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Der Anfang vom Ende. Überlegungen zur Entstehung des Krieges im Neolithikum

Mar 10, 2023

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Page 1: Der Anfang vom Ende. Überlegungen zur Entstehung des Krieges im Neolithikum

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S T E I N Z E I T A U F D E M S E Z I E R T I S C H

Auf einem weitläufig umwehrten Höhenplateau in Mitteldeutschland

geschah Rätselhaftes: Vor über 5000 Jahren wurden dort Rituale gepflegt,

die uns heute seltsam und bizarr erscheinen. In den beiden kilo meter-

langen Umgrenzungsgräben des Erdwerkes von Salzmünde in

Sachsen-Anhalt wurden Schädel von Verstorbenen niedergelegt oder

die Toten in Gruben unter dicken Schichten zerschlagener Keramik

im Inneren der Anlage bestattet. Mit modernsten Untersuchungsmethoden

und kriminologischem Geschick ergründet ein interdisziplinäres

Forscherteam seit 2007 die mysteriösen Geschehnisse in Salzmünde.

In diesem Begleitband erfährt der Leser, was genau an diesem

jungsteinzeitlichen Kultplatz geschah, ergreifende Einzelschicksale von

gewaltsam ums Leben gekommenen Menschen geben neue Einblicke

in eine längst vergangene Welt im Herzen Europas.

Der Bau der Anlage von Salzmünde erfolgte in einer Epoche mit un-

glaublichen Innovationen, wie beispielsweise die Erfindung des

Pfluges und damit einhergehend die Nutzung der tierischen Zugkraft.

Landwirtschaft und Handel erfuhren einen deutlichen Aufschwung.

In monumentalen Grabanlagen, verteilt über ganz Europa, spiegeln sich

zugleich neue Glaubenswelten und weitläufige Kommunikationsnetze

wider. Durch den Blick auf bekannte, zeitgleiche Ritualplätze wird

der Fundort Salzmünde so eingebunden in eine jungsteinzeitliche Welt

der Ahnen und Rituale im 4. Jahrtausend v. Chr.

ISBN 978-3-943904-33-8

w w w. n a - v e r l a g . d e

Page 2: Der Anfang vom Ende. Überlegungen zur Entstehung des Krieges im Neolithikum

Gesamtleitungharald Meller

ProjektleitungAnja stadelbacher

Konzeption und AusstellungstexteAnja stadelbacher, torsten schunke, Kurt W. Alt (Mainz), susanne friederich, Arnold Muhl, nicola scheyhing, Alexandra Wessel (Basel)

Wissenschaftliche Beratungniels h. Andersen (højbjerg), Albert hafner (Bern), lutz Klassen (randers), louis d. nebelsick, ralf schwarz, thomas saile (regensburg), Christian strahm (Bollschweil), Alexandra Wessel (Basel), Bernd zich

GestaltungJuraj lipták (München), Karol schauer (salzburg)

ÖffentlichkeitsarbeitMichael schefzik, Alfred reichenberger, tomoko Emmerling, Konstanze geppert

BesucherbetreuungMonika Bode, sven Koch

Leihverkehrurte dally

Koordination Ausstellungsbausandra Müller

Technische Leitunggerhard lamm (halle [saale])

Ausstellungsvorbau und Haustechniklutz Bloy und team

Sammlung und Exponatverwaltungroman Mischker, ina Widany, Marcel Weiß

Restauratorische BetreuungKarsten Böhm, heiko Breuer, friederike hertel, reinhard Kappler (halle [saale]), hartmut von Wieckowski (nehlitz), Christian-heinrich Wunderlich, ines Brandt (Kraftsdorf), Kyril radetzky (Berlin), Bauhütte naumburg (naumburg)

Rekonstruktion „Frau“Atelier daynès (Paris)

Exponateinrichtungthomas fißler & Kollegen, Exponateinrichtung und lichtgestaltung (niederschöna)

AusstellungsgrafikKlaus Pockrandt (halle [saale])

der Ausstellungsteil zum fundort salzmünde beruht auf den Ergebnissen des Projektes„Katastrophe oder Ritual? – ein Kriminal fall aus dem 4. Jtsd. v. Chr. – Eine inter disziplinäre Studie zu einer ungewöhnlichen Mehrfachbe-stattung –“Gefördert durch die VolkswagenStiftung im Rah-men des Programms „Forschung in Museen“. Kooperationsprojekt des landesamtes für denkmalpflege und Archäologie sachsen-Anhalt – landesmuseum für Vorgeschichte halleharald Mellermit der universität Mainz, fachbereich Biologie, institut für Anthropologie Kurt W. Alt

Projektleitungsusanne friederich

Wissenschaftliche Mitarbeitsarah Karimnia (institut für Anthropologie Mainz)Björn schlenker (ldA sachsen-Anhalt)Marcus stecher (institut für Anthropologie Mainz)Jennifer ziegler (institut für Anthropologie Mainz)

Zusätzlich flossen wissenschaftliche Ergebnisse folgender Personen in den Ausstel-lungsteil zum Fundort Salzmünde ein:guido Brandt (Mainz)hans-Jürgen döhleMonika hellmundsvenja höltkemeyer (Paris)Corina Knipper (Mainz)Christian Meyer (Mainz)nicole nicklisch (Mainz)lioba renner (Mainz)frank ramsthaler (homburg/saar)torsten schunke ralf schwarz

Ebenso fanden erste Ergebnisse aus dem dfg-Pro-jekt „Kulturwandel = Bevölkerungswechsel ? Die Jungsteinzeit des Mittelelbe-Saalegebietes im Spiegel popula tionsdynamischer Prozesse“ Eingang in die Ausstellung und den Begleitband.

Wir danken dem gesamten „Grabungsteam Salzmünde“

Projektleitung: Veit dresely, susanne friederich

Weiterhin danken wir: Konstanze Eckert, Anne Kokles, Andrea Moser, stephanie Munke, Pierre Pétrequin, Michael strambowski

BEglEitBAnd

Herausgeberharald Meller

KonzeptionAnja stadelbacher

RedaktionKathrin legler, Manuela schwarz

LektoratJennifer Bröcher (halle [saale]), frauke itzerott (Mainz)

Layout, Satzscancomp gmbh, Melanie Jungels (Wiesbaden)

UmschlaggestaltungKlaus Pockrandt (halle [saale])

Bildbearbeitungnora seeländer, Brigitte Parsche (halle [saale]), scancomp gmbh, helmut ludwig (Wiesbaden)

Recherche Bildrechtestephanie Munke

Übersetzung Beitrag Melis und AndersenMarion Page (Cirencester)

Lithografiescancomp gmbh, helmut ludwig (Wiesbaden)

Druck und Bindunglösch MedienManufaktur (Waiblingen)

Werbung und Vertriebnünnerich-Asmus Verlag & Media (Mainz)

Bibliografische information der deutschen national-bibliothekdie deutsche nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen nationalbibliografie; detaillierte bibliografische daten sind im internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2013 by nünnerich-Asmus Verlag & Media, Mainz am rhein

isBn 978-3-943904-33-8

Alle rechte, insbesondere das der übersetzung in fremde sprachen, vorbehalten. ohne ausdrückliche genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestat-tet, dieses Buch oder teile daraus auf fotomecha-nischem Wege (fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfälti-gen oder unter Verwendung elektronischer systeme zu verarbeiten und zu verbreiten.für den inhalt der Beiträge sind die Autoren verant-wortlich.

3300 BC. MystEriösE stEinzEittotE und ihrE WElt

sonderausstellung vom 14. November 2013 bis 18. Mai 2014 im landesmuseum für Vorgeschichte halle

Page 3: Der Anfang vom Ende. Überlegungen zur Entstehung des Krieges im Neolithikum

Wir dAnKEn unsErEn lEihgEBErn

Die Ausstellung wird finanziert durch Mittel des Landes Sachsen-Anhalt

SACHSEN-ANHALTKultusministerium

gefördert durch

Deutschland

Berlin, staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und frühgeschichte

Berlin, staatliche Museen zu Berlin, Vorderasia-tisches Museum

Braunschweig, Braunschweigisches landes-museum

Bruchsal, städtisches Museum

dresden, staatliche Kunstsammlungen dresden – Museum für Völkerkunde dresden

lutherstadt Eisleben

Erfurt, Museum für thüringer Völkerkunde

Erfurt, stadtmuseum „haus zum stockfisch“

Esslingen, landesamt für denkmalpflege Baden-Württemberg

göttingen, geowissenschaftliches zentrum der universität, Museum

gotha, stiftung schloss friedenstein

halberstadt, städtisches Museum

hemmenhofen, Privatsammlung

herne, lWl-Museum für Archäologie – Westfälisches landesmuseum

Jena, friedrich-schiller-universität – ur- und frühgeschichtliche sammlung

Kassel, Museumslandschaft hessen Kassel

Köthen, Kultur- und Marketing gmbh – Prähistorische sammlung

Konstanz, Archäologisches landesmuseum Baden-Württemberg

landshut, städtische Museen

Mainz, general direktion Kulturelles Erbe rhein-land-Pfalz – landesmuseum Mainz

Mainz, römisch-germanisches zentral museum

München, Archäologische staatssammlung – Museum für Vor- und frühgeschichte

obergünzburg, heimatmuseum mit süd see-sammlung

regensburg, Bayerisches landesamt für denk-malpflege – dienststelle regensburg

speyer, generaldirektion Kulturelles Erbe rheinland-Pfalz, direktion landes archäologie – Außenstelle speyer

Wittenberg, stadt Wittenberg – Bereich städti-sche sammlungen

Dänemark

Copenhagen, national Museum of denmark

højbjerg, Moesgård Museum

Frankreich

lons-le-saunier, Musée d’archéologie du Jura

Italien

reggio Emilia, Musei Civici

Jordanien

Amman, department of Antiquities of the hashemite Kingdom of Jordan

Niederlande

leiden, rijksmuseum Volkenkunde

Österreich

Wien, naturhistorisches Museum

Wien, Weltmuseum Wien

Polen

Poznan, Muzeum Archeologiczne

Schweiz

Basel, Museum der Kulturen

frauenfeld, Amt für Archäologie des Kantons thurgau

zürich, Kantonsarchäologie

zürich, schweizerisches landesmuseum

zug, Museum für urgeschichte(n)

Slowenien

ljubljana, Mestnicity Muzej ljubljana

Slowakische Republik

Bratislava/Martin, slovenské národné múzeum-Múzeá v Martine

Tschechische Republik

Brno, Moravské zemské muzeum

Ungarn

Budapest, Magyar nemzeti Múzeum

Wir dAnKEn unsErEn fördErErn

Page 4: Der Anfang vom Ende. Überlegungen zur Entstehung des Krieges im Neolithikum

inhalt 9 grussWort

reiner haseloff

10 grussWort

Wilhelm Krull

11 VorWort

harald Meller

12 Einführung

14 CHRoNoLoGIETABELLE ZUM NEoLITHIKUM

von ralf schwarz

18 EINLEITUNG ZUR AUSSTELLUNG

von harald Meller, Anja stadelbacher

22 DAS FoRSCHUNGSPRoJEKT DER VoLKSWAGENSTIFTUNG

von susanne friederich, harald Meller, Kurt W. Alt

24 IM SCHWEISSE SEINES ANGESICHTS MACHT ER SICH DIE ERDE UNTERTAN – NEoLITHISIERUNG UND NEo LITHIKUM IN MITTELEURoPA

von harald Meller

30 LAKToSEUNVERTRäGLICHKEIT – DIE BEDEUTUNG DER MILCH FÜR DIE ERNäHRUNG DES MENSCHEN

von Kurt W. Alt

33 VoM JäGER UND SAMMLER ZUM BäUERLICHEN DASEIN – DER URSPRUNG DER MoDERNEN INFEKTIoNSKRANKHEITEN

von nicole nicklisch, Kurt W. Alt

38 BIoARCHäoLoGIE – DIE METHoDEN

von Kurt W. Alt

42 NEoLITHIKUM – NEU ERFoRSCHT!

von susanne friederich, guido Brandt, Veit dresely, harald Meller, Kurt W. Alt

45 DAS LICHT DES NoRDENS – FoRSCHUNGS- GESCHICHTE ZUM NEoLITHIKUM IN MITTEL- DEUTSCHLAND

von Kathrin legler, louis d. nebelsick

54 KulturgEsChiChtE Vor 6000 JAhrEn

57 NEUE FoRSCHUNGEN ZU ALTEN INNoVATIoNEN

57 dAs 4. JAhrtAusEnd V. Chr. – rEforMAtionEn iM totEnrituAl

von Christian strahm

63 diE rEisE dEr grünEn BEilE

von Anja stadelbacher

71 sAlzMündE – KuPfEr: Erst PrEstigE, dAnn tEChnologiE

von Christian strahm, roland Wiermann, nils Müller-scheeßel

78 trAKtion und ihr Einfluss Auf diE EntWiCKlung Von rAd, WAgEn und Pflug

von Bernd zich

83 diE rindErBEstAttungEn Von ProfEn – Mit rAd und WAgEn

von susanne friederich, Verena hoffmann

85 diE rindEroPfEr Von niEdErWünsCh – BElEgE EinEs uMfAngrEiChEn rituAlgEsChEhEns iM sPätEn 4. JAhrtAusEnd V. Chr.

von Eric Müller, torsten schunke

93 VAtEr – MuttEr – Kind: EinE rindErfAMiliE für dAs JEnsEits

von Kathrin Balfanz

95 zu dEn AnfängEn dEr PfErdEhAltung in MittEl - dEutsChlAnd

von norbert Benecke, hans-Jürgen döhle, Arne ludwig, Monika reißmann, saskia Wutke

98 PfAhlBAutEn: nEolithisChE und BronzEzEitliChE sEEufErsiEdlungEn iM AlPEnrAuM

von Albert hafner

100 sEEufErsiEdlungEn und KliMA iM 4. JAhrtAusEnd V. Chr.

von Albert hafner

105 sEEufErsiEdlungEn dEs 4. JAhrtAusEnds V. Chr. iM AlPEnrAuM: EinzigArtigE fundE

von Albert hafner

Page 5: Der Anfang vom Ende. Überlegungen zur Entstehung des Krieges im Neolithikum

111 ötzi – Ein zEitgEnossE dEr sAlzMündEr Kultur

von Karol schauer

117 MoNUMENTALITäT UND MEGALITHIK

117 MEgAlithiK – MonuMEntAlE zEugEn MEnsChliChEr gEsChiChtE

von Christoph steinmann

121 MEgAlithiK und MonuMEntAlität iM nordEn

von Bernd zich

126 MEnhirE – niCht EinfACh nur „lAngE stEinE“ (BrEtonisCh)

von Bernd zich

132 KonzEPtion und uMsEtzung Von MonuMEn - tAlität AM MEgAlithgrAB KüstErBErg iM hAldEnslEBEr forst

von Kay schmütz

135 MonuMEntE dEr zusAMMEnKunft: diE KrEisgrABEnAnlAgEn BEllEBEn i und ii – KultPlAtz, WEttKAMPf- und VErMittlungsstättEn

von francois Bertemes, oliver rück

139 diE BEfEstigtE siEdlung BisChofsWiEsE, hAllE-dölAuEr hEidE

von torsten schunke

143 BildErflut iM dunKEln – grABhügEl 6 in dEr dölAuEr hEidE und diE innEn VErziErtE stEinKAMMEr

von torsten schunke

151 KlAdy – göhlitzsCh. VoM KAuKAsus nACh MittEldEutsChlAnd odEr uMgEKEhrt?

von torsten schunke

156 trAPEzAnlAgEn iM EuroPäisChEn KontExt: BEstAttungsPlätzE BEsondErEr WürdEnträgEr?

von ralf schwarz

163 MoNUMENTALE ARCHITEKTUR IN EURoPA

163 diE MonuMEntAlEn nEolithisChEn und ChAlKolithisChEn siEdlungsstruKturEn dEr iBErisChEn hAlBinsEl

von roberto risch

174 Von riEsEn gEMACht – MEgAlithBAutEn Auf MAltA

von nicola scheyhing

178 dAs PrähistorisChE hEiligtuM Von MontE d´ACCoddi (itAliEn)

von Maria grazia Melis

181 MEgAlithgräBEr in irlAnd – diE nEuordnung dEr gEistigEn lAndsChAft

von Anja stadelbacher

188 dAs nEolithiKuM Auf dEn orKnEy insEln – stEinE für diE EWigKEit

von Kathrin legler

195 DAS PHäNoMEN „ERDWERKE“

195 ErdWErKE dEs 5. und 4. JAhrtAusEnds V. Chr.

von Michael geschwinde

202 tAusEnd totE, ABEr KEinE gräBEr – dEr rätsEl- hAftE rituAlort Von hErxhEiM

von Andrea zeeb-lanz

207 dAs „MiChElsBErgEr ErdWErK“ Von BruChsAl „AuE“ – Ein PlAtz ViElfältigEr AKtiVitätEn

von ute seidel

214 WEst trifft ost – KulturEllEr Einfluss iM 4. JAhrtAusEnd V. Chr.

von susanne friederich, Johannes schroeter

216 AlthEiM: Ein JungnEolithisChEs ErdWErK in niEdErBAyErn

von thomas saile

222 diE grABEnAnlAgEn Von sAruP (dänEMArK)

von niels h. Andersen

231 FoKUS MITTELDEUTSCHLAND

231 dAs MittElnEolithiKuM in sAChsEn-AnhAlt – diE KulturEn und ihrE ErdWErKE

von ralf schwarz

239 dEr AnfAng VoM EndE. üBErlEgungEn zur EntstEhung dEs KriEgEs iM nEolithiKuM

von harald Meller

Page 6: Der Anfang vom Ende. Überlegungen zur Entstehung des Krieges im Neolithikum

246 diE sAlzMündEr Kultur – EinE AussErgEWöhn - liChE stEinzEitKultur in MittElEuroPA

von torsten schunke

257 dEr MAgisChE KlAng – diE tontroMMEln dEs 4. JAhrtAusEnds V. Chr.

von nicola scheyhing, torsten schunke

262 diE WElt dEr zEiChEn – syMBoliK in dEr sAlzMündEr Kultur

von torsten schunke

267 BEstAttungssittEn dEr sAlzMündEr Kultur

von Björn schlenker, Marcus stecher

270 sAlzMündEr BEfundE AM EPonyMEn fundort

272 DER FUNDPLATZ SALZMÜNDE – 100 JAHRE FoRSCHUNGSGESCHICHTE

von susanne friederich

276 BESIEDLUNGSGESCHICHTE DES FUNDoRTES SALZMÜNDE

von susanne friederich

282 DIE SCHERBENPACKUNGSGRäBER

von Marcus stecher, Björn schlenker, Kurt W. Alt

290 EINE KoMPLExE MEHRFACHBESTATTUNG DER SALZMÜNDER KULTUR

von Christian Meyer, sarah Karimnia, Corina Knipper, Marcus stecher, guido Brandt, Björn schlenker, frank ramsthaler, Kurt W. Alt

300 DIE LEHMENTNAHMEGRUBEN

von Björn schlenker, Marcus stecher

306 AUSGEWäHLTE BEFUNDE DES SALZ- MÜNDER PLATEAUS

von Björn schlenker, Marcus stecher

318 DER GRABEN

von Björn schlenker, Marcus stecher, Kurt W. Alt

324 BESTATTET IM GRABEN – DIE UMBETTUNG EINES KoLLEKTIVGRABES DER BERNBURGER KULTUR

von torsten schunke, Corina Knipper, lioba renner

332 SZENARIo SALZMÜNDE

von Björn schlenker, torsten schunke, harald Meller

336 AhnEnKult und totEnrituAl: diE WElt hintEr dEn BEfundEn

338 MEHRSTUFIGE BESTATTUNGSSITTEN

von ralf schwarz

342 AHNENKULT

von louis d. nebelsick

349 DIE AHNEN SCHÜTZEN DEN HEILIGEN oRT – BELEGE FÜR KoPF- UND SCHäDEL- KULT IN SALZMÜNDE

von harald Meller, torsten schunke

362 MENSCHENoPFER

von Alfred reichenberger

368 LEBEN MIT DEN AHNEN IN MELANESIEN (oZEANIEN)

von Alexandra Wessel

372 WIE MENSCHEN ZU AHNEN WERDEN

von Alexandra Wessel

376 VoN DER ALLTäGLICHKEIT KRIEGERISCHER AUSEINANDERSETZUNGEN

von Alexandra Wessel

379 ANHANG

380 impressionen zum Aufbau der Ausstellung

383 Autorenverzeichnis

Page 7: Der Anfang vom Ende. Überlegungen zur Entstehung des Krieges im Neolithikum

238 kulturgeschichte vor 6000 Jahren Der anFang voM enDe. üBerlegungen zur entstehung Des krieges iM neolithikuM 239

Der anfang vom ende. überlegungen zur entstehung des krieges im neolithikum

von harald Meller

Krieg ist eine der grundlegenden kultu-rellen Erfindungen der Menschheit1. Er

taucht erstmals zu einem sehr späten Zeit-punkt der Menschheitsgeschichte auf. Jahr-tausende lebten Menschen in aneignender Wirtschaftsweise vom Jagen und Sammeln, in egalitären Gesellschaften, mobil und in-folgedessen mit nur minimalem persönli-chen Besitz. Dies änderte sich radikal vor etwa 12.000 Jahren im Vorderen Orient und vor ca. 7600 Jahren in Mitteldeutschland durch die Folgen der neolithischen Revolution.

Infolge der neuen, produktiven Wirtschafts-form und den damit einhergehenden Ände-rungen in der Ernährungsweise kam es zu einem rasanten Wachstum der neolithischen Bevölkerung und damit auch zu einem mög-lichen Überschuss an kriegsfähigen jungen Männern. Unumkehrbar verbreitete sich die neue Lebensweise bis heute über den ganzen Planeten und verdrängte Jäger- und Samm-lergruppen in marginale Randgebiete, sodass zu befürchten ist, dass noch zu unseren Leb-zeiten das ursprüngliche „Lebensmodell“ der Menschheit verschwinden wird und nur als fremdartige Erinnerung erhalten bleibt. Al-lein aus demografischen Gründen schuf eine fortgesetzte Steigerung der Produktion die Grundlage für menschliche Gemeinschaften – ein stetes Wachstum mit Überschuss wurde notwendig. Wachstum und Überschuss bil-deten die Basis für die Herausbildung kom-plexer Gesellschaften bis hin zur Entstehung von Staaten. Infolge der Neolithisierung ent-wickelten sich bis zum Mittelneolithikum steile Hierarchien, es kam zur Aneignung von Land und damit zu territorialem Besitz mit festen Grenzen. Gleichwohl barg die neue Produktionsform zugleich Risiken, die zu Mangel und Hunger führen konnten.

Eine Neuerung in den sesshaften Gemein-schaften war die Akkumulation von persön-lichem Besitz, der in verschiedenen Rohstof-fen – sei es Getreide, Silex, Rinder oder auch

Menschen – gebunden werden konnte. Der Weg zu symbolischen Wertspeichern wie etwa Marmorarmringen oder Spondylus-schmuck war nun nicht mehr weit. In den sich ergebenden Ungleichgewichten wie der heterogenen Ressourcenverteilung liegt ein Hauptgrund für die sich entwickelnden Kriege (Fry/Söderberg 2013, 270 ff.).

Diese Kriege begannen bereits mit den ersten neolithischen Siedlern Mitteleuropas, den Trägern der Linienbandkeramikkultur. Waren deren erste Siedlungen meist noch unbefestigt und das Land noch weit – das heißt jede Siedlergruppe konnte sich auf dem optimalen Standort mit Lössböden in Gewässernähe niederlassen –, so kam es be-reits ab der mittleren Bandkeramik, nach kaum mehr als 200 Jahren neolithischer Siedlungsgeschichte, zu ersten nachweis-baren und todbringenden Konflikten (Kee-ley 1997, 306 ff.; Zeeb-Lanz 2013, 20). Diese konnten, wie das Massengrab von Talheim, Rheinland-Pfalz, zeigt, ganze Dorfgemein-schaften betreffen (Wahl/König 1987; Wahl/Strien 2007). Am Beispiel von Asparn, Nie-derösterreich, ist zu sehen (Teschler-Nicola u. a. 2006), dass hier zu Recht von Krieg ge-sprochen werden kann2. Am letztgenann-ten Fundort wurden in den Gräben einer befestigten Siedlung mehr als 100 Indivi-duen aufgedeckt, die nach ihrer Ermordung wohl längere Zeit an der Oberfläche gelegen hatten, bevor sie im Graben einsedimentiert wurden. Auffällig ist, dass hier wie auch in Talheim aus demografischer Sicht ein Defi-zit an jungen Frauen besteht. Ein Fakt, auf den bei prähistorischen, aber auch histo-rischen Kriegen immer wieder hingewie-sen wird und der vermutlich auf Frauen-raub durch die siegreiche Gruppe hindeutet (Thrane 2006, 276 ff.).

Die Entwicklung des Krieges lässt sich an der Evolution der Waffen, aber auch an einer sozialen Entwicklung hin zu einem

abb. 1in der Bandkeramik zu Beginn des neo-lithikums wurden tödliche konflikte, aber auch ganze kriege mit dem bandkerami-schen alltagsgerät, dem querschneidenden steinbeil, ausgetragen, wie hier im Bild von karol schauer rekonstruiert. erstmals in der Menschheitsgeschichte kam es nun zur an-häufung von individuellem Besitz, dem bald die speicherung von wert in symbolischen gütern wie etwa dem Marmorarmring am oberarm des dargestellten Mannes folgte.zeichnung: © karol schauer.

abb. 1

Page 8: Der Anfang vom Ende. Überlegungen zur Entstehung des Krieges im Neolithikum

240 kulturgeschichte vor 6000 Jahren

sozialen Stand des Kriegers nachvollzie-hen (vgl. Vandkilde 2006, 64 ff.; Vandkilde 2006a; Kristiansen 1999, 180 ff.). Am Be-ginn kriegerischer Konflikte in der Bandke-ramik wurden noch einfache Arbeits- und Jagdgeräte – also Pfeil und Bogen (Green 1980, 170 ff.), aber auch das Beil oder der Dechsel (Abb. 1) – als Waffen zum Töten verwendet3. Dies zeigen die Toten der band-keramischen Massengräber von Asparn und Talheim eindrucksvoll, bei denen die Toten überwiegend Kopfverletzungen durch Beile oder Dechsel aufweisen. Beide Massengrä-ber stehen am Beginn des Phänomens Krieg in Zentraleuropa und sind zwei Beispiele für den direkten archäologischen Nachweis kollektiver und organisierter Gewalt – also von Krieg.

Der Nachweis von Krieg ist für die Vor-geschichte jedoch nicht immer so einfach und klar wie in den genannten Fällen. Di-rekte archäologische Nachweise liefern neben den Massengräbern auch befestigte Siedlungen (mit Zerstörungsschichten oder Belagerungsspuren), bildliche Darstellun-gen sowie Schlachtfelder. Während letztere für die Vorgeschichte nur äußerst verein-zelt bekannt sind (Meller 2009, 12 f.; Meller 2011, 97 f.; Jantzen/Terberger 2011; Brock/ Homann 2011, 32–36), sind etliche befes-tigte Siedlungen bekannt, die eindeutig Kampfspuren aufweisen4. Eher selten und schwer datierbar sind bildliche Darstellun-gen von Krieg, wie sie aus der sog. spani-schen Levante-Kunst bekannt sind. Dort werden häufig größere Kämpfe zwischen

abb. 2in cingle de la Mola remigia, castellán (spanische levante) wurde ein Felsbild ent-deckt, das zwei feindliche reihen gegenein-ander kämpfender Bogenschützen zeigt. Das zurückhalten von reserven, der reihenför-mige angriff sowie die hinzueilende verstär-kung sind gut zu erkennen.

abb. 2

Der anFang voM enDe. üBerlegungen zur entstehung Des krieges iM neolithikuM 241

0 15 cm

Page 9: Der Anfang vom Ende. Überlegungen zur Entstehung des Krieges im Neolithikum

240 kulturgeschichte vor 6000 Jahren

zwei Gruppen dargestellt (Abb. 2). Jean Gui-laine und Jean Zammit (2005, 104 f.) weisen zu Recht darauf hin, dass hier schon takti-sches Verhalten bis hin zum Zurückhalten von Reserven und dem Einsatz von beweg-lichen Reihen zu erkennen ist. Analogien bei den Dani in Neuguinea zeigen genau den gleichen dort dargestellten Ablauf von Stammeskriegen, allerdings mit Speeren und nicht mit Bogenwaffen (Abb. 3).

Dass solche Kriege zur Zeit der Salzmün-der Kultur tatsächlich geführt wurden, zei-gen die zahlreichen, durch Geschosse getö-teten Individuen von San Juan ante Portam Latinam, Spanien (Vegas Aramburu 2007, bes. 208–228), sowie die eindrucksvollen Befestigungen von Los Millares, Spanien (Oosterbeek 1997). Allerdings liegen selten solch klare und eindeutige Befunde vor, viel-mehr sind zahlreiche indirekte Befunde be-kannt, die im Einzelfall jeweils unterschied-lich interpretiert werden können, in ihrem Gesamt bild jedoch eindeutig auf Kriege in der Vorgeschichte verweisen. Dazu gehö-ren Hunderte von neolithischen Bestattun-gen in ganz Europa, die verschiedene tödli-che Traumata aufweisen (Guilaine/Zammit 2005, 124 ff.; Peter-Röcher 2006, 43 ff.; Peter-Röcher 2007, 105 ff.; Thorpe 2006, 144 ff.). Da-rüber hinaus zählen zu den indirekten Hin-weisen auch Befestigungen (vgl. Schmidt/ Jeunesse 2006), die gut erhalten und eindeu-tig als solche auszumachen sind (z. B. Halle-Bischofswiese), während einfache Graben-werke häufig auch anderweitig – etwa in kultischem Zusammenhang – interpretiert werden können (Andersen 1997, 301–309; Geschwinde/Raetzel-Fabian 2009, 241–247).

Ebenfalls klare Hinweise auf Krieg geben Funde von Waffen. Während zu Beginn des Neolithikums, wie dargestellt, noch Alltags-geräte zum Töten von Menschen „bevor-zugt“ wurden, dominierten ab dem Mit-telneolithikum nicht mehr Beile, sondern teilweise prunkvoll gestaltete Äxte, die als Grabbeigabe den Status des Kriegers doku-mentieren (Abb. 4). Besonders prachtvolle Beispiele stellen die Prunkäxte der Salz-münder Kultur dar, bei denen jedoch die Waffenfunktion zugunsten des Gebrauches als Würdezeichen verloren ging (Müller/Clasen 2001; Ickerodt 2004). Die Entwick-lung des Kriegertums als herausgehobene Gruppe zeigt sich nicht nur in den Gräbern mit diesen zum Teil aufwendig gestalteten

Äxten, sondern auch an der Errichtung von anthropomorphen Menhirstatuen oder der entsprechenden Innendekoration von Grab-kammern wie jener von Göhlitzsch, Lkr. Merseburg-Querfurt (Abb. 5; Müller 2001). Dort verweisen Bogen und Streitaxt auf die Funktionen als Jäger und Krieger (siehe Bei-trag „Klady – Göhlitzsch“, S. 151).

Ein ebenfalls indirektes, aber sehr signi-fikantes Indiz für lang andauernde kriegeri-sche Auseinandersetzungen veranschaulicht das Bild von der Verdrängung einer archäo-logisch definierten Kulturgruppe durch eine andere, wie es sich aus der Analyse diffe-renzierter und chronologisch eng gefass-ter Verbreitungskarten ergibt (siehe Beitrag „Das Mittelneolithikum in Sachsen-Anhalt“, S. 231). Um sichere Aussagen treffen zu können, ist es notwendig, den Nachweis zu führen, dass es sich bei den Trägern beider Kulturgruppen um unterschiedliche Bevölke-rungsgruppierungen handelt, damit der er-folgte kulturelle Wandel einen tatsächlichen Bevölkerungswechsel und nicht etwa nur die Übernahme eines Keramikstils darstellt.

Für die Zeit des Erdwerkes von Salz-münde in der zweiten Hälfte des 4. Jahr-tausends v. Chr. ist mit hoher Wahrschein-

abb. 3aufnahme einer kriegerischen auseinander-setzung bei den Dani in neuguinea. Die For-mation der mit Bögen und speeren bewaff-neten gegnerischen gruppen erinnert an die szenischen kampfdarstellungen auf den levantinischen Felsbildern wie in cingle de la Mola remigia, spanien.

abb. 3

Der anFang voM enDe. üBerlegungen zur entstehung Des krieges iM neolithikuM 241

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lichkeit ein solcher Bevölkerungswechsel genetisch zu belegen. Im vorliegenden Fall standen sich im Norden und Süden Mittel-deutschlands zwei gegensätzliche kulturelle Blöcke gegenüber. Nach ersten, im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemein-schaft geförderten Projektes „Kulturwan-del = Bevölkerungswechsel? Die Jungstein-zeit des Mittelelbe-Saale-Gebietes im Spiegel populationsdynamischer Prozesse“ erhobe-nen Daten dürfte es sich hierbei tatsächlich um unterschiedliche Bevölkerungsgrup-pen handeln (siehe Beitrag „Neolithikum – neu erforscht!“, S. 42). Es sind dies – am Ende der ersten Hälfte des 4. Jahrtausends v. Chr. – die Träger der Baalberger Kultur im südlichen Teil des heutigen Sachsen-An-halts und jene der Tiefstichkeramikkultur im nördlichen Gebiet. Bereits gegen Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. verdrängten die Träger der Tiefstichkeramikkultur diejenigen

der Baalberger Kultur zunehmend nach Sü-den. Diese Expansion setzte sich um 3400 v. Chr. fort, in deren Folge das Siedlungsge-biet der Salzmünder Kultur auf die Region südlich der Wipper eingeengt wurde. Die aus der Tiefstichkeramikkultur hervorgegan-gene Walternienburger Kultur drängte die Salzmünder Kultur weiter nach Süden ab und drang schließlich rund 100 Jahre später, um 3200 v. Chr., tief in das Siedlungsgebiet der Salzmünder Kultur ein. Gegen 3100 v. Chr. war nur noch die aus der Walternienburger Kultur hervorgegangene Bernburger Kultur im ehemaligen Gebiet der Salzmünder Kul-tur präsent. Es ist anzunehmen, dass das Ver-schwinden der Salzmünder Kultur eine tat-sächliche Eroberung des Gebietes anzeigt (Schwarz in Vorb.; siehe Beitrag „Das Mittel-neolithikum in Sachsen-Anhalt“, S. 231).

Dieses von Ralf Schwarz entwickelte Mo-dell korrespondiert mit der Entdeckung

abb. 4Die durchlochten steinäxte des 4. und 3. Jahrtausends v. chr. stellen in der regel waffen dar. sie wurden häufig, wie die hier abgebildete amazonenaxt aus walternien-burg, lkr. anhalt-Bitterfeld, äußerst sorgfäl-tig gearbeitet. Die axt gehörte vermutlich zu einem kriegergrab der gleichnamigen kultur-gruppe.

abb. 4 abb. 5

abb. 5Bereits 1756 wurde in gölitzsch bei Mer-seburg ein innen verziertes steinkammer-grab entdeckt. Die Datierung schwankt zwi-schen salzmünder und schnurkeramikkultur. Äußerst bemerkenswert ist die statusdar-stellung des darin bestatteten kriegers und Jägers durch köcher, Bogen und streitaxt (Mitte unten).

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zahlreicher mitteldeutscher Befestigungen jener Zeit. Sie befinden sich vorwiegend auf Hochflächen entlang der die Landschaft gliedernden Flüsse, sodass hier unter Be-rücksichtigung der zu beobachtenden Ver-drängung von einer Anlage dieser Befesti-gungen im Zuge kriegerischer Aktivitäten ausgegangen werden kann (Schwarz 2003).

Das vorliegende Beispiel ist typisch für immer wiederkehrende Abläufe während des Neolithikums in Mitteldeutschland. Die extrem fruchtbaren Löss- und Schwarzer-degebiete nördlich und südlich des Harzes wurden wiederholt von Eindringlingen aus dem Norden oder Nordosten erobert. Diese sahen sich nach ihrer Konsolidierung er-neut mit anderen Gruppen konfrontiert, gegen die sie wiederum zur Verteidigung ihres Gebietes Grabenwerke und Befesti-gungen errichteten. Wie groß das Bedürf-nis nach Schutz, die Angst vor dem Gegner, aber auch die eigene Mobilisierungsfähig-keit war, zeigt die bedeutende und gut er-haltene Befestigungsanlage der Baalberger Kultur in der Dölauer Heide bei Halle.

Doch auch die Zeit der Eroberer und Sie-ger im neuen fruchtbaren und bäuerlich ideal zu besiedelnden Gebiet war begrenzt. Bereits wenige Jahrhunderte später traten – zeitlich auf die von Nordosten ausgreifende Kugelamphorenkultur folgend – die stark kriegerischen Kulturen der Schnurkera-mik- und Glockenbecherkultur auf, die sich aus dem Osten und Westen kommend des Landes bemächtigten und die alte Bevölke-rung teilweise überschichteten (siehe Bei-trag „Neolithikum – neu erforscht!“, S. 42). Die Gesellschaften der Schnurkeramikkul-tur und der Glockenbecherkultur kenn-zeichneten sich nun in ihrer Lage im Grab als individuelle Krieger mit prunkvol-len schnurkeramischen Äxten und im Fall der Glockenbecherkultur mit Bogenwaffen (Abb. 6). Vermutlich handelt es sich hier um erste Hinweise auf Reiterkrieger, die den Vorteil des Pferdes kriegerisch zu nutzen wussten.

Die Menschen dieser Zeit standen bereits an der Schwelle zur Frühbronzezeit, seit der dann das heroische, wie bei Homer geschilderte Kriegertum mit Lanzen, Schwertern und De-fensivwaffen für lange Zeit dominierte (vgl. Kristiansen 1999,176 ff.; Sidebottom 2008, 17 ff.; Osgood u. a. 2001). Die frühbronzezeitliche Entwicklung lässt die neo lithischen Bogenkrie-

ger nur als Vorstufe flächendeckender, syste-matischer Ausein an der setzungen erscheinen. Doch erst im 20. Jahr hundert n. Chr. wurden alle bisherigen, seit dem Neolithikum an den Krieg angelegten Maßstäbe in jeder Hinsicht gebrochen.

abb. 6ein glockenbecherkrieger in der rekonstruk-tion von karol schauer. zu beachten ist das von anthropomorphen steinstelen abgelei-tete wattierte wams. gepolsterte kleidung dieser art half auch den kreuzfahrern, arabi-sche Pfeile abzuhalten. auffällig ist die polierte armschutzplatte, ein statussymbol, das häufig zusammen mit Pfeil und Bogen ins grab gege-ben wurde. Das domestizierte Pferd war ver-mutlich seit der salzmünder kultur bekannt.zeichnung: © karol schauer.

abb. 6

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anMerkungen1 zur Definition von krieg siehe das grundlegende werk von c. v. clausewitz (1980, 17) und die zu-sammenfassenden Darstellungen von l. h. keeley (1996, bes. 3 ff.), r. B. Ferguson (1997, 334 ff.) und h. Peter- röcher (2007). verschiedene kriegs-theorien mit diversen Fallstudien sind in Jäger/Beck-mann 2011 zusammengetragen worden. zu ethno-grafischen analogien siehe stuart/strathern 2002. während die Defi nition von clausewitz: „Der krieg ist nichts als ein erweiterter zweikampf“ beeindruckend einfach ist, stellen die modernen Definitionen kom-plexität, organisationsgrad und absichtsvolle tödliche gewalt in den vordergrund. Dabei ergibt sich meist schon aus der art der Definition, dass die Bezeich-nung krieg auf die vorneolithischen gemeinschaften – wenn man von wenigen hochproduktiven mesolithi-schen gruppen absieht – nicht zutrifft.

2 zu den Massengräbern zusammenfassend siehe Mayer u. a. 2004, 50 ff.

3 es soll hier nicht verschwiegen werden, dass es bereits im Mesolithikum zur entwicklung der keulen-waffe kam und dass im gegensatz zum Paläolithikum im Mesolithikum gehäuft gewalt auftrat (vencl 1999, 58 ff.; guilaine/zammit 2005, 75 ff.). ein Befund, der angesichts mangelnder ressourcen – besonders im inland – nicht verwundert, aber aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte per definitionem wohl nicht als krieg bezeichnet werden kann (Biermann 2011, 9).

4 etwa neolithische kreisgrabenanlagen aus großbri-tannien wie die anlage von hambledon hill, Dorset. hier konnte ein angriff der Befestigung durch Bogen-schützen belegt werden, der schließlich zum ab-brennen der hölzernen Palisaden führte; siehe Mer-cer 1980; Mercer 1989, 5 ff.; Mercer/healy 2008; thorpe 2006, 147 ff. mit weiteren verweisen.

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abb. 4, 5 J. lipták

abb. 6 © k. schauer

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Rätselhaftes ging vor in Mitteldeutschland

Harald Meller (Hrsg.) 3300 BC Mysteriöse Steinzeittote und ihre Welt 384 Seiten, 376 Abbildungen geb. 24,5 x 30 cm € 29,90 (D) / sFr 40,90 / € 30,80 (A) ISBN 978-3-943904-33-8

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