Das Verhältnis zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht Ein Vergleich der Karrieren von Wallenstein und Mir Jumla aus globalgeschichtlicher Perspektive Wissenschaftliche Arbeit im Fach Geschichte zur Zulassung zur wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien 26. März 2014
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Das Verhältnis zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht. Ein Vergleich der Karrieren von Wallenstein und Mir Jumla aus globalgeschichtlicher Perspektive
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Das Verhältnis zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht
Ein Vergleich der Karrieren von Wallenstein und Mir Jumla aus globalgeschichtlicher Perspektive
Wissenschaftliche Arbeit im Fach Geschichte zur Zulassung zur wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien
26. März 2014
Erklärung
Ich erkläre, dass ich die Arbeit selbstständig angefertigt und nur die angegebenen
Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen
Werken, gegebenenfalls auch elektronischen Medien, entnommen sind, sind von mir
durch Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht. Entlehnungen aus dem
Internet sind durch Angabe der Quelle und des Zugriffsdatums sowie dem Ausdruck
der ersten Seite belegt (siehe Anhang: Internet-Belege); sie liegen zudem für den Zeit-
raum von 2 Jahren entweder auf einem elektronischen Speichermedium im PDF-
2 Theoretischer Rahmen ................................................................................................. 7 2.1 „Militärische Revolution“ und „Staatsbildung“ ......................................................... 7 2.2 Die Rolle der Militärunternehmer ................................................................................. 9 2.3 Ein europäisches Phänomen? ....................................................................................... 10
3 Wallenstein ................................................................................................................... 13 3.1 Der europäische Kontext ............................................................................................... 13 3.1.1 Condottieri und Kriegsunternehmer .................................................................................. 13 3.1.2 Das Reich bei Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges ................................................ 14
3.2 Wallensteins Aufstieg ...................................................................................................... 16 3.2.1 Ein ruhiges Leben bis 1618 ................................................................................................... 16 3.2.2 Profiteur des böhmischen Aufstandes .............................................................................. 17 3.2.3 Gesellschaftlicher und militärischer Aufstieg ................................................................ 18
3.3 Kriegsfinanzierung: Der Krieg ernährt den Krieg? ............................................... 20 3.3.1 Steuern und Subsidien ............................................................................................................. 20 3.3.2 Kontributionen ............................................................................................................................ 22 3.3.3 Darlehen ......................................................................................................................................... 25 3.3.4 Kriegsfinanzierung zwischen Autonomie und Abhängigkeit .................................. 31
3.4 Grenzen der politischen Macht .................................................................................... 32 3.5 Zwischenfazit ..................................................................................................................... 35
4 Mir Jumla ........................................................................................................................ 36 4.1 Der indische Kontext ....................................................................................................... 36 4.1.1 Mansabdars und „portfolio capitalists“ ............................................................................ 36 4.1.2 Die politische Landschaft Mitte des 17. Jahrhunderts ............................................... 38
4.2 Auswanderung und Aufstieg in Golkonda ................................................................ 40 4.2.1 Als Händler nach Golkonda ................................................................................................... 40 4.2.2 Aufstieg als havaldar von Masulipatnam ......................................................................... 42
4.3 Auf dem Höhepunkt der Macht .................................................................................... 44 4.3.1 Die Eroberung der Koromandelküste ............................................................................... 44 4.3.2 Die Grundlagen der Macht ..................................................................................................... 45 4.3.3 Politisches Gewicht in Zentrum und Peripherie ........................................................... 49 4.3.4 Der Bruch mit Golkonda ......................................................................................................... 51
4.4 Die „Domestizierung“ im Mogulreich ........................................................................ 55 4.4.1 Als Agent Aurangzebs .............................................................................................................. 55 4.4.2 Die letzten Jahre: Bengalen und die Nordostexpansion ............................................ 57
„So sehen wir also, daß der Krieg nicht bloß ein politischer Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln. […] die politische Absicht ist der Zweck, der Krieg ist das Mittel, und niemals kann das Mittel ohne Zweck gedacht werden.“1
Mit diesen berühmten Worten beschrieb der bedeutende preußische Militärtheoretiker
Carl von Clausewitz Anfang des 19. Jahrhunderts das Verhältnis von Krieg und Poli-
tik. Nach seinem Verständnis dient der Krieg letztlich einem politischen Zweck, da er
stets in einem politischen Rahmen ausgetragen wird.2 Bemerkenswert an Clausewitz’
Sichtweise ist, dass er im Umkehrschluss eine Beeinflussung des politischen Zweckes
durch die Art und Weise der Kriegsführung ausdrücklich berücksichtigt.3 Mit anderen
Worten: Auch die kriegsführenden Akteure beeinflussen den politischen Zweck.
In der vorliegenden Arbeit wird anhand zweier Fallbeispiele aus der ersten Hälfte des
17. Jahrhunderts4 die Frage nach dem Einfluss privater Militärunternehmer als kriegs-
führende Akteure aus vergleichender Perspektive gestellt: Als Gegenstand dienen die
Karrieren Wallensteins im Heiligen Römischen Reich und Mir Jumlas im zentralindi-
schen Golkonda-Sultanat. Die Auswahl dieser Beispiele ist dabei sowohl durch ihre
zeitliche Nähe zueinander5 als auch durch ihre vergleichsweise dichte Dokumentation
motiviert.6 Konkret wird hierzu die Beziehung zwischen Militärunternehmer und
Zentralmacht einerseits auf individuelle Unterschiede vor dem Hintergrund des jewei-
ligen Kontextes untersucht; andererseits soll der Versuch unternommen werden,
strukturelle Gemeinsamkeiten der beiden Fälle herauszuarbeiten.
1 Clausewitz, Vom Kriege, S. 28. 2 Jäger / Beckmann, Carl von Clausewitz’ Theorie des Krieges, S. 216. 3 „Aber der politische Zweck ist kein despotischer Gesetzgeber, er muss sich der Natur des Mittels fü-gen, und wird dadurch oft ganz verändert“: Clausewitz, Vom Kriege, S. 27. 4 Der Begriff „Frühe Neuzeit“ wird hier bewusst vermieden, da die Übertragung des europäischen Epochenbegriffs auf den indischen Raum problematisch ist. 5 Der Fokus liegt bei Wallenstein ungefähr auf der Zeit zwischen 1619 und 1630; bei Mir Jumla etwa zwischen 1635 und 1655. 6 Zu Forschungsstand und Quellenlage s.u.
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Die Frage nach den politischen Konsequenzen des „Outsourcing“ militärischer Auf-
gaben an nicht-staatliche Akteure besitzt große Aktualität: Das wohl bekannteste
Beispiel für den zunehmenden Trend zur „Privatisierung“ ist das berühmt-berüchtigte
Sicherheitsunternehmen Academi (ehemals Blackwater und Xe Services), das als ei-
ner der Hauptprofiteure des jüngsten Irak-Krieges gilt.7 Im Zusammenhang mit der
„NSA-Affäre“ geriet in Deutschland zuletzt der private Spionagedienstleister CSC in
den Fokus, mit dem auch die Bundesregierung zusammengearbeitet haben soll.8
Doch auch die Geschichtswissenschaft beschäftigt sich verstärkt mit dem Phänomen
„privat organisierter“ Kriegsführung. Im Jahr 2006 war das Thema einer Tagung, die
sich mit „Krieg und Militär im Spannungsfeld zwischen Verstaatlichung und Privati-
sierung“ auseinandersetzte, die Frage nach der „Rückkehr der Condottieri“.9 Die 2010
veröffentlichten Beiträge verweisen sowohl auf die Kontinuität als auch auf den
Wandel privater Kriegsorganisation von der Antike bis zur Gegenwart.10 Ein Schwer-
punkt der Forschung liegt dabei auf der Epoche der Frühen Neuzeit, in der sich in Eu-
ropa eine „Kapitalisierung des Krieges“ 11 vollzogen hat. Als Höhepunkt des
Kriegsunternehmertums gilt der Dreißigjährige Krieg.12 Das gesteigerte Interesse
zeigt sich unter anderem in neuen Biografien über die Kriegsunternehmer Ernst von
Mansfeld13 und Wallenstein14. Eine laufende Dissertation befasst sich mit Peter Me-
lander von Holzappel, einem weniger gut erforschten Beispiel aus der Spätphase des
Dreißigjährigen Krieges.15 Eine groß angelegte Synthese der Forschungsergebnisse
leistet David Parrott in „The Business of War“. Darin plädiert er für eine Neuveror-
tung des Phänomens der „privaten Militärunternehmer“.16
Die Bezeichnung dieser Akteure als „private Militärunternehmer“ ist indes nicht un-
problematisch. Um den ursprünglich von Fritz Redlich eingeführten und von Parrott
7 Peters, Blackwater, Halliburton und Co. Profiteure des Krieges. 8 Fuchs u.a., Dubiose Partner der Regierung. 9 Vgl. Pöhlmann, Tagungsbericht: Die Rückkehr der Condottieri?. 10 Förster / Jansen / Kronenbitter, Rückkehr der Condottieri?. 11 So der Titel einer Tagung von 2009: Theilig, Tagungsbericht: Die Kapitalisierung des Krieges. 12 Er gilt zugleich als „Götterdämmerung der Condottieri“: Höbelt, Götterdämmerung der Condottieri. 13 2010 erschienen: Krüssman, Ernst von Mansfeld. 14 2010: Rebitsch, Wallenstein; ebenfalls 2010 (Englisch) und 2012 (Deutsch): Mortimer, Wallenstein. 15 Leins, Reichsgraf Peter Melander von Holzappel. 16 2012: Parrott, Business of War; zu seiner Kritik an der älteren Forschung, vgl. Abschnitt 2.2.
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aufgegriffenen Begriff17 in der vorliegenden Arbeit als zentrale Beschreibungsfigur
einsetzen zu können, muss daher zunächst differenziert werden:
Ist im Folgenden von „privat“ die Rede, so ist dieser Begriff nicht im Sinne einer
„Privatsphäre“ zu verstehen (also als Gegensatz zur „öffentlichen Sphäre“), sondern
er wird vorrangig aus zwei Gründen herangezogen: Zum einen, um das nicht-
staatliche Wesen der Kriegsführung durch Söldner deutlich vom stehenden National-
heer des 19. Jahrhunderts abzugrenzen; zum anderen, um den privatwirtschaftlichen
Unternehmenscharakter zu unterstreichen, der sich durch Gewinnabsicht, persönliche
Haftung und Investition von Eigenkapital konstituiert.
Die Idee eines „Unternehmers“ suggeriert eine Marktsituation, in der eine freie Wahl
des Auftraggebers möglich ist und in der eine gewisse rechtliche Gleichstellung vor-
herrscht. Doch von dieser Vorstellung weicht das Verhältnis zwischen dem Militärun-
ternehmer und dem Herrscher als Personifizierung der Zentralmacht entscheidend ab:
Letzterer übt durch eine besondere Form der Legitimierung Herrschaft über Ersteren
aus. Selbst wenn die Organisation „nach unten“ auf unternehmerische Art und Weise
vollzogen wird, kann „nach oben“ bestenfalls von einer Art Dienstleistungsverhältnis
gesprochen werden. Dieses asymmetrische Verhältnis muss bei der Beschreibung der
Beziehung zwischen Zentralmacht und Militärunternehmer mitgedacht werden.
Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der Übertragung der „modernen“ Dicho-
tomie von „privater“ und „staatlicher“ Organisation auf die „vormoderne“ Epoche der
Frühen Neuzeit.18 Denn besonders in dieser Zeit, in der sich staatliche Strukturen und
Institutionen noch im Entstehungsprozess befinden und daher nur in Ansätzen er-
kennbar sind, lässt sich die politische nur schwer von der persönlichen Sphäre ge-
trennt betrachten.19 Um es mit Bezug auf Clausewitz zu sagen: Der politische Zweck
des Krieges ist gerade in der Frühen Neuzeit stets auch ein persönlicher Zweck – und
zwar sowohl des Kriegsherrn als auch des Kriegsunternehmers.
17 Redlich, The German Military Enterpriser; Parrott, Business of War. 18 Diese strenge Abgrenzung ist im Übrigen auch in der heutigen Zeit durchaus problematisch. 19 Vgl. zu dieser Problematik: Chittolini, The „Private“, The „Public“, The „State“.
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Darüber hinaus birgt die implizite Annahme einer „staatlichen“ Organisation, durch
die eine „private“ erst ausgemacht werden kann, zudem die Gefahr einer eurozentri-
schen Perspektive. Wenn man die Entstehung des „modernen Staates“, die sogenannte
„Staatsbildung“, als Teil eines europäischen „Sonderweges“ versteht, definiert man
damit „private Organisation“ ebenfalls als europäischen Spezialfall.20 Diese Ein-
schränkung des Blickwinkels sollte jedoch vermieden werden, da sie letztlich zur
Schreibung einer teleologischen „Erfolgsgeschichte“ Europas anleitet.21
Trotz der geschilderten Problematik ist die Bezeichnung „privater Militärunterneh-
mer“ als Arbeitsbegriff weiterhin tragfähig für die Charakterisierung von nicht-
staatlichen Organisationsformen der Kriegsführung in „vormoderner“ Zeit: Mit den
genannten Einschränkungen im Hinterkopf kann von nun an auf die Anführungszei-
chen verzichtet werden – nicht zuletzt, da der hier angestrebte transkulturelle Ver-
gleich die Gefahr von Eurozentrismus und Teleologie verringert.22
Bevor die Vorgehensweise des Vergleichs skizziert wird, ist ein Blick auf den For-
schungsstand nötig, der diese bedingt: Über die historische Figur Wallenstein urteilte
bereits Schiller: „Von der Partheien Gunst und Hass verwirrt/ Schwankt sein Charac-
terbild in der Geschichte“23. Besonders die zeitgenössische Publizistik, die ihn als
allmächtigen Ratgeber des Kaisers erscheinen ließ, beeinflusste die Geschichtsschrei-
bung nachhaltig.24 Die immer wieder auftauchenden Kontroversen um die Person
Wallensteins brachte eine große Menge an wissenschaftlicher Literatur hervor, die
hier nicht einzeln aufgeführt werden kann.25 Insgesamt lässt sich sagen, dass der Fall
Wallenstein sowohl im Allgemeinen als auch in Teilaspekten gut erforscht ist.
Dagegen erscheint der Stand der Forschung zu Mir Jumla noch ausbaufähig. Die älte-
re Literatur betrachtet beinahe ausschließlich die Spätphase seiner Karriere, von sei-
20 Nicht zufällig liegt der Schwerpunkt der Forschung auf der Frühen Neuzeit, die zugleich die zentrale Phase der „Staatsbildung“ markiert. Wenn der außereuropäische Kontext diskutiert wird, dann zumeist im (post-)kolonialen Kontext, vgl.: Förster / Jansen / Kronenbitter, Rückkehr der Condottieri?. 21 Eine skeptische Bilanz der „Erfolgsgeschichte“ des Staates zieht: Vries, Governing Growth. 22 Osterhammel, Transkulturell vergleichende Geschichtswissenschaft, S. 285-289; Vgl. auch grundle-gend: Haupt / Kocka, Historischer Vergleich; Kaelble, Historischer Vergleich. 23 Schiller, Prolog zu Wallensteins Lager, S. 385. 24 Kampmann, Staat im Staat, S. 296-302. 25 Ein Überblick findet sich in: Rebitsch, Wallenstein, S. 11-15.
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nem Seitenwechsel zum Mogulreich 1656 bis zu seinem Tod 1663.26 Auch die bislang
einzige Biografie von Jagadish Narayan Sarkar aus dem Jahr 1951 folgt dieser Per-
spektive.27 Der Aufstieg im Sultanat von Golkonda zwischen 1635 und 1655 dient
zwar nur als Hintergrund;28 doch besonders hier liegt die Leistung Sarkars, denn er
regte so eine genauere Betrachtung der extensiven Handelsaktivität Mir Jumlas an.29
Eine umfassende biografische Aufarbeitung unter Berücksichtigung neuerer For-
schungsergebnisse und -konzepte wurde allerdings noch nicht vorgenommen.
Die bisherigen Ausführungen geben den Aufbau der vorliegenden Arbeit gewisser-
maßen vor. In Kapitel 2 geht es zunächst um einen Überblick über Theorien zum Zu-
sammenhang von militärischer Organisation und „Staatsbildung“. Dafür wird, erstens,
die These der „militärischen Revolution“ vorgestellt und eingeordnet; darauf folgt,
zweitens, eine Zusammenfassung der Kritik David Parrotts; schließlich wird, drittens,
die eurozentrische Perspektive der Theorien in Frage gestellt und es wird auf ver-
gleichbare Ergebnisse der Forschung zur indischen Geschichte verwiesen.
In Kapitel 3, das Wallenstein als Einzelfall behandelt, ermöglicht die hohe Ausdiffe-
renzierung der Forschung ein stärker analytisches Vorgehen. Nach der Betrachtung
seines Aufstiegs wird der Fokus auf den Aspekt der Kriegsfinanzierung gelegt und
schließlich werden die Grenzen seines politischen Einflusses aufgezeigt. Für eine
ausgewogene Darstellung wird vorrangig die neueste Forschungsliteratur herangezo-
gen: Neben den Biografien von Geoff Mortimer und Robert Rebitsch dient der Kon-
textualisierung vor allem Peter Wilsons Darstellung des Dreißigjährigen Krieges.30
Aus den umfangreichen Quelleneditionen werden ausgewählte Urkunden, Briefe und
kaiserliche Dekrete, aber auch eine Bildquelle verwendet.
Zum Fall Mir Jumla wird in Kapitel 4 aufgrund des schwächeren Forschungsstandes
ein vorrangig chronologisch-biografischer Ansatz gewählt: Seine Karriere wird von
26 So etwa bei: Gribble, History of the Deccan, S. 270-284. 27 Dies verdeutlicht bereits der Untertitel „The General of Aurangzeb“: Sarkar, Mir Jumla. 28 Die 20 Jahre in Golkonda machen im Vergleich zu den 7 Jahren im Mogulreich den deutlich kleine-ren Teil der Darstellung aus: Ebd., S. 1-61 und S. 62-283. 29 Raychaudhuri, Jan Company in Coromandel, v.a. S. 38-58; Subrahmanyam, Persians, Pilgrims and Portuguese; Ders., Political Economy of Commerce, v.a. S. 322-327; Ders., Iranians Abroad. 30 Mortimer, Wallenstein; Rebitsch, Wallenstein; Wilson, Europe’s Tragedy.
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der Auswanderung, über den Aufstieg in Golkonda, bis zu dem Seitenwechsel zum
Mogulreich und schließlich bis zu seinem Tod nachgezeichnet. Ein eingeschobener
Querschnitt beleuchtet die fast-autonome Position, die er an der Peripherie Golkondas
aufbaute. Neben der verfügbaren Literatur werden dazu Quellen herangezogen, sofern
dies möglich ist.31 Zentral sind dabei die von Sarkar ins Englische übersetzten Briefe
Mir Jumlas, die teilweise übersetzten Briefe von Aurangzeb an den Mogulkaiser Shah
Jahan, der Reisebericht des Europäers Tavernier und die editierten Berichte der East
India Company sowie – auch hier – eine Bildquelle.
Um die beiden Fallbeispiele Wallenstein und Mir Jumla vergleichen zu können, wird
den Einzelfallbetrachtungen in Kapitel 3 und 4 jeweils ein kontextueller Überblick
über vorherrschende militärische Organisationsformen und politische Rahmenbedin-
gungen vorangestellt. Jeweils am Schluss dieser Kapitel werden die Ergebnisse in ei-
nem Zwischenfazit zusammengefasst. Hierzu werden Begriffe aus der Agenturtheorie
entlehnt,32 mithilfe derer sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen Militärunter-
nehmer und Zentralmacht folgendermaßen operationalisieren lässt: Welches Motiv
liegt dem Handeln des Militärunternehmers zugrunde? Ergibt sich daraus ein Zielkon-
flikt mit den Interessen der Zentralmacht? Wie frei kann er den Kompetenzvorteil33
zur Verfolgung seiner Interessen nutzen? Inwiefern ist dieser Handlungsspielraum
durch eine Machtasymmetrie eingeschränkt?
Ein direkter Vergleich in Kapitel 5 führt die Ergebnisse der Einzelfallbetrachtungen
zusammen: Dabei werden individuelle Unterschiede sowie strukturelle Gemeinsam-
keiten des Verhältnisses zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht in den hier
behandelten Fällen Wallenstein und Mir Jumla herausgearbeitet.34 Abschließend wer-
den die Erkenntnisse der Arbeit in Kapitel 6, der Schlussbetrachtung, kritisch reflek-
31 Nicht berücksichtigt werden können vor allem nicht-editierte Archivalia sowie nicht-übersetzte Quellen auf Persisch. 32 Zweckmäßig erscheint dafür die Verwendung des durch „Macht“ erweiterten Konzepts nach: Saam, Prinzipale, Agenten und Macht, v.a. S. 16-20, 192-195. 33 In der Agenturtheorie wird dies als Informationsvorteil bzw. -asymmetrie bezeichnet, wobei „Infor-mationen“ hier weit gefasst auch als „Kompetenzen“ verstanden werden können: Ebd., S. 19. 34 Dieser Vergleich wurde innerhalb der Forschung bislang so noch nicht vorgenommen. Lediglich Gommans bezeichnet Mir Jumla als „Indian Wallenstein“ – jedoch ohne den Vergleich weiter auszu-führen: Gommans, Mughal Warfare, S. 78.
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tiert und in die in Kapitel 2 vorgestellten Theorien zum Zusammenhang von Kriegs-
führung und „Staatsbildung“ eingeordnet.
2 Theoretischer Rahmen
2.1 „Militärische Revolution“ und „Staatsbildung“
Für die Veränderungen im Militärwesen, die sich in der Frühen Neuzeit vollzogen,
prägte Michael Roberts in den 1950er Jahren den Begriff der „militärischen Revoluti-
on“. Ausgehend von den Reformen von Moritz von Oranien in den Niederlanden und
Gustav Adolf in Schweden interpretiert er taktische und militärtechnologische Inno-
vationen zwischen 1560 und 1660 als Ursache für Modernisierungsprozesse. 35
Grundbedingung hierfür ist der Übergang vom mittelalterlichen Ritter- zum frühneu-
zeitlichen Söldnerheer.36 Bei Roberts werden Söldner mit einer negativen Konnotati-
on als „undiszipliniert, unzuverlässig und kampfunwillig“37 beschrieben.
Ein zentrales Merkmal der „militärischen Revolution“ ist die sich verstetigende
Kriegsführung und – damit verbunden – die ansteigende Größenordnung der Ar-
meen.38 Dieser Prozess führte, laut Roberts, unweigerlich zur Zunahme staatlicher
Macht. Denn allein „der Staat konnte in dieser Situation die verwaltungsmäßigen,
technischen und finanziellen Mittel bereitstellen, die für Feindseligkeiten größeren
Stils erforderlich waren.“39 Konkret meint Roberts damit die Zentralisierung der Ver-
waltung in Richtung des „absolutistischen“ Staatsmodells und der Nationalarmee.40
Die von Roberts’ These angestoßene Debatte bezog sich vorrangig auf militärische
Details und den gewählten Untersuchungszeitraum.41 Dabei wurde der Zeitraum, in
dem die Forschung „revolutionäre“ militärische Entwicklungsschübe erkannte, immer
35 Roberts, Militärische Revolution, S. 273 f. 36 Ebd., S. 277. 37 Ebd., S. 278. 38 Ebd., S. 281-283. 39 Ebd., S. 284 f. 40 Ebd., S. 286, 289. 41 Ein Überblick gibt: Parrott, Military Revolution; und aktuell: Black, Beyond the Military Revolution.
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weiter ausgedehnt.42 Eine zentrale Erkenntnis der Debatte besteht also darin, dass das
Bild einer „Revolution“ der historischen Entwicklung des Militärwesens zwischen
Mittelalter und Moderne nicht gerecht werden kann. Anstelle dieser Beschreibungsfi-
gur, die eine sprunghafte und zugleich unumkehrbare Entwicklung suggeriert, scheint
es dagegen zweckdienlicher, von einem langfristigen Strukturwandel zu sprechen.43
Dass die Zunahme der Intensität und Länge der Kriegsführung den wesentlichen An-
stoß zur „Staatsbildung“ in Europa lieferte, blieb in der Debatte unterdessen explizit
oder implizit als Tatsache akzeptiert. Die besondere Attraktivität der These Roberts’
bestand in der Erklärung dieses Zusammenhangs auf militärisch-operativer Ebene.44
Sie fügte sich damit in das Theoriegebäude der „Staatsbildung“ ein, das als eines der
zentralen historischen Meistererzählungen des späten 19. Jahrhunderts gilt.45 So be-
schrieb etwa Otto Hintze Anfang des 20. Jahrhunderts den Ausbau staatlicher Institu-
tionen als Reaktion auf die geopolitischen Imperative des Kriegs.46
Nicht zuletzt aufgrund ihrer Anschlussfähigkeit an dieses populäre Narrativ beein-
flusst die These der „militärischen Revolution“ die Geschichtsschreibung bis heute.47
„Staatsbildung“ bedeutet in dieser Denkrichtung in erster Linie Zentralisierung und
Institutionalisierung von Macht als Reaktion auf äußeren Kriegsdruck.48 So bezeich-
net etwa Wolfgang Reinhard den „Krieg als Vater aller Dinge […], denn in seiner
entscheidenden Wachstumsphase ist der moderne Staat ein Kriegsstaat, der seine
Verwaltung und Besteuerung ausweitet, um Krieg führen zu können.“49 Oder wie es
Charles Tilly zugespitzt formuliert: „war made the state, and the state made war.“50
42 Zunächst erweiterte Geoffrey Parker den Zeitraum auf 1530-1710: Parker, The ‚Military Revoluti-on’. A Myth?, S. 203 f., 213; Jeremy Black sieht die zentrale Phase zwischen 1660 und 1792: Black, A Military Revolution?; Clifford Rogers setzte dagegen bereits im 14. und 15. Jahrhundert an: Rogers, Military Revolutions, S. 247, 258. 43 So urteilen u.a. auch: Mortimer, Introduction, S. 3 f.; Rogers, Military Revolutions, S. 277. 44 Parott, Business of War, S. 14. 45 Meumann / Pröve, Die Faszination des Staates, S. 11. 46 Vgl.: Holenstein, Empowering Interactions, S. 7 f. 47 Einen Überblick gibt: Teschke, Revisiting the „War-Makes-States“ Thesis, S. 36-42. 48 Diese Reduktion ist keineswegs unproblematisch, vgl. insbesondere zur Abgrenzung von Reinhards Position: Knöbl, Staatsbildung, S. 57 f. Doch hier ist sie zweckmäßig. Vgl. ähnlich bei: Parrott, Busi-ness of War, S. 8-11; Burkhardt, Wars of States, S. 17; Holenstein, Empowering Interactions, S. 6-9. 49 Reinhard, Wachstum der Staatsgewalt, S. 67. 50 Tilly, Reflections on the History of European State-Making, S. 42.
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2.2 Die Rolle der Militärunternehmer
Vor dem Hintergrund der „Staatsbildung“ und der damit verbundenen Monopolisie-
rung von Gewalt wird Militärunternehmertum und Kriegsführung durch Söldner in
der älteren Forschung als historische Sackgasse betrachtet.51 Das Ende des Dreißig-
jährigen Krieges markiert demnach den Anfang vom Ende des Söldner- und Militär-
unternehmertums.52 Als essentielle Entwicklung ab Mitte des 17. Jahrhunderts gilt
dagegen die stetige Verstaatlichung der großen Truppenkontingente des Dreißigjähri-
gen Kriegs vor dem Hintergrund der Entwicklung in Richtung „absoluter“ Herrschaft.
Johannes Burkhardt bringt dies auf die Formel des stehenden Heers als „stehengeblie-
benes Heer“53.
Eine kritische Haltung54 gegenüber der Vorstellung einer linearen Entwicklungsge-
schichte militärischer Organisation vertritt David Parrott in seiner 2012 erschienenen
Monographie „The Business of War“.55 Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass der
steigende Aufwand der Kriegsführung im 17. Jahrhundert nicht, wie von Roberts an-
genommen, zur Bildung zentralstaatlicher Institutionen, sondern – im Gegenteil – zur
Auslagerung der militärischen Organisation führte: Anstelle einer „military revoluti-
on“ betont Parrott die „military devolution“.56 Darüber hinaus habe private Militäror-
ganisation noch weit bis ins 18. Jahrhundert eine wichtige Rolle gespielt, da staatliche
Kontingente qualitativ und quantitativ nicht konkurrenzfähig gewesen seien.57
Dass Kriegsführung durch Söldner ineffizient und lediglich eine Notlösung gewesen
sei, entlarvt Parrott als moralisch verzerrte Geschichtsschreibung. Dagegen zeigt er,
wie das persönlich-finanzielle Interesse der Unternehmer die operative Effektivität
ihrer Truppen begünstigte.58 Darüber hinaus waren private Unternehmer gegenüber
der „staatlichen“ Organisation im Vorteil, da sie für wichtiges Kriegsmaterial auf ein
51 Parrott, Business of War, S. 3. 52 Reinhard, Probleme deutscher Geschichte, S. 94 f. 53 Burkhardt, Der Dreißigjährige Krieg, S. 213; vgl. hierzu die Kritik von: Kroener, Der Krieg hat ein Loch, insb. S. 629 f. 54 Erstmals formulierte er diese bereits 1992 in: Parrott, Military Revolution, v.a. S. 27. 55 Parrott, Business of War. 56 Ebd., S. 1. 57 Ebd., S. 308-310. 58 Ebd., S. 154-156.
10
Netzwerk von Produzenten, Händlern und Logistikern sowie, zur Finanzierung, auf
Merkantilkredite zurückgreifen konnten.59
Parrott beschreibt diese Entwicklung in Richtung einer Privatisierung des Krieges
durch Militärunternehmer als evolutionären Prozess, dessen Fortgang durch pragmati-
sche Konzepte zur Organisation des Krieges geformt wurde.60 Abhängig von spezifi-
schen Rahmenbedingungen sei diese Externalisierung meist nur bis zu einem
gewissen Grad erfolgt und europaweit keineswegs einheitlich gewesen.61 Die Bezie-
hung zwischen Kriegsherren und Militärunternehmern sei daher vergleichbar mit un-
terschiedlichen Ausformungen von öffentlich-privater Partnerschaft.62
Im Rückschluss auf die Theorien zur „Staatsbildung“ bedeutet dies, dass Wachstum
staatlich-zentralisierter Macht und Auslagerung militärischer Organisation nicht als
Gegensätze in einem Nullsummenspiel betrachtet werden können. Im Gegenteil: Die
privatisierte Kriegsführung habe, so Parrott, aufgrund ihrer effizienten Struktur die
Stärke und herrschaftliche Reichweite des Staates nicht eingeschränkt, – sondern sie
vielmehr erst möglich gemacht.63 Er greift damit Tendenzen der jüngeren Forschung
auf, die „Herrschaft als dynamischen und kommunikativen Prozess“64 begreifen. Die
„Staatsbildung“ vollzieht sich dabei weder aktiv gelenkt noch zielgerichtet. Insbeson-
dere wird sie nicht exklusiv als Vorrecht des Herrschers betrachtet: Als „empowering
interaction“ kann sie sich auch „von unten nach oben“ vollziehen.65
2.3 Ein europäisches Phänomen?
Die These der „militärischen Revolution“ wurde auch über den europäischen Kontext
hinaus diskutiert. Geoffrey Parker bewertete sie als eine wesentliche Bedingung für
die europäische Expansion der Frühen Neuzeit.66 Demnach sei der Rest der Welt da-
59 Ebd., S. 177, 227. 60 Ebd., S. 101. 61 Ebd., S. 135. 62 Ebd., S. 19 f. 63 Ebd., S. 8. 64 Meumann / Pröve, Faszination des Staates, S. 45. 65 Holenstein, Empowering Interactions, S. 5. 66 Pointiert und provokant auf den Punkt gebracht durch den Untertitel „Military Innovation and the Rise of the West. 1500-1800“: Parker, Military Revolution.
11
ran gescheitert, die „westliche“ Waffentechnologie zu übernehmen oder sie zu integ-
rieren.67 Die anschließende Debatte befasste sich hauptsächlich damit, die These der
militärischen Überlegenheit des „Westens“ zu be- oder zu widerlegen.68 Der bei
Roberts zentrale Aspekt der Beziehung zwischen Organisation des Krieges und
„Staatsbildung“ wurde außerhalb des europäischen Kontextes kaum diskutiert.69
Dies liegt nicht zuletzt daran, dass unter dem Begriff „Staat“ vornehmlich der europä-
ische Nationalstaat des 19. Jahrhunderts verstanden wird, – definiert durch Staatsterri-
torium, Staatsvolk und Staatsgewalt, aus der nach innen das Gewaltmonopol und nach
außen die Souveränität folgt.70 Von diesem Verständnis ausgehend muss „Staatsbil-
dung“ per definitionem als europäischer Sonderfall gelten.71 Jedoch lässt sich dieser
eng gefasste Staatsbegriff streng genommen weder auf die europäische Vormoderne,
noch auf außereuropäische Kontexte anwenden.72 Das Konzept wird daher insbeson-
dere von der jüngsten Forschung, die sich dem Phänomen vormoderner Herrschaft
aus transkultureller Perspektive annähert, kritisch hinterfragt.73
Als zweckmäßiger habe sich dagegen, so Antje Flüchter, ein weit gefasster Staatsbe-
griff erwiesen, der an das Konzept der „empowering interactions“ anschließt.74 Unter
„Staat“ versteht sie ein soziopolitisches System oberhalb der Ebene von „Familie“,
welches das Leben seiner Mitglieder sowie die Verteilung von Macht und Ressourcen
strukturiert. Der Grad der Differenzierung dieses Systems bedarf der Machtübertra-
gung an Institutionen oder Personen sowie wenigstens Vorformen von Exekutivge-
walt, Bürokratie, Rechtssystem und Militärorganisation. Das System hat ein Zentrum,
67 Nur Ostasien stelle diesbezüglich eine Ausnahme dar: Ebd., S. 136. 68 Z.B. stellt Peter Lorge das Argument auf den Kopf: die wahre militärische Revolution habe im China des 12./13. Jahrhunderts stattgefunden: Lorge, Asian Military Revolution, S. 1, 21. 69 Wenn, dann nur im Rahmen einer allgemeiner Charakteristik, wie bei der Beschreibung von Osma-nen-, Safawiden- und Mogulreich als „Gunpowder Empires“: Streusand, Islamic Gunpowder Empires. 70 So etwa bei: Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, S. 16. 71 „Europa hat den Staat erfunden.“: Ebd., S. 15. 72 Flüchter, Structures on the Move, S. 5-8. 73 Vgl. zwei vom Heidelberger Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“ organisierte Tagungen von 2009 und 2012: Noordam, Tagungsbericht: Early Modern State (Building) in Asia and Europe; Cubelic / Banerjee, Tagungsbericht: Entanglement of Histories. 74 Flüchter, Structures on the Move, S. 9.
12
welches aber nicht der einzige Akteur ist. „Staatsbildung“ besteht demzufolge aus In-
teraktionen zwischen Netzwerken von Individuen und Institutionen.75
Dass diese Erweiterung des Staatsbegriffs sinnvoll ist, zeigt ein Blick auf die Ge-
schichtsschreibung über das indische Mogulreich. In der älteren Forschung galt es
noch – je nach Perspektive – als „orientalische Despotie“,76 als muslimische Willkür-
herrschaft77 oder als zentralistischer Staat und „insatiable Leviathan“78. Doch seit den
1990ern ist eine zunehmende Abkehr von den alten Vorstellungen zu beobachten. Als
Vorfechter dieses Paradigmenwechsels betonen Sanjay Subrahmanyam und Muzaffar
Alam die Prozesshaftigkeit 79 des Mogulstaats, weshalb dieser vielmehr einem
„patchwork quilt“ als einem „wall to wall carpet“ gleiche.80 Farhat Hasan unter-
streicht die frakturierte Struktur, die sich aus der Notwendigkeit der Integration loka-
ler Eliten ergab.81 Munis D. Faruqui verweist dabei auf die Mogul-Prinzen als
zentrale Akteure der herrschaftlichen Durchdringung des Reiches.82
Hier lassen sich also prinzipiell ähnliche Muster bei der Organisation von Herrschaft
erkennen, wie sie auch von der jüngeren Forschung im Europa der Frühen Neuzeit
ausgemacht werden. Der erweiterte Staatsbegriff ermöglicht insofern insbesondere die
Übertragung des Begriffs des privaten Militärunternehmers, wie er in der Einleitung
definiert und problematisiert wurde, auf den südasiatischen Kontext. Doch im folgen-
den Kapitel wird zunächst der europäische Fall Wallenstein betrachtet.
75 Ebd., S. 13. 76 Vgl. Alam / Subrahmanyam, The Old and the New in Mughal Historiography, S. 3 f. 77 So vor allem Jadunath Sarkar in: Sarkar, History of Aurangzib. 78 Raychaudhuri, The State and the Economy. The Mughal Empire, S. 173. 79 Subrahmanyam, Structure or Process. 80 Alam / Subrahmanyam, Introduction, S. 57. 81 Hasan, State and Locality. 82 Faruqui, Princes, S. 6-9.
13
3 Wallenstein
3.1 Der europäische Kontext
3.1.1 Condottieri und Kriegsunternehmer
In der europäischen Frühen Neuzeit bildeten Söldneraufgebote die wichtigste Form
militärischer Organisation.83 In Italien begann man im Spätmittelalter, die Aufstellung
und Finanzierung von Söldnertruppen durch Verträge zu regeln. In der sogenannten
condotta legten der Auftraggeber, meist ein Fürst oder eine Republik, und der Auf-
tragnehmer, der condottiero, den zeitlichen Rahmen, den Umfang des Dienstes und
die Entlohnung dafür fest.84 Die Rekrutierung, Ausrüstung und Überführung der
Truppen zum Kriegsschauplatz wurde meist vom Kriegsherren durch einen Vorschuss
finanziert.85 Die condottieri betrieben somit eine Art militärisches Unternehmen im
Auftrag eines herrschaftlichen Kriegsherrn.86
Nördlich der Alpen wurde es im Laufe des 16. Jahrhunderts üblich, dass Söldnerfüh-
rer dem Kriegsherrn Kredit gewährten, indem sie die Truppen auf eigene Kosten
rekrutierten und ausrüsteten.87 Diese Form der Kreditgabe ist im Zusammenhang zu
sehen mit der Verlängerung der Konflikte. Einerseits war es für Söldnerkapitäne erst
dann attraktiv, in die Aufstellung von Truppen zu investieren, wenn ein hinreichend
langer Krieg die Aussicht auf Gewinn erhöhte; andererseits ermöglichte der Vor-
schuss den Kriegsherren, die finanzielle Last langer Kriege überhaupt zu stemmen.88
Fritz Redlich prägte für diesen Typus den Begriff des Militärunternehmers, der auf
einer geschäftsmäßigen Grundlage die notwendigen militärischen Mittel (vor allem
Truppen) für den Kriegsherrn organisierte, um Profit zu erwirtschaften.89
83 Höbelt, Götterdämmerung der Condottieri, S. 127. 84 Lang, Condottieri, S. 93 f. 85 Parrott, Business of War, S. 42 f. 86 Lang, Condottieri, S. 97 f. 87 Mortimer, War by Contract, S. 103. 88 Parrott, Business of War, S. 78 f. 89 Redlich, Military Enterpriser, S. 3.
14
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stieg der Geldbedarf weiter an, da zuneh-
mend auch Schuss- und Stichwaffen, Kleidung, Nahrungsmittel und Munition vorfi-
nanziert wurden.90 Der Militärunternehmer konnte dabei Profit erwirtschaften, indem
er die Kosten für diese Versorgungsleistungen von den später erfolgenden Soldzah-
lungen der Truppen abzog.91 Die nötige Liquidität schuf er teilweise durch Aufnahme
von Darlehen. So wurden bereits im 16. Jahrhundert Verbindungen zwischen Militär
und großen Bankhäusern wie dem der Fugger geknüpft.92
Während die condottieri noch weitgehend frei darüber entscheiden konnten, in wes-
sen Auftrag sie Krieg führten,93 hing der Grad der Autonomie der späteren Militärun-
ternehmer vor allem von den Rahmenbedingungen ab. Dänemark etwa bevorzugte als
wohlhabendes Königshaus stark abhängige Akteure, die kaum unternehmerisch tätig
waren.94 Ernst von Mansfeld hingegen konnte mit seiner eigenen Armee selbständig
strategische Verbindungen zur politischen Opposition Habsburgs suchen.95 Doch
selbst er war auf Formen von Patronage angewiesen.96 Vollkommene Autonomie war
aufgrund der zunehmend engeren Bindung des Militärunternehmers an den Kriegsher-
ren nicht zu erreichen.97
3.1.2 Das Reich bei Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges
Als die böhmische Erhebung mit dem symbolträchtigen Prager Fenstersturz am
23. Mai 1618 begann,98 befand sich das Heilige Römische Reich in einem kritischen
Zustand. Nachdem der ohnehin als „schwacher Herrscher“ geltende Kaiser Matthias
im März 1619 starb, musste sich sein designierter Nachfolger Ferdinand II. zunächst
um seine Wahl zum Kaiser kümmern, die Ende August in Frankfurt stattfand.99 Doch
inzwischen hatten die Aufständischen ihn als König von Böhmen ab- und Friedrich
90 Baumann, Von Frundsberg zu Wallenstein, S. 27. 91 Parrott, Business of War, S. 94 f. 92 Redlich, Credit System, S. 187. 93 Lang, Condottieri, S. 98. 94 Parrott, Business of War, S. 110 f. 95 Krüssmann, Ernst von Mansfeld, S. 656. 96 Ebd., S. 672. 97 Baumann, Deutsche Condottieri, S. 118. 98 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 272. 99 Ebd., S. 279-282.
15
von der Pfalz eingesetzt.100 Eine größere militärische Konfrontation schien daher un-
ausweichlich.
Die Aufständischen hatten bereits 1618 eine Streitkraft unter Graf von Thurn aufge-
stellt, an die sich der Söldnerführer Ernst von Mansfeld mit seinen Truppen an-
schloss.101 Die Gefährdung der Habsburger nahm dramatisch zu, als sich der Fürst
von Siebenbürgen, Bethlen Gábor, mit den Böhmen vereinigte: Gemeinsam verfügten
sie über eine Streitkraft von etwa 50.000 Mann, mit der sie im November 1619 beina-
he Wien eingenommen hätten.102 Kaiser Ferdinand hingegen verfügte lediglich über
die 20.000 Mann, die seinen Generälen Bucqoy und Dampierre unterstellt waren.103
Diese waren hauptsächlich aus spanischen Subsidien finanziert worden.104
Dass man vor allem Geld benötigte, um erfolgreich Krieg zu führen, war bereits im
16. und 17. Jahrhundert eine weit verbreitete Einsicht. Zu dieser Zeit erlebte die
Wendung „pecunia nervus belli“ ihre Renaissance als geflügeltes Wort.105 Die Finan-
zierung des Krieges war auch Ferdinands größtes Problem. Bei seinem Amtsantritt
erbte der Kaiser Schulden von über 20 Millionen Gulden und hatte zudem durch den
Aufstand keinen Zugriff auf die Einnahmen aus Böhmen. Dem gegenüber standen
Kosten für die Armee, die sich in den zehn Monaten bis Juni 1619 bereits auf ca. 5
Millionen Gulden beliefen.106 Aufgrund der hohen Schulden und des schlechten Rufes
der habsburgischen Zahlungsmoral107 dürfte die Kreditwürdigkeit nicht ausgereicht
haben, um die Finanzierungslücke durch kurzfristige Darlehen zu schließen.108
Da der Kaiser also nicht über die nötigen Mittel verfügte, um ein größeres Heer auf-
zustellen, musste er die Unterstützung Maximilians von Bayern und der wiederge-
gründeten Katholischen Liga gewinnen. Dies war ohne politische Zugeständnisse
100 Ebd., S. 283 f. 101 Mortimer, Wallenstein, S. 35. 102 12.000 aus Musterungen in Böhmen, je 3.000 aus Mähren und Schlesien, dazu Mansfeld mit 7.000 und Gabor mit ca. 22.000 (ohne die in Mähren abgestellten): Wilson, Europe’s Tragedy, S. 288-291. 103 Rebitsch, Wallenstein, S. 53. 104 Winkelbauer, Nervus Belli Bohemici, S. 181-183. 105 Stolleis, Pecunia Nervus Rerum, S. 63 f. 106 Winkelbauer, Nervus Belli Bohemici, S. 185. 107 Philipp II. von Spanien war zuletzt 1596 zahlungsunfähig: Edelmayer, Philipp II., S. 92, 262. 108 Höbelt, Götterdämmerung der Condottieri, S. 133.
16
nicht möglich.109 Auf dem Ligatag im Dezember 1619 wurde daraufhin die Aufstel-
lung einer 25.000 Mann starken Armee unter General Tilly beschlossen.110 Unter-
stützt von spanischen Hilfsregimentern besiegten die vereinigten kaiserlichen
Streitkräfte im November 1620 die böhmische Armee in der Schlacht am Weißen
Berg und leiteten damit das Ende des böhmischen Aufstandes ein.111
3.2 Wallensteins Aufstieg
3.2.1 Ein ruhiges Leben bis 1618
Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, genannt Wallenstein, wurde 1583 in dem
Dorf Hermanitz im Nordosten Böhmens als Sohn adeliger Eltern geboren. Nach einer
kurzen Schullaufbahn und einigen Bildungsreisen nach Frankreich und Italien trat er
1602 das Erbe des bescheidenen Familienguts an.112 Durch geschickte Heirat im Jahr
1609 kam Wallenstein zu großen Ländereien in Mähren, so dass er schließlich das
elterliche Gut Hermanitz verkaufte.113 Offensichtlich war für ihn das Streben nach
Grundbesitz ein wichtiges Handlungsmotiv für diese erste Eheschließung. Im Jahr
1623, als er bereits Großgrundbesitzer war, spielte Landgewinn als Motiv bei der
Wahl seiner zweiten Ehefrau keine Rolle, – er heiratete die Tochter eines der kaiserli-
chen Hofräte. Sozialer Rang und Einfluss am Kaiserhof dürften hierbei die entschei-
denden Kriterien gewesen sein.114
Während Wallenstein offenbar die Vermehrung seines Landbesitzes anstrebte, schien
er bezüglich einer militärischen Karriere bis 1618 keine besonderen Ambitionen zu
hegen. Nach ersten Erfahrungen in der Endphase des langen Türkenkrieges 1604/5
wurde seine Militärlaufbahn durch das Friedensabkommen mit den Türken und Un-
garn vorerst unterbrochen.115 Zwar wurde er in den Jahren 1610 und 1615 noch
zweimal zum mährischen Oberst berufen. Jedoch scheint dies eher Ausdruck seines
109 Angeblich war die spätere Übertragung der Kurpfalz an Bayern Teil dieser Abmachung: Albrecht, Ferdinand II., S. 131. 110 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 295. 111 Ebd., S. 303-308. 112 Mortimer, Wallenstein, S. 13-16. 113 Polišenský / Kollmann, Wallenstein, S. 35 f. 114 Mortimer, Wallenstein, S. 89. 115 Ebd., S. 17 f.
17
steigenden Ansehens als seiner militärischen Ambitionen gewesen zu sein, da von
diesen Regimentern keine Kampfhandlungen belegt sind.116
3.2.2 Profiteur des böhmischen Aufstandes
Die bis dahin recht beschauliche Biographie Wallensteins erfuhr mit dem Beginn des
böhmischen Aufstandes eine Wende. Im Sommer 1618 erhielt er als mährischer
Oberst das Kommando über ein Infanterieregiment und wenig später stellte er sich als
Oberst in den Dienst des Kaisers.117 In den Jahren 1619/20 war Wallenstein bei der
Niederschlagung des Aufstandes durchgehend im Einsatz und sammelte wichtige Er-
fahrungen im Kampf, sowie in Organisation und Logistik.118 Seine Kompetenz deutet
sich darin an, dass er Ende 1619 ein zweites kaiserliches Patent zur Rekrutierung ei-
nes weiteren Regiments erhielt.119
Durch seine Initiative stieg Wallenstein in der Gunst des Kaisers. Dies zeigt seine Be-
rufung als Mitglied des Prager Münzkonsortiums als einer der Adeligen, die das Un-
ternehmen rechtlich absichern und nach außen repräsentieren sollten. 120 Die
Münzprägung ermöglichte Gewinne durch Seigniorage, der Differenz zwischen Her-
stellungskosten und Nominalwert der Münzen.121 Zur Steigerung des Profits musste
die Prägerate vergrößert werden, was einen hohen Silberbedarf bedeutete.122 Um die-
sem nachzukommen, wurde das Münzregal ab Februar 1622 für ein Jahr lang an das
Konsortium verpachtet.123 Die Gewinnabsicht dieser Kapitalgesellschaft führte zu
massiven Münzverschlechterungen, die den Höhepunkt der Kipper und Wipper Infla-
tion darstellten.124
Wallenstein bezog einen direkten Geldgewinn, der vermutlich weitaus höher lag als
die aktenkundigen 240.000 Gulden.125 Als Mitglied des Komitees hatte er außerdem
116 Diwald, Wallenstein, S. 74. 117 Mortimer, Wallenstein, S. 36 f. 118 Ebd., S. 41. 119 Polišenský / Kollmann, Wallenstein, S. 59. 120 Leins, Münzkonsortium, S. 92. 121 Munro, Art. „Schlagschatz“, S. 57. 122 Hüther, Der Dreißigjährige Krieg als fiskalisches Problem, S. 61. 123 Ernstberger, Hans de Witte, S. 99 f. 124 Leins, Münzkonsortium, S. 102-106. 125 Ebd., S. 107.
18
wesentliche Vorteile beim Handel mit Territorien, nicht zuletzt, weil er mit „langer
Münze“ einkaufen konnte.126 Zuvor hatte sich Wallenstein im Rahmen der Konfiska-
tionswelle nach dem Ende der Revolte bereits den Anspruch auf mehrere Besitztümer
in Mittel- und Nordostböhmen gesichert, indem er dem Kaiser Darlehen als Anleihe
auf diese Gebiete gewährte.127 Weiterhin war es ihm gelungen, Erbansprüche auf ei-
nen großen Grundbesitz geltend zu machen.128 Von diesem Besitz ausgehend schuf er
zeitgleich zur Aktivität des Prager Münzkonsortiums durch eine Reihe von Käufen,
Verkäufen und Tauschgeschäften ein großes, zusammenhängendes Territorium um
das Zentrum Friedland, das ca. 100 km breit und 90 km hoch war.129
Darüber hinaus profitierte er in dieser Zeit zusätzlich auf indirekte Weise durch das
Knüpfen zahlreicher Kontakte zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Elite.130
Insbesondere die Verbindung zu Hans de Witte erwies sich als schicksalsträchtig.131
Ihre gemeinsame Erfahrung, welch hohe Gewinne im wiedereroberten Böhmen zu
erreichen waren, dürfte die Dimension ihrer nachfolgenden Kooperation motiviert
haben.132 Insgesamt lässt sich also festhalten, dass Wallenstein in dieser Phase die
Grundlage für seinen folgenden Aufstieg schaffte.133
3.2.3 Gesellschaftlicher und militärischer Aufstieg
Es stellt sich die Frage nach Wallensteins Handlungsmotiven: Weshalb begann er mit
knapp 33 Jahren als begüterter Mann eine Karriere als Militärunternehmer im Dienste
des Kaisers anzustreben? Es lag für ihn aus unterschiedlichen Gründen nahe, im böh-
mischen Aufstand die kaiserliche Seite zu ergreifen. Da er bereits 1607 zum Katholi-
zismus übergetreten war, dürfte zum einen die Konfession durchaus eine Rolle
gespielt haben. 134 Zum anderen pflegte er persönliche Beziehungen zu Kaiser
126 Ebd., S113. 127 Mortimer, Wallenstein, S. 57 f. 128 Ebd., S. 60 f. 129 Ebd., S. 63-67; Vgl. Abb. 1. 130 Rebitsch, Wallenstein, S. 146. 131 Zur Rolle Hans de Wittes zur Kriegsfinanzierung, vgl. Abschnitt 3.3.3. 132 Parrott, Business of War, S. 231. 133 So urteilt auch Peter Wilson: „He [Wallenstein] owed his later influence not to military glory but clever integration into the post-revolt order“: Wilson, Europe’s Tragedy, S. 392. 134 Rebitsch, Wallenstein, S. 24.
19
Matthias, dessen Kammerherr er seit 1607 war,135 sowie zu dessen Nachfolger Ferdi-
nand, für den er 1617 aus eigenen Mitteln ein Regiment aufgestellt hatte.136
Der enge Zusammenhang von sozialem Status und Grundbesitz liefert eine Folie, vor
der sich Wallensteins Eingreifen erklären lässt: der Verlust seiner Güter hätte gleich-
sam den Verlust seines Status bedeutet. Diese Gefahr bestand konkret im Falle einer
Ausweitung der böhmischen Rebellion auf Mähren, da die protestantischen Verwand-
ten seiner Frau Ansprüche auf den Familienbesitz erhoben, insbesondere seit ihrem
Tod im Jahr 1614.137 Als dieses Szenario eintrat und Wallenstein sich offen zum Kai-
ser bekannte, wurde sein mährischer Besitz postwendend konfisziert.138 Die Wieder-
herstellung seiner persönlichen Existenz hing also vom Erfolg des Kaisers ab.
Auch nach der Niederschlagung des böhmischen Aufstands blieben seine Ländereien
das Hauptinteresse Wallensteins – insbesondere das 1623 zum Fürstentum erhobene
Friedland.139 So erklärt sich sein Bestreben, eine Armee für den Kaiser aufzustellen,
vor allem aus dem Umstand, dass er in den Geschehnissen des Jahres 1624 eine Be-
drohung Friedlands sah: Im Kriegsfall drohte eine Vereinigung der Truppen von
Christian von Dänemark und Bethlen Gábor in Böhmen.140 Auch als er sich 1631 zu
einem erneuten Eingreifen überreden ließ, bestand eine konkrete Bedrohung Fried-
lands – diesmal durch die Schweden unter Gustav Adolf.141
Die militärische Karriere war also eher das Mittel; das eigentliche Ziel war der soziale
Aufstieg.142 Dass beide Aspekte eng miteinander verknüpft sind, verdeutlicht eine
kurze Übersicht über Wallensteins Laufbahn: Er selbst wurde 1623 Generalmajor der
Armee143 und Friedland wurde zum Fürstentum erklärt.144 1625 erhob ihn der Kaiser
135 Ebd., S. 26. 136 Polišenský / Kollmann, Wallenstein, S. 41 f. 137 Mortimer, Wallenstein, S. 24 f. 138 Ebd., S. 37 f. 139 Ebd., S. 90. 140 Im Kriegsfall drohte eine Vereinigung der Truppen von Christian von Dänemark und Bethlen Gábor in Böhmen: Ebd., S. 96-98. 141 Ebd., S. 164-167. 142 Parrott, Business of War, S. 249 f. 143 Mortimer, Wallenstein, S. 93. 144 Ebd., S. 90.
20
zum General und Friedland zum Herzogtum.145 1628 erhielt er den Titel des „Genera-
lissimo“ und die Herzogtümer Mecklenburg und Sagan.146
Seine militärische Karriere stellte auch die grundlegende Legitimierung seines sozia-
len Aufstiegs dar. So wurden etwa in der Urkunde zur Promotion Friedlands zum
Fürstentum ausdrücklich die militärischen Verdienste und die Kaisertreue Wallen-
steins als Begründung für seine Erhebung in den Fürstenstand angeführt.147 Diese Be-
tonung ist auch in ihrem Zusammenhang zu sehen: Sein Besitz resultierte maßgeblich
aus den Konfiskationen nach der Schlacht am Weißen Berg, die ja gerade mit der Un-
treue der Aufständischen begründet worden waren.148
Die Bedeutung der militärischen Karriere für seinen gesellschaftlichen Status spiegelt
sich auch in der Gestaltung des Palastes wider, den er sich in Prag errichten ließ: Den
repräsentativen großen Saal ziert ein Deckenfresko, das den Kriegsgott Mars auf ei-
nem Vierspänner als Anführer einer Gruppe von Pikenieren zeigt.149 Auch wenn sich
die Behauptung, auf dem Fresko sei Wallenstein selbst dargestellt, nicht zweifelsfrei
nachvollziehen lässt, repräsentieren das Motiv und die Wahl des Raumes die Bedeu-
tung des Krieges für seinen Aufstieg.150
3.3 Kriegsfinanzierung: Der Krieg ernährt den Krieg?
3.3.1 Steuern und Subsidien
Die Kriegsfinanzierung durch Steuern und Subsidien hatte Ende des 16. Jahrhunderts
an Bedeutung gewonnen.151 Während Wallensteins erstem Generalat brachten ordent-
liche Steuern einen jährlichen Beitrag von ungefähr 1 Mio. Gulden für Kriegszwecke.
Darüber hinaus erhielt er in dieser Zeit insgesamt 4 Mio. Gulden von der Hofkammer
sowie 3 Mio. aus spanischen Subsidien.152 Es lässt sich also feststellen, dass Wallen-
145 Ebd., S. 100 f. 146 Ebd., S. 133. 147 Erhebung Wallensteins zum Reichsfürsten, 7.9.1623, in: Lorenz, Quellen, S. 57-61; hier: S. 58 f. 148 Kampmann, Reichsrebellion, S. 72. 149 Vgl. Abb. 2. 150 Die Ähnlichkeit zu Darstellungen Wallensteins könnte dem zeitgenössischen Porträtstil geschuldet sein: Karner, Unter dem Stern des Mars, S. 129 f. 151 Parrott, Business of War, S. 94. 152 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 406.
21
stein sich in signifikantem Maße auf reguläre Einnahmen stützte, die er entweder di-
rekt vom Kaiser oder als dessen oberster Befehlshaber erhielt.
Steuern und Subsidien reichten aber bei weitem nicht aus, um die Kosten des Krieges
zu tragen. Zum einen waren die Einkünfte schlichtweg zu niedrig. Im Jahr 1628 hatte
die kaiserliche Armee eine Soll-Stärke von 102.900 Infanteristen und 27.300 Kavalle-
risten.153 Ausgehend von einem durchschnittlichen Monatssold von 8 bzw. 15 Gul-
den154 und unter Berücksichtigung des Verhältnisses von Ist- zu Soll-Stärke ergibt
sich ein Schätzwert von ca. 1 Mio. Gulden pro Monat. Die oben genannten Einnah-
men aus fünf Jahren hätten demnach lediglich für die Soldzahlungen eines Jahres ge-
reicht.
Zum anderen waren Steuern und Subsidien keine verlässlichen Geldquellen. Im All-
gemeinen war die Einziehung von Steuern zu unflexibel, um den hohen Bedarf der
Kriegsfinanzierung abzudecken.155 Allein von den Erhebungen aus dem Krieg gegen
die Türken um die Jahrhundertwende standen 1619 noch ungefähr 6 Mio. Gulden
aus.156 Subsidien waren von den Interessen und der Gunst der Geldgeber abhängig.
Spanien etwa führte seit 1621 wieder Krieg mit den Niederlanden und zeigte eine
vernachlässigte Zahlungsmoral gegenüber dem Kaiser.157 Die Kurie stellte 1623 die
Subsidien an Habsburg ganz ein, da es unter Papst Urban VIII zu Konflikten mit dem
Kaiser gekommen war.158
Erst in Wallensteins zweitem Generalat, das er im März 1632 antrat,159 stieg die Be-
deutung von Steuern und Subsidien wieder. Die päpstlichen Zahlungen wurden Ende
1631 zur Unterstützung der „katholischen Sache“ gegen Gustav Adolf wieder aufge-
nommen.160 Darüber hinaus gewährte der spanische König etwa eine Million Gulden
und einige Regimenter in der Hoffnung auf Unterstützung im Kampf gegen die rebel-
153 Vgl. Abb. 3. 154 Parrott, Business of War, S. 161. 155 Parker, Entstehung des modernen Geld- und Finanzwesens, S. 358 f. 156 Ders., Thirty Years’ War, S. 16 f. 157 Leins, Münzkonsortium, S. 38. 158 Albrecht, Die Subsidien der Kurie, S. 545. 159 Mortimer, Wallenstein, 179. 160 Albrecht, Die Subsidien der Kurie, S. 555.
22
lischen Niederlande.161 Zudem stützte sich Wallenstein auch stärker auf Gelder aus
der Hofkammer als im ersten Generalat.162 Jedoch war er auf diese Einnahmen auch
dringend angewiesen, da mit Hans de Witte sein wichtigster Finanzier inzwischen
verstorben war.163
3.3.2 Kontributionen
Das Konzept der Kontribution
Anfang des 17. Jahrhunderts verstand man unter Kontributionen eine Art Sondersteu-
er, die ein Herrscher in seinem eigenen Gebiet mit dem Einverständnis der Stände für
Kriegszwecke erhob.164 Die rechtliche Grundlage bildete der „Gemeine Pfennig“.
Diesen hatte der Reichstag von Speyer 1542 zur Finanzierung der Türkenkriege als
eine Kombination aus Vermögens-, Einkommens- und Kopfsteuer beschlossen.165 Ein
Gesetz von 1570 regelte zudem die genauen Ausgabenbereiche des Militärs für Aus-
hebung und Unterhaltung der Truppen.166 Diese Regelung bestätigte de facto die
Übertragung der Unterhaltskosten auf die eigene Bevölkerung.167 Die Einziehung der
Steuer scheiterte jedoch an der Kooperation der Stände, die sich selbst von der Steuer
ausnehmen ließen und sich weigerten, die Steuer für das Reich bei ihren Untertanen
einzutreiben.168
Zu Beginn des dreißigjährigen Krieges änderte sich das Wesen der Kontributionen. In
den Jahren 1620-25 war es gängige Praxis, Naturalien auch in feindlichem Gebiet
durch Ordinanzen einzuziehen. Ab 1624 wurde diese Abgabe als Ersatz ebenfalls in
entsprechenden Geldbeträgen eingetrieben.169 Die Erhebung war aufgrund des zu er-
wartenden Widerstandes nur unter militärischer Präsenz möglich. Dieser Charakter
161 Ernst, Spanische Subsidien, S. 299. 162 Rebitsch, Wallenstein, S. 154 f. 163 S.u. 164 Redlich, Contributions, S. 247. 165 Krüger, Kriegsfinanzen und Reichsrecht, S. 53 f. 166 Ebd., S. 37. 167 Ebd., S. 33 f. 168 Ebd., S. 55. 169 Ritter, Das Kontributionssystem Wallensteins, S. 217 f.
23
der Bedrohung transformierte die Kontribution von einer rechtmäßig erhobenen Son-
dersteuer zu einer Zwangsabgabe ähnlich der Brandschatzung.170
In der kaiserlichen Instruktion vom 27. Juni 1625, kraft derer Wallenstein das Kom-
mando über die Armee erhielt, wurde auch die Kontributionserhebung geregelt.171 Ihr
zufolge waren freundlich gesinnte und neutrale Gebiete weitgehend von der Kriegs-
last zu verschonen.172 Die über die grundlegenden Einquartierungsleistungen hinaus-
gehenden Abgaben sollten mit den Reichsständen vereinbart werden und gegen
Bezahlung erfolgen.173 Wallenstein durfte ohne gesonderten Beschluss des Kaisers
„keine Städt noch Landschaften brandschätzen oder Geld mit Gewalt abpressen“.174
Dies entsprach soweit der 1570 festgelegten Regelung im Sinne einer Sonderabgabe
zur Unterhaltung der Truppen. Doch darüber hinaus wurde ihm ebendiese erpresseri-
sche Form der Kontribution in den feindlichen Gebieten ausdrücklich gestattet.175
Kontributionen in der Praxis
Der wesentliche Unterschied zur vorherigen Praxis lag darin, dass unter Wallenstein
die Erhebungen nicht mehr nur der Verpflegung und Unterhaltung der Truppen dien-
ten, sondern ausdrücklich zur Soldzahlung verwendet werden sollten.176 In seinen Or-
dinanzen forderte Wallenstein von den besetzten Territorien und deren Bewohnern
die vollen Soldbeträge für seine Truppen, aufgelistet nach militärischem Rang.177 Das
zentrale Ziel der Kontributionserhebungen war also nun Bargeld.
170 Redlich, Contributions, S. 250. 171 Kaiserliche Instruktion für Wallenstein, 27.6.1625, in: Lorenz, Quellen, S. 82-94. 172 „daher Er der Freunde, wie auch dern, so neutral oder den Widerwärtigen nicht öffentlich Vorschub leisten, mit Durchzügen und anderer Kriegsbeschwerung so viel immer mögelich verschonen“: Ebd., S. 90. 173 „der Soldat, auch wann er bezahlt wird, umb leidliche Tax, deren man sich mit den Ständen zu ver-gleichen, ausser der gewöhnlichen Servitien seine Nothdurft umb sein Geld kaufe und weiter kein Un-gelegenheit den Unterthanen zufüge“: Ebd. 174 Ebd., S. 92. 175 „Jedoch lassen Wir derselben zu, in den eroberten Ortern und Landschaften zur Erhaltung der Sol-datesca, leidenliche Contributiones und Anlagen zu machen“: Ebd. 176 „dass dasjenige, was von solchen Contributionen der Soldatesca gereicht, fleissig verzeichnet und an ihrer Besoldung nachmaln abgezogen werde“: Ebd. 177 Vgl. Ordinanzen aus den Jahren 1625-1627, in: Gindely, Waldstein I, S. 129-133.
24
Da von dem abtrünnigen Niedersächsischen Kreis die Gefahr durch den dänischen
König ausging, war ursprünglich nur dort die Eintreibung der Gelder vorgesehen. Zur
Finanzierung der Werbungskosten und des Soldes der Truppen sollten diese die dafür
veranschlagten zwei Millionen Gulden eintreiben – notfalls mit Gewalt.178 Entgegen
der kaiserlichen Instruktion hielt man sich jedoch nicht lange an den Grundsatz, Kon-
tributionen nur im Feindesland zu erheben. Mit der Begründung, dass in Schlesien
eine akute Bedrohung bestehe, quartierte man dort im Winter 1626/27 kaiserliche
Truppen ein. Damit einhergehend wurden ähnlich hohe Zahlungen gefordert wie zu-
vor im feindlich gesinnten Niedersachsen.179
Von diesen Einnahmen wurde nicht nur die Bezahlung und Versorgung der anwesen-
den Truppen geleistet, sondern auch die Kosten für Logistik, Beschaffung von
Kriegsmaterial, Entlohnung der militärischen Elite etc. gedeckt.180 Nicht zuletzt wur-
de ein großer Teil zur Refinanzierung von Krediten verwendet.181 Dadurch entstand
ein finanzieller Druck, der nur durch eine dauerhafte Militärpräsenz aufrecht zu erhal-
ten war. Ein Zusammenhang zwischen der Etablierung des Kontributionssystems und
den steigenden Armeegrößen dieser Zeit liegt daher nahe.182
Die permanente Ausbeutung erschwerte es, die geforderten Gelder einzutreiben.
Durch die immer höheren Forderungen vergrößerte sich der Widerstand und die Dro-
hungen blieben häufiger ohne die erhoffte Wirkung.183 Spätestens im Jahr 1629 er-
reichten die ausbleibenden Zahlungen ein kritisches Niveau. Von den schlesischen
Kontributionen des Vorjahres war lediglich ein Viertel bezahlt worden, noch dazu mit
erheblicher Verspätung.184 Und in beinahe allen Gebieten bot sich dasselbe Bild:
Selbst in Wallensteins eigenem Herzogtum Mecklenburg reichte sein Einfluss nicht
aus, um die Gelder wie gefordert fließen zu lassen.185
178 Gindely, Waldstein I, S. 66 f. 179 Krebs, Hatzfeld, S. 72-74. 180 Parrott, Business of War, S. 118 f. 181 S.u., Abschnitt 3.3.3. 182 Mortimer, War by Contract, S. 110. 183 Parrott, Business of War, S. 119. 184 Ernstberger, Hans de Witte, S. 370. 185 Ebd., S. 373.
25
Der Anteil von Kontributionen an der Kriegsfinanzierung lässt sich daher nur schwer
quantifizieren, da in der Praxis die Soll-Werte scheinbar nur selten in voller Höhe
eingetrieben wurden. Zusätzlich erschwert der weitgefasste Begriff der Kontribution,
der von einer ordentlichen Steuer bis zur Plünderung reichen kann, die Einordnung.
Nicht zuletzt fehlen aus der Zeit Wallensteins umfassende Aufzeichnungen, da die
Zahlungen häufig am Orte der Erhebung ohne Protokollierung wieder ausgegeben
wurden – insbesondere bei Ersatzzahlung mit Naturalien.186
3.3.3 Darlehen
Kredite durch Subunternehmer und Zwangsdarlehen
Unter Wallenstein wurde es üblich, dass Obristen nicht nur ein einzelnes Regiment
aufstellten, sondern wenn möglich gleich mehrere. Als Subunternehmer sorgten sie
für weiteres Kapital und für die Organisation der Rekrutierungen.187 De facto ent-
sprach diese Verteilung der Lasten einer Kreditgabe. Die Rückzahlung dieser Gelder
war aber alles andere als sicher. Wallenstein schuldete bei seiner Entlassung 1630 ei-
ner Schätzung zufolge noch über eine Mio. Gulden an Obristen, deren Regimenter
nicht einmal mehr existierten.188 Der Feldherr Arnim verließ 1629 die kaiserliche
Armee mit ausstehenden Zahlungen über etwa 264.000 Gulden, die er bis 1631 noch
nicht zurückbekommen hatte.189
In Wallensteins zweitem Generalat stieg die Bedeutung der Kredite durch Subunter-
nehmer, da Wallenstein nicht mehr auf die Kredite Hans de Wittes zurückgreifen
konnte.190 Dabei scheinen insbesondere bei der Aufstellung der Truppen seine Kon-
takte zu erfahrenen Obristen und Hauptleuten eine große Rolle gespielt zu haben.191
Für diese war eine Investition in eigene Regimenter und Kompanien wieder attraktiv,
da die regelmäßige Erhebung fester Kontributionen in den Habsburger Kerngebieten
186 Mortimer, War by Contract, S. 110 f. 187 Parrott, Business of War, S. 117. 188 Mortimer, War by Contract, S. 107 f. 189 Redlich, Military Enterpriser, S. 255. 190 S.u. 191 Mortimer, Wallenstein, S. 177.
26
beschlossen worden war. Dort sollten außerdem die Winterquartiere aufgrund der gu-
ten Bedingungen für Nachrekrutierung und Nachrüstung bezogen werden.192
Doch nicht nur wohlhabendere Obristen trugen zur Kriegsfinanzierung bei: Auch die
einfachen Söldner leisteten ihren Beitrag, wenngleich unfreiwillig. Im dreißigjährigen
Krieg war die Verzögerung von Soldzahlungen gängige Praxis.193 Da die Ausbezah-
lung der Soldaten mit Abstand den größten Posten des Bedarfs an Bargeld ausmachte,
versuchte man diese so lange wie möglich zu verhindern. Wenn ein Soldat über meh-
rere Jahre im Dienst stand, konnten sich erhebliche Rückstände anstauen, die im Falle
eines vorzeitigen Todes erloschen.194
Zwangsdarlehen wurden aber auch von Obristen verlangt. Arnim stand 1627/28 vor
der Wahl, auf eigene Kosten Getreide zu kaufen oder seine Truppen verhungern zu
lassen.195 Durch diese Praktiken ließen sich die Kriegskosten eher mindern, als sie
vollständig zu finanzieren. Zudem sind sie ihrem Wesen entsprechend nur schwierig
zu erfassen. Über ihren Beitrag an der Kriegsfinanzierung kann daher nur spekuliert
werden.
Wallenstein als Gläubiger
Wallenstein selbst trat bereits als Gläubiger des Kaisers in Erscheinung, bevor er den
Oberbefehl über die kaiserliche Armee innehatte. Im Jahr 1619 waren es noch 40.000
Gulden, 1620 stieg der Betrag auf 160.000 Gulden, 1621 dann auf 195.000 Gulden,
1622 erfolgte ein Sprung auf 527.000 Gulden und im Jahr 1623 lieh er Ferdinand ei-
nen Betrag von 700.000 Gulden.196 Insgesamt soll Wallenstein Kaiser Ferdinand zwi-
schen 1621 und 1628 um die acht Millionen Gulden geliehen haben.197 Diese Beträge
sind allerdings mit besonderer Vorsicht zu betrachten, da sie teilweise in die Hochzeit
der Kipper und Wipper Inflation fallen.
192 Parrott, Business of War, S. 121. 193 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 400. 194 Mortimer, War by Contract, S. 105. 195 Redlich, Military Enterpriser, S. 244. 196 Ebd., S. 246. 197 Ebd., S. 254.
27
Doch aller Relativierung zum Trotz bleibt festzuhalten, dass es sich hier um immense
Summen handelte, die in der Größenordnung ungefähr den Einkünften aus ordentli-
chen Steuern entsprachen.198 Ohne diese Gelder wäre die Unterhaltung der Armee
unmöglich gewesen, wie auch der Bericht der kaiserlichen Hofkammer an den Hof-
kriegsrat vom November 1926 bestätigt.199 Dabei war zu diesem Zeitpunkt der Höhe-
punkt der kaiserlichen Armeestärke noch nicht erreicht.200
Die Frage, woher Wallenstein die Mittel für Darlehen dieser Größenordnung nahm,
ist nicht vollständig geklärt. Eine Berechnung der Differenz zwischen dem Vermö-
gen, das ihm rechtlich zustand, und der Summe der Schulden des Kaisers weist darauf
hin, dass seine tatsächlichen Einkünfte deutlich höher lagen.201 Dies wurde in der For-
schung teilweise als Hinweis auf unrechtmäßige Einnahmen aus dunklen Machen-
schaften interpretiert.202 Angesichts der Geldnot der Hofkammer ist zu vermuten, dass
ausstehende Gehaltszahlungen einen Teil der Schulden des Kaisers ausmachten.203
Wallenstein standen etwa 400.000 Gulden für seinen Dienst zwischen 1621 und 1628
zu.204 Denkbar ist weiterhin, dass Wallenstein Kapitalschöpfung betrieb, indem er
ausbleibendes Gehalt von Hans de Witte vorstrecken ließ und davon wiederum Darle-
hen an den Kaiser finanzierte.205
Ein gewisser Teil dürfte aus Kriegsbeute finanziert worden sein, die gemäß der kai-
serlichen Instruktion zur Hälfte an Soldaten und Befehlshaber fallen sollte.206 Des
Weiteren legte Wallenstein einen Teil der Kosten auf die ihm untergeordneten Obris-
ten und Hauptleute um, die als Subunternehmer ihre Regimenter bzw. Kompanien auf
eigene Kosten aufstellten und versorgten.207 Es ist möglich, dass Wallenstein als
198 Vgl. Abschnitt 3.3.1. 199 Bericht der Kaiserlichen Hofkammer, November 1626, in: Lorenz, Quellen, S. 111 f. 200 Vgl. Abb. 3. 201 Gindely, Waldstein II, S. 334-336. 202 Vgl. hierzu den Überblick über die politischen Motivationen der Historiografie zum Münzkonsorti-um, in: Leins, Münzkonsortium, S. 22-27. 203 Dies scheint plausibel, wenn man die Schulden bei anderen hohen Militärfunktionären wie Arnim in Betracht zieht, s.o. 204 Gindely, Waldstein II, S. 334. 205 Ernstberger, Hans de Witte, S. 405 f. 206 Kaiserliche Instruktion für Wallenstein, 27.6.1625, in: Lorenz, Quellen, S. 82-94; hier: S. 91 f. 207 Redlich, Military Enterpriser, S. 242.
28
Oberbefehlshaber diese Beträge als Leihgabe an den Kaiser verbuchte.208 Obwohl die
genaue Herkunft seiner Einnahmen etwas diffus erscheint, bleibt der Eindruck beste-
hen, dass es sich bei Wallenstein um einen geschickten „Kapitaljongleur“ gehandelt
habe.209
Der Kaiser verfügte nicht über die nötigen Mittel, um Schulden dieser Höhe zu be-
gleichen. Die Überschreibung von Territorien ist vor diesem Hintergrund als eine
Form der Rückzahlung zu verstehen:210 Die Übertragung des Herzogtums Mecklen-
burg war vielmehr ein vorfinanzierter Verkauf.211 Die rechtliche Legitimierung bot
das Konzept der „notorischen Reichsrebellion“, das die Verhängung der Reichsacht
ohne Gerichtsverfahren erlaubte, wenn ein Angriff zwischen Reichsangehörigen vor-
lag.212 Die Enteignung der aufständischen Landesherren in Böhmen stellte den Präze-
denzfall dar, wie dieses Konzept in der Praxis zum Vorteil der Hofkasse eingesetzt
werden konnte. Doch erst mit der Wallenstein’schen Armee hatte Ferdinand II. die
nötige Exekutivgewalt, diese Enteignungen auch im „kaiserfernen“ Norden des Rei-
ches durchsetzen zu können.213
Die Rolle Hans de Wittes
Der gebürtige Flame Hans de Witte trat um das Jahr 1603 in die Handelsfirma seines
Landsmanns Nikolaus Snouckaerdt in Prag ein. Dieser hatte sich am Ort der kaiserli-
chen Residenz den Titel „Hofhandelsmann“ erworben.214 Im Jahre 1612 wurde Hans
de Witte ebenbürtiger Teilhaber der Firma und erhielt denselben Titel.215 Als sich sein
Partner um 1616 aus dem Geschäft zurückzog, übernahm er das Unternehmen
schließlich ganz.216 Obwohl de Witte Calvinist war, hielt er sich während des böhmi-
208 So wurde z.B. ein gemeinsames Darlehen der Mitglieder des Münzkonsortiums über 3,5 Mio. Gul-den „theils bei der Soldatesca“ ausgezahlt: Gindely, Waldstein I, S. 34. 209 Kapitelüberschrift über Wallensteins Finanzpolitik, in: Rebitsch, Wallenstein, S. 143. 210 Redlich, Military Enterpriser, S. 258 f. 211 Obwohl der Preis von 4.000.000 Gulden in die Berechnung der Schulden des Kaisers einfließt: Gin-dely, Waldstein II, S. 335. 212 Kampmann, Reichsrebellion, S. 69. 213 Ebd., S. 81. 214 Ernstberger, Hans de Witte, S. 24. 215 Ebd., S. 35. 216 Redlich, Credit System, S. 188.
29
schen Aufstandes so weit wie möglich im Hintergrund.217 Er profitierte von seiner
Kaisertreue und bekam die Leitung im Münzkomitee zugesprochen, für welches er
den Großteil des Silbereinkaufs besorgte.218 Sein Engagement machte sich auch ge-
sellschaftlich bezahlt: 1624 erhielt er den Adelstitel „von Lilienthal“.219
Hans de Witte war durch seine Tätigkeit als Hofhandelsmann bestens in den europäi-
schen Warenhandel integriert. Er wurde schnell zum wichtigen Kriegslieferanten und
Organisator von Kriegsmaterial für Wallenstein.220 Darüber hinaus übte er auch Funk-
tionen eines Bankiers aus, wie es zu dieser Zeit der merchant-bankers üblich war.221
In seiner langjährigen Tätigkeit hatte sich Hans de Witte ein weites Netz von Faktoren
aufbauen können.222 Durch dieses Netzwerk hatte er Zugang zu beinahe allen wichti-
gen Finanz- und Waffenproduktionszentren in Europa.223 Hans de Witte bildete das
Rückgrat von Wallensteins Militärunternehmen, da Versorgung, Logistik und deren
Finanzierung grundlegend für die operative Effizienz einer Armee waren.224
Die Beschaffung von Bargeld war ab 1625 seine wichtigste Aufgabe. Weder der Kai-
ser noch Wallenstein hatten die nötigen Mittel, um die Armee zu unterhalten.225
De Witte sorgte für die nötige Liquidität, indem er systematisch Kontributionen vor-
streckte, die zwar auferlegt, aber noch nicht eingetrieben worden waren.226 Die Refi-
nanzierung dieser Antizipationen erfolgte durch eine große Anzahl von
Wechselkrediten über geringere Beträge, die er auf das Netz seiner Finanzagenten
verteilte.227 Diese Methoden waren nicht neu: Wechsel waren seit dem Spätmittelalter
das übliche Medium der Kreditschöpfung im Handel;228 Antizipationen gab es bereits
217 Ernstberger, Hans de Witte, S. 68 f. 218 Münzvertrag, in: Ebd., S. 99 f.; Tabelle Silberlieferungen, in: Leins, Münzkonsortium, S. 99. 219 Ernstberger, Hans de Witte, S. 147. 220 U.a. Getreide, Kleidung, Schusswaffen, Schießpulver: Ebd., S. 227-267. 221 North, Art. „Merchant Bankers“, S. 240 f. 222 Vgl. Liste der Faktoren, in: Ernstberger, Hans de Witte, S. 216-224. 223 Vgl. Abb. 4 und Abb. 5. 224 Parrott, Business of War, S. 173 f. 225 Mortimer, Wallenstein, S. 118. 226 Ernstberger, Hans de Witte, S. 179-181. 227 Ebd., S. 213-216. 228 Munro, Art. „Wechsel“, S. 414 f.
30
im langen Türkenkrieg unter Reichspfennigmeister Geizkofler.229 Neu hingegen war
die Größenordnung, in der Hans de Witte diese Operation aufzog.230
Wie oben skizziert geriet der Geldfluss aus den Kontributionszahlungen jedoch bald
ins Stocken. Hans de Witte hatte allein für die schlesischen Kontributionen 600.000
Reichstaler antizipiert, davon aber bis Ende des Jahres 1628 lediglich 150.000 Gulden
zurückbekommen.231 Anfang 1629 begann er mit der Refinanzierung der Wechsel
durch weitere Wechsel.232 Am 30. Mai des Jahres bat Hans de Witte in einem Brief an
Wallenstein um Unterstützung, weil er „ohne Ws. Hilfe seinen Kredit nicht halten
könne“.233 Dieser forderte zum einen vom Kaiser, Druck auf die Schuldner auszu-
üben.234 Zum anderen erledigte er das selber durch das Abstellen eigener Truppen,
was im Herbst 1629 auch kleinere Teilerfolge brachte.235 Als der Kaiser im August
1630 Wallenstein entließ, bedeutete dies für de Witte gleichsam das sichere Ende der
Kontributionsgelder. Hoffnungslos verschuldet und ohne Perspektive auf Rehabilitie-
rung beging er kurz darauf Selbstmord.236
Das Risiko seiner Strategie muss ihm bekannt gewesen sein. Als erfahrener Bankier
kannte er mit Sicherheit die Beispiele des Bankrotts der berühmten florentinischen
Banken der Bardi und der Peruzzi237 oder den Ruin der Bankiers der Grand Parti.238
Die Antizipationen sind daher als Spekulationsgeschäft zu verstehen, vergleichbar mit
den heutigen „ungedeckten Leerverkäufen“.239 Er setzte gewissermaßen alles auf ei-
nen schnellen und endgültigen Sieg der kaiserlichen Partei und legte sein Vertrauen
dabei in die militärische Führung Wallensteins.240
229 Broucek, Logistische Fragen der Türkenkriege, S. 40. 230 Redlich, Credit System, S. 189 f. 231 Ernstberger, Hans de Witte, S. 370. 232 Ebd., S. 373. 233 Hans de Witte an Wallenstein, 30.5.1629, in: Kollmann, Documenta, S. 300. 234 Ernstberger, Hans de Witte, S. 383. 235 Ebd., S. 393 f. 236 Mortimer, Wallenstein, S. 162 f. 237 Beide gingen durch Kriegsdarlehen an Eduard III. von England in den 1440ern Bankrott, vgl.: Car-dini, Art. „Bardi“, Sp. 1457; Dini, Art. „Peruzzi“, Sp. 1912. 238 1555 wurde das Bankenkonsortium zur Kriegsfinanzierung gegründet, 1558/9 waren die meisten Mitglieder bankrott, vgl.: Parrott, Business of War, S. 71 f. 239 Leins, Münzkonsortium, S. 18. 240 Redlich, Credit System, S. 191.
31
3.3.4 Kriegsfinanzierung zwischen Autonomie und Abhängigkeit
Die große Leistung Wallensteins bestand darin, mit den sehr beschränkten Mitteln der
Wiener Hofkasse eine militärische Unternehmung in bis dahin unbekannter Größen-
ordnung aufzustellen. Der wesentliche Teil der Finanzierung stammte dabei aus sei-
nem eigenen Vermögen, aus den Vorschüssen seiner hohen Offiziere und aus den
Antizipationskrediten, die Hans de Witte als Wallensteins Agent an den europäischen
Handels- und Finanzzentren einholte. Diese Gelder waren absolut unverzichtbar für
die Gewährleistung der militärisch-operativen Effektivität. Daher lässt sich Wallen-
steins Kriegsfinanzierung nicht einfach auf die bekannte Formel „der Krieg ernährt
den Krieg“ reduzieren.241 Vielmehr ermöglichten erst „private Investoren“ die Auf-
stellung, Ausrüstung und Unterhaltung der Armee.
Wallenstein profitierte von diesem System, das für ihn in erster Linie eine Möglich-
keit darstellte, seinen gesellschaftlichen Status zu erhöhen. Wie gewinnbringend das
Engagement für die kaiserliche Sache sein konnte, hatte er bereits als Profiteur des
böhmischen Aufstands erfahren. Noch spektakulärer war aber die Übertragung von
Mecklenburg, das er de facto, – durch seine Darlehen vorfinanziert –, kaufte. Das
reichsunmittelbare Herzogtum bedeutete einen Prestigegewinn für Wallenstein. Denn
als Herzog von Friedland war er noch dem böhmischen König untergeordnet.242 Au-
ßerdem erhoffte er sich weitere Einnahmen, da der Kontributionsfluss zu der Zeit be-
reits gefährlich stockte, sowie einen direkten Zugang zur Ostsee, um seine Pläne zur
Errichtung einer Flotte umsetzen zu können.243
Doch dies bedeutet nicht, dass Wallenstein mit seinen Subunternehmern und mit Hans
de Witte den Krieg völlig autonom durchführen konnte. Wie oben beschrieben, ver-
ließ er sich insbesondere am Anfang und am Ende seiner militärischen Laufbahn auch
in signifikantem Maße auf „reguläre“ Einnahmen der Hofkasse aus Steuern und Sub-
sidien. Für die Einhebung von Kontributionen benötigte Wallenstein zudem die recht-
liche Legitimierung durch das Reichsgesetz, die der Kaiser in seiner Instruktion von
241 So etwa: Krüger, Typen der Kriegsführung und Kriegsfinanzierung, S. 27 f. 242 Mortimer, Wallenstein, S. 132. 243 Bei der Wieden, Wallenstein und Mecklenburg, S. 140.
32
1625 ausdrücklich bekräftigte. Außerdem war er auch im Bereich der Logistik und
des Transports auf kaiserliche Beamte angewiesen.244
Die Beträge, die durch Kontributionen tatsächlich eingehoben wurden, spielten in der
Finanzierung zwar eher eine untergeordnete Rolle, unter anderem weil sie nur mit mi-
litärischem Druck realisiert werden konnten. Nichtsdestotrotz standen Kontributionen
als Grundlage des komplexen Kreditnetzwerkes im Zentrum der Wallenstein’schen
Kriegsfinanzierung.245 Dass dieses System in letzter Instanz von seiner persönlichen
Kreditwürdigkeit abhing, verdeutlicht der Zusammenbruch des Antizipationssystems
bei Wallensteins Entlassung im Jahr 1630: Ohne die kaiserliche Autorität im Rücken,
das heißt ohne den Titel des Generalissimo und damit ohne die Verfügungsgewalt
über die Armee, war eine Wiederaufnahme der Kontributionszahlungen so unwahr-
scheinlich, dass Hans de Witte den Freitod als einzigen Ausweg sah.
3.4 Grenzen der politischen Macht
Spätestens mit dem Herzogtum Mecklenburg hatte Wallenstein das Ziel des gesell-
schaftlichen Aufstieges erreicht. Seine größte Aufmerksamkeit galt nun der Absiche-
rung seines Besitzes, da sein soziales und materielles Kapital vollständig von seinen
Ländereien abhing.246 In den Friedensverhandlungen von Lübeck Anfang 1629 mit
dem dänischen König ging es für ihn also auch um die Absicherung Mecklenburgs,
das im Falle einer Verlängerung des Krieges bedroht war.247 Wallenstein setzte sich
daher gegenüber Kaiser Ferdinand dafür ein, die Forderungen in den Verhandlungen
zugunsten eines raschen Friedens abzumildern.248 Um sein Ziel zu erreichen, griff er
parallel zu den offiziellen Verhandlungen auch zum Mittel der Geheimdiplomatie.249
244 Parrott, Business of War, S. 229. 245 Mortimer, War by Contract, S. 108. 246 Ders., Wallenstein, S. 304. 247 Rebitsch, Wallenstein und der Lübecker Friede, S. 80. 248 Wallenstein an Ferdinand II., 26.2.1629: „Mein untherthenigste meinung wehre: was vor curtesi Ewre Matt. dem Künig than wollen, das es baldt geschehe; […] Ohne restituirung Jutlandt, Sschles-wick undt Holdtstein wirdt gewis kein Friedt geschehen“, in: Lorenz, Quellen, S. 202-204, hier: S. 204. 249 Rebitsch, Wallenstein und der Lübecker Friede, S. 85.
33
Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch Wallensteins Ablehnung gegen das von
Ferdinand II. im März 1629 erlassene Restitutionsedikt.250 Eine Verschärfung des
konfessionellen Konfliktes bedeutete für ihn zugleich eine Bedrohung seiner Besitz-
tümer, da diese aus Enteignungen protestantischer Landesherren stammten. Die große
Gefahr sah Wallenstein darin, sich im ohnehin kaiserfernen Norddeutschland zu viele
Feinde zu machen. Im Februar 1630 warnte er den Hofkriegsrat Collalto vor einer
möglichen Allianz norddeutscher Protestanten mit den Schweden unter Gustav Adolf:
„die erbietterung ist so gross, dass sie alle sagen der Schwedt solle nuhr kommen, kan
er Ihnen nicht helffen, so wollen sie sich gern mit ihm präcipitieren“251.
Doch bei Ferdinand hatte Wallensteins Meinung nur wenig Gewicht. So spielten seine
Bedenken bezüglich des Restitutionsediktes zu keinem Zeitpunkt des Entscheidungs-
prozesses am Wiener Hof eine Rolle.252 Auch die Einwände, die er 1629 gegen eine
Bereitstellung von Truppen für den Erbfolgekrieg von Mantua erhob, blieben ohne
Wirkung. Ferdinand setzte sich durch und Wallenstein musste letztlich Truppen zur
Unterstützung Spaniens nach Italien schicken, die er eigentlich zur Absicherung in
Norddeutschland halten wollte.253
Solange eine konkrete Bedrohungssituation durch einen Feind bestand, genoss Wal-
lenstein eine fast vollkommen unabhängige Befehlsgewalt über die Armee; als die
größte Gefahr jedoch gebannt schien, zeigte sich deutlich, wie begrenzt sein politi-
scher Einfluss war.254 Dies resultierte nicht zuletzt daraus, dass er aufgrund seiner
Abneigung gegen den Wiener Hof kaum persönlichen Kontakt zum Kaiser pflegte.255
Auch hatte er nur wenige einflussreiche Anhänger, die dort seine Interessen vertra-
ten.256 Es lässt sich im Gegenteil, wenn überhaupt, vielmehr eine Anti-Wallenstein-
250 Zum Restitutionsedikt vgl.: Wilson, Europe’s Tragedy, S. 446-454. 251 Wallenstein an Collalto, 10.2.1630, in: Chlumecky, Regesten, S. 208-210, hier: S. 209. 252 Kampmann, Staat im Staat, S. 304. 253 Mortimer, Wallenstein, S. 143 f. 254 Ebd., S. 150 f. 255 Das letzte persönliche Aufeinandertreffen mit dem Kaiser fand im Winter 1627/28 in Prag statt: Kampmann, Staat im Staat, S. 303. 256 Ebd., S. 305 f.
34
Fraktion am Hof ausmachen.257 Zu dieser zählte vor allem eine Gruppe von Spaniern,
die sich zu seinen schärfsten Gegenspielern entwickelten.258
Wallensteins mangelnde Präsenz am Hof führte dazu, dass die Kritik an seiner Person
beim Kaiser mehr Gehör fand. Bereits 1627 hatten sich die geistlichen Kurfürsten
über die Belastungen beschwert, die seine Armee verursachte.259 Auf dem Kurfürsten-
tag in Regensburg gab Ferdinand im August 1630 dem Druck nach und entließ Wal-
lenstein, obwohl Gustav Adolf kurz zuvor mit seinen Truppen in Pommern gelandet
war.260 Doch bereits Ende März 1632 wurde er wieder als kaiserlicher General einge-
setzt,261 da die Schweden dem Reich im Laufe des Jahres 1631 einige empfindliche
sche Erfolge gegen die Schweden. Moralisch wichtig war vor allem die Schlacht von
Lützen im November 1632, in deren Folge Gustav Adolf starb.263
Doch als sich Wallenstein im Laufe des Jahres 1633 mehrfach kaiserlichen Anwei-
sungen widersetzte, kam es zum endgültigen Vertrauensbruch. Während Ferdinand im
Dezember auf einen Feldzug gegen die schwedischen Truppen in Bayern drängte,
lehnte Wallenstein dies aus strategischen Gründen ab.264 Die Gerüchte um einen mög-
lichen Verrat zirkulierten nun immer wilder. Dass ihm hohe Offiziere am 12. Januar
1634 in Pilsen die Treue schworen, wurde am Hof als Beweis für die Vorwürfe gese-
hen.265 Dort galt er nun selbst als „notorischer Reichsrebell“ und wurde schließlich
Ende Februar durch kaisertreue Offiziere getötet.266
257 Rebitsch, Wallenstein, S. 204-208. 258 Sie sollen maßgeblichen Anteil an der Beseitigung Wallensteins 1634 gehabt haben: Ernst, Madrid und Wien, S. 78. 259 Die drei geistlichen Kurfürsten an Ferdinand II., 2.2.1627, in: Lorenz, Quellen, S. 121-123. 260 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 454 f. 261 Mortimer, Wallenstein, S. 179. 262 Ebd., S. 166. 263 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 507-511. 264 Er wollte vor allem einen Winterfeldzug vermeiden und äußerte dies auch in Briefen an den Kaiser; Wallenstein an Ferdinand II., 29.12.1633, in: Lorenz, Quellen, S. 354 f. 265 Am 12.1.1634 schworen ihm hohe Offiziere die Treue: Rebitsch, Wallenstein, S. 216. 266 Kampmann, Reichsrebellion, S. 171 f.
35
3.5 Zwischenfazit
Als Reaktion auf die sich im Böhmischen Aufstand zuspitzende Krise, die zum böh-
misch-pfälzischen Krieg führte, lagerte Kaiser Ferdinand II. die Organisation der
Streitkräfte aus, da die Finanzierung aus der Hofkasse nicht möglich war. Im darauf
folgenden dänisch-niedersächsischen Krieg konnte sich Wallenstein als privater
Kriegsunternehmer und als Oberbefehlshaber über die kaiserlichen Truppen etablie-
ren. Im europäischen Kontext der Zeit war die Auslagerung der Kriegsführung eine
gängige Maßnahme. Doch die Größenordnung der Wallenstein’schen Armee übertraf
bei weitem die Söldnerverbände, die private Kriegsunternehmer bis dahin aufgestellt
hatten.
Wallenstein begann seine militärische Karriere vor allem, weil die Nähe zum Kaiser
Vorteile im Geschäft mit Grundbesitz verhieß. Nur so konnte er den gesellschaftli-
chen Aufstieg erreichen, der das wesentliche Motiv seines Handelns war. Er profitier-
te vom böhmischen Aufstand durch die Berufung in das Prager Münzkonsortium
sowie durch Vorkaufsrechte auf konfiszierte Rebellengüter. Seine Bestrebungen, eine
Armee für den Kaiser aufzustellen, dienten in erster Linie dem aktiven Schutz seiner
Ländereien, welche die wesentliche Grundlage seines sozialen Status bildeten.
Doch aus diesen persönlichen Motiven Wallensteins folgt zunächst kein offensichtli-
cher Zielkonflikt mit den Interessen der Zentralmacht. Denn für den Kaiser war die
Stärkung Wallensteins mit weniger politischen Eingeständnissen verbunden, als sich
vollständig auf seine Verbündeten Spanien und Bayern zu verlassen.267 Ferdinand
gewann mit der Armee die notwendige Exekutivgewalt, um Kontributionen und Kon-
fiskationen auch in kaiserfernen Teilen des Reiches durchzusetzen. Für beides bestand
zwar schon vorher die nötige Rechtsgrundlage, jedoch war die praktische Umsetzung
an den fehlenden Mitteln gescheitert.
Wallenstein versuchte das Problem der Finanzierung durch eine Verknüpfung ver-
schiedener Methoden zu lösen. Neben Steuern, Subsidien und Kontributionen bildeten
vor allem Kredite die entscheidende Grundlage für seine militärische Effizienz. Darin
267 So auch: Kampmann, Staat im Staat, S. 313 f.
36
liegt auch der zentrale Kompetenzvorteil: Seine Kreditwürdigkeit, die aus persönli-
chem Wohlstand, guten Verbindungen zum Handel mittels Hans de Witte sowie dem
Vertrauen seiner hohen Offiziere resultierte, nutzte er zur Erhöhung seines sozialen
Status. Besonders deutlich wird dieser Zusammenhang in der Übertragung des Her-
zogtums Mecklenburg, die vielmehr ein vorfinanzierter Kauf war.
Jedoch blieb Wallenstein selbst hier in letzter Instanz von der Autorität des Kaisers
abhängig: Seine Bonität hing entscheidend von der Verfügungsgewalt über die Armee
ab, die ihm nur der Kaiser verleihen und – wie bei seiner Entlassung im Jahr 1630 –
eben auch entziehen konnte. Noch deutlicher zeigt sich die strukturelle Machtasym-
metrie im begrenzten politischen Einfluss Wallensteins. Seine Bemühungen, eine
Strategie der Sicherung des Status Quo durchzusetzen, blieben gegenüber den religiös
sowie bündnispolitisch motivierten Zielen Ferdinands letztlich fruchtlos.
Erst an diesem Punkt wird der Zielkonflikt im offenen Bruch zwischen Ferdinand und
Wallenstein deutlich erkennbar. Denn zuvor waren die Interessen von Militärunter-
nehmer und Zentralmacht so eng miteinander verknüpft, dass eine Art „Win-win-
Situation“ zwischen beiden bestand. Wallensteins Ermordung erfolgte schließlich
nicht bloß als Reaktion auf seinen Aufstieg oder gar seine Allmacht. Vielmehr führten
strategische Differenzen, – durch seine Abwesenheit am Hof katalysiert –, zur Ent-
fremdung zwischen Kaiser und Generalissimo, die schließlich im Vorwurf des Hoch-
verrats mündete.
4 Mir Jumla
4.1 Der indische Kontext
4.1.1 Mansabdars und „portfolio capitalists“
Auch im vorkolonialen Indien war Dienst gegen Bezahlung die gängige militärische
Organisationsform. Es bestand eine große Vielfalt verschiedener Akteure: von profes-
sionellen Warlords, vornehmlich afghanische, persische und turanische Immigranten
aus Zentralasien, bis hin zu bewaffneten Bauern, die durch Solddienst erntefreie Zei-
37
ten überbrückten.268 Dabei entwickelten sich im Laufe der Zeit regional unterschiedli-
che Ausgestaltungen militärischer Tradition, Kultur und Repräsentation.269 Aufgrund
der großen Verfügbarkeit von Personal und der hohen Mobilität sprechen Dirk Kolff
und Jos Gommans von einem regelrechten „militärischen Arbeitsmarkt“.270
Im Mogulreich führte Kaiser Akbar Ende des 16. Jahrhunderts zur Organisation der
Streitkräfte das mansabdari-System ein, das den Rang einer Person in der offiziellen
Hierarchie durch mansab anzeigte. Dieses Zahlenpaar bezifferte die persönliche Be-
zahlung, entweder in Bargeld oder durch Zuteilung eines Steuerbezirkes (jagir), und
die Anzahl der zu unterhaltenden Kavallerie-Einheiten.271 Das Ziel war die Mobilisie-
rung militärischer Kräfte, wofür Akbar Kontrollmaßnahmen wie das Brandmarken
von Pferden einführte.272 Da mansab nur vom Kaiser verliehen werden konnte,
brauchten potentielle Anwärter in der Regel einen Fürsprecher und Bürgen.273
Nach Jos Gommans stellte diese Organisationsform in erster Linie den Versuch dar,
unabhängige Kriegsherren durch hohe Bezahlung und Rang in den Reichsadel zu in-
tegrieren.274 Um der Bildung von lokalen Machtzentren entgegenzuwirken, wurden
die jagirs regelmäßig nach einer Art „Rotationsprinzip“ umverteilt.275 Da der Eintritt
in mansab mit einer finanziellen Investition verbunden war, sieht Gommans darin ei-
ne Art geschäftliche Unternehmung.276 Mit dieser Beobachtung liegt er sehr nahe
beim Redlich’schen Begriff des Militärunternehmers. Jedoch führt er diesen Punkt
nicht weiter aus.277
Über die Organisation des Militärs im Sultanat von Golkonda, in dem sich der Auf-
stieg Mir Jumlas vollzog, ist weniger bekannt. Vermutlich bestand hier traditionell
268 Gommans, Mughal Warfare, S. 67 f. 269 Gordon, Zones of Military Entrepreneurship, S. 182 f. 270 Gommans / Kolff, Warfare and Weaponry, S. 14. 271 Ein Amt war nicht notwendig damit verbunden: Ali, Organization of the Nobility, S. 232-238. 272 Ebd., S. 250. 273 Ebd., S. 256-258. 274 Gommans, Mughal Warfare, S. 84. 275 Ebd., S. 91 f. 276 Ebd., S. 88 f. 277 Darin zeigt sich deutlich die Anschlussfähigkeit des Konzepts des Militärunternehmertums an das mansabdari-System des Mogulreiches. Da hier jedoch der Fokus auf dem Aufstieg Mir Jumlas in Gol-konda liegt, würde die Weiterführung dieses Gedankens sich zu weit vom Thema entfernen.
38
eine Art „feudale“ Grundlage der militärischen Organisation, die ab Mitte des 16.
Jahrhunderts zunehmend von der Person des Sultans dominiert wurde.278 Ab dieser
Zeit wurden administrative Aufgaben von einer dem Sultan nahestehenden elitären
Personengruppe ausgeführt.279 Vermutlich gilt dies auch für die Aufstellung und Aus-
rüstung der Truppen.
Diese Elite bestand Anfang des 17. Jahrhunderts zum größten Teil aus persischen
Einwanderern. Ihre Immigration wurde gezielt gefördert, da sie als Händler über
Fachkenntnisse in Buchhaltung und Verwaltung verfügten, zwei essentielle Kompe-
tenzen für die Administration.280 Daher nahmen die persischen Einwanderer nicht nur
im Handel, sondern auch am Hof von Golkonda eine dominante Rolle ein.281 Als
„portfolio capitalists“ engagierten sie sich vor allem auch in der Steuerverwaltung, die
durch eine Art Steuerpacht-System organisiert war.282 Insofern agierte diese Perso-
nengruppe zwischen staatlicher Verwaltung, wirtschaftlicher Produktion, Finanzwirt-
schaft sowie See- und Landhandel. 283 Nicht zuletzt gehörten auch militärische
Tätigkeiten zu ihrem „Portfolio“.284
4.1.2 Die politische Landschaft Mitte des 17. Jahrhunderts
Den Norden Indiens beherrschte Anfang des 17. Jahrhunderts zu weiten Teilen die
Dynastie der Moguln. Nachdem diese im 16. Jahrhundert durch Kriegführung und
geschickte Allianzen ihr Herrschaftsgebiet deutlich ausweiten konnten,285 stießen sie
Anfang des 17. Jahrhunderts erstmals an die Grenzen der Expansion. Im Nordosten
des Reiches gelang es nicht, das Königreich Ahom zu überwinden;286 im Nordwesten
verloren sie im Jahr 1622 Kandahar an das persische Safawidenreich.287 Shah Jahan
(reg. 1628-1657) schaffte es zwar, die Stadt 1638 zurückzuerobern, verlor sie aber
278 Sherwani, Qutb Shahi Dynasty, S. 207-209. 279 Richards, Mughal Administration in Golconda, S. 13. 280 Subrahmanyam, Iranians Abroad, S. 357. 281 Ebd., S. 343-345. 282 Subrahmanyam, The Political Economy of Commerce, S. 330-332. 283 Ebd., S. 355. 284 Ebd., S. 314. 285 Conermann, Mogulreich S. 65; vgl. Abb. 6. 286 Richards, Mughal Empire, S. 105 f. 287 Kulke, Indische Geschichte, S. 84.
39
1648 wieder an die Perser. Mehrere Versuche, Kandahar zwischen 1649 und 1653
erneut der persischen Herrschaft zu entreißen, scheiterten.288
Auf dem Dekkan-Plateau in Zentralindien dominierten Anfang des 17. Jahrhunderts
die Sultanate von Ahmadnagar, Bijapur und Golkonda.289 Zwar erhoben die Moguln
bereits seit Ende des 16. Jahrhunderts Anspruch auf die Oberherrschaft über den ge-
samten Dekkan.290 Doch insbesondere Bijapur und Golkonda agierten weiterhin als
autonome Herrschaftsverbünde. Ein besonderes Ärgernis für die Moguln war die
Nennung des Shahs von Persien im öffentlichen Freitagsgebet als Ausdruck der engen
Verbindung zum Safawidenreich.291 Diese „delicate situation of contested authori-
ties“292 zog sich hin, bis Shah Jahan 1632 das Sultanat von Ahmadnagar eroberte und
1636 die beiden verbleibenden Sultanate Bijapur und Golkonda tributpflichtig mach-
te.293
Der Unterwerfungsvertrag schrieb unter anderem die Nennung des Mogulkaisers im
Freitagsgebet vor und war mit einer hohen Tributzahlung verbunden. Golkonda wurde
zusätzlich zu jährlichen Zahlungen verpflichtet.294 Doch trotz der formalen Unterwer-
fung blieben die Sultanate weitgehend autonom, was in der Folgezeit immer wieder
zu Spannungen führte. Der spätere Thronfolger Aurangzeb (reg. 1658-1707), der
1636-1642 und 1652-1657 als Statthalter des Dekkan amtierte, drängte deshalb vor
allem in seiner zweiten Amtszeit auf eine endgültige Annektierung.295
Im südlichsten Teil Indiens war die Macht auf die letzten Überreste des hinduisti-
schen Vijayanagara-Reiches verteilt, das 1565 durch eine schwere Niederlage gegen
eine Allianz der Dekkan-Sultanate an Bedeutung verloren hatte.296 Neben der alten
Herrscherdynastie der Rayas etablierten sich dort lokale Fürsten, sogenannte Nayaks,
288 Richards, Mughal Empire, S. 133 f. 289 Kulke, Indische Geschichte, S. 70 f.; vgl. Abb. 6. 290 Alam / Subrahmanyam, Deccan Frontier, S. 174; Zur Lage des Dekkan vgl. Abb. 7. 291 Ebd., S. 178. 292 Ebd., S. 180. 293 Anwar, Mughals and the Deccan, S. 121. 294 Ebd., S. 123. 295 Ebd., S. 126. 296 Kulke / Rothermund, Geschichte Indiens, S. 233.
40
die nur lose in gelegentlichen Zweckbündnissen miteinander kooperierten.297 Die
Fragmentierung der Macht begünstigte die Südexpansion, die Bijapur und Golkonda
ab Ende der 1630er Jahre als Reaktion auf die Unterwerfung von 1636 unternah-
men.298
4.2 Auswanderung und Aufstieg in Golkonda
4.2.1 Als Händler nach Golkonda
Ursprünglich war mir jumla eine Bezeichnung für den jumlatu’l-mulk. Dieser gehörte
nach dem Sultan und neben dem peshwa zu den drei wichtigsten Amtsträgern im Sul-
tanat von Golkonda.299 Der bekannteste Inhaber dieses Amtes, Mir Muhammad
Sayyid Ardestani, machte diesen Titel der westlich geprägten Historiografie bekannt,
weshalb Mir Jumla dort auch als Synonym für seinen Namen verwendet wurde.300 Die
Übernahme der Amtsbezeichnung zum Eigennamen geht vermutlich zurück auf die
Reiseberichte der Franzosen François Bernier und Jean Baptiste Tavernier. Das Amt
des mir jumla beschrieben sie mit dem entsprechenden Titel, den sie aus Persien bzw.
dem Mogulreich kannten, als Wesir bzw. Groß-Wesir.301 Um Verwechslungen auszu-
schließen, wird hier zwischen dem Amt mir jumla und der Person Mir Jumla unter-
schieden.302
Über die Zeit vor Muhammad Sayyids Emigration ins Sultanat von Golkonda ist we-
nig bekannt. Laut seinem Biografen Sarkar wurde er um 1591 in der Nähe von Is-
fahan im persischen Safawidenreich als Sohn eines mittellosen Ölhändlers geboren.
Trotz der großen Armut seiner Eltern soll er eine gewisse Grundbildung erlangt ha-
ben, die ihm zu einer Anstellung als Schreiber bei einem Diamantenhändler ver-
half.303 Sarkar bezieht sich in dieser Darstellung auf die 1679 verfasste Chronik des
Königreiches Ahom. Da diese Quelle jedoch in einer großen zeitlichen und räumli-
297 Stein, Vijayanagara, S. 131 f. 298 S.u. Abschnitt 4.3.1. 299 Sherwani, Qutb Shahi Dynasty, S. 507. 300 „The name by which he is known in history is Mir Jumla“: Gribble, History of the Deccan, S. 270. 301 „King of Golkonda, and […] his Vizier Emir-Jemla“: Bernier, Travels, S. 16; „Mirgimola qui estoit le Nabab ou Grand-Vizir“: Tavernier, Six Voyages, S. 164. 302 Entsprechend wird die Person auch erst Mir Jumla genannt, wenn sie diesen Titel erhalten hat. 303 Sarkar, Mir Jumla, S. 1.
41
chen Distanz zu ihrem Berichtsgegenstand verfasst wurde, und Ahom zudem einer
der letzten Kriegsgegner Mir Jumlas war, ist ihr Quellenwert bezüglich der Herkunft
von Muhammad Sayyid als gering einzuschätzen.304
Laut der älteren Forschung wanderte Muhammad Sayyid um das Jahr 1630 in das
Sultanat von Golkonda aus.305 Sarkar hingegen verlegt seine Ankunft in Indien auf
den Zeitraum 1615-1625, da er, laut Tavernier, bereits 1626 den Sultan bei der Thron-
folge unterstützt haben soll.306 Grundsätzlich scheint es ohnehin problematisch, den
1676 veröffentlichten Reisebericht Taverniers diesbezüglich als verlässliche Quelle
zu zitieren. Zudem gründet Sarkars Einschätzung auf der ungenauen Übersetzung von
„l’affermissement de son trône“307 zu „establishment of his throne“308. Tavernier be-
zog sich damit vermutlich eher auf die Eroberung der östlichen Karnatik und deren
Absicherung gegen Bijapur.309 Es gibt also keinen Grund anzunehmen, dass Muham-
mad Sayyid vor 1630 auswanderte.
Bezüglich der Motive für die Auswanderung schrieb er Ende der 1640er Jahre in ei-
nem Brief an Khalifa Sultan, den Großwesir des Safawidenreiches: „There are several
reasons why we leave the land of our birth: (i) to make our leaving [=living] easy, (ii)
to send some help to near relations, family and the infirm“310. Ein möglicher Kontext
für diese Äußerung könnten die Reformen von Shah Abbas I. (reg. 1588-1629) gewe-
sen sein, die eine staatliche Zentralisierung von Steuereintreibung und Seidenhandel
zum Ziel hatten.311 Vor allem für diejenigen persischen Händler, die ihre Profite lang-
fristig in Grundbesitz umwandeln wollten, bedeuteten diese Maßnahmen einen massi-
ven Einschnitt.312
304 Zur der Chronik: Bhuyan, Introduction, S. 57; zum Feldzug gegen Ahom: vgl. Abschnitt 4.4.2. 305 Gribble, History of the Deccan, S. 270; Sarkar, History of Aurangzib, S. 216. 306 Sarkar, Mir Jumla, S. 2, Fn. 3. 307 Tavernier, Six Voyages, S. 102. 308 So die von Sarkar verwendete Edition: Tavernier, Travels in India, S. 165. 309 S.u. Abschnitt 4.3.1. 310 Mir Jumla an Khalifa Sultan, Ende 1640er, in: Sarkar, Iran Correspondence, (1942) S. 192-196, hier: S. 194; Datierung: S. 191 f. 311 Subramanyam, Iranians Abroad, S. 351. 312 Ebd., S. 355.
42
Dass die mangelnde wirtschaftliche Perspektive das Hauptmotiv für Muhammad
Sayyids Auswanderung war, bekräftigt seine Kritik an der unsicheren Situation in
Persien, die er im weiteren Verlauf des Briefes äußert.313 Vermutlich bezieht er sich
damit auf die ungeordneten Verhältnisse, die nach dem Tod des langjährigen Herr-
schers Shah Abbas I. im Jahr 1629 im Safawidenreich herrschten.314 Die um 1630
kulminierende Unsicherheit in Persien kann in diesem Zusammenhang als Zuspitzung
der ohnehin unzulänglichen wirtschaftlichen Perspektive verstanden werden. Plausib-
ler als Sarkars Darstellung der niederen Herkunft Muhammad Sayyids erscheint da-
her, dass er sich bereits in Persien als Händler betätigte, dort aber keine hinreichenden
Aufstiegsmöglichkeiten sah.
4.2.2 Aufstieg als havaldar von Masulipatnam
Auch über Muhammad Sayyids Anfänge in Zentralindien bis 1635 gibt es wenig ge-
sichertes Wissen. Laut Sarkar erwirtschaftete er in der neben der Festung von Gol-
konda gelegenen Stadt Hyderabad als Händler und Pächter von Diamantenminen die
Grundlage seines späteren Vermögens. Zugleich knüpfte er bereits erste Kontakte
zum Hof von Golkonda. Durch den Einfluss seines Fürsprechers Shaikh Muhammad
erlangte er um 1635 das Amt des sar-i-daftar-shahi (königlicher Buchhalter) und we-
nig später das Amt des havaldar von Masulipatnam.315
Ursprünglich fiel in die Zuständigkeit des havaldar die Organisation der Steuerabga-
ben eines gewissen Bezirkes. Das Amt wurde in einer Art öffentlicher Versteigerung
an den Höchstbietenden verpachtet und fiel häufig an hinduistische Brahmanen.316
Doch in Masulipatnam, der wichtigsten Hafenstadt Golkondas,317 kontrollierte bereits
seit Anfang des 17. Jahrhunderts eine Gruppe persischer Einwanderer die Administra-
tion: Neben dem havaldar, stellten sie auch den shahbandar (Hafenaufseher) und den
313 „owing to the defects in administration, many foreigners have stopped the despatch of goods to Per-sia; some looking upon Hindusthan as a better and more peaceful place“: Mir Jumla an Khalifa Sultan, Ende 1640er, in: Sarkar, Iran Correspondence (1942), S. 194. 314 Matthee, Persia in Crisis, S. 35-37. 315 Sarkar, Mir Jumla, S. 3. 316 Vgl. Sherwani, Qutb Shahi Dynasty, S. 511; Kruijtzer, Xenophobia, S. 52. 317 Zur Bedeutung der Masulipatnams: Subrahmanyam, Political Economy of Commerce, S. 213-216.
43
sar-samtu (Statthalter der übergeordneten regionalen Verwaltungseinheit). 318 Als
„portfolio capitalists“ engagierte sich diese Gruppe ab den 1620er Jahren auch maß-
geblich im Seehandel und bei der Verschiffung von Waren. Dabei bedienten sie ins-
besondere die Route zum roten Meer und nach Persien.319
Eine Krise der Landwirtschaft Anfang der 1630er Jahre und die damit verbundenen
Steuerausfälle führten dazu, dass sich die Mehrzahl der persischen Immigranten aus
den Geschäften in Masulipatnam zurückzog.320 Muhammad Sayyid wurde also zu ei-
nem sehr günstigen Zeitpunkt zum havaldar bestimmt, da die Konkurrenz gering und
die Verhältnisse ungeordnet waren. 1637 kontrollierte er außerdem, autorisiert durch
seine Ernennung zum havaldar von Mustafanagar, die strategisch wichtige Festung
Kondapilli und damit die Handelsverbindung zum Hinterland Masulipatnams. Im sel-
ben Jahr erhielt er das Amt des sar-i-khail, wörtlich „Kopf der Kavallerie“.321 Dieses
Amt beinhaltete neben militärischen Pflichten auch eine Art Oberaufsicht über die
Steuereintreibung.322 War zuvor die Administration auf mehrere Personen verteilt
worden, so hatte Muhammad Sayyid in kurzer Zeit eine Position inne, welche die
Kompetenzen aller oben genannten Ämter vereinte und sogar übertraf.
Muhammad Sayyid nutzte seinen neu gewonnen Einfluss, um sich im Seehandel zu
etablieren. Kurz nach Amtsantritt drohte er der niederländischen Vereenigden Oostin-
dischen Compagnie (VOC), ihr die Freihandelsprivilegien zu entziehen und sie durch
ihren Erzfeind, die Portugiesen, zu ersetzen.323 Auch gegenüber der britischen East
India Company (EIC) demonstrierte er seine Macht.324 Da die VOC aufgrund seines
politischen Einflusses in Masulipatnam keinen Angriff auf seine Schiffe riskieren
konnte, knüpfte er nun auch Kontakte zu den Portugiesen. Er verhandelte persönlich
318 Ders., Persians, Pilgrims and Portuguese, S. 504 f. 319 Ebd., S. 511 f. 320 Ebd., S. 517. 321 Sarkar, Mir Jumla, S. 5. 322 Vgl. Ebd.; Sherwani, Qutb Shahi Dynasty, S. 510; Kruijtzer, Xenophobia, S. 231. 323 Subrahmanyam, Persians, Pilgrims and Portuguese, S. 518. 324 Sarkar, Mir Jumla, S. 53 f.
44
mit dem Oberbefehlshaber Dom Felipe Mascarenhas und belieferte dessen Festungen
in Ceylon (Sri Lanka) mit Lebensmitteln.325
Ein Besuch des Sultans von Golkonda in Masulipatnam Ende 1639 legitimierte
Muhammad Sayyids Machtposition gegenüber den Europäern zusätzlich. Beamte der
EIC bezeichneten ihn im Dezember 1639 als „Cirkale [= sar-i-khail], cheife governor
under the King“326 und auch bei der VOC war er bereits zu dieser Zeit als „der kleine
König in Golkonda“ bekannt.327 Als Resultat dieser Strategie, die sein politisches
Gewicht mit der Durchsetzung von Handelsinteressen verband, genossen seine Schif-
fe den Schutz sämtlicher europäischer Seemächte im Indischen Ozean, was ihm einen
geldwerten Vorteil im Seehandel verschaffte.328
4.3 Auf dem Höhepunkt der Macht
4.3.1 Die Eroberung der Koromandelküste
Die historische Landschaft der Karnatik teilt sich in das Hochland südwestlich des
Dekkan-Plateaus, in der vorrangig Kannada gesprochen wurde, und die Ebene zwi-
schen dem Ostghats-Gebirge und der Koromandelküste, die im Norden etwa bis
Masulipatnam reicht.329 Dieser östliche Teil war aufgrund seiner fruchtbaren Böden
und der günstigen klimatischen Bedingungen ein wichtiges Zentrum für Landwirt-
schaft und Textilproduktion.330 Die Karnatik bildete den nördlichen Teil des Vi-
jayanagara-Reiches, dessen Auflösung zu dieser Zeit bereits weit vorangeschritten
war.331
Da durch die Anerkennung der Oberherrschaft des Mogulreiches im Jahr 1636 nun
keine unmittelbare Gefahr mehr aus dem Norden drohte, machte sich Bijapur wenig
später an die Eroberung der westlichen Karnatik.332 Als Reaktion auf diese Expansion
325 Subrahmanyam, The Political Economy of Commerce, S. 325. 326 President Fremlen u.a. an die EIC, Dezember 1639., in: Foster, English Factories 6, S. 194-220; hier S. 200. 327 Raychaudhuri, Jan Company, S. 40. 328 Subrahmanyam, Persians, Pilgrims and Portuguese, S. 520. 329 Sarkar, Mir Jumla, S. 12; vgl. Abb. 8. 330 Subrahmanyam, Political Economy of Commerce, S. 10 f., 26-29. 331 S.o. Abschnitt 4.1.2. 332 Anwar, Mughals and the Deccan, S. 125.
45
ernannte der Sultan von Golkonda im Jahr 1642 Muhammad Sayyid zum Anführer
der Armee und beauftragte ihn mit der Eroberung der östlichen Karnatik.333 Nach ei-
nigen Erfolgen, – unter anderem einem Sieg nordwestlich von Pulicat über Venkata
Raya, einem Enkel des letzten großen Vijayanagara-Herrschers, und der Einnahme
der Festung von Udayagiri nördlich des Pennari –, bekam Muhammad Sayyid ebenje-
nen Titel des mir jumla verliehen, unter dem er in die Geschichte einging.334
Da die Nayaks in der Karnatik Mitte der 1640er Jahre wieder zu erstarken drohten,
schlossen Bijapur und Golkonda im Frühjahr 1646 ein Bündnis, laut dem eroberte
Gebiete, Beute und weiteres im Verhältnis zwei zu eins aufgeteilt werden sollten.335
Nachdem Mir Jumla das Küstengebiet bis nach Pulicat und San Thomé bis Ende des
Jahres unter Kontrolle gebracht hatte, besiegten die vereinigten Truppen beider Sulta-
nate im April 1647 Sriranga Raya, den Nachfolger Venkatas, bei Vellore.336
Trotz des Bündnisses kam es wegen der Aufteilung der Gebiete immer wieder zu
Spannungen zwischen den Dekkan-Sultanaten. So konnten sie 1648 einen offenen
Konflikt gerade noch vermeiden, indem sie sich darauf einigten, dass Bijapur die
wichtige Festung Gingee bekam und Golkonda dafür die Festung Gandikota, die das
Pennari-Tal nach Westen kontrollierte.337 Doch auch diese Abmachung war nicht von
Dauer: Nachdem Mir Jumla im Sommer 1650 Gandikota eingenommen hatte, wurde
er im Januar 1652 zwischenzeitig vertrieben und erhielt den Anspruch auf seinen
Grundbesitz nur gegen eine Tributzahlung an Bijapur zurück.338
4.3.2 Die Grundlagen der Macht
Wirtschaftliche Stärke
Anfang der 1650er befand sich Mir Jumla auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn. Der
Engländer Walter Littleton besuchte ihn im Dezember 1650 in Gandikota und berich-
333 Sherwani, Qutb Shahi Dynasty, S. 455. 334 Ebd., S. 457 f. 335 Sarkar, Mir Jumla, S. 15 f. 336 Ebd., S. 16 f. 337 Ebd., S. 20, 23. 338 Ebd., S. 25, 30f.
46
tete im Januar 1651 in einem Brief an die EIC vom Umfang seiner Geschäfte.339 Wie
aus diesem Bericht hervorgeht, hatte Mir Jumla im Laufe der 1640er Jahre ein umfas-
sendes Handelsnetzwerk aufgebaut, das sich vom Roten Meer und Persien über den
gesamten Golf von Bengalen bis weit nach Südostasien erstreckte.340 Für den Seehan-
del verfügte er über zehn große Frachtschiffe und baute diese Flotte weiterhin aus.341
Zudem besaß er eine große Anzahl von Lastentieren, durch die er bestens integriert
war in den Binnenhandel mit dem Hinterland von Golkonda, Bijapur und mit ver-
schiedenen Gebieten des Mogulreiches.342
Eine weitere wichtige Einnahmequelle Mir Jumlas war die Steuereintreibung. Zur
Höhe der Einnahmen gibt Littleton an, dass Mir Jumla dem Sultan jährlich 2 Mio. Pa-
goda (Goldmünze in Golconda) lieferte, während allein die eroberte Karnatik Ein-
nahmen von 4 Mio. Pagoda einbrächte.343 Unter Berücksichtigung der Entwertung der
Münze Mitte des 17. Jahrhunderts344 entsprach die Differenz von 2 Mio. Pagoda nach
den von Tavernier notierten Wechselkursen etwa 16 bis 20 Mio. Schilling.345 Die et-
was später von Thomas Bowrey festgehaltenen Wechselkurse bestätigen diese Grö-
ßenordnung.346 Mitte des 17. Jahrhunderts entsprach dies ca. 8 bis 10 Mio. Gulden.347
Littletons Zahlen waren grobe Schätzungen mit dem Ziel, die EIC vom Reichtum der
Region zu überzeugen. Zudem war für die Engländer eine gute Beziehung zu Mir
Jumla von besonderer Bedeutung, da das von ihm eroberte Gebiet auch ihre 1641 ge-
gründete Festung und Faktorei Fort St. George (heute: Chennai) einschloss.348 Diese
Niederlassung war umso wichtiger, als sich die EIC in Masulipatnam nicht gegen die
339 Walter Littleton an die EIC, 17.1.1651, in: Foster, English Factories 9, S. 12 f. 340 „hee hath trade to Pegue, Tenassaree, Acheen, Rackan [=Arakan], Persia, Bengalla, Moka [=Mekka], Peruck, Maldeevas, and Macassar [Indonesien]”: Ebd.; vgl. Abb. 9. 341 „Hee hath tenn vessells of his owne, and intends to augment them”: Ebd. 342 „Foure or five hundred cammels, and tenn thousand oxen, which transporteth his goods up into sev-erall countryes, as Gulcundah, Vizapore, and into dyvers parts of the Great Maguls country”: Ebd. 343 “The reveneues that hee yearly brings to the King in amounts unto twentye hundred thousand pego-daes. […] The revenew that he hath taken from the Jentue in the aforesayd countrye is to the somme of fortie hundred thousand pegodaes per annum.”: Ebd. 344 Arasaratnam, Merchants, Companies, and Commerce on the Coromandel Coast, S. 296 f. 345 1 Pagoda ≈ 3,5-4,5 Rps.; 1 Rp. ≈ 2s. 3d.: Ball, Appendix, in: Tavernier, Travels in India, S. 413 f. 346 Ca. 12 – 24 Mio. s., Kurs: 1 Pagoda ≈ 6 – 12 s., in: Bowrey, Geographical Account, S. 114 f. 347 Ungefähre Wechselrate 2 s. = 1 fl.: Denzel, Handbook of World Exchange Rates, S. 65. 348 Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion 1, S. 135-137.
47
dominante VOC durchsetzen konnte.349 Doch auch unter Berücksichtigung einer sys-
tematischen Überschätzung verdeutlichen die Zahlen, dass es sich um ein stattliches
Steueraufkommen mit entsprechender Gewinnmarge für Mir Jumla handelte.
Dafür sprechen ebenfalls die teilweise immensen Summen, die Mir Jumla den europä-
ischen Handelskompanien als Kredit gewährte. Bis 1652 schuldete ihm allein die
VOC um die 400.000 Gulden, bis 1657 erhöhten sich die Schulden auf ca. eine Milli-
on.350 Für Mir Jumla waren diese Geschäfte mehr als eine reine Geldleihe. Er nutzte
die Schulden seiner Konkurrenten als Druckmittel, um sich exklusive Vorkaufsrechte
und Zugang zu von ihnen dominierten Märkten zu sichern.351
Militärisches Potential
Mir Jumlas Streitkräfte dürften vor dem Beginn der Karnatik-Operation zahlenmäßig
eher gering gewesen sein. Aus Berichten von Aurangzeb an Shah Jahan geht hervor,
dass er zunächst nur den Oberbefehl über die Truppen des Sultans hatte.352 Doch nach
der Konsolidierung seiner Macht in der Karnatik konnte Mir Jumla die Loyalität vie-
ler Soldaten an sich persönlich binden. Zusätzlich rekrutierte er vor Ort weitere Trup-
pen. 353 Im Frühjahr 1655 berichtet ein Botschafter des Mogulreiches über die
Streitkräfte von Mir Jumla: „He has a force of 9000 cavalry, and 5000 (other) de-
pendants; 4000 of Qutbu'l Mulk's [des Sultans von Golkonda] men have come over to
him. His infantry might amount to 20,000.“354
Neben indigenen Streitkräften nutzte er auch das militärische Potential der Europäer.
Laut dem Bericht Taverniers war die kurz vor seinem Besuch bei Mir Jumla erfolgte
Eroberung der Festung Gandikota erst durch einige Franzosen ermöglicht worden, die
den Dienst für die VOC quittiert hatten, sowie durch englische, niederländische und
349 Alam, Masulipatam, S. 51 f. 350 Raychaudhuri, Jan Company, S. 39-41. 351 Ebd.; Sarkar, S. 52 f., 56 f. 352 „He [Abdullah Qutb Shah] sent Mir Jumla to the Carnatic with most of his army“: Aurangzeb an Shah Jahan, ca. 1654, Nr. 70 in: Adab-i-Alamgiri, S. 261; Datierung: S. 367. 353 „When it became apparent that he had consolidated his power there, […] and had, through his good treatment and careful management of the army sent there with him, secured its loyalty to himself […] - not to mention the excellent army which he had recruited locally“: Ebd., S. 261. 354 Aurangzeb an Shah Jahan, in: Adab-i-Alamgiri, Nr. 78, S. 317; Datierung: S. 368.
48
italienische Kanoniere.355 Bei seinem Besuch traf er außerdem den Franzosen Claude
Maillé, der für Mir Jumla einige Kanonen zum Ausbau der Festung goss.356
Sein Wohlstand und seine Handelsbeziehungen bildeten die Grundlage für den Auf-
bau dieser Streitmacht. Die höhere Bezahlung, die Mir Jumla den Europäern bot, war
ein schlagkräftiges Argument für sie, in seine Dienste einzutreten.357 Sie dürfte auch
ein wesentlicher Grund für die Loyalität gewesen sein, die die Truppen des Sultans
gegenüber Mir Jumla aufbrachten. Durch sein ausgedehntes Handelsnetzwerk hatte er
Zugriff auf Kriegsmaterialien, darunter wichtige Kriegstiere. Seine „fine elephants“
und „horses both 'Iraqi and 'Arab“358 erhielt er von den Portugiesen in Ceylon, aus
den Anrainerstaaten des Golfs von Bengalen359 und durch seinen regelmäßigen Han-
del mit Persien und Arabien.360
Effizienz der Administration
Die Verwaltung seiner Geschäfte übte Mir Jumla Anfang der 1650er Jahre von der
Festung Gandikota aus. Diese erlaubte ihm zum einen die Absicherung der Eroberun-
gen an der Koromandelküste durch ihre Lage im Grenzgebiet zu dem von Bijapur
kontrollierten Teil der Karnatik, am westlichsten Zufluss des Pennari.361 Zum anderen
ermöglichte sie ihm die schnelle Kommunikation mit den Eckpfeilern seines Ein-
flussbereiches: Golkonda, Masulipatnam und die Gegend um Pulicat.362 So stand er
mit dem Sultan auch während der Feldzüge in ständigem Briefkontakt.363 Die Steuer-
verwaltung in der Gegend um Masulipatnam und die Ausführung des Handels erle-
355 „Il ne l’auroit pas prise sans quelque François qui avoient quitté le service de la Compagnie Hol-landoise […]. Il avoit aussi pour canoniers plusieurs Anglois & Hollandois avec deux ou trois Italiens, ce qui luy fut d’un grand fecours pour la prise de la place“: Tavernier, Six Voyages, S. 178. 356 „Un canonier François nommé Claude Maillé de Bourges, & qu’il estoit occupé à fondre quelques pieces de canon que le Nabab vouloit laisser dans la place“: Ebd., S. 180. 357 Vor allem Engländer seien deshalb aus Fort St. George übergelaufen: Bowrey, Geographical Ac-count, S. 111. 358 Aurangzeb an Shah Jahan, März/April 1655, in: Adab-i-Alamgiri, Nr. 78, S. 317. 359 Subrahmanyam, Political Economy of Commerce, S. 325; Sarkar, Mir Jumla, S. 46. 360 Zur Bedeutung von Kriegspferden in Indien, vgl.: Gommans, Warhorse, insb. S. 8-11. 361 Vgl. Abb. 10. 362 Distanz (Luftlinie) ca. 286 km, 341 km und 288 km; ermittelt mit: http://www.luftlinie.org. 363 Beispiele finden sich in: Sarkar, A Few Letters of Qutb Shah and Mir Jumla.
49
digten seine Agenten, sogenannte wakils.364 In der Karnatik übernahm er das Verwal-
tungssystem auf der Grundlage des Dorfes als kleinster Ordnungseinheit und ließ die
Steuereintreibung durch hinduistische Brahmanen durchführen.365
Die Beschaffung von Informationen, Kommunikation und Vernetzung spielten im
vorkolonialen Indien eine besondere Rolle für die Machtausübung.366 Mir Jumla stell-
te diesbezüglich keine Ausnahme dar. Für die zügige Kommunikation mit dem Sultan
in Golkonda hatte er ein System von Botenstützpunkten eingerichtet.367 Den hohen
Grad der Vernetzung, der zur Kontrolle der vielseitigen Geschäfte nötig war, illus-
triert Taverniers eindrückliche Schilderung einer Szene, in der Mir Jumla mit zwei
Sekretären große Mengen an schriftlicher Korrespondenz bewältigt:
„Il nous fit entrer dans sa tente, où il estoit assis avec deux de ses Secretaires auprés de luy. Selon la coûtume du païs où l’on va les pieds nuds […], le Nabab avoit tous les entre-deux des doigts des pieds pleins de lettres, & il en avoit aussi quantité entre les doigts de la main gauche. Il en tiroit tantost de ses pieds tan-tost de ses mains, & faisoit faire les réponses par ces deux Secretaires, en faisant aussi luy-méme quelques-unes. Aprés que les Secretaires avoient achevé les lettres il les leur faisoit lire, puis il les prenoit & y appliquoit luy-méme son ca-chet, donnant ensuite les unes à des gens de pied, les autres à des gens de che-val.“368
4.3.3 Politisches Gewicht in Zentrum und Peripherie
Aufgrund der Quellenlage kann Muhammad Sayyids Position am Hof von Golkonda
nur indirekt rekonstruiert werden.369 Sein Aufstieg zum mir jumla und seine umfang-
reichen Befugnisse deuten jedenfalls daraufhin, dass er sich im Sultanat als einer der
Obersten etabliert hatte. Diese Einschätzung bekräftigt ein auf ca. 1650 datiertes Ge-
mälde, das eine Prozession des Sultans von Golkonda zeigt.370 In der Gruppe der neun
vorweg schreitenden, vermutlich hochrangigen Personen nimmt Mir Jumla die dem
364 Sarkar, Mir Jumla, S. 5; wakil ≈ Agent: Kruijtzer, Xenophobia, S. 80 f. 365 Sarkar, Mir Jumla, S. 36. 366 Bayly, Knowing the Country, S. 10-17. 367 Sarkar, Mir Jumla, S. 41. 368 Tavernier, Six Voyages, S. 183. 369 Z.B. liegt das Hadiqat-us-Salatin, eine Chronik über das Golkonda-Sultanat bis 1644, bislang nicht in Übersetzung vor; vgl. Singh / Samiuddin, Art. „Hadiqat-us-Salatin“, S. 304 f. 370 Vgl. Abb. 11.
50
Sultan nächstgelegene Position ein.371 Davon ausgehend, dass Nähe zum Herrscher in
der indo-persischen Kultur ein Ausdruck des Machtverhältnisses ist, kann die Kons-
tellation dahingehend interpretiert werden, dass Mir Jumla hier als ranghöchste Per-
son unterhalb des Sultan abgebildet ist.372
Dagegen wurde er in der Peripherie des Sultanates vor allem von den Europäern zu
dieser Zeit als autonomer Herrscher wahrgenommen. Während ihn die Engländer En-
de der 1630er Jahre noch als einen dem Sultan untergeordneten lokalen Machthaber
beschrieben hatten,373 schrieb Francis Breton Mitte der 1640er: „the Serkaile governes
the King and consequently the country.“374 In Walter Littletons Bericht von 1651 hieß
es dann: „The whole kingdome of Gulcundah is governed by him, of whome the peo-
ple stand in feare and subjection as to the King himselfe.”375 Einschränkend sei je-
doch angemerkt, dass sich die Engländer hier auf die für sie relevanten Gebiete um
Masulipatnam und entlang der Koromandelküste bezogen. Im Zentrum des Reiches
stellte auch weiterhin der Sultan die oberste Autorität dar.
In der Tat trat Mir Jumla in der Provinz als selbstbewusster Herrscher auf und insze-
nierte sich als legitimer Nachfolger Srirangas. Er bestätigte 1647 im Namen des Sul-
tans die Handelsprivilegien der EIC-Niederlassung in Fort St. George, die sie von
dem kurz zuvor besiegten Hindu-Herrscher erhalten hatten.376 Obwohl er diese Bestä-
tigung offiziell im Namen des Sultans ausführte, ist es fraglich, ob der Vorgang tat-
sächlich mit dessen Einverständnis geschah. Denn die „offizielle Linie“ des Sultanats
zog seit ca. 1620 die VOC ihren europäischen Konkurrenten vor.377 Doch dass Mir
Jumla hinsichtlich der Beziehungen zu den europäischen Handelsgesellschaften vor-
371 Mittlere Reihe, rechts: Michell / Zebrowski, Architecture and Art of the Deccan Sultanates, S. 200. 372 Zur Herrschaftssymbolik, vgl.: Gommans, Mughal Warfare, S. 59. 373 S.o. Abschnitt 4.2.2. 374 Breton u.a. an die EIC, 28.11.1644, in: Foster, English Factories 7, S. 199-218; hier S. 207. 375 Walter Littleton an die EIC, 17.1.1651, in: Foster, English Factories 9, S. 12. 376 „And withall confirm’d under the King of Gulcondaeh[s] great seale all our former privilidges in ample manner, as it was graunted to us by the foresaid fledd Jentue King“: Ivy / Gurney an die EIC, 9.10.1647, in: Foster, English Factories 8, S. 163-167; hier: S. 166 f. 377 Subrahmanyam, Persians, Pilgrims and Portuguese, S. 509.
51
nehmlich eigene Interessen verfolgte, war spätestens deutlich geworden, seitdem er
Ende der 1630er Jahre Handelsbeziehungen mit den Portugiesen aufgebaut hatte.378
In der Karnatik trat er außerdem als Richter auf. Während der Audienz bei Mir Jumla
wurde Tavernier Zeuge einer Anhörung von vier Straftätern.379 Die Tatsache, dass er
hier als hohe richterliche Instanz fungierte, war zwar nicht notwendigerweise ein Af-
front gegen den Sultan. In der persischen Rechtstradition war die Koexistenz ver-
schiedener juristischer Autoritäten nicht ungewöhnlich. 380 Wohl aber kann die
Grausamkeit und die Öffentlichkeit der von Mir Jumla verhängten Strafen381 als De-
monstration seines Herrschaftsanspruchs in der Karnatik verstanden werden, auch –
und vielleicht gerade – gegenüber dem Europäer Tavernier.
4.3.4 Der Bruch mit Golkonda
Rückkehr nach Persien?
Bereits seit dem Ende der 1640er Jahre spielte Mir Jumla wohl auch mit dem Gedan-
ken einer möglichen Rückkehr nach Persien. Der oben erwähnte Brief an Großwesir
Khalifa Sultan sollte diese vorbereiten.382 Mir Jumla schildert darin den religiösen
und weltlichen Sittenverfall in Persien und äußert schließlich seine Hoffnung, dass
unter Khalifa Sultan wieder Ordnung einkehren möge.383 Diese Äußerungen scheinen
auf den Adressaten zugeschnitten zu sein: Khalifa Sultan entstammte einer in der
378 S.o. Abschnitt 4.2.2. 379 „Pendant que nos estions auprés du Nabab, on luy vint dire qu’il y avoit quatre criminels qu’on avo-it amenez à la porte de sa tente. […] il dit qu’on amenât ces criminels, & aprés les avoir interrogez & fait confesser de leur bouche le mal dont ils estoient accusez“: Tavernier, Six Voyages, S. 184. 380 Z.B. staatliches Recht und „tribales Recht“: Werner, ’Urf oder Gewohnheitsrecht im Iran, S. 167. 381 „De ces quatre criminels qu’on avoit amenez en sa presence, il y en avoit un qui estoit entré dans un logis, & avoit tué la mere avec ses trois enfants. Celuy-là fut condamné sur le champ avoir les pieds & les mains coupées, & à estre jetté dans un champ sur le grand chemin pour y finir ses jours. Un autre avoit volé sur le grand chemin, & le Nabab luy fit ouvrir le ventre & le fit jetter à la voirie. Je ne pus bien sçavoir ce que les deux autres avoient fait, mais on leur coupa à tous deux la teste.“: Tavernier, Six Voyages, S. 184. 382 Dies war durchaus nötig. Z.B. wurde der 1614 aus Golkonda nach Persien zurückgekehrte Muham-mad Amin von Shah Abbas I. abgewiesen: Haneda, Emigration of Iranian Elites to India, S. 135 f. 383 Er erwähnt u.a. den shaikh ul-islam, einen hohen islamischen Rechtsgelehrten, sowie die repressive Administration unter Khalifa Sultans Vorgänger: Mir Jumla an Khalifa Sultan, Ende 1640er, in: Sarkar, Iran Correspondence (1942), S. 194 f.
52
schiitischen Rechtslehre verwurzelten Familie384 und war selbst Opfer der politischen
Säuberungsaktion nach dem Tode Shah Abbas I. geworden.385 Mir Jumla ergreift hier
also Partei für Khalifa Sultan. Die Erwähnung des schiitischen Glaubens dient dabei
der Beschwörung einer religiösen Verbindung zwischen Persien und Golkonda.386
Vermutlich ebenfalls um seinen Einfluss in Persien zu stärken, nahm Mir Jumla einen
Auftrag von Shah Abbas II. zur Schuldeneintreibung im Dekkan an. In einem Brief
von ca. 1653 erklärte Mir Jumla, weshalb sich die Eintreibung der Schulden verzögert
habe:387 Der Konflikt mit Bijapur und ein Verbot des Mogulkaisers, Schiffe nach Per-
sien zu entsenden, hätten die Sendung einer Botschaft unmöglich gemacht.388 Hinter-
grund dieses Verbotes war der Konflikt um die Stadt Kandahar, der zwischen dem
Safawiden- und dem Mogulreich zwischen 1649 und 1653 offen ausgetragen wur-
de.389 Zudem war Golkonda durch den Vertrag von 1636 den Moguln zur Loyalität
verpflichtet.390 Mir Jumla war bewusst, dass eine offene Unterstützung Persiens in
dieser Konstellation einer Kriegserklärung gegen das Mogulreich gleichgekommen
wäre.391
Doch genau das schien Shah Abbas im Sinn gehabt zu haben. In der Antwort auf ei-
nen Brief Mir Jumlas versprach er ihm jede Hilfe, um die dieser angeblich gebeten
hatte392 – doch nur unter der Bedingung, dass er als Gegenleistung „the task of
strengthening this friendship“393 für ihn übernehme. Denn für Persien hätte ein Krieg
im Dekkan eine Entlastung der Südostgrenze zum Mogulreich bedeutet. Doch dieser
letzte Brief erreichte Mir Jumla vermutlich erst nach 1656, als sich die Umstände be-
384 Sein Vater war sadr im 16. Jahrhundert: Abisaab, Converting Persia, S. 99 f. 385 1632 wurden seine Söhne geblendet: Matthee, Persia in Crisis, S. 35-37. 386 Auf Beschwerden über die Zustände in Persien pflege der Mogulkaiser zu antworten: „such a creed deserves such a Shaikh-ul-Islam“: Mir Jumla an Khalifa Sultan, Ende 1640er, in: Sarkar, Iran Corres-pondence (1942), S. 194. 387 Mir Jumla an Shah Abbas II., ca. 1653, in: Ebd., S. 196 f; Datierung: S. 197 Fn. 1. 388 „Our neighbour has poisoned the atmosphere of harmony“: Ebd., S. 196; „The imperial order for-bidding the sailing of ships to Persia has been received in this court“: Ebd., S. 197. 389 Kulke, Geschichte Indiens, S. 86. 390 Anwar, Mughals and the Deccan, S. 123. 391 „Such a course would have been tantamount to preparation of war with the Mughals in such a time“: Mir Jumla an Shah Abbas II., Ende 1640er, in: Sarkar, Iran Correspondence (1942), S. 193. 392 Shah Abbas II. an Mir Jumla, undatiert, in: Sarkar, Iran Correspondence (1943), S. 91-93. 393 Ebd., S. 92 f.
53
reits derart entwickelt hatten, dass eine Rückkehr ohnehin keine Option mehr für ihn
darstellte.
Am Hof von Golkonda wendete sich die Stimmung ab etwa 1653 aus nicht eindeutig
geklärten Gründen gegen Mir Jumla. Tavernier berichtet von einer Hofintrige miss-
günstiger Konkurrenten, die während Mir Jumlas Abwesenheit den Sultan gegen ihn
aufhetzten.394 Dieser habe wegen der Gerüchte über eine geplante Machtübernahme
angeordnet, Mir Jumla zu vergiften.395 Auch Aurangzebs Informanten am Hof von
Golkonda berichteten von einem angespannten Verhältnis.396 Deutlich ist jedenfalls,
dass es in dieser Zeit zur Entfremdung zwischen dem Sultan und Mir Jumla kam.
Seitenwechsel zum Mogulreich
Als Aurangzeb 1652 zum zweiten Mal Vizekönig des Dekkan wurde,397 entwickelte
er großes Interesse an Mir Jumla. Einige seiner Briefe an den Mogulkaiser Shah Jahan
aus dieser Zeit geben Aufschluss darüber, wie er den Seitenwechsel zum Mogulreich
einfädelte. 398 Um 1653/54 versuchte er den Kaiser davon zu überzeugen, dass
die Hofintrige eine günstige Gelegenheit biete, Mir Jumla in den Dienst des Mogul-
reiches zu übernehmen.399 Man müsse ihn nun durch „various gestures of imperial
kindness“400 von den Vorteilen überzeugen. Aurangzeb bot Mir Jumla zu diesem
Zweck 1654 militärische Unterstützung an, falls sein Überlaufen zum Mogulreich ei-
nen Racheakt der Dekkan-Sultanate provozieren sollte.401
394 „Le credit & les richesse que Mirgimola [Mir Jumla] s’estoit aquises lui firent des ennemis, qui ja-loux d’une si grande fortune tâcherent en son absence de la détruire, & de le mettre mal dans l’esprit du Roy.“: Tavernier, Six Voyages, S. 102. 395 „Le Roy s’estant laissé aisément persuader leur donna à eux-mémes la commission d’executer l’entreprise“: Ebd., S. 102 f. 396 Aurangzeb an Shah Jahan, in: Adab-i-Alamgiri, Nr. 67, S. 246-248; hier: S. 247. 397 Kulke, Indische Geschichte, S. 85. 398 Adab-i-Alamgiri, insbesondere Nr. 67, 69, 70, 73, 74, 85, 86, 87, 89, 94, 95. 399 Aurangzeb an Shah Jahan, in: Adab-i-Alamgiri, Nr. 67, S. 246-248; Datierung: S. 366. 400 Ebd., S. 248. 401 „I have written to him many times, that if his apprehensions restrain him from acquiring the felicity of servitude […] Then I would send an Imperial army […] to serve as an escort for him“: Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 70, S. 258-262; hier: S. 262; Datierung: S. 367.
54
Im Oktober 1654 schrieb er an Shah Jahan, dass nun beide Dekkan-Sultanate um die
Gunst Mir Jumlas konkurrierten.402 Dies mag der Realität entsprochen haben, kann
aber auch eine Taktik gewesen sein, um Shah Jahan zu raschem Handeln zu überre-
den. Mir Jumla spielte unterdessen auf Zeit, vermutlich weil er die Möglichkeit einer
Rückkehr nach Persien noch offen halten wollte. Ende des Jahres berichtete Aurang-
zeb: „at present he is twisting and turning […] while disclosing his true intentions to
nobody“403.
Aurangzebs Überzeugungsarbeit bei Shah Jahan tat schließlich ihre Wirkung. Anfang
1655 schien der Plan, Mir Jumla in den Mogul-Adel aufzunehmen, festzustehen.404
Obwohl nun auch sein Sohn Muhammad Amin mitübernommen werden sollte, zöger-
te Mir Jumla den Seitenwechsel weiter hinaus mit der Begründung, dass er vorher
noch seine Geschäfte in der Karnatik regeln müsse.405 Im April desselben Jahres ka-
men Aurangzeb Zweifel an dieser Begründung:
„It is for policy's sake that he [Mir Jumla] makes a shew of submission and loy-alty to Your Majesty. So long as all the diplomatic arts in his power suffice to protect him from the enmity of the two Deccan rulers, he would never leave the Carnatic, nor would he offer his services in any other place.“406
Es mag Zufall gewesen sein, dass Mir Jumlas Pläne im Spätsommer in den Dekkan-
Sultanaten bekannt wurden. Mit Rücksicht auf Aurangzebs Bedenken ist ebenfalls
denkbar, dass dieser gezielt Informationen durchsickern ließ, um den Druck auf Mir
Jumla zu erhöhen. Jedenfalls schien letzterer angesichts des bedrohlichen Szenarios
eines gemeinsamen Angriffes von Bijapur und Golkonda ab September 1655 darauf
zu drängen, möglichst rasch in den Schutz des Mogulreiches einzutreten.407 Spätes-
402 „Adil Khan is doing his utmost to attract Mir Jumla from Qutbu’l Mulk’s service to his own […] and Qutbu’l Mulk is now attempting a reconciliation“: Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 69, S. 252-256; hier: S. 254; Datierung: S. 366. 403 Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 73, S. 271-273; hier: S. 272; Datierung: S. 367. 404 „In (announcing) to Qutbu’l Mulk’s officer Mir Jumla the mansab fixed for him“: Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 76, S. 274-276; hier: S. 274; Datierung: S. 367. 405 „Mir Jumla […] intends to remain in the Carnatic for another year. He wants to wind up […] his multitudinous affairs“: Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 86, S. 313 f.; hier: S. 313. 406 Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 87, S. 315-317; hier: S. 315 f.; Datierung: S. 368. 407 „Mir Muhammad Sa’id has just written […], that the Deccan rulers have learned of his intentions, and have resolved to send a combined force against him. […] He hopes, that he may be relieved of his fear […] through the condescending care and grace of his true preceptor and guide.“: Aurangzeb an Shah Jahan, Nr. 89, in: Ebd., S. 320; Datierung: S. 368.
55
tens als sein Sohn, der sich als sein Vertreter am Hof von Golkonda aufhielt, Anfang
Dezember festgenommen wurde, gab es für ihn kein Zurück mehr.408
4.4 Die „Domestizierung“ im Mogulreich
4.4.1 Als Agent Aurangzebs
Mir Jumla wurde im Juli 1656 in Delhi von Kaiser Shah Jahan offiziell in den Mogu-
ladel aufgenommen. Nach dem rituellen Austausch von Geschenken erhielt er mansab
von 6.000/6.000 und das Amt des diwan-i kul, das in etwa seiner Position am Hof von
Golkonda entsprach. Darüber hinaus bekam er die östliche Karnatik als jagir aner-
kannt sowie ein siebenjähriges Steuerfreiheitsprivileg.409 Er gehörte damit zur Elite
des Mogul-Adels: von der Gruppe mit nennenswertem mansab über 500 machte die
Spitzengruppe mit mansab über 5.000 um 1656/57 lediglich 4,8 % aus.410 In seiner
neuen Position baute Mir Jumla nun selbst ein Patronage-Netzwerk auf und bildete
am Mogulhof als Agent Aurangzebs ein Gegengewicht zu dessen Bruder Dara Shu-
koh.411
Dieser wiederum übte großen Einfluss auf Kaiser Shah Jahan aus, da er die meiste
Zeit am Hof verbrachte. Er galt als der Lieblingssohn und als Favorit für die Thron-
folge.412 Um die Macht seines Kontrahenten Aurangzeb klein zu halten, hatte er zuvor
bei Shah Jahan den Abbruch des Angriffs auf Golkonda erwirkt.413 Durch sein Ge-
wicht am Mogulhof gelang es Mir Jumla, den Kaiser nun davon zu überzeugen, die
Eroberung Bijapurs anzuordnen.414 Zum einen war die totale Unterwerfung des Dek-
kan ohnehin das Ziel Aurangzebs; zum anderen lag dies auch in Mir Jumlas Interesse,
da er auf diese Weise seine Position in der Karnatik sichern konnte.415
408 Aurangzeb an Shah Jahan, Nr. 94, in: Ebd., S. 330-332; hier: S. 331 f.; Datierung: S. 368. 409 Sarkar, Mir Jumla, S. 82 f. 410 Mansab über 5.000 ≙ 25 Personen; 1.000-4.500 ≙ 223; 500-900 ≙ 270: Ali, Apparatus, S. xx. 411 Sarkar, Mir Jumla, S. 87-89. 412 Richards, Mughal Empire, S. 151. 413 Ebd., S. 157. 414 Dies geht aus Berniers Bericht hervor: Bernier, Travels, S. 185; seine Einschätzung kann als „zeit-nah“ ernst genommen werden, da er 1659 Dara Shukoh begleitete: Ebd., S. xx. 415 Seit seinem Abzug Anfang 1656 drohte Gefahr durch die Dekkan-Sultanate, aufständische Nayaks und die EIC, die mehrere seiner Schiffe beschlagnahmte: Sarkar, Mir Jumla, S. 94-96, 141-146.
56
Doch Mir Jumlas Einfluss war begrenzt. Während er bis zum Sommer 1657 in den
Krieg gegen Bijapur eingebunden war, fand in seiner Abwesenheit am Hof die Partei
Dara Shukohs zu alter Stärke zurück. Obwohl Bijapur beinahe vollständig besiegt
war, befahl Shah Jahan Anfang August die Beendigung des Krieges durch einen Frie-
densvertrag anstelle der endgültigen Unterwerfung.416 Als der Kaiser im September
1657 schwer erkrankte und sich rasch Gerüchte über seinen Tod verbreiteten, fiel die
Ausübung der Regierung de facto in Dara Shukohs Hände.417
Während sich Aurangzeb das ganze Jahr 1658 über dem Thronfolgekrieg widmete,
verzögerte Mir Jumla seine Unterstützung, denn er wollte sich zunächst um die Absi-
cherung der Karnatik kümmern.418 Dort war inzwischen die Festung Gandikota von
den Truppen Golkondas erobert worden.419 Ende Oktober 1658 verlieh ihm Aurang-
zeb das Amt des Provinzverwalters von Burhanpur und die Provinz Khandesh als
jagir.420 Dies kann als Versuch Aurangzebs interpretiert werden, Mir Jumla aus seiner
beinahe autonomen Position in der Peripherie näher an das Zentrum der Herrschaft zu
bringen.421 In der Karnatik hatte sich Mir Jumla ja bereits dem Zugriff durch den Sul-
tan von Golkonda erfolgreich entziehen können.
Schließlich griff Mir Jumla doch noch in den Thronfolgekampf ein. Im Januar 1659
schlug er gemeinsam mit Aurangzeb dessen größten verbleibenden Konkurrenten
Shuja in die Flucht.422 Mir Jumla wurden mit der Verfolgung beauftragt. Shuja floh
entlang des Ganges durch Bihar zurück nach Bengalen, wo er als ehemaliger Statthal-
ter der Provinz durch seine Ortskenntnis und seine Kontakte leichte Vorteile hatte.
Die Verfolgung dauerte etwa eineinhalb Jahre und war von diversen Scharmützeln
mit wechselndem Erfolg geprägt.423 Anfang Mai 1660 verließ Shuja die Stadt Dhaka
416 Ebd., S. 118-123. 417 Faruqui, Princes, S. 242 f. 418 Sarkar, Mir Jumla, S. 138 f. 419 Ebd., S. 109 f. 420 Ebd., S. 140. 421 Zur Lage von Burhanpur/Khandesh: vgl. Abb. 6. 422 Sarkar, Mir Jumla, S. 148-150. 423 Sarkar gibt eine äußert detaillierte Darstellung: Ebd., S. 151-201.
57
und floh ins Königreich Arakan, wo er der Verschwörung gegen den König bezichtigt
und schließlich hingerichtet wurde.424
4.4.2 Die letzten Jahre: Bengalen und die Nordostexpansion
Mir Jumla erhielt Ende Mai 1660 das Amt des Statthalters der Provinz Bengalen. Sein
Versuch, die Verwaltung zu reformieren und so für Stabilität zu sorgen, blieb weitge-
hend ergebnislos.425 Auch in Bengalen nutzte er seinen politischen Einfluss, um vom
florierenden Handel zu profitieren. Er schloss Monopolverträge mit den europäischen
Gesellschaften und ließ seine Waren auf ihren Schiffen kostenfrei verschiffen.426 In-
dem er den Europäern mit der Auflösung ihrer Faktoreien drohte, bekam er Zugang
zu wichtigem Kriegsmaterial und konnte ihnen erneut einige Soldaten abwerben.427
Bernier berichtet, dass sich der mittlerweile ungefähr 70 Jahre alte Mir Jumla nach
den Gefechten zusammen mit seiner Familie in Bengalen niederlassen wollte. Da
Aurangzeb dahinter Absichten zur Etablierung einer unabhängigen Herrschaft gewit-
tert habe, sei er dieser Bitte nicht nachgekommen.428 Stattdessen, so Bernier, habe er
Mir Jumlas Sohn ein hohes Amt im Zentrum des Reiches verliehen und Mir Jumla
selbst mit dem Krieg gegen das Königreich Ahom (heutiges Assam) beauftragt, um
seine militärische und politische Stärke in der Peripherie zu binden.429
Welches Gewicht diesen Bemerkungen Berniers beigemessen werden sollte, ist
schwierig einzuschätzen. Sarkar hält es angesichts der von ihm unterstellten „soaring
ambition“430 Mir Jumlas für unwahrscheinlich, dass er sich zu diesem Zeitpunkt zur
Ruhe setzen wollte. In der Tat mag die Aussagekraft bezüglich Mir Jumlas Intention
eher gering sein. Bernier, der sich zwischen 1659 und 1665 am Mogulhof aufhielt,431
beschrieb vermutlich vielmehr die dort vorherrschende Wahrnehmung. Diesbezüglich
kann seine Aussage aber durchaus ernstgenommen werden: Nicht zuletzt aufgrund
424 Richards, Mughal Empire, S. 162. 425 Sarkar, Mir Jumla, S. 208-210, S. 226. 426 Ebd., S. 216 f. 427 Ebd., S. 219. 428 Bernier, Travels, S. 169. 429 Ebd., S. 171. 430 Sarkar, Mir Jumla, S. 223, Fn. 1. 431 Bernier, Travels, S. 4.
58
seiner Laufbahn in Golkonda wurde Mir Jumlas Macht in der Peripherie vom Zent-
rum des Reiches aus mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt.
Doch die Sorgen sollten sich als unbegründet herausstellen, da der Feldzug gegen
Ahom ohnehin die letzte Handlung in seinem Leben war. Ende 1661 annektierte Mir
Jumla mit seinen Truppen Kuch Bihar, zog von dort aus entlang des Brahmaputra
weiter und nahm im März 1662 Garghaon, die Hauptstadt von Ahom, ein. Dort traf er
auf keine nennenswerte Gegenwehr, denn der König hatte sich mit seinen Truppen in
die Berge zurückgezogen.432 Doch während der Regenzeit von Mai bis Oktober wur-
den Mir Jumlas Truppen von der Versorgung abgeschnitten. Hungersnot, ständige
Guerilla-Angriffe aus dem dichten Regenwald und um sich greifende Seuchen
schwächten sein Kontingent.433
Mir Jumla musste sich daher mit einem Friedensschluss im Dezember zufrieden ge-
ben, durch den Ahom zwar formal die Oberherrschaft des Mogulreiches anerkann-
te.434 Aber nach dem Rückzug Mir Jumlas wurden die Bedingungen des Vertrags von
Ahom nicht weiter beachtet. Auch Kuch Bihar war inzwischen bereits wieder zurück-
erobert worden.435 Dieser letzte Feldzug hatte langfristig gesehen nur sehr geringe
Auswirkungen, weshalb er letztlich als Misserfolg gelten kann.436 Auf dem Rückweg
nach Bengalen im Januar 1663 erkrankte Mir Jumla schwer und starb schließlich an
Bord eines Bootes auf dem Brahmaputra am 31. März 1663.437
4.5 Zwischenfazit
Das Sultanat von Golkonda sah sich seit Anfang der 1630er Jahre mit verschiedenen
Herausforderungen konfrontiert: Zum einen war es dem Mogulreich durch den Ver-
trag von 1636 zu jährlichen Tributzahlungen verpflichtet. Zum anderen begann das
benachbarte Sultanat von Bijapur gegen Ende der 1630er Jahre seinen Machtbereich
432 Richards, S. 167; Vgl. Abb. 7. 433 Sarkar, Mir Jumla, S. 253-264. 434 Ebd., S. 269. 435 Ebd., S. 270. 436 So urteilt auch: Ali, Mughal Nobility under Aurangzeb, S. 98; dagegen wertet Sarkar den Krieg als Erfolg, der die größte Ausdehnung des Reichs nach Nordosten markiert: Sarkar, Mir Jumla, S. 278. 437 Ebd., S. 273.
59
erheblich in Richtung Süden auszweiten. Darüber hinaus hatte Anfang des Jahrzehnts
eine landwirtschaftliche Krise zum Rückzug einiger persischer Beamter aus der wich-
tigen Hafenstadt Masulipatnam geführt. Da Verwaltungsaufgaben meist mit militäri-
schen Funktionen einhergingen, kann gemutmaßt werden, dass sich dies auch auf die
Armee des Sultans auswirkte.
Für Muhammad Sayyid, der vermutlich zwischen 1630 und 1635 aus Persien einwan-
derte, stellten dies günstige Ausgangsbedingungen dar. Seine Motivation scheint zu-
nächst darin bestanden zu haben, eine Karriere im Stile der persischen „portfolio
capitalists“ zu machen. Das heißt, er betätigte sich sowohl im Handel als auch in der
Verwaltung – besonders in der Steuereintreibung. Als havaldar von Masulipatnam
kombinierte Muhammad Sayyid politischen Einfluss und Handelsbeziehungen. Auf
diese Weise gelang es ihm, eine Monopolstellung aufzubauen, die seinen Einfluss
stärkte, da sie ihn zu wichtigen Kontakten und materiellem Wohlstand verhalf.
Die Vergabe des Auftrags der Südexpansion an Muhammad Sayyid erfolgte vermut-
lich nicht zuletzt aufgrund seines Reichtums und seiner Beziehungen. Von einem
Zielkonflikt kann bis dahin keine Rede sein. Nachdem er die kriselnde Verwaltung in
Masulipatnam unter Kontrolle gebracht hatte, erweiterte Muhammad Sayyid durch
die Eroberung der Karnatik das Einflussgebiet des Sultanats und erhöhte dadurch
auch dessen Steuereinnahmen. Dass diese herrschaftliche Durchdringung der Periphe-
rie im Sinne der Zentralmacht lag, zeigt sich auch darin, dass er den Titel des mir
jumla gewissermaßen als Belohnung für die erfolgreiche Kriegsführung erhielt.
Der entscheidende Kompetenzvorteil ist in Mir Jumlas starker Position im Handel zu
sehen, die ihm die Aufstellung einer schlagkräftigen und gut ausgerüsteten Streitkraft
ermöglichte. Sie war indes nur zu Beginn von der Autorität des Sultans abhängig, als
er noch die Legitimierung durch das Amt des havaldar bzw. des sar-i-khail benötigte.
Besonders die europäischen Handelsgesellschaften nahmen ihn dagegen schon früh
als unabhängigen Machthaber wahr. Nur für die Steuereintreibung war die Legitimie-
rung durch den Sultan weiterhin notwendig. Mir Jumla nutzte diesen Handlungsspiel-
raum, um seine Position in der Karnatik zu festigen. Vor allem der Umstand, dass er
sich dort dem Einfluss des Sultans entziehen konnte, während er gleichzeitig mit Per-
60
sien und dem Mogulreich über einen möglichen Seitenwechsel verhandelte, verdeut-
licht den hohen Grad seiner Autonomie.
Der Preis, den Mir Jumla für den Aufbau seiner Position in der Karnatik zahlte, war
die Schwächung seiner Position am Hof von Golkonda. Jedoch lässt sich eine Macht-
asymmetrie eigentlich auch nur dort – im Zentrum der Herrschaft – ausmachen, wo
auch weiterhin der Sultan die dominante Figur darstellte. Wohl aber scheint sich Mir
Jumla der Gefahr bewusst gewesen zu sein, die von einer möglichen Allianz zwischen
den beiden Dekkan-Sultanaten ausging. Ob sich der Zielkonflikt durch seine Macht-
fülle in der Karnatik langfristig in eine offene Auseinandersetzung entwickelte hätte,
scheint angesichts der Gerüchte über die Hofintrigen zwar wahrscheinlich, bleibt aber
aufgrund des Eingreifens Aurangzebs letztlich reine Spekulation.
Auf Seiten des Mogulreiches musste Mir Jumla wesentliche Einbußen in seiner Hand-
lungsfreiheit hinnehmen. Sein Interesse galt zunächst noch der Verteidigung seiner
Position in der Karnatik, weshalb er nur zögerlich in den Thronfolgekrieg eingriff.
Doch der Zielkonflikt führte in diesem Fall aufgrund der Machtasymmetrie zugunsten
Aurangzebs zu keinem offenen Bruch. Zum einen bestand ein Patronage-Verhältnis,
da Mir Jumla nur durch die Vermittlung Aurangzebs zu hohem Rang und dem ent-
sprechenden Einkommen gekommen war. Zum anderen schaffte es der Mogulkaiser,
den Kompetenzvorteil Mir Jumlas durch die Zuteilung von jagirs und dem Posten des
Statthalters von Bengalen zu binden.
5 Auswertung des Vergleichs
5.1 Individuelle Unterschiede
Um die Ergebnisse der Einzelfalldarstellungen in einem Vergleich zusammenzufüh-
ren, werden zunächst markante Unterschiede betrachtet. Als offensichtlich erscheinen
dabei die unterschiedlichen Rahmenbedingungen für die Zentralmacht, die sich aus
dem europäischen und dem indischen Kontext ergeben: Für Kaiser Ferdinand II. be-
stand in erster Linie ein Finanzierungsproblem. Diesem begegnete er mit Maßnah-
61
men, die man heutzutage als „Outsourcing“ bezeichnen würde.438 Der Sultan von
Golkonda hingegen sah sich von außen mit den Ansprüchen des Mogulreiches und
der Expansion Bijapurs konfrontiert. Von innen verschlechterte die vom Rückzug
persischer Beamter geschwächte Verwaltung seine Lage. Für ihn bestand also eher
ein Organisationsproblem.
Auch bezüglich der Ziele der Militärunternehmer war der Kontext entscheidend: Wal-
lenstein strebte vor allem den sozialen Aufstieg an, den er nur durch Grundbesitz und
den damit verbundenen Titeln erreichen konnte. Hierfür diente ihm die militärische
Funktion vorrangig als Mittel sowie als Legitimierung. Mir Jumlas Ziele lagen hinge-
gen in einer politisch-militärischen, vor allem aber auch in einer händlerischen Karri-
ere. Dieser Unterschied lässt sich vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen der
Kriegsunternehmer in Europa und der „portfolio capitalists“ in Zentralindien erklären:
Wallenstein und Mir Jumla verfolgten jeweils das Ziel, was in ihrem Kontext als „üb-
lich“ und daher als „möglich“ zu sehen ist.
Diese kulturelle Komponente spiegelt sich auch in der Struktur ihrer Organisation wi-
der. Wallenstein delegierte in stärkerem Maße Aufgaben an untergeordnete Akteure:
im militärischen Bereich an Subunternehmer, in der Organisation an Hans de Witte.
Er selbst kümmerte sich hingegen um Bereiche wie Koordinierung oder operative
Kriegsführung. Dagegen vereinte Mir Jumla vielgestaltigere Funktionen auf sich
selbst. Bis zuletzt bemühte er sich darum, seine mannigfaltigen Geschäfte persönlich
zu kontrollieren. Insbesondere verfolgte er bis zum Tod auch seine Interessen im
Handel. Eine mögliche Erklärung für diesen Unterschied liegt einerseits in der Grö-
ßenordnung der Organisation Wallensteins, welche die Dimension von Mir Jumlas
Unternehmung vermutlich überstieg. Doch zum anderen ist hier ebenfalls eine kultu-
relle Ursache denkbar: Wallenstein orientierte sich an den Maßstäben des europäi-
schen Adels, Mir Jumla an denen der persischen Eliten in Zentralindien.
Hieraus ergibt sich der letzte und vielleicht markanteste Unterschied: Wallensteins
Status war so eng mit seinem Grundbesitz verknüpft, dass ihm bei offener Rebellion
438 Dazu zählen insbesondere auch das Münzkomitee sowie der Verkauf von konfisziertem Grundbesitz und den damit verbundenen Titeln im Sinne eines Ämterkaufs.
62
gegen den Kaiser der Entzug seiner Existenzgrundlage gedroht hätte. Ein Seitenwech-
sel scheint in seinem Fall also nicht möglich gewesen zu sein,439 ganz im Gegensatz
zu Mir Jumla, der offensichtlich zum Mogulreich überlaufen und dort seine Karriere
fortsetzen konnte, ohne dabei Einbußen bezüglich seines Rangs oder seines Einkom-
mens aus der Steuererhebung hinnehmen zu müssen. Darüber hinaus konnte Mir Jum-
la ebenfalls weiterhin als Händler tätig bleiben. Auch dieser Umstand lässt sich durch
den spezifischen Kontext erklären: Schließlich war das mansabdari-System der Mo-
guln auf ebendiesen Zweck zugeschnitten.
5.2 Strukturelle Gemeinsamkeiten
Neben den genannten individuellen Unterschieden zwischen den Karrieren von Wal-
lenstein und Mir Jumla lassen sich jedoch mithilfe der eingeführten Operatoren auch
strukturelle Gemeinsamkeiten ausmachen. Hierzu ist es nötig, den Blickwinkel etwas
weiter zu fassen. Bezüglich des Kontextes lässt sich verallgemeinern, dass sich die
Zentralmacht in beiden Fällen in einer Situation befand, in der sie auf äußeren Druck
mit begrenzten Mitteln reagieren musste. Da sie über eine schwache Exekutivgewalt
verfügte, begegnete sie diesem Problem mit der gezielten Stärkung einzelner Akteure
– der privaten Militärunternehmer. Die Kompetenzen, die diese erhielten, überstiegen
dabei zu Anfang nicht den Rahmen, der vor dem Hintergrund der jeweiligen militäri-
schen Organisationstradition als üblich gelten kann.
Den Militärunternehmern bot sich im Dienst für die Zentralmacht in erster Linie eine
Chance für etwas, das sich unter dem Begriff „Aufstieg“ verallgemeinern lässt. In
beiden Fällen ergab sich aus dieser persönlichen Motivation jedoch zunächst kein
Zielkonflikt: Über weite Strecken agierten die Militärunternehmer als „verlängerter
Arm“ der Zentralmacht und ermöglichten ihr auf diese Weise die herrschaftliche
Durchdringung peripherer Gebiete. Hier zeigt sich deutlich, wie eng „staatliche“ und
„private“ Interessen korrespondierten, sich gegenseitig bedingten und sogar nahezu
identisch waren.
439 Dies galt nicht für alle Militärunternehmer im Dreißigjährigen Krieg. Für den Protestanten Arnim war ein Seitenwechsel nach dem Erlass des Restitutionsedikts möglich: Rebitsch, Wallenstein, S. 169.
63
Der zentrale Kompetenzvorteil der Militärunternehmer lag dabei zum einen in ihrer
wirtschaftlichen Flexibilität, die ihnen den Zugang zu kriegswichtigen Ressourcen
vereinfachte, und zum anderen in ihren Netzwerken, die sie im Gegensatz zur Zent-
ralmacht auch über „konfessionelle“ und „politische“ Grenzen hinweg aufbauen
konnten. Sie nutzten diesen Vorteil zur Erweiterung ihres Handlungsspielraumes, der
ihnen die Verfolgung ihrer persönlichen Motive ermöglichte. Doch auch aus diesem
Streben nach Autonomie ergab sich nicht notwendigerweise ein Zielkonflikt, da die
Zentralmacht auch weiterhin von diesem Prozess profitierte.
Jedoch war der Autonomie – und damit auch dem Aufstieg – der Militärunternehmer
durch die Machtasymmetrie zugunsten der Zentralmacht eine natürliche Grenze ge-
setzt: Eine Entmachtung des Herrschers schien zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen
zu sein. Dagegen lässt sich vielmehr eine Etablierung parallel existierender Macht-
strukturen beobachten. Hierfür dürfte insbesondere eine gewisse räumliche Distanz
zum Zentrum der Herrschaft eine wichtige Rolle gespielt haben.
Diese Distanz barg jedoch zugleich die Gefahr einer Entfremdung zwischen Militär-
unternehmer und Zentralmacht. Geringe persönliche Präsenz am Hof des Herrschers
scheint in beiden Fällen den offenen Konflikt gewissermaßen vorbereitet zu haben.
Als die Militärunternehmer ihren Kompetenzvorteil überstrapazierten, indem sie sich
den Anweisungen der Zentralmacht widersetzten, wurde ihr Verhalten schließlich als
Verrat gewertet. Obschon die Machtasymmetrie räumlich begrenzt war, blieb sie im
Zentrum der Herrschaft bis zuletzt bestehen.
6 Schlussbetrachtung
In der vorliegenden Arbeit wurde zu Anfang in Anlehnung an das berühmte Clause-
witz-Zitat vom „Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ die Frage nach
dem politischen Einfluss der kriegsführenden Akteure gestellt. Diese Frage scheint
vor der aktuellen Entwicklung einer zunehmenden Privatisierung des Krieges, aber
vor allem auch in ihrer historischen Dimension von großer Relevanz. Im Fokus der
Untersuchung stand das Verhältnis zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht
anhand der Fallbeispiele Wallenstein und Mir Jumla. Vor dem Hintergrund der Pro-
blematik, die sich aus der Übertragung moderner Kategorien wie „privat“ und „staat-
64
lich“ auf das 17. Jahrhundert ergibt, wurde dieses Verhältnis mit Begriffen der Agen-
turtheorie operationalisiert.
Vor der eigentlichen Untersuchung der Fallbeispiele stellte Kapitel 2 zunächst gängi-
ge historiografische Konzepte und Theorien zu politischen Auswirkungen der Kriegs-
führung vor. Als Ausgangspunkt diente die These der „militärischen Revolution“ von
Michael Roberts, nach welcher der Prozess der „Staatsbildung“ von militärischen
Innovationen katalysiert wurde. David Parrott kritisiert dieses Narrativ als Fortset-
zung der teleologischen Meistererzählung von der Entstehung des modernen Natio-
nalstaates. Ähnlich wie Roberts argumentiert er auf militärisch-operativer Ebene,
jedoch in entgegengesetzter Richtung: Statt zu einer Verstaatlichung habe der Kriegs-
druck zu einer Privatisierung geführt. Parrotts These schließt damit an jüngere Kon-
zepte der Forschung an, die „Staatsbildung“ als „empowering interaction“ verstehen.
Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt auch die jüngere Forschung zur vorkolonialen
Geschichte Indiens. Nicht zuletzt deshalb wurde schließlich die eurozentrische Per-
spektive der älteren Theorien zur „Staatsbildung“ kritisch hinterfragt.
Zur Betrachtung des Falles Wallenstein wurde in Kapitel 3 zunächst die in Europa
„übliche“ militärische Organisationsform durch private Kriegsunternehmer darge-
stellt, sowie die Situation Kaiser Ferdinands II., der auf den ausbrechenden Dreißig-
jährigen Krieg mit begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten reagieren musste. Nach
einem biografischen Überblick, der Wallensteins Streben nach Grundbesitz als Mittel
für sozialen Aufstieg als zentrales Handlungsmotiv herausstellte, wurde der für sein
Verhältnis zum Kaiser konstitutive Teilaspekt der Kriegsfinanzierung analysiert. Die-
se erfolgte „nach unten“ mit relativer Handlungsfreiheit; sie war jedoch „nach oben“
letztlich von der Autorität des Kaisers abhängig. Des Weiteren wurden die Grenzen
seines politischen Einflusses aufgezeigt. Die Zusammenfassung im Zwischenfazit
mithilfe der Operatoren ergab, dass Wallenstein weitgehend im Interesse der Zentral-
macht handelte, obwohl er seinen Handlungsspielraum vorrangig zur Verfolgung per-
sönlicher Ziele nutzte. Erst die strategischen Differenzen, die sich gegen Ende seiner
Karriere manifestierten, führten aufgrund des gesteigerten Misstrauens, das man am
Wiener Hof gegen ihn hatte, schließlich zum Bruch mit dem Kaiser.
65
Zur Kontextualisierung des Falles Mir Jumla beleuchtete auch Kapitel 4 zunächst
gängige militärische Organisationsformen anhand der Beispiele der mansabdars und
der „portfolio capitalists“ sowie die politische Situation Golkondas, die vom Herr-
schaftsanspruch der Moguln, der Expansion Bijapurs und einer Krise der Administra-
tion geprägt war. Als Motiv für die Auswanderung Muhammad Sayyids wurde
mangelnde Aussicht auf eine politisch-wirtschaftliche Karriere in Persien ausgemacht.
Dagegen war ihm ebendiese in Golkonda unter der Schirmherrschaft des Sultans
möglich. Es wurde gezeigt, wie Mir Jumla durch die Verschränkung von politisch-
administrativem Einfluss, Handelsaktivitäten und militärischen Funktionen eine bei-
nahe autonome Position in der eroberten Karnatik erlangen konnte. Nachdem er zum
Mogulreich übergelaufen war, setzte er dort seine Karriere im Dienst Aurangzebs fort.
In der Zusammenfassung wurde unter Anwendung der Operatoren deutlich, dass Mir
Jumlas Autonomie in Golkonda einerseits der Zentralmacht zum Nutzen gereichte,
andererseits aber auch seinen Seitenwechsel ermöglichte. Im Mogulreich hingegen
war sein Handlungsspielraum deutlich stärker eingeschränkt.
Die Auswertung des Vergleichs in Kapitel 5, das die Ergebnisse der Einzelfallbe-
trachtungen zusammenführte, hat zum einen die individuellen Unterschiede zwischen
den beiden Fällen Wallenstein und Mir Jumla deutlich gemacht: Sie bestehen in der
Art der Problematik für die Zentralmacht, dem Ziel des Militärunternehmers, der
Struktur seiner Organisation sowie im Grad seiner Handlungsfreiheit. Die möglichen
Ursachen für diese Unterschiede scheinen vor allem in den politischen Rahmenbedin-
gungen sowie im sozio-kulturellen Kontext begründet zu liegen. Doch zum anderen
konnten durch den Vergleich auch strukturelle Gemeinsamkeiten des Verhältnisses
zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht in den untersuchten Fallbeispielen
herausgearbeitet werden. Als zentrales Ergebnis der Arbeit kann festgehalten werden,
dass sich bei einer Erweiterung des Blickwinkels signifikante Ähnlichkeiten ausma-
chen lassen: Gemeinsam ist beiden Fällen, dass die Zentralmacht auf äußeren Druck
mit Auslagerung reagiert, dass sich Interessen von Zentralmacht und Militärunter-
nehmer überschneiden, dass der Militärunternehmer seinen Handlungsspielraum nutzt
und erweitert, aber dass seinem Aufstieg insbesondere im Zentrum der Herrschaft
66
durch den legitimierten Herrschaftsanspruch der Zentralmacht eine natürliche Grenze
gesetzt ist.
Aus diesem Ergebnis folgen zwei Konsequenzen, die abschließend reflektiert werden
sollen. Erstens stellt sich die Frage nach der Bewertung von „ähnlichen Strukturen“,
die innerhalb eines transkulturellen Vergleichs festgestellt werden, insbesondere im
Zusammenhang mit der von Geschichtsschreibung und Quellenlage beeinflussten
Perspektive. Zweitens ist zu überprüfen, inwiefern die Feststellung „ähnlicher Struk-
turen“ Rückwirkungen auf die in Kapitel 2 vorgestellten Theorien hat, die ja vorran-
gig im europäischen Kontext entwickelt wurden. Während ersteres also vor allem die
Schwierigkeiten eines transkulturellen Vergleichs aufzeigt, verdeutlicht letzteres ins-
besondere auch sein Potential.
Zunächst muss kritisch hinterfragt werden, warum dem Verhältnis von Zentralmacht
und Militärunternehmer in den behandelten Fällen eine ähnliche Struktur zugrunde zu
liegen scheint. Denn von der Ähnlichkeit der Strukturen darf nicht unreflektiert darauf
geschlossen werden, dass es sich tatsächlich um dieselben Strukturen handelt.440 Die-
ses auch als „Galtons Problem“ bekannte, methodische Dilemma ließe sich durch eine
beziehungsgeschichtliche Analyse militärischer Organisationsformen in Europa und
Südasien lösen.441 Doch ein solch ambitioniertes Unterfangen kann in dem begrenzten
Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden.
Was jedoch vor diesem Hintergrund reflektiert werden kann, ist die Frage, ob die
Gemeinsamkeiten auf die historiografische Perspektive zurückzuführen sind. Jagadish
Narayan Sarkar, der mit seiner Biografie den Blick auf Mir Jumla entscheidend präg-
te, war stark beeinflusst von Jadunath Sarkar, einem kontroversen Historiker des frü-
hen 20. Jahrhunderts:442 Einerseits wird seine Leistung als Begründer einer indischen
Historiografie im Ranke’schen Sinne positiv hervorgehoben;443 andererseits wird kri-
tisiert, dass er den kolonialen Diskurs der britischen Historiker des späten
440 Flüchter / Richter, Structures on the Move, S. 11 f. 441 Osterhammel, Transkulturell vergleichende Geschichtswissenschaft, S. 299. 442 Jadunath Sarkar trug auch das Vorwort bei: Sarkar, Mir Jumla, S. v f. 443 Gelobt wird sein Einsatz zur Öffnung von Archiven: Chakrabarty, Bourgeois Categories, S. 70.
67
19. Jahrhunderts in einer hindu-nationalistisch geprägten Form fortgeführt habe.444
Dieser Einfluss lässt daher die Vermutung zu, dass auch die Mir Jumla-Biografie von
„westlich“ geprägten Narrativen durchzogen ist, was wiederum die Feststellung ähn-
licher Strukturen erklären kann.
Eine Möglichkeit, dieser Problematik zu begegnen, ist die verstärkte Zuwendung zu
den Quellen, wie sie Kapitel 4 zu Mir Jumla verfolgte. Doch auch dieser Ansatz ist
nicht unproblematisch: Denn zum einen geben Reiseberichte und EIC-Dokumente
eine explizit europäische Blickrichtung vor, wobei zu beachten ist, dass letztere zu-
dem aus kolonialem Interesse ediert wurden.445 Zum anderen unterliegen auch die
vermeintlich „authentischeren“ indischen Quellen, in dieser Arbeit vor allem Brie-
fe,446 durch ihre Edition und Übersetzung ebenfalls dem potentiellen Einfluss „west-
lich“-kolonialer Diskurse.447 Dieses Fundamentalproblem lässt sich nicht vollständig
auflösen. Dennoch erscheint ein kritisch reflektierter Umgang mit den Quellen mög-
lich und auf jeden Fall sinnvoller, als gänzlich auf sie zu verzichten.
Trotz dieser Einschränkungen, die bei der Beobachtung struktureller Gemeinsamkei-
ten im europäischen und indischen Kontext mitgedacht werden müssen, ermöglicht
der transkulturelle Vergleich eine kritische Reflexion der in Kapitel 2 vorgestellten
Theorien. Wie die Einzelfalldarstellungen in Kapitel 3 und 4 zeigen konnten, führte
der äußere Kriegsdruck in den hier behandelten Fällen in erster Linie zur Auslagerung
von Kompetenzen – also insbesondere nicht zur Institutionalisierung oder gar zur
Zentralisierung staatlicher Gewalt. Die klassische Meistererzählung erweist sich nicht
nur im europäischen Kontext als brüchig. Vielmehr lässt sich David Parrotts These,
dass gerade die nicht-staatliche Organisation der Kriegsführung durch private Militär-
unternehmer die herrschaftliche Durchdringung des Territoriums begünstigte, auch im
indischen Kontext beobachten.
444 Subrahmanyam kritisierte ihn scharf als „that happy neo-colonialist“: Subrahmanyam, Rezension zu: Shourie, Eminent Historians. 445 Der Herausgeber William Foster war Angestellter des India Office in London. 446 Die Briefe Mir Jumlas wurden von Sarkar selbst übersetzt; in der Übersetzung der Briefe Aurang-zebs wird insbesondere auch auf Sarkars Darstellungen verwiesen. 447 Vgl. zu der Quellenproblematik: Kulke, Rezension zu: Chatterjee, The Culture of History.
68
Was ein transkultureller Vergleich im besten Fall leisten kann, formuliert der renom-
mierte Globalhistoriker Jürgen Osterhammel als eine „ aufweckende Erfahrung, denn
oft enttarnt erst der komparative Blick eine vermeintliche Selbstverständlichkeit als
Problem.“448 In der vorliegenden Arbeit verhält es sich gewissermaßen gerade an-
dersherum, wenngleich nicht weniger aufschlussreich: Das vermeintliche Problem,
welches das Phänomen der privaten Militärunternehmer im Hinblick auf die älteren
Theorien zur „Staatsbildung“ in Europa darstellt, erscheint durch den Blick auf das
vorkoloniale Indien selbstverständlicher als zuvor angenommen. Denn die Organisa-
tion des Militärs wurde auch dort durch private Militärunternehmer ausgeführt, wenn-
gleich dieser Aspekt von der Historiografie weniger betont wurde.
Aus der in dem Vergleich erarbeiteten Ähnlichkeit der Struktur des Verhältnisses
zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht ergibt sich insbesondere ein mögli-
cher Anknüpfungspunkt für eine vergleichende Betrachtung von „Staatsbildung“ als
„empowering interaction“ in Europa und Südasien. Denn die „Zahl der großen Her-
ausforderungen an menschliche Kollektive ist begrenzt, und endlich ist auch das Re-
pertoire möglicher Antworten.“ 449 Die Organisation der Kriegsführung mit den
begrenzten Mitteln, die der Zentralmacht im 17. Jahrhundert in Europa und Südasien
zur Verfügung stand, scheint eine dieser Herausforderungen gewesen zu sein.
Das Ergebnis struktureller Ähnlichkeiten militärischer Organisation steht im Kontrast
zu der Bewertung der langfristigen historischen Entwicklungen: Während in Europa
eine Erfolgsgeschichte des Nationalstaates geschrieben werden konnte, wurde in Indi-
en das Scheitern des Mogulreiches als eine wesentliche Vorbedingung für die Entste-
hung des englischen Kolonialreiches gesehen.450 Im Gegensatz zu diesen „großen
Narrativen“ hat sich in der vorliegenden Arbeit insbesondere die Betrachtung der em-
pirischen Mikro-Ebene als vorteilhaft erwiesen, da sie weniger zur Reproduktion der
teleologischen und eurozentrischen Sichtweisen neigt. Eine weiterführende Forschung
in dieser Richtung, etwa durch Einzelbiografien451, Kollektivbiografien452, Syntheti-
448 Osterhammel, Transkulturell vergleichende Geschichtswissenschaft, S. 295. 449 Ebd., S. 302. 450 Einen Überblick über die gängigen Erklärungsmodelle gibt: Faruqui, Princes, S. 13. 451 Leins, Reichsgraf Peter Melander von Holzappel.
69
sierungen453 oder auch vergleichende bzw. transkulturelle Ansätze454, scheint daher
ein fruchtbarer Ansatz zu sein, um etablierte und starre Erklärungsmuster der longue
durée kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu relativieren.
452 Faruqui, Princes. 453 Parrott, Business of War. 454 Flüchter, Structures on the Move.
70
7 Abbildungen
Abb. 1: Herzogtum Friedland, in: Golo Mann, Wallenstein. Sein Leben erzählt von Golo Mann, Frankfurt a.M. 1971, S. 309
Abb. 2: Baccio del Bianco, Albrecht von Waldstein als Mars auf dem Kriegswagen von einem Viergespann gezogen, 1623-1624. Prag, Waldstein Palais, Großer Saal (Trabantensaal), in: Eliška Fučíková / Ladislav Čepička (Hgg.), Albrecht von Wald-stein. Inter arma silent musae?, Prag 2007, S. 145.
71
Abb. 3: Kaiserliche Armeestärke während Wallensteins erstem Generalat, in: Peter Wilson, Europe’s Tragedy. A History of the Thirty Years War, London 2009, S. 395.
Abb. 4: Zentren der Waffenproduktion und des Finanzwesens im Europa des frühen 17. Jahrhunderts, in: David Parrott, Business of War, S. 213.
72
Abb. 5: Hans de Wittes europäisches Netzwerk von Agenten und Kontakten in den späten 1620ern, in: Ebd., S. 217.
73
Abb. 6: Ausdehnung des Mogulreiches Anfang des 17. Jahrhunderts, in: Hermann Kulke, Indische Geschichte bis 1750 (= Oldenbourg-Grundriss der Geschichte 34), München 2005, S. 259.
74
Abb. 7: Landschaften in Indien zur Zeit des Mogulreiches, in: Jos Gommans, Mughal Warfare. Indian Frontiers and Highroads to Empire 1500-1700 (= Warfare and Histo-ry), London / New York 2002, S. 34.
75
Abb. 8: Der Dekkan um das Jahr 1600, in: Gijs Kruijtzer, Xenophobia in Seventeenth Century India, Leiden 2009, S. 14.
76
Abb. 9: Der Golf von Bengalen, in: William Moreland (Hg.), Relations of Golconda in the Early Seventeenth Century (= Works issued by the Hakluyt Society, Serie 2, Bd. 66), London 1931, Frontispiz.
Abb. 10: Der Dekkan um das Jahr 1650, in: Gijs Kruijtzer, Xenophobia in Sevente-enth Century India, Leiden 2009, S. 114.
77
Abb. 11: Unbekannter Künstler, Prozession des Sultans von Golkonda, ca. 1650, in: George Michell / Mark Zebrowski: Architecture and Art of the Deccan Sultanates (= The New Cambridge History of India 1.7), Cambridge u.a. 1999, S. 199.
78
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9 Anhang: Internet-Belege
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