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Ko gnitionswis s enschaft :Grundlagen, Probleme,
PerspektivenHerausgegeben von
Dieter Mnch
Die Deursche Bibliothek -
Clp-EinheitsaufnahmeKo gnitionsutissenschaft : Grundlagen,
probleme, perspekdven
/ hrsg. von Dierel Mnch. _z. Aufl.
- Frankfun am Main : Suhrkamp, 2ooo(Suhrkamp-Taschenbuch
\Wissenschaft I 9 g9)
*u,'J"Jrll: n# ?ijl,,, ",
suhrkamp taschenbuch wissenschaft 9 g9
@ dieser Ausgabe: Hf:-H'g:,i?ii,**urr am MainSuhrkamp. Taschenb
ucL Verlag
Alle Rechte voibehahen, insbesondre dasdes ffendichen Vonrags,
der berragung
durch Rundfunk und Fernsehen "sowie der berserzung, auch
einzelner Teile.
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verarbeiteg vervielfi.ltigi oder verbreiter werden.Druck Nomos
Verlags esellschafg Baden-Baden
Printed in GermanyUmschlag nach Enrwrfin von
\Villy Fleckhaus und Rolf Smudt
234j67-or04 oJ oz oroo
Daniel C. DennettIntentionale Systeme in der kognitiven
Verhaltensforschung
r. Das Problem
Das Feld der kognitiven verhaltensforschung bietet reiches
Quel-lenmaterial fr die philosophische Analyse der Bedeutung undder
Mentalitt; es bietet fr Philosophen sogar die
verfhrerischeArlssicht, ziemlich direlct an der Entwicklung von
Begriffen undMethoden eines anderen Gebiers mitzuarbeiten. Als
Philosoph,als Auenstehender, der nur eine kursorische Einfhrung in
dasGebiet'der Verhaltensforschung erfahren hat, habe ich den
Ein-druck, da die neuen Verhaltensforscher, die die Zwangsjacke
desBehaviorismus abgestreift und dessen beschwerende
berschuheabgelegt haben, etwas unsicher nach einer Kleidung
Ausschauhalten, die sich sehen lassen kann. Sie suchen ein
theoretischesVokabular, das in deskriptiver Hinsicht leistungsfhig
genug ist,um die ermittelten Daten zu beschreiben, und gleichzeitig
einetheoretisch fruchtbare Methode zur Formulierung von
Hypothe-sen, die letzten Endes zu Informationsverarbeituiigr-od.lLn
derNervensysteme der unrersuchten Krearuren fhrt (vgl.
Roitblatr98z). Es ist ein langer \7eg von der Beobachrung des
Verhaltensvon, sagen wir, Primaten in freier Vildbahn bis zu
gltigen neu-rophysiologischen Modellen ihrer Gehirnaktivitt; eine
Sprech-weise zu finden, die einen vernnftigen Mittelweg darstellt,
istkeine triviale Aufgabe. Da mir die methodologischen und
begriff-lichen Probleme, mit denen der Verhaltensforscher
konfrontiertist, eine auffallende Ahnlichkeit mit Problemen zu
haben schei-nen, mit denen ich und andere Philosophen uns in
jngster Zeitherumgeschlagen haben, bin ich versucht,
hereinzuplatzen undvierDinge anzubieten: erstens eine kurze-Analyse
des Problems,zweitens einen Vorschlag, es zu behandeln (den ich
uTheorieintentionaler Systeme
-
kurze Verteidigung des Adaptionismus (sbwie seiner Verwand-ten,
der Theorie intentionaler Systeme) gegen krzlich vorge-brachte
Kritiken von Stephen J. Gould und Richard C. Lewontin.Die
Methodologie der Philosophie enthlt gegenwrtig als eineihrer
populrsten (und oft tatschlich fruchtbaren) Strategien
dieBeschreibung und Untersuchung vollkommen imaginrer
Situa-tionen
- ausgearbeitere Gedankenexperimenre, die die vermeint-
lich entscheidenden Eigenschaften in einem bestimmten
begriffli-chen Gebiet ftir die genaue Analyse isolieren. In Wort
und Ge-genstand (t96o) stellte \f. V. O. Quine eine ausfhrliche
lJntersu-chung der empirischen und theoretischen Aufgaben vor, die
sichdem
"radikalen b.rcetz.r.., dem imaginren Anthropologenund
Sprachwissenschaftler stellen, delzu einer vollkommenfremden
Gesellschaft kommt
- ohne eine Schar von bersetzet.t
oder zweisprachigen Fhrern -, der die Sprache der Eingebore-
nen herausfinden mu und dabei jede verfgbare wissenschaftli-che
Methode anwenden kann. Aus diesem Gedankenexperimentheraus
entwickelte sich Quines These von der "Unbestimmtheitder radikalen
bersetzung.., die besagt, da es im Prinzip immermglich sein mu, fr
jede beliebige Sprache nichttrivial verschie-dene
berretzungshandbcher zu entwickeln, die gleich gur vonden zur
Verfgung stehenden empirischen Belegen gesttzt wer-den. Einer der
seitdem umstrittensren,Punkre des QuineschenAnsatzes sind seine
kompromilos durchgehaltenen behavioristi-schen Skrupel hinsichtlich
der Charakterisierung der Aufgabe,vor der der radikale bersetzer
steht. \flas geschieht mit der Arrf-gabe der radikalen bersetzung,
wenn man sich von der Bindungan eine behavioristische Anschauung
und Terminologie lst? Viesind die Aussichten fr das Zui;tandekommen
einer einheitlichenbersetzung einer Sprache (oder der einheitlichen
Interpretationder ,mentalen Zustnde., eines \Tesens), wenn man das
Vokabu-lar und die Methoden des ,,Kognitivismus.. zult? Die
Frageknnte durch andere Gedankenexperimente geklrt werden, undin
verschiedener Hinsicht ist dies ,rch geschhen (Bennett ry76;Dennett
r97r; Lewis r974.Die Untersuchungen der wirklichen\Welt durch
Seyfarth, Cheney und Marler (r98o) mit grnenMeerkatzen (einer
Affenart) in Afrika leisten uns bei dieser Gele-genheit bessere
Dienste. Grne Meerkatzen bilden eine Art Ge-sellschaft und haben
eine Art Sprache, und es gibt natrlich keinezweisprachigen
bersetzer, di bei einer radikalen berserzung
344
der Meerkatzensprache behilflich sein knnten. Dabei hat
manfolgendes herausgefunden :
Grne Meeerkatzen geben unterschiedliche Alarmrufe bei
unterschiedli-chen Ruo-ern. Aufnahmdn von Alarmrufen, die
abgespielt wurden, wennkein Ruber vorhanden war, lieen die Affen
anf Be.rme klettern, wennein Leopardenalarm vorlag; sie lieen sie
nach oben sehen, wenn Adler-alarm, und nach unten sehen, wenn
Schlangenalarni abgespielt wurde.Ausgewachsene Affen geben
hauptschlich bei Leoparden, Adlern undPythons Alarm; jngere Affen
geben dagegen Leopardenalarm bei ver-schiedenen Sugetieren,
Adleralarm bei vielen Vgeln und Schlangen-alarm bei verschiedenen
schlangenhnlichen Gegenstnden. Die Ruber-klassifikation verbessert
sich mit dem Alter und der Erfahrung (Seyfarth,Cheney und Marler
r98o, 8or).Diese Zusammenfassung ist, wie Sie bemerken, in beinahe
reinemBehavioresisch, der Sprache der Naturwissenschaft,
abgefat,auch wenn diese nicht mehr die Sprache der tWissenschaft
ist. Sieist gerade informativ genug, um qulend zu sein. Man will
wissen,wieviel Sprache die Meerkatzen wirklich haben.
Kommunizierensie tatschlich? Meinen sie, was sie sagen? \Welche
Interpretationgenau knnen wir diesen Akdvitten geben? \as, wenn
ber-haupt, sagen uns diese Daten ber die kognitiven Fhigkeiten
vonMeerkatzen? In welcher Hinsicht hneln diese Fhigkeiten
- not-
wendigerweise -
den kognitiven Fhigkeiten des Menschen, undin welcher'W'eise und
in welchem Grad sind Meerkatzen kraftdieses
',sprachlichen.. Talents intelligenter als andere Arten?Diese
berladenen Fragen
- die natrlichsten, die man unter die-
sen LJmstnden stellt -
fallen nicht glatt in den Bereich irgendei-ner \(issenschaft.
Doch gleichgltig, ob dies die richtigen Fragensind, die ein
lWissenschaftler zu stellen hat, sind es sicherlichFragen, die wir
alle als faszinierte Menschen beantworrer habenwollen, wenn wir von
dieser auffallenden Ahnlichkeit der Meer-katzen mit uns
erfahren.Der Kognitivist wrde gern der Versuchung erliegen, die
ge-whnliche mentalistische Sprache mehr oder weniger als bareMnze
zu betrachten und direkt Fragen zu beantworren, wie:\as tplss en
die Affen? \XIas wollen, iersieben und meinen sie?Der entscheidende
Punkt der kognitiven Llntersuchung ist ande-rerseits jedoch nicht,
die Neugier des Laien hinsichtlich des relati-ven IQ seines
affenartigen Verwandten zu stillen, sondern diekognitiven Talente
dieser Tiere darzustellen, und zwar auf dem
345
-
tw"g ber die Darstqllung der kognitiven Prozesse, die diese
Ta-lente erklren. Kann die Alltagssprache der Meinungen, \n-sche,
Erwartungen, des Erkennens, Versrehens und dergleichenauch als die
hinreichend strenge, abstrakte Sprache dienen, in derdie kognitiven
Kompetenzen zu beschreiben sind?Ich mchte behaupren, da die Antwort
,rja.. lautet.Ja, wenn wirsorgfltig beachten, was wir tun und
sagen, wenn wir gewhnli-che \orte wie ,rmeineno und ,rwnschen<
verwenden und wennwir die Annahmen und Implikationen der Strategie
verstehen, diewir verwenden mssen, wenn wir diese \Wrter
gebrauchen.Die Entscheidung, sich in der 'Wissenschaft auf
Meinungen,\Wnsche und andere
"mentalistische.. Begriffe zu sttzen, dieEntscheidung fr
"die intentionale Einstellung.,, wie ich sie nenne,. (Dennett
r97t; t976; ry78a;.r98rb; r98rc), ist keine ungewhnli-che Art der
Entscheidung in der \Wissenschaft. Die Grundstrate-gie, von der
dies ein Spezialfall ist, ist verrraur: sie besteht darin,die
Erklrungs- und Beschreibungsebenen zu ndern, um einegrere
Voraussagekraft oder Allgemeinheit zu erhalten. bli-cherweise
geschieht dies auf Kosren von Details, um den Preisvon
Vereinfachungen und er.schwerter Falsifikation. \flenn Biolo-gen,
die eine bestimmte Tierarr untersuchen, entscheiden, etwasin der
Umwelt der Tierart Nahrung zrr nennen, und es dabeibelassen,
vernachlssigen sie die verzwickten Deuils der Chemieund Physiologie
der Ernhrung, der Biologie des Kauens, derVerdauung, der
Ausscheidung und das brige. Selbst wenn manvoraussetzt, da viele
Details dieser feiner strukturierten Biologienoch nicht richtig
verstanden sind, wird.die Entscheidung, durchAntizipation der
feiner strukturierten Biologie den Sprung nachvorn zu wagen und
sich auf das richtige Verhalten des Begriffs derNahrung auf der
Ebene der dafr geeigneten Theo rie zu verlas-sen, wahrscheinlich
selbst bei dem konservativsten \Wissenschaft-ler Zustimmung
finden.Die Entscheidung fr eine intentionale Einstellung ist
risikorer-cher. Sie beruht auf der Brauchbarkeit eines bisher
ungenau be-schriebenen Begriffs der Information
- nicht des Befriffs, der
durch die Informationstheorie von Shannon und \eaver (Shan-non
1949) legitimiert wurde, sondern vielmehr des Begriffs, denman
hufig semantiscbe Information nennr. (Eine mehr oder we-niger
bliche \eise, die noch immer unvollkommen
verstandeneIJnterscheidung zwischen diesen beiden
Informationsbegriffen
346
einzufhren, besteht darin, zu sagen, da die
Shannon-\eaver-Theorie die Kapazitt der Informationsbertragung und
der Tr-ger d-er Informationsspeicherung mit, da sie jedoch nichts
zuden Inhalten dieser Kanle und Trger sagt, die der Gegenstandeiner
noch zu formulierenden Theoiie semantischer Informationsein wird.
Ein Versuch, die Kluft zwischen den beiden Begriffenzu berbrcken,
findet sich bei Dretske r98r; eine Buchbespre-chung durch
verschiedene Autoren findet sich in BBS 6 (t) rg8l.)Information ist
in semantischer Sicht eine vollkommen reale, je-doch sehr
abstrakte'Ware, deren Speicherung, bertragung undTransformation in
der Alltagssprache informell, aber ziemlichzuverlssig mit Hilfe von
Meinungen und \nschen sowie ande-ren Zustnden und Akten
wiedergegeben wird, die Philosophenintentional nennen.
u. Die Theorie intentionaler Systeme
Im philosophischen Jargon heit Intentionalitt, um es kurz
zusagen, Von-etwas-Handeln. Einige der Dinge, Zustnde und
Er-eignisse in der tVelt haben die interessante Eigensch aft, uon
ande-ren Dingen, Zustnden und Ereignissen zu bandeln; bildlich
ge-sprochen: sie weisen auf andere Dinge. Dieser Pfeil der
Bezug-nahme oder des Von-etwas-Handelns ist Gegenstand
intensiverphilosophischer Betrachtung gewesen und hat viel
\fliderspruchhervorgerufen. Fr unsere Zwecke knnen wir aus diesem
bro-delnden Kessel zweierlei behutsam abschpfen, wobei wir
starkvereinfachen und wichtige Themen auer acht lassen, die
unsereFragen nur am Rande berhrenlVir knnen zunchst das
Vorhandensein der Intentionalitt, desVon-etwas-Handelns, als den
Gegenstand unserer Diskussionenauszeichnen, indem wir das
Vorhandensein einer bestimm ten lo-gischen Eigenschaft solcher
Diskussionen auszeichnen. Stze, dieSystemen intentio ale Zustnde
oder Ereignisse zuschreiben, ver-wenden \Wendungen, die
referentielle Opakbeit aufweisen: sieleiten Nebenstze ein, in denen
die normale, freie Substitutions-regel nicht gilt. Diese Regel ist
einfach die logische Umschreibungder Maxime, da eine Rose genau so
zart duften wrde, wenn sieirgendeinen anderen Namen htte. \flenn
man einen wahren Satzhat
- so die Regel
-, und man ndert ihn, indern man einen
347
-
Ausdruck durcli einen anderen, davon verschiedenen
Ausdruckersetzt, der sich exakt auf dasselbe Ding oder dieselben
Dingebezieht, dann wird der neue Satz ebenfalls wahr sein.
Dassel6egilt fr falsche Stze
- bloe Anderung der Mittel, mit denen man
die Gegenstnde herausgreift, von denen der satz handelt,
kanneine falsche Aussage nicht zu einer wahren machen. Nehmen
wirz.B. an, Emil sei der lteste schler der Klasse; y/enn nun
wahrist, da
r. Dorothea neben Emil sitzt,dann erhalten wir bei Ersetzung
,rder ltesre Schler der Klasse..fr
"Emil" den Satzz. Dorothea sitzt neben dem ltesten schler der
Klasse,
der wahr sein muf, wenn der vorherige Satz'wahr ist.Ein Satz mit
einer intentionalen Wendung enthlt jedoch einenSatz, in der solch
eine Erserzung \wahrheit zu Falschheit machenkann und vice versa.
(Dieses Phnomen wird referentielle Opak-heit genannr, weil die
Ausdrcke in solchen Stzen durch iin.Barriere abgeschirmt oder
isoliert sind, so da sie sich der logi-schen Analyse entziehen, die
normalerweise durch die Ausdrcke"hindurch" auf die \Welt ,siehr..,
von der die Ausdrcke handeln.)So ist z.B. Sir \walter Scott der
Autor von waaerly,und BertrandRussell (tgol) versichert uns, da
3. George IV. sich fragte, ob Scott der Auror von Waverly sei.Es
erscheint jedoch tatschlich unwahrscheinlich, da
4. George IV. sich fragte, ob Scott Scott sei..\flie Russell
bemerkt, ,[2pn Europas erstem Gentleman kaum einInteresse an dem
Gesetz der Identitt nachgesagt werden.. (rgoj,+8 t).Um ein anderes
Beispiel zu geben, nehmen wir an, da es wahrsein soll, da
y. Burgess frchtet, da die Kreatur, die im Gebsch raschelt,eine
Python ist,
und nehmen wir an, da die Kreatur im Gebsch in
\X/irklichkeitRobert Seyfarth ist. \7ir wollen nicht den Schlu
ziehen, da
6. Burgess frchtet, da Robert Seyfarth eine Python ist.Man wird
sicher sagen, da wir in gewissem sinn eben dies tun,und in diesem
Sinne wollen wir, so seltsam das ist, darauf beste-hen, da Knig
George sich tatschlich fragte, ob Scott Scott sei.So hat er sich
die Frage aber nicht gestellt, und auch Burgess hatdie Kreatur im
Gebsch nicht so aufgefat, das heit nicht als
348
seyfarth. Es ist der Sinn des Begreifens als, des sehens als,
desDenkens als, den die intentionale \Tendung in den
Mittelpunktstellt.Ein anderes Beispiel: Angenommen, sie meinen, Ihr
Nachbargbe inen guten Ehemann ab, und ferner angenommen, da erder
Verrckte s7rger ist, wovon Sie allerdings nichts wissen.obwohl in
einem sehr berspannren Sinn von Ihnen gesagr wer-den kann, sie
meinten, da der verrckte \flrger .irr.tt gurenEhemann abgbe, so run
sie dies in einem ander, natrficf,erenSinne nicht, denn es gibt
eine andere (sehr bizarre und unwahr-scheinliche) Meinung, die Sie
sicherlich nicht teilen, und die manmit mehr Recht die Meinung
nennen knnre, da der verrckte\rger einen guten Ehemann abgbe.Es ist
dieser \iderstand gegenber der Ersetzurrgt das Bestehendarauf, da
es f.ir einige Zwecke einen entscheidenden lJnter-schied macht, ob
man eine Rose eine Rose nennr, was die inten-tionalen \Tendungen in
idealer \weise dazu geeignet macht, berdie Art und \fleise {u
reden, wie Informationen in den Kpfenvon Menschen
- und anderen Tieren
- reprsenriert sind.
Der erste Punkt zur Intentionalitt besteht daher darin, da
wiruns bei einer ausgezeichneten Menge von \endungen darauf
ver-lassen knnen, da sie diese besondere Eigentmlichkeit haben,da
bei Ihnen die Mittel der Referenz nicht gleichgltig sind, diein den
von ihnen eingeleiteten stzen uerniend.I *.id.n.
Amvertrautesten'sind solche \Tendungen wie ,rmeinen, da..,
uwis-sen, dau, >erwarten (da)*, ,,*oli.n (da es der Fall ist).,
>>r-kennen (da)", ,,versrehen (da)". Kurz, das von
Behavioristengemiedene und von Kognitivisten gefeierte
,,mentalistische.. Vo-kabular lt sich ziemlich gut herausfiltern,
wenn man referen-tielle Opakheir als Kriterium whlt.Der zweite
Punkt, den wir festhalten wollen, ist ziemlich kontro-vers, obwohl
er viele Anhnger hat, die zu ungefhr dem gleichenErgebnis kamen,
auch wenn sie verschiedene \wege einschlugen:der Gebrauch
intentionaler'Wendungen bringt die Voraurr.tzuttgoder Annahme von
Rationalitt der Kreatur oder des Systems,dem intentionale Zustnde
zugeschrieben werden, ins Spil. \(/or-auf dies hinausluft, wird
deutlicher werden, wenn wir uns nunder intentionalen Einstellung in
bezug auf Meerkatzen zuwen-den.
349
-
ur. M.eerkaven als intentionale Systeme
Die intentionale Einstellung gegenber diesen Affen einzuneh-men
heit, sich fr den Versuch zu entscheiden, ihr Verhalten
zucharakterisieren, vorauszusagen und zu erklren, indem man
in-tentionale \Wendungen wie
"meinenu und ,wollenu verwendet.Diese Vorgehensweise nimmt bei
den Meerkatzen Rarionalitt anoder setzt sie voraus. \Wir wo[en
sagen, da eine Meerkatze einintentionales System ist, ein Ding,
dessen Verhalten voraussagbarist, wenn wir ihm Meinungen und
\flnsche zuschreiben (undnatrlich Rationalitt): Welibe Meinungen
und \wnsche? Es ste-hen hier viele Hypothesen zur Verfgung, die, da
sie Rationalittvoraussetzen, getestet werden knnen. Zunchst wollen
wir fest-halten, da es unterschiedliche Grade intentionaler Systeme
gibt.Ein intentionales System erster Ordnung hat Meinungen
und\wnsche (usw.), jedoch keine Meinungen und \fltinsche bezg-lich
Meiaungen und \7nschen. Alle Zuschreibungen, die wir beieinem
intentionalen System machen, das nur erster ordnung ist,haben die
logische Form
7. x meint, dalS p,8. y will, do q,
wobei 'po und "q" Stze bezeichnen, die selbst keine
intentiona-
Ien \Tendungen enthalten. Ein intentionales System zarciter
ord-nung ist komplizierter. Es hat Meinungen und \fnsche
(undzweifellos andere intentionale Zustnde) bezglich Meinungenund
\Wtinschen (und anderen intentionalen Zustnden)
- und
zwar sowohl von anderen als auch von sich selbst. Zum
Beispiel:9. x will, da y meint, da x hungrig ist,
ro. x meint, da y era)artet, da x nach links springt,r r. x
frchtet, da y entdecken wird, da x ein Nahrungsdepot
hat.Ein intentionales System dritter ordnung kann Zustnde
habenwie
I2. x raill, da y meint, da x meint, da er allein ist.Ein Syst
em vierter Ordnung knnte wollen, da du meinst, esaerstehe, da du
oerlangst, da es gehe. \Wie weit knnen wirMenschen dies fortsetzen?
olm Prinzip" zweifellos unendlichweit, ich bezweifle jedoch, da Sie
sich fragen, ob ich erkenne,wie schwer es ftir Sie ist, sicher zu
sein, da Sie verstehen, ob ichsagen will, da Sie erkennen knnen, da
ich glauben kann, da
3to
sie wollen, da ich erklre, da die meisren von uns nur ungefhrfnf
oder sechs Ordnungen unrer gnstigsten Bedingungen ver-folgen knnen.
Vgl. Cargile $97o) zu einer eleganten, aber nch-ternen Erforschung
dieser Phnomene.\Was knnen Meerkatzen? Haben sie wirklich die
Fhigkeit zurIntentionalitt dritter oder vierter Ordnung? Die Frage
ist in ver-schiedener Hinsicht interessanr. Zunchst liegen dieie
ordnun-gen auf einer intuitiaen Skala der Intelligenz;
Zuschreibungenhherer ordnung scheinen uns sehr viel hher
entwickelt, sehrviel menschlicher, sehr viel mehr Intelligen z zu
erfordern. Es gibteinige plausible Diagnosen dieser Intuition.
Grice (r9t7, ,ieg)und andere Philosophen (ugl. besonders Bennetr
ry76) habensorgfltig ausgearbeitete und genaue Argumenie fr die
Ansichtentwickelt, da eigentlich e Kommunikation, Sprechakte im
srren-gen, menschlichen Sinne des \Wortes, zumindest von drei
Ord-nungen der Intendonalitt abhngen, und zwar sowohl beimSprecher
wie beim Hrer.Nicht alle Interaktionen zwischen Organismen sind
kommunika-tiv. \enn ich eine Fliege erschlage, ktmm.rniziere ich
nicht mitihr, und auch nicht; wenn ich das Fenster ffne, um sie
hinausflie-gen zu lassen. Aber kommuniziert ein Schferhund mit den
Scha-fen, die er htet? Kommuniziert ein Biber, wenn er mit
demSchwanz schlgt, und kommunizieren Bienen, wenn sie ihre
be-rhmten Tnze auffhren? Kommunizieren menschliche Kindermit ihren
Eltern? Zu welchem Zeitpunkt kann man sicher sein,da man wirklich
mit einem Kind kommuniziert? Das Vorhan-densein spezifischer
sprachlicher Token scheint weder notwendignoch hinreichend zu sein.
(Ich kann englische Befehle gebrau-chen, um meinen Hund Dinge run
zu lassen, doch dies ist besten-falls eine blasse Form der
Kommunikation, verglichen mit dembloen Heben der Augenbrauen, mit
dem ich jemandem zu ver-stehen geben kann, da er das Gesprchsthema
wechseln sollte.)Die Theorie von Grice bietet einen besseren
Rahmen, um dieseFragen zu beantworten. Sie definiert intuitiv
plausible und formalanspruchsvolle Kriterien fr Kommunikation, zu
denen gehrt,da den Teilnehmern zumindesr inrenrionale Zustnde
-dritt.,Ordnung korrekt zugeschrieben werden, wie:
r3. Der Auernde beabsicbtigt, da die Hrer erkennen, dader
Auernde beabsichtigt, da die Hrer mit 4 anrworten.
Ein Grund, sich fr die intentionale Interpretation der
Meerkat-
3tr
-
zen zu interessieJen, liegt daher darin, da sie verspricht,
dieFrage zu beantworten (oder zumindest zu beantworten hilft):
Istdieses Verhalten wirklich sprachlich? Kommunizieren sie
wirk-lich? Ein anderer Grund liegt darin, da die hheren
Ordnungenein auffallendes Merkmal fr Zuschreibungen von
interaktivenEigentmlichkeiten wie reziprokem ltruismus sind, ber
den inder soziobiologischen Literatur spekuliert wird. Man hat
sogarvermutet (Trivers rgTr), da die steigende Komplexitt
mentalerReprsentationen, die fr die Aufrechterhaltung von
Systemendes reziproken Altruismus (und anderer komplexer sozialer
Be-ziehungen) erforderlich ist, in der Evolution zu einer Art
\Wett-rsten in der Gehirnleistung fhrte. Humphrey (t976) kommtauf
einem anderen und in mancher Hinsicht weniger spekulativenW.g zu
hnlichen Ergebnissen. Es gibt vielleicht Jine Attzahl von\Wegen,
die zv dem Schlu fhren, da Charakterisierungendurch Intentionalitt
hherer Ordnung ein echtes Merkmal
- und
nicht nur ein verlliches Symptom -
fr Intelligenz sind.(Ich will nicht sagen, da diese Ordnungen
irgendwie eine ein-heitliche Stufenleiter darstellen. Verschiedene
Kritiker habenmich darauf hingewiesen, da die erste Iteration
- zu einem inten-
tionalen System zweiter Ordnung- der entscheidende Schritt
derRekursion sei; wenn man erst einmal das Prinzip der Einbettungin
sein Repertoire bernommen hat, dann scheint die Komplexi-tt dessen,
was man in irgendeinem Sinne in Erwgung ziehenkann, in plausibler
\Weise nur noch durch die Kapazitt des Ge-dchtnisses, der
Aufmerksamkeitsspanne oder des
"kognitivenArbeitsspeichers.. als grundlegendes Ma fr die Hhe
der Ent-wicklung des Systems begrenzt zu sein. Und dank
nKlumpenbil-dung" (cbwnking) und anderen knstlichen
Gedchtnishilfenscheint es keine n interessanten Unterschied
zwischen einem in-tentionalen System (sagen wir) vierter und fnfter
Ordnung zugeben. Vgl. jedoch Cargile t97o zu weitet.tt betlegungen
berdie natrlichen Grenzen der Iteration.)Doch nun zurck zur
empirischen Frage, was grne Meerkatzenknnen. Der Einfachheit halber
knnen wir unsere Aufmerksam-keit auf einen einzigen offenbar
kommunikativen Akt beschrn-ken, der von einer bestimmten Meerkatze
namens Tom ausge-fhrt wird. \Wir wollen annehmen, da sie den Ruf
,Leopardn-alarmo in Gegenwart einer anderen Meerkatze namens Sam
gibt.Vir knnen nun eine Menge konkurrierender intentionaler
Inter-
312
pretationen dieses Verhaltens zusammenstellen, die von hohen
zuniedrigen, von >romantischen.. bis spielverderberischen
reichen.Hier ist eine (relativ) romantische Hypothese (mit einigen
zutestenden Variationen im Schlusatz) :4. Ordnung; Tom will, da Sam
erh,ennt, da Tom will, da Sam
glaubt, da da ein Leopard ist,da da ein Fleischfresser ist,da da
ein vierbeiniges Tier ist,
Brotdose ist.\X/eniger aufregend wre es, folgende Hypothese
dritter Ordnungzu besttigen (es knnten auch andere sein):j.
Ordnung: Tomvtill, da Sam erkennt, da Tom aill, da Sam
auf einen Baum klettert.Man beachte, da sich dieser besondere
Fall dritter Ordnung vondem Fall vierter Ordnung durch den \andel
der Sprechaktkate-gorie unterscheidet: In dieser Lesart ist der
Leopardenalarm einimperativer Akt (eine Aufforderung oder ein
Befehl) und nichtein deklarativer Akt (der Sam ber den Leoparden
informiert).Der wichtige Unterschied zwischen imperativen und
deklarativenInterpretationen von Auerungen (vgl. Bennett r926,
SS4r, !r)kann auf jeder beliebigen Beschreibungsebene oberhalb der
zwei-ten Ordnung (auf der es ex hypotbesi keine Intention gibt,
einender beiden Sprechakte auszufhren) erfat werden
- und auf-
schlureiche Verhaltensunterschiede knnen dann untersuchtwerden.
Doch selbst auf der zweiten Stufe ist ein vergleichbarerUnterschied
in der gewnschten \irkung auf die Hrer ausge-drckt und kann in der
folgenden Version prinzipiell aufgrunddes Verhaltens festgestellt
werden:z. Ordnung: Tom uill, da Sam meint,
da da ein Leopard ist,da er auf einen Baum klettern solle.
Diese Version unterscheidet sich von den beiden frheren
da-durch, da sie nicht vorausse tzt, da Toms Akt irgendeine
Er-kenntnis von Sam hinsichtlich seiner (Toms) eigenen Rolle in
derSituation ("in Toms Geist") involviert. \7enn Tom sein Ziel
ge-nauso gut erreichen knnte, indem er wie ein Leopard knurrtoder
irgendwie Sams Aufmerksamkeit auf den Leoparden richtet,ohne d Sa-
das Eingreifen Toms bemerkt, dann- wre dies nurein Fall zweiter
Ordnung. (Vgl. Ich will, da du meinst, da ich
3t3
-
nicht in meinem-Bro bin; ich sitze daher gtanz ruhig ,und
ant-worte auf dein Klopfen nicht. Das ist keine Kommunikation.)r.
ordnung; Tom aill bewirken, da sam auf einen Baum klet-
tert (und er hat diesen geruschvollen Trick, derdiese \Tirkung
hat; er verwendt diesen Thick, umeine bestimmte Reaktion bei Sam
hervorzurufen).
Nach dieser Lesart hnelt der Leopardenschrei dem Verhalten,sich
jemandem von hinten zu nhern und ,Buh!u zu rufen. Diebeabsichtigte
\wirkung hngt nicht nur nicht davon ab, ob dasopfer die Intention
des Tters erkannt hat; der Tter brauchtnicht einmal irgendeine
Vorstellung davon zu haben, was in demGeist des opfers vorgeht:
laute Gerusche hinter bestimmtenDingen veranlassen sie einfach zu
springen.o. Ordnung: Tom (wie andere Meerkatzen) neigt zu drei
Arten
der Angst oder des Erschreckens: Leopardenangsr,Adlerarigst
sowie Schlangenangsr.r Jed hat ihre'ei-genen symptomatischen
Lautuerungen. Die \Wir-kungen dieser Lautuerungen auf andere
habeneine glckliche Tendenz, doch es sind alles blo
' instinktive Reaktionen, sowohl beim Auerndenals auch bei den
Hrern.\wir haben den spielverderberischen Boden des Fasses
erreicht:
eine Zugangsweise, die den Meerkatzenberhaupr keine Mentali-tt,
keine Intelligenz, keine Kommunikation und keine Intentio-nalitt
zuschreibt. Auf den verschiedenen Ebenen sind
andereDarstellungsweisen mglich, und einige mgen plausibler
sein;ich habe diese der Einfachheit und der Lebendigkeit halber
ausge-whlt. Nach Lloyd Morgans Sparsamkeitsregefsoilen wir uns
ufdie spielverderberischste, am wenigsren romantische
Hypothesefestlegen, die in systematischer \Weise das beobachtete
und beob-achtbare Verhalten erklrt. Und lange Zeft har das
behavioristi-sche Glaubensbekenntnis, da die kur.ren so angelegt
werdensollten, da sie die Daten auf der niedrigsten Ebene gur
erfassen,die Erforschung der Argumenre verhindert, die fr eine
Systema-tisierung des Verhaltens solcher Tiere auf einer hheren
Ebenesprechen. Die Behauptung, da das Verhalten eines Tieres
immerauf der niedrigsten Stufe beschrieben werden kann (als ein
reinphysiologisch oder behavioristisch beschreibbarer Ablauf
vonunvorstellbarer Komplexitt) ist nicht mehr interessant. Sie
istmit der Behauptung vergleichbar, da der Begriff der Nahrung
3t4
oder der Begriff der ZelIe oder des Gens von Biologen
prinzipiellignoriert werden kann, oder der Behauptung, da das
Verhaltenirgendeines Computers prinzipiell rein auf der
elektronischenEbene beschrieben werden kann. nflir sind heute daran
interes-siert, zu frgen, welchen Gewinn an Klarheir, an
Voraussagekraftund an Verallgemeinerung wir erreichen, wenn wir
eine Hypo-these hherer Ordnung aufstellen, die das Risiko einer
intentio-nalen Charakterisierung auf sich nimmr.Die Frage ist
empirisch. Die Taktik, die intentionale Einstellungeinzunehmen,
besteht nicht darin, empirische Untersuchungendurch apriorische
(rlehnstuhl-") IJnrersuchungen zu ersetzen,sondern um anhand dieser
Einstellungz!berlegen, welche gro-ben empirischen Fragen der Natur
zu stellen sind. Wir knnendie konkurrierenden Hypothesen resten,
indem wir die Rationali-ttsannahme der intentionalen Einstellung
auswerren. \Vir kn-nen an beiden Enden des Spektrums beginnen;
entweder knnenwir uns um die bedrckende Art empirischer Belege
bemhen,die eine Kreatur einer Interpretation hherer Ordnung
entzieht,oder der entzckenden Art empirischer Belege nachjagen,
dieInterpretationen hherer Ordnung von Krearuren frdert
(vgl.Bennett 1976).'Sflir hren z.B. mit Entzcken, da
mnnlicheMeerkatzen, die allein sind und zwischen Gruppen
umherwan-dern (und daher ihrer Ansicht nach auer Hrweite
andererMeerkatzen sind), beim Anblick eines Leopards lawtlos auf
einenBaum flchten. Soviel zur spielverderberischen Hypothese
berSchreie aus Leopardenangst. (Natrlich wird keine Hypothese
soleicht widerlegt. Ad-hoc-Modifikationen knnen eine
Hypotheseretten, und es ist nicht schwer, sich einfache
"Kontext..-fJmschal-tungen fr die Mechanismen der
Leopardenangst-Schreie auszu-denken, um die Hypothese nullter
Ordnung fr einen weiterenTag zn retten.) Auf der andern Seite des
Spektrums bietet diebloe Tatsache, da grne Meerkatzen
offensichtlich so wenigVerschiedenes sagen knnen, wenig Aussicht,
irgendeinen echtentheoretischen Nutzen fr eine so phantasievolle
Hypothese wieunsere der vierten Ordnung zu entdecken. Nur in
Kontexrenoder Gesellschaften, in denen man Mglichkeiten wie Ironie,
Me-tapher, Geschichtenerzhlen und Illustration (der Gebrauch
von\7rtern in ,zweiter Intention.., wie Philosophen sagen
wrden2)aus- (oder ein-) schlieen mu, mssen wir uns solcher
Interpre-tationen hherer Ordnung bedienen. Es gibt noch keine
endglti-
3t5
-
gen.Beiege, doch man mte in der Tat recht >romanrischo
5sin,wollte
-in hier hhe Erwartungen hegen. Es gibt trotzdem er-mutigende
Anekdoren. :Seyfarth berichtet (im Gesprch) eine Begebenheit, bei
der eineGruppe von Meerkatzen in einem territoiialen Scharmtzel
miteiner anderen Gruppe Boden verlor. Einer der Affen auf
derVerliererseite, der vorbergehend nicht im Gefecht war,
schieneine glnzende Idee zu haben: Er gab pltzlich
Leopardenalarm(i., Abwesenheit eines Leopatden), was dazu fhrte,
d,a alleMeerkatzen den Schrei a,rfnahmen und auf die Bume
zurannren-
womit er eine Aternpause erzeugte und den Boden zurckg.-wann,
den seine Seite gerade verloren hatte. Die wohl von ,liengeteilte
Intuition, da dies mglicherweise (sehen wir von
derspielverderberischen Reinterpretation ab) eine Begebenheit
vongroer schlauheir war, ist einer detaillierten Diagriose mit
Hilfeintentionaler systeme zugnglich. \wenn dieser A[t nichr blo
einglcklich er Zufall ist, dann ist der Akt wirklich hinterlistig,
dennes ist nicht einfach ein Fall, in dem die Meerkatzeeinen
liperati,"klettert auf die Bume.. in der Erwarrung uert, da alle
gehor-chen werden, da die Meerkatze (die rational isr
- wie wir',rra.rs-
setzen, um Vorhersagen machen zD knnen) nicht erwartensollte, da
eine rivalisierende Gruppe ibrem Imperativ gehorcht.Entweder wird
daher der Leopardenruf von den andern Meer-katzen als informativ
.ng.r.hn, als ejne warnungt nicht als einBefehl
- so da erst seine Glaubwrdigkeit, nichi jedoch schon
seine Autoritt hinreichr, um die virkrrng z.r erklren -, oder
derAuernde ist noch hinterlistiger: er' will i. Riurl en gla',uben
ma-
chen, da sie einen Befehl hren, der natrlich nur f-r ihr
eigenesv.olk gedacht yrr, usw. Knnte eine Mee rkatze
mglicherireireeinen so scharfen Sinn fr die situation haben? Diese
schwindel-erregenden Hhen der Kompliziertheit werden durch die
Inter-pretation hherer ordnung mit ihrer unvermeidlichen
vorausser-1.q von Rationaiitt strikr impliziert. Nur von einer
Krearur,die fhig ist, diese Punkte einzuschtzen, kann im
eigentlichenSilne
-
gesagt werden, da sie diese Meinungen, \rische undAbsichten
habe.Eine andere Beobachrung an Meerk atzenlt die Rolle der
Ratio-nalittsannahme noch deutlicher hervortreren. Als ich zum
ersrenMal hrte, da zu Seyfarths Methoden im Busch versteckte
Laut-sprecher sowie das Abspielen' aufgezeichneter Alarmrufe
gehr-
3t6
ten, schien mir allein schon der Erfolg der Methode das
Ergebniszu entwerten. Denn falls die Affen wirklich von einer
Raffiniert-heit la Grice wren, dann sollten sie in ihrer Rolle als
Hrerverblfft, ungerhrt und irgendwie unschlssig auf die krperlo-sen
Rufe reagieren, die von keinem bekannten Auerer srammen.\flrden sie
dieses Problem nicht beachten, wren sie keine Gri-ceaner. Ebenso
wie ein eigentlich Kommunizierender typischer-weise den Hrer
regelmig auf Zeichen hin berprft, ob er dieRichtung der
Kommunikation mitbekommr, berprft ein echterZuhrer typischerweise
den Kommunizierenden regelmig aufZeichen hin, ob die Richturg, die
er bekommt, die,Ri.hr,rng irt,auf die der Sprecher hinauswill.Zu
meinem Entzcken erfuhr ich jedoch von Seyfarth, da manbei der
Verwendung der Lautsprecher sehr darum bemht war,etwas derartiges
nicht entstehen zu lassen. Meerkatzen knnendie jeweiligen Rufe von
Mitgliedern ihrer Gruppe gleich erken-nen, sie erkennen also Sams
Leopardenruf als den von Sam undnicht von Tom. Damit die
\flahrscheinlichkeit gro 'war, da dieAufnahmen
"funktionierten.., achteten die Experimentatorensehr darauf,
z.B. Sams Ruf dann nicht abzuspielen, wenn Samdeutlich zu sehen war
und den Mund geschlossen hatte (oder mitetwas anderem beschftigt
war) oder wenn die anderen ,wu-ten
-
Die Rationalittsaqnahme erlaubt es uns daher, die
verschiedenenHypothesen ernst zu nehmen
- ernst genug, um sie zu testen. Am
Anfang erwarren wir, da es Grnd. ftir as urteil geben mu,da grne
Meerkatzen nur in einem sehr eingeschrnkten Sinnetwas meinen (im
Vergleich zu uns Menschen). Die Rationalitts-annahme hilft uns, die
Zeichen einer Einschrnkung zu suchenund zu messen. \flir formen
Konditionale wie
14. \7enn x meinr, da p, und wenn x rational ist, dann
wird,da
"p" "q" impliziert, x meinen (mssen), da q.Dies fhrt zu der
weiteren Zuschreibung, da x meint, da ql,was, in Verbindung mit
einigen plausiblen Zuschreibungen von\Wnschen, z! einer Vorhersage
von Verhalten fhrt, as mirHilfe von Beobachrungen oder Experimenren
geresrer werdenkann.a\flenn man den Kniff heraus hat, wie man die
Rationalittsan-nahme als Hebel ansetzt, ist es leicht, sich
weiteres aufschlurei-ches Verhalten auszudenken, nach dem man in
der freien \flild-bahn oder im Experiment suchen kann. \7enn z.B.
so erwasKompliziertes wie eine Analyse dritter oder vierter
Ordnungrichtig ist, dann sollte es mglich sein, durch hinterlistige
(undmoralisch zweifelhafte) Verwendung der versteckten
Lautspre-cher einem Individuum ,das Vertrauen zu entziehen...t
'Werrneine einzelne Meerkatze ausgewhlt wird und als Auerer
fal-scher Alarme
"idenrifiziertr,, wird, dann sollten die anderen, wennsie
rational sind, anfangen, ihm weniger zu rrauen, was sich
inverschiedener \feise manifestieren sollte. Kann ein
,Vertrauens-schwund" fr eine gewisse Meerkatze erzeugr werden?
\Wrdendie mglicherweise bsen Ergebnisse (man erinnere sich
daran,was in der Fabel, in der einer immer wieder falschen Alarm
gibt,geschieht) durch das Interesse gerechtfertigt sein, das solch
einpositives Ergebnis haben wrdel
lv. Wie man anekdotische Belege verwendet:Die
Sherlock-Holmes-Methode
Eines der anerkannten Carch-zz-Dilemmata der kognitiven
Ver-haltensforschung ist das lstige Problem anekdotischer
Belege.Als guter \Tissenschaftler wei der Verhaltensforscher
einerseim,wie leicht Anekdoten in die Irre fhren und da sie
offiziell nicht
3t8
verwendet werden knnen, da sie andererseits aber oft sehr
auf-schlureich sind. Die Schwierigkeit mit den Regeln fr
wissen-schaftliche Evidenz besteht hier darin, da sie praktisch die
Be-schreibung von allem auer dem oft wiederholten, oft
beobachte-ten stereotypen Verhalten einer Spezies ausschlieen, und
dies istgerade die Art des Verhaltens, die berhaupt keine
besondereIntelligenz erkennen lt. Diese Art von Verhalten kann
mehroder weniger plausibel als \irkung von bestimmten
eintnigenKombinationen von
',Instinkt" oder Tropismen und bedingtenReaktionen erklrt
werden. Es sind die newen Tei\e des Verhal-tens, die Akte, die man
nicht mit Hilfe frherer Konditionierungoder Training oder
Gewohnheit plausibel erklren kann, die be-redt fr Intelligenz
sprechen. Doch wenn gerade ihre Neuartig-keit und
Unwiederholbarkeit ihnen einen anekdotischen Charak-ter gibt und
sie damit zu einer nicht zugelassenen Art der Evidenzwerden, wie
kann man dann weitere kognitive Argumente fr dieIntelligenz der
betrachteten Spezies entwickeln?Genau solch ein Problem belastete
z.B. Premack und \floodruff$gZ8) bei ihrem Versuch, zu beweisen, da
Schimpansen oeineTheorie des Geistes haben". Ihre gewissenhaften
Anstrengungen,ihre Schimpansen zu einem nichtanekdotischen,
wiederholbarenVerhalten zu bringen, das die bei ihnen vermutete
Intelligenzmanifestiert, hat den frustrierenden Nebeneffekt, da
umfangrei-che Trainingsprogramme entwickelt werden mssen, auf die
Be-havioristen bei der Entwicklung ihrer rivalisierenden
Konditio-nierungshypothesen, die sie als vermeintliche. Erklrungen
desbeobachtbaren Verhaltens vorbringen, hinweisen knnen. (Vgl.die
Kommentare und Entgegnungen in uCognition and Cons-ciousness in
Nonhuman Specieso, BBS r(a) 1978; vgl. auch Pre-mack, ,'The Codes
of Man and Beasts.,, BBS 6 (t) Ig8l.)\Wir werden einen \fleg aus
diesem Dilemma finden, wenn wireinen Augenblick innehalten, um uns
zu fragen, wie wir unsereeigene Intentionalitt hherer Ordnung zur
Zufriedenheit aller,mit Ausnahme der doktrinrsten Behavioristen,
begrnden. V/irknnen den Behavioristen zugestehen, da fr irgendeine
ein-zelne kurze Spanne menschlichen Verhaltens eine relativ
plausi-ble, die intentionalistische Hypothese entwertende Erklrung
ge-geben werden kann, die nicht offensichtlich ad boc ist. Dochwenn
wir eine Anekdote an die andere reihen, eine offensicbtlicbeNeuheit
an die andere, dann lassen wir eine Biographie von so
3t9
-
offensichtlicher gchlauheit entstehen, da die Behauprung, dadies
alle.s blo ein glcklicher zufall sei oder das Ergebnl rrortbisher
nicht enrdecktem ,,Training.., zur abwegigeren Hypothes.wird.
Dieser Zuwachs an unwiederholbar.n D.rrils kann durchdie
intentionale Einstellung begnstigt .werden, D einmaligeUmstnde
hervorzurufen, die besonders aufschlureich sind. Dieintentionale
Einstellung ist in der Tat ein Verfahren, um anekdo-tische
Umstnde
- Kniffe, Fallen oder andere intentionalistische
Lackmus-Tests -
zu erzeugen oder zu enrwerfen sowie ihr Resul-tat
vorauszusagenIn der Literatur wird diese trickreiche Taktik seit
lan$em prakti-ziert. Die Idee ist so alt wie die Prfung der
Loyalirt es Slhwei-nehirts durch Odysseus, der jenem seine Identiit
verschwieg undihn in Versuchung fhrte. Sherlock Holmes war ein
Meist.i uonverwickelten intentionalen Experimenren, so da ich sie
die Sher-lock-Holmes-Metbode nenne. Cherniak (r98r , 16r) macht auf
ei-nen schnen Fall aufmerksam:In oEin Skandal in Bhmen. har
Sherlock Holmes' Gegenspielerin einesehr wichtige Photographie in
einem Raum versteckt, und Holmes willherausfinden, wo sie ist.
Holmes lt'!arson eine Rauchbombe in denRaum werfen und
"Feuer.. rufen, whrend Holmes Gegenspielerin imNebenzimmer ist
und Holmes sie beobachter. Vie .r*.r, luft darauf-hin die
Gegenspielerin in'den Raum und holt die Photographie aus
ihremversteck. Nicht jeder knnte einen so genialen Plan eniwickeln,
um dasVerhalten seines Gegenspielers zu manipulieren; doch sobald
die Bedin-g_ungen beschrieben sind, scheint es sehr einfach, die
Handlungen, desGegenspielers vorauszusagen.
In diesem Beispiel erfhrt Holmes den Aufbewahrungsort
derPhotographie und besttigt gleichzeitig ein ziemlich
ausgiarbeite-tes intentionales Profil seiner Gegenspielerin
- Irene Adler
-, dieso dargestellt ist, da sie die Photographie aill; da sie
meint, dadiese sich dort befindet, wo sie hingeht, um sie zu holen;
da siemeint., da die Person, die
"Feueru rief, mett, da es brennt (manbeachte, da sie sich
vollkommen anders verhielte, wenn siemeinte, da der Rufer sie
tuschen wollte); da sie die Photogra-phie so an sich nehmen will,
ohne da jemand ueiJ\, da sie iestut, uswEine Spielart dieses Themas
ist eine intentionale Taktik, die beiSchreibern von
Detektivgeschichten beliebt ist: die Thktik, verr-terische Bewegun
g zu provozieren. Alle Verdchtigen werden im
36o
Salon versammelt, und der Detektiv (und niemand sonst) wei,da
der Schuldige (und nur der Schuldige) rneint, da sich
einbelastender Manschettenknopf unter dem Klapptisch
befindet.Natrlich will der Schuldige nicht, da jemand anderes dies
meintoder den Manschettenknopf entdeckt und meint, da dieser
imweiteren Verlauf entdeckt werden wird, wenn er dies nicht
durcheine Geheimaktion verhindert. Der Detektiv arrangiert
einenoStromausfall"; nach ein paar Sekunder\ Dunkelheit gehen
dieLichter wieder an, und der Schuldige ist natrlich derjenige,
derunter dem Klapptisch kniet. Vas sonst knnte dieses neue
undbizarre Verhalten eines ehrbaren Gentlemans vernnftig
erkl-ren?6Ahnliche Strategien knnen entworfen werden, D die
verschie-denen Hypothesen zu Meinungen und \nschen von Meerkat-zen
und anderen Kreaturen zu testen. Diese Strategien haben denVorzug,
neues, jedoch interpretierbares Verhalten zu provozie-ren,
Anekdoten zu erzeugen, und zwar unter kontrollierten (unddaher
wissenschaftlich zulssigen) Bedingungen. Die
Sberlock-Holmes-Methode gibt der Untersuchung daher im Vergleich
zubehavioristischen Methoden viel mehr Mglichkeiten. Dies wirdin
dramatischer \(eise deutlich,.wenn marr.die tatschliche For-schung
zur Kommunikation von Meerkatzen, die wir betrachtethaben, mit den
Anstrengungen des von Quine erdachten behavio-ristischen Linguisten
vergleichen. Nach Quine besteht eine not-wendige Vorbedingung fr
jeden wirklichen Fortschrim des Lin-guisten darin, die \Wrter
(Sprechakrc) der Eingeborenensprachefr
"ja" und nnein
-
tens wie desjenigen der einsamen Meerkarze verfehlen, die
lautlosauf einen Baum klettert, srenn ein uleopardenreiz..
gegebenwird. Doch ohne eine ansehnliche Sammiung von
rol.ti..tf-schlureichem verhalten wird kein Berg von Drt.rr, die
euine"Reizbedeutung( der Auerungen .r.rrnt, erkennen l.sr.rr] d"sie
kommunikative Akte sind und nicht blo hrbare Manifesta-tionen
eigentmlicher Sinnesttigkeit.,euine erkennt dies natr-lich und
serzr stillschweig'end
'ooi".rr, da sein radikaler berret-zer
-sich (zweifellos durch Verwendung der wirkungsvollen, je-doch
alltglichen Sherlock-Hol-es-Mthode) bereiis informellvon der
ausgeprgren kommunikativen Natur des Verhaltens derEingeborenen
berzeugt hat.Die Kraft der Sherlock-Holmes-Methode hat natrlich
auch ihreNachteile; werden,Erwarrungen nicht erfllt, ist dies ein
Faktum,das die Hypothese oft stark enrwerret.t \Toodruff und
premack(rglil haben zu zeigen versucht, da schimpansen in ihrem
La-boratorium richtig e Tuscber sein knnen. Man betrachte
Sadie,einen der im Experimenr verwendeten vier Schimpansen.
IJnterSadies Augen wird in einer von zwei fr sie nichi
erreichbaren,geschlossenen Dosen Nahrung verborgen. Dann gesellt
sich ent-weder ein ,rkooperativer< oder ein okonkurrierenderr.
Tiainerhinzu, und sadie mu, wie sie gelernt hat, auf eine der
Dosenzeigen, um die Nahrung zu bekommen. \enn, der konkurrie-rende
Tiainer die Nahrung entdeckt, nimmt er alles fr sich selbstund
verschwindet. Der,kooperative Trainer teilt die Nahrung mitSadie.
Lt man Sadie einfach genug Erfahrung mit den Umitn-den sammeln, um
ihre Einschtzung der Zusammenhnge zu be-sttigen, wofr einige
Trainingsstunden erforderlich sein werden,so hat der Behaviorist
eine ausreichende Menge Mahlgut fr dieMhle der
"bloen Verstrkung... (Um die Idintitt der Trainerhinreichend
verschieden zu halten; wurden bestimmte Kostmegetragen und Rituale
streng befolgt. Der konkurrierende Trainertrug z.B. immer eine
Sonnenbrille und eine Verbrechermaske.\wird die.Maske dann zu einem
einfachen ,,Auslse reiz* fr dastrickreiche Verhalten ?)Doch lt man
beha',rioristische Umschreibungen beiseite: wirdsich Sadie den
Umstnden gewachsen zeigen ,rnd d"s oRichtige..tun? Vird sie
versuchen, den konkurrierenden Tiainer (und nurden konkurrierenden
Trainer) zu tuschen, indem sie auf 'die fat-scbe Dose zeigt? Ja,
doch es gibt reichlich Bedenken gegen-diej6z
Interpretation.s Vie knnen wir sie strker machen? Nun, wennSadie
wirklich beabsichtigt, den Tiainer zu tuschen, mu sie(rational
vorgehend) mit der Meinung beginnen, da der Trainernicht bereits
wei, wo sich die Nahrung befindet. Nehmen wir also"an, wir bringen
alle Schimpansen in einen ganz anderen Kontexr,nmlich mit
durchsichtigen Plastikdosen. Da sie so gur wie jederandere durch
sie hindurchsehen knnen, sollten sie dann wissen,da dies jeder
andere ebenfalls kann und da daher auch jeder an-dere weif|, was in
ihnen ist. \ir knnen dann in einem einmaligen,neuen Verhaltenstest
eines Tages eine Plastikdose und eine irn-durchsichtige Dose
verwendernrnd die Nahrung in die Plastikdoselegen. Der
konkurrierende Tiainer erscheint dann und lt Sadiesehen, wie er
direkt auf die Plastikdose schaut. \enn Sadie nocltimmer auf die
undurchsichdge Dose zeigt,lt sie, so traurig diesauch ist,
erkennen, da sie tatschlich keine der komplizierten Ge-danken
begriffen hat, die zu einer Tuschung gehren. Natrlichist dies
Experiment qoch immer unvollkommen. So kann Sadieetwa,aus
Verzweiflung auf die undurchsichtige Dose zeigen,da siekeine
bessere Vahl sieht. Um das Experimenr zu verbessern, sollteman eine
weitere Entscheidungsmglichkeit einfhren, die ihr nurdann als
besser erscheint, wenn die erste, wie in diesem Fall, hoff-nungsls
ist. Sollte darber hinaus nicht Sadie durch das seltsameVerhalten
des konkurrierenden Trainers verwirrt sein? Sollte es sienicht
erstaunen, da der konkurrierende Trainer, nachdem erkeine Nahrung
an der Stelle gefunden hat, auf die sie zeigte, in derEcke sitzt
und
"schmollt.., anstatt in der anderen Dose nachzuse-hen? Sollte
sie nicht die Entdeckung verwirren, da ihr Trick wei-ter
funktioniert? Sie sollte sich fragen: Kann der konkurrierendetainer
so dumm sein? \eitere, besser entworfene Experimentemit Sadie und
anderen Kreaturen sind erforderlich.eOhne in das rgerliche
Stereotyp des Philosophen fallen zu wol-len, im Lehnstuhl
empirische Fragen zu beantworren, mchte ichgleichwohl der
Versuchung nachgeben und einige Voraussagenwagen. Es wird sich bei
weiterer lJntersuchung herausstellen, daMeerkatzen (sowie
Schimpansen, Delphine und alle anderen h-heren nichtmenschlichen
Tiere) gemischte und verwirrende Sym-ptome von Intentionalitt
hherer Ordnung aufweisen. Sie wer-den einige Tests hherer Ordnung
bestehen und bei anderendurchfallen; sie werden in gewisser
Hinsicht erkennen lassen, dasie Komplikationen dritter Ordnung
erfassen knnen, whrend
t6l
-
sie uns in ihrem Versagen enttuschen werden, einige
offensicht-lich einfachere Punkte zweiter Ordnung zu begreifen.
Keine grif-fige
"saubere.. Menge an intentionalen Hypothesen irgendeinerOrdnung
wird eindeutig besttigt werden. Der Grund, warumich zu dieser
Voraussage bereit bin, ist nicht, da ich meine, einebesondere Art
der Einsicht in bezug auf Meerkatzen oder andereSpezies zu haben,
sondern weil ich bemerkt habe
- wie dies ieder
kann -, da genau dasselbe f,i.ir uns Menschen gilt. \flir selbst
sind
keine unproblematischen Exemplare intentionaler Systeme
drit-ter, vierter oder fnfter Ordnung. Und,wir haben den
ungeheu'ren Vorteil, redegewandte Sprachbenutzer zu sein
-'Wesen, dieman an einen Schreibtisch setzen und umstndliche
Fragebgenausfllen lassen kann und hnliches. Gerade unsere Fhigkeit,
anderartiger sprachlicher Interaktion teilzunehmen; verzerrt
unserProfil als intentionale Systeme, indem sie die Illusion einer
vielgreren Przision in unserem operativen System mentaler
Re-prsentation hervorruft als tatschlich vorhanden ist (r'gl.
Den-nett t978a, Krp. j, 16; Dennett r98lb). Ich erwarte, da
dieErgebnisse der Bemhungen um eine intentionale Interpretationvon
Affen
- wie die Ergebnisse der intentionalen Interpretation
kleiner Kinder -
mit derartigen Lcken, und unklaren Punktendurchlchert sein
werden, die unvermeidlich bei der Interpreta-tion von intentionalen
Systemen sind, welche letztlich nur un-vollkommen rational sind
(vgl. Dennett r98Ia; I98lc; r98z).Die Ergebnisse, mit all ihren
Lcken und Vagheiten, werdengleichwohl wertvoll sein. \X/ie und
warum? Das Profil oder dieCharakterisierung eines Tieres (oder
eines unbelebten Systems) inintentionaler Einstellung kann als das
angesehen werden, was In-genieure eine ,spezifikationsmenge<
nennen wrden
- Spezifika-
tionen einer Vorrichtung mit einer bestimmten allgemeinen
infor-mationsverarbeitenden Kompetenz. Ein Profil eines
intentionalenSystems sagt, grob ausgedrckt, welche Informationen
von demSystem aufgenommen, verwendet, erinnert und bertragen
wer-den knnen mssen. Es weist darauf hin, wie Dinge der umge-benden
\Welt reprsentiert werden mssen
-
jedoch nur mittelsIJnterscheidungen, die getroffen werden oder
getroffen werdenknnen, also rnittels machbarer Unterscheidungen
-, aber keines-falls durch die tatschliche Maschinerie, die
diese Arbeit leistet("g1. Johnston r98 r zu
"Aufgabenbeschreibungen"). Diese inten-tionalen Spezifizierungen
stellen einem anderen Theoretiker, dem
16+
Designer von Reprsentationssystemen, eine Entwicklungsauf-gabelo
Diese Arbitsteilung ist in bestimmten Kreisen der knst-li.h.n
Intelligenz (KI) bereits blich; das, was ich
intentionaleEinstellung gi.ttttnt habe, nennt Newell (r982)
,'Wissensebeneu.Un ,.lrrr'rri.rweise schaffen'g.rrde die Defekte,
Lcken undirrationalen Stellen im intentionalen Profil von Tieren,
die dasIdeal der Rationalitt nicht erreichen, keineswegs Probleme
frden Systemdesigner
- sie weisen vielmehr auf Abkrzungen und
NotbheHe hin, auf die sich Mutter Natur bei dem Entwurf
bio-logischer Systeme,verlassen hat. Sie machen daher die Arbeit
desSystemdesigners einfacherNehmen wir z.B. an, da wir die
intentionale Einstellung Bienengegenber einnehmen und mit
Verwunderung bemerken, da sie*isse, scheinen, da tote Bienen ein
hygienisches Problem imBienenstock sind. \[enn eine Biene stirbt,
erkennen ihre Schwe-stein, da sie gestorben ist, und da sie
glauben, da tote Bienenein GesundheiisriSiko sind, und rational
genug sind, um Gesund-heitsrisiken vermeiden zu uollen, entscheiden
sie, da sie die toteBiene sofort entfernen mssen. Daraufhin tun sie
eben dies..Wenn nun diese phantasievoll intentionale Geschichte
besttigtwre; wrde der Designer des Bienensystems mit einer
enormschwierigen Aufgabe knfrontiert sein. Zum Glck stellt sich
frden Designer (jedoch zum Unglck fr den Bienenromantiker)herauq, d
.i". sehr viel niedrigere Erklrungsebene ausreicht:tote Bienen
sondertt lsrrre ab, deren Geruch das UnterPro-gramm >entferne
s5,. in anderen Bienen auslst. Betupft man eineLb.nd., gesunde
Biene mit lsure, wird sie - heftig widerstre-bend
-
"m dem Bienenstock geworfen (Gould/Gould t98z; Vil-
son, Durlach/Roth r95S).Jemand aus der knstlichen Intelli gr\7,
der dies hrt, wird viel-leicht sagen; ,Das kenne ich! Ich wei
genau, wie man Systemeentwirft, die sich so verhalten. Abkrzungen
wie diese gehrenzu meinem Invent21... Es gibt in der Tat ungeheure
Ahttlichkeitenzwischen vielen Entdeckungen der kognitiven
Verhaltensfor-scher, die mit niederen Tieren arbeiten, und der Art
von mitDummheit gemischter Tapferkeit, der man in typischen
Produk-ten der KI bigegnet. Roger Schank (tgl6) berichtet uns von
einern\anze., itt rainsnrN, einem Programm, das Geschichten
erfin-det und das von James Meehan in Schanks Laboratorium in
Yalegeschrieben wurde. Es produzierte folgende Geschichte:
>Henry
$s
-
Ant war durstig. ,Er ging hinber zum Fluufer, wo sein
guterFreund Bill Bird sa. Henry rutschte aus und fiel in den
Flu.Die Schwerkraft ertrank... \arum ,ertrank die Schwerkraft"?
(!)Veil das Programm eine normalerweise verlliche
Abkrzungverwendete, die Schwerkraft als einen unerwhnren
Agierendenzu behandeln, der berall anwesend ist und Dinge nach
unrenzieht. Da die Schwerkraft (anders als Henry in d
Geschichre)keine Freunde ( !) hat, gab es niemand, der sie
herausziehenkonnte, als sie Henry in den Flu hinabzog.Vor einigen
Jahren habe ich in
'\Why Not the Whole Iguana?"(r978b) vorgeschlagen, da
Kl-Forscher grere Fortschritte ma-chen knnten, wenn sie statt
menschlicher Mikrokomperenzen(Schachspielen, Fragen ber Baseball
beantworren, Ammenmr-chen schreiben usw.) vollstndige Komperenzen
von viel einfa-cheren Tieren behandeln wrden. Ich habe damals
vorgeschlagen,Kl-Forscher sollten einfache Phantasiewesen erfinden
und dasProblem des ganzen Geistes bei ihnen lsen. Ich neige nun zu
derAnsicht, da die \Wahrheit wahrscheinlich fruchtbarer und,
ber-raschenderweise, besser zu behandeln ist als Erfindungen.
Ichvermute, da eine gemeinsame An$trengung der Bienen-
undSpinnenforscher und der \Wissenschaftler aus der KI eine frbeide
Seiten bereichernde Partnerschaft wre.
v. Eine umfassende biologische Perspektiveder intentionalen
Einstellung
Es ist Zeit, sich nach dieser Lobpreisung der intentionalen
Ein-stellung ihrer Bedeutung als Strategie in der kognitiven
Verhal-tensforschung klar zu werden, bevor man sich drohenden
Ein-wnden und Kritiken zuwendet. Ich habe behauptet, da die
in-tentionale Einstellung gut dazu geeignet sei, in
voraussagender,fruchtbarer und etheil"der tVeise i. kognitive
Leirr,.rig *ronKreaturen in ihrer lJmwelt zu beschreiben, und da
sie darberhinaus eine Arbeitsteilung genau der richtigen Art in der
kogniti-ven \Tissenschaft erlaubt: Feldforschung leistende
Verhaltensfor-scher sind aufgrund ihrer Ausbildung.tnd der Art der
Belege, diesich aus ihren Methoden ergeben, nicht in der Lage,
positiveHypothesen ber die tatschliche Reprsentationsmaschinerie
imNeivensystem ihrer Spezies r.r for*.rlieren, geschweige denn
zu
366
testen. Andere haben sich auf diese Art der Flardware-
undSoftwareentwicklung spezialisiert.lt Die intentionale
Einstellungstellt jedoch genau die bentigte Schnittstelle zwischen
diesenbeiden Spezialisierungen dar: eine
Black-box-Charakterisierungder .rerhltensmigen und kognitiven Komp
etenz, die im Feldbeobachtbar, jedo.h in eine Sprache eingebettet
ist, die (im Ideal-fall) den Entwurf der in die black box zu
verfrachtenden Maschi-n.ri. stark einschrnkt.12Dieses
offensichtlich glckliche Resultat wird jedoch durch diezweifelhafte
Entscheidung erreicht, die behavioristischen Skrupelzu berwinden
und sich Akten mit mentalistischer Beschreibunganzuvertrauen, die
durch Ratiqnalittsannahmen vervollstndigtwerden. Darber hinaus
kmmert sich jemand, der diese Skrupelberwindet, offensichtlich
genausowenig um die Einzelheitenphysiologischer Realisierung wie
ein (bo,rribile dictu) Dualist.krtrtt diei gerechtfertigt sein? Ich
meine, da die Beantwortungdieser Frag erleichteri wird, wenn wir
sie fr einen Augenblickzurckstellet und uns der intentionalen
Einstellung im weiterenKontext der Biologie zuwenden.Ein Phnomen,
aa aie Verbindung sehr gut illustriert, die ichziehen mchte, ist
das
"Ablenkungsmanvero - das bekannte,Verhalten, das sich bei
vielen, weit voneinander entfernten Spe-zies bodenbrtender Vgel
findet: sie tuschen einen gebroche-nen Flgel vor, um einen Ruber,
der sich dem Nest nhert, vonseinen hllflot.tt Bewohnern wegzulocken
(Simmons rgtz; Skutch1976). Dies scheint Taschung von seiten des
Vogels zu sein, undtr".tirli.h wird es gewhnlich so genannt. Der
Ruber wird zumNarren gehalten. \flenn es nun wirklicb ein
tuschendes Verhal-ten ist, i..tn der Vogel ein wirklicher Tuscher
ist, dann mu ereine hochentwickeltJ Reprsentation der Situation
besitzen. DerVernunftgrund fr solche Tuschung ist ziemlich
kompliziert.'Wenn
*ii n. Dawkins' (tgl6) ntzliche Erklrungstaktik der Er-findung
von ,,Selbstgesprchen., bernehmen, knnen wir unsdas Selbstgesprch
des Vogels etwa so vorstellen:
Ich bin ein bodenbrtender Vogel, dessen Kken nicht gegen einen
Ru-ber, der sie entdeckt hat, geschtzt werden knnen. Es ist zu
erwarten,da dieser sich nhernde Ruber sie bald entdecken wird, wenn
ich ihnnicht ablenke. Er kann durch seinen Wunsch, mich zu fangen
und zufressen, abgelenkt werden, jedoch nur, wenn er denkt,
eine'uernnftigeChance ,.r-haben, mich auch tatschlich zu fangen (er
ist kein Trottel). Er
$t
-
wrde genau zu dieper Meinung kommen, wenn ich ihn
berzeugenknnte, da ich nicht mehr fliegen kann. Dies knnte ich tun,
indem-icheinen gebrochenen Flgel vortusche, usw.\[as fr eine
spitzfindige Rede! Es ist exrrem unwahrscheinlich,da irgendein
gefiederter ,,Tuscher.. ein intentionales System mirdieser
Intelligenz ist. Ein realistischeres Selbstgesprch fr einenvogel
wre wahrscheinlich eher wie dieses: ,Hier kommt einRuber. Pltzlich
fhle ich diesen ungeheuren Drang, diesen al-bernen Gebrochenen-Fl
gel-Tanz aufzufhren. Ich
-frage mich,
warum.romantisch.r, anzunehmen,da ein solcher Vogel eine solche
Metaebene erreichen knnte,auf der er sich ber seinen pltzlichen
Drang wundern kann.) Esist nun eine offene und erforschbare
empirische Frage, wie emp-findlich das kognitive Kontrollsysrem
eines vogels in bezug arrfrelevante Variablen seiner Umwelt ist.
\[enn Vgel das Ablen-kungsmanver selbst dann durchfhren, wenn es
offensichtlicheinen besseren Kandidaten fr die Aufmerksamkeit des
Rubersgibt (2.B. einen anderen, wirklich verwundeten vogel oder
eineandere wahrscheinliche Beute), dann wird das Verhalten in
derTht als eines von sehr niedriger ordnung endarvt (wie die
Bie-nenreaktion auf die lseure). 'Wenn andererseits Vgel
- einige
Vgel vielleicht -
eine beachtliche Kompliziertheit im Gebrauchder Strategie zeigen
(indem sie verschiedene Arten von Rubernunterscheiden oder
vielleicht die Einschtzung der Ttsache zuerkennen geben, da man
denselben Ruber nicht immer wiedermit demselben Trick tuschen
kann), werden wir zu einer Inter-pretation hherer Ordnung des
Verhaltens ermunrert, und wirwerden es als Tuschung im eigentlichen
Sinne betrachten, unddiese Interpretation wirJ vielleiiht sogar
besttigtDoch nehmen wir einmal an, da die spielverderberische
Inter-pretation der \Wahrheit am nchsten kommt; der Vogel hat
ir-gendeinen stumpfsinnigen Tropismus, und das ist alles.
\Terdenwir deshalb die Bezeichnung
"Tuschung,. fr das Verhalten auf-geben? Ja und nein. lWir werden
nicht lnger dem individuellenvogel den vernunftgrund fr die
Tuschung zurrauen, der ver-nunftgrund wird jedoch nicht einfach
verschwi4den. Es ist zuoffensichtlich, da sich die
Daseinsberechtigung fr dieses in-stinktive Verhalten aus seiner
tuschenden Kraft ergibt. Deshalbhat es sich entwickelt. \wenn wir
wissen wollen, wie es dazu kam,da dieser seltsameTanz gerade bei
diesen bestimmren Gelegen-
368
heiten ausgelst wird, dann wird,die Kraft, Ruber zu tuschen,aus
all den Myriaden anderer bekannter und zllig oder not-wendig
unbekannter Thtsachen in der langen Ahnenreihe derSpezies
abgeleitet werden mssen. Aber wer wte diese Krafteinzuschtze.n, wer
knnte ihren Vernunftgrund erk,ennen, wennnicht der Vogel oder seine
einzelnen Vorfahren? \er anders alsMutter Natur selbst? Das aber
heit: niemand. Die Evolutionuwhlt.. durch natrliche Selektion
diesen Entwurf aus diesemuGrund"Ist es unangebracht, so zu
sprechen? Ich nenne dies das Problemder freiflielSenden
Vernunftgrnde. Vir beginnen manchmal mitder Hypothese, da wir einen
bestimmten Vernunftgrund (dem,Geist.. von) bestimmten individuellen
Kreaturen zuschreiben.Dann erkennen wir, da die Kreatur zu dumm
ist, um ihn zuerfassen. \flir verzichten nicht notwendigerweise auf
den Ver-nunftgrund. '!enn es kein bloer ZufaLl ist, da das
"schlaueuVerhalten eingetreten ist, verlegen wir den
Vernunftgrund vondem Individuum auf den sich entwickelnden Genotyp.
DiesesVorgehen liegt nahe, wenn wir an andere Beispiele von
Tu-schungen denken, die nichts mit Verhalten zu tun haben. Nie-mand
hat jemals angenommen, da individuelle Motten undSchmetterlinge mit
Augenflecken auf ihren Flgeln sich die gln-zende Idee der Tarnfarbe
ausgedacht und danach gehandelt ha-ben. Den Vernunftgrund der
Tuschung gibt es gleichwohl, undzu sagen, da es ihn gibt, heit, da
es einen Bereich gibt, in demer aoraussagende und daher erklrende
Kraft hat. (Eine ver-wandte Diskussion findet sich bei Bennett
t976, SS lr, t3, 62.)\fir bersehen dies vielleicht einfach deshalb,
weil das, was wirvoraussagen knnen, zu offensichtlich ist, In einer
anderen Ge-meinschaft, z.B. mit Fledermusen statt Vgeln als Rubr;
r-warten wir keine Motten mit Augenflecken (denn; wie jeder
ra-tionale Tuscher wei, visuelle Taschenspielerei ist
Zeitver-schwendung bei Blinden und Kurzsichtigen).Die bertt"gnng
des Vernunftgrundes vom Individuum auf denGenotyp ist natrlich ein
alter Trick. Seit einem Jahrhundertsprechen wir nun gelegentlich
von Spezies, die
"lernen.., wie manDinge tut, die verschiedene Strategien
,ausprobieren.,; und diebettt"gungspraxis ist natrlich nicht auf
kognitive oder aufMerkmale des Verhaltens beschrnkt. Giraffen haben
ihren Halsgestreckt, und Enten waren so weise, sich Schwimmhute
zwi-
$g
-
schen ihren Zehen wachsen zu lassen. Man wird denken, da
diesnatrlich alles nr bertragene Redeweisen sind, bestenfalls
ein-fach dramatische Abkrzungeq 2um Z;wecke der
Darstellung.berr"schenderweise knnen diese figurativen
Redeweisenmanchmal sehr viel ernster genommen werden, als man fr
mg-lich gehalten hatte. Die Anwendung von Gedanken aus der
Spiel-und Enmcheidungstheorie
- z.B. Maynard Smith' (rg7r;- 1974)
Entwicklung des Gedankens von evolutionr stabilen Strategien
-
hing davon ab, da man die Tatsache ernst nahm, da die
inintentionaler Begrifflichkeit bitdlich beschriebenen
langfristigenMuster in der Evolution eine hinreichende Ahnlichkeit
mitMustern der kurzfristigen Interaktionen zwischen
(rationalen,menschlichen) Agenten haben, um die Anwendung
derselbennormativ-deskriptiven Schemata zu garantieren. Die
Ergebnissewaren eindrucksvoll.
vl. Die Verteidigung des oParadigmas des Panglosso
Die Strategie, die die Theorie intentionaler Systeme mit dieser
Arttheoretischer Erklrung in der Evolutionstheorie vereinigt, ist
diebewute Annahme von Optirnalittsmodellen. Beide Taktikensind
Aspekte des Adaptionismus, des
"Programms, das auf demGlauben an die Kraft der natrlichen
Selektion als Mitte| zurOptimierung beruht,. (Gould/Lewontin ry7fi.
\lie Lewontin$978b) bemerkt, ,rsind Optimalittsargumente in den
letztenfnfzehn Jahren uerst populr geworden und stellen gegenwr-tig
die dominierende Denkweise dar".Gould hat sich mit seinem
Harvard-Kollegen Lewontin in seinerKampagne gegen den Adapdonismus
verbndet; sie nennen denGebrauch von Optimalittsmodellen durch
Evolutionsforscher"das Paradigma des Pangloss.., nach Dr. Pangloss,
Voltaires bei-ender Karikatur des Philosophen Leibniz in Candide,
der be-hatrptete, da unsere Velt die beste aller rnglichen \Welten
sei.Dr. Pangloss konnte jedes Unglck und jede Scheulichkeit
vomLissabonner Erdbeben bis zur Geschlechtskrankheit begrndenund
zeigen, da dies alles zweifellos so am besten sei.
Prinzipiellkonnte nichm beweisen, da dies nicht die beste aller
mglichen\Welten sei.Das Argument, das von Gould und Lewontin gegen
das adaptio-
t70
nistische Denken angefhrt wird, ist weitgehend
miverstandenworden, sogar uo' i,.rrten, die es untersttzt haben.
Dies magui.ll.i.h. ,ri d.- seltsamen ungleichgewicht zwischen der
star-ken Rheto.iklror, C."far ,rnd L-"eworriint Attacke und der
Mildeil,r* expliziten Folgerungen und Empfehlungen liegen. sie.
ver-hhnen die verm.irrilirh.i Narren dei adaptionistischen
Geistes-h;il"g, was viele zu der Vermutung fhrt,. da ihre
Folgerungil;;; ; auf r;;p;;"istisches Denen vllig verzichtet
werdensolle. Ich wurd;;;iihr. Arbeit durch eine Kiitik an einer
frhe-,." V.irion dieses Aufsatzes aufmerksam gemacht,'die mir
vor-warf, da meine Position eine Version dei ,q,dap-tionismus
sei,>von der Gould .rnd Lewontin gezeigt h1b:l' da sie
vollkom-men unbrr.r.t Urr r.i
-
des Adaptb":y:s darin liege, da er zu einfach sei:
,Optimali_ttsargum.trte .ntlieben
.rrrr-d., langwierig.n Not*.n digi.ir, ir_gend erwas Genaues ber
die genetirltre Giundlag. a., E?olurio'zu wissen.., bemerkt er
sarki'stisch..Eine-g.r,r.r. Einbildungs_klaft sei die einzige
AnfordeTng an diese A?t spekulativen ,,Mr-chenerzhlens.,, und
prausibiliti,.i oriJr, .i"'"ig. l:'ir;i"- rti,solche Geschichten
(Gould/Lewo
"ri" ,j9, Ir3 f.).Eine der Hauptschwierigkeiten d,es
a4eit'iir*rrliegt nach skin-n..1 ( r.g6+) darin, da die
mentalistischen ,,ry.Brtrorr.., ,o of,einfach erfunden werden. Er
ist zu einfach.., Man kann sich im_mer eine plausible
mentalistische ,Erklrung* irgend.in.s Ver_haltens errrumen. und ist
der ersre r
-
sche und verhaltensmige Merkmale sollten als Entwrfe fr dasLeben
in neuen:Umwelten a priori berlegen sein. Tuglichkeitbesitzen diese
Merkmale durch das techiische Kritem desguten Fntwurfs, nicht durch
die empirische Tatsache ihres b.r-lebens und ihrer verbreirung<
(rgzi,4r)." \flir knnen also Ent-wrfe wie Techniker betrachten und
sie aufgrund einer bestimm-ten Menge von Annahmen ber Bedingunien
und Bedrfnisseoder Zwecke als besser oder schlechter.-ittr.htzen.
Doch das istAdaptionismus. Ist es panglossisch gedacht? Legt sich
Gould aufdie Ansicht fest, da die selektiert* Ent*tirfJimmer die
besrcaller mglichen \elten hervorbringen werden? Die bliche
Zu-rckweisung-in der Literatur besagt, da Mutter Natur nicht
op-timiert, sondern >gengr< (simon ryj); sie handle nach
demMotto: Je nher, desto besser, wenn es nur gut genug ist; sie
seikeine verfechterin des Besten..Und whren dis immerhin
einerwhnenswerter Punkt ist', sollten wir uns an den alten
panglos-sischen \flitz erinnern: der optimist sagr, unsere \reli
,.I di.beste aller mglichen; der Pessimist senfzt und stimmr zu.Der
\witz macht in anschaulicher \weise die Tatsache eines Aus-gleichs
zwischen Einschrnkungen und Optimalitt deutlich.\as unter
bestimmten Bedingun[en als wenig optimal erscheint,kann vielleichr_
unrer restringierreren Bedingungen als optimalangesehen werden. Die
unbeholfene Takelage; oiii der das .nt-"-stete Segelboot zurck in
den Hafen schaukelt, kann als einschwacher Entwurf eines Segelboors
angesehen.werden, bis wirbedenken, da bei den gegebenen Bedin[ungen
und den zur ver-fgung stehenden Materialien das; was *ir r.h.tt,
vielleicht ebender bestmgliche Entwurf ist. Natrlich kann es auch
anders sein.Vielleicht konnten es die Segler nicht besser, oder sie
wurden ausdem Konzept gebracht und haben sich fr eine deurlich
schlech-tere Tkelage enmchieden. Doch wie, wenn wir eine solche
Un-kenntnis der Segler als Randbedingung zulassen? ,,Nimmt manihre
Unkenntnis der Feinheiten der Aerodynamik als gegeben an,ist dies
wahrscheinlich die beste Lsung, die sie finden k-ornten..,\7ann
hren wir auf
- oder mssen-wir aufhrD
-, Bedingungenhinzuzu{tig"l? Ich sehe keine prinzipielle Grenze;
ich mJi.te"je-doch nicht, da es sich um einen infiniten Regre
handelt, da ersich typischerweise stabilisiert und nach wenigin
Zigenzum Ste-hen kommt; und gleichgltig wie lange ., ,n".r.rtidi.
Entdek,kungen, die er provoziert, sind mgliiherweise erhellend.
374
Es klingt nicht panglossisch, wenn wir, wie hufig von
Gould,daran erinnert werden, da die arme, alte Mutter Natur
etwasbewirkt und dabei opportunistisch und kurzsichtig
ausbeutet,was griffbereit liegt
--bis wir hinzufgen: sie ist nicht vollkom-men, sie tut jedocb
alles, was in ihren Krften stebt. Oft kanngezeigrwerden, da das
Gengen selbst die optimale Stateeie ist,wenn die
"Kosten der Suche" als Bedingung hinzukommen (vgl.Nozick r98r,
joo). Gould und Lewontin: haben zu Recht denVerdacht, da es eine
Tautologiemaschine in den Kulissen desadaptionistischen Theaters
gibt, die immer bereit ist, eine neueMenge von Bedingungen ins
Spiel zu bringen, die die Vision desPangloss retten. Sie sind
jedoch, wie ich meine, gezwungen, aufderselben Bhne zu spielen, wie
sorgsam sie auch immer ihreVerse kontrollieren.Skinner hat
ebenfalls recht, wenn er darauf besteht, da mentali-stische Erklrun
gen prinzipielt nicht falsifizierbar seien; ihre logi-sche Struktur
erlaubt immer Revision en ad libitum, um die Ratio-nalitt zu
bewahren. \flenn ich daher voraussage, da Emil heuteins Seminar
kommen wird, weil er einen guten Abschlu habenwill und meint, da
wichtiger Stoff behandelt werden wird, undwenn Emil nicht
auftaucht, dann ist nichts einfacher als zu ent-scheiden, da er
letzten Endes eine dringendere Verpflichnghaben mute oder den
heutigen Termin nicht kannte oder ihneinfach vergessen hat oder
tausend andere Hypothesen lie-gen grif{bereit. Es kann natrlich
sein, da er von einem Lastwa-[..r tib.tfahren wurde. In diesem Fall
waren meine alternativenintentionalen Interpretationen mige
Spinnerei. Die Gefahren,auf die Skinner sowie Gould und Lewontin
aufmerksam machen,gibt es wirklich. Adaptionisten gehen wie
Mentalisten das'Risikoin, theoretische Gebude beinahe aus dem
Nichts heraus auf.zu-bauen
- und sich selbst zum Narren zu halten, wenn diese Kar-
tenhuser -
wie dies manchmal geschieht -
zusammenfallen. Die-ses Risiko geht man immer ein, wenn man die
intentionale oderdie adaptionistische Einstellung einnimmt. Es kann
jedoch sinn-voll sein, das Risiko einzggehen, da es sich oft im
hohen Maeauszahlt und die Aufgabe, mit der es der vorsichtigere und
ent-haltsamere Theoretiker zu tun hat, so auerordentlich
schwieriglst.Adaptionismus und Mentalismus (Theorie intentionaler
Systeme)sind kein e Tbeorien im traditionellen Sinne. Sie sind
Einstellun-
37t
-
gen oder Strategien, die dazudienen, Daten zu organisieren,
wech-selseitige Beziehugen zu erklren und der Natu"r Fragen zu
stel-len. \flren sie Theorien nach dem ,klassischen.. Must, wre
derEinwand, da sie zirkulr oder nicht falsifizierbr, ,.i.r, ,
farrl.Doch diesen Einwand zu machen hiee, den entscheijendenPunkt
zu verfehlen. In einem einsichtsvollen Artikel ziertBeamy(198o, 3
rz) die Adaptionisten Oster und \Wilson (r97g): ,,,der5llg.:
\fleg-besteht dirin, optimalittsmodelle als prouirorischeLeitlinien
fr zuknftige empirische Forschung
"rr'rur.hen undnicht als schlssel fr die tiefeien Geset ze
derNaiur.... Genau das-selbe kann ber die Strategie gesagt werden,
die intentionale Ein-stellung in der kognitiv.n V.rhdtsforschung
einzunehmen.Die Kritik der immer drohenden Leere, di; sowohl gegen
denAdaptionismus wie den Mentalismus erhoben wird, ht wirk-lich
Gewicht, wenn wir tatschlich immer, oder auch nur sehr oft,den
prinzipiell zur verfgung stehenden spielraum nurzen wr-den. \wenn
wir stndig unseie intentionalen profile von Leutenpost hoc
revidieren wrden, wenn sie hicht das run, was wir vonihnen
erwarren, dann wre diese praxis als Hochstapelei entlarvr-
doch wre dies tatschlich der Fall, dann wre diese praxisschon
lngst ausgesrorben. In hnlicher \Zeise gilt, da der Adap-tionismus
eine unattraktive srategie ftir die Virr.rrr.haft wre,y.""_ die
Adaptionisten immer (oder sehr oft) gentigt wren,ihre Listen von
Bedingungen po'st boc r., ,.rridr.rr, irm ihrenPanglossismus zu
remen. Doch Tatsache ist, da beide Taktiken,kurz gesagr,
funktionieren. Nicht immer, doch erfreulich oft. Esgelingt uns
wirklich ziemlich ofr, die richtigen Bedingungen her-auszugreifen,
die richtigen Meinungs- und \unr.hrrrr.lireibun-gen vorzunehmen.
Der sich von selbst erhrtende Beleg fr dieBe.hauptyrg, da wir
tatschlich alle wichtigen Schrank"en loka-lisiert haben, an denen
sich ein optimale, "E.rr-rrrf orientierensollte, besreht darin, da
wir diese oprimierungskalkulation an-stellen und sie
voraussagekraft in der wirk[cf,en \elt hat. Istdiese Argumenration
nicht zirkulr? Man behauptet, alle genuinwichtigen Bedingungen
lokalisiert zu hab.rr, .rrrd ..*^r rii, d.,Begrndung, da,. Jnr.,
d.n" g.g.benen Bedingungen A der optimale Entwurf ist,z. Mutter
Natur optimiert,3. A der beobachtete (d.h. erscheinende) Entwurf
ist.Man nimmt hier eine panglossische strategie a,n, um die
vollstn-
376
digkeit einer Liste von Bedingungen zu erschlieen.'$(/elche
an-deren Argumente knnten denn noch vorgebracht'werden, umuns davon
zu berzeugen, da wir alle relevanten berlegungenin der evolutionren
Ahnenschaft einer Eigenschaft lokalisiertund richtig einges chtzt
haben? \Wie R. Dawkins (r98o, 3 y8) sagt,ist eine adaptionistische
Theorie, wie Maynard Smith' evolutionrstabile Strategietheorie,als
Ganzes nicht als eine testbare Hypothese intendiert, die wahr
oderfalsch sein kann und anhand von empirischen Belegen
entscheidbar ist. Sieist ein Verkzeug, von dem wir Gebrauch machen
knnen, um etwas berden Selekdonsdruck herauszufinden, der Einflu
auf das Tierverhaltenhat. Vie Maynard Smith (rgZ8) von der
Optimalittstheorie allgemeinsagte:
"\fir testen nicht die allgemeine Aussage, da die Natur
optimiert,sondern die spezifischen Hypothesen ber Bedingungen,
Optimierungs-kriterien und Erblichkeit. Vir testen gewhnlich, ob
wir die verantwortli-chen selektiven Krfte richtig identifiziert
haben."Die Gefahren der Blindheit im adaptionistischen Denken, die
vonGould und Lewontin so anschaulich herausgestellt wurden,
spie-geln sich in jedem Ansatz wider, der adaptionistische
Neugierdevermeidet. Dobzhansky (rgS6) sagt, g nz im Geiste von
Gouldund Lewontin: uDie Ntzlichkeit eines Merkmals mu bewiesenund
kann nicht als gegeben angenommen werden.o Doch wieCain (rg6+)
bemerkt, ,,kann andererseits seine Nutzlosigkeitnicht als gegeben
angenommen werden, und indirekte Belege frdie \ahrscheinlichkeit,
da etwas selektiert wurde und wirklichadaptiv ist, drfen nicht
ignoriert werden . .. IJntersuchungenergaben, da triviale Merkmale
fr sich selbst adaptive Bedeut-samkeit besitzen.u Cain vergleicht
listig Dobzhanskys Einstel-lung mit Robert Hookes Interesse an den
Fhlern von Insekten inMicrograpbia (t66):\Was der Nutzen dieser Art
gehrnter und buschiger Krper sein soll,kann ich mir nicht recht
vorstellen, wenn sie nicht zum Riechen oderHren dienen, obwohl es
vermutlich auch sehr schwer scheint zu be-schreiben, wie sie dazu
angepat wurden: sie sind bei beinahe allen ver-schiedenen
Fliegenarten von sehr unterschiedlicher Form, obwohl siezweifellos
einen sehr wesentlichen Teil des Kopfes ausmachen und
einigebemerkenswerte Aufgaben von der Natur zugewiesen bekommen
haben,da sie bei allen Insekten in der einen oder anderen Form
gefunden wer-den.
"Offensichtlich", schliet Cain, "hat man die richtige
Einstellungzu rtselhaften, doch weitverbreiteten Organen bereits in
der
377
-
Mitte des siebzehlten Jahrhunderts voll verstanden, zumindest
inEngland
" 9964, 5o).Ich mchte schlielich die Aufmerksamkeit auf einen
wichtigenPunkt lenken, den Gould zum Kempunr der Biologie macht,
erletzten Frage, die der Evolutionsiheoretiker behJrrlich
stellensollte. \/ir finden ihn in seiner anerkennenden Darstellung
derglnzenden adap.tionistischen Analyse (Lloyd/Dybas rye6\
derseltsamen Tatsache, da Reproduktionszykie' von Zikad.n di.Lnge
von Primzahlen haben
- z.B. 13 Jahre oder ry Jahre: oAlsEvolutionstheoretiker wollen
wir wissen: warum? \(arum insbe-
sondere sollte sich eine solch auerordentliche Synchronitt
ent-wickeln, und warum sollte die Periode zwischen den
Episodengeschlechtlicher Reproduktion so lang sein?., (Gould ,izl,
gg).\Wie sein eigener Ansatz zeigt, hat man die sich stellendoltr
r.r*-Frage nocb nicht beantworrer, wenn man zurckhaltend die
lange(und tatschlich weitgehend unzugngliche) Geschichte der
M;-tation, des Jagdverhaltens, der Reproduktion und Selektion
ab-schreitet
- ohne adaptionistische Glosse. ohne adaptionistische
Glosse werden wir nicht wissen, waruin.rTDer Kontrasr zwischen
diesen beiden Arten von Antworren
- die
skrupuls nichtadaptionistische, historisch-architektonische
Ant-wort, die Gould und Lewontin zu favorisie ren scheinen, und
dieoffen panglossische adaptionisdsche Antwort, die man ebenfallszu
geben versuchen kann
- wird in einer abschlieenden Anek-
dote aus dem Skinnerschen Krieg gegen den Mentalismus leben-dig.
Ich fand mich einmal in einei offentlichen Diskussion miteinem von
Skinners treuesren Schlern, und irgendwann enrgeg-nete ich auf eine
seiner frchterlich unplausiblen Si.inne.isenmit der Frage: ,\ilarum
sagen Sie dies?o^ Seine prompre und lo-benswerterweise
wahrheitsgerreue Antwort lautete:
"vl.il ich in$9r. verqangenheit verstrk-rrnge.r erfuhr, wenn ich
dies sagre.(Meine \7arum-Frage fragte nach einer Rechtfertigung,
.ir.-Vernunftgrund, und nichr nur nach der historischen erk,rnft.
Esist natrlich mglich, da alle derartigen \warum-Fragen die
Ant-wort haben: ,Es gibt berhaupt keinen Grund;ich wurde
einfachgerade veranlat, diese Auerung zu machen,.. Die
plausibilitteiner solchen Antwort fllt jedoch beinahe auf Null,
wenn dieKomplexitt und die offensichtlicbe Bedeutsamkeit der
Auerungsteigt. Und wenn ein verteidigenswerrer Vernunftgrund fr
solcf,eine Handlung gefunden wird, ist es ein Fehlet
- .in. anachroni-
378
stische Fehlanwendung des Positivismus -,
'wenn man darauf be-steht, da uder wirkliche Grund" fr die
Handlung so formuliertweiden *n, da er sich auf diesen
Vernunftgr.rtrJnicht bezieht.Eine rein kausale Erklrung der
Handlung auf der mikrophysika-lischen Ebene z.B. steht nicht im
Widerstreit mit der Erklrungdurch die Angabe eines Vernunftgrunds.
Dies wird heutzutagevon postbehavioristischen Psychologen und
Philosophen im all-gemeinen eingesehen, von Biologen jedoch
offensichtlich nichtannhernd so gut begriffen, wenn man nach der
folgenden Pas-sage aus Science urteilt, die von der berhmten
Chicago-Konfe-renz ber Makrobiologie r98o berichtet:'Warum haben
die meisten Landwirbeltiere vier Beine? Die
anscheinendoffensichtii.h. Arrr*ort lautet, da dieses Arrangement
der optimale Ent-wurf ist. Diese Entgegnung wrde jedoch die Tamache
ignorieren, da dieFische, die die Vorfahren von Landtieren sind,
auch vier Gliedmaen oderFlossen haben. Vier Gliedmaen mgen sehr
geeigner fr die Fortbewe-gung auf trockenem Boden sein, doch der
uirkliche Grund [meine Her-vorhebung], warum Landtiere dieses
Arrangement aufweisen, liegt darin,da ihre evolutionren Vorfahren
dasselbe Muster besaen (Lewin r98o,885).'/enn B iolo gen die
evolutionistische \(Iarum-Frage stellen, s uchensie wie Mentalisten
nach Vernunftgrnden, die erklren, warumbestimmte Eigenschaften
ausgewhlt wurden. Je komplexer undersichtlich bedeutsamer die
Eigenschaft, desto weniger wahr-scheinlich ist es, da es keinen
zugrundeliegenden Vernunftgrundgibt. Und whrend die historischen
und architektonischen Tatsa-chen der Genealogie in vielen Fllen als
die hervorstechendstenoder wichtigsten Tatsachen, die zu entdecken
sind, allmhlichdeutlich werden, fordert die \flahrheit einer
solchen nichtadapdo-nistischen Geschichte nicht die Falschheit
aller adaptionistischenGeschichten derselben Eigenschaft. Die
aoilstndlge Antwort aufdie evolutionistische Frage wird beinahe
immer, zumindest in mi-nimaler \fleise, auf einen besseren Entwurf
anspielen.Ist unsere \flelt die beste aller mglichen,lWelten? Vir
solltendiese Frage gar nicht erst beantworten wollen, sondern diese
An-nahme des Pangloss bernehmen. Besonders seine Annahme
derRationalitt der uns umgebenden Trger von Kognitionen kanneine
enorm fruchtbare Strategie in der lVissenschaft sein, solangewir
uns nur davor hten, sie zu einem Dogma zu machen.
379
-
. Anmerkungen
original: olntentional Systems in cognirive Ethology: The
,PanglossianParadigm. defended,,, TI)e Behaaioural and Brain
sciences 6 (t98), 343-3 5 5; wiederabgedruckt in: The Intentional
Stance, Cambridge, MA: MITPress r987, 237-268.'bersetzr von Dieter
Mnch.
r \fir knnen die Grenzen der Reizquivalenzklassen fr diese
Reak-tion untersuchen, indem wir den onormaleno Leoparden durch
soverschiedene ,rReize.. wie Hunde, Hynen, Lwen, ausgesropfte
Leo-parden, eingesperrte Leoparden, grn gesrrichene Leoparden,
Kra-cher, Schaufeln, Mororradfahrer erserzen. Ob diese'
unabhngigenTests auch solche fr die Angstspezifizierung oder fr die
Bedeutungvon Einwortstzen der Meerkarzensprache sind, hngt davon
ab, obunsere Tests ftir die anderen Komponenren unserer
Zuschreibung z-ter Ordnung, die eingebetteten intentionalen
Operaroren, ein positi-ves Ergebnis haben
z Vgl. Quine 196o, 95 f . zu Fllen zweiter Intention als "Ruin
der theo-
retischen Linguistik".3 ,'Ich werde ,rii, immer die visuelle
Erinnerung an einen sehr rgerli-
chen Philosophen bewahren, der seine Hrerschaft zu
berzeugenversucht, da ,wenn du meinst, da A, und du meinst, da wenn
Adann B, dann rnufSt du meinen, da 8.. Ich wei wirklich nicht, ob
erdie moralische Krafr hatte, jemanden zu der Meinung zu zwingen,
daB, doch wenn man nicht nachgibt, wird es ziemlich schwiepig,
das'Wort
'meinen. zu verq/enden, und das ist es wert, darber zu
streiten,.(Kahnemann r98z)4 Die bersehene Normalitt der
Rationalittsannahme bei jeder Zu-
schreibung einer Meinung wird daran deutlich, da (r4), wo
aus-drcklich Rationalitt angenommen wird, praktisch synomym
ist(dieselbe Rolle spielt) mit dem Konditional, das beginnt: wenn
xwirk,-Iicb mernt, da p, dann, da
'rp.. "q" impliziert ...5 Ich verdanke diese Anregung einem
Gesprch mit Susan Carey.6 Es ist eine besondere Gabe des Autors,
IJmstnde zu entwerien, in
denen Verhalten -
sprachliches und anderes -
klar und deutlich etwasber die intentionalen Profile
(rMotivation
-
.T
I
II
T2
r3
lungen und situationen zu verstehen, die die Zuschreibung eines
sokomplizierten Zustands hherer Ordnung, wie erwa des Vunsches
zu
. tuschen, in gewisser Hinsicht aushhlt.9 Dieser Komment^r zu
Premacks Schimpansen erwuchs aus einer Dis-
kussion auf der Dahlem-Konferenz ber derische Intelligenz mic
Suesavage-Rumbaugh, deren schimpansen, Ausrin und sherman, ein
of-fensichtlich kommunikatives verhalten zeigen
(Savage-Rumbaugh,Rumbaugh und Boysen ry78), das eine Analyse und
Experimenre laSherlock Holmes herausfordert.
ro In der Veise, wie ich sie in ,Three Kinds of Intentional
Psychologyn(Dennett r98 rb) entwickelt habe, spezifiziert die
Theorie intentionalerSysteme eine semantische Maschine, die dann
durch eine syntaktischeMaschine realisiert
- annherungsweise nachgeahmt
- wird, die von
dem Psychologen, der sich, mit subpersonalen Kognitionen
befat,entworfen wird.Ich sollte gleichwohl anerkennen, da es im
Fall von Insekten undspinnen sowie anderen relatia einfachen
Kreaturen einige Biologengibt, die es fertiggebracht haben, die
Kluft brillanr zu 6erbrck-en.Die Kluft ist hier natrlich nicht so
tief wie bei Sugerieren.In
"How to study consciousness Empirically: or, Nothing comes
toMind* (Dennett t98z)beschreibe ich ausfhiti.h.i, wie rein
>semanri-scheo Beschreibungen Hypothesen zu rrsyntaktischen..
Mechanismenin der kognitiven Psychologie beschrnken.Trotz ihrer
offensichtlichen Unterschiede mitrauen Lewontin undSkinner
kognitiven Theoriebildungen zutiefst. Lewontin beendetseine lobende
Besprechung von Goulds The Misrneas,tre of Man(r98r) in der New
Yorh Reaieat of Books mit einer klaren Ablehnungder
Kognitionswissenschaft, mit einem unkritischen Rundumschlagim Stile
der Skinnerschen Nebenbemerkungen:
"Angesichts einer ana-lytischen tvissenschaft ist es nicht
einfach, das Uhrwerk Geist durchetwas weniger Albernes zu ersetzen.
Die Metapher auf den neuesrenStand zu bringen, indem man die uhren
durch Compurer ersetzt, hatuns nicht weitergebracht. Die totale
Zurckweisung einer Analysezugunsten eines obskuranten Holismus war
noch r.hli--.r. Einge-kerkert in unseren Cart'esianismus wissen wir
nicht, wie wir ber dasDenken denken sollen" (r98r, 16).
14 Dieser Einwand isr E.o.vilson 097t, zo) gelufig, der
bemerkt:"Paradoxerweise ist die grte Falle des soziobiologischen
Denkensdie Leichtigkeit, mit der es ausgefhrt werden kann. rVhrend
diephysikalischen'Wissenschafren es mit genauen Ergebnissen zu tun
ha-ben, die normalerweise schwer zu erklren sind, hat die
Soziobiologieunprzise Ergebnisse, die zu leicht mit Hilfe vieler
verschiedenerSchemata erklrt werden knnen... Vgl. auch die
Diskussion diesesPunkts bei Rosenberg (r98o).
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r 5 Lewontin zitiert z. B. seine eigene frhe adaptionistische
Arbeit ,,Evo-lution and the Theory of Games" (196r) in seiner
Kritik der Soziobio-logie ,Sociobiology as an Adaptionist Program"
(rglil.Und in sei-
, nem Artikel "Adaption " im Scientific Arnerican (Lewontin
t978a, 4o)
schliet er: ''Den Begriff der Adaption vllig aufzugeben, einfach
hi-
storische Anderungen zu beobachten und ihren Mechanismus ganzmit
Hilfe des unterschiedlichen reproduktiven Erfolgs
verschiedenerTyp.r ohne eine funktionale Erklrung zu beschreiben,
hiee, dasKind mir dem Bade auszuschtten.