils mit Literatur). Dagegen Wiemer, Krieg (wie Anm. 1), 36. 5 Polyb. IV 48; P. Meloni, L’usurpazione di Acheo sotto Antioco III re di Siria, in: RAL 4 (1949), 535ff.; 5 (1950), 161ff. Vgl. Will II (wie Anm. 3), 17ff. 6 Zu makedonischen Interessen in der Ägäis s. K. Buraselis, Das hellenistische Makedo-nien und die Ägäis, München 1982; S.M. Sherwin-White, Ancient Cos, Göttingen 1979, 115ff.; F.W. Walbank, Sea-power and the Antigonids, in: D. Borza (ed.), Philipp II., Alexander the Great and the Macedonian Heritage, Lanham-London 1982, 224, 235. 7 Pol. XXVII 4.7 (für das Jahr 172). Vgl. Schmitt (wie Anm. 4), 83; J.K. Davies, Cultural, Social and Economic Features of the Hellenistic World, in: CAH VII 1² (1984), 273. Aus

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Die sich neu konzipierende Aufgabe bedeutet nicht automatisch eine Teilnahme an den Kriegen der hellenistischen Staaten, wird aber eher als Funktion des Ga-ranten der lokalen Ordnung im westlichen Kleinasien, als Schutz der kleinen griechischen Poleis, sowie als Bekämpfung der Piraterie in der ganzen Region verstanden. Die Rolle des Oberaufsehers über die Gewässer und das Hüten des Seerechtes hatte zur Folge, daß Rhodos auch militärisch eingriff, wenn die Um-stände dies unvermeidlich machten.8 Damit trat man praktisch das Erbe Athens und der hellenistischen Könige an und gerade dieses Gefühl, als Nachfolger die-ser Mächte zu fungieren, verlieh den Rhodiern die Überzeugung und die Kraft, diese Idee treu zu verfechten. Aus diesem Blickwinkel soll auch der rhodisch-byzantische Krieg betrachtet werden, was unten näher begründet wird.

* * * *

Die Überlieferung des Krieges ist äußerst spärlich und man kann allein dem Glücksfall danken, daß die entsprechenden Kapitel des polybianischen Werkes

diesem Blickwinkel konnte vielleicht auch der rhodische Teil des sog. "Alexandertesta-mentes" betrachtet werden, A. Ausfeld, Über das angebliche Testament Alexanders des Großen, in: RhM 50 (1895), 366; Ders., Das angebliche Testament Alexanders des Gro-ßen, in: RhM 56 (1901), 541. Vgl. jedoch Hauben (wie Anm. 2), 312ff.; J. Seibert, Das Zeitalter der Diadochen, Darmstadt 1983, 105f.; W. Heckel, The Last Days and Testament of Alexander the Great, Stuttgart 1988, 12ff., 69f. 8 Zum rhodischen Seerecht, s. W. Ashburner, "No4moj !Rodi6wn Nautiko4j"- The Rhodian Sea-Law, Oxford 1909; H. Kreller, "Lex Rhodia", in: Zeitschr. f. ges. Handelsrecht und Konkurrenzrecht 85 (1921), 257ff. Unter diesem Aspekt wäre vor allem die kretische Politik von Rhodos zu betrachten. Zur Rolle von Rhodos bei der Bekämpfung der Pirate-rie, s. Syll.³ Nr. 1225; Ps. Arist. 43. 540D; Diod. XX 81, 3; Polyb. IV 47; Strab. XIV 2, 5 (652); H.A. Ormerod, Piracy in the Ancient World, Liverpool 1924, 127ff.; E. Ziebarth, Beiträge zur Geschichte des Seeraubes und Seehandels im alten Griechenland, Hamburg 1929, 27; M. Rostovtzeff, Rhodes, Delos and Hellenistic Commerce, in: CAH VIII (1930), 635f.; D. Magie, Roman Rule in Asia Minor, Princeton 1950, 72; Schmitt (wie Anm. 2), 43ff.; L. Casson, Mediterranean Communications, in: CAH VI² (1994), 560. Zu rhodischen Interessen an der Freiheit der Seefahrt und Frieden im Mittelmeerraum, v. Gelder (wie Anm. 3), 423ff.; L. Casson, The Grain Trade of the Hellenistic World, in: TAPhA 85 (1954), 171f. = Ders., Ancient Trade and Society, Detroit 1984, 73f.; Berthold (wie Anm. 2), 47f.; C. Preaux, Le monde hellénistique, Paris 1978, 489ff. Nach der Mei-nung von B. Beyer-Rotthoff, Untersuchungen zur Außenpolitik Ptolemaios’ III., Bonn 1993, 233ff. waren es die hellenistischen Monarchen selbst, die sich freiwillig von den kostspieligen Aufgaben der Sicherung der Ordnung zur See gelöst und sie auf die kleine-ren Staaten vor allem aber auf die Rhodier übertragen haben. Zur Bedeutung von Flotte und Seemacht, Ebd., 203ff. (mit Literatur). Über die rhodische Politik s. jetzt v.a. Wie-mer, Krieg (wie Anm. 1), passim, bes. 45, 76, 102; 111ff.

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erhalten geblieben sind.9 Bei aller Ausführlichkeit, die uns sein Bericht ver-schafft, bleiben viele Fragen offen und haben bisher keine große Beachtung in der Forschung gefunden. Drei Ereignisse stehen in einer chronologischen Abfol-ge zueinander und zeichnen das rhodische Verhalten jener Zeit aus: der Konflikt mit Byzantion, rhodische Hilfe für Sinope und der Krieg auf Kreta. Nur der Krieg auf Kreta wurde eingehend behandelt.10 So drängt sich aber die Frage auf, ob diese drei Ereignisse in unmittelbarem Zusammenhang als die von den Rho-diern gelenkte Politik der Sicherung der Seefahrt mit den Schwerpunkten in ge-wissen geographischen Regionen betrachtet werden können, oder wird ihre Posi-tion lediglich durch die momentan bestehende Situation beeinflußt und letztens bestimmt. Die Antwort auf diese Frage ist eventuell auf das Problem zurückzu-führen, wie die Grundzüge rhodischer Politik in dieser Zeit wirklich zu bewerten sind. Im Konflikt mit Byzantion wäre neben den mit dem Krieg direkt verbunde-nen Fragen über die Beweggründe, Ziele, Aktivitäten verschiedener Teilnehmer, sowie die recht merkwürdigen Friedensbedingungen zu klären, inwieweit die wirtschaftlichen Belange die Vorgehensweise und die Parteinahme bestimmt haben, ob dieser Krieg als ein "Handelskrieg" bezeichnet werden darf.

Die Ursache für die Entstehung des Krieges war die finanzielle Belastung (diagw5gion oder paragw5gion),11 welche die Byzantier den im Pontos handel-treibenden griechischen Staaten auferlegt haben. Es war keine spontane Ent-scheidung und Polybios führt ausführlich die Gründe dafür auf. Byzantion sei seit seiner Gründung her von den thrakischen Stämmen umzingelt gewesen und wur-

9 Polyb. III 2, 5; IV 37, 8; 38-44; 45-52; bes. 47. 3-5 - 53. 1; III 2, 5; 49, 1-5; StV III, Nr. 514; 516. Die Quellen des Polybios waren offensichtlich rhodisch sowie byzantisch, s. H. Ullrich, De Polibii fontibus Rhodiis, Diss., Leipzig 1898, 22; F. Hiller v. Gaertringen, Rhodos, in: RE Suppl. V (1931), 785f.; F.W. Walbank, A Historical Commentary on Polybius, Oxford 1957, 486ff., 506; Will II (wie Anm. 3), 45f.; Wiemer, Rhodische (wie Anm. 1), passim. Zur Schilderung des Krieges, s. B. Niese, Geschichte der griechischen und makedonischen Staaten seit der Schlacht bei Charoneia II, Gotha 1899, 383ff.; v. Gelder (wie Anm. 3), 115; H.H. Schmitt, Untersuchungen zur Geschichte Antiochos’ des Großen und seiner Zeit, Wiesbaden 1964, 181f.; Berthold (wie Anm. 2), 93. 10 Polyb. IV 57ff.; Walbank (wie Anm. 9), 507ff.; G. Cardinali, La guerra di Litto, in: RFIC 33 (1905), 519ff.; P. v. Effenterre, La Crète et le monde grec de Platon à Polybe, Paris 1968, 158ff., 185ff., bes. 253f.; A. Chaniotis, Die Verträge zwischen kretischen Poleis in der hellenistischen Zeit, Stuttgart 1996, 36ff. 11 IV 47, 3 (paragw5gion); 52, 5 (diagw5gion). Zu den Begriffen vgl. A. Andreades, Ge-schichte der griechischen Staatswirtschaft I, München 1931, 148; C.B. Welles, Royal Correspondence in the Hellenistic Period, New Haven 1934, 351f. und die Belege in LSJ 392, 1307.

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de gezwungen einen beständigen Kampf gegen sie zu führen.12 Es ist keine be-sonders ausgeprägte Ausnahme und es ging auch vielen anderen an das Barbari-kum grenzenden Poleis nicht anders.13 Dieser sich allmählich verstärkende Druck der einheimischen Stämme war nicht zuletzt durch die Schwächung der sich in jener Gegend behauptenden Monarchien mit der parallel ablaufenden allgemei-nen politischen Zerrüttung, als keine zentral gelenkte Barbarenpolitik geführt werden konnte, zu erklären.14 Die Griechenstädte konnten allein nicht immer den permanenten barbarischen Angriffen standhalten und man fand es oft sinnvoller, sich seine Sicherheit durch die Tributzahlungen zu erkaufen. Außerdem waren Geschenke an die barbarischen Fürsten und Adlige an der Tagesordnung.15 Trotz solcher kostspieligen und deprimierenden Maßnahmen, die für viele das Überle-ben bedeuteten, war der Kampf aussichtslos, da man keine sicheren Garantien von den Barbaren wegen ihrer großen Zahl und der Menge der Anführer bekom-men konnte. Kaum habe man mit einem von ihnen einen Vertrag geschlossen,

12 Polyb. IV 45, 1.: a–dion e36cousi po4lemon. Die Auseinandersetzungen für den An-fang des 4. Jh. bezeugen Diod. XIV 12; Xen. Anab. VII 2, 32; W.P. Nevskaja, Byzanz in der klassischen und hellenistischen Epoche, Leipzig 1955, 31, 95f. Byzantion grenzte wohl direkt an das Odryssenreich. Vgl. Thuk. II 97 und Nevskaja, Ebd., 32. Dagegen betont A. Fol, Die Politik des odryssischen Königs Kotys’ I. und die ägäischen Städte Griechenlands im 4. Jahrhundert v. u. Z., in: E. Ch. Welskopf (Hg.), Hellenische Poleis, Berlin 1974, 997, daß Byzantion nach 413 dem Odryssenreich einverleibt wurde. Siehe weiter U. Peter, Die Münzen der thrakischen Dynasten (5.-3. Jh. v. Chr.). Hintergründe ihrer Prägung, Berlin 1997, 33 mit Anm. 54, 35, 52 13 Eine steigende Expansionskraft der Thraker ist seit dem 3. Jh. zu verzeichnen, s. Syll.³ Nr. 708; SEG XXIV (1969), Nr. 1095 (Histria); IGBR I Nr. 195; 388 und BE 1950, 141 (Mesembria); GDI Nr. 3089 = E. Kalinka, Antike Denkmäler aus Bulgarien, Wien 1906, 83 Nr. 94 (Kallatis). Vgl. J. Vinogradov, Zur Klassifizierung der griechisch-barbarischen Abhängigkeitsverhältnisse der vorrömischen Zeit im pontischen Raum, in: B. Funk (Hg.), Hellenismus. Akten des Intern. Hellenismus-Kolloquiums 9.-14. März 1994 zu Berlin, Tübingen 1996, 428ff. Nicht anders war es in Kleinasien, OGIS Nr. 765:18ff. (Priene); 339:49ff.= I.Sestos (IK 19), Nr. 1 (Sestos); 748; M. Holleaux, Études d’epigraphie et d’histoire grecque. t. II (1938), 101f. Z. 16ff. (Kyzikos); Krauss, in: I.Sestos (IK 19), S. 15ff. Vgl. bereits Herod. I 168. 14 So ist es z.B. in Sestos, I.Sestos (IK 19), Nr. 1: 16ff., 54ff. 15 Thuk. II 97. Vgl. J. Krauss, in: I.Sestos (IK 19), S. 14f. Ca. 255 hat Herakleia bei den Galatern für 5000 Goldstücke für alle sowie weitere 200 für jeden Anführer den Frieden für sein Gebiet gekauft, s. Memn. FGrHist 434, F 24. Vgl. Syll.³ Nr. 410:11ff. (Erythrai). Vgl. N. Ehrhardt, Konstanten in den politischen Beziehungen zwischen Thrakern und Griechen auf dem Balkan, in: Eos 76.2 (1988), 289ff.; Peter (wie Anm. 12), 52, 184. Nach Vinogradov (wie Anm. 13),428ff. handelt es sich dabei um das tributäre Protekto-rat.

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schuf man sich dadurch automatisch neue Feinde.16 Die Taktik der Thraker war nicht auf die Eroberung der Stadt sondern auf unablässige Verwüstung ihres Territoriums gerichtet, was eventuell zum Brachliegen des landwirtschaftlichen Gebietes und der sich daraus resultierenden Lebensmittelknappheit führte.17 Die-ser Krieg ist bereits zu einer Tradition geworden, an die sich beide Seiten ge-wöhnt hatten.18 Die eine fand sich mit den wiederholenden kleineren Raubzügen gegen das benachbarte Territorium und dem Tribut zufrieden, während die ande-re es als unvermeidliches Übel, jedoch gleichzeitig als Garantie ihrer Existenz betrachtet hat. Dabei gab es bestimmte Grenzen, ein Maß bei den Tributforde-rungen als Preis für den Frieden, was auch von den Thrakern offensichtlich res-pektiert wurde. Die polybianische Erwähnung eines beständigen und schweren Krieges19 muß kaum als wirklich ununterbrochene Kriegshandlungen verstanden werden. Sicherlich hatten die Byzantier auch mehr oder weniger langfristige Friedenszeiten erlebt. Auffällig ist aber, daß dieser polybianische Exkurs der Vergangenheit gehört, da die politische Lage um 220 ganz anders war. Die wohl seit alters her bestehende Situation einer Koexistenz zwischen Byzantion und angrenzenden einheimischen Stämmen ändert sich drastisch, nachdem die Thra-ker von den Kelten des Komontorios besiegt wurden und das Tylereich an den

16 Polyb. IV 45: ga%r paraskeuasa5menoi kai& krath5santej au2tw/n ei3sa5pax a2potri6yasvai to$n po4lemon oi)oi6 t 1 ei3si& dia% to$ plh/voj kai& tw/n o24clwn kai& tw/n dunastw/n: e3a%n tou/ ga%r e§no$j perige6nwntai, trei/j e3pibai6nousin e3pi& th%n tou5twn cw5ran a25lloi baru5teroi duna5stai. kai& mh%n ou2d 1 ei36xantej kai& sugkataba5ntej ei3j fo4rouj kai& sunvh5kaj ou2de&n poiou/si ple6on: a2%n ga%r e§ni& pro4wntai6 ti, penta- plasi6ouj di 1 au2to$ tou/to polemi6ouj eu"ri6skousi. 17 Polyb. IV 45, 6 bezeichnet den Zustand, welchen die Byzantier zu ertragen hatten als Qualen des Tantalos (u"pome6nousi tina kai& timwri6an Tanta5leion). Ähnliche Taktik verwendeten die Barbaren gegen Istros, SEG XXIV (1969), Nr. 1095. Vgl. I.Sestos (IK 19), Nr. 1:54 mit dem Komm. S. 15, 46. Vgl. Vinogradov (wie Anm. 13), 434f. So bereits der lydische König Alyattes im Kampf gegen Milet, s. Herod. I 17. Zu dem schlechten Ruf der Thraker als Räuber und Plünderer der gestrandeten Seefahrer. Vgl. Xenoph. Anab. VII 5, 12; Dion. Byz. F. 48; StV III, Nr. 556; BE 1953, 133 und Robert, in: Gno-mon XXXI (1959), 710 Anm. 2. Aber dafür waren auch die Bithyner gefürchtet, s. Xen. Anab. VI 4, 2; Welles (wie Anm. 11), 122 mit Anm. 13; Rostovtzeff (wie Anm. 3), 1215 Anm. 335. Andererseits wurde der König Ziaelas für seine Verdienste um die Seefahrer gepriesen, Syll.³ Nr. 456:34 = Ziebarth (wie Anm. 8) Anh. I 68. 18 Das bestätigt Polyb. IV 45, 9: 2All 1 o"5mwj to$n me&n a2po$ tw/n Vra0kw/n po4lemon kata% th%n sunh5veian a2nafe6rontej e36menon e3pi& tw/n e3x a2rch/j dikai6wn pro%j tou%j §5Ellhnaj: 19 Polyb. IV 45, 2 Vgl. 5: dio4per a2idi6w= sune6contai kai& duscerei/ pole6mw.

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Grenzen der Polis entstanden war.20 Bis dahin waren die Byzantier lediglich mit den zerstreuten Scharen der Thraker konfrontiert, die bald mit List bald mit Ge-walt befriedigt werden konnten, nun standen sie plötzlich einem Barbarenstaat gegenüber, welcher außerdem eine aggressive Eroberungspolitik betrieb. Die 220 entstandene Bedrängnis der Byzantier war aber nicht eine sofort nach den politi-schen Veränderungen an ihren Grenzen entstandene Situation. Zuerst blieb der alte Stand der Dinge weiterhin bestehen. Die Galater begnügten sich mit der gewöhnlichen Taktik von Beutestreifzügen und Erpressungen.21 Die Tribute wurden wahrscheinlich in einem regelmäßigen Abstand und als eine mehr oder weniger festgelegte Summe erhoben.22 Diese Sachlage war, trotz der hohen For-derungen der Kelten, günstiger für die Byzantier, da sie einen König statt vieler unberechenbarer Stammesfürsten als Ansprechpartner hatten. Seit den Zeiten des Komontorios und bis zum Jahre 220, also fast sechzig Jahre lang, war diese Ver-fahrensweise als optimale Lösung der gegenseitigen Beziehungen empfunden worden.23 Dann ging es plötzlich nicht mehr. Bei Polybios ist auch die Ursache dafür erläutert. Nicht allein die Menge des Geldes, 80 statt 10 bis 33 Talent ( = 3500 bis 10 000 Goldstücke), sondern die Umwandlung der getarnten Tribute, welche meist in Form von Geschenken entrichtet wurden, in eine höhere, jährli-

20 Polyb. IV 45, 10. Zu den Kelten in Thrakien, H. Oberhummer, Tylis, in: RE VIIA 2 (1948), 1712; G. Nachtergael, Les Galates en Grèce et les Sotèria de Delphes, Bruxelles, 1977, 169; Michailov, IGBR, 38ff.; Walbank (wie Anm. 9), 498ff.; R. Werner, Die Thra-ker und ihre Nachbarstämme. Die Beziehungen der Thraker zu Skythen, Illyrern und Kelten, in: W. Leschhorn, A.V.B. Miron, A. Miron (Hg.), Hellas und der griechische Osten. Festschrift für P.R. Franke, Saarbrücken 1996, 282 Anm. 2 (mit Literatur); K. Strobel, Die Galater. Geschichte und Eigenart der keltischen Staatenbildung auf dem Boden des hellenistischen Kleinasien, Bd. 1, Berlin 1996, 233ff, 239; Peter (wie Anm. 12), 161f. mit Anm. 17, 206 (mit Literatur). 21 Polyb. IV 46, 2f. Byzantion und wahrscheinlich auch die benachbarten thrakischen Stämme werden bereits seit Komontorios von Tylis aus beunruhigt. Vgl. Dion. Byz. F. 58; Memn. FGrHist 434 F 11 (19), 2; Polyb. IV 46, 3; Werner (wie Anm. 20), 287f. mit Anm. 30f.; Strobel (wie Anm. 20), 233, 239. 22 Polyb. IV 46, 3: dw/ra diete6loun oi§ Buza5ntioi dido4ntej a2na% triscili6ouj kai& pentakiscili6ouj, pote& de& kai& muri6ouj crusou/j, w2f 1 w(=% mh% katafvei6rein th%n cw5ran au2tw/n. 23 Beim Übersetzen der Galater nach Asien wurde u.a. ausgehandelt: summacei/n de& kai& Buzanti6oij, ei36pou deh5soi, kai& Tianoi/j de& kai& "Hraklew5taij kai& Kalchdoni6oij kai& Kieranoi/j ka6tisin e§te6roij e3vnw/n a25rcousin. Vgl. Strobel (wie Anm. 20), 234 mit Anm. 357.

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che Geldrente ist der wahre Grund der byzantischen Maßnahmen.24 Eine solche hohe Geldforderung als jährlicher Tribut ging sicherlich über die Vermögenska-pazitäten von Byzantion hinaus, welches sich ohnehin wegen ständiger Geldfor-derungen der Galater in finanziellen Schwierigkeiten befand. Ehe es zu der Erhe-bung der Mautgebühr an dem Bosporos kam, versuchte Byzantion bereits um 230 eine Finanzreform durchzuführen, um seine Finanzlage zu verbessern.25 Mit dieser Reform wechselte man von dem damals gängigen attischen Münzfuß zu dem im ptolemäischen Ägypten üblichen phönikischen. Die nach dem attischen Standard emittierten Münzen wurden mit dem ihren Kurswert bestätigenden Gegenstempel versehen und allmählich aus der Zirkulation verrufen, was ein einträgliches Geschäft bedeutete.26 Jedoch vermochte die Stadt offensichtlich nicht allein aus dem pekuniären Engpaß zu entkommen und der plötzlich gestie-gene Appetit der Barbaren konnte die finanziellen und wirtschaftlichen Grundla-gen ihrer Existenz endgültig zerstören. Um dies zu vermeiden, entschied man sich prompt für Gegenmaßnahmen und diese waren: Nicht allein die Byzantier, sondern auch die anderen an dem Pontoshandel beteiligte Staaten sollten diese Tributlast tragen. An einen Krieg gegen die Barbaren haben die Byzantier nicht einmal gedacht, da einerseits die Hoffnung auf eine wirksame Unterstützung von außen gleich Null war, und andererseits die Erfahrungen vom Kampf gegen die Barbaren immer frisch in Erinnerung waren. Zuerst wurden einige Gesandtschaf-ten zu den Hellenen geschickt mit der Bitte, der Stadt in ihrer Not beizustehen

24 Polyb. IV 46, 4: te6loj d 1 h2nagka5svhsan o2gdoh5konta ta5lanta sugcwrh/sai fo4ron telei/n kat 1 e3niauto$n. Allerdings ist die Notiz des Pol. über den Zeitpunkt der Einführung dieser Zahlung etwas verwirrend (e§6wj ei3j Kau5aron, e3f 1 ou) katelu5vh me&n h" basilei6a, to$ de& ge6noj au2tw/n e3xefva5rh pa/n, u"po$ Vra0kw/n e3k metabolh/j e3pikrathve6n). Nimmt man an, diese Steuer wurde seit einem ungewissen Zeitpunkt bis zum Untergang des Kauaros erhoben, so würde es mit seiner weiteren Erzählung kollidie-ren, wo er gerade diese Geldforderungen als Ursache der Einführung der Durchfartzölle durch die Byzantier nennt, Ebd., IV 46, 5: e3n oi)j kairoi/j u"po$ tw/n fo4rwn piezou5menoi. 25 M. Thompson, A Countermarked Hoard from Büyükçekmece, in: ANS Museum Notes VI (1954), 11ff.; Seyrig, Ebd., bes. 187. Siehe jetzt H. Seyrig, Monnaies hellénistiques de Byzance et de Calcédoine, in: C.M. Kraay, G.K. Jenkins (eds.), Essays pres. to St. Robin-son, Oxford 1968, 215ff.; O. Mørkholm, Some Reflections on the Production and Use of Coinage in Ancient Greece, in: Historia XXXI 3 (1982), 298ff. Die gleichen Maßnahmen haben auch die Kalchedonier durchgeführt. Bereits B.V. Head, Historia nummorum², London 1911, 267 betonte, daß die Fülle der Kontromarken auf den Münzen von Byzan-tion durch die verheerenden Tribute an die Galater zu erklären ist. Vgl. E. Schönert-Geiss, Die Münzprägung von Byzantion I, Berlin-Amsterdam 1970, 60ff. (mit anderer Chrono-logie). 26 Schönert-Geiss (wie Anm. 25), 62f.

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und die finanzielle Last tragen zu helfen. Bereits bei der Ankunft der Galater 279, als das byzantische Territorium von ihnen verwüstet wurde, hat die Stadt an ihre Bundesgenossen (summa5coi) appelliert und hat eine großzügige finanzielle Unterstützung gemäß ihren Wünschen erhalten.27 Auch damals hat man wohl nicht gedacht, Byzantion mit Truppen zu unterstützen. Anders war es um 253 als Byzantion sich im Krieg gegen Antiochos I. befand; dieser wurde ohne Kriegs-handlungen beigelegt, nachdem die Herakleoten 40 Schiffe zur Unterstützung der Stadt geschickt haben.28 Allerdings hatten sich die Zeiten geändert. Was damals als allgemeine Bedrohung galt, war nun vielmehr eine innere Angelegenheit der Byzantier. Und dabei ging es um keinen Militärbeistand, sondern um eine finan-zielle Hilfe.29 Man versuchte, auf die Rolle der Stadt wegen der Bedeutung der Meerengen und ihre Verdienste gegenüber den Griechen als Bollwerk gegen die Barbaren hinzuweisen.30 Es gab allen Grund dafür, sich diese Essenz zuzuschrei-ben, da die Konnotation von Byzantion für den Handel allgegenwärtig war. Be-reits im 5. Jh. war Byzantion wohl Sammelplatz für das aus dem Pontos strömen-

27 In jenem Jahr werden sie von Ptolemaios I. militärisch unterstützt und bekommen Hilfe von "allen Griechen", s. Polyb. IV 38, 10; Memn. FGrHist 434 F 11, 1; Dion. v. Byzanz. GGM II 34; s. Habicht (wie Anm. 3), 117f., 120f. Im gleichen Jahr bekommt Kyzikos Hilfe von Philetairos von Pergamon, CIG 3660 = OGIS Nr. 748; L. Robert, Études anato-liennes, Paris 1937, 199 Z 15; Strobel (wie Anm. 20), 239 mit Anm. 379. 28 Memn. FGrHist 434 F 15. 29 Polyb. IV 46, 5 sagt eindeutig: deo4menoi sfi6si bohvei/n kai& sugcorhgei/n ei§j tou%j periestw/taj kairou5j. Anders M.M. Austin, The Hellenistic world from Alexander to the Roman conquest, Cambridge 1981, 179 Anm. 4 zu Nr. 96. 30 Polyb. IV 45, 9. Vgl. F. Miltner, Die Meerengenfrage in der griechischen Geschichte, in: Klio 28 (1935), 1ff.; D. Braund, Fish from the Black Sea, in: J. Wilkens a. o. (Hg.), Food in Antiquity, Exeter 1992, 168. Zu der exzellenten Lage von Byzantion, s. Herod. IV 144; Polyb. IV 38, 1, 8; Strab. VII 6, 2 (320); Tac. Ann. XII 63; Dio. LXXV 10; Zosim. II 30, 2; Prokop. Aed. I 5; H. Oberhummer, Byzantion, in: RE III 1 (1897), 1116ff.; Th. Mommsen, Römische Geschichte I, München 1977, 691. Man hat angenom-men, Polybios habe für diesen Teil seines Werkes auch byzantische Quellen benutzt. Jedoch kann hier Pol. auch an die späteren barbarischen Angriffe denken, s. XXII 14, 12; App. Mac. XI 1, 5; Liv. XLII 13, 8. Vgl. Walbank (wie Anm. 9), 488. Die entsprechenden Kapitel sind in der Tat sehr probyzantisch gefärbt, gehen offensichtlich auf die lokale Geschichtsschreibung zurück und sollten zum einen die Rolle der Stadt hervorheben, zum anderem ihre Stellung in diesem Konflikt darstellen. Wiemer, Rhodische (wie Anm. 1), 41f. (mit Literatur) betont, daß diese Stelle bei Polybios auf mehrere Quellen zurückgeht und er die Beschreibung des Pontos sowohl dem Werk des Peripatetikers Straton von Lampsakos entnahm als auch dabei persönliche Kentnisse der Region nützte. Über eigene Erfahrungen des Polybios s. auch Ullrich (wie Anm. 9), 18f.

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de Getreide.31 Die Bedeutung der Stadt lag damals wie auch später primär in dem Zwischenhandel und vor allem in der Sicherung der Seefahrt der Gegend.32 Zwar seien vor allem die Byzantier selbst die Nutznießer der günstigen Lage ihrer Stadt gewesen, aber "vielen Gewinn verdanken ihnen auch die anderen. Darum dürften die Byzantier als die gemeinsamen Wohltäter (eu2erge6tai pa5ntwn u"pa5rcontej) aller Griechen mit Recht nicht nur Dankbarkeit erwarten, sondern auch den vereinigten Beistand der Griechen, wenn ihnen von den Barbaren Gefahr droht".33 Ende des 4. Jh. verstand Eumelos von Bosporos die regionale Politik als global und versuchte dementsprechend die Verhältnisse dort einzuord-nen.34 Knapp einhundert Jahre später, im letzten Viertel des 3. Jh., war die Sach-lage ganz anders. Man hört nichts von irgendwelchen Vorkehrungen seitens der pontischen Poleis gegen das Handelsembargo der Byzantier. Im Gegenteil es herrschte der Eindruck, als ob sich alles außerhalb ihrer Interessensphäre abge-spielt habe, so daß sie davon direkt nicht betroffen wurden. Ist das vielleicht nur durch die einseitigen Interessen der Ägäis am Pontos oder durch den bereits bestehenden und gut funktionierenden innerpontischen Markt zu erklären? Ande-rerseits fehlen gleichfalls die Hinweise auf Aktivitäten pontischer Poleis während der Belagerung Sinopes wenige Monate später. Deshalb ist die Frage berechtigt,

31 Nevskaja (wie Anm. 12), 39, 86 mit Verweis auf IG I² Nr. 57 = Syll.³ Nr. 75. Vgl. J. Vélissaropoulos, Les nauclères grecs, Genève-Paris 1980, 183f. 32 Zu den byzantischen Handelsartikeln gehörte vor allem Fisch: P. CairZen 59.177:5; 59.292:366; PSI 513:24. Strab. VII 6, 2 (320); Dion. Byz. F 1, 11ff., 16f., 21, 27, 63; Arist. Pol. IV 4, 1 (129 1b); Tac. Annal. XII 63; Plin. NH IX 50f.; Philost. Imag. I 13; Aelian, AH IX 42; Gell. NA VI 16, 5; Athen. III 44; VII 113; VII 137; Herodian III 1, 5. Vgl. Nevskaja (wie Anm. 12), 40ff.; E. Erxleben, Das Verhältnis des Handels zum Pro-duktionsaufkommen in Attika im 5. und 4. Jh. v. u. Z., in: Klio 57.2 (1975), 368; A. Mehl, Der Überseehandel von Pontos, in: E. Olshausen (Hg.), Stuttgarter Kolloquium zur historischen Geographie des Altertums 1, 1980, Bonn 1987, 123. Braund (wie Anm. 30),162, 166, 169 betont, dass nicht der ganze Fisch, welcher als byzantisch bezeichnet wurde, aus Byzantion stammte. Zu byzantischen Händlern, s. Vélissaropoulos (wie Anm. 31), 47. 33 Polyb. IV 38, 8, 10. Der Begriff kommt aber zum ersten Mal während des 3. Make-donischen Krieges vor, A. Erskine, The Romans as common benefactors, in: Historia 43 (1994), 70ff. 34 Diod. XX 25: Buzanti6ouj me&n ga%r kai& Sinwpei/j kai& tw/n a25llwn §Ellh5nwn tw/n tou% Po4nton oi3kou5ntwn tou%j plei6stouj diate6lesen eu2ergetw/n. Vgl. A.A. Neichard, K voprosu o politike Evmela na Ponte Evksinskom (Zur Frage über die Politik des Eumelos in dem Pontos Euxeinos), in: Drevnij mir (Die Alte Welt), Moskwa 1962, 595ff.; N.F. Fedosejev, Blagodejanija Evmela (Die Wohltaten des Eumelos), in: Antique Polises of the Black Sea Coast and the Native Population, Sevastopol 1995, 163ff.

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ob sie mittlerweile ökonomisch wie politisch überhaupt in der Lage waren, Druck auszuüben und gar Hilfe zu leisten. Die Quellen darüber sind weniger als spärlich und man ist auf Rückschlüsse anhand der indirekten Zeugnisse angewiesen. Be-legt ist, daß Kyzikos in einer Art Symmachie zu Philetairos von Pergamon stand; einen ähnlichen Zustand hat man in bezug auf Bithynien angenommen.35 Sinope war sicherlich schon in jener Zeit von Pontos bedroht, was die Ereignisse folgen-der Monate bewiesen und schließlich befand sich Herakleia in einem ständigen kriegsähnlichen Zustand mit Bithynien und den Galatern.36 Die Hoffnung, Hilfe von den griechischen Poleis zu bekommen war eine Chimäre. Darüber war man sich in Byzantion sicher im klaren. Solange die eigenen Interessen anderer Poleis unangetastet blieben, benahmen sie sich meist apathisch. Im Mutterland tobte der Bundesgenossenkrieg, von dem sicherlich auch die Ägäis zumindest mittelbar betroffen war, begleitet von den Kriegshandlungen in Illyrien und im Seleukiden-reich.37 Die Mächtekonstellation war sehr ungünstig, diese Städte waren unter verschiedene Einflußsphären geraten und in die Lokalkonflikte einbezogen. Au-ßerdem ging es nicht um die Existenz von Byzanz, und gerade das letztere er-laubte der dritten Partei, sich zurückzuziehen und jede Hilfe zu verweigern. Die-se Passivität bestätigte ihr Wunsch, die Rhodier mögen die Angelegenheit regeln. Andererseits kann allein aus geographischen Gründen angenommen werden, daß nicht Byzantion allein, sondern auch andere am Bosporos liegende Städte, vor allem sicherlich Kalchedon, in den Konflikt einbezogen wurden. Besonders enge Kontakte zwischen den beiden Städten waren von ihrer Lage her bedingt und fanden zahlreiche Bestätigungen in der gemeinsamen Geschichte.38 Das konnte

35 OGIS Nr. 748; Welles (wie Anm. 11), Nr. 52:65; Rostovtzeff (wie Anm. 3), 461, 1214 Anm. 330. Zu besonderen Beziehungen zu den Attaliden, s. Polyb. XXII 20; McShane (wie Anm. 4), 36f., 87f., 127 Anm. 124, 163, 171 Anm. 73, 191 Anm. 49. Die asiatischen Besitztümer von Byzantion grenzten an das Territorium von Kyzikos Strab. XII 8, 11 (576). Vgl. Polyb. IV 45, 7; 50, 4; Tac. Ann. XII 63; Dio. Chrys. XXXV 25; Herodian III 1, 5; Walbank (wie Anm. 9), 504f.; Strobel (wie Anm. 20), 193 mit Anm. 151 36 Zu Sinope, s. Polyb. IV 56, 1-9 und weiter unten. Zu Herakleia, E. Meyer, Die Grenzen der hellenistischen Staaten in Kleinasien, Zürich-Leipzig 1925, 111f.; Will (wie Anm. 3) I, 246. Amisos gehörte bereits seit mindestens den 260-er Jahren zum Pontischen Reich, s. M.I. Maximova, Antičnyje goroda jugo-vostočnogo Pričernomorja (Antike Städte des südwestlichen Schwarzmeerraumes), Moskwa 1956, 176. Vgl. S.Ju. Saprykin, Pontijskoje zarstvo (The Pontic Kingdom), Moskau 1996, 55f., 65f. 37 Niese II (wie Anm. 9), 361f. 38 Nach der Niederlage des Ionischen Aufstandes gründeten die Kalchedonier zusammen mit den Byzantiern Mesembria in Thrakien, Herod. VI 33; Ps. Skymn. 741f. Für die gemeinsamen Schicksale beider Städte im 5. -4. Jh., s. Thuk. I 94; Diod. XII 82; De-

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bedeuten, daß sich dort auch eine probyzantische öffentliche Meinung behaupten konnte.39 Es ist unwahrscheinlich, daß die Byzantier eine Aktion in Form von Spendensammlungen, wie in der Zeit nach dem Erdbeben von Rhodos, zu erwir-ken gehofft haben.40 Die Einführung einer Mautgebühr war offensichtlich bereits eine beschlossene Sache und man versuchte lediglich, um die öffentliche Mei-nung der Griechen zu werben, indem ihnen klargemacht werden mußte, daß es sich um eine vorübergehende Maßnahme handelt.41

Zu fragen wäre weiter, was unter oi§ §&Ellhnej, an die sich die Byzantier wen-deten, zu verstehen ist? Ein Gremium aus den Vertretern einzelner Poleis kann kaum in Frage kommen.42 Man kennt nur den panhellenischen Bund des Antigo- mosth. 50. Im 3. Jh. bestand wohl eine Sympolitie zwischen ihnen, s. Seyrig (wie Anm. 25), 183, 185ff.; Schönert-Geiss (wie Anm. 25), 78ff. und Katalog 148ff. Nr. 1252-1301 Taf. 59ff.; L. Robert, Villes d’Asie Mineure, 2. ed., Paris 1962, 65 Anm. 6. Zum Territo-rium von Kalchedon, Strobel (wie Anm. 20), 193 Anm. 151. 39 Ende des 3. -Anfang des 2. Jh. erkennen Tenedos und Phokaia die Asylie von Kalche-don an. In dem entsprechenden Dokument sagen sie über die Kalchedonier: fi6loi te kai& eu(noi|[dia% progo4nwn] th/i [po4]lei u"mw/[n] (Phokaia), oder sogar [fi6l]oi e36ontej k[ai&] oi36keioi kai& su5mmacoi e3k palai6wn cro4nwn (Tenedos), I.Kalchedon, Nr. 5:1, 14, 19ff.; K.J. Rigsby, Asylia. Territorial inviolability in the Hellenistic World, Berkeley-Los Ange-les 1996, 63f. Sicherlich müssen die farblosen Ausdrücke dia% progo4nwn bzw. e3k palai6wn cro4nwn nicht unbedingt absolut verstanden werden und die Bezeichnung der Kalchedonier als oi36keioi kai& su5mmacoi bedeutet vielmehr eine sagenhafte Verwandt-schaft und mehr oder weniger vorhandene enge Beziehungen als ein tatsächlich bestehen-des Bündnisverhältnis, jedoch ist kaum anzunehmen, daß dieses Einvernehmen erst zum Zeitpunkt der Asylieproklamation zustande kam. 40 Zum Erdbeben, Polyb. V 88, 1-90.4; Diod. XXVI 8, 1; Strab. XIV 2, 5 (652); Plin. NH 34, 41; Chron. Pasc. I (331 Bonn); Euseb. Chron. II 122f. (mit falschem Datum); Wal-bank (wie Anm. 9), 618. Holleaux I (wie Anm. 13), 452ff. plädierte für das Jahr 226 während ein epigraphisches Zeugnis aus Iasos eher 228 angibt, s. J. Pugliese Caratelli, Suplemento epigrafico di Iaso, in: ASAA 29/30 (1967/68), 445ff. Nr. 2. Vgl. M. Guar-ducci, Epigrafia greca II, Roma 1995, 120. Die Hilfe für Rhodos wird gewöhnlich mit dem ökonomischen Einfluß des letzteren erklärt, s. Berthold (wie Anm. 2), 93 (mit Litera-tur). Vgl. jedoch Wiemer, Rhodische (wie Anm. 1), 35ff.; Ders., Krieg (wie Anm. 1), 24. 41 Vgl. auch Pol. IV 38, 11. Rostovtzeff (wie Anm. 3), 533 meint, die Erhebung des Durchfahrtzolls sei zwischen den Byzantier und dem Keltenfürsten abgesprochen worden, um die Stadt in die Lage zu setzen, den drückenden Tribut an den König zu bezahlen. Ich sehe dagegen keinen Anlaß für eine solche Annahme. Es handelte sich dabei viel mehr um die eigene Initiative der Byzantier, während Kavaros recht gleichgültig war, woher das Geld kam. 42 Der Ausdrück oi§ §&Ellhnej ist häufig. Vgl. etwa die Indices zu OGIS und Syll.³ Mem-non von Herakleia FGrHist 434 F 11, 1f. erzählt über das Hilfeersuchen der Byzantier bei ihren Bundesgenossen bei dem ersten Einfall der Kelten 277. Er hebt die Rolle seiner

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nos Doson als eine pangriechische Vereinigung dieser Zeit.43 Es ist aber nicht anzunehmen, daß die Byzantier den Weg der Subordination mieden und, ohne an das makedonische Königshaus zu appellieren, seine Marionetten direkt, seien sie auch unter dem Schirm einer panhellenischen Vereinigung getarnt, angesprochen haben; denn aller Welt war klar, von wem der Bund gelenkt wurde. Auf der ande-ren Seite waren die strategischen Interessen Makedoniens in der Region traditio-nell und die Byzantier verstanden es besser als sonst jemand, was eine derartige Bitte an Makedonien für Folgen haben würde. Der Ausdruck des Polybios kann eher allgemein für die in den Pontoshandel involvierten einzelnen griechischen Städte verwendet worden sein.44 Sie waren nämlich diejenigen, die von den dro-henden finanziellen Lasten direkt betroffen werden sollten und ihr Verhalten war für Byzantion wichtig. Unter solchen befanden sich neben dem an der Südküste des Schwarzmeeres gelegenen Herakleia Pontike Sinope mit seiner Arche und Amisos, die davon nur indirekt betroffen waren,45 die Poleis des Mutterlandes, Kleinasiens, sowie Ägypten.46 Für das IV. Jh. besitzen wir neben dem archäolo-gischen Material auch schriftliche Quellen. In einer viel zitierten Stelle heißt es:

Heimatstadt hervor, sagt jedoch kein Wort darüber, wer die übrigen Bundesgenossen waren, s. Werner (wie Anm. 20), 288 Anm. 31. 43 Als Mitglieder sind belegt: Achäer, Epiroten, Phokäer, Boioter, Akarnanier, opuntische Lokrer sowie die unter makedonischer Herrschaft stehenden Euboia und Thessalien; s. Polyb. IV 9, 4; XI 5, 4; StV III, Nr. 446; S.L. Ager, Interstate Arbitration in the Greek World, 337-90 B.C., Berkeley 1996, 65ff. Nr. 14; Niese II (wie Anm. 9), 335ff.; Beloch IV 1, 712ff.; A. Heuss, Stadt und Herrscher im Hellenismus, Leipzig 1937, 160ff.; F.W. Walbank, Philip V, Cambridge 1940, 16; Ders. (Wie Anm. 9), 256.; Will I (wie Anm. 3), 389ff. 44 Polyb. IV 38, 6, 10; 46, 5; Niese II (wie Anm. 9), 384 Anm. 4; Walbank (wie Anm. 9), 500: Rhodos, Kyzikos, Chios, Sinope und vielleicht Athen. 45 Auch Kyzikos, Lampsakos, Abydos, Astakos und Sestos waren sicherlich darin einbe-zogen, s. S.W. Hasluck, Cyzicus, Cambridge 1910, 171; W. Ruge, Kyzikos, in: RE XII (1921), 228f.; Rostovtzeff (wie Anm. 3), 459f., 533. Nevskaja (wie Anm. 12), 153 meint, daß die betonte Neutralität der südpontischen Staaten das Zeichen ihres Unverständnisses für die byzantischen Maßnahmen war. 46 Zum Problem der Kornhandelkonkurrenz zwischen dem Bosporos und Ägypten, s. V.F. Gajdukewič, Das Bosporanische Reich, Berlin-Amsterdam 1971, 76ff.; I.G. Schurgaja, Voprosy bosporo-egipetskoj konkurenzii v hlebnoj torgovle Vostočnogo Sredisemnomor-ja ranneellinističeskoj epochi (Die Fragen der bosporanisch-ägyptischen Konkurrenz in dem Kornhandel des östlichen Mittelmeeres während der frühhellenistischen Epoche), in: KSIA 138 (1973), 51ff. Zur Konkurenz "auf höherer Ebene", J. Engels, Anmerkungen zum "Ökonomischen Denken" im 4. Jahrh. v. Chr. und zur wirtschaftlichen Entwicklung des Lykurgischen Athen, in: MBAH VII 1 (1988), 107f. mit Anm. 42, 109ff.

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ei3j to$n Po4nton o" oi(noj ei3sa5getai e3k tw/n to4pwn peri& h"ma/j, e3k Peparh5vou kai& Kw/0 kai& Va5sioj kai& Mendai/oj kai& e3x a25llwn po4lewn pantodapo4j.47 Die hier mit Namen aufgeführten Weine gehörten zu den bevorzugten und teuersten Sorten der Antike, während die übrigen nur allgemein erwähnt werden.48 Nicht zu vergessen ist außerdem, daß auch das attische Öl reichlich die Region erreichte. Unter dem Pontos ist kaum nur das Nordufer zu verstehen. Die Handelsbezie-hungen des Mutterlandes zu Kolchis, Sinope und Amisos sowie zu den Städten des westlichen Teils des Schwarzmeeres sind gut belegt.49 Nach Rostowtzeff sind sechs Gruppen pontischer Handelsstädte zu unterscheiden: 1) die Hellespont-Gruppe mit Sestos, Abydos, Lampsakos; 2) die propontischen Städte mit Kyzikos an der Spitze; 3) der thrakische Bosporos mit Kalchedon und Byzantion; 4) die südpontische Küste mit Herakleia Pontike, Sinope und Amisos; 5) die westponti-sche Küste mit Apollonia, Kallatis, Odessos, Tomoi und Histria; 6) die nordpon-tischen Poleis.50 Deshalb kann der demosthenische Ausdruck eher allgemein für den Pontos als geographischer Raum gedeutet werden.

Das Interesse Griechenlands an der pontischen Region war in der ersten Linie vom Bestreben bestimmt, die Lebensmittel zu beschaffen.. Die Getreideknapp-heit im Mutterland war ein ständiges Übel.51 Die Lieferungen von außen, nicht

47 Demost. XXXV 35. 48 Athen. I 23b, 29d, IV 129d; Pollux, Onom. VI 15; V: Grace, Standart Pottery Contain-ers of the Ancient Greek World, in: Hesperia Suppl. VIII (1949), 186 und Pl. 10, 1; I.B. Braschinski, Is istorii torgovli Severnogo Pričernomorja s Mendoj (Aus der Geschichte der Handelsbeziehungen zwischen dem nördlichen Schwarzmeerraum und Mende), in: NE III (1962), 45ff.; A. Doulgéri-Intzessiloglou, Y. Garlan, Vin et amphores de Pé-paréthos et d’Ikos, in: BCH 114 (1990), 361ff.; Thasos: Y. Garlan, Vin et amphores de Thasos, Paris 1988; F. Salviat, Le vin de Thasos. Amphores, vin et sources écrites, in: BCH Suppl. XIII (1986), 145ff.; J.A.O. Larsen, Roman Greece, in: T. Frank (ed.), An Economic Survey of Ancient Rome IV, Baltimore 1938, 609f.; J.-Y. Empereur, A. Hes-nard, Les amphores hellénistique du monde égéen, in: P. Lévêque, J.-P. Morel, Cérami-ques hellénistiques et romaines II, Paris 1987, 22ff. 49 Zu Kolchis G.R. Tschetzkhladse, Kolchis im System des antiken Handels, in: MBAH XI 1 (1992), 80ff.; Ders., Griechen in der Kolchis, in: MBAH XII 1 (1993), 56ff. Seine Ergebnisse sind allerdings nur mit Vorsicht zu benutzen, da sie einerseits auf den veralte-ten chronologischen Schemen basieren und andererseits von der irrigen Überzeugung direkter Handelskontakte in praktisch jedem durch archäologische Funde belegten Fall erzielt wurden. 50 Rostovtzeff (wie Anm. 3), 458; I.B. Braschinski, Opyt ekonomiko-geografičeskogo rayonirovanija antičnogo Pričernomorja, in: VDI 2 (1970), 133ff. 51 Vgl. IG II² 1 Nr. 398; 401; Ziebarth (wie Anm. 8), 74. Zum Getreidehandel der nord-pontischen Poleis, s. M. Rostovtzeff, The Bosporan Kingdom, in: CAH VIII (1930),

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zuletzt aus dem pontischen Raum, sollten dieses Desiderat beheben. Im Helle-nismus steigt das Ausmaß des Handels erheblich, was nicht zuletzt durch die Sicherung der Seewege ermöglicht wurde.52 Allerdings verlagerten sich die Schwerpunkte des Wirtschaftslebens nach Kleinasien, Syrien und Ägypten.53 Das Pontosgebiet verlor dagegen seine führende Rolle. Seit der klassischen Zeit ha-ben sich im Schwarzmeerraum gewaltige politische Veränderungen vollzogen. Im Westteil entstand das Odryssenreich, gefolgt von wenig bedeutenden Staaten-bildungen wie Tylis (277-212), Kleinskythien bzw. von kleinen Königreichen Thrakiens.54 An der Nordküste war dieser Wandel noch tiefgreifender. Das seit Jahrhunderten bestehende Gleichgewicht zwischen den Skythen und Griechen wurde durch die Expansion der sarmatischen Stämme gestört. Das hatte nicht allein politische Konsequenzen, sondern auch eine ungünstige wirtschaftliche Entwicklung mit der schlechten Handelskonjunktur als Folge. Von dieser Zeit an hört man dort häufiger von diaforai6 und taracai6, welche durch innere Krisen, unter welchen die sitodei6a eine der gewöhnlichsten war, ausgelöst wurden.55

574ff.; A. Kocevalov, Die Einfuhr von Getreide nach Athen, in: RhM XXXI (1932), 321ff.; V.F. Gajdukevič, Nekotoryje woprosy ekonomičeskoj istorii Bospora (= Einige Fragen der ökonomischen Geschichte des Bosporos), in: VDI 1 (1966), 47ff.; Th. Pekáry, Wirtschaft der griechisch-römischen Antike, Wiesbaden 21979, 28.; R.J. Hopper, Handel und Industrie im klassischen Griechenland, München 1982, 102; Engels (wie Anm. 46), 116f.; P. Garnsey, Famine and Food Supply in the Graeco-roman World, Cambridge 1989, 14, 154ff. Anachronistisch ist jedoch die Meinung von J. Lenzman, O hlebnoj torgowle Delosa (Zum Getreidehandel von Delos), in: VDI 2 (1946), 93, die Schlacht bei Kos habe Griechenland vom ägyptischen Getreide abgeschnitten, wodurch die Fülle der Korndekrete in dieser Zeit zu erklären sei. Vgl. zu den militärischen Auswirkungen auf die Preispolitik, Reger (wie Anm. 3), 186. 52 Hopper (wie Anm. 51), 102; H. Kloft: Die Wirtschaft der griechisch-römischen Welt, Darmstadt 1992, 140. 53 Rostovtzeff (wie Anm. 3), 459. 54 Vgl. A. Höck, Das Odryssenreich in Thrakien, in: Hermes 26 (1895), 76ff.; W. Toma-schek, Die Alten Thraker 1, Wien 1893, 91; G.I. Kazarow, Thrace, in: CAH VIII (1930), 535, 537f., 559f.; Michailov, IGBR, S. 38ff.; H. Oberhummer, Tylis, in: RE VIIA 2 (1948), 1712; Walbank (wie Anm. 9), 499; R. Werner, Geschichte des Donau-Schwarzmeer-Raumes im Altertum, in: W.-D. v. Barloewen (Hg.), Abriss der Geschichte antiker Randkulturen, München 1961, 111ff.; Ders. (1996), 273ff., bes. 281ff., 289 Anm. 32 (mit Literatur); Fol (wie Anm. 12), 993ff.; Nachtergael (wie Anm. 20), 169; M. Op-permann, Thraker zwischen Karpatenbogen und Ägäis, Leipzig-Jena-Berlin 1984, 76ff., 146ff. bes. 149f. 55 Syll.³ Nr. 495; 731; IOSPE IV Nr. 68:24ff.; IGBR Nr. 390:14. Vgl. das bei A. Stefan, Die Getreidekrisen in den Städten an den westlichen und nördlichen Küsten des Pontos Euxeinos in der hellenistischen Zeit, in: E. Ch. Welskopf (Hg.), Hellenische Poleis, Berlin

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Skythien und der Bosporos waren zu Lebzeiten des Polybios nicht mehr die Ge-treidekammer Griechenlands, welches nun vor allem aus Ägypten, Sizilien und anderen Regionen versorgt wurde.56 Trotz dieser Veränderungen blieben die

1974, 649ff. gesammelte Material. S. außerdem D.M. Pippidi, Histria şi Callatis în sec. III.-II. î. e.n., in: Ders., Contributii la istoria veche a Romîniei, Bucureşti 1958, 13ff.; Ders., Die Agrarverhältnisse in den griechischen Städten der Dobrudscha in vorrömischer Zeit, in: J. Irmscher (Hg.), Griechische Städte u. einheimische Völker des Schwarzmeer-gebietes, Berlin 1961, 97ff.; Ders., Histria und Kallatis im 3. und 2. Jh. v. u. Z., in: Ders., Epigraphische Beiträge zur Geschichte Histrias in hellenistischer und römischer Zeit, Berlin 1962, 11ff.; Ders., Die Beziehungen Histrias zu den Geten im 3. Jh. v. u. Z., in: Ebd., 75ff.; P.O. Karyschkowski, Istria i ejo sosedi na rubeshe III-II ww. do n.e. (Histria und seine Nachbarn an der Wende 3. -2. Jh. v. Chr.), in: VDI 2 (1971), 36ff.; J.G. Vi-nogradov, Griechische Epigraphik und Geschichte des nördlichen Pontosgebiet, in: Actes du VIIe Congrès intern. d’épigraphie grecque et latine. Constanza 1977, Buçuresti 1979, 306ff. 56 Polyb. IV 38.6. Dazu Garnsey (wie Anm. 51), 13: "the system of food supply frequently broke down under the combined impact of sporadic tribal incursions an normal climatic irregularities". So auch Lenzman (1946), 93; Gajdukevič (1966), 49ff. Dagegen betont I.B. Brashinski, Afiny i severnoje Pričernomorje (Athen und der nördliche Schwarzmeer-raum), Leningrad 1963, 163, die Notiz des Polyb. sei nur summarisch zu verstehen und Strab. VII 4, 6 (311) bezeugt noch zu Zeiten des Mithridates Eupator neben den Geldtri-buten umfangreiche Getreidelieferungen aus der Region an den pontischen König. Ihm stimmt insoweit auch Casson (wie Anm. 8), 182 zu. Im Jahre 171 liefern die Athener 100.000 Modii Korn an die römische Armee, Liv. XLIII 6, 2f. and its likely that this grain came from the Black Sea. Übersehen wird dabei m.E., daß die Verpflichtung zu Lieferungen keinesfalls ein Zeugnis für den Reichtum an diesen Produkten ist. Strab., Ebd. spricht von der Vergangenheit: ka5n toi/j pro4sven cro4noij e3nteu/ven h(n ta% sito-pompi6a toi/j §6Ellhsi, s. Stefan (wie Anm. 55), 657. Dies bedeutet nicht, daß die Einfuhr von Getreide aus dem Pontos völlig aufhörte. Vgl. IG II² Nr. 903 (176/5). Zu Getreidelie-ferungen aus Ägypten: Philoch. b. Schol. Arist. Wesp. 714; Plut. Perikl. 37; N. Hohlwein, Le blé d’Egypte, in: Études de Papyrologie 4 (1938), 91ff.; C. Roebuck, Economy and Society in the Early Greek World, Chicago 1984, 30ff.; W. Habermann, Die athenischen Handelsbeziehungen mit Ägypten, Karthago und Kyrene während des 5. Jahrhunderts v. Chr., in: MBAH V 2 (1986), 96ff.; Beyer-Rothoff (wie Anm. 8), 267f.; Thessalien: Xen. Hell. V 4, 56; Casson (wie Anm. 8), 87 Anm. 11. Zum Versuch das Volumen des ägypti-schen Getreidehandels zu berechnen, s. A. Segré, Note sull’ economia del’ Egitto elle-nistico nell’ età tolemaica, in: BSAA 29 (1934), 289ff.; Euboia: Her. V 77; Phönikien und Zypern: Thuk. II 69; K. Köster, Die Lebensmittelversorgung der altgriechischen Polis, Berlin 1939, 23 Anm. 31; Casson, Ebd., 88 Anm. 13; Sizilien: Polyb. V 88; XXVIII 2, 17; Diod. XXVI 8, 1; W. Hüttl, Verfassungsgeschichte von Syrakus, Prag 1929, 20; Teos: Paus. VII 5, 11; Athen. IV 160a. Casson, Ebd., 70 nennt drei Hauptquellen für die Ge-treideversorgung Athens im Hellenismus: Sizilien, Ägypten mit Kyrene und das Schwarzmeergebiet. Vgl. für Kyrene SEG IX Nr. 2 und ferner Chr. Danoff, Pontos Eu-

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traditionellen Handelsbeziehungen weiterbestehen. Auch die hellenistische Welt mochte nicht auf die für diesen Landstrich typischen Waren verzichten.57 Der Erfolg oder das Mißlingen der Handelstätigkeit dort lag aber weiterhin in den Händen der Byzantier, was Polybios, wohl gemäß seiner byzantischen Quelle, die ihrerseits von der Argumentation hiesiger Gesandten vor den griechischen Poleis entnommen worden sein konnte, hervorhebt.58 Die Modalitäten des Handeltrei-bens waren sicherlich einer strengen internationalen Regulierung unterzogen. Sie waren nicht einzig und allein die Sache der Byzantier und die betroffenen Staaten ließen die für sie wichtigen Urkunden bei der Einfahrt in den Bosporos in Hieron aufstellen.59

Man kann sich durchaus vorstellen, daß die Byzantier an ihre traditionellen Bundesgenossen Kyzikos, Herakleia, Ephesos, Samos, wohl Knidos und Rhodos sowie an die anderen handeltreibenden Staaten appelliert haben.60 Jedoch stießen sie auf Unverständnis und gar völlige Ablehnung; die meisten weigerten sich

xeinos, in: RE Suppl. IX (1962), 1140ff.; Pekáry (wie Anm. 51), 78; Hopper (wie Anm. 51), 99ff. Vgl. M.M. Austin, Society and Economy, in: CAH VI² (1994), 548, 561. 57 Vgl. Polyb. IV 38.6: e36contoj de& tou/ Po4ntou polla% tw/n pro$j bi6on eu2crh5stwn toi/j a25lloij a2nvrw5poij.... pro$j me&n ga%r ta%j a2nagkai5aj tou/ bi6ou crei6aj ta% te vre6mmata kai& to$ tw/n ei3j ta%j doulei6aj a2gome6nwn swma5twn plh/voj oi§ kata% to$n Po4nton h"mi/n to4poi paraskeua5zousi dayile6staton kai& crhsimw5taton o"mologoume6nwj: pro$j de& periousi6an me6li, khro4n, ta5ricoj a2fvo4nwj h"mi/n corh-gou/si. de6contai6 ge mh%n tw/n e3n toi/j par 1 h"mi/n to4poij periteuo4ntwn e36laion kai& pa/n oi36nou ge6noj: si6tw d 1 a2meibontai, pote& me&n eu2kai6rwj dido4ntej, pote& de& lam-ba5nontej. Zu den pontischen Sklaven, s. M.I. Finley, The Black Sea and Danubian Regions and the Slave Trade in Antiquity, in: Klio 40 (1962), 51ff. Zur Bedeutung einer solchen Abhängigkeit von den fremden Erzeugnissen, s. L. Neesen, Die griechische Polis- nur ein Import- und Konsumzentrum?, in: MBAH IV 1 (1985), 55f. 58 Polyb. IV 38, 3. Einer byzantischen Quelle könnte die Äußerung entnommen sein, die Polyb., Ebd., 6 nach der Aufzählung der pontischen Handelsartikel aufführt: pa5ntwn dh% tou5twn h"% kwlu5esvai de6on h(n o"loscerw/j tou%j §6Ellhnaj h25 tele6wj a2lusitelh/ gi6nesvai sfi6si th%n a2llagh%n au2tw/n, Buzanti6wn h25toi boulome6nwn e3velokakei&n kai& sundua5zein pote& me&n Gala5taij, tote& de& plei6ona Vra0xi&n h2% to$ para5pan mh% katoikou5ntwn tou%j to4pouj. Es ist möglich, daß auf diese Punkte auch byzantische Gesandten bei den Hellenen hingewiesen haben. Dagegen ist die Schlußfolgerung polybi-anisch (7): dia5 te ga%r th%n steno4thta tou/ po4rou kai& to$ parakei6menon plh/voj tw/n barba5rwn a25plouj a2%n h"mi/n h(n o"mologoume6nwj o" Po4ntoj. 59 Demosth. Lept. 20, 36; I.Kalchedon, 33 zu Nr. 16 = IOSPE I² Nr. 24; IV p. 264. 60 Zu Herakleia, s. Memn. FGrHist 434 F. 7, 11; Niese II (wie Anm. 9), 138; H. Merle, Geschichte der Städte Byzantion und Kalchedon, Diss., Kiel 1916, 55; Werner (wie Anm. 20), 288 und Anm. 31.

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(tw/n de& plei6stwn paroligwrou5ntwn) und die Hilfe blieb aus.61 Deshalb konn-te man in Byzantion die Einführung eines Sundzolles als eine erzwungene Maß-nahme darstellen.62 Sie wird als eine Antwort auf die politische Infantilität der griechischen Poleis, auf ihren Verzicht den Vorposten der hellenistischen Welt zu unterstützen, präsentiert. Eine solche Darlegung der byzantischen Vorgehens-weise ist sehr tendenziös und konnte den dortigen Quellen entnommen worden sein. Was in aller Welt konnte sonst die Griechen bewegen, sich hinter die By-zantier zu stellen, als ihnen nicht einen Teil der finanziellen Lasten aufzuhalsen? Bereits früher gab es Präzedenzfälle im Zusammenhang mit dem pontischen Handel. Vor allem bot sich diese Gelegenheit den Byzantiern selbst.63 Im Jahre 362 griffen sie, Kalchedonier und Kyzikener, die athenischen Kornschiffe an.64 Wenige Jahrzehnte danach wurde der Krieg zwischen Athen und Philipp II. durch die Rivalitäten an den Meerengen und die Wegnahme einer athenischen Getreideflotte durch den makedonischen König ausgelöst.65 Auch viel später während des Krieges zwischen Pergamon und Pontos (181) sowie zwischen Per-gamon und Bithynien (155/4) versuchte man den Pontos zu blockieren.66 Die geographischen Vorteile von Byzantion im Zusammenhang mit dem pontischen Handel wurden früh erkannt. Bereits unter Alkibiades errichteten die Athener auf

61 Nevskaja (wie Anm. 12), 153 Anm. 5 meint, daß gewisse Hilfe jedoch geleistet wurde, da Polybios sagt, daß die Mehrheit der Hellenen den Appell abgelehnt hatte, was noch eine Minorität, welche den Byzantiern half, vermuten läßt. 62 Polyb. IV 46, 6: e3necei6rhsan a2panagkasve6ntej paragwgia5zein tou%j ei3j to$n Po4nton ple6ontaj. 63 Herod. VI 26; Ps. Arist. II 1346 (3b) 30c. Dasselbe machten die Chalkedonier, Ebd., 1347b (10) 25. Dagegen belastete Kleomenes, der Satrap von Ägypten die Ausfuhr des Korns mit einer großen Steuer, Ebd., 1352a (33a) 15ff. Während der athenischen Herr-schaft existierte ein Kollegium von Spezialbeauftragten für die Meeresengen, die Hel-lespontophylakes, CIA I Nr. 40; Nevskaja (wie Anm. 12), 94. 64 Demosth. XLV 64; L 4ff., 17; Ps. Arist. Oek. II 1346c 29f.; 1347b 24f.; Aen. Tact. 12; Pap. Oxy. 303. 65 Just. IX 1. Vgl. Didym., in: Demosth. X 34, 11.5 = Ph. Harding, From the End of the Peloponnesian War to the Battle of Ipsos, Cambridge 1993, Nr. 95B; H. Braunert, Das Mittelmeer in Politik und Wirtschaft der hellenistischen Zeit, Kiel 1967, 8. Im Jahre 330/29 wurden die athenischen Kornschiffe von Herakleia Pontike blockiert, s. C.J. Schwenk, Athens in the Age of Alexander. The Dated Laws and Decrees of the "Lykour-gan Era", 338-322 B.C., Chicago 1985, 233f. Nr. 67 66 Polyb. XXVII 7, 5; M. Holleaux, Rome, la Grèce et les monarchies hellénestiques, Paris 1921, 90; Ziebarth (wie Anm. 8), 28 und Anh. I 83; Rostovtzeff (wie Anm. 3), 610f.; Chr. Habicht, Über die Kriege zwischen Pergamon und Bithynien, in: Hermes 84 (1956), 107.

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der asiatischen Seite bei Chrysopolis eine Zollstation zur Erhebung von Durch-fahrtsteuern, wobei ein athenisches Geschwader von 30 Schiffen für Ordnung sorgte.67 Von jedem in den oder aus dem Pontos segelnden Schiff wurde eine Gebühr von 10 % des Wertes seiner Ladung erhoben.68 Diese Besteuerung wird Anfang des 4. Jh. von Thrasybulos an die Byzantier übergeben, die diese Zollsta-tion in die Stadt verlegen.69 In der Zeit des Demosthenes brachten die Häfen des thrakischen Chersonesos jährlich 200 Talente.70 Aber die in der Periode der 1. und 2. athenischen Arche erhobene Steuer für die Durchfahrt durch den Bosporos war in der zweiten Hälfte des 3. Jh. bereits ein Anachronismus.

* * * *

Der Krieg ist nicht gleich ausgebrochen. Die Periode von der Einführung des Durchfahrtzolles bis zur direkten Konfrontation hat gewiß eine Zeit in Anspruch genommen und die Byzantier konnten zuerst ungehindert abkassieren. Man hatte ursprünglich offenbar keine Ahnung über die Höhe der zu entrichtenden Spesen und erst als sie sich als unermeßlich herausgestellt hatten, fanden oi§ ploi-zo4menoi diesen Zustand unerträglich (deino$n h"gou/nto) und riefen die Rhodier zu Hilfe.71 Wie ist dabei die Rolle von Rhodos einzuschätzen? Das erste, was in Frage kommt, wären eigene ökonomische Interessen des Inselstaates.72 Man kann sicher annehmen, daß er sich ohnehin gegen byzantische Maßnahmen gewehrt hätte, aber die Bitte kleinerer Poleis gab eine willkommene Gelegenheit sich als Beschützer der allgemeinen Interessen darzustellen. Zwei Gründe bestimmen also

67 Xen. Hell I 1, 22. 68 Xen. Hell. I 1, 22; Polyb. IV 46, 6. J. Beloch, Zur Finanzgeschichte Athens, in: RhM XXXIX (1884), 40 errechnet die Gesamteinnahmen von dieser Steuer auf 120 Talente im Jahr. 69 Xen. Hell. IV 8, 27. 70 Demosth. XXIII 110. 71 Polyb. IV 47, 1: mega5lhj de& genome6nhj th/j a2lusitelei7aj kai& duscrhsti6aj pa%sin....tw/n e3xagome6nwn e3k Po4nton. Vgl. die Bemerkung von Davies (wie Anm. 7), 273 mit Anm. 83: The effect of the Byzantines’ action on the terms of trade was enough to make non-Rhodian sea-traders apply pressure on the politico-military level, der richtig auf die Ähnlichkeit mit dem römischen Eingreifen gegen die Illyrer 229, wo die Römer ebenfalls von den plwizo4menoi gerufen wurden, verweist. Siehe dazu Polyb. II 8, 1-3. 72 Rostovtzeff (wie Anm. 3), 632, 637. Vgl. A. Avram, Zu den Handelsbeziehungen zwi-schen Kallatis und dem Taurischen Chersonesos, in: MBAH VII 2 (1988), 89, die vor allem diesen Grund für das rhodische Benehmen hervorheben. Vgl. Nevskaja (wie Anm. 12), 151; Preaux (wie Anm. 8) 333; Berthold (wie Anm. 2), 94; Gabelko (1997), 26f.; Gabrielson (wie Anm. 2), 45.

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das rhodische Eingreifen: zum einen, die eigenen finanziellen Einbußen, und zum anderen, der Appell der kleineren Poleis.73 Nach Polybios war die Bedeutung von Rhodos als führende Seemacht (proesta5nai tw/n kata% va5lattan) der wahre Grund dafür, warum man sich entschied, Rhodos als Interessenvertreter zu wäh-len. Allerdings darf dieser polybianische Ausdruck kaum im Sinne einer wirkli-chen rhodischen Hegemonie, wie es im 2. Jh. war, sondern mehr als eine morali-sche Definition, vor allem als Oberaufseher über die Ordnung zur See, verstan-den werden.74 Der Appell der Griechen ist kaum eine Erfindung der patriotischen rhodischen Historiographie gewesen, um die eigene Position zu untermauern. Ein Vergleich mit dem späteren Vorgehen auf Kreta ist kaum zulässig, da dort ein-deutig die politischen Ambitionen des rhodischen Staates betroffen waren; und außerdem ging es um die in einem rechtlichen Symmachie-Verhältnis befindli-chen Staaten. Im Konflikt mit Byzantion sind keine ähnlichen Zustände zu fin-den. Man wandte sich an Rhodos, da es in erster Linie um die Verletzung des bestehenden Seerechtes ging, und weil die Rhodier den stärksten griechischen Staat zu See darstellten. Der rasche Aufstieg von Rhodos zu einer bedeutenden Macht im östlichen Mittelmeerraum und seine Prosperität mit weitgehenden Handelsbeziehungen haben ihm ein riesiges politisches Kapital und großes Anse-hen in der Welt der kleineren Poleis gebracht.75 Bereits seit dem frühen Helle-nismus löst Rhodos Athen als führende Handelsmacht ab.76 Die Rolle von Rho-dos war vor allem in dem Transithandel in erster Linie mit Getreide maßge-bend.77 Sekundär war dagegen die Ausfuhr von eigenen Waren, zu denen vor 73 Dies betonnt auch Polyb. IV 47, 3 einerseits dia% th%n sfete6ran bla5bhn und anderer-seits dia% th%n tw/n pe6laj e3la5ttwsin. 74 Hiller v. Gaertringen (wie Anm. 9), 786. Vgl. Rostovtzeff (wie Anm. 6), 625; Gabriel-son (wie Anm. 2), 44f. 75 Zur dieser Tätigkeit von Rhodos, s. etwa Ager (wie Anm. 43), 91 Nr. 26 = I.Priene T 500 = Syll.³ Nr. 13; 143f. Nr. 52, 170 Nr. 63, 196ff. Nr. 74, 258ff., Nr. 94, 292ff. Nr. 109, 314f. Nr. 117, 319f. Nr. 119, 327ff. Nr. 121ff. usw.; App. Mac. 3, 1f.; 3, 3; Liv. XXVIII 5, 13; 7, 13ff.; Polyb. XI 4ff. Diese Rolle von Rhodos findet Anerkennung. Während der Verhandlungen zwischen den römischen Legaten und Antiochos III. in Lysimacheia 196 verlangte der Seleukide, er möchte, daß die Rhodier vermitteln, s. Polyb. XVIII 52, 3 = Ager (wie Anm. 43), 216f. Nr. 77. Vgl. weiter Rostovtzeff (wie Anm. 3), 1485 Anm. 93. 76 Hiller von Gaertringen (wie Anm. 9), 776ff.; E. Ziebarth, Zur Handelsgeschichte der Insel Rhodos, in: Mélanges G. Glotz II, Paris 1932, 910ff.; Pekáry (wie Anm. 51), 68f.; Berthold (wie Anm. 2), 51ff.; Engels (wie Anm. 46), 109ff. 77 Demost. LVI 7-10, 16f.; Diod. XX 81, 4; 96, 1-3; Polyb. V 88f.; Ps. Arist. Oek. 1352 A-B; Beloch IV 1², 291; E. Ziebarth (wie Anm. 76), 910ff.; Casson (wie Anm. 8), 73; Berthold (wie Anm. 2), 50f.; D.V. Sippel, A Reconsideration of the "Eponyms" Inscribed on Rhodian Amphora Stamps, in: AW 11 (1985), 121. Nach Strab. XVII 1, 9 (794) gab es

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allem Wein, Feigen, Honig und Kohl gehörten.78 Das jährliche Handelsvolumen des rhodischen Handels wurde auf ca. 50 Mio. Drachmen beziffert, wobei allein die 2% Hafengebühr ca. 1 Mio brachte.79 Trotz zahlreicher indirekter Hinweise auf die Ausweitung des rhodischen Handels sowie epigraphischer Zeugnisse über die rhodischen Kaufleute,80 ist die Präsenz des Inselstaates im pontischen Raum nur indirekt faßbar. Zwar fehlen die rhodischen Münzen im nordpontischen Be-reich vollständig, aber dieser Sachverhalt ist dort für alle großen Handelsnationen gleich.81 Andererseits sind vielerlei rhodische Einflüsse in den lokalen nordponti-schen Prägungen zu verzeichnen. Olbia prägte nach rhodischem Münzfuß, Pha-

in dem Hafen von Alexandreia eine Insel, welche Antirhodos hieß. Auf Delos sind rhodi-sche Kaufleute in den lokalen Getreidehandel verwickelt, s. IG XI 4, Nr. 1055 = Syll.³ Nr. 493; 1116; ID Nr. 442A:100ff.; Syll.³ Nr. 354. Außerdem sind sie als Getreidelieferanten in anderen Gegenden belegt, Syll.³ Nr. 354 (Ephesos); IG XII 7 Nr. 9 (Amorgos); IG XII 5 Nr. 1010 (Ios); M.B. Walbank, Greek Inscriptions from the Athenian Agora, in: Hespe-ria 49 (1980), 252ff. (Athen). Bereits seit dem Ende des 4. Jh. ist Rhodos in Pamphylien, Kilikien und Syrien aktiv, Polyaenos IV 6, 16. 78 Berthold (wie Anm. 2), 52f.; Sippel (wie Anm. 77), 121. Der Wein von Rhodos hatte keinen schlechten Ruf vor allem in Athen und Rom, s. Gell. NA XIII 5; Athen. I 31e; Varr. Geo. II 101f.; Ps. Aeschyl. Epit. 5, 2. 79 Polyb. XXX (31), 12. Eine andere wichtige Einnahmequelle war die unterstellte Peraia, wo allein Stratonikeia und Kaunos 720 000 Drachmen im Jahr lieferten, Polyb. XXX 31, 6f. Dio. Chrys. XXXI 35; 100 sagt, die Rhodier seien reicher als ein anderes Volk gewe-sen. Vgl. generell dazu Rostovtzeff (wie Anm. 3), 1486 Anm. 96; Berthold (wie Anm. 2), 52; Sippel (wie Anm. 77),121. 80 IOSPE I² Nr. 30; T. N. Knipowič, E.I. Levi (eds.), Nadpisi Olvii, 1917-1965 (Die Inschriften Olbias), Leningrad 1868, 30ff. Nr. 24. Die Proxenie war jedoch keine aus-schließlich mit dem Handel verbundene Institution, Chr. Marek, Handel und Proxenie, in: MBAH IV 1 (1985), 76f. Einen oft behandelten Fall stellt Posideios, Sohn des Posideios dar, welcher besonders enge Beziehungen zu Rhodos hatte, s. IOSPE I² Nr. 77, 670-72; E.I. Solomonik, Epigrafičeskije pamjatniki Neapolja Skifskogo (Epigraphische Denkmä-ler der Neapolis Skythike), in: NE III (1962), 36ff.; V. Kontorini, To$ Skuviko/ basi6leio th/j Kri6maij kai& h" "Ro4doj sto5 2o p. C. ai3., in: Arcaiognw5sia II 2 (1981), 225ff.; Fraser II (wie Anm. 3), 290 no. 311. 81 E. Schönert-Geiss, Die Wirtschafts-und Handelsbeziehungen zwischen Griehenland und der nördlichen Schwarzmeerküste im Spiegel der Münzfunde, in: Klio 53 (1971), 114f.; Zu der Verbreitung der rhodischen Münzen außerhalb des Schwarzmeerraumes, Head (wie Anm. 25), 639ff.; S. Noe, A Bibliography of Greek Coin Hoards, New York 1937, passim; T. Hackens, E. Levy, Trésor hellénistique trouvé a Délos en 1964, in: BCH 89 (1965), 504ff.; T. Hackens, La circulation monétaire dans la Béotie hellénistique: Tré-sors de Thèbes, 1935 et 1965, in: BCH 93 (1969), 701ff.; M. Oeconomides, Vhsauro$j nomisma5twn e3k Vessali§aj, in: AE 1970, 13ff. Sie fehlen vollständig auch auf Sizilien, in Italien, Nordafrika und in Spanien, s. Davies (wie Anm. 7), 282.

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nagoreia hat zu Beginn des 2. Jh. in Anlehnung an das rhodische Münzbild der Rückseite für seine Silbermünzen den Granatapfel übernommen, während Gor-gippeia für die Emissionen seines Silbers das Symbol der Vorderseite der rhodi-schen Drachmen -den Helioskopf- verwendete.82 Zahlreiche Funde rhodischer Handelswaren in der Region sind seit der Entstehung der ersten Kolonien dort zu registrieren und sie nehmen im Hellenismus stark zu, was die gestempelten Am-phoren beweisen.83 Allerdings war der pontische Raum nicht der einzige und höchst wahrscheinlich nicht der wichtigste Handelspartner rhodischer Kaufleute. Vielmehr sind es Ägypten, Sizilien, sowie Kleinasien und Syrien gewesen.84

82 Schönert-Geiss (wie Anm. 81), 116. Zum sog. chiischen oder rhodischen Münzfuß, s. Head (wie Anm. 25), 635ff.; BMC Caria, p. C-CVI, 223f.; E. Babelon, Traité des mon-naies grecques et romaines II 1, Paris 1902, 459ff.; II 2, 141f., 973ff., 1001ff., 1037ff., 1053ff.; K. Regling, Die Münzen von Priene, Berlin 1927, 128ff.; O. Mørkholm, Early Hellenistic Coinage from the Accession of Alexander to the Peace of Apamea (336-188 B.C.), Cambridge 1991, 9f., 58, 68, 90ff., 166. 83 F. Bleckmann, De inscriptionibus quae leguntur in vasculis Rhodiis, Diss., Göttingen 1907, 29f.; Rostovtzeff (wie Anm. 6), 624f., 629f.; J.S. Kruschkol, Osnovnyje punkty i napravlenija torgovli Severnogo Pričernomorja s Rodosom w ellinističeskuju epochu (Die Hauptpunkte und Richtungen des Handels zwischen dem nordpontischen Raum und Rhodos während der hellenistischen Epoche), in: VDI 4 (1957), 110ff.; D.B. Selov, Is istorii svjasej ellinističeskogo Bospora s Rodosom v ellinističeskuju epochu (Aus der Geschichte der Beziehungen zwischen dem hellenistischen Bosporos und Rhodos wäh-rend der hellenistischen Zeit), in: SA XXVIII (1958), 333ff.; V. Eftimie, Imports of Stamped Amphorae in the Lower Danubian Regions and a Draft Corpus of Amphora Stamps, in: Dacia 3 (1959), 198ff. Vgl. Fraser (wie Anm. 3) II, 290f. Anm. 311; Berthold (wie Anm. 2), 51; J.S. Badal’janz, Torgovo-ekonomičeskije svjasi Rodosa s Severnym Pričernomorjem v epochu ellinisma (Die handels-ökonomischen Beziehungen von Rho-dos zu dem nörlichen Schwarzmeerraum im Zeitalter des Hellenismus), in: VDI 1 (1986), 87ff.; Gabrielson (wie Anm. 2), 64ff. Man hat angenommen, daß in den rhodischen Am-phoren vor allem fremde Ware transportiert wurde, s. Fraser, Ebd., I, 167; Davies (wie Anm. 7), 274; R. Duncan-Jones, Structure and Scale in the Roman Economy, Cambridge 1990, 34. Da uns der Charakter des Handels völlig unklar bleibt, ist in der Tat anzuneh-men, daß die rhodischen Kaufleute für die in der Fremde gekauften und für den Weiter-verkauf bestimmte Ware eigene "Verpackung" in der damals gängigen Form von kerami-schen Warentransportbehältern verwendet haben. Zum Aussagewert der Keramik, s. R.M. Cook, Archaic Greek Trade: Three Conjectures, in: JHS 99 (1975), 154; B. Kreuzer, Überlegungen zum Handel mit bemalter Keramik im 6. Jahrhundert v. Chr., in: Klio 76 (1994), 105 mit Anm. 13. 84 Vgl. die Anm. 72 und Hauben (wie Anm. 2), 319f, 334ff.

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In der modernen Forschung wird die Bedeutung des Handels auf der Staats-ebene meist verneint.85 Dieser Wirtschaftszweig wurde der Privatinitiative über-lassen und der Staat kümmerte sich nur um das richtige Funktionieren der Le-bensmittelversorgung. Unter normalen Umständen war der Kornhandel eine lokale Sache und wurde von den Kornproduzenten, Gutsbesitzern und der Stadt abgewickelt.86 In den Notzeiten dagegen sicherte der Staat seine Versorgung, soweit er sie selbst nicht decken konnte, mit Einzug der Waren auf dem administ-rativen Weg und verließ sich nicht auf den "freien Markt".87 Der Handel war international und praktisch alle griechischen Staaten waren an ihm beteiligt. Man kann also kaum über eine Koordinierung der Vorgehensweisen sowie über eine einheitliche Handelspolitik sprechen. Dennoch gab es seit dem Archaicum eine bestimmte Anzahl von Poleis, welche sich als Handelszentren behauptet haben, so etwa Korinth, Athen und Rhodos.88 Das heißt allerdings nicht, daß damit die ganze Politik eines Staates gelenkt wurde. Zwar sind bestimmte kaufmännische Charakterzüge auch im Agieren nach außen nicht von der Hand zu weisen, vor allem, wenn die Stadtelite davon Gebrauch machte,89 aber im großen und ganzen

85 K. Hopkins (1983) in: P. Garnsey, K. Hopkins, C.R. Whittaker (eds.), Trade in the Ancient Economy, London 1984, XIIf.; W. Pleket, Urban elites and business in the Greek part of the Roman Empire, in: Ebd., 134, 137. Vgl. P. Panitschek, Zur Entstehung des athenischen Handels mit dem Schwarzmeerraum im 6. Jh., in: MBAH IV 1 (1985), 40f.; Neesen (wie Anm. 57), 49ff. (mit Literatur); Vélissaropoulos (wie Anm. 31),26ff., 91ff.; Marek (wie Anm. 80), 77. Anders Beyer-Rotthoff (wie Anm. 8), passim, bes. 229ff. (zu Rhodos). 86 Plin. Ep. VIII 2; Pleket (wie Anm. 85), 143. 87 Vgl. Demosth. XX 29-41; Tod Nr. 167; M.I. Finley, The Ancient Economy, Oxford 1975, 29, 153; Pekáry (wie Anm. 51), 47f., 67. Vgl. die Ehrungen für die rhodischen Kornlieferanten in Ephesos, für einen Punier in Histria usw., I. Shifman, K vostanovleniju odnoj istrijskoj nadpisi (Zur Rekonstruktion einer histrischen Inschrift), in: VDI 4 (1958), 118ff. 88 Zu Athen s. etwa Finley (wie Anm. 87), 160. Zu Rhodos: M. Rostovtzeff, Alexandrien und Rhodos, in: Klio 30 (1937), 70ff.; E.S. Gruen, Rome and Rhodes in the Second Century B.C., in: CQ 69 (1975), 58ff.; Berthold (wie Anm. 2), 82; C.G. Starr, The Influ-ence of Sea Power on the Ancient History, New York 1989, 54. Zu den Handelszentren während der Kaiserzeit, W. Fischer, J. v. Houtte u.a. (Hg.), Handbuch der europäischen Wirtschafts-und Sozialgeschichte I, Stuttgart 1990, 64f., 462f., 531f., 548, 551, 576, 648. Unter den Schenkungen an Rhodos nach dem Erdbeben von 227 sind auch die Begünsti-gungen im Handelsbereich zu finden, Polyb.V 89, 8; Walbank (wie Anm. 9), 618; Bert-hold, Ebd., 92 Anm. 36; Beyer-Rotthoff (wie Anm. 8), 233. 89 So in Korinth, s. Neesen (wie Anm. 57), 58 mit Anm. 30; J.B. Salmon, Wealthy Co-rinth, Oxford 1997, 132ff.

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blieb der Handel von der Staatswirtschaft weitgehend ausgeschlossen. Wenn man also vom rhodischen Handel spricht, so werden damit die in ihm wirkenden rho-dischen Kaufleute gemeint, während die Rolle des Staates sich auf die Sicherung des Meeres, den Schutz der Kaufleute und vor allem auf die Fiskalmaßnahmen beschränkte.90 Gerade darum ging es auch in dem Konflikt mit Byzantion. Die Byzantier versuchten die Staatsfinanzen auf dem fiskalischen Weg aufzubessern, indem die Fremden zur Kasse gebeten werden. Was aber offensichtlich verwor-fen wurde, ist die mindestens seit Alexander dem Großen bestehende Freiheit der Meerengen, indem jeglicher Versuch das Gegenteil zu behaupten, als widerrecht-lich angesehen wurde. Insofern gehörte der Konflikt nicht zu den "Handelskrie-gen",91 die für die Antike generell nicht belegt sind, sondern zu den politischen Auseinandersetzungen. Es ging dabei nicht um die Konkurrenz wegen der Einflußsphären oder Emporien, wie etwa in dem Krieg zwischen Byzantion und Kallatis wegen Tomoi.92 Man wollte auch nicht den Markt für die eigenen Kauf-leute erobern oder sichern, sondern versuchte primär die seit langem bestehende Idee der Freiheit der Seefahrt zu schützen. Gerade dieser Punkt stand im Mittel-punkt der Verhandlungen, als eine rhodische Gesandtschaft Byzantion erreichte und nach der Aufhebung des Zolls (katalu5sein au2tou%j paragw5gion) verlang-te.93 Dabei wollten die Rhodier diesem Gremium zumindest den Schein eines internationalen Ausschusses verleihen, indem sie ihre Bundesgenossen einbezo-

90 Zu den staatlichen Interessen im Handel, s. Pekáry (wie Anm. 51), 46ff. (mit Literatur). Zur Rolle von Rhodos im Handel, Diod. III 34, 7. Richtig Wiemer, Krieg (wie Anm. 1), 25f., 30f. 91 Das Gegenteil behaupten u.a. v. Gelder (wie Anm. 3), 115; Preaux 1 (wie Anm. 8), 333; Ager (wie Anm. 2), 14. 92 Memn. FGrHist 434 F 21; Rostovtzeff (wie Anm. 3), 463; Bengtson GG², 394. Zur handelspolitischen Bedeutung von Tomis für Byzantion, Niese II (wie Anm. 9), 137. Die Datierung dieses Krieges bleibt unklar. Niese, Ebd., 136f. mit Anm. 2 setzt ihn vor den bithynischen Erbfolgekrieg, also vor 264/3. Merle (wie Anm. 60),55 um 275. Vulič, Kallatis, in: RE X 2 (1919), 1611 um 260, was von J. Seibert, Metropolis und Apoikie, Diss., Würzburg 1963, 157f. Anm. 4 zugestimmt wird. Nach G. Vitucci, Il regno di Bithi-nia, Roma 1953, 30ff. erfolgte der Tod des Nikomedes um 250. Zwischen 255-53 datierte ihn auch W.W. Tarn, Antigonos Gonatas, Oxford 1913, 236 Anm. 1. Zur Bedeutung von Tomoi, Ch. Matei, Notes on the Activity in the Port of Ancient Tomis, in: MBAH VIII 1 (1989), 39ff. Nach der Meinung von Rostovtzeff (wie Anm. 3), 463 handelte es sich dabei um einen "inneren Krieg zwischen Mitgliedern der pontischen Hanse". Vgl. Bengtson GG², 394. 93 Vgl. die rhodischen Maßnahmen bei der pergamenischen Sperrung des Bosporos im Krieg gegen Pontos 181, Polyb. XXVII 7, 5; Holleaux (wie Anm. 66), 90; Ziebarth (wie Anm. 8), 28.

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gen.94 Die notorische Haltung von Rhodos als dritter Partei in den Konflikten der hellenistischen Zeit war unbestritten.95 Außerdem glaubte man vielleicht, daß die traditionell guten Beziehungen mit Byzantiern zu einer friedlichen Beilegung des Konfliktes beizutragen vermochten.96 Das sahen jedoch die Byzantier diesmal anders. Die Argumente der Rhodier konnten sie nicht überzeugen, solange sie keine konkreten Leistungen mitbrachten. Die Rhodier waren dagegen nicht be-reit, irgendwelchen Forderungen nachzugeben und Zugeständnisse zu machen, da es generell mit den Prinzipien der von ihnen betriebenen Politik kollidierte und zum Verlust ihres Images führen konnte. Diese Kontroversen konnten nicht mehr friedlich gelöst werden, weshalb gleich nach dem Scheitern der rhodischen Mis-sion der Krieg als ultima ratio beschlossen wurde.97

Trotz des offenen Bruches mit Byzantion und wahrscheinlich erheblichen fi-nanziellen Verlusten wegen der byzantischen Aktionen am Bosporos eilten die Rhodier nicht mit sofortigen Kriegshandlungen. Von Anfang an beabsichtigten sie, den Krieg nur zu See zu führen, da ihre eigenen Streitkräfte zu Lande wohl nicht stark genug waren; und außerdem befürchtete man vielleicht dadurch zugleich mit einer dritten Partei in einen Konflikt zu geraten. Deshalb sollte die an Prusias von Bithynien entsandte Gesandtschaft ihn zur Teilnahme an dem Krieg bewegen. Der bithynische König hatte keine kaufmännischen Interessen in dem Pontos, seine Ziele waren rein politisch, weil er aus gewissen Gründen mit den Byzantiern verfeindet (paratribo4menon) war.98 Diese Feindschaft hatte zwar Tradition, aber auch das Gegenteil bestimmte beiderseitige Beziehungen. Noch der Vater des Prusias, Nikomedes I., hat eine Gruppierung, bestehend aus Ptolemaios II., Antigonos Gonatas sowie Byzantion, Herakleia Pontike und Kios

94 Polyb., Ebd.: paralabo4ntej tou%j summa5couj. 95 Schmitt (wie Anm. 2), 54ff.; Will II (wie Anm. 3), 45ff.; Berthold (wie Anm. 2), 95ff. Jedoch gehören die meisten Zeugnisse erst in die späteren Zeiten. 96 Nach der Schlacht bei Knidos (394) gehören beide zu einem Bund, bestehend außer-dem aus Ephesos, Samos, Knidos und Iasos, welcher Münzen mit der Aufschrift SUN(macoi) prägt, s. W.H. Waddington, Confédération de l’Asie Mineure et des îles après la bataille de Cnide (A.C. 394), in: RN 7 (1863), 223f.; Head (wie Anm. 25), 267, 573, 616, 621, 638; Schönert-Geiss (wie Anm. 25), 31ff. Zur Datierung, s. P. Gardner, A History of Greek Coinage 700-300 B.C., Oxford 1918, 358. 97 Polyb. IV 47, 3. Die Namen der von Polyb. überlieferten Gesandten begegnen auf rhodischen Münzen, s. BMC Caria, Nr. 34, 26; Nevskaja (wie Anm. 12), 154; Seyrig (wie Anm. 25), 186f. 98 Polyb. IV 47, 7; Dagegen Chr. Habicht, Prusias, RE XXIII 1 (1957), 1098. Über die ökonomischen Motive, die den bithynischen König zu der Teilnahme an dem Krieg be-wegt haben sollen, spricht Gabelko (1997), 27.

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als Vormunde für seine minderjährigen Söhne bestimmt, da er offensichtlich im Seleukidenreich eine Bedrohung sah.99 Zu einer Verschlechterung der Beziehun-gen ist es erst in der Regierungszeit des Prusias gekommen. Polybios hebt drei Grunde dafür hervor:100 1) die Byzantier haben den Beschluß gefaßt, für den König einige Bilder (ei3ko4naj) zu errichten, haben jedoch die Weihung nicht vollzogen, sondern ließen die Sache hinschleppen und in Vergessenheit geraten; 2) Prusias nahm es den Byzantiern übel, den Krieg zwischen Achaios und Attalos beigelegt zu haben und schließlich 3) ärgerte er sich, daß sie ihre Gesandten an Attalos als Teilnehmer an den Opfern (sunvu5sontaj) der Festspiele zu Ehren der Athena geschickt haben, an seine eigenen Soterien aber nicht. Also waren sowohl ein crimen laesae maiestatis als auch die mit seiner eigenen kollidierende Außenpolitik der Byzantier der wahre Grund für seine feindliche Einstellung. Die Beziehungen zwischen Bithynien und den Ptolemäern scheinen traditionell gut gewesen zu sein.101 Dagegen ist eine konsequente antiattalidische Frontstellung des ersten evident, die auch im Konflikt um Byzantion mit Sicherheit eine wich-tige Rolle spielte.102 Prusias sah, und dies wohl nicht ohne Grund, darin eine Gefahr, daß die Byzantier ihre Kontakte zu Pergamon und Achaios auch gegen ihn selbst ausnutzen könnten. Ihm ging es also darum, eine mögliche Entente von Byzantion mit Achaios oder Attalos zu vereiteln.103 Sicherlich hat auch Rhodos

99 Memn. FGrHist 434 F. 14; Vitucci (wie Anm. 92), 30f.; Chr. Habicht, Ziaelas, in: RE X A 1 (1972), 389f. Bereits kurz nach seiner Thronbesteigung im Jahre 280 wurde Niko-medes I. von Antiochos I. angegriffen, s. Chr. Habicht, Zipoetes, in: RE XA (1972), 455. Zur gegenseitigen feindlichen Gesinnung, Diod. XII 82; XIX 60; Plut. Mor. 302f.; Ager (wie Anm. 43), 142. S. jedoch Xenoph. Hell. I 3, 1ff.; Plut. Alkib. 29, 6ff.; Diod. XIII 66. In der Zeit nach 280 gehörten Herakleia, Byzantion, Chalkedon, Kios und Tios zusammen mit Bithynien und Pontos zu der sog. "Nordischen Liga", Rostovtzeff (wie Anm. 3), 22; Magie (wie Anm. 8), 1193 Anm. 28f.; Danoff (wie Anm. 56), 1065; McShane (wie Anm. 4), 32f.; Will I (wie Anm. 3), 138f.; S.J. Saprykin, Gerakleja Pontijskaja i Chersones Tavričeskij, (Herakleia Pontike und der Taurische Chersonesos) Moskwa 1986, 124ff. 100 Pol. IV 49, 4. Vgl. 47, 7 und Walbank (wie Anm. 9), 502f.; Habicht (wie Anm. 98), 1088. 101 Der bithynische König Ziaelas (ca. 255/4-230/29) schreibt an die Koer polu% dh% ma5lista tw/n | patrikw/n fi6lwn diatelou/|men poluwrou/ntej kai& u"mw/n | dia% th%n pro%j to$m pate6ra u"mw/n | u"pa5rcousan pro$j to$n u"me6te|ron dh/mon gnw/sin kai& dia% to$ | to$m basile6a Ptolemai/on | oi3kei6wj diakei/svai ta% pro$j u"ma/j | o24nta h"me6teron fi6lon kai& su5m|macon, Syll.³ Nr. 456:22ff. = Welles (wie Anm. 11), Nr. 25:22ff.; Rostovtzeff (wie Anm. 3), 447f.; Habicht (wie Anm. 99), 389ff., bes. 393 (mit Literatur). 102 So McShane (wie Anm. 4), 97ff. 103 Habicht (wie Anm. 98), 1088 nimmt an, daß die Rhodier vielleicht auch mit Erobe-rungsgelüsten des Königs gerechnet haben, jedoch waren diese Ziele wenn überhaupt nur

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diese Befürchtungen des Königs erkannt, als es sich an ihn mit dem Vorschlag über die Zusammenarbeit wendete. Die Wahl der Rhodier war kein Zeichen eines besonderen Verhältnisses zu Bithynien, sondern vielmehr galt das gut bekannte Prinzip: "der Feind meines Feindes ist mein Freund". Es ist daraus möglicher-weise zu schließen, daß Rhodos zu diesem Schritt durch den Verzicht anderer kleinasiatischen Städte u.a. Kyzikos, Herakleia und wahrscheinlich auch Sinope gegen Byzantion aufzutreten veranlaßt wurde. Jedenfalls waren die Rhodier al-leine nicht imstande, einen wirksamen Kampf gegen Byzantion zu führen, und so war man dort bestrebt, den eigentlichen Krieg, der seinerseits nicht über die Dro-hungen hinausging, mit den bithynischen Händen zu führen, in der Hoffnung, daß man ihn zu jedem beliebigen Zeitpunkt stoppen könnte. Für Prusias ergab sich dagegen die Möglichkeit, ohne Rücksicht auf die öffentliche Meinung der Grie-chen zu achten, seine politischen Ziele zu verwirklichen und sich außerdem als Verfechter der"gerechten Sache" zu präsentieren. Vermutlich hat die rhodische Gesandtschaft mit ihm bestimmte strategische Punkte und nicht allein taktische Pläne der Kriegführung ausgehandelt.104 Die Aufgaben des Krieges wurden nach den Stärken beider Partner aufgeteilt: Rhodos führt einen Krieg zu See, während Prusias zu Lande angreifen soll.105 Ein bilateraler Vertrag wurde jedoch nicht geschlossen.

Die Byzantier haben bis dahin wohl nicht ernsthaft mit einer offenen Kon-frontation gerechnet. Mit der Nachricht über die rhodischen Feindseligkeiten und sicherlich vor allem nach der Bekanntmachung der rhodisch- bithynischen Alli-anz versuchten auch sie Alliierte zu finden.106 Diesmal wandten sie sich nicht mehr an einzelne griechische Städte. Nach dem Scheitern ihres ersten Hilfeersu-chens versuchten die Byzantier nicht nochmals Hilfe zu ergattern, denn sie waren

zweitrangig. Er kritisiert richtig die Meinung von Magie (wie Anm. 8),1196 Anm. 36 Prusias habe nach der Erdbebenkatastrophe 228/7 in Rhodos mit Hinblick auf diese Allianz gehandelt. Es ist kaum anzunehmen, daß die Byzantier noch vor dem Ausbruch des Krieges versuchten, Kontakte zu Achaios und Attalos aufzunehmen. Das Gegenteil behauptet aber Ager (wie Anm. 43), 142 mit Anm. 1. Zu Hilfeleistungen von Prusias I. und Mithridates II an Rhodos nach dem Erdbeben, s. jetzt K. Bringmann, H. von Steuben (Hg.), Schenkungen hellenistischer Herrscher an griechische Städte und Heiligtümer. Bd. 1, Berlin 1995, 246 Nr. 216, 217. 104 Vgl. Polyb. IV 49, 4, wo von einer Zustimmung (sugkatave6menoj) der Rhodier und der Aufteilung der Kriegsführungsaufgaben gesprochen wird. 105 Polyb. IV 45, 9-47, 7; 49, 1ff.; StV III, Nr. 514; Niese II (wie Anm. 9), 385f. Anm. 6; Magie (wie Anm. 8), 1196 Anm. 36. 106 Polyb. IV 48, 1ff.

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dabei auf offenen Unwillen, ihre Maßnahmen zu verstehen und gar zu unterstüt-zen, gestoßen.

Mit dem Eingreifen des Prusias ist die Gefahr für Byzantion erst akut gewor-den und man eilte nun gleich zu den mächtigen Nachbarherrschern, zu Attalos und Achaios mit der Bitte um Hilfe. Man hört nichts von einem derartigen Appell an Makedonien, bzw. Ägypten oder Syrien. Bei dem ersten waren seine eigenen geopolitischen Bestrebungen an den Meerengen traditionell und man befürchtete, damit ungewollt seinen noch größeren Appetit zu erwecken. Bereits seit den letzten Jahren des Ptolemaios Philadelphos verkehrte eine ägyptische Flotte im Pontos.107 Während der Keltenüberfälle von 280/79 zeigten die Ptolemäer eine große Sympathie gegenüber den Byzantiern. Sie stellten sich offen auf die Seite der Stadt, leisteten eine großzügige Unterstützung und beschenkten sie sogar mit den Landzuweisungen auf der asiatischen Seite, was den Anlaß zu dem Kult des Ptolemaios in Byzantion gab.108 Der Grund für dieses Entgegenkommen der Ägypter sieht man in ihrem Interesse am pontischen Handel.109 Nach den verheerenden Niederlagen in den Seeschlachten bei Kos und Andros war die Macht der Ägypter erschüttert, jedoch keinesfalls gebrochen; nach kurzer Zeit wurde die ptolemäische Prädominanz in der Ägäis wiederherge-stellt.110 Infolge des 3. Syrischen Krieges entstanden die ptolemäischen Besitztü-

107 Vgl. Habicht (wie Anm. 3), 119 (mit Belegen); Reger (wie Anm. 3), 183. 108 Zur ptolemäischen Unterstützung, s. Dion. v. Byzanz, GGM II 34 = R. Günderich, 1927. 41 p. 17, 11ff.; Bringmann, von Steuben (wie Anm. 103), 271 Nr. 239. Zur Datie-rung W. Otto, Zu den Syrischen Kriegen des Ptolemaios, in: Philologus 86 (1931), 409, mit der Datierung auf 275/74, was nach Habicht (wie Anm. 98), 1089 wahrscheinlich zu spät ist; und so schon Meyer (wie Anm. 36), 136 Anm. 1. Vgl. den von Apollon v. Aph-rod. erwähnten Kampf gegen die Galater, in: FGH IV 312 p. 13 = Steph. Byz. @/Agkura. Nicht allein Byzantion bekommt ptolemäische Hilfe in dieser Zeit. Zahlreich waren die Getreideschenkungen, welche außer für Byzantion namentlich für Sinope und Herakleia Pontike überliefert sind, s. Memn. FGrH 434 F. 17; Habicht, Ebd., 117 mit Anm. 9, 119; Bringmann, von Steuben (wie Anm. 103), 278f. Nr. 243, 244. Habicht vergleicht eine fast identische Landzuweisung an Milet zu gleicher Zeit, s. Welles (wie Anm. 11), 139:27ff.; Magie (wie Anm. 8), 883 Anm. 81, und betont, daß die Ptolemäer in beiden Fällen auf die Gewinnung der Sympatien dieser griechischen Poleis im Kampf gegen das Seleukiden-reich gezielt haben. Vgl. aber Beyer-Rotthoff (wie Anm. 8), 82f. In der Mitte des 3. Jh. wurde das byzantische Land in Asien von der bithynischen Bevölkerung, welche in einer Art Helotenverhältnis stand, bearbeitet, Phylarch, FGrHist 81 F 8; Nevskaja (wie Anm. 12), 46. 109 Nevskaja (wie Anm. 12), 155. 110 Zu den Seeschlachten bei Kos und Andros, s. Will I (wie Anm. 3), 237f.; Buraselis (wie Anm. 6) 108f., 113f., 119-141, 144f., 147-151, 161-164, 167ff., 173-176, 178;

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mer am Hellespont und in Thrakien.111 Dadurch sind die Ptolemäer zu den Nach-barn der Byzantier geworden. Der Versuch des Antiochos Hierax, diese Stütz-punkte wiederzugewinnen, schlug fehl. Zum Zeitpunkt der Thronbesteigung durch Antiochos III. gab es keine Spur von seleukidischen Besitztümern in Thra-kien; und Achaios war viel zu beschäftigt, um dort eingreifen zu können.112 Be-reits Ende des 4. Anfang des 3. Jh. wurden reguläre Handelsbeziehungen Ägyp-tens mit dem pontischen Raum angeknüpft, wobei sie sich vor allem auf die Re-gion von Olbia richteten.113 Gerade die Basen an den Meerengen boten eine güns-tige Gelegenheit dafür.114 Politisch verzichtete Ägypten in dieser Zeit auf die globalen Ziele, begnügte sich vielmehr mit dem bereits Erreichten und machte die Unterstützung der Mittelmächte in Griechenland und Kleinasien gegen seine traditionellen Feinde Syrien und Makedonien zu Grundzügen seiner Politik.115 Im

Walbank (wie Anm. 6), 220ff. C. Reger, The political History of the Kyklades 260-200 B.C., in: Historia XLIII (1994), 33, 46f., 111 Polyb. V 34, 8; XVIII 51, 3ff.; Liv. XXXI 16, 3ff.; 17, 1ff.; 18, 6ff.; Theokr. Idyll., XVII 86ff.; IG XII 8, Nr. 156; OGIS Nr. 54:18; Nr. 88; Syll.³ Nr. 502; W. Huss, Unter-suchungen zur Außenpolitik Ptolemaios’ IV, München 1976, 210ff.; R.S. Bagnall, The Administration of the Ptolemaic Possessions outside Egypt, Leiden 1976, 159ff.; Beyer-Rotthoff (wie Anm. 8), 47f., 215, 222ff.; G. Höbl, Geschichte des Ptolemäerreiches, Darmstadt 1994, 30, 50, 60, 67, 272. 112 Schmitt (wie Anm. 9), 44. 113 Vgl. dazu Rostovtzeff (wie Anm. 6), 579f.; Ders. (wie Anm. 3), 465; I.G. Schurgaja, Import Aleksandrii v Severnom Pričernomorje (Der Import aus Alexandreia im nördli-chen Schwarzmeerraum), in: VDI 4 (1965), 138f. Nach seiner Meinung hätten die Ptole-mäer Rohstoffe, wie den Fisch, aus der Region ausgeführt und als Gegenleistung Texti-lien, Glas, Kunstkeramik und exotische Ware exportiert. Zu den lokalen Imitationen der Hadra-Vasen aus der Gegend, s. K. Parlasca, Das Verhältnis der megarischen Becher zum alexandrinischen Kunsthandwerk, in: JDAI 70 (1955), 148f. Bereits Ptolemaios I. bemüh-te sich um eine bevorzugte Behandlung der milesischen und seiner eigenen Schiffe an den Meerengen, Welles (wie Anm. 11), S. 75 Anm. 8; Habicht (wie Anm. 3), 117f. 114 Schurgaja (wie Anm. 113), 140. Diese Kontakte hätte man wohl auch im 2.-1. Jh. nicht völlig unterbrochen, jedoch würden sie nun durch die Vermittlung von Rhodos abgewi-ckelt. Nach 278 fehlt von jeder ptolemäischen politischen Aktivität im pontischen Raum jegliche Spur. Habicht (wie Anm. 3), 117, 119 meint, der Frieden mit Antiochos I. habe dafür beigetragen. 115 Schmitt (wie Anm. 4), 80. Abweichend Beyer-Rotthoff (wie Anm. 8), 157ff., 182ff. Der Abfall des Achaios war ein Erfolg der ptolemäischen Diplomatie; und sie war offen-sichtlich nicht bereit, wegen eines lokalen Konfliktes am Bosporos die Beziehungen zu ihrem Günstling und dem wichtigsten Mann im Kampf gegen den Erzfeind - die Seleuki-den - zu verschlechtern, s. Polyb. IV 42, 7; Niese II (wie Anm. 9), 371, 386 Anm. 2; E.V.

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Jahre 220 waren Ägypten und Syrien mit ihren eigenen Problemen sowie mit den gegenseitigen Rüstungen beschäftigt und kaum an dem Geschehen am Bosporos interessiert. Außerdem wollten die Byzantier möglicherweise die Konkurrenten, welche ihre eigenen traditionellen Interessen in der Region hatten, nicht in den Konflikt einbeziehen. Nur die „zweitrangigen“ Machthaber wurden in die nähere Wahl gezogen: Achaios und Attalos von Pergamon.116 Sie waren nicht so weit entfernt. Byzantion hatte erst vor kurzem den Krieg zwischen den beiden beige-legt und konnte deshalb auf eine Gegenleistung hoffen. Achaios hat sich als er-folgreicher Feldherr im Krieg gegen Pergamon verdient gemacht, als er binnen weniger Monate das seit dem „Krieg der Brüder“ verlorene seleukidische Klein-asien wieder eroberte und Pergamon auf die nähere Umgebung der Stadt selbst zurückdrängte.117 Diese Erfolge und das mindere Alter des neuen seleukidischen Königs Antiochos III. trugen dazu bei, daß er sich von dem Reich abspaltete und 220 einen Königstitel angenommen hat.118 Der Appell der Byzantier kam zur günstigen Stunde119 und bedeutete eine Anerkennung seiner Position. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß seine Hilfe zugesagt wurde. Vor allem dieses Ver-sprechen brachte den Byzantiern große Hoffnung.120 Mit dem Einbeziehen des Achaios wurde der kritischste Punkt in der bisherigen Entfaltung des Krieges erreicht. Es konnte nur eine weitere Eskalation, einen Koalitionskrieg bedeuten, was auch Achaois gut verstand.

Auch Attalos war bereit zu helfen. Zwar berichtet Polybios, er wäre "ziemlich machtlos, weil Achaios ihn auf sein Stammland zurückgedrängt hatte".121 Jedoch kann dies nicht ganz stimmen, denn sonst hätten die Byzantier nicht mit seiner Hilfe gerechnet und außerdem hätten sie nicht gleichzeitig Achaios um Hilfe

Hansen, The Attalids of Pergamon, Ithaca - New York 1947, 40; Schmitt, Ebd., 166; Huss (wie Anm. 111), 95. 116 Polyb. IV 49, 2; 49, 2; McShane (wie Anm. 4), 65; Hansen (wie Anm. 115), 38ff.; Ager (wie Anm. 43), 139f. Nr. 49 117 Polyb. IV 48, 1; V 77, 2ff.; Huss (wie Anm. 111),95. 118 Polyb. IV 48, 12 mit dem Kommentar von Walbank (wie Anm. 9), 502. Zu den Mün-zen des Achaios, E. Babelon, Les Rois de Syrie, d’Armenie et de Commagène, Paris 1890, LXXXVIIf., 60f.; Head (wie Anm. 25), 762. 119 In die Periode kurz nach seinem Abfall datiert den Appell der Byzantier auch Schmitt (wie Anm. 9), 166. 120 Zum Grund, s. Polyb. IV 48, 12: kai& dia5dhma perive6menoj kai& basile6a prosagoreu5saj au"to$n baru5tatoj h)n to4te kai& foberw5tatoj tw/n e3pi& ta5de tou/ Tau5rou basile6wn kai& dunastw/n. 121 Polyb. IV 48, 1f.

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gebeten, wenn sich die beiden im Krieg befunden hätten.122 Um so mehr war die Bitte der Byzantier für den pergamenischen König willkommen, da er damit weiterhin als einer der führenden kleinasiatischen Herrscher anerkannt und mit Achaios gleichgestellt wurde. Man hatte außerdem sicher die Rolle der Stadt bei der Schlichtung des Konfliktes mit Achaios, sowie die kultischen Beziehungen zu den Attaliden im Auge.123 Über eigene Interessen Pergamons an dem Konflikt kann man nicht sprechen. Seit dem Ende des 3. Jh. sind rege Beziehungen zwi-schen Pergamon und dem nördlichen Schwarzmeerraum dokumentiert.124 Aller-dings sind sie lediglich anhand von archäologisch fixierbaren Waren zu verfol-gen, was nichts über ihre Natur aussagt, und es ist nicht auszuschließen, daß sie durch die Rhodier in die Region gelangten. Auf der politischen Ebene sind die Züge einer antirhodischen Politik Pergamons in dieser Zeit ebenfalls nicht zu erkennen.125 Sowohl bei den byzantischen Bemühungen bei Achaios als auch im Falle mit Pergamon bedeuten sie keinesfalls ein Bündnisverhältnis.126

* * * *

Die Chronologie des Krieges ist recht verwirrend. Wie bereits oben vorweg be-merkt wurde, stehen drei Ereignisse aus der rhodischen Geschichte in chronolo-gischer Abfolge zueinander: der Krieg gegen Byzantion, die Hilfe für Sinope und schließlich der Lyttische Krieg.127 Niese reihte zuerst den Krieg mit Byzantion

122 Schmitt (wie Anm. 9), 262 Anm. 2. Er meint, daß die Byzantier vor allem gegen die Kelten von Achaios eine tatkräftige Unterstützung erwartet haben, Ebd., 44, 166. Aber es sind keine Kriegshandlungen gegen sie belegt. Von einer Art "Burgfrieden" spricht auch Huss (wie Anm. 111), 9. Anders Hansen (wie Anm. 115), 40 zugestimmt von Habicht (wie Anm. 98), 1088. Dagegen jedoch McShane (wie Anm. 4), 65 und Ager (wie Anm. 43), 140, 142f. zu Nr. 51. 123 Das kann man aus den Vorwürfen des Prusias schließen, Polyb. IV 49, 2f. 124 V.A. Gorončarovski, Ellinističeskij Pergam i Sewernoje Pričernomorje (Das hellenisti-sche Pergamon und der nördliche Schwarzmeerraum), These. Leningrad 1984, 8ff. 125 Zur Gegenmeinung, s. Hansen (wie Anm. 115), 40f.; McShane (wie Anm. 4), 95f. Auf der anderen Seite ist eine Menge rhodischer Amphorenstempel aus Pergamon, der sog. "Pergamonkomplex", bekannt, was evident für die regen Handelsbeziehungen spricht, s. C. Schuchhardt, Amphorenstempel, in: AvP VIII 2 (1895), 423ff.; Chr. Börker, J. Burow, Die hellenistischen Amphorenstempel aus Pergamon (PF 11), Berlin 1998, 3-69. Vgl. Hiller v. Gaertringen (wie Anm. 9), 835ff. 126 Das betont gegen Walbank (wie Anm. 9), 601 mit Recht Schmitt (wie Anm. 9), 44. 127 Zur Belagerung Sinopes durch den pontischen König Mithridates II., Polyb. IV 56, 2f. Zum Lyttischen Krieg, s. Pol. IV 53-56; Walbank (wie Anm. 9), 508ff; Huss (wie Anm. 111), 143ff.; P. Brulé, La piraterie crétoise hellénistique, Paris 1978, 33; Chaniotis (wie Anm. 10), 36ff.; Wiemer, Krieg (wie Anm. 1), 143ff.

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und erst danach die Belagerung von Sinope und den Lyttischen Krieg aneinan-der.128 Anders Berthold, der die Begebenheiten um Sinope vor dem Krieg um Byzantion im Sommer des gleichen Jahres plazierte.129 Geht man jedoch von der Reihenfolge des Polybios aus, so ist der Einordnung von Niese zuzustimmen.130 Der Zeitpunkt des Ausbruches des Krieges mit Byzantion ist weitgehend von H.H. Schmitt geklärt worden und ergibt folgende Anhaltspunkte: Achaios unter-stützt Antiochos III. in seinem Unternehmen im Osten, bricht jedoch seinen Feld-zug ab und kehrt zwischen März und Oktober 220 aus Pisidien nach Sardeis zurück, wo er sich zum König evozieren läßt.131 Kurz nach diesem Intermezzo erfolgt der Appell der Byzantier. Es kommt zu einer Intervention der Rhodier und dem dadurch bewirkten Rückzug des Achaios aus dem Konflikt. Erst dann greifen die Rhodier auf Kreta ein.132 Alle diese Geschehnisse sollen noch vor dem Einbruch des Winters 220/19 stattgefunden haben, weshalb der Abfall des Achaios nicht erst im Herbst 220 sondern bereits im Frühsommer dieses Jahres gleichzeitig mit dem Feldzug Antiochos III. nach Atropatene zu datieren ist.133

Trotz der Versprechungen kam es zu keinem direkten Eingriff weder von A-chaios noch von Attalos. Möglicherweise haben auch die Byzantier nicht wirklich damit gerechnet, sondern hofften, durch diese zumindest moralische Unterstüt-zung, Prusias von seiner Aggression abhalten zu können. Als ihr Gebiet aber doch von dem letzteren mit Krieg überzogen wurde, führten sie den Kampf mutig und fest entschlossen, wohl im Hinblick auf die von Achaios versprochene Hil-fe.134 Denn sonst hatte man dort sicher nicht ein Moment ernsthaft geglaubt, ohne jegliche Hilfe von außen mit Prusias allein fertig zu werden, oder zumindest solange zu kämpfen, bis eine günstige Entscheidung erreicht wird.

Prusias hatte inzwischen erhebliche Erfolge erzielt. Er eroberte Hieron und andere befestigte Plätze auf der asiatischen Seite.135 Ferner wurden die übrige Peraia von Byzantion besetzt und damit sämtliche Besitztümer in Asien er- 128 Niese II (wie Anm. 9), 387. 129 Berthold (wie Anm. 2), 93f. 130 Polyb. IV IV 37, 8; 38-44; 45- 53. 1 (Byzantion); 53, 2ff. (Kreta) und 56, 1 peri& de& tou%j kairou%j tou5touj kai& Mivrida5thj e3xh5negke Sinwpeu/si po4lemon, parallel zu dem Bundesgenossenkrieg in Griechenland (IV 57, 1). 131 Schmitt (wie Anm. 9), 114ff. 132 Polyb. IV 53, 1-2. 133 So gegen Walbank (wie Anm. 9), 502 Schmitt (wie Anm. 9), 114ff. Vgl. bereits Niese II (wie Anm. 9), 383. 134 Habicht (wie Anm. 98), 1088. 135 Polyb. IV 50, 2ff.; 52, 8; Dion. Byz. 92. Auf seiner Seite haben die mit ihm verbünde-ten Galater gekämpft, s. Strobel (wie Anm. 20), 235.

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obert.136 Hieron war seit alters her ein Zankapfel in den Beziehungen zwischen Byzantion und Kalchedon. Dem letzteren gehörte es nach dem Erbrecht, aber mit dem Absinken seiner Macht wurde es byzantisch.137 Gerade der Besitz dieses Stützpunkts erlaubte den Byzantiern problemlos ihre Blockade anzugehen.138 Sein Fall hat den Schwachpunkt des ganzen Plans mit den Sanktionen, die nicht auf eine Kriegführung vorbereitet waren, gezeigt. Von nun an war keine weitere konsequente Durchführung irgendwelcher byzantischen Maßnahmen am Bospo-ros mehr möglich.

Im Unterschied zu Prusias begnügten sich die Rhodier mit einer passiven Kriegführung. Bei ihren Handlungen in der Propontis ist nicht zu übersehen, daß sie wohl von Anfang an von direkten Kriegshandlungen abgesehen haben. Das unter dem Befehl des Xenophantos für Operationen gegen Byzantion zusammen-gezogene Geschwader war recht klein und zählte nur 10 Schiffe, von denen 6

136 Polyb. IV 50, 2ff., 52, 6ff. Zu den asiatischen Besitztümern von Byzantion, Strab. XII 8, 11 (576); Niese II (wie Anm. 9), 384; Merle (wie Anm. 60), 50 mit Anm. 5; Meyer (wie Anm. 36), 108, 113; Habicht (wie Anm. 98), 1089; Gabelko (1996), 121ff.; Strobel (wie Anm. 20), 193 und Anm. 151. Th. Korsten, Die Inschriften von Apameia (Bithy-nien). IK 32, Bonn 1987, S. 48 setzt die von Prusias eroberten byzantischen Gebiete mit der Region von Triglia an der Südküste der Propontis gleich, was von Gabelko (1997), 31 Anm. 8 wegen der Entfernung vom Kriegsschauplatz bestritten wird. Korrekturen s. Th. Korsten, Neue Denkmäler aus Bithynien, in: EA 17 (1991), 79ff. Nr. 1 (= SEG XLI Nr. 1102) 137 Dieses Phrurion wurde von Seleukos II. erobert und erst kurz vor dem Ausbruch des Krieges mit Rhodos durch die Byzantier von einem seiner Strategen für viel Geld gekauft. Steph. Byz. 92. Vgl. Dion. Byz. Anapl. Bosp. 92 p. 29f. (Günderich); Polyb. IV 50, 3; Walbank (wie Anm. 9), 504; Gabelko (1997a), 36. Zu Hieron, s. Arr. PPE I 402f. § 1, 11f., 25, 90ff.; Pind. Pyth. IV 203ff.; Apoll. Rhod. II 531-3; Herod. IV 87, 2; Polyb. IV 39, 6; 43f.; 50, 2; Pomp. Mela I 101; Diodys. v. Byzanz 92; I.Kalchedon, S. 98, 133. Vgl. Meyer (wie Anm. 36), 108; Nevskaja (wie Anm. 12), 154. Zu Strabons Zeiten ist Hieron wieder kalchedonisch, s. Strab. XII 4, 2 (563); Strobel (wie Anm. 20), 235 Anm. 363. 138 Polyb. IV 50, 3 betont die strategisch wichtige Lage von Hieron, da die Byzantier dadurch die Kontrolle über die in den Pontos ziehenden Kaufleute, sowie die Sklaven noch ta%j e3x au2th/j th/j vala5tthj e3rgasi6aj bekommen haben. Die beiden letzten Be-völkerungsgruppen sind sehr obskur. Jedoch meint hier Polybios sicher nicht die eigentli-chen Sklaven, sondern die in Asien lebende abhängige Bevölkerung, sowie das Fischmo-nopol des byzantischen Staates. Zu den bithynischen Laoi von Byzantion, s. Phylarch FGrHist 81 F 8; Polyb. IV 52, 7; D. Lotze, Metaxu% e3leuve6rwn kai& dou5lwn, Berlin 1959, 57f.

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rhodisch, die restlichen para% tw/n summa5cwn waren.139 Die Zahl der von den Bundesgenossen geschickten Schiffe ist mehr symbolisch und konnte kaum mehr als etwa ein Schiff pro Bundesgenosse betragen haben. War diese Maßnahme auf Dauer gerichtet oder war es lediglich eine Demarche, eine Demonstration der Stärke und Gesinnung der ägäischen Staaten? Etwa zur gleichen Zeit führten die Rhodier die Seeoperationen in der Ägäis gegen Demetrios von Phaleron und seine illyrischen Piraten.140 Außerdem sollten die Schiffsverbände zur Überwa-chung der eigenen Küstengewässer, der kleinasiatischen Peraia, sowie zur Eskor-te der Korntransporter aus Ägypten zurückgelassen werden.141 Also ist nicht auszuschließen, daß Rhodos auch nicht in der Lage war, mehr Schiffe gegen Byzantion zu schicken. Man wollte damit wohl einen zu großen Aufwand sowie wahrscheinlich eine übertriebene Machtdemonstration vermeiden, um Achaios und vielleicht auch Makedonien nicht zu sehr zu provozieren.142 Außerdem ließ man den Byzantiern weiterhin die Möglichkeit, die Verhandlungen aufzunehmen. Deshalb verzichteten die Rhodier auch bei den vorhandenen Kräften auf jegliche Angriffe auf das feindliche Territorium und begnügten sich lediglich mit einer symbolischen Blockade des Bosporos. Die offizielle Aufgabe des Geschwaders war sicher nicht, einen möglichen Kontakt zu Achaios oder Eumenes zu unter-brechen, sondern die in den Pontos segelnden Schiffe zu kapern. Hiermit zog man ökonomische Sanktionen gegen Byzanz den politischen vor und versuchte

139 Polyb. IV 50, 5. Die Gesamtstärke der rhodischen Flotte in dieser Zeit bleibt weitge-hend unbekannt. Im Jahre 190 zählte diese maximal 36 Schiffe, s. Berthold (wie Anm. 2), App. 2. Vgl. K. Lehmann-Hartleben, Die antiken Hafenanlagen des Mittelmeeres, Leipzig 1923, 146; Beloch IV 1 (1925), 290; Starr (wie Anm. 89), 54; Beyer-Rothoff (wie Anm. 8), 235; Gabrielson (wie Anm. 2), 85ff. Es war sehr kostspielig, da der Unterhalt einer einzigen Trireme 10.000 Drachmen im Monat verlangte, Syll.³ Nr. 581. Zu Xenophantos, Walbank (wie Anm. 9), 505. 140 Polyb. IV 16, 6-8; 19, 8; Gabrielson (wie Anm. 2), 44. Gabelko (1997), 28 schließt nicht aus, daß die Aktion des Demetrios von Makedonien organisiert wurde. Hiller v. Gaertringen (wie Anm. 9), 758 plaziert in diese Zeit die Erneuerung des Vertrages zwi-schen Rhodos und Ios, IG XII 5, 8 = 1009. 141 Die Ereignisse in der Nähe der rhodischen Grenzen im Zusammenhang mit der perga-menischen Intervention gegen das Seleukidenreich, der Gegenschlag des Achaios, die karische Expedition des Antigonos Doson, sowie die Aktivitäten des Olympichos verlang-ten sicherlich nach einer militärischen Absicherung des Gebietes und zogen einen erheb-lichen Teil rhodischer Streitkräfte an sich. 142 In Rhodos wird die glückliche Rückkehr des Geschwaders zelebriert und Xenophanes mit einer Statue geehrt, IG XII 1, Nr. 40 mit der Identifizierung von F. Hiller v. Gaertrin-gen, Historische griechische Epigramme, Bonn 1926, 43 Nr. 101 und Ders. (wie Anm. 9), 786; Wiemer, Rhodische (wie Anm.1), 42 mit Anm. 65.

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auf diesem Wege und ohne Gewaltanwendung den Willen der Byzantier zu bre-chen. Die Veranlassung dazu konnte außer den Bedenken allgemeiner Art, die mit den Militäraktionen gegen Byzantion zusammenhingen, die Tatsache geben, daß die rhodischen Sanktionen keine allgemeine Zustimmung wohl vor allem in den pontischen Staaten gefunden zu haben scheinen.143 Gerade gegen diese den Boykott unterlaufenden Schiffe sollte das rhodische Geschwader vorgehen. Es sind sicherlich Mindestmaßnahmen, welche nicht zu einer sofortigen Kapitulation der Gegenseite führen, sondern sich erst allmählich als effizient zeigen sollten. Parallel versuchte man die Byzantier erneut offen zu Verhandlungen zu zwingen, nachdem sie von den Bithyniern die Folgen des Krieges zu spüren bekommen haben. Während das rhodische Geschwader bei Sestos ankerte, wollte sein An-führer mit einem einzigen Schiff die Byzantier auf die Probe stellen (kate-pei6raze), ob sie von dem Krieg erschrocken vielleicht schon ihre Meinung ge-ändert haben.144 Diese Tat fand jedoch keine Zustimmung bei der Gegenseite und hatte lediglich zur Folge, daß das Geschwader überraschend sämtliche Handlun-gen in der Region einstellte und nach Rhodos zurückkehrte. Wie ist eine solche Kurzfristigkeit rhodischer Handlungen zu erklären und warum haben die Rhodier gleich nach dem Mißlingen der Verhandlungen ihre Blockade aufgehoben? Die Vorgehensweise der rhodischen Flotte erweckte den Eindruck, daß die ganzen Aktionen einem einzigen Ziel dienten, nämlich die Byzantier zu einem Nachge-ben zu bewegen, ohne den richtigen Krieg begonnen zu haben. Nun wollte man sich von Prusias und den Schrecken des Krieges distanzieren und außerdem scheint das wirtschaftliche Embargo, nach der Eroberung Hierons durch den bithynischen König, erst recht wirksam geworden zu sein.145 Die Byzantier zeig-ten keine Aktivitäten zu See und die ephemere Anwesenheit rhodischer Kaper-schiffe wurde nun überflüssig.

Die Hauptsorge der Byzantier war aber Prusias, den sie mit Recht als Haupt-gegner betrachteten. Die Befürchtung der Gegenpartei bestand dagegen darin, daß die Byzantier von Achaios unterstützt werden könnten.146 Jedoch reichte nur

143 Polyb. IV 46, 6; Nevskaja (wie Anm. 12), 153 Anm. 2. 144 Polyb. IV 50, 5ff. 145 Allerdings ist zu überlegen, ob die Seereise von Rhodos bis Byzantion (445 Seemei-len) bei normalen Wetterbedingungen 5 Tage und bei ungünstigem Wind sogar das dop-pelte dauerte, s. L. Casson, Ships and Seamanships in the Ancient World, Princeton 1971, 288f. mit Tabl. 4f.; Gabrielson (wie Anm. 2), 71, so daß die Rhodier kaum von Rhodos aus eine wirksame Blockade des Bosporos ausüben konnten. 146 Daß die Gefahr eines Angriffs von Achaios praktisch bis zuletzt bestand, beweist das von Rhodiern am alexandrinischen Hof geführte diplomatische Spiel mit der Befreiung

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eine moralische Unterstützung nicht aus; und so wandten sich die durch die Über-fälle der Bithyner bedrängten Byzantier an den bithynischen Thronpretendenten, den im thrakischen Exil weilenden Onkel des Prusias Zipoetes.147 Bei ihm konnte Byzantion auf seine früheren Verdienste verweisen, als die Stadt u.a. zu seinem Vormund von Prusias I. bestellt wurde.148 Offensichtlich haben sich die Byzantier bemühte bis zuletzt diesen Trumpf beizubehalten. Vielleicht wollte man sich nicht in die inneren Zwistigkeiten im bithynischen Königshaus einmischen und betrachtete den Krieg nur als einen vorübergehenden Zustand. Nun ist dieser Schritt zur ultima ratio geworden; und ohne einen anderen Weg gesehen zu ha-ben, Prusias erfolgreich zu bekämpfen, fing man an, einen Bürgerkrieg in Bithy-nien anzuzetteln. Hiermit versuchten die Byzantier möglichst schnell ihren ge-fährlichsten Gegner, den eigentlichen Kriegführenden, zu neutralisieren.149 Nicht zu bezweifeln ist, daß sie dem Zipoetes ihren Beistand in dem dynastischen Kampf versprochen und ihn erst dazu ermuntert haben, gegen Prusias zu interve-nieren. Eine solche Verkomplizierung der Lage bedeutete eine weitere Eskalation des Konfliktes und Prusias hatte allen Grund dazu, seine Positionen in Bithynien als ernsthaft bedroht anzusehen.150 Er versuchte deshalb mit allen Mitteln die Landung seines Rivalen in Kleinasien zu erschweren. Hieron wurde zerstört und sogar das ganze Baumaterial von dort abgetragen.151 Parallel starteten die Rho-dier eine diplomatische Aktion mit dem sich in der ptolemäischen Gefangen-schaft befindlichen Andromachos, dem Vater des Achaios.152 Bis dahin hatte der

des sich dort in Gefangenschaft befindenden Vater des Achaios, s. weiter unten. Auch Polyb. IV 50, 1; 51, 1 und 8 nennt als Grund für die byzantische u"pomonh5 im Krieg vor allem die Hoffnung auf die Hilfe des Achaios. 147 Polyb. IV 50, 1ff.; 8f.; Holleaux III (wie Anm. 13), 132 Anm. 2; Walbank (wie Anm. 9), 504. Zu ihm Habicht (wie Anm. 99), 459f.: ein Sohn des Nikomedes I. aus zweiter Ehe und Stiefbruder von Prusias’ Vater Ziaëlas. Vgl. Magie (wie Anm. 8), 1196 Anm. 36. Zu seinem Anspruch auf den bithynischen Thron, s. Polyb. IV 50, 9; Habicht (wie Anm. 98), 1089. 148 FGrHist 434 F. 14, 1 mit der Deutung von Habicht (wie Anm. 99), 460. Vgl. Ders., Prusias I., in: RE XXIII 1 (1957), 1086ff. 149 Den unmittelbaren Anlaß dazu gaben die bithynischen Angriffe in Asien, s. Polyb. IV 52, 8. 150 Allerdings gibt es keine Nachricht über die Tumulte in Bithynien im Zusammenhang mit der Aktion des Zipoetes, s. Gabelko (1995), 169. 151 Pol. IV 52, 8; Nevskaja (wie Anm. 12), 155. 152 Polyb. IV 50, 10-51.6; Schmitt (wie Anm. 9), 166. Ager (wie Anm. 2), 14 bezeichnet dieses Engagement der Rhodier richtig als "intercession". Gerade der letzte Umstand gab Anlaß für die Vorstellung, daß damals noch keine engeren Beziehungen zwischen Ägyp-ten und Achaios existierten. Es kann aber auch eine "Ehrengefangenschaft" bedeutet

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seleukidische Usurpator keine Schritte zur Unterstützung von Byzantion unter-nommen. Mit dem Einbeziehen des bithynischen Thronprätendenten in den Kon-flikt ist die neue Gefahr entstanden, daß Achaios den nun beginnenden Bürger-krieg in Bithynien wahrscheinlich zu seinem Vorteil ausnützen würde. Erst jetzt ist die Gefahr seines Angriffes auf der Seite der Byzantier richtig akut geworden. Diese Möglichkeit versuchten die Rhodier zu vereiteln. Nach einer meisterhaft veranstalteten Handlung und einem kurzen ptolemäischen Zögern wurde Andro-machos den Rhodiern wegen "besonderer Zuneigung"153 überlassen. Was dies zu bedeuten hatte, ist nicht schwer zu erraten. Einerseits versuchte Alexandreia damit den Bitten ihrer alten Freunde entgegenzukommen, andererseits demonst-rierte es seinen guten Willen gegenüber Achaios. Die Rhodier begnügten sich nicht allein mit der Übergabe des Andromachos an Achaios. Ihre Sympathien gingen so weit, daß sie dem letzteren noch zusätzlich andere Ehren erwiesen.154 Die Art dieser Handlungen ist zwar nicht überliefert, jedoch gehörten sie sicher-lich zu den üblichen, einem Monarchen gebührenden Auszeichnungen, womit auch Rhodier offiziell ihre Anerkennung des seleukidischen Usurpators ausspra-chen. Mit dieser Tat wurde er ausgeschaltet und die Zeit, wo man ständig auf seine Haltung Rücksicht nehmen mußte, überwunden. Für Achaios war diese Lösung ebenfalls willkommener als eine Konfrontation mit Rhodos und das Risi-ko, in einen größeren Krieg einbezogen zu werden. Seine Nachgiebigkeit wurde durch den unerwarteten Tod des Zipoetes auf dem Weg aus Makedonien, bevor es zu den Kämpfen mit Prusias kam, beschleunigt.155 haben und ein Versuch seitens der Ptolemäer, eine wichtige Figur in dem diplomatischen Schachspiel zu behalten. Schmitt, Ebd., 167. McShane (wie Anm. 4), 95 vermutete, Andromachos wäre ein Gefangener des Attalos gewesen, der ihn nach Alexandreia schickte, weshalb die Auslieferung des Mannes an Rhodos als ein feindlicher Akt gegen-über Pergamons angesehen wurde. So bereits Beloch IV 1 (1925), 628 Anm. 3. Vgl. Will I (wie Anm. 3), 313. Huss (wie Anm. 111), 192f. bringt aufgrund von P.Haun. 6 die Gefangennahme in Zusammenhang mit der Expedition des Magas 223/2. 153 kai& pa5nta speu5dwn cari6zesvai. Hiller v. Gaertringen (wie Anm. 9), 786 bezieht darauf die Statue des ägyptischen Königspaar auf Rhodos, M.L. Strack, Die Dynastie der Ptolemäer, Berlin 1897, 238 Nr. 64 = IG XII 1, Nr. 64. Diese Stelle des Polybius geht allerdings auf eine rhodische Quelle zurück, Wiemer, Rhodische (wie Anm.1), 42. 154 Ebd., 6: prosepimetrh5santej toi/j peri& to$n 2Acaio$n tima5j tinaj . 155 Polyb. IV 51, 7; 52, 8. Daß Zipoetes ein Heer mitgeführt hatte, liegt auf der Hand. Habicht (wie Anm. 99), 460 nimmt mit Recht an, daß die Wahl Makedoniens als Exilland für Zipoetes durch das gute Verhältnis zu den Antigoniden seit frühestens der testamenta-risch von Nikomedes I. festgelegten Vormundschaft des Gonatos über die Söhne aus seiner zweiten Ehe zurückzuführen ist. Vgl. FGrHist 434 F 14. Und wenn Zipoetes im Jahre 220 von Makedonien mit einem Heer ausbricht, so konnte es nicht ohne Duldung

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Durch diese diplomatischen Erfolge der feindlichen Seite wurden die Chan-cen der Byzantier noch geringer, während Prusias seine Angriffe auf ihr Territo-rium weiter intensivierte. Nach Polybios war Byzantion insbesondere von der Landseite schwach befestigt und blieb jedem Angriff des Feindes offen.156 Gera-de dort griff der bithynische König an, und umzingelte die Stadt mit Hilfe der in seinen Sold aufgenommenen (misvwsa5menoj) Thrakern.157 Mit dieser vollstän-diger Blockade konnte er auch ohne rhodische Flotte, jeden Versuch den Bospo-ros zu passieren, verhindern. Damit war Prusias offensichtlich zu weit gegangen, da er nun eine Bedrohung auch für die Kelten darstellte. Das beweist eindeutig die Ausrichtung der diplomatischen Tätigkeit des keltischen Fürsten, der zuerst zwischen Byzantion und Prusias zu vermitteln begann.158 Andererseits handelte es sich damit um die eigentlichen Kriegsteilnehmer und es ging diesmal um die Existenz von Byzantion.

Mit dem Tod des Zipoetes wurden die Byzantier sich allein überlassen. Die Hilfe der Pergamener und des Achaios blieb trotz ihrer Demagogie aus; die tradi-tionellen griechischen Bundesgenossen nahmen eher die Position der Nichteinmi-schung an, während die Thraker und Prusias die Stadt eingeschlossen und von der Außenwelt abgeschnitten haben. Deshalb war das Erscheinen des keltischen Fürsten Kauaros, der letztlich den Grund für den Krieg gab, in der Stadt sehr willkommen.159 Es ist möglich, daß ihn die Byzantier darum gebeten haben.160 Allerdings lag es zweifelsohne auch in seinem Interesse eine Internationalisie-

wenn nicht ohne direkte Unterstützung Philipp V. geschehen, s. Walbank (wie Anm. 9), 504; Habicht, Ebd. Zu den Feindseligkeiten zwischen Makedonien und Bithynien, s. McShane (wie Anm. 4), 97ff. 156 Polyb. IV 38; Walbank (wie Anm. 9), 498ff. Daher waren die Mauern von Byzantion sehr stark; nur Messene konnte mit ihnen konkurrieren, Hes. Mil. VI 13; Paus. IV 31, 5; H. Schönebeck, Die griechische Stadtmauer von Byzanz, in: JDAI LI (1936), 37ff. 157 Polyb. IV 51, 8 dazu M. Launey, Recherches sur les armées hellénistiques I, Paris 1949, 378. Im Zusammenhang mit dem Krieg ist der Münzschatz von Büyükçekmece bei Byzantion in die Erde gekommen, Seyrig (wie Anm. 25), 185ff.; F.W. Walbank, Sources for the Period, in: CAH VII 1² (1984), 19. 158 Polyb. IV 52, 1. 159 Polyb. IV 52, 1. Zu ihm s. P. Scholch, Kauaros, in: RE Suppl. 4 (1924), 881f. 160 Vgl. Polyb. IV 51, 9. Nach Ager (wie Anm. 43), 143 sei die Bereitschaft des Kauaros zu vermitteln durch die Krise am Bosporos (was probably interrupting the flow of Byzan-tine "protection money") zu erklären. In diesem Sinne bereits Nevskaja (wie Anm. 12), 156; Schönert-Geiss (wie Anm. 25), 59. Sicherlich spielte dieser Gedanke eine wichtige Rolle, jedoch war die Überlegung grundlegend, eine Eskalation des Krieges und eine Einbeziehung weiterer Mächte, welche eventuell auch seine eigene Positionen gefährden würden, zu vermeiden.

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rung und weitere Eskalation des Konfliktes zu unterbinden. Durch seine Vermitt-lung wurde zunächst ein Frieden zwischen Byzantion und Prusias geschlossen.161 Polybios berichtet, daß es schließlich ein Verdienst des Kauaros war, daß die streitenden Parteien ihre Positionen nachgaben.162 An die Rhodier denkt man zuerst nicht, als ein Separatfrieden über die Einstellung der Kriegshandlungen zwischen Byzantion und Prusias zustande kam.163 Sie wurden auch von Prusias nicht über seine Planänderungen unterrichtet, was ein weiteres Mal die Formlo-sigkeit ihrer Beziehungen beweist. Als die Mission des Kauaros und der von ihm vermittelte Zwischenfrieden bekannt wurden, fingen auch sie an zu handeln, um nicht mit leeren Händen aus dem Krieg zu kommen. Man schickte rasch eine Gesandtschaft parallel mit einem unter Polemokles stehenden, aus drei Trieren bestehenden Geschwader ab, um einerseits nochmals den Verhandlungswillen, andererseits jedoch die Entschlossenheit den Kampf auch allein weiterzuführen, zu demonstrieren.164 Die Gesandtschaft wandte sich ohne Vermittlung des Kaua-ros direkt an die Byzantier, was jedoch sein Mitwirken zumindest als Berater nicht ausschließt.165 Mit der Ankunft der Rhodier waren alle streitenden Parteien vertreten und man konnte mit den endgültigen Verhandlungen beginnen. Im Herbst 220 kamen die Verträge unter den Bedingungen eines status quo ante zustande.166 Zuerst wurde eine Vereinbarung mit den Rhodiern getroffen, welche lautete: "Die Byzantier sollen von keinem, der nach Pontos segelt, einen Zoll erheben; die Rhodier und die Bundesgenossen aber sollen, wenn dies geschieht, mit den Byzantiern Frieden schließen".167 Mit diesen Punkten war die Ursache 161 Polyb. IV 51, 9-52, 4. Zu den Verträgen, s. Polyb. IV 52, 4f. (Byzantion und Rhodos); 52, 6ff.; StV III, Nr. 516 und Nr. 514; McShane (wie Anm. 4), 65; Hansen (wie Anm. 115)², 40f.; Will II (wie Anm. 3), 45f.; Berthold (wie Anm. 2), 94ff.; Ager (wie Anm. 2), 13f. 162 Polyb. IV 52, 1. 163 Irrig ist die Behauptung von Magie (wie Anm. 8), das Bündnis des Prusias mit Rhodos sei a total failure gewesen; er eroberte die byzantischen Besitztümer in Asien, aber die Rhodier schlossen einen Separatfrieden und ließen ihn im Stich, da es laut Polyb. Prusias gewesen war, der als erster mit den Byzantiern verhandelte. 164 Vgl. die Äußerung des Polyb. IV 52, 3: to$ do4ru kai& to$ khru5keion. 165 Habicht (wie Anm. 98), 1091 hat angenommen, daß die Vertragsbedingungen von Kauaros diktiert wurden, was allerdings nicht dem § 1 zu entnehmen ist, worauf richtig Schmitt, in: StV III, S. 231 verweist. 166 Zum Datum, Habicht (wie Anm. 98), 1089ff.; Huss (wie Anm. 111), 113 und bereits Niese II (wie Anm. 9), 383 Anm. 5. 167 Polyb. IV 52, 5: Buzanti6ouj me&n mhde6na pra5ttein to$ diagw5gion tw/n ei3j to$n Po4nton pleo4ntwn, !Rodi6ouj de& kai& tou%j summa5couj tou5tou genome6nou th%n ei3rh5nhn a25gein pro$j Buzanti6ouj. Polyb. überliefert zunächst den Vertrag mit den Rho-

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des Krieges behoben. Es war nicht Rhodos, sondern Prusias, welcher den eigent-lichen Krieg führte und gewollt oder ungewollt die Aufhebung der Bosporos-Zölle erfochten hat. Die Rhodier haben dagegen nicht an den Kriegsoperation teilgenommen und außer einer kurzfristigen und wahrscheinlich wenig erfolgrei-chen Seeblockade keine direkten Schritte gegen Byzantion unternommen. Dafür hat sich ihre labile diplomatische Politik als sehr wirkungsvoll gezeigt. Dank guter Beziehungen zu den Ptolemäern ist es ihnen gelungen, die gegnerische Koalition – Byzantion, Achaios und Attalos I. – zu sprengen und den Konflikt friedlich zu beenden.168 Es war aber nicht allein das Verdienst der Rhodier. Die allgemeine politische Lage und ein starker Unwillen beider Parteien, einen Krieg zu führen, haben zur Beilegung des Konfliktes beigetragen. Prusias war dagegen in den direkten Krieg einbezogen, hatte einen blutigen Kampf gegen die Byzan-tier geführt, war siegreich und konnte deshalb auf eine Belohnung hoffen. Das war jedoch nicht der Fall. Nach dem ersten Erscheinen des keltischen Fürsten als Vermittler schloß er zuerst einen Zwischenfrieden, der sämtliche Kriegshandlun-gen beenden sollte und danach überraschend schnell einen ewigen Frieden sowie einen Nichtangriffspakt mit Byzantion.169 Es handelte sich dabei um eine Philia ohne Symmachie, was wegen der Vermittlungen des Kauaros kaum zu erwarten gewesen wäre. Danach folgten die einseitigen, konkreten Verpflichtungen des bithynischen Königs. Die letzteren lassen sich deutlich in zwei Fragenkomplexe unterscheiden: 1) Prusias verzichtete auf alle Erwerbungen, seien es Land oder

diern. Diesem ist die Einstellung der Kriegshandlungen zwischen Byzantion und Prusias vorangegangen, s. Ebd., 52, 1. Erst nach der Ankunft der rhodischen Mission wurden die Modalitäten des Friedensschlusses geregelt. Da die rhodischen Forderungen recht simpel waren und außerdem den Grund für den Konflikt lieferten, wurden sie zuerst verhandelt, während die byzantisch-bithynischen Probleme eingehend und einzeln diskutiert wurden. Bereits Ullrich (wie Anm.9), 22-26 bemerkte, daß Polybios den Vertrag bei seinem Be-such in Byzantion selbst gesehen hat; und H.H. Schmitt, in: StV III, S. 231 betont, daß der überlieferte Vertrag mit Prusias besonders nah dem Wortlaut des Vertragstextes zu stehen scheint, was Zustimmung bei Wiemer, Rhodische (wie Anm. 1), 44f. fand. 168 S. Kreuter, Aussenbeziehungen kretischer Gemeinden zu den hellenistischen Staaten im 3. und 2. Jh. v. Chr., München 1992, 88. Vgl. das etwas panegyrische Urteil von Ber-thold (wie Anm. 2), 94: Without lifting a sword Rhodes thus brought an end to the threat to its Pontic trade, demonstrating vividly the diplomatic skill that helped carry it through the dangerous waters of the Hellenistic world. 169 Polyb. IV 52, 6 = StV III Nr. 516: ei)nai Prousi6a0 kai& Buzanti6oij ei3rh5nhn kai& fili6an ei3j to$n a"5panta cro4non, mh% strateu5ein de& mh5te Buzanti6ouj e3pi& Prousi6an tro4pw= mhdeni& mh5te Prousi6an e3pi& Buzanti6ouj. Zu dem Frieden ei3j to$n a"5panta cro4non, s. Walbank (wie Anm. 9), 506 (mit Literatur). Zur Bedeutung von fili6a, Hau-ben (wie Anm. 2), 331f.

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Befestigungen, sowie auf die gefangenen Zivilisten und Militärangehörigen ohne Lösegeld.170 Die von ihm zu Beginn des Krieges erbeuteten Schiffe (ta% ploi/a), die in den Stützpunkten gelagerten Geschosse sowie die Baumaterialien aus Hie-ron sollte er ausliefern. Hieron wurde unter den Festungen gesondert, wohl we-gen seiner strategischen Bedeutung unter den Befestigungen beim Namen ge-nannt. 2) Am wichtigsten war jedoch, daß die in der Zwischenzeit auf der byzan-tischen Peraia niedergelassenen Bithynier diese Orte räumen sollten.171 Unter diesen Bithyniern sind wohl nicht die von Prusias dort angesiedelten Katoiken zu verstehen, da er wohl kaum eine dauerhafte Inbesitznahme der Gegend beabsich-tigte. Dies waren sicherlich bithynische Bauern, weshalb sie als ti6nej tw/n Bi-vunw/n genannt werden, welche die Gunst der Stunde nutzten und das byzanti-sche Territorium besetzt haben. Bessere Friedensbedingungen konnte sich By-zantion kaum erträumen. Um so mehr sind die Beweggründe des Prusias für eine solch milde Behandlung des praktisch besiegten Feindes unbegreiflich. An der Aufhebung der Durchgangszölle war er kaum interessiert, weshalb sie nur in dem bilateralen Vertrag zwischen Rhodos und Byzantion erwähnt werden.172 Nach der Meinung von Berthold wollte er damit nicht in einen Konflikt mit Rhodos kom-men; außerdem befürchtete er eine negative Reaktion von Mithridates oder A-chaios.173 Habicht betont dagegen, Prusias sei durch den Friedensschluß zwischen Rhodos und Byzantion isoliert geblieben und habe deshalb den Frieden um jeden Preis schließen müssen. Prusias habe sich den Byzantiern überlegen gezeigt, obwohl er von Rhodos kaum unterstützt wurde; er habe zuerst den Frieden ge-schlossen und die Rhodier dadurch zur Annahme von Verhandlungen veranlaßt. Deshalb sei solch ein plötzlicher Entschluß des bithynischen Königs in der Inter-vention des keltischen Fürsten Kauaros, welcher letztens auch die Friedensbedin-gungen formuliert hatte, zu suchen.174 Die nach den diplomatischen Erfolgen der Rhodier und des Kauaros so rasch veränderte politische Lage stellte den bithyni-schen König vor die Wahl, als Angreifer und Friedensstörer allein stehen zu

170 Polyb., 52, 7. Dazu Walbank (wie Anm. 9), 507. 171 Polyb. IV 52, 9: a2podou/nai toi/j gewrgoi/j; StV III, Nr. 516; Walbank (wie Anm. 9), 506f. 172 Habicht (wie Anm. 98), 1090f. 173 Berthold (wie Anm. 2), 94; Strobel (wie Anm. 20), 236. 174 Habicht (wie Anm. 98), 1090f. gegen Magie (wie Anm. 8), 313. Möglich wäre nach seiner Meinung etwa, daß Kauaros mit dem Übergang seines Stammes nach Asien ge-droht hat, oder daß sich Prusias von Achaios oder den etwa in dieser Zeit nach Kleinasien gekommenen galatischen Aigosagen bedroht fühlte. Berthold (wie Anm. 2), 90 Anm. 45 fügt außerdem die Bedrohung von Attalos I. und Mithridates III. hinzu.

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bleiben, oder als euergetischer Herrscher der besiegten Stadt eine großzügige Geste zu erweisen und dazu eine mögliche Herausbildung einer feindlichen Koa-lition gegen ihn selbst zu verhindern. Außerdem wünschte Prusias wahrscheinlich keine komplette Niederlage der Byzantier, sondern versuchte im Gegenteil die Stadt in voller Größe und Prosperität vielleicht als eine Art Bollwerk gegen eu-ropäische Rivalen und als Garanten der internationalen Sicherheit zu erhalten, was sicherlich auch für die anderen von Bedeutung war. Mit dem Abschluß eines Philia-Vertrages wurde Byzantion zumindest formell an Bithynien gebunden. Zu fragen bleibt jedoch, wie die weiterhin bestehenden Schwierigkeiten mit den Tributzahlungen der Byzantier an die Kelten gelöst wurden. Anzunehmen ist, daß sie von Kauaros selbst wegen so gewaltiger außenpolitischer Schwierigkeiten zurückgezogen wurden; man hatte hiermit den Grund zu einem erneuten Streit beseitigt.175

Mit dem Friedensschluß wurde der Konflikt ohne weitere Implikationen bei-gelegt und bereits im nächsten Jahr begegnen die Rhodier, Byzantier, Kyzikener und Aitoler Hand in Hand als Vermittler zwischen den Ptolemäern und Seleuki-den im 4. Syrischen und 217 im Bundesgenossenkrieg.176 Etwa in der Zeit nach dem Krieg besuchte eine byzantische Gesandtschaft Athen, wo sie mit großen Ehren empfangen wurde.177 Zwischen 220 und 210 plünderten die aitolischen Seeräuber Kalchedon, welches eine Isopolitie mit ihnen einging und sich um die Anerkennung der Asylie bemühte.178 Man hört nichts über eine Einmischung der Rhodier. Haben sie versagt, oder sich bewußt aus dem Geschehen in der Region zurückgezogen? Man kann vermuten, daß die Ereignisse auf Kreta, der 1. Make-

175 Polyb. VIII 24, 1f. beschreibt den König Kauaros als einen Euergeten, welcher den in den Pontos fahrenden Kaufleuten Sicherheit bot und den Byzantiern im Krieg gegen die Thraker und Bithyner half. So nimmt Werner (wie Anm. 20), 289 an, es sei zum Abschluß eines keltisch-byzantischen Bündnisses mit Verzicht auf die byzantischen Tribute durch Kauaros gekommen, das allein seinen Grund im Druck der Thraker auf die Kelten gehabt haben sollte. Wenige Jahre nach dem Krieg wurde das Königreich von Tylis von den Thrakern erobert (212) und seine ganze Bevölkerung ausgetilgt, s. Polyb. IV 46, 4; VIII 22; Werner, Ebd., 289. Erst darauf kam es zur Aufhebung der Tribute, Schönert-Geiss (wie Anm. 25), 59. 176 Polyb. V 61, 3; 63. 4-7; 66, 9; 100, 9; Will II (wie Anm. 3), 29f.; Huss (wie Anm. 111), 47ff., 113f.; Berthold (wie Anm. 2), 96f.; Ager (wie Anm. 2), 14f. Vgl. Pol. XI 4,1. 177 Syll.³ Nr. 580. 178 Orac. Sibyll. III 434/5; Polyb. XV 23, 8; I.Kalchedon, Nr. 5. Das konnte nicht nach 212 geschehen, da es in jenem Jahr zu einer Allianz zwischen Aitolien und Rom kam, s. M. Holleaux, Rome and Macedon: Philip against the Romans, in: CAH VIII (1930), 123ff.

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donische und der 4. Syrische Krieg sowie die Komplikationen im Seleukiden-reich an den unmittelbaren Grenzen zu den rhodischen Besitztümern in Klein-asien, dafür von gewisser Relevanz waren. Rhodos wollte gewiß keine möglichen Verschlechterungen seiner Beziehungen zu Makedonien wegen der aitolischen Handlungen riskieren.179 Das schließt nicht aus, daß die Rhodier in Kalchedon diplomatisch, etwa in Form einer Note, vorgingen. Jedoch sollte dieser kleine Zwischenfall nicht zu einem größeren Konflikt führen. Außerdem handelte es sich lediglich um einen Plünderungszug und keine dauerhafte Besetzung der Meerengen, wo auch die Byzantier stark genug waren, solchen Überfällen zu entgegnen.

* * * *

Man hat richtig bemerkt, daß neben den militärisch-strategischen Gesichtspunk-ten auch die langfristigen Ziele der rhodischen Politik eine besondere Rolle ge-spielt haben.180 Im Falle von Byzantion wollten die Rhodier ganz offensichtlich nicht eine militärische Konfrontation. Der Konflikt ist nicht über das Stadium des kalten Krieges und der Blockade zur See hinausgewachsen. Die Rhodier wußten wohl, daß der Krieg nur ein und nicht immer das beste Mittel der Politik ist.181 Das beweist nicht zuletzt ihre Haltung in der kurz danach ausgebrochenen Ausei-nandersetzung zwischen Sinope und Mithridates II. von Pontos. Der pontische König nutzte die Gunst der Stunde und griff Sinope offen an, ohne vom Überra-schungseffekt Gebrauch zu machen, was der Stadt Gelegenheit gab, sich nach Hilfe umzusehen.182 Das Vorgehen des Königs war diplomatisch durch dynasti-sche Eheverbindungen abgesichert.183 Die Sinoper wandten sich an Rhodos, wo sie sofort ein reges Entgegenkommen fanden. Den Entschluß, Sinope zu unter-stützen, sieht man in der Rolle des letzteren für die Region sowie in eigenen Interessen des Inselstaates für den pontischen Kornhandel.184 Die Rhodier waren 179 Ca. 220 war Philipp V. diplomatisch in Karien aktiv, s. I.Iasos, Nr. 150; I.Labraunda, Nr. 5, 7. 180 Kreuter (wie Anm. 168), 88. 181 Schmitt (wie 4), 74. 182 Maximova (wie Anm. 36), 178. 183 Seine beide Töchter haben Antiochos III. und Achaios geheiratet, Polyb. V 43, 74, 5; 75, 5; VIII 20, 11; J. Seibert, Historische Beiträge zu den dynastischen Verbindungen in hellenistischer Zeit, Wiesbaden 1967, 58, 60, 118. Zum König, s. Polyb. V 43, 1f. 184 Magie (wie Anm. 8), 183f., 1074ff. Anm. 18-23; Berthold (wie Anm. 2), 93f. Von den wirtschaftspolitischen Interessen der pontischen Könige an Sinope und Trapezunt spricht auch E. Olshausen, Zum Hellenisierungsprozess am pontischen Königshof, in: AncSoc 5 (1974), 159. Walbank (wie Anm. 9), 511 betont, dass Polybios’ Kenntnis hier wie im

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sich aber sicher im klaren, daß die Unterstützung von Sinope zu gewissen Kon-sequenzen in den Beziehungen mit dem Pontischen Reich führen würde, und es widersprach ihrer politischen Orientierung, eine größere Konfrontation zu wagen. Der Angriff auf Sinope war mehr ein Rekognoszierungsversuch, die Stärke der Stadt zu prüfen, und falls es klappte, sie zu erobern. Rhodos hat bereits im Kon-flikt mit Byzantion seine diplomatische Fähigkeit, aber gleichzeitig den Unwillen einen direkten Krieg zu führen gezeigt, und man hatte allen Grund zu der An-nahme, daß es auch jetzt nicht anders sein würde. Eine militärische Unterstützung kam auch diesmal nicht in Frage, dafür wurde großzügige materielle Hilfe geleis-tet. Diese bestand aus 140.000 Drachmen, also aus 23.3 Talenten, welche für die Anschaffung von 10.000 Amphoren Wein, 300 Tal. Haar, 100 Tal. Bogensehnen, 1000 kompletten Rüstungen, 3000 Goldstücken sowie für Katapulte samt der Mannschaften verwendet werden sollten.185 Dabei handelte es sich sicherlich um keine Schenkung, sondern eher um eine Anleihe.186 Solche Hilfeleistungen hatten bereits Tradition.187 Die Rhodier zeigten damit ihren guten Willen gegenüber Sinope, blieben aber gleichzeitig zumindest äußerlich neutral. Somit wich man dort kaum von den alterprobten Formen der Diplomatie ab. Wie die hellenisti-schen Könige versuchte auch Rhodos die Politik der Euergesie und der Unter-stützung kleinerer griechischer Staaten zu betreiben. Dabei war der Inselstaat nicht allein und wurde zumindest von Kos unterstützt, was die Beteiligung ande-rer Mitglieder der sog. rhodischen Hanse, vor allem angesichts der Menge zur

Falle mit Kreta nicht vollkommen ist, but this probably due to a deliberate policy of switching from one theatre to another, and the sequel may have appeared in the lost parts. Zu den guten Beziehungen zwischen den beiden Städten, s. Mehl (wie Anm. 32), 157f., der meint, Rhodos habe bis 220 keine eigenen Beziehungen zu Sinope gehabt. 185 Polyb. IV 56, 1-9. Sein Bericht ist offensichtlich einer rhodischen Quelle entnommen worden, s. Ullrich (wie Anm. 9), 27, 59, 73; Rostovtzeff (wie Anm. 3), 1252f. Anm. 92; Walbank (wie Anm. 9), 511f.; Saprykin (wie Anm. 36), 64; Wiemer, Rhodische (wie Anm. 1), 46ff. Das Verdienst von Wiemer ist, daß er u.a. den apologetischen Charakter rhodischer Quelle wegen der späteren rhodischen Haltung im pergamenisch-pontischen Krieg gezeigt hat, Ebd. 48f.; Ders., Krieg (wie Anm. 1), 41. 186 Vgl. Rostovtzeff (wie Anm. 3), 1252f. Anm. 92; Maximova (wie Anm. 36), 178; Wal-bank (wie Anm. 9), 512 mit den Belegen zu den früheren rhodischen Anleihen wie I.Priene, Nr. 37:65ff.; Syll.³ Nr. 354; 363; IG XII 7 Nr. 9; Paus. VII 2, 10; Rostovtzeff (wie Anm. 6), 623. Vgl. auch eine Inschrift aus Argos (278-72 v. Chr.), die von einer rhodischen Anleihe in Höhe von 600 000 Drachmen berichtet, G. Vollgraff, Novae insc-riptiones Argivae, in: Mnemosyne 44 (1916), 220f. = SEG XIX, Nr. 317 = L. Moretti, Iscrizioni storiche ellinistiche I, Firenze 1967, 90ff. Nr. 40 und zuletzt generell Berthold (wie Anm. 2), 82ff., 93f. mit no. 38. 187 So ist die Bewertung von Berthold (wie Anm. 2), 53.

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Anschaffung bestimmter Waren, ebenfalls wahrscheinlich macht.188 Die rhodi-schen Gelder allein hätten nicht für die Weinamphoren ausgereicht, selbst wenn man einen Rabatt für den heimischen Wein annimmt. Jedenfalls brauchte man eine wesentlich größere Summe, um die genannten Artikel bezahlen zu können und diese konnte nur aus den Kassen der Rhodier gemeinsam mit ihren Alliierten gestellt werden. Aus diesem Grund ist sehr wahrscheinlich, daß bei Polybios nur der rhodische Anteil erwähnt wird.

Die konkreten Ereignisse um die Belagerung, sowie die Ursachen des Frie-densschlusses und seine Bedingungen sind unbekannt. Nicht auszuschließen ist jedoch eine separate Vereinbarung zwischen Rhodos und Pontos, etwa eine Wie-dergutmachung, wie mit Byzantion, parallel mit den handelswirtschaftlichen Zusagen für das Gebiet des Pontos Euxeinos. So kann vielleicht der plötzliche Aufstieg des rhodischen Handels in der Region interpretiert werden. Nach dem Rückgang des innerpontischen Handels waren die Absatzmärkte dort im wesent-lichen vakant und es sind vor allem Sinope und Rhodos, die die Palme der vor-rangigen Handelspartner pontischer Poleis tragen.189 Jedenfalls war Rhodos sehr an einer möglichst schnellen Beilegung des Krieges interessiert, da es in einen neuen Konflikt auf Kreta einbezogen wurde. Dort hat nämlich die Einigung von Knossos und Gortyn mit den jeweiligen Verbündeten die Wiederbelebung des Kretischen Koinons zur Folge gehabt. Die Politik von Rhodos auf Kreta war traditionell auf die Unterstützung von Knossos und die Bekämpfung der Piraterie gerichtet, wozu neben dem direkten Eingreifen dort die bilateralen Verträge mit 188 Zu Kos, R. Herzog, Vorläufiger Bericht über die koische Expedition im Jahre 1903, in: JDAI 18 (1903), 198; Ders., Ein Brief des Königs Ziaëlas von Bithynien an die Koer, in: AM 30 (1905), 182; Sherwin-White (wie Anm. 6), 118 no. 187; L. und K. Hallof, Chr. Habicht, Aus der Arbeit der „Inscriptiones Graecae“ II. Ehrendekrete aus dem Asklepiei-on von Kos, in: Chiron 28 (1998), 137ff. Nr. 21. Zu den koischen Handelsinteressen im Pontos, Meleager, in: Ant. Pal. XII 53 und Ebd. S. XXXIV, 2 Nr. 2; Niese II (wie Anm. 9), 387; Rostovtzeff (wie Anm. 3), 447f., 1215 Anm. 335. Maximova (wie Anm. 36), 178 nimmt an, die Sinopeer haben sich auch an die anderen griechischen Städte mit dem Appell um Hilfe gewendet. 189 Zum Handel von Sinope, s. zusammenfassend, Mehl (wie Anm. 32), 103ff. Zu den quantitativen Werten über den rhodischen Handel mit dem nördlichen Schwarzmeerraum anhand von Keramikstempel, s. Badaljanz (wie Anm. 83), 90ff. mit methodischen Korrek-turen von V.I. Kač, Metodika sravnitelnoj ozenki exporta-importa tovarov v keramičeskoj tare is odnogo proisvodstvennogo zentra (Die Methodik der vergleichenden Bewertung des Export-Importes von Waren in den keramischen Warentransportbehältern aus einem Zentrum), in: Ders., S. Ju. Monachov (Hg.), Grečeskije amfory (Griechische Amphoren), Saratov 1992, 207ff. Von insgesammt 9707 verzeichneten rhodischen Stempeln sind 4220 Stück in die Zeit 220-180 zu datieren, was 43, 47 % ausmacht.

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einzelnen kretischen Gemeinden gedient haben.190 Als Knossos und Gortyn ver-sucht haben, Lyttos zu unterwerfen, kam es zu einem Krieg (ca. 222/1-219), der ihr Bündnis spaltete.191 Nun sah sich auch Rhodos gezwungen, trotz seiner Be-mühungen den Krieg diplomatisch zu beenden, selbst einzugreifen.192 Dieser Krieg verlief parallel mit dem Bundesgenossenkrieg in Griechenland, in den die Kreter ebenfalls involviert wurden.193 In seine letzte Phase gehört die Ankunft des Philopoimenes, welcher wahrscheinlich in Verbindung mit Philipp V. das antiknossische Lager unterstützte, und der Krieg zwischen Rhodos und Eleuther-na 219.194

Die Ereignisse von 220 haben deutlich gezeigt, daß die Periode der "balance of power" vorbei war. Es war eine neue Zeit ausgebrochen, in der die mittleren Staaten mehr und mehr kriegerische Auseinandersetzungen führten. Der Schwer-punkt des politischen Geschehens verlagerte sich in die Ägäis, wo mit nur kurzen Unterbrechungen bis 167 Kriege geführt werden. Das bedeutete eine Umgestal-tung der politischen Verhältnisse im östlichen Mittelmeerraum, nicht zuletzt auf Kosten der griechischen Poleis. In dieser Situation sah Rhodos seine Rolle darin, in einer vorsichtigen Politik des Lavierens die bestehenden Verhältnisse zu be-wahren. Vor allem sollte die Diplomatie weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Jedoch hat die neue politische Entwicklung deutlich gezeigt, daß sie nur dann Erfolge verzeichnen konnte, wenn der Inselstaat seine Stärke und vor allem seine Bereitschaft zur militärischen Absicherung des Seeverkehrs zeigte. Deshalb scheute man sich auch nicht mehr davor, direkt anzugreifen, wenn die Umstände dies verlangten. Die Autorität des Inselstates, seine Stärke und Labilität machten ihn zum "Führer der Seegeschäfte" in der Ägäis, wo er die Prädominanz der

190 Polyb. IV 53, 1 (Knossos); Syll.³ Nr. 581; StV III Nr. 581 (Hieropytna); Nr. 582 (O-lys). Vgl. P. Brulé, La piraterie crétoise hellenistique, Paris 1978, 2ff., 56, 69ff.; Kreuter (wie Anm. 168), 65ff.; Austin (wie Anm. 56), 560. Zu den besonderen Beziehungen zwischen Rhodos und Knossos, s. Effenterre (wie Anm. 10), 214. Die Kontakte von Lindos zu Littos sind bereits für das 5. Jh. belegt, s. I.Lindos II 1, 206f. Nr. 13. Für den Hellenismus, s. Diod. XX 88, 9. 191 Polyb. IV 57ff.; Walbank (wie Anm. 9), 507ff.; Cardinali (wie Anm. 10), 519ff.; v. Effenterre (wie Anm. 10), 158ff., 185ff., bes. 253f.; Chaniotis (wie Anm. 10), 36ff. 192 Polyb. IV 53, 1f., 55, 1f.; Walbank (wie Anm. 9), 507ff.; Kreuter (wie Anm. 168), 87; Gabrielson (wie Anm. 2), 44. 193 Walbank (wie Anm. 9), 513ff.; Hammond, N.G.L., Walbank, F.W., A History of Ma-cedonia III, Oxford 1988, 371ff.; Chaniotis (wie Anm. 10), 37. 194 Polyb. IV 53, 1f.; Paus. VIII 49, 7; Plut. 7, 1f.; Cardinali (wie Anm. 10), 521f., 525f.; Walbank (wie Anm. 9), 507f.; M. Errington, Philopoemen, Oxford 1969, 28, 33f.; Brulé (1978), 33 Anm. 4.

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Ptolemäer abgelöst hatte.195 Darüberhinaus hat der Konflikt mit Byzantion bewie-sen, daß die Ambitionen von Rhodos nicht dem Frieden per se galten, but rather a peace in which she could profitably pursue her own interests.196

The War of 220 B.C. between Rhodes and Byzantion

Summary

The article outlines the range of problems, relevant for the contemporary study of Hellenistic History. It is devoted to the analysis of rather obscure reports of an-cient sources about the War between the coalition Rhodes and Bithyne against Byzantion. This conflict is often considerated as a certain „trade-war“. The hos-tilities arisen because of tax policy of Byzantion as an answer on the pressure of Celtic Tylis reign. Until this date Rhodes conducted a severe non-intervening neutral policy. Through critical revision of the scanty evidence of the written tradition and the correlation of the results with the epigraphic, numismatic and archaeological data, the sum of data discussed here, permit to reconstruct in de-tail the actions of the war. Parallel to the hostilities at Thracian Bosporus or a bit late are to date the events around Sinope following the war on Crete, where Rho-des participated more or less active. Through these three events the policy of Rhodes became new features, which distinct its behaviour during the next time. Ist characteristic traits were the security of the sea-trade and the successive strug-gle against the pirats.

195 Polyb. IV 47, 1; Berthold (wie Anm. 2), 98. Vgl. Gabrielson (wie Anm. 2), 45. I.Ilion, Nr. 51, die über die Vermittlung der Rhodier berichtet, kann auch in die Zeit um 220 datiert werden, s. v. Gelder (wie Anm. 3), 117; Ager (wie Anm. 2), 14 mit Anm. 18. 196 Ager (wie Anm. 2), 13; Gabrielson (wie Anm. 2), 45. Die Folgen des rhodischen Ein-greifens waren, daß man es bis in die Zeit der Provinzialisierung der Gegend durch die Römer nicht mehr wagte, die Durchgangszölle an dem Bosporos zu kassieren. Vgl. H. Engelmann, D. Knibbe, Das Monumentum Ephesenum. Ein Vorbericht, in: EA 8 (1986), 22; Dies., Das Zollgesetz der Provinz Asia, in: EA 14 (1989) § 2, 4, 9.