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Das Verhältnis zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht Ein Vergleich der Karrieren von Wallenstein und Mir Jumla aus globalgeschichtlicher Perspektive Wissenschaftliche Arbeit im Fach Geschichte zur Zulassung zur wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien 26. März 2014
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Das Verhältnis zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht. Ein Vergleich der Karrieren von Wallenstein und Mir Jumla aus globalgeschichtlicher Perspektive

Apr 06, 2023

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Oliver Rettig
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Das Verhältnis zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht

Ein Vergleich der Karrieren von Wallenstein und Mir Jumla aus globalgeschichtlicher Perspektive

Wissenschaftliche Arbeit im Fach Geschichte zur Zulassung zur wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien

26. März 2014

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Erklärung

Ich erkläre, dass ich die Arbeit selbstständig angefertigt und nur die angegebenen

Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen

Werken, gegebenenfalls auch elektronischen Medien, entnommen sind, sind von mir

durch Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht. Entlehnungen aus dem

Internet sind durch Angabe der Quelle und des Zugriffsdatums sowie dem Ausdruck

der ersten Seite belegt (siehe Anhang: Internet-Belege); sie liegen zudem für den Zeit-

raum von 2 Jahren entweder auf einem elektronischen Speichermedium im PDF-

Format oder in gedruckter Form vor.

Heidelberg, den 26. März 2014 Unterschrift

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Inhaltsverzeichnis

1  Einleitung  ..........................................................................................................................  1  

2  Theoretischer  Rahmen  .................................................................................................  7  2.1  „Militärische  Revolution“  und  „Staatsbildung“  .........................................................  7  2.2  Die  Rolle  der  Militärunternehmer  .................................................................................  9  2.3  Ein  europäisches  Phänomen?  .......................................................................................  10  

3  Wallenstein  ...................................................................................................................  13  3.1  Der  europäische  Kontext  ...............................................................................................  13  3.1.1  Condottieri  und  Kriegsunternehmer  ..................................................................................  13  3.1.2  Das  Reich  bei  Ausbruch  des  Dreißigjährigen  Krieges  ................................................  14  

3.2  Wallensteins  Aufstieg  ......................................................................................................  16  3.2.1  Ein  ruhiges  Leben  bis  1618  ...................................................................................................  16  3.2.2  Profiteur  des  böhmischen  Aufstandes  ..............................................................................  17  3.2.3  Gesellschaftlicher  und  militärischer  Aufstieg  ................................................................  18  

3.3  Kriegsfinanzierung:  Der  Krieg  ernährt  den  Krieg?  ...............................................  20  3.3.1  Steuern  und  Subsidien  .............................................................................................................  20  3.3.2  Kontributionen  ............................................................................................................................  22  3.3.3  Darlehen  .........................................................................................................................................  25  3.3.4  Kriegsfinanzierung  zwischen  Autonomie  und  Abhängigkeit  ..................................  31  

3.4  Grenzen  der  politischen  Macht  ....................................................................................  32  3.5  Zwischenfazit  .....................................................................................................................  35  

4  Mir  Jumla  ........................................................................................................................  36  4.1  Der  indische  Kontext  .......................................................................................................  36  4.1.1  Mansabdars  und  „portfolio  capitalists“  ............................................................................  36  4.1.2  Die  politische  Landschaft  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  ...............................................  38  

4.2  Auswanderung  und  Aufstieg  in  Golkonda  ................................................................  40  4.2.1  Als  Händler  nach  Golkonda  ...................................................................................................  40  4.2.2  Aufstieg  als  havaldar  von  Masulipatnam  .........................................................................  42  

4.3  Auf  dem  Höhepunkt  der  Macht  ....................................................................................  44  4.3.1  Die  Eroberung  der  Koromandelküste  ...............................................................................  44  4.3.2  Die  Grundlagen  der  Macht  .....................................................................................................  45  4.3.3  Politisches  Gewicht  in  Zentrum  und  Peripherie  ...........................................................  49  4.3.4  Der  Bruch  mit  Golkonda  .........................................................................................................  51  

4.4  Die  „Domestizierung“  im  Mogulreich  ........................................................................  55  4.4.1  Als  Agent  Aurangzebs  ..............................................................................................................  55  4.4.2  Die  letzten  Jahre:  Bengalen  und  die  Nordostexpansion  ............................................  57  

4.5  Zwischenfazit  .....................................................................................................................  58  5  Auswertung  des  Vergleichs  ......................................................................................  60  5.1  Individuelle  Unterschiede  .............................................................................................  60  5.2  Strukturelle  Gemeinsamkeiten  ...................................................................................  62  

6  Schlussbetrachtung  ....................................................................................................  63  

7  Abbildungen  ..................................................................................................................  70  8  Quellen-­‐  und  Literaturverzeichnis  ........................................................................  78  

9  Anhang:  Internet-­‐Belege  ...........................................................................................  88  

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1 Einleitung

„So sehen wir also, daß der Krieg nicht bloß ein politischer Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln. […] die politische Absicht ist der Zweck, der Krieg ist das Mittel, und niemals kann das Mittel ohne Zweck gedacht werden.“1

Mit diesen berühmten Worten beschrieb der bedeutende preußische Militärtheoretiker

Carl von Clausewitz Anfang des 19. Jahrhunderts das Verhältnis von Krieg und Poli-

tik. Nach seinem Verständnis dient der Krieg letztlich einem politischen Zweck, da er

stets in einem politischen Rahmen ausgetragen wird.2 Bemerkenswert an Clausewitz’

Sichtweise ist, dass er im Umkehrschluss eine Beeinflussung des politischen Zweckes

durch die Art und Weise der Kriegsführung ausdrücklich berücksichtigt.3 Mit anderen

Worten: Auch die kriegsführenden Akteure beeinflussen den politischen Zweck.

In der vorliegenden Arbeit wird anhand zweier Fallbeispiele aus der ersten Hälfte des

17. Jahrhunderts4 die Frage nach dem Einfluss privater Militärunternehmer als kriegs-

führende Akteure aus vergleichender Perspektive gestellt: Als Gegenstand dienen die

Karrieren Wallensteins im Heiligen Römischen Reich und Mir Jumlas im zentralindi-

schen Golkonda-Sultanat. Die Auswahl dieser Beispiele ist dabei sowohl durch ihre

zeitliche Nähe zueinander5 als auch durch ihre vergleichsweise dichte Dokumentation

motiviert.6 Konkret wird hierzu die Beziehung zwischen Militärunternehmer und

Zentralmacht einerseits auf individuelle Unterschiede vor dem Hintergrund des jewei-

ligen Kontextes untersucht; andererseits soll der Versuch unternommen werden,

strukturelle Gemeinsamkeiten der beiden Fälle herauszuarbeiten.

1 Clausewitz, Vom Kriege, S. 28. 2 Jäger / Beckmann, Carl von Clausewitz’ Theorie des Krieges, S. 216. 3 „Aber der politische Zweck ist kein despotischer Gesetzgeber, er muss sich der Natur des Mittels fü-gen, und wird dadurch oft ganz verändert“: Clausewitz, Vom Kriege, S. 27. 4 Der Begriff „Frühe Neuzeit“ wird hier bewusst vermieden, da die Übertragung des europäischen Epochenbegriffs auf den indischen Raum problematisch ist. 5 Der Fokus liegt bei Wallenstein ungefähr auf der Zeit zwischen 1619 und 1630; bei Mir Jumla etwa zwischen 1635 und 1655. 6 Zu Forschungsstand und Quellenlage s.u.

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Die Frage nach den politischen Konsequenzen des „Outsourcing“ militärischer Auf-

gaben an nicht-staatliche Akteure besitzt große Aktualität: Das wohl bekannteste

Beispiel für den zunehmenden Trend zur „Privatisierung“ ist das berühmt-berüchtigte

Sicherheitsunternehmen Academi (ehemals Blackwater und Xe Services), das als ei-

ner der Hauptprofiteure des jüngsten Irak-Krieges gilt.7 Im Zusammenhang mit der

„NSA-Affäre“ geriet in Deutschland zuletzt der private Spionagedienstleister CSC in

den Fokus, mit dem auch die Bundesregierung zusammengearbeitet haben soll.8

Doch auch die Geschichtswissenschaft beschäftigt sich verstärkt mit dem Phänomen

„privat organisierter“ Kriegsführung. Im Jahr 2006 war das Thema einer Tagung, die

sich mit „Krieg und Militär im Spannungsfeld zwischen Verstaatlichung und Privati-

sierung“ auseinandersetzte, die Frage nach der „Rückkehr der Condottieri“.9 Die 2010

veröffentlichten Beiträge verweisen sowohl auf die Kontinuität als auch auf den

Wandel privater Kriegsorganisation von der Antike bis zur Gegenwart.10 Ein Schwer-

punkt der Forschung liegt dabei auf der Epoche der Frühen Neuzeit, in der sich in Eu-

ropa eine „Kapitalisierung des Krieges“ 11 vollzogen hat. Als Höhepunkt des

Kriegsunternehmertums gilt der Dreißigjährige Krieg.12 Das gesteigerte Interesse

zeigt sich unter anderem in neuen Biografien über die Kriegsunternehmer Ernst von

Mansfeld13 und Wallenstein14. Eine laufende Dissertation befasst sich mit Peter Me-

lander von Holzappel, einem weniger gut erforschten Beispiel aus der Spätphase des

Dreißigjährigen Krieges.15 Eine groß angelegte Synthese der Forschungsergebnisse

leistet David Parrott in „The Business of War“. Darin plädiert er für eine Neuveror-

tung des Phänomens der „privaten Militärunternehmer“.16

Die Bezeichnung dieser Akteure als „private Militärunternehmer“ ist indes nicht un-

problematisch. Um den ursprünglich von Fritz Redlich eingeführten und von Parrott

7 Peters, Blackwater, Halliburton und Co. Profiteure des Krieges. 8 Fuchs u.a., Dubiose Partner der Regierung. 9 Vgl. Pöhlmann, Tagungsbericht: Die Rückkehr der Condottieri?. 10 Förster / Jansen / Kronenbitter, Rückkehr der Condottieri?. 11 So der Titel einer Tagung von 2009: Theilig, Tagungsbericht: Die Kapitalisierung des Krieges. 12 Er gilt zugleich als „Götterdämmerung der Condottieri“: Höbelt, Götterdämmerung der Condottieri. 13 2010 erschienen: Krüssman, Ernst von Mansfeld. 14 2010: Rebitsch, Wallenstein; ebenfalls 2010 (Englisch) und 2012 (Deutsch): Mortimer, Wallenstein. 15 Leins, Reichsgraf Peter Melander von Holzappel. 16 2012: Parrott, Business of War; zu seiner Kritik an der älteren Forschung, vgl. Abschnitt 2.2.

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aufgegriffenen Begriff17 in der vorliegenden Arbeit als zentrale Beschreibungsfigur

einsetzen zu können, muss daher zunächst differenziert werden:

Ist im Folgenden von „privat“ die Rede, so ist dieser Begriff nicht im Sinne einer

„Privatsphäre“ zu verstehen (also als Gegensatz zur „öffentlichen Sphäre“), sondern

er wird vorrangig aus zwei Gründen herangezogen: Zum einen, um das nicht-

staatliche Wesen der Kriegsführung durch Söldner deutlich vom stehenden National-

heer des 19. Jahrhunderts abzugrenzen; zum anderen, um den privatwirtschaftlichen

Unternehmenscharakter zu unterstreichen, der sich durch Gewinnabsicht, persönliche

Haftung und Investition von Eigenkapital konstituiert.

Die Idee eines „Unternehmers“ suggeriert eine Marktsituation, in der eine freie Wahl

des Auftraggebers möglich ist und in der eine gewisse rechtliche Gleichstellung vor-

herrscht. Doch von dieser Vorstellung weicht das Verhältnis zwischen dem Militärun-

ternehmer und dem Herrscher als Personifizierung der Zentralmacht entscheidend ab:

Letzterer übt durch eine besondere Form der Legitimierung Herrschaft über Ersteren

aus. Selbst wenn die Organisation „nach unten“ auf unternehmerische Art und Weise

vollzogen wird, kann „nach oben“ bestenfalls von einer Art Dienstleistungsverhältnis

gesprochen werden. Dieses asymmetrische Verhältnis muss bei der Beschreibung der

Beziehung zwischen Zentralmacht und Militärunternehmer mitgedacht werden.

Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der Übertragung der „modernen“ Dicho-

tomie von „privater“ und „staatlicher“ Organisation auf die „vormoderne“ Epoche der

Frühen Neuzeit.18 Denn besonders in dieser Zeit, in der sich staatliche Strukturen und

Institutionen noch im Entstehungsprozess befinden und daher nur in Ansätzen er-

kennbar sind, lässt sich die politische nur schwer von der persönlichen Sphäre ge-

trennt betrachten.19 Um es mit Bezug auf Clausewitz zu sagen: Der politische Zweck

des Krieges ist gerade in der Frühen Neuzeit stets auch ein persönlicher Zweck – und

zwar sowohl des Kriegsherrn als auch des Kriegsunternehmers.

17 Redlich, The German Military Enterpriser; Parrott, Business of War. 18 Diese strenge Abgrenzung ist im Übrigen auch in der heutigen Zeit durchaus problematisch. 19 Vgl. zu dieser Problematik: Chittolini, The „Private“, The „Public“, The „State“.

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Darüber hinaus birgt die implizite Annahme einer „staatlichen“ Organisation, durch

die eine „private“ erst ausgemacht werden kann, zudem die Gefahr einer eurozentri-

schen Perspektive. Wenn man die Entstehung des „modernen Staates“, die sogenannte

„Staatsbildung“, als Teil eines europäischen „Sonderweges“ versteht, definiert man

damit „private Organisation“ ebenfalls als europäischen Spezialfall.20 Diese Ein-

schränkung des Blickwinkels sollte jedoch vermieden werden, da sie letztlich zur

Schreibung einer teleologischen „Erfolgsgeschichte“ Europas anleitet.21

Trotz der geschilderten Problematik ist die Bezeichnung „privater Militärunterneh-

mer“ als Arbeitsbegriff weiterhin tragfähig für die Charakterisierung von nicht-

staatlichen Organisationsformen der Kriegsführung in „vormoderner“ Zeit: Mit den

genannten Einschränkungen im Hinterkopf kann von nun an auf die Anführungszei-

chen verzichtet werden – nicht zuletzt, da der hier angestrebte transkulturelle Ver-

gleich die Gefahr von Eurozentrismus und Teleologie verringert.22

Bevor die Vorgehensweise des Vergleichs skizziert wird, ist ein Blick auf den For-

schungsstand nötig, der diese bedingt: Über die historische Figur Wallenstein urteilte

bereits Schiller: „Von der Partheien Gunst und Hass verwirrt/ Schwankt sein Charac-

terbild in der Geschichte“23. Besonders die zeitgenössische Publizistik, die ihn als

allmächtigen Ratgeber des Kaisers erscheinen ließ, beeinflusste die Geschichtsschrei-

bung nachhaltig.24 Die immer wieder auftauchenden Kontroversen um die Person

Wallensteins brachte eine große Menge an wissenschaftlicher Literatur hervor, die

hier nicht einzeln aufgeführt werden kann.25 Insgesamt lässt sich sagen, dass der Fall

Wallenstein sowohl im Allgemeinen als auch in Teilaspekten gut erforscht ist.

Dagegen erscheint der Stand der Forschung zu Mir Jumla noch ausbaufähig. Die älte-

re Literatur betrachtet beinahe ausschließlich die Spätphase seiner Karriere, von sei-

20 Nicht zufällig liegt der Schwerpunkt der Forschung auf der Frühen Neuzeit, die zugleich die zentrale Phase der „Staatsbildung“ markiert. Wenn der außereuropäische Kontext diskutiert wird, dann zumeist im (post-)kolonialen Kontext, vgl.: Förster / Jansen / Kronenbitter, Rückkehr der Condottieri?. 21 Eine skeptische Bilanz der „Erfolgsgeschichte“ des Staates zieht: Vries, Governing Growth. 22 Osterhammel, Transkulturell vergleichende Geschichtswissenschaft, S. 285-289; Vgl. auch grundle-gend: Haupt / Kocka, Historischer Vergleich; Kaelble, Historischer Vergleich. 23 Schiller, Prolog zu Wallensteins Lager, S. 385. 24 Kampmann, Staat im Staat, S. 296-302. 25 Ein Überblick findet sich in: Rebitsch, Wallenstein, S. 11-15.

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nem Seitenwechsel zum Mogulreich 1656 bis zu seinem Tod 1663.26 Auch die bislang

einzige Biografie von Jagadish Narayan Sarkar aus dem Jahr 1951 folgt dieser Per-

spektive.27 Der Aufstieg im Sultanat von Golkonda zwischen 1635 und 1655 dient

zwar nur als Hintergrund;28 doch besonders hier liegt die Leistung Sarkars, denn er

regte so eine genauere Betrachtung der extensiven Handelsaktivität Mir Jumlas an.29

Eine umfassende biografische Aufarbeitung unter Berücksichtigung neuerer For-

schungsergebnisse und -konzepte wurde allerdings noch nicht vorgenommen.

Die bisherigen Ausführungen geben den Aufbau der vorliegenden Arbeit gewisser-

maßen vor. In Kapitel 2 geht es zunächst um einen Überblick über Theorien zum Zu-

sammenhang von militärischer Organisation und „Staatsbildung“. Dafür wird, erstens,

die These der „militärischen Revolution“ vorgestellt und eingeordnet; darauf folgt,

zweitens, eine Zusammenfassung der Kritik David Parrotts; schließlich wird, drittens,

die eurozentrische Perspektive der Theorien in Frage gestellt und es wird auf ver-

gleichbare Ergebnisse der Forschung zur indischen Geschichte verwiesen.

In Kapitel 3, das Wallenstein als Einzelfall behandelt, ermöglicht die hohe Ausdiffe-

renzierung der Forschung ein stärker analytisches Vorgehen. Nach der Betrachtung

seines Aufstiegs wird der Fokus auf den Aspekt der Kriegsfinanzierung gelegt und

schließlich werden die Grenzen seines politischen Einflusses aufgezeigt. Für eine

ausgewogene Darstellung wird vorrangig die neueste Forschungsliteratur herangezo-

gen: Neben den Biografien von Geoff Mortimer und Robert Rebitsch dient der Kon-

textualisierung vor allem Peter Wilsons Darstellung des Dreißigjährigen Krieges.30

Aus den umfangreichen Quelleneditionen werden ausgewählte Urkunden, Briefe und

kaiserliche Dekrete, aber auch eine Bildquelle verwendet.

Zum Fall Mir Jumla wird in Kapitel 4 aufgrund des schwächeren Forschungsstandes

ein vorrangig chronologisch-biografischer Ansatz gewählt: Seine Karriere wird von

26 So etwa bei: Gribble, History of the Deccan, S. 270-284. 27 Dies verdeutlicht bereits der Untertitel „The General of Aurangzeb“: Sarkar, Mir Jumla. 28 Die 20 Jahre in Golkonda machen im Vergleich zu den 7 Jahren im Mogulreich den deutlich kleine-ren Teil der Darstellung aus: Ebd., S. 1-61 und S. 62-283. 29 Raychaudhuri, Jan Company in Coromandel, v.a. S. 38-58; Subrahmanyam, Persians, Pilgrims and Portuguese; Ders., Political Economy of Commerce, v.a. S. 322-327; Ders., Iranians Abroad. 30 Mortimer, Wallenstein; Rebitsch, Wallenstein; Wilson, Europe’s Tragedy.

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der Auswanderung, über den Aufstieg in Golkonda, bis zu dem Seitenwechsel zum

Mogulreich und schließlich bis zu seinem Tod nachgezeichnet. Ein eingeschobener

Querschnitt beleuchtet die fast-autonome Position, die er an der Peripherie Golkondas

aufbaute. Neben der verfügbaren Literatur werden dazu Quellen herangezogen, sofern

dies möglich ist.31 Zentral sind dabei die von Sarkar ins Englische übersetzten Briefe

Mir Jumlas, die teilweise übersetzten Briefe von Aurangzeb an den Mogulkaiser Shah

Jahan, der Reisebericht des Europäers Tavernier und die editierten Berichte der East

India Company sowie – auch hier – eine Bildquelle.

Um die beiden Fallbeispiele Wallenstein und Mir Jumla vergleichen zu können, wird

den Einzelfallbetrachtungen in Kapitel 3 und 4 jeweils ein kontextueller Überblick

über vorherrschende militärische Organisationsformen und politische Rahmenbedin-

gungen vorangestellt. Jeweils am Schluss dieser Kapitel werden die Ergebnisse in ei-

nem Zwischenfazit zusammengefasst. Hierzu werden Begriffe aus der Agenturtheorie

entlehnt,32 mithilfe derer sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen Militärunter-

nehmer und Zentralmacht folgendermaßen operationalisieren lässt: Welches Motiv

liegt dem Handeln des Militärunternehmers zugrunde? Ergibt sich daraus ein Zielkon-

flikt mit den Interessen der Zentralmacht? Wie frei kann er den Kompetenzvorteil33

zur Verfolgung seiner Interessen nutzen? Inwiefern ist dieser Handlungsspielraum

durch eine Machtasymmetrie eingeschränkt?

Ein direkter Vergleich in Kapitel 5 führt die Ergebnisse der Einzelfallbetrachtungen

zusammen: Dabei werden individuelle Unterschiede sowie strukturelle Gemeinsam-

keiten des Verhältnisses zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht in den hier

behandelten Fällen Wallenstein und Mir Jumla herausgearbeitet.34 Abschließend wer-

den die Erkenntnisse der Arbeit in Kapitel 6, der Schlussbetrachtung, kritisch reflek-

31 Nicht berücksichtigt werden können vor allem nicht-editierte Archivalia sowie nicht-übersetzte Quellen auf Persisch. 32 Zweckmäßig erscheint dafür die Verwendung des durch „Macht“ erweiterten Konzepts nach: Saam, Prinzipale, Agenten und Macht, v.a. S. 16-20, 192-195. 33 In der Agenturtheorie wird dies als Informationsvorteil bzw. -asymmetrie bezeichnet, wobei „Infor-mationen“ hier weit gefasst auch als „Kompetenzen“ verstanden werden können: Ebd., S. 19. 34 Dieser Vergleich wurde innerhalb der Forschung bislang so noch nicht vorgenommen. Lediglich Gommans bezeichnet Mir Jumla als „Indian Wallenstein“ – jedoch ohne den Vergleich weiter auszu-führen: Gommans, Mughal Warfare, S. 78.

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tiert und in die in Kapitel 2 vorgestellten Theorien zum Zusammenhang von Kriegs-

führung und „Staatsbildung“ eingeordnet.

2 Theoretischer Rahmen

2.1 „Militärische Revolution“ und „Staatsbildung“

Für die Veränderungen im Militärwesen, die sich in der Frühen Neuzeit vollzogen,

prägte Michael Roberts in den 1950er Jahren den Begriff der „militärischen Revoluti-

on“. Ausgehend von den Reformen von Moritz von Oranien in den Niederlanden und

Gustav Adolf in Schweden interpretiert er taktische und militärtechnologische Inno-

vationen zwischen 1560 und 1660 als Ursache für Modernisierungsprozesse. 35

Grundbedingung hierfür ist der Übergang vom mittelalterlichen Ritter- zum frühneu-

zeitlichen Söldnerheer.36 Bei Roberts werden Söldner mit einer negativen Konnotati-

on als „undiszipliniert, unzuverlässig und kampfunwillig“37 beschrieben.

Ein zentrales Merkmal der „militärischen Revolution“ ist die sich verstetigende

Kriegsführung und – damit verbunden – die ansteigende Größenordnung der Ar-

meen.38 Dieser Prozess führte, laut Roberts, unweigerlich zur Zunahme staatlicher

Macht. Denn allein „der Staat konnte in dieser Situation die verwaltungsmäßigen,

technischen und finanziellen Mittel bereitstellen, die für Feindseligkeiten größeren

Stils erforderlich waren.“39 Konkret meint Roberts damit die Zentralisierung der Ver-

waltung in Richtung des „absolutistischen“ Staatsmodells und der Nationalarmee.40

Die von Roberts’ These angestoßene Debatte bezog sich vorrangig auf militärische

Details und den gewählten Untersuchungszeitraum.41 Dabei wurde der Zeitraum, in

dem die Forschung „revolutionäre“ militärische Entwicklungsschübe erkannte, immer

35 Roberts, Militärische Revolution, S. 273 f. 36 Ebd., S. 277. 37 Ebd., S. 278. 38 Ebd., S. 281-283. 39 Ebd., S. 284 f. 40 Ebd., S. 286, 289. 41 Ein Überblick gibt: Parrott, Military Revolution; und aktuell: Black, Beyond the Military Revolution.

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weiter ausgedehnt.42 Eine zentrale Erkenntnis der Debatte besteht also darin, dass das

Bild einer „Revolution“ der historischen Entwicklung des Militärwesens zwischen

Mittelalter und Moderne nicht gerecht werden kann. Anstelle dieser Beschreibungsfi-

gur, die eine sprunghafte und zugleich unumkehrbare Entwicklung suggeriert, scheint

es dagegen zweckdienlicher, von einem langfristigen Strukturwandel zu sprechen.43

Dass die Zunahme der Intensität und Länge der Kriegsführung den wesentlichen An-

stoß zur „Staatsbildung“ in Europa lieferte, blieb in der Debatte unterdessen explizit

oder implizit als Tatsache akzeptiert. Die besondere Attraktivität der These Roberts’

bestand in der Erklärung dieses Zusammenhangs auf militärisch-operativer Ebene.44

Sie fügte sich damit in das Theoriegebäude der „Staatsbildung“ ein, das als eines der

zentralen historischen Meistererzählungen des späten 19. Jahrhunderts gilt.45 So be-

schrieb etwa Otto Hintze Anfang des 20. Jahrhunderts den Ausbau staatlicher Institu-

tionen als Reaktion auf die geopolitischen Imperative des Kriegs.46

Nicht zuletzt aufgrund ihrer Anschlussfähigkeit an dieses populäre Narrativ beein-

flusst die These der „militärischen Revolution“ die Geschichtsschreibung bis heute.47

„Staatsbildung“ bedeutet in dieser Denkrichtung in erster Linie Zentralisierung und

Institutionalisierung von Macht als Reaktion auf äußeren Kriegsdruck.48 So bezeich-

net etwa Wolfgang Reinhard den „Krieg als Vater aller Dinge […], denn in seiner

entscheidenden Wachstumsphase ist der moderne Staat ein Kriegsstaat, der seine

Verwaltung und Besteuerung ausweitet, um Krieg führen zu können.“49 Oder wie es

Charles Tilly zugespitzt formuliert: „war made the state, and the state made war.“50

42 Zunächst erweiterte Geoffrey Parker den Zeitraum auf 1530-1710: Parker, The ‚Military Revoluti-on’. A Myth?, S. 203 f., 213; Jeremy Black sieht die zentrale Phase zwischen 1660 und 1792: Black, A Military Revolution?; Clifford Rogers setzte dagegen bereits im 14. und 15. Jahrhundert an: Rogers, Military Revolutions, S. 247, 258. 43 So urteilen u.a. auch: Mortimer, Introduction, S. 3 f.; Rogers, Military Revolutions, S. 277. 44 Parott, Business of War, S. 14. 45 Meumann / Pröve, Die Faszination des Staates, S. 11. 46 Vgl.: Holenstein, Empowering Interactions, S. 7 f. 47 Einen Überblick gibt: Teschke, Revisiting the „War-Makes-States“ Thesis, S. 36-42. 48 Diese Reduktion ist keineswegs unproblematisch, vgl. insbesondere zur Abgrenzung von Reinhards Position: Knöbl, Staatsbildung, S. 57 f. Doch hier ist sie zweckmäßig. Vgl. ähnlich bei: Parrott, Busi-ness of War, S. 8-11; Burkhardt, Wars of States, S. 17; Holenstein, Empowering Interactions, S. 6-9. 49 Reinhard, Wachstum der Staatsgewalt, S. 67. 50 Tilly, Reflections on the History of European State-Making, S. 42.

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2.2 Die Rolle der Militärunternehmer

Vor dem Hintergrund der „Staatsbildung“ und der damit verbundenen Monopolisie-

rung von Gewalt wird Militärunternehmertum und Kriegsführung durch Söldner in

der älteren Forschung als historische Sackgasse betrachtet.51 Das Ende des Dreißig-

jährigen Krieges markiert demnach den Anfang vom Ende des Söldner- und Militär-

unternehmertums.52 Als essentielle Entwicklung ab Mitte des 17. Jahrhunderts gilt

dagegen die stetige Verstaatlichung der großen Truppenkontingente des Dreißigjähri-

gen Kriegs vor dem Hintergrund der Entwicklung in Richtung „absoluter“ Herrschaft.

Johannes Burkhardt bringt dies auf die Formel des stehenden Heers als „stehengeblie-

benes Heer“53.

Eine kritische Haltung54 gegenüber der Vorstellung einer linearen Entwicklungsge-

schichte militärischer Organisation vertritt David Parrott in seiner 2012 erschienenen

Monographie „The Business of War“.55 Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass der

steigende Aufwand der Kriegsführung im 17. Jahrhundert nicht, wie von Roberts an-

genommen, zur Bildung zentralstaatlicher Institutionen, sondern – im Gegenteil – zur

Auslagerung der militärischen Organisation führte: Anstelle einer „military revoluti-

on“ betont Parrott die „military devolution“.56 Darüber hinaus habe private Militäror-

ganisation noch weit bis ins 18. Jahrhundert eine wichtige Rolle gespielt, da staatliche

Kontingente qualitativ und quantitativ nicht konkurrenzfähig gewesen seien.57

Dass Kriegsführung durch Söldner ineffizient und lediglich eine Notlösung gewesen

sei, entlarvt Parrott als moralisch verzerrte Geschichtsschreibung. Dagegen zeigt er,

wie das persönlich-finanzielle Interesse der Unternehmer die operative Effektivität

ihrer Truppen begünstigte.58 Darüber hinaus waren private Unternehmer gegenüber

der „staatlichen“ Organisation im Vorteil, da sie für wichtiges Kriegsmaterial auf ein

51 Parrott, Business of War, S. 3. 52 Reinhard, Probleme deutscher Geschichte, S. 94 f. 53 Burkhardt, Der Dreißigjährige Krieg, S. 213; vgl. hierzu die Kritik von: Kroener, Der Krieg hat ein Loch, insb. S. 629 f. 54 Erstmals formulierte er diese bereits 1992 in: Parrott, Military Revolution, v.a. S. 27. 55 Parrott, Business of War. 56 Ebd., S. 1. 57 Ebd., S. 308-310. 58 Ebd., S. 154-156.

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Netzwerk von Produzenten, Händlern und Logistikern sowie, zur Finanzierung, auf

Merkantilkredite zurückgreifen konnten.59

Parrott beschreibt diese Entwicklung in Richtung einer Privatisierung des Krieges

durch Militärunternehmer als evolutionären Prozess, dessen Fortgang durch pragmati-

sche Konzepte zur Organisation des Krieges geformt wurde.60 Abhängig von spezifi-

schen Rahmenbedingungen sei diese Externalisierung meist nur bis zu einem

gewissen Grad erfolgt und europaweit keineswegs einheitlich gewesen.61 Die Bezie-

hung zwischen Kriegsherren und Militärunternehmern sei daher vergleichbar mit un-

terschiedlichen Ausformungen von öffentlich-privater Partnerschaft.62

Im Rückschluss auf die Theorien zur „Staatsbildung“ bedeutet dies, dass Wachstum

staatlich-zentralisierter Macht und Auslagerung militärischer Organisation nicht als

Gegensätze in einem Nullsummenspiel betrachtet werden können. Im Gegenteil: Die

privatisierte Kriegsführung habe, so Parrott, aufgrund ihrer effizienten Struktur die

Stärke und herrschaftliche Reichweite des Staates nicht eingeschränkt, – sondern sie

vielmehr erst möglich gemacht.63 Er greift damit Tendenzen der jüngeren Forschung

auf, die „Herrschaft als dynamischen und kommunikativen Prozess“64 begreifen. Die

„Staatsbildung“ vollzieht sich dabei weder aktiv gelenkt noch zielgerichtet. Insbeson-

dere wird sie nicht exklusiv als Vorrecht des Herrschers betrachtet: Als „empowering

interaction“ kann sie sich auch „von unten nach oben“ vollziehen.65

2.3 Ein europäisches Phänomen?

Die These der „militärischen Revolution“ wurde auch über den europäischen Kontext

hinaus diskutiert. Geoffrey Parker bewertete sie als eine wesentliche Bedingung für

die europäische Expansion der Frühen Neuzeit.66 Demnach sei der Rest der Welt da-

59 Ebd., S. 177, 227. 60 Ebd., S. 101. 61 Ebd., S. 135. 62 Ebd., S. 19 f. 63 Ebd., S. 8. 64 Meumann / Pröve, Faszination des Staates, S. 45. 65 Holenstein, Empowering Interactions, S. 5. 66 Pointiert und provokant auf den Punkt gebracht durch den Untertitel „Military Innovation and the Rise of the West. 1500-1800“: Parker, Military Revolution.

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ran gescheitert, die „westliche“ Waffentechnologie zu übernehmen oder sie zu integ-

rieren.67 Die anschließende Debatte befasste sich hauptsächlich damit, die These der

militärischen Überlegenheit des „Westens“ zu be- oder zu widerlegen.68 Der bei

Roberts zentrale Aspekt der Beziehung zwischen Organisation des Krieges und

„Staatsbildung“ wurde außerhalb des europäischen Kontextes kaum diskutiert.69

Dies liegt nicht zuletzt daran, dass unter dem Begriff „Staat“ vornehmlich der europä-

ische Nationalstaat des 19. Jahrhunderts verstanden wird, – definiert durch Staatsterri-

torium, Staatsvolk und Staatsgewalt, aus der nach innen das Gewaltmonopol und nach

außen die Souveränität folgt.70 Von diesem Verständnis ausgehend muss „Staatsbil-

dung“ per definitionem als europäischer Sonderfall gelten.71 Jedoch lässt sich dieser

eng gefasste Staatsbegriff streng genommen weder auf die europäische Vormoderne,

noch auf außereuropäische Kontexte anwenden.72 Das Konzept wird daher insbeson-

dere von der jüngsten Forschung, die sich dem Phänomen vormoderner Herrschaft

aus transkultureller Perspektive annähert, kritisch hinterfragt.73

Als zweckmäßiger habe sich dagegen, so Antje Flüchter, ein weit gefasster Staatsbe-

griff erwiesen, der an das Konzept der „empowering interactions“ anschließt.74 Unter

„Staat“ versteht sie ein soziopolitisches System oberhalb der Ebene von „Familie“,

welches das Leben seiner Mitglieder sowie die Verteilung von Macht und Ressourcen

strukturiert. Der Grad der Differenzierung dieses Systems bedarf der Machtübertra-

gung an Institutionen oder Personen sowie wenigstens Vorformen von Exekutivge-

walt, Bürokratie, Rechtssystem und Militärorganisation. Das System hat ein Zentrum,

67 Nur Ostasien stelle diesbezüglich eine Ausnahme dar: Ebd., S. 136. 68 Z.B. stellt Peter Lorge das Argument auf den Kopf: die wahre militärische Revolution habe im China des 12./13. Jahrhunderts stattgefunden: Lorge, Asian Military Revolution, S. 1, 21. 69 Wenn, dann nur im Rahmen einer allgemeiner Charakteristik, wie bei der Beschreibung von Osma-nen-, Safawiden- und Mogulreich als „Gunpowder Empires“: Streusand, Islamic Gunpowder Empires. 70 So etwa bei: Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, S. 16. 71 „Europa hat den Staat erfunden.“: Ebd., S. 15. 72 Flüchter, Structures on the Move, S. 5-8. 73 Vgl. zwei vom Heidelberger Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“ organisierte Tagungen von 2009 und 2012: Noordam, Tagungsbericht: Early Modern State (Building) in Asia and Europe; Cubelic / Banerjee, Tagungsbericht: Entanglement of Histories. 74 Flüchter, Structures on the Move, S. 9.

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welches aber nicht der einzige Akteur ist. „Staatsbildung“ besteht demzufolge aus In-

teraktionen zwischen Netzwerken von Individuen und Institutionen.75

Dass diese Erweiterung des Staatsbegriffs sinnvoll ist, zeigt ein Blick auf die Ge-

schichtsschreibung über das indische Mogulreich. In der älteren Forschung galt es

noch – je nach Perspektive – als „orientalische Despotie“,76 als muslimische Willkür-

herrschaft77 oder als zentralistischer Staat und „insatiable Leviathan“78. Doch seit den

1990ern ist eine zunehmende Abkehr von den alten Vorstellungen zu beobachten. Als

Vorfechter dieses Paradigmenwechsels betonen Sanjay Subrahmanyam und Muzaffar

Alam die Prozesshaftigkeit 79 des Mogulstaats, weshalb dieser vielmehr einem

„patchwork quilt“ als einem „wall to wall carpet“ gleiche.80 Farhat Hasan unter-

streicht die frakturierte Struktur, die sich aus der Notwendigkeit der Integration loka-

ler Eliten ergab.81 Munis D. Faruqui verweist dabei auf die Mogul-Prinzen als

zentrale Akteure der herrschaftlichen Durchdringung des Reiches.82

Hier lassen sich also prinzipiell ähnliche Muster bei der Organisation von Herrschaft

erkennen, wie sie auch von der jüngeren Forschung im Europa der Frühen Neuzeit

ausgemacht werden. Der erweiterte Staatsbegriff ermöglicht insofern insbesondere die

Übertragung des Begriffs des privaten Militärunternehmers, wie er in der Einleitung

definiert und problematisiert wurde, auf den südasiatischen Kontext. Doch im folgen-

den Kapitel wird zunächst der europäische Fall Wallenstein betrachtet.

75 Ebd., S. 13. 76 Vgl. Alam / Subrahmanyam, The Old and the New in Mughal Historiography, S. 3 f. 77 So vor allem Jadunath Sarkar in: Sarkar, History of Aurangzib. 78 Raychaudhuri, The State and the Economy. The Mughal Empire, S. 173. 79 Subrahmanyam, Structure or Process. 80 Alam / Subrahmanyam, Introduction, S. 57. 81 Hasan, State and Locality. 82 Faruqui, Princes, S. 6-9.

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3 Wallenstein

3.1 Der europäische Kontext

3.1.1 Condottieri und Kriegsunternehmer

In der europäischen Frühen Neuzeit bildeten Söldneraufgebote die wichtigste Form

militärischer Organisation.83 In Italien begann man im Spätmittelalter, die Aufstellung

und Finanzierung von Söldnertruppen durch Verträge zu regeln. In der sogenannten

condotta legten der Auftraggeber, meist ein Fürst oder eine Republik, und der Auf-

tragnehmer, der condottiero, den zeitlichen Rahmen, den Umfang des Dienstes und

die Entlohnung dafür fest.84 Die Rekrutierung, Ausrüstung und Überführung der

Truppen zum Kriegsschauplatz wurde meist vom Kriegsherren durch einen Vorschuss

finanziert.85 Die condottieri betrieben somit eine Art militärisches Unternehmen im

Auftrag eines herrschaftlichen Kriegsherrn.86

Nördlich der Alpen wurde es im Laufe des 16. Jahrhunderts üblich, dass Söldnerfüh-

rer dem Kriegsherrn Kredit gewährten, indem sie die Truppen auf eigene Kosten

rekrutierten und ausrüsteten.87 Diese Form der Kreditgabe ist im Zusammenhang zu

sehen mit der Verlängerung der Konflikte. Einerseits war es für Söldnerkapitäne erst

dann attraktiv, in die Aufstellung von Truppen zu investieren, wenn ein hinreichend

langer Krieg die Aussicht auf Gewinn erhöhte; andererseits ermöglichte der Vor-

schuss den Kriegsherren, die finanzielle Last langer Kriege überhaupt zu stemmen.88

Fritz Redlich prägte für diesen Typus den Begriff des Militärunternehmers, der auf

einer geschäftsmäßigen Grundlage die notwendigen militärischen Mittel (vor allem

Truppen) für den Kriegsherrn organisierte, um Profit zu erwirtschaften.89

83 Höbelt, Götterdämmerung der Condottieri, S. 127. 84 Lang, Condottieri, S. 93 f. 85 Parrott, Business of War, S. 42 f. 86 Lang, Condottieri, S. 97 f. 87 Mortimer, War by Contract, S. 103. 88 Parrott, Business of War, S. 78 f. 89 Redlich, Military Enterpriser, S. 3.

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In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stieg der Geldbedarf weiter an, da zuneh-

mend auch Schuss- und Stichwaffen, Kleidung, Nahrungsmittel und Munition vorfi-

nanziert wurden.90 Der Militärunternehmer konnte dabei Profit erwirtschaften, indem

er die Kosten für diese Versorgungsleistungen von den später erfolgenden Soldzah-

lungen der Truppen abzog.91 Die nötige Liquidität schuf er teilweise durch Aufnahme

von Darlehen. So wurden bereits im 16. Jahrhundert Verbindungen zwischen Militär

und großen Bankhäusern wie dem der Fugger geknüpft.92

Während die condottieri noch weitgehend frei darüber entscheiden konnten, in wes-

sen Auftrag sie Krieg führten,93 hing der Grad der Autonomie der späteren Militärun-

ternehmer vor allem von den Rahmenbedingungen ab. Dänemark etwa bevorzugte als

wohlhabendes Königshaus stark abhängige Akteure, die kaum unternehmerisch tätig

waren.94 Ernst von Mansfeld hingegen konnte mit seiner eigenen Armee selbständig

strategische Verbindungen zur politischen Opposition Habsburgs suchen.95 Doch

selbst er war auf Formen von Patronage angewiesen.96 Vollkommene Autonomie war

aufgrund der zunehmend engeren Bindung des Militärunternehmers an den Kriegsher-

ren nicht zu erreichen.97

3.1.2 Das Reich bei Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges

Als die böhmische Erhebung mit dem symbolträchtigen Prager Fenstersturz am

23. Mai 1618 begann,98 befand sich das Heilige Römische Reich in einem kritischen

Zustand. Nachdem der ohnehin als „schwacher Herrscher“ geltende Kaiser Matthias

im März 1619 starb, musste sich sein designierter Nachfolger Ferdinand II. zunächst

um seine Wahl zum Kaiser kümmern, die Ende August in Frankfurt stattfand.99 Doch

inzwischen hatten die Aufständischen ihn als König von Böhmen ab- und Friedrich

90 Baumann, Von Frundsberg zu Wallenstein, S. 27. 91 Parrott, Business of War, S. 94 f. 92 Redlich, Credit System, S. 187. 93 Lang, Condottieri, S. 98. 94 Parrott, Business of War, S. 110 f. 95 Krüssmann, Ernst von Mansfeld, S. 656. 96 Ebd., S. 672. 97 Baumann, Deutsche Condottieri, S. 118. 98 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 272. 99 Ebd., S. 279-282.

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von der Pfalz eingesetzt.100 Eine größere militärische Konfrontation schien daher un-

ausweichlich.

Die Aufständischen hatten bereits 1618 eine Streitkraft unter Graf von Thurn aufge-

stellt, an die sich der Söldnerführer Ernst von Mansfeld mit seinen Truppen an-

schloss.101 Die Gefährdung der Habsburger nahm dramatisch zu, als sich der Fürst

von Siebenbürgen, Bethlen Gábor, mit den Böhmen vereinigte: Gemeinsam verfügten

sie über eine Streitkraft von etwa 50.000 Mann, mit der sie im November 1619 beina-

he Wien eingenommen hätten.102 Kaiser Ferdinand hingegen verfügte lediglich über

die 20.000 Mann, die seinen Generälen Bucqoy und Dampierre unterstellt waren.103

Diese waren hauptsächlich aus spanischen Subsidien finanziert worden.104

Dass man vor allem Geld benötigte, um erfolgreich Krieg zu führen, war bereits im

16. und 17. Jahrhundert eine weit verbreitete Einsicht. Zu dieser Zeit erlebte die

Wendung „pecunia nervus belli“ ihre Renaissance als geflügeltes Wort.105 Die Finan-

zierung des Krieges war auch Ferdinands größtes Problem. Bei seinem Amtsantritt

erbte der Kaiser Schulden von über 20 Millionen Gulden und hatte zudem durch den

Aufstand keinen Zugriff auf die Einnahmen aus Böhmen. Dem gegenüber standen

Kosten für die Armee, die sich in den zehn Monaten bis Juni 1619 bereits auf ca. 5

Millionen Gulden beliefen.106 Aufgrund der hohen Schulden und des schlechten Rufes

der habsburgischen Zahlungsmoral107 dürfte die Kreditwürdigkeit nicht ausgereicht

haben, um die Finanzierungslücke durch kurzfristige Darlehen zu schließen.108

Da der Kaiser also nicht über die nötigen Mittel verfügte, um ein größeres Heer auf-

zustellen, musste er die Unterstützung Maximilians von Bayern und der wiederge-

gründeten Katholischen Liga gewinnen. Dies war ohne politische Zugeständnisse

100 Ebd., S. 283 f. 101 Mortimer, Wallenstein, S. 35. 102 12.000 aus Musterungen in Böhmen, je 3.000 aus Mähren und Schlesien, dazu Mansfeld mit 7.000 und Gabor mit ca. 22.000 (ohne die in Mähren abgestellten): Wilson, Europe’s Tragedy, S. 288-291. 103 Rebitsch, Wallenstein, S. 53. 104 Winkelbauer, Nervus Belli Bohemici, S. 181-183. 105 Stolleis, Pecunia Nervus Rerum, S. 63 f. 106 Winkelbauer, Nervus Belli Bohemici, S. 185. 107 Philipp II. von Spanien war zuletzt 1596 zahlungsunfähig: Edelmayer, Philipp II., S. 92, 262. 108 Höbelt, Götterdämmerung der Condottieri, S. 133.

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nicht möglich.109 Auf dem Ligatag im Dezember 1619 wurde daraufhin die Aufstel-

lung einer 25.000 Mann starken Armee unter General Tilly beschlossen.110 Unter-

stützt von spanischen Hilfsregimentern besiegten die vereinigten kaiserlichen

Streitkräfte im November 1620 die böhmische Armee in der Schlacht am Weißen

Berg und leiteten damit das Ende des böhmischen Aufstandes ein.111

3.2 Wallensteins Aufstieg

3.2.1 Ein ruhiges Leben bis 1618

Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, genannt Wallenstein, wurde 1583 in dem

Dorf Hermanitz im Nordosten Böhmens als Sohn adeliger Eltern geboren. Nach einer

kurzen Schullaufbahn und einigen Bildungsreisen nach Frankreich und Italien trat er

1602 das Erbe des bescheidenen Familienguts an.112 Durch geschickte Heirat im Jahr

1609 kam Wallenstein zu großen Ländereien in Mähren, so dass er schließlich das

elterliche Gut Hermanitz verkaufte.113 Offensichtlich war für ihn das Streben nach

Grundbesitz ein wichtiges Handlungsmotiv für diese erste Eheschließung. Im Jahr

1623, als er bereits Großgrundbesitzer war, spielte Landgewinn als Motiv bei der

Wahl seiner zweiten Ehefrau keine Rolle, – er heiratete die Tochter eines der kaiserli-

chen Hofräte. Sozialer Rang und Einfluss am Kaiserhof dürften hierbei die entschei-

denden Kriterien gewesen sein.114

Während Wallenstein offenbar die Vermehrung seines Landbesitzes anstrebte, schien

er bezüglich einer militärischen Karriere bis 1618 keine besonderen Ambitionen zu

hegen. Nach ersten Erfahrungen in der Endphase des langen Türkenkrieges 1604/5

wurde seine Militärlaufbahn durch das Friedensabkommen mit den Türken und Un-

garn vorerst unterbrochen.115 Zwar wurde er in den Jahren 1610 und 1615 noch

zweimal zum mährischen Oberst berufen. Jedoch scheint dies eher Ausdruck seines

109 Angeblich war die spätere Übertragung der Kurpfalz an Bayern Teil dieser Abmachung: Albrecht, Ferdinand II., S. 131. 110 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 295. 111 Ebd., S. 303-308. 112 Mortimer, Wallenstein, S. 13-16. 113 Polišenský / Kollmann, Wallenstein, S. 35 f. 114 Mortimer, Wallenstein, S. 89. 115 Ebd., S. 17 f.

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steigenden Ansehens als seiner militärischen Ambitionen gewesen zu sein, da von

diesen Regimentern keine Kampfhandlungen belegt sind.116

3.2.2 Profiteur des böhmischen Aufstandes

Die bis dahin recht beschauliche Biographie Wallensteins erfuhr mit dem Beginn des

böhmischen Aufstandes eine Wende. Im Sommer 1618 erhielt er als mährischer

Oberst das Kommando über ein Infanterieregiment und wenig später stellte er sich als

Oberst in den Dienst des Kaisers.117 In den Jahren 1619/20 war Wallenstein bei der

Niederschlagung des Aufstandes durchgehend im Einsatz und sammelte wichtige Er-

fahrungen im Kampf, sowie in Organisation und Logistik.118 Seine Kompetenz deutet

sich darin an, dass er Ende 1619 ein zweites kaiserliches Patent zur Rekrutierung ei-

nes weiteren Regiments erhielt.119

Durch seine Initiative stieg Wallenstein in der Gunst des Kaisers. Dies zeigt seine Be-

rufung als Mitglied des Prager Münzkonsortiums als einer der Adeligen, die das Un-

ternehmen rechtlich absichern und nach außen repräsentieren sollten. 120 Die

Münzprägung ermöglichte Gewinne durch Seigniorage, der Differenz zwischen Her-

stellungskosten und Nominalwert der Münzen.121 Zur Steigerung des Profits musste

die Prägerate vergrößert werden, was einen hohen Silberbedarf bedeutete.122 Um die-

sem nachzukommen, wurde das Münzregal ab Februar 1622 für ein Jahr lang an das

Konsortium verpachtet.123 Die Gewinnabsicht dieser Kapitalgesellschaft führte zu

massiven Münzverschlechterungen, die den Höhepunkt der Kipper und Wipper Infla-

tion darstellten.124

Wallenstein bezog einen direkten Geldgewinn, der vermutlich weitaus höher lag als

die aktenkundigen 240.000 Gulden.125 Als Mitglied des Komitees hatte er außerdem

116 Diwald, Wallenstein, S. 74. 117 Mortimer, Wallenstein, S. 36 f. 118 Ebd., S. 41. 119 Polišenský / Kollmann, Wallenstein, S. 59. 120 Leins, Münzkonsortium, S. 92. 121 Munro, Art. „Schlagschatz“, S. 57. 122 Hüther, Der Dreißigjährige Krieg als fiskalisches Problem, S. 61. 123 Ernstberger, Hans de Witte, S. 99 f. 124 Leins, Münzkonsortium, S. 102-106. 125 Ebd., S. 107.

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wesentliche Vorteile beim Handel mit Territorien, nicht zuletzt, weil er mit „langer

Münze“ einkaufen konnte.126 Zuvor hatte sich Wallenstein im Rahmen der Konfiska-

tionswelle nach dem Ende der Revolte bereits den Anspruch auf mehrere Besitztümer

in Mittel- und Nordostböhmen gesichert, indem er dem Kaiser Darlehen als Anleihe

auf diese Gebiete gewährte.127 Weiterhin war es ihm gelungen, Erbansprüche auf ei-

nen großen Grundbesitz geltend zu machen.128 Von diesem Besitz ausgehend schuf er

zeitgleich zur Aktivität des Prager Münzkonsortiums durch eine Reihe von Käufen,

Verkäufen und Tauschgeschäften ein großes, zusammenhängendes Territorium um

das Zentrum Friedland, das ca. 100 km breit und 90 km hoch war.129

Darüber hinaus profitierte er in dieser Zeit zusätzlich auf indirekte Weise durch das

Knüpfen zahlreicher Kontakte zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Elite.130

Insbesondere die Verbindung zu Hans de Witte erwies sich als schicksalsträchtig.131

Ihre gemeinsame Erfahrung, welch hohe Gewinne im wiedereroberten Böhmen zu

erreichen waren, dürfte die Dimension ihrer nachfolgenden Kooperation motiviert

haben.132 Insgesamt lässt sich also festhalten, dass Wallenstein in dieser Phase die

Grundlage für seinen folgenden Aufstieg schaffte.133

3.2.3 Gesellschaftlicher und militärischer Aufstieg

Es stellt sich die Frage nach Wallensteins Handlungsmotiven: Weshalb begann er mit

knapp 33 Jahren als begüterter Mann eine Karriere als Militärunternehmer im Dienste

des Kaisers anzustreben? Es lag für ihn aus unterschiedlichen Gründen nahe, im böh-

mischen Aufstand die kaiserliche Seite zu ergreifen. Da er bereits 1607 zum Katholi-

zismus übergetreten war, dürfte zum einen die Konfession durchaus eine Rolle

gespielt haben. 134 Zum anderen pflegte er persönliche Beziehungen zu Kaiser

126 Ebd., S113. 127 Mortimer, Wallenstein, S. 57 f. 128 Ebd., S. 60 f. 129 Ebd., S. 63-67; Vgl. Abb. 1. 130 Rebitsch, Wallenstein, S. 146. 131 Zur Rolle Hans de Wittes zur Kriegsfinanzierung, vgl. Abschnitt 3.3.3. 132 Parrott, Business of War, S. 231. 133 So urteilt auch Peter Wilson: „He [Wallenstein] owed his later influence not to military glory but clever integration into the post-revolt order“: Wilson, Europe’s Tragedy, S. 392. 134 Rebitsch, Wallenstein, S. 24.

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Matthias, dessen Kammerherr er seit 1607 war,135 sowie zu dessen Nachfolger Ferdi-

nand, für den er 1617 aus eigenen Mitteln ein Regiment aufgestellt hatte.136

Der enge Zusammenhang von sozialem Status und Grundbesitz liefert eine Folie, vor

der sich Wallensteins Eingreifen erklären lässt: der Verlust seiner Güter hätte gleich-

sam den Verlust seines Status bedeutet. Diese Gefahr bestand konkret im Falle einer

Ausweitung der böhmischen Rebellion auf Mähren, da die protestantischen Verwand-

ten seiner Frau Ansprüche auf den Familienbesitz erhoben, insbesondere seit ihrem

Tod im Jahr 1614.137 Als dieses Szenario eintrat und Wallenstein sich offen zum Kai-

ser bekannte, wurde sein mährischer Besitz postwendend konfisziert.138 Die Wieder-

herstellung seiner persönlichen Existenz hing also vom Erfolg des Kaisers ab.

Auch nach der Niederschlagung des böhmischen Aufstands blieben seine Ländereien

das Hauptinteresse Wallensteins – insbesondere das 1623 zum Fürstentum erhobene

Friedland.139 So erklärt sich sein Bestreben, eine Armee für den Kaiser aufzustellen,

vor allem aus dem Umstand, dass er in den Geschehnissen des Jahres 1624 eine Be-

drohung Friedlands sah: Im Kriegsfall drohte eine Vereinigung der Truppen von

Christian von Dänemark und Bethlen Gábor in Böhmen.140 Auch als er sich 1631 zu

einem erneuten Eingreifen überreden ließ, bestand eine konkrete Bedrohung Fried-

lands – diesmal durch die Schweden unter Gustav Adolf.141

Die militärische Karriere war also eher das Mittel; das eigentliche Ziel war der soziale

Aufstieg.142 Dass beide Aspekte eng miteinander verknüpft sind, verdeutlicht eine

kurze Übersicht über Wallensteins Laufbahn: Er selbst wurde 1623 Generalmajor der

Armee143 und Friedland wurde zum Fürstentum erklärt.144 1625 erhob ihn der Kaiser

135 Ebd., S. 26. 136 Polišenský / Kollmann, Wallenstein, S. 41 f. 137 Mortimer, Wallenstein, S. 24 f. 138 Ebd., S. 37 f. 139 Ebd., S. 90. 140 Im Kriegsfall drohte eine Vereinigung der Truppen von Christian von Dänemark und Bethlen Gábor in Böhmen: Ebd., S. 96-98. 141 Ebd., S. 164-167. 142 Parrott, Business of War, S. 249 f. 143 Mortimer, Wallenstein, S. 93. 144 Ebd., S. 90.

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zum General und Friedland zum Herzogtum.145 1628 erhielt er den Titel des „Genera-

lissimo“ und die Herzogtümer Mecklenburg und Sagan.146

Seine militärische Karriere stellte auch die grundlegende Legitimierung seines sozia-

len Aufstiegs dar. So wurden etwa in der Urkunde zur Promotion Friedlands zum

Fürstentum ausdrücklich die militärischen Verdienste und die Kaisertreue Wallen-

steins als Begründung für seine Erhebung in den Fürstenstand angeführt.147 Diese Be-

tonung ist auch in ihrem Zusammenhang zu sehen: Sein Besitz resultierte maßgeblich

aus den Konfiskationen nach der Schlacht am Weißen Berg, die ja gerade mit der Un-

treue der Aufständischen begründet worden waren.148

Die Bedeutung der militärischen Karriere für seinen gesellschaftlichen Status spiegelt

sich auch in der Gestaltung des Palastes wider, den er sich in Prag errichten ließ: Den

repräsentativen großen Saal ziert ein Deckenfresko, das den Kriegsgott Mars auf ei-

nem Vierspänner als Anführer einer Gruppe von Pikenieren zeigt.149 Auch wenn sich

die Behauptung, auf dem Fresko sei Wallenstein selbst dargestellt, nicht zweifelsfrei

nachvollziehen lässt, repräsentieren das Motiv und die Wahl des Raumes die Bedeu-

tung des Krieges für seinen Aufstieg.150

3.3 Kriegsfinanzierung: Der Krieg ernährt den Krieg?

3.3.1 Steuern und Subsidien

Die Kriegsfinanzierung durch Steuern und Subsidien hatte Ende des 16. Jahrhunderts

an Bedeutung gewonnen.151 Während Wallensteins erstem Generalat brachten ordent-

liche Steuern einen jährlichen Beitrag von ungefähr 1 Mio. Gulden für Kriegszwecke.

Darüber hinaus erhielt er in dieser Zeit insgesamt 4 Mio. Gulden von der Hofkammer

sowie 3 Mio. aus spanischen Subsidien.152 Es lässt sich also feststellen, dass Wallen-

145 Ebd., S. 100 f. 146 Ebd., S. 133. 147 Erhebung Wallensteins zum Reichsfürsten, 7.9.1623, in: Lorenz, Quellen, S. 57-61; hier: S. 58 f. 148 Kampmann, Reichsrebellion, S. 72. 149 Vgl. Abb. 2. 150 Die Ähnlichkeit zu Darstellungen Wallensteins könnte dem zeitgenössischen Porträtstil geschuldet sein: Karner, Unter dem Stern des Mars, S. 129 f. 151 Parrott, Business of War, S. 94. 152 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 406.

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stein sich in signifikantem Maße auf reguläre Einnahmen stützte, die er entweder di-

rekt vom Kaiser oder als dessen oberster Befehlshaber erhielt.

Steuern und Subsidien reichten aber bei weitem nicht aus, um die Kosten des Krieges

zu tragen. Zum einen waren die Einkünfte schlichtweg zu niedrig. Im Jahr 1628 hatte

die kaiserliche Armee eine Soll-Stärke von 102.900 Infanteristen und 27.300 Kavalle-

risten.153 Ausgehend von einem durchschnittlichen Monatssold von 8 bzw. 15 Gul-

den154 und unter Berücksichtigung des Verhältnisses von Ist- zu Soll-Stärke ergibt

sich ein Schätzwert von ca. 1 Mio. Gulden pro Monat. Die oben genannten Einnah-

men aus fünf Jahren hätten demnach lediglich für die Soldzahlungen eines Jahres ge-

reicht.

Zum anderen waren Steuern und Subsidien keine verlässlichen Geldquellen. Im All-

gemeinen war die Einziehung von Steuern zu unflexibel, um den hohen Bedarf der

Kriegsfinanzierung abzudecken.155 Allein von den Erhebungen aus dem Krieg gegen

die Türken um die Jahrhundertwende standen 1619 noch ungefähr 6 Mio. Gulden

aus.156 Subsidien waren von den Interessen und der Gunst der Geldgeber abhängig.

Spanien etwa führte seit 1621 wieder Krieg mit den Niederlanden und zeigte eine

vernachlässigte Zahlungsmoral gegenüber dem Kaiser.157 Die Kurie stellte 1623 die

Subsidien an Habsburg ganz ein, da es unter Papst Urban VIII zu Konflikten mit dem

Kaiser gekommen war.158

Erst in Wallensteins zweitem Generalat, das er im März 1632 antrat,159 stieg die Be-

deutung von Steuern und Subsidien wieder. Die päpstlichen Zahlungen wurden Ende

1631 zur Unterstützung der „katholischen Sache“ gegen Gustav Adolf wieder aufge-

nommen.160 Darüber hinaus gewährte der spanische König etwa eine Million Gulden

und einige Regimenter in der Hoffnung auf Unterstützung im Kampf gegen die rebel-

153 Vgl. Abb. 3. 154 Parrott, Business of War, S. 161. 155 Parker, Entstehung des modernen Geld- und Finanzwesens, S. 358 f. 156 Ders., Thirty Years’ War, S. 16 f. 157 Leins, Münzkonsortium, S. 38. 158 Albrecht, Die Subsidien der Kurie, S. 545. 159 Mortimer, Wallenstein, 179. 160 Albrecht, Die Subsidien der Kurie, S. 555.

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lischen Niederlande.161 Zudem stützte sich Wallenstein auch stärker auf Gelder aus

der Hofkammer als im ersten Generalat.162 Jedoch war er auf diese Einnahmen auch

dringend angewiesen, da mit Hans de Witte sein wichtigster Finanzier inzwischen

verstorben war.163

3.3.2 Kontributionen

Das  Konzept  der  Kontribution  

Anfang des 17. Jahrhunderts verstand man unter Kontributionen eine Art Sondersteu-

er, die ein Herrscher in seinem eigenen Gebiet mit dem Einverständnis der Stände für

Kriegszwecke erhob.164 Die rechtliche Grundlage bildete der „Gemeine Pfennig“.

Diesen hatte der Reichstag von Speyer 1542 zur Finanzierung der Türkenkriege als

eine Kombination aus Vermögens-, Einkommens- und Kopfsteuer beschlossen.165 Ein

Gesetz von 1570 regelte zudem die genauen Ausgabenbereiche des Militärs für Aus-

hebung und Unterhaltung der Truppen.166 Diese Regelung bestätigte de facto die

Übertragung der Unterhaltskosten auf die eigene Bevölkerung.167 Die Einziehung der

Steuer scheiterte jedoch an der Kooperation der Stände, die sich selbst von der Steuer

ausnehmen ließen und sich weigerten, die Steuer für das Reich bei ihren Untertanen

einzutreiben.168

Zu Beginn des dreißigjährigen Krieges änderte sich das Wesen der Kontributionen. In

den Jahren 1620-25 war es gängige Praxis, Naturalien auch in feindlichem Gebiet

durch Ordinanzen einzuziehen. Ab 1624 wurde diese Abgabe als Ersatz ebenfalls in

entsprechenden Geldbeträgen eingetrieben.169 Die Erhebung war aufgrund des zu er-

wartenden Widerstandes nur unter militärischer Präsenz möglich. Dieser Charakter

161 Ernst, Spanische Subsidien, S. 299. 162 Rebitsch, Wallenstein, S. 154 f. 163 S.u. 164 Redlich, Contributions, S. 247. 165 Krüger, Kriegsfinanzen und Reichsrecht, S. 53 f. 166 Ebd., S. 37. 167 Ebd., S. 33 f. 168 Ebd., S. 55. 169 Ritter, Das Kontributionssystem Wallensteins, S. 217 f.

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der Bedrohung transformierte die Kontribution von einer rechtmäßig erhobenen Son-

dersteuer zu einer Zwangsabgabe ähnlich der Brandschatzung.170

In der kaiserlichen Instruktion vom 27. Juni 1625, kraft derer Wallenstein das Kom-

mando über die Armee erhielt, wurde auch die Kontributionserhebung geregelt.171 Ihr

zufolge waren freundlich gesinnte und neutrale Gebiete weitgehend von der Kriegs-

last zu verschonen.172 Die über die grundlegenden Einquartierungsleistungen hinaus-

gehenden Abgaben sollten mit den Reichsständen vereinbart werden und gegen

Bezahlung erfolgen.173 Wallenstein durfte ohne gesonderten Beschluss des Kaisers

„keine Städt noch Landschaften brandschätzen oder Geld mit Gewalt abpressen“.174

Dies entsprach soweit der 1570 festgelegten Regelung im Sinne einer Sonderabgabe

zur Unterhaltung der Truppen. Doch darüber hinaus wurde ihm ebendiese erpresseri-

sche Form der Kontribution in den feindlichen Gebieten ausdrücklich gestattet.175

Kontributionen  in  der  Praxis  

Der wesentliche Unterschied zur vorherigen Praxis lag darin, dass unter Wallenstein

die Erhebungen nicht mehr nur der Verpflegung und Unterhaltung der Truppen dien-

ten, sondern ausdrücklich zur Soldzahlung verwendet werden sollten.176 In seinen Or-

dinanzen forderte Wallenstein von den besetzten Territorien und deren Bewohnern

die vollen Soldbeträge für seine Truppen, aufgelistet nach militärischem Rang.177 Das

zentrale Ziel der Kontributionserhebungen war also nun Bargeld.

170 Redlich, Contributions, S. 250. 171 Kaiserliche Instruktion für Wallenstein, 27.6.1625, in: Lorenz, Quellen, S. 82-94. 172 „daher Er der Freunde, wie auch dern, so neutral oder den Widerwärtigen nicht öffentlich Vorschub leisten, mit Durchzügen und anderer Kriegsbeschwerung so viel immer mögelich verschonen“: Ebd., S. 90. 173 „der Soldat, auch wann er bezahlt wird, umb leidliche Tax, deren man sich mit den Ständen zu ver-gleichen, ausser der gewöhnlichen Servitien seine Nothdurft umb sein Geld kaufe und weiter kein Un-gelegenheit den Unterthanen zufüge“: Ebd. 174 Ebd., S. 92. 175 „Jedoch lassen Wir derselben zu, in den eroberten Ortern und Landschaften zur Erhaltung der Sol-datesca, leidenliche Contributiones und Anlagen zu machen“: Ebd. 176 „dass dasjenige, was von solchen Contributionen der Soldatesca gereicht, fleissig verzeichnet und an ihrer Besoldung nachmaln abgezogen werde“: Ebd. 177 Vgl. Ordinanzen aus den Jahren 1625-1627, in: Gindely, Waldstein I, S. 129-133.

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Da von dem abtrünnigen Niedersächsischen Kreis die Gefahr durch den dänischen

König ausging, war ursprünglich nur dort die Eintreibung der Gelder vorgesehen. Zur

Finanzierung der Werbungskosten und des Soldes der Truppen sollten diese die dafür

veranschlagten zwei Millionen Gulden eintreiben – notfalls mit Gewalt.178 Entgegen

der kaiserlichen Instruktion hielt man sich jedoch nicht lange an den Grundsatz, Kon-

tributionen nur im Feindesland zu erheben. Mit der Begründung, dass in Schlesien

eine akute Bedrohung bestehe, quartierte man dort im Winter 1626/27 kaiserliche

Truppen ein. Damit einhergehend wurden ähnlich hohe Zahlungen gefordert wie zu-

vor im feindlich gesinnten Niedersachsen.179

Von diesen Einnahmen wurde nicht nur die Bezahlung und Versorgung der anwesen-

den Truppen geleistet, sondern auch die Kosten für Logistik, Beschaffung von

Kriegsmaterial, Entlohnung der militärischen Elite etc. gedeckt.180 Nicht zuletzt wur-

de ein großer Teil zur Refinanzierung von Krediten verwendet.181 Dadurch entstand

ein finanzieller Druck, der nur durch eine dauerhafte Militärpräsenz aufrecht zu erhal-

ten war. Ein Zusammenhang zwischen der Etablierung des Kontributionssystems und

den steigenden Armeegrößen dieser Zeit liegt daher nahe.182

Die permanente Ausbeutung erschwerte es, die geforderten Gelder einzutreiben.

Durch die immer höheren Forderungen vergrößerte sich der Widerstand und die Dro-

hungen blieben häufiger ohne die erhoffte Wirkung.183 Spätestens im Jahr 1629 er-

reichten die ausbleibenden Zahlungen ein kritisches Niveau. Von den schlesischen

Kontributionen des Vorjahres war lediglich ein Viertel bezahlt worden, noch dazu mit

erheblicher Verspätung.184 Und in beinahe allen Gebieten bot sich dasselbe Bild:

Selbst in Wallensteins eigenem Herzogtum Mecklenburg reichte sein Einfluss nicht

aus, um die Gelder wie gefordert fließen zu lassen.185

178 Gindely, Waldstein I, S. 66 f. 179 Krebs, Hatzfeld, S. 72-74. 180 Parrott, Business of War, S. 118 f. 181 S.u., Abschnitt 3.3.3. 182 Mortimer, War by Contract, S. 110. 183 Parrott, Business of War, S. 119. 184 Ernstberger, Hans de Witte, S. 370. 185 Ebd., S. 373.

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Der Anteil von Kontributionen an der Kriegsfinanzierung lässt sich daher nur schwer

quantifizieren, da in der Praxis die Soll-Werte scheinbar nur selten in voller Höhe

eingetrieben wurden. Zusätzlich erschwert der weitgefasste Begriff der Kontribution,

der von einer ordentlichen Steuer bis zur Plünderung reichen kann, die Einordnung.

Nicht zuletzt fehlen aus der Zeit Wallensteins umfassende Aufzeichnungen, da die

Zahlungen häufig am Orte der Erhebung ohne Protokollierung wieder ausgegeben

wurden – insbesondere bei Ersatzzahlung mit Naturalien.186

3.3.3 Darlehen

Kredite  durch  Subunternehmer  und  Zwangsdarlehen  

Unter Wallenstein wurde es üblich, dass Obristen nicht nur ein einzelnes Regiment

aufstellten, sondern wenn möglich gleich mehrere. Als Subunternehmer sorgten sie

für weiteres Kapital und für die Organisation der Rekrutierungen.187 De facto ent-

sprach diese Verteilung der Lasten einer Kreditgabe. Die Rückzahlung dieser Gelder

war aber alles andere als sicher. Wallenstein schuldete bei seiner Entlassung 1630 ei-

ner Schätzung zufolge noch über eine Mio. Gulden an Obristen, deren Regimenter

nicht einmal mehr existierten.188 Der Feldherr Arnim verließ 1629 die kaiserliche

Armee mit ausstehenden Zahlungen über etwa 264.000 Gulden, die er bis 1631 noch

nicht zurückbekommen hatte.189

In Wallensteins zweitem Generalat stieg die Bedeutung der Kredite durch Subunter-

nehmer, da Wallenstein nicht mehr auf die Kredite Hans de Wittes zurückgreifen

konnte.190 Dabei scheinen insbesondere bei der Aufstellung der Truppen seine Kon-

takte zu erfahrenen Obristen und Hauptleuten eine große Rolle gespielt zu haben.191

Für diese war eine Investition in eigene Regimenter und Kompanien wieder attraktiv,

da die regelmäßige Erhebung fester Kontributionen in den Habsburger Kerngebieten

186 Mortimer, War by Contract, S. 110 f. 187 Parrott, Business of War, S. 117. 188 Mortimer, War by Contract, S. 107 f. 189 Redlich, Military Enterpriser, S. 255. 190 S.u. 191 Mortimer, Wallenstein, S. 177.

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beschlossen worden war. Dort sollten außerdem die Winterquartiere aufgrund der gu-

ten Bedingungen für Nachrekrutierung und Nachrüstung bezogen werden.192

Doch nicht nur wohlhabendere Obristen trugen zur Kriegsfinanzierung bei: Auch die

einfachen Söldner leisteten ihren Beitrag, wenngleich unfreiwillig. Im dreißigjährigen

Krieg war die Verzögerung von Soldzahlungen gängige Praxis.193 Da die Ausbezah-

lung der Soldaten mit Abstand den größten Posten des Bedarfs an Bargeld ausmachte,

versuchte man diese so lange wie möglich zu verhindern. Wenn ein Soldat über meh-

rere Jahre im Dienst stand, konnten sich erhebliche Rückstände anstauen, die im Falle

eines vorzeitigen Todes erloschen.194

Zwangsdarlehen wurden aber auch von Obristen verlangt. Arnim stand 1627/28 vor

der Wahl, auf eigene Kosten Getreide zu kaufen oder seine Truppen verhungern zu

lassen.195 Durch diese Praktiken ließen sich die Kriegskosten eher mindern, als sie

vollständig zu finanzieren. Zudem sind sie ihrem Wesen entsprechend nur schwierig

zu erfassen. Über ihren Beitrag an der Kriegsfinanzierung kann daher nur spekuliert

werden.

Wallenstein  als  Gläubiger  

Wallenstein selbst trat bereits als Gläubiger des Kaisers in Erscheinung, bevor er den

Oberbefehl über die kaiserliche Armee innehatte. Im Jahr 1619 waren es noch 40.000

Gulden, 1620 stieg der Betrag auf 160.000 Gulden, 1621 dann auf 195.000 Gulden,

1622 erfolgte ein Sprung auf 527.000 Gulden und im Jahr 1623 lieh er Ferdinand ei-

nen Betrag von 700.000 Gulden.196 Insgesamt soll Wallenstein Kaiser Ferdinand zwi-

schen 1621 und 1628 um die acht Millionen Gulden geliehen haben.197 Diese Beträge

sind allerdings mit besonderer Vorsicht zu betrachten, da sie teilweise in die Hochzeit

der Kipper und Wipper Inflation fallen.

192 Parrott, Business of War, S. 121. 193 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 400. 194 Mortimer, War by Contract, S. 105. 195 Redlich, Military Enterpriser, S. 244. 196 Ebd., S. 246. 197 Ebd., S. 254.

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Doch aller Relativierung zum Trotz bleibt festzuhalten, dass es sich hier um immense

Summen handelte, die in der Größenordnung ungefähr den Einkünften aus ordentli-

chen Steuern entsprachen.198 Ohne diese Gelder wäre die Unterhaltung der Armee

unmöglich gewesen, wie auch der Bericht der kaiserlichen Hofkammer an den Hof-

kriegsrat vom November 1926 bestätigt.199 Dabei war zu diesem Zeitpunkt der Höhe-

punkt der kaiserlichen Armeestärke noch nicht erreicht.200

Die Frage, woher Wallenstein die Mittel für Darlehen dieser Größenordnung nahm,

ist nicht vollständig geklärt. Eine Berechnung der Differenz zwischen dem Vermö-

gen, das ihm rechtlich zustand, und der Summe der Schulden des Kaisers weist darauf

hin, dass seine tatsächlichen Einkünfte deutlich höher lagen.201 Dies wurde in der For-

schung teilweise als Hinweis auf unrechtmäßige Einnahmen aus dunklen Machen-

schaften interpretiert.202 Angesichts der Geldnot der Hofkammer ist zu vermuten, dass

ausstehende Gehaltszahlungen einen Teil der Schulden des Kaisers ausmachten.203

Wallenstein standen etwa 400.000 Gulden für seinen Dienst zwischen 1621 und 1628

zu.204 Denkbar ist weiterhin, dass Wallenstein Kapitalschöpfung betrieb, indem er

ausbleibendes Gehalt von Hans de Witte vorstrecken ließ und davon wiederum Darle-

hen an den Kaiser finanzierte.205

Ein gewisser Teil dürfte aus Kriegsbeute finanziert worden sein, die gemäß der kai-

serlichen Instruktion zur Hälfte an Soldaten und Befehlshaber fallen sollte.206 Des

Weiteren legte Wallenstein einen Teil der Kosten auf die ihm untergeordneten Obris-

ten und Hauptleute um, die als Subunternehmer ihre Regimenter bzw. Kompanien auf

eigene Kosten aufstellten und versorgten.207 Es ist möglich, dass Wallenstein als

198 Vgl. Abschnitt 3.3.1. 199 Bericht der Kaiserlichen Hofkammer, November 1626, in: Lorenz, Quellen, S. 111 f. 200 Vgl. Abb. 3. 201 Gindely, Waldstein II, S. 334-336. 202 Vgl. hierzu den Überblick über die politischen Motivationen der Historiografie zum Münzkonsorti-um, in: Leins, Münzkonsortium, S. 22-27. 203 Dies scheint plausibel, wenn man die Schulden bei anderen hohen Militärfunktionären wie Arnim in Betracht zieht, s.o. 204 Gindely, Waldstein II, S. 334. 205 Ernstberger, Hans de Witte, S. 405 f. 206 Kaiserliche Instruktion für Wallenstein, 27.6.1625, in: Lorenz, Quellen, S. 82-94; hier: S. 91 f. 207 Redlich, Military Enterpriser, S. 242.

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Oberbefehlshaber diese Beträge als Leihgabe an den Kaiser verbuchte.208 Obwohl die

genaue Herkunft seiner Einnahmen etwas diffus erscheint, bleibt der Eindruck beste-

hen, dass es sich bei Wallenstein um einen geschickten „Kapitaljongleur“ gehandelt

habe.209

Der Kaiser verfügte nicht über die nötigen Mittel, um Schulden dieser Höhe zu be-

gleichen. Die Überschreibung von Territorien ist vor diesem Hintergrund als eine

Form der Rückzahlung zu verstehen:210 Die Übertragung des Herzogtums Mecklen-

burg war vielmehr ein vorfinanzierter Verkauf.211 Die rechtliche Legitimierung bot

das Konzept der „notorischen Reichsrebellion“, das die Verhängung der Reichsacht

ohne Gerichtsverfahren erlaubte, wenn ein Angriff zwischen Reichsangehörigen vor-

lag.212 Die Enteignung der aufständischen Landesherren in Böhmen stellte den Präze-

denzfall dar, wie dieses Konzept in der Praxis zum Vorteil der Hofkasse eingesetzt

werden konnte. Doch erst mit der Wallenstein’schen Armee hatte Ferdinand II. die

nötige Exekutivgewalt, diese Enteignungen auch im „kaiserfernen“ Norden des Rei-

ches durchsetzen zu können.213

Die  Rolle  Hans  de  Wittes  

Der gebürtige Flame Hans de Witte trat um das Jahr 1603 in die Handelsfirma seines

Landsmanns Nikolaus Snouckaerdt in Prag ein. Dieser hatte sich am Ort der kaiserli-

chen Residenz den Titel „Hofhandelsmann“ erworben.214 Im Jahre 1612 wurde Hans

de Witte ebenbürtiger Teilhaber der Firma und erhielt denselben Titel.215 Als sich sein

Partner um 1616 aus dem Geschäft zurückzog, übernahm er das Unternehmen

schließlich ganz.216 Obwohl de Witte Calvinist war, hielt er sich während des böhmi-

208 So wurde z.B. ein gemeinsames Darlehen der Mitglieder des Münzkonsortiums über 3,5 Mio. Gul-den „theils bei der Soldatesca“ ausgezahlt: Gindely, Waldstein I, S. 34. 209 Kapitelüberschrift über Wallensteins Finanzpolitik, in: Rebitsch, Wallenstein, S. 143. 210 Redlich, Military Enterpriser, S. 258 f. 211 Obwohl der Preis von 4.000.000 Gulden in die Berechnung der Schulden des Kaisers einfließt: Gin-dely, Waldstein II, S. 335. 212 Kampmann, Reichsrebellion, S. 69. 213 Ebd., S. 81. 214 Ernstberger, Hans de Witte, S. 24. 215 Ebd., S. 35. 216 Redlich, Credit System, S. 188.

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schen Aufstandes so weit wie möglich im Hintergrund.217 Er profitierte von seiner

Kaisertreue und bekam die Leitung im Münzkomitee zugesprochen, für welches er

den Großteil des Silbereinkaufs besorgte.218 Sein Engagement machte sich auch ge-

sellschaftlich bezahlt: 1624 erhielt er den Adelstitel „von Lilienthal“.219

Hans de Witte war durch seine Tätigkeit als Hofhandelsmann bestens in den europäi-

schen Warenhandel integriert. Er wurde schnell zum wichtigen Kriegslieferanten und

Organisator von Kriegsmaterial für Wallenstein.220 Darüber hinaus übte er auch Funk-

tionen eines Bankiers aus, wie es zu dieser Zeit der merchant-bankers üblich war.221

In seiner langjährigen Tätigkeit hatte sich Hans de Witte ein weites Netz von Faktoren

aufbauen können.222 Durch dieses Netzwerk hatte er Zugang zu beinahe allen wichti-

gen Finanz- und Waffenproduktionszentren in Europa.223 Hans de Witte bildete das

Rückgrat von Wallensteins Militärunternehmen, da Versorgung, Logistik und deren

Finanzierung grundlegend für die operative Effizienz einer Armee waren.224

Die Beschaffung von Bargeld war ab 1625 seine wichtigste Aufgabe. Weder der Kai-

ser noch Wallenstein hatten die nötigen Mittel, um die Armee zu unterhalten.225

De Witte sorgte für die nötige Liquidität, indem er systematisch Kontributionen vor-

streckte, die zwar auferlegt, aber noch nicht eingetrieben worden waren.226 Die Refi-

nanzierung dieser Antizipationen erfolgte durch eine große Anzahl von

Wechselkrediten über geringere Beträge, die er auf das Netz seiner Finanzagenten

verteilte.227 Diese Methoden waren nicht neu: Wechsel waren seit dem Spätmittelalter

das übliche Medium der Kreditschöpfung im Handel;228 Antizipationen gab es bereits

217 Ernstberger, Hans de Witte, S. 68 f. 218 Münzvertrag, in: Ebd., S. 99 f.; Tabelle Silberlieferungen, in: Leins, Münzkonsortium, S. 99. 219 Ernstberger, Hans de Witte, S. 147. 220 U.a. Getreide, Kleidung, Schusswaffen, Schießpulver: Ebd., S. 227-267. 221 North, Art. „Merchant Bankers“, S. 240 f. 222 Vgl. Liste der Faktoren, in: Ernstberger, Hans de Witte, S. 216-224. 223 Vgl. Abb. 4 und Abb. 5. 224 Parrott, Business of War, S. 173 f. 225 Mortimer, Wallenstein, S. 118. 226 Ernstberger, Hans de Witte, S. 179-181. 227 Ebd., S. 213-216. 228 Munro, Art. „Wechsel“, S. 414 f.

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im langen Türkenkrieg unter Reichspfennigmeister Geizkofler.229 Neu hingegen war

die Größenordnung, in der Hans de Witte diese Operation aufzog.230

Wie oben skizziert geriet der Geldfluss aus den Kontributionszahlungen jedoch bald

ins Stocken. Hans de Witte hatte allein für die schlesischen Kontributionen 600.000

Reichstaler antizipiert, davon aber bis Ende des Jahres 1628 lediglich 150.000 Gulden

zurückbekommen.231 Anfang 1629 begann er mit der Refinanzierung der Wechsel

durch weitere Wechsel.232 Am 30. Mai des Jahres bat Hans de Witte in einem Brief an

Wallenstein um Unterstützung, weil er „ohne Ws. Hilfe seinen Kredit nicht halten

könne“.233 Dieser forderte zum einen vom Kaiser, Druck auf die Schuldner auszu-

üben.234 Zum anderen erledigte er das selber durch das Abstellen eigener Truppen,

was im Herbst 1629 auch kleinere Teilerfolge brachte.235 Als der Kaiser im August

1630 Wallenstein entließ, bedeutete dies für de Witte gleichsam das sichere Ende der

Kontributionsgelder. Hoffnungslos verschuldet und ohne Perspektive auf Rehabilitie-

rung beging er kurz darauf Selbstmord.236

Das Risiko seiner Strategie muss ihm bekannt gewesen sein. Als erfahrener Bankier

kannte er mit Sicherheit die Beispiele des Bankrotts der berühmten florentinischen

Banken der Bardi und der Peruzzi237 oder den Ruin der Bankiers der Grand Parti.238

Die Antizipationen sind daher als Spekulationsgeschäft zu verstehen, vergleichbar mit

den heutigen „ungedeckten Leerverkäufen“.239 Er setzte gewissermaßen alles auf ei-

nen schnellen und endgültigen Sieg der kaiserlichen Partei und legte sein Vertrauen

dabei in die militärische Führung Wallensteins.240

229 Broucek, Logistische Fragen der Türkenkriege, S. 40. 230 Redlich, Credit System, S. 189 f. 231 Ernstberger, Hans de Witte, S. 370. 232 Ebd., S. 373. 233 Hans de Witte an Wallenstein, 30.5.1629, in: Kollmann, Documenta, S. 300. 234 Ernstberger, Hans de Witte, S. 383. 235 Ebd., S. 393 f. 236 Mortimer, Wallenstein, S. 162 f. 237 Beide gingen durch Kriegsdarlehen an Eduard III. von England in den 1440ern Bankrott, vgl.: Car-dini, Art. „Bardi“, Sp. 1457; Dini, Art. „Peruzzi“, Sp. 1912. 238 1555 wurde das Bankenkonsortium zur Kriegsfinanzierung gegründet, 1558/9 waren die meisten Mitglieder bankrott, vgl.: Parrott, Business of War, S. 71 f. 239 Leins, Münzkonsortium, S. 18. 240 Redlich, Credit System, S. 191.

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3.3.4 Kriegsfinanzierung zwischen Autonomie und Abhängigkeit

Die große Leistung Wallensteins bestand darin, mit den sehr beschränkten Mitteln der

Wiener Hofkasse eine militärische Unternehmung in bis dahin unbekannter Größen-

ordnung aufzustellen. Der wesentliche Teil der Finanzierung stammte dabei aus sei-

nem eigenen Vermögen, aus den Vorschüssen seiner hohen Offiziere und aus den

Antizipationskrediten, die Hans de Witte als Wallensteins Agent an den europäischen

Handels- und Finanzzentren einholte. Diese Gelder waren absolut unverzichtbar für

die Gewährleistung der militärisch-operativen Effektivität. Daher lässt sich Wallen-

steins Kriegsfinanzierung nicht einfach auf die bekannte Formel „der Krieg ernährt

den Krieg“ reduzieren.241 Vielmehr ermöglichten erst „private Investoren“ die Auf-

stellung, Ausrüstung und Unterhaltung der Armee.

Wallenstein profitierte von diesem System, das für ihn in erster Linie eine Möglich-

keit darstellte, seinen gesellschaftlichen Status zu erhöhen. Wie gewinnbringend das

Engagement für die kaiserliche Sache sein konnte, hatte er bereits als Profiteur des

böhmischen Aufstands erfahren. Noch spektakulärer war aber die Übertragung von

Mecklenburg, das er de facto, – durch seine Darlehen vorfinanziert –, kaufte. Das

reichsunmittelbare Herzogtum bedeutete einen Prestigegewinn für Wallenstein. Denn

als Herzog von Friedland war er noch dem böhmischen König untergeordnet.242 Au-

ßerdem erhoffte er sich weitere Einnahmen, da der Kontributionsfluss zu der Zeit be-

reits gefährlich stockte, sowie einen direkten Zugang zur Ostsee, um seine Pläne zur

Errichtung einer Flotte umsetzen zu können.243

Doch dies bedeutet nicht, dass Wallenstein mit seinen Subunternehmern und mit Hans

de Witte den Krieg völlig autonom durchführen konnte. Wie oben beschrieben, ver-

ließ er sich insbesondere am Anfang und am Ende seiner militärischen Laufbahn auch

in signifikantem Maße auf „reguläre“ Einnahmen der Hofkasse aus Steuern und Sub-

sidien. Für die Einhebung von Kontributionen benötigte Wallenstein zudem die recht-

liche Legitimierung durch das Reichsgesetz, die der Kaiser in seiner Instruktion von

241 So etwa: Krüger, Typen der Kriegsführung und Kriegsfinanzierung, S. 27 f. 242 Mortimer, Wallenstein, S. 132. 243 Bei der Wieden, Wallenstein und Mecklenburg, S. 140.

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1625 ausdrücklich bekräftigte. Außerdem war er auch im Bereich der Logistik und

des Transports auf kaiserliche Beamte angewiesen.244

Die Beträge, die durch Kontributionen tatsächlich eingehoben wurden, spielten in der

Finanzierung zwar eher eine untergeordnete Rolle, unter anderem weil sie nur mit mi-

litärischem Druck realisiert werden konnten. Nichtsdestotrotz standen Kontributionen

als Grundlage des komplexen Kreditnetzwerkes im Zentrum der Wallenstein’schen

Kriegsfinanzierung.245 Dass dieses System in letzter Instanz von seiner persönlichen

Kreditwürdigkeit abhing, verdeutlicht der Zusammenbruch des Antizipationssystems

bei Wallensteins Entlassung im Jahr 1630: Ohne die kaiserliche Autorität im Rücken,

das heißt ohne den Titel des Generalissimo und damit ohne die Verfügungsgewalt

über die Armee, war eine Wiederaufnahme der Kontributionszahlungen so unwahr-

scheinlich, dass Hans de Witte den Freitod als einzigen Ausweg sah.

3.4 Grenzen der politischen Macht

Spätestens mit dem Herzogtum Mecklenburg hatte Wallenstein das Ziel des gesell-

schaftlichen Aufstieges erreicht. Seine größte Aufmerksamkeit galt nun der Absiche-

rung seines Besitzes, da sein soziales und materielles Kapital vollständig von seinen

Ländereien abhing.246 In den Friedensverhandlungen von Lübeck Anfang 1629 mit

dem dänischen König ging es für ihn also auch um die Absicherung Mecklenburgs,

das im Falle einer Verlängerung des Krieges bedroht war.247 Wallenstein setzte sich

daher gegenüber Kaiser Ferdinand dafür ein, die Forderungen in den Verhandlungen

zugunsten eines raschen Friedens abzumildern.248 Um sein Ziel zu erreichen, griff er

parallel zu den offiziellen Verhandlungen auch zum Mittel der Geheimdiplomatie.249

244 Parrott, Business of War, S. 229. 245 Mortimer, War by Contract, S. 108. 246 Ders., Wallenstein, S. 304. 247 Rebitsch, Wallenstein und der Lübecker Friede, S. 80. 248 Wallenstein an Ferdinand II., 26.2.1629: „Mein untherthenigste meinung wehre: was vor curtesi Ewre Matt. dem Künig than wollen, das es baldt geschehe; […] Ohne restituirung Jutlandt, Sschles-wick undt Holdtstein wirdt gewis kein Friedt geschehen“, in: Lorenz, Quellen, S. 202-204, hier: S. 204. 249 Rebitsch, Wallenstein und der Lübecker Friede, S. 85.

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Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch Wallensteins Ablehnung gegen das von

Ferdinand II. im März 1629 erlassene Restitutionsedikt.250 Eine Verschärfung des

konfessionellen Konfliktes bedeutete für ihn zugleich eine Bedrohung seiner Besitz-

tümer, da diese aus Enteignungen protestantischer Landesherren stammten. Die große

Gefahr sah Wallenstein darin, sich im ohnehin kaiserfernen Norddeutschland zu viele

Feinde zu machen. Im Februar 1630 warnte er den Hofkriegsrat Collalto vor einer

möglichen Allianz norddeutscher Protestanten mit den Schweden unter Gustav Adolf:

„die erbietterung ist so gross, dass sie alle sagen der Schwedt solle nuhr kommen, kan

er Ihnen nicht helffen, so wollen sie sich gern mit ihm präcipitieren“251.

Doch bei Ferdinand hatte Wallensteins Meinung nur wenig Gewicht. So spielten seine

Bedenken bezüglich des Restitutionsediktes zu keinem Zeitpunkt des Entscheidungs-

prozesses am Wiener Hof eine Rolle.252 Auch die Einwände, die er 1629 gegen eine

Bereitstellung von Truppen für den Erbfolgekrieg von Mantua erhob, blieben ohne

Wirkung. Ferdinand setzte sich durch und Wallenstein musste letztlich Truppen zur

Unterstützung Spaniens nach Italien schicken, die er eigentlich zur Absicherung in

Norddeutschland halten wollte.253

Solange eine konkrete Bedrohungssituation durch einen Feind bestand, genoss Wal-

lenstein eine fast vollkommen unabhängige Befehlsgewalt über die Armee; als die

größte Gefahr jedoch gebannt schien, zeigte sich deutlich, wie begrenzt sein politi-

scher Einfluss war.254 Dies resultierte nicht zuletzt daraus, dass er aufgrund seiner

Abneigung gegen den Wiener Hof kaum persönlichen Kontakt zum Kaiser pflegte.255

Auch hatte er nur wenige einflussreiche Anhänger, die dort seine Interessen vertra-

ten.256 Es lässt sich im Gegenteil, wenn überhaupt, vielmehr eine Anti-Wallenstein-

250 Zum Restitutionsedikt vgl.: Wilson, Europe’s Tragedy, S. 446-454. 251 Wallenstein an Collalto, 10.2.1630, in: Chlumecky, Regesten, S. 208-210, hier: S. 209. 252 Kampmann, Staat im Staat, S. 304. 253 Mortimer, Wallenstein, S. 143 f. 254 Ebd., S. 150 f. 255 Das letzte persönliche Aufeinandertreffen mit dem Kaiser fand im Winter 1627/28 in Prag statt: Kampmann, Staat im Staat, S. 303. 256 Ebd., S. 305 f.

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Fraktion am Hof ausmachen.257 Zu dieser zählte vor allem eine Gruppe von Spaniern,

die sich zu seinen schärfsten Gegenspielern entwickelten.258

Wallensteins mangelnde Präsenz am Hof führte dazu, dass die Kritik an seiner Person

beim Kaiser mehr Gehör fand. Bereits 1627 hatten sich die geistlichen Kurfürsten

über die Belastungen beschwert, die seine Armee verursachte.259 Auf dem Kurfürsten-

tag in Regensburg gab Ferdinand im August 1630 dem Druck nach und entließ Wal-

lenstein, obwohl Gustav Adolf kurz zuvor mit seinen Truppen in Pommern gelandet

war.260 Doch bereits Ende März 1632 wurde er wieder als kaiserlicher General einge-

setzt,261 da die Schweden dem Reich im Laufe des Jahres 1631 einige empfindliche

Niederlagen beigebracht hatten.262 Wallenstein gelangen daraufhin kleinere militäri-

sche Erfolge gegen die Schweden. Moralisch wichtig war vor allem die Schlacht von

Lützen im November 1632, in deren Folge Gustav Adolf starb.263

Doch als sich Wallenstein im Laufe des Jahres 1633 mehrfach kaiserlichen Anwei-

sungen widersetzte, kam es zum endgültigen Vertrauensbruch. Während Ferdinand im

Dezember auf einen Feldzug gegen die schwedischen Truppen in Bayern drängte,

lehnte Wallenstein dies aus strategischen Gründen ab.264 Die Gerüchte um einen mög-

lichen Verrat zirkulierten nun immer wilder. Dass ihm hohe Offiziere am 12. Januar

1634 in Pilsen die Treue schworen, wurde am Hof als Beweis für die Vorwürfe gese-

hen.265 Dort galt er nun selbst als „notorischer Reichsrebell“ und wurde schließlich

Ende Februar durch kaisertreue Offiziere getötet.266

257 Rebitsch, Wallenstein, S. 204-208. 258 Sie sollen maßgeblichen Anteil an der Beseitigung Wallensteins 1634 gehabt haben: Ernst, Madrid und Wien, S. 78. 259 Die drei geistlichen Kurfürsten an Ferdinand II., 2.2.1627, in: Lorenz, Quellen, S. 121-123. 260 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 454 f. 261 Mortimer, Wallenstein, S. 179. 262 Ebd., S. 166. 263 Wilson, Europe’s Tragedy, S. 507-511. 264 Er wollte vor allem einen Winterfeldzug vermeiden und äußerte dies auch in Briefen an den Kaiser; Wallenstein an Ferdinand II., 29.12.1633, in: Lorenz, Quellen, S. 354 f. 265 Am 12.1.1634 schworen ihm hohe Offiziere die Treue: Rebitsch, Wallenstein, S. 216. 266 Kampmann, Reichsrebellion, S. 171 f.

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35

3.5 Zwischenfazit

Als Reaktion auf die sich im Böhmischen Aufstand zuspitzende Krise, die zum böh-

misch-pfälzischen Krieg führte, lagerte Kaiser Ferdinand II. die Organisation der

Streitkräfte aus, da die Finanzierung aus der Hofkasse nicht möglich war. Im darauf

folgenden dänisch-niedersächsischen Krieg konnte sich Wallenstein als privater

Kriegsunternehmer und als Oberbefehlshaber über die kaiserlichen Truppen etablie-

ren. Im europäischen Kontext der Zeit war die Auslagerung der Kriegsführung eine

gängige Maßnahme. Doch die Größenordnung der Wallenstein’schen Armee übertraf

bei weitem die Söldnerverbände, die private Kriegsunternehmer bis dahin aufgestellt

hatten.

Wallenstein begann seine militärische Karriere vor allem, weil die Nähe zum Kaiser

Vorteile im Geschäft mit Grundbesitz verhieß. Nur so konnte er den gesellschaftli-

chen Aufstieg erreichen, der das wesentliche Motiv seines Handelns war. Er profitier-

te vom böhmischen Aufstand durch die Berufung in das Prager Münzkonsortium

sowie durch Vorkaufsrechte auf konfiszierte Rebellengüter. Seine Bestrebungen, eine

Armee für den Kaiser aufzustellen, dienten in erster Linie dem aktiven Schutz seiner

Ländereien, welche die wesentliche Grundlage seines sozialen Status bildeten.

Doch aus diesen persönlichen Motiven Wallensteins folgt zunächst kein offensichtli-

cher Zielkonflikt mit den Interessen der Zentralmacht. Denn für den Kaiser war die

Stärkung Wallensteins mit weniger politischen Eingeständnissen verbunden, als sich

vollständig auf seine Verbündeten Spanien und Bayern zu verlassen.267 Ferdinand

gewann mit der Armee die notwendige Exekutivgewalt, um Kontributionen und Kon-

fiskationen auch in kaiserfernen Teilen des Reiches durchzusetzen. Für beides bestand

zwar schon vorher die nötige Rechtsgrundlage, jedoch war die praktische Umsetzung

an den fehlenden Mitteln gescheitert.

Wallenstein versuchte das Problem der Finanzierung durch eine Verknüpfung ver-

schiedener Methoden zu lösen. Neben Steuern, Subsidien und Kontributionen bildeten

vor allem Kredite die entscheidende Grundlage für seine militärische Effizienz. Darin

267 So auch: Kampmann, Staat im Staat, S. 313 f.

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liegt auch der zentrale Kompetenzvorteil: Seine Kreditwürdigkeit, die aus persönli-

chem Wohlstand, guten Verbindungen zum Handel mittels Hans de Witte sowie dem

Vertrauen seiner hohen Offiziere resultierte, nutzte er zur Erhöhung seines sozialen

Status. Besonders deutlich wird dieser Zusammenhang in der Übertragung des Her-

zogtums Mecklenburg, die vielmehr ein vorfinanzierter Kauf war.

Jedoch blieb Wallenstein selbst hier in letzter Instanz von der Autorität des Kaisers

abhängig: Seine Bonität hing entscheidend von der Verfügungsgewalt über die Armee

ab, die ihm nur der Kaiser verleihen und – wie bei seiner Entlassung im Jahr 1630 –

eben auch entziehen konnte. Noch deutlicher zeigt sich die strukturelle Machtasym-

metrie im begrenzten politischen Einfluss Wallensteins. Seine Bemühungen, eine

Strategie der Sicherung des Status Quo durchzusetzen, blieben gegenüber den religiös

sowie bündnispolitisch motivierten Zielen Ferdinands letztlich fruchtlos.

Erst an diesem Punkt wird der Zielkonflikt im offenen Bruch zwischen Ferdinand und

Wallenstein deutlich erkennbar. Denn zuvor waren die Interessen von Militärunter-

nehmer und Zentralmacht so eng miteinander verknüpft, dass eine Art „Win-win-

Situation“ zwischen beiden bestand. Wallensteins Ermordung erfolgte schließlich

nicht bloß als Reaktion auf seinen Aufstieg oder gar seine Allmacht. Vielmehr führten

strategische Differenzen, – durch seine Abwesenheit am Hof katalysiert –, zur Ent-

fremdung zwischen Kaiser und Generalissimo, die schließlich im Vorwurf des Hoch-

verrats mündete.

4 Mir Jumla

4.1 Der indische Kontext

4.1.1 Mansabdars und „portfolio capitalists“

Auch im vorkolonialen Indien war Dienst gegen Bezahlung die gängige militärische

Organisationsform. Es bestand eine große Vielfalt verschiedener Akteure: von profes-

sionellen Warlords, vornehmlich afghanische, persische und turanische Immigranten

aus Zentralasien, bis hin zu bewaffneten Bauern, die durch Solddienst erntefreie Zei-

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ten überbrückten.268 Dabei entwickelten sich im Laufe der Zeit regional unterschiedli-

che Ausgestaltungen militärischer Tradition, Kultur und Repräsentation.269 Aufgrund

der großen Verfügbarkeit von Personal und der hohen Mobilität sprechen Dirk Kolff

und Jos Gommans von einem regelrechten „militärischen Arbeitsmarkt“.270

Im Mogulreich führte Kaiser Akbar Ende des 16. Jahrhunderts zur Organisation der

Streitkräfte das mansabdari-System ein, das den Rang einer Person in der offiziellen

Hierarchie durch mansab anzeigte. Dieses Zahlenpaar bezifferte die persönliche Be-

zahlung, entweder in Bargeld oder durch Zuteilung eines Steuerbezirkes (jagir), und

die Anzahl der zu unterhaltenden Kavallerie-Einheiten.271 Das Ziel war die Mobilisie-

rung militärischer Kräfte, wofür Akbar Kontrollmaßnahmen wie das Brandmarken

von Pferden einführte.272 Da mansab nur vom Kaiser verliehen werden konnte,

brauchten potentielle Anwärter in der Regel einen Fürsprecher und Bürgen.273

Nach Jos Gommans stellte diese Organisationsform in erster Linie den Versuch dar,

unabhängige Kriegsherren durch hohe Bezahlung und Rang in den Reichsadel zu in-

tegrieren.274 Um der Bildung von lokalen Machtzentren entgegenzuwirken, wurden

die jagirs regelmäßig nach einer Art „Rotationsprinzip“ umverteilt.275 Da der Eintritt

in mansab mit einer finanziellen Investition verbunden war, sieht Gommans darin ei-

ne Art geschäftliche Unternehmung.276 Mit dieser Beobachtung liegt er sehr nahe

beim Redlich’schen Begriff des Militärunternehmers. Jedoch führt er diesen Punkt

nicht weiter aus.277

Über die Organisation des Militärs im Sultanat von Golkonda, in dem sich der Auf-

stieg Mir Jumlas vollzog, ist weniger bekannt. Vermutlich bestand hier traditionell

268 Gommans, Mughal Warfare, S. 67 f. 269 Gordon, Zones of Military Entrepreneurship, S. 182 f. 270 Gommans / Kolff, Warfare and Weaponry, S. 14. 271 Ein Amt war nicht notwendig damit verbunden: Ali, Organization of the Nobility, S. 232-238. 272 Ebd., S. 250. 273 Ebd., S. 256-258. 274 Gommans, Mughal Warfare, S. 84. 275 Ebd., S. 91 f. 276 Ebd., S. 88 f. 277 Darin zeigt sich deutlich die Anschlussfähigkeit des Konzepts des Militärunternehmertums an das mansabdari-System des Mogulreiches. Da hier jedoch der Fokus auf dem Aufstieg Mir Jumlas in Gol-konda liegt, würde die Weiterführung dieses Gedankens sich zu weit vom Thema entfernen.

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eine Art „feudale“ Grundlage der militärischen Organisation, die ab Mitte des 16.

Jahrhunderts zunehmend von der Person des Sultans dominiert wurde.278 Ab dieser

Zeit wurden administrative Aufgaben von einer dem Sultan nahestehenden elitären

Personengruppe ausgeführt.279 Vermutlich gilt dies auch für die Aufstellung und Aus-

rüstung der Truppen.

Diese Elite bestand Anfang des 17. Jahrhunderts zum größten Teil aus persischen

Einwanderern. Ihre Immigration wurde gezielt gefördert, da sie als Händler über

Fachkenntnisse in Buchhaltung und Verwaltung verfügten, zwei essentielle Kompe-

tenzen für die Administration.280 Daher nahmen die persischen Einwanderer nicht nur

im Handel, sondern auch am Hof von Golkonda eine dominante Rolle ein.281 Als

„portfolio capitalists“ engagierten sie sich vor allem auch in der Steuerverwaltung, die

durch eine Art Steuerpacht-System organisiert war.282 Insofern agierte diese Perso-

nengruppe zwischen staatlicher Verwaltung, wirtschaftlicher Produktion, Finanzwirt-

schaft sowie See- und Landhandel. 283 Nicht zuletzt gehörten auch militärische

Tätigkeiten zu ihrem „Portfolio“.284

4.1.2 Die politische Landschaft Mitte des 17. Jahrhunderts

Den Norden Indiens beherrschte Anfang des 17. Jahrhunderts zu weiten Teilen die

Dynastie der Moguln. Nachdem diese im 16. Jahrhundert durch Kriegführung und

geschickte Allianzen ihr Herrschaftsgebiet deutlich ausweiten konnten,285 stießen sie

Anfang des 17. Jahrhunderts erstmals an die Grenzen der Expansion. Im Nordosten

des Reiches gelang es nicht, das Königreich Ahom zu überwinden;286 im Nordwesten

verloren sie im Jahr 1622 Kandahar an das persische Safawidenreich.287 Shah Jahan

(reg. 1628-1657) schaffte es zwar, die Stadt 1638 zurückzuerobern, verlor sie aber

278 Sherwani, Qutb Shahi Dynasty, S. 207-209. 279 Richards, Mughal Administration in Golconda, S. 13. 280 Subrahmanyam, Iranians Abroad, S. 357. 281 Ebd., S. 343-345. 282 Subrahmanyam, The Political Economy of Commerce, S. 330-332. 283 Ebd., S. 355. 284 Ebd., S. 314. 285 Conermann, Mogulreich S. 65; vgl. Abb. 6. 286 Richards, Mughal Empire, S. 105 f. 287 Kulke, Indische Geschichte, S. 84.

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1648 wieder an die Perser. Mehrere Versuche, Kandahar zwischen 1649 und 1653

erneut der persischen Herrschaft zu entreißen, scheiterten.288

Auf dem Dekkan-Plateau in Zentralindien dominierten Anfang des 17. Jahrhunderts

die Sultanate von Ahmadnagar, Bijapur und Golkonda.289 Zwar erhoben die Moguln

bereits seit Ende des 16. Jahrhunderts Anspruch auf die Oberherrschaft über den ge-

samten Dekkan.290 Doch insbesondere Bijapur und Golkonda agierten weiterhin als

autonome Herrschaftsverbünde. Ein besonderes Ärgernis für die Moguln war die

Nennung des Shahs von Persien im öffentlichen Freitagsgebet als Ausdruck der engen

Verbindung zum Safawidenreich.291 Diese „delicate situation of contested authori-

ties“292 zog sich hin, bis Shah Jahan 1632 das Sultanat von Ahmadnagar eroberte und

1636 die beiden verbleibenden Sultanate Bijapur und Golkonda tributpflichtig mach-

te.293

Der Unterwerfungsvertrag schrieb unter anderem die Nennung des Mogulkaisers im

Freitagsgebet vor und war mit einer hohen Tributzahlung verbunden. Golkonda wurde

zusätzlich zu jährlichen Zahlungen verpflichtet.294 Doch trotz der formalen Unterwer-

fung blieben die Sultanate weitgehend autonom, was in der Folgezeit immer wieder

zu Spannungen führte. Der spätere Thronfolger Aurangzeb (reg. 1658-1707), der

1636-1642 und 1652-1657 als Statthalter des Dekkan amtierte, drängte deshalb vor

allem in seiner zweiten Amtszeit auf eine endgültige Annektierung.295

Im südlichsten Teil Indiens war die Macht auf die letzten Überreste des hinduisti-

schen Vijayanagara-Reiches verteilt, das 1565 durch eine schwere Niederlage gegen

eine Allianz der Dekkan-Sultanate an Bedeutung verloren hatte.296 Neben der alten

Herrscherdynastie der Rayas etablierten sich dort lokale Fürsten, sogenannte Nayaks,

288 Richards, Mughal Empire, S. 133 f. 289 Kulke, Indische Geschichte, S. 70 f.; vgl. Abb. 6. 290 Alam / Subrahmanyam, Deccan Frontier, S. 174; Zur Lage des Dekkan vgl. Abb. 7. 291 Ebd., S. 178. 292 Ebd., S. 180. 293 Anwar, Mughals and the Deccan, S. 121. 294 Ebd., S. 123. 295 Ebd., S. 126. 296 Kulke / Rothermund, Geschichte Indiens, S. 233.

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die nur lose in gelegentlichen Zweckbündnissen miteinander kooperierten.297 Die

Fragmentierung der Macht begünstigte die Südexpansion, die Bijapur und Golkonda

ab Ende der 1630er Jahre als Reaktion auf die Unterwerfung von 1636 unternah-

men.298

4.2 Auswanderung und Aufstieg in Golkonda

4.2.1 Als Händler nach Golkonda

Ursprünglich war mir jumla eine Bezeichnung für den jumlatu’l-mulk. Dieser gehörte

nach dem Sultan und neben dem peshwa zu den drei wichtigsten Amtsträgern im Sul-

tanat von Golkonda.299 Der bekannteste Inhaber dieses Amtes, Mir Muhammad

Sayyid Ardestani, machte diesen Titel der westlich geprägten Historiografie bekannt,

weshalb Mir Jumla dort auch als Synonym für seinen Namen verwendet wurde.300 Die

Übernahme der Amtsbezeichnung zum Eigennamen geht vermutlich zurück auf die

Reiseberichte der Franzosen François Bernier und Jean Baptiste Tavernier. Das Amt

des mir jumla beschrieben sie mit dem entsprechenden Titel, den sie aus Persien bzw.

dem Mogulreich kannten, als Wesir bzw. Groß-Wesir.301 Um Verwechslungen auszu-

schließen, wird hier zwischen dem Amt mir jumla und der Person Mir Jumla unter-

schieden.302

Über die Zeit vor Muhammad Sayyids Emigration ins Sultanat von Golkonda ist we-

nig bekannt. Laut seinem Biografen Sarkar wurde er um 1591 in der Nähe von Is-

fahan im persischen Safawidenreich als Sohn eines mittellosen Ölhändlers geboren.

Trotz der großen Armut seiner Eltern soll er eine gewisse Grundbildung erlangt ha-

ben, die ihm zu einer Anstellung als Schreiber bei einem Diamantenhändler ver-

half.303 Sarkar bezieht sich in dieser Darstellung auf die 1679 verfasste Chronik des

Königreiches Ahom. Da diese Quelle jedoch in einer großen zeitlichen und räumli-

297 Stein, Vijayanagara, S. 131 f. 298 S.u. Abschnitt 4.3.1. 299 Sherwani, Qutb Shahi Dynasty, S. 507. 300 „The name by which he is known in history is Mir Jumla“: Gribble, History of the Deccan, S. 270. 301 „King of Golkonda, and […] his Vizier Emir-Jemla“: Bernier, Travels, S. 16; „Mirgimola qui estoit le Nabab ou Grand-Vizir“: Tavernier, Six Voyages, S. 164. 302 Entsprechend wird die Person auch erst Mir Jumla genannt, wenn sie diesen Titel erhalten hat. 303 Sarkar, Mir Jumla, S. 1.

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chen Distanz zu ihrem Berichtsgegenstand verfasst wurde, und Ahom zudem einer

der letzten Kriegsgegner Mir Jumlas war, ist ihr Quellenwert bezüglich der Herkunft

von Muhammad Sayyid als gering einzuschätzen.304

Laut der älteren Forschung wanderte Muhammad Sayyid um das Jahr 1630 in das

Sultanat von Golkonda aus.305 Sarkar hingegen verlegt seine Ankunft in Indien auf

den Zeitraum 1615-1625, da er, laut Tavernier, bereits 1626 den Sultan bei der Thron-

folge unterstützt haben soll.306 Grundsätzlich scheint es ohnehin problematisch, den

1676 veröffentlichten Reisebericht Taverniers diesbezüglich als verlässliche Quelle

zu zitieren. Zudem gründet Sarkars Einschätzung auf der ungenauen Übersetzung von

„l’affermissement de son trône“307 zu „establishment of his throne“308. Tavernier be-

zog sich damit vermutlich eher auf die Eroberung der östlichen Karnatik und deren

Absicherung gegen Bijapur.309 Es gibt also keinen Grund anzunehmen, dass Muham-

mad Sayyid vor 1630 auswanderte.

Bezüglich der Motive für die Auswanderung schrieb er Ende der 1640er Jahre in ei-

nem Brief an Khalifa Sultan, den Großwesir des Safawidenreiches: „There are several

reasons why we leave the land of our birth: (i) to make our leaving [=living] easy, (ii)

to send some help to near relations, family and the infirm“310. Ein möglicher Kontext

für diese Äußerung könnten die Reformen von Shah Abbas I. (reg. 1588-1629) gewe-

sen sein, die eine staatliche Zentralisierung von Steuereintreibung und Seidenhandel

zum Ziel hatten.311 Vor allem für diejenigen persischen Händler, die ihre Profite lang-

fristig in Grundbesitz umwandeln wollten, bedeuteten diese Maßnahmen einen massi-

ven Einschnitt.312

304 Zur der Chronik: Bhuyan, Introduction, S. 57; zum Feldzug gegen Ahom: vgl. Abschnitt 4.4.2. 305 Gribble, History of the Deccan, S. 270; Sarkar, History of Aurangzib, S. 216. 306 Sarkar, Mir Jumla, S. 2, Fn. 3. 307 Tavernier, Six Voyages, S. 102. 308 So die von Sarkar verwendete Edition: Tavernier, Travels in India, S. 165. 309 S.u. Abschnitt 4.3.1. 310 Mir Jumla an Khalifa Sultan, Ende 1640er, in: Sarkar, Iran Correspondence, (1942) S. 192-196, hier: S. 194; Datierung: S. 191 f. 311 Subramanyam, Iranians Abroad, S. 351. 312 Ebd., S. 355.

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Dass die mangelnde wirtschaftliche Perspektive das Hauptmotiv für Muhammad

Sayyids Auswanderung war, bekräftigt seine Kritik an der unsicheren Situation in

Persien, die er im weiteren Verlauf des Briefes äußert.313 Vermutlich bezieht er sich

damit auf die ungeordneten Verhältnisse, die nach dem Tod des langjährigen Herr-

schers Shah Abbas I. im Jahr 1629 im Safawidenreich herrschten.314 Die um 1630

kulminierende Unsicherheit in Persien kann in diesem Zusammenhang als Zuspitzung

der ohnehin unzulänglichen wirtschaftlichen Perspektive verstanden werden. Plausib-

ler als Sarkars Darstellung der niederen Herkunft Muhammad Sayyids erscheint da-

her, dass er sich bereits in Persien als Händler betätigte, dort aber keine hinreichenden

Aufstiegsmöglichkeiten sah.

4.2.2 Aufstieg als havaldar von Masulipatnam

Auch über Muhammad Sayyids Anfänge in Zentralindien bis 1635 gibt es wenig ge-

sichertes Wissen. Laut Sarkar erwirtschaftete er in der neben der Festung von Gol-

konda gelegenen Stadt Hyderabad als Händler und Pächter von Diamantenminen die

Grundlage seines späteren Vermögens. Zugleich knüpfte er bereits erste Kontakte

zum Hof von Golkonda. Durch den Einfluss seines Fürsprechers Shaikh Muhammad

erlangte er um 1635 das Amt des sar-i-daftar-shahi (königlicher Buchhalter) und we-

nig später das Amt des havaldar von Masulipatnam.315

Ursprünglich fiel in die Zuständigkeit des havaldar die Organisation der Steuerabga-

ben eines gewissen Bezirkes. Das Amt wurde in einer Art öffentlicher Versteigerung

an den Höchstbietenden verpachtet und fiel häufig an hinduistische Brahmanen.316

Doch in Masulipatnam, der wichtigsten Hafenstadt Golkondas,317 kontrollierte bereits

seit Anfang des 17. Jahrhunderts eine Gruppe persischer Einwanderer die Administra-

tion: Neben dem havaldar, stellten sie auch den shahbandar (Hafenaufseher) und den

313 „owing to the defects in administration, many foreigners have stopped the despatch of goods to Per-sia; some looking upon Hindusthan as a better and more peaceful place“: Mir Jumla an Khalifa Sultan, Ende 1640er, in: Sarkar, Iran Correspondence (1942), S. 194. 314 Matthee, Persia in Crisis, S. 35-37. 315 Sarkar, Mir Jumla, S. 3. 316 Vgl. Sherwani, Qutb Shahi Dynasty, S. 511; Kruijtzer, Xenophobia, S. 52. 317 Zur Bedeutung der Masulipatnams: Subrahmanyam, Political Economy of Commerce, S. 213-216.

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sar-samtu (Statthalter der übergeordneten regionalen Verwaltungseinheit). 318 Als

„portfolio capitalists“ engagierte sich diese Gruppe ab den 1620er Jahren auch maß-

geblich im Seehandel und bei der Verschiffung von Waren. Dabei bedienten sie ins-

besondere die Route zum roten Meer und nach Persien.319

Eine Krise der Landwirtschaft Anfang der 1630er Jahre und die damit verbundenen

Steuerausfälle führten dazu, dass sich die Mehrzahl der persischen Immigranten aus

den Geschäften in Masulipatnam zurückzog.320 Muhammad Sayyid wurde also zu ei-

nem sehr günstigen Zeitpunkt zum havaldar bestimmt, da die Konkurrenz gering und

die Verhältnisse ungeordnet waren. 1637 kontrollierte er außerdem, autorisiert durch

seine Ernennung zum havaldar von Mustafanagar, die strategisch wichtige Festung

Kondapilli und damit die Handelsverbindung zum Hinterland Masulipatnams. Im sel-

ben Jahr erhielt er das Amt des sar-i-khail, wörtlich „Kopf der Kavallerie“.321 Dieses

Amt beinhaltete neben militärischen Pflichten auch eine Art Oberaufsicht über die

Steuereintreibung.322 War zuvor die Administration auf mehrere Personen verteilt

worden, so hatte Muhammad Sayyid in kurzer Zeit eine Position inne, welche die

Kompetenzen aller oben genannten Ämter vereinte und sogar übertraf.

Muhammad Sayyid nutzte seinen neu gewonnen Einfluss, um sich im Seehandel zu

etablieren. Kurz nach Amtsantritt drohte er der niederländischen Vereenigden Oostin-

dischen Compagnie (VOC), ihr die Freihandelsprivilegien zu entziehen und sie durch

ihren Erzfeind, die Portugiesen, zu ersetzen.323 Auch gegenüber der britischen East

India Company (EIC) demonstrierte er seine Macht.324 Da die VOC aufgrund seines

politischen Einflusses in Masulipatnam keinen Angriff auf seine Schiffe riskieren

konnte, knüpfte er nun auch Kontakte zu den Portugiesen. Er verhandelte persönlich

318 Ders., Persians, Pilgrims and Portuguese, S. 504 f. 319 Ebd., S. 511 f. 320 Ebd., S. 517. 321 Sarkar, Mir Jumla, S. 5. 322 Vgl. Ebd.; Sherwani, Qutb Shahi Dynasty, S. 510; Kruijtzer, Xenophobia, S. 231. 323 Subrahmanyam, Persians, Pilgrims and Portuguese, S. 518. 324 Sarkar, Mir Jumla, S. 53 f.

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mit dem Oberbefehlshaber Dom Felipe Mascarenhas und belieferte dessen Festungen

in Ceylon (Sri Lanka) mit Lebensmitteln.325

Ein Besuch des Sultans von Golkonda in Masulipatnam Ende 1639 legitimierte

Muhammad Sayyids Machtposition gegenüber den Europäern zusätzlich. Beamte der

EIC bezeichneten ihn im Dezember 1639 als „Cirkale [= sar-i-khail], cheife governor

under the King“326 und auch bei der VOC war er bereits zu dieser Zeit als „der kleine

König in Golkonda“ bekannt.327 Als Resultat dieser Strategie, die sein politisches

Gewicht mit der Durchsetzung von Handelsinteressen verband, genossen seine Schif-

fe den Schutz sämtlicher europäischer Seemächte im Indischen Ozean, was ihm einen

geldwerten Vorteil im Seehandel verschaffte.328

4.3 Auf dem Höhepunkt der Macht

4.3.1 Die Eroberung der Koromandelküste

Die historische Landschaft der Karnatik teilt sich in das Hochland südwestlich des

Dekkan-Plateaus, in der vorrangig Kannada gesprochen wurde, und die Ebene zwi-

schen dem Ostghats-Gebirge und der Koromandelküste, die im Norden etwa bis

Masulipatnam reicht.329 Dieser östliche Teil war aufgrund seiner fruchtbaren Böden

und der günstigen klimatischen Bedingungen ein wichtiges Zentrum für Landwirt-

schaft und Textilproduktion.330 Die Karnatik bildete den nördlichen Teil des Vi-

jayanagara-Reiches, dessen Auflösung zu dieser Zeit bereits weit vorangeschritten

war.331

Da durch die Anerkennung der Oberherrschaft des Mogulreiches im Jahr 1636 nun

keine unmittelbare Gefahr mehr aus dem Norden drohte, machte sich Bijapur wenig

später an die Eroberung der westlichen Karnatik.332 Als Reaktion auf diese Expansion

325 Subrahmanyam, The Political Economy of Commerce, S. 325. 326 President Fremlen u.a. an die EIC, Dezember 1639., in: Foster, English Factories 6, S. 194-220; hier S. 200. 327 Raychaudhuri, Jan Company, S. 40. 328 Subrahmanyam, Persians, Pilgrims and Portuguese, S. 520. 329 Sarkar, Mir Jumla, S. 12; vgl. Abb. 8. 330 Subrahmanyam, Political Economy of Commerce, S. 10 f., 26-29. 331 S.o. Abschnitt 4.1.2. 332 Anwar, Mughals and the Deccan, S. 125.

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ernannte der Sultan von Golkonda im Jahr 1642 Muhammad Sayyid zum Anführer

der Armee und beauftragte ihn mit der Eroberung der östlichen Karnatik.333 Nach ei-

nigen Erfolgen, – unter anderem einem Sieg nordwestlich von Pulicat über Venkata

Raya, einem Enkel des letzten großen Vijayanagara-Herrschers, und der Einnahme

der Festung von Udayagiri nördlich des Pennari –, bekam Muhammad Sayyid ebenje-

nen Titel des mir jumla verliehen, unter dem er in die Geschichte einging.334

Da die Nayaks in der Karnatik Mitte der 1640er Jahre wieder zu erstarken drohten,

schlossen Bijapur und Golkonda im Frühjahr 1646 ein Bündnis, laut dem eroberte

Gebiete, Beute und weiteres im Verhältnis zwei zu eins aufgeteilt werden sollten.335

Nachdem Mir Jumla das Küstengebiet bis nach Pulicat und San Thomé bis Ende des

Jahres unter Kontrolle gebracht hatte, besiegten die vereinigten Truppen beider Sulta-

nate im April 1647 Sriranga Raya, den Nachfolger Venkatas, bei Vellore.336

Trotz des Bündnisses kam es wegen der Aufteilung der Gebiete immer wieder zu

Spannungen zwischen den Dekkan-Sultanaten. So konnten sie 1648 einen offenen

Konflikt gerade noch vermeiden, indem sie sich darauf einigten, dass Bijapur die

wichtige Festung Gingee bekam und Golkonda dafür die Festung Gandikota, die das

Pennari-Tal nach Westen kontrollierte.337 Doch auch diese Abmachung war nicht von

Dauer: Nachdem Mir Jumla im Sommer 1650 Gandikota eingenommen hatte, wurde

er im Januar 1652 zwischenzeitig vertrieben und erhielt den Anspruch auf seinen

Grundbesitz nur gegen eine Tributzahlung an Bijapur zurück.338

4.3.2 Die Grundlagen der Macht

Wirtschaftliche  Stärke  

Anfang der 1650er befand sich Mir Jumla auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn. Der

Engländer Walter Littleton besuchte ihn im Dezember 1650 in Gandikota und berich-

333 Sherwani, Qutb Shahi Dynasty, S. 455. 334 Ebd., S. 457 f. 335 Sarkar, Mir Jumla, S. 15 f. 336 Ebd., S. 16 f. 337 Ebd., S. 20, 23. 338 Ebd., S. 25, 30f.

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tete im Januar 1651 in einem Brief an die EIC vom Umfang seiner Geschäfte.339 Wie

aus diesem Bericht hervorgeht, hatte Mir Jumla im Laufe der 1640er Jahre ein umfas-

sendes Handelsnetzwerk aufgebaut, das sich vom Roten Meer und Persien über den

gesamten Golf von Bengalen bis weit nach Südostasien erstreckte.340 Für den Seehan-

del verfügte er über zehn große Frachtschiffe und baute diese Flotte weiterhin aus.341

Zudem besaß er eine große Anzahl von Lastentieren, durch die er bestens integriert

war in den Binnenhandel mit dem Hinterland von Golkonda, Bijapur und mit ver-

schiedenen Gebieten des Mogulreiches.342

Eine weitere wichtige Einnahmequelle Mir Jumlas war die Steuereintreibung. Zur

Höhe der Einnahmen gibt Littleton an, dass Mir Jumla dem Sultan jährlich 2 Mio. Pa-

goda (Goldmünze in Golconda) lieferte, während allein die eroberte Karnatik Ein-

nahmen von 4 Mio. Pagoda einbrächte.343 Unter Berücksichtigung der Entwertung der

Münze Mitte des 17. Jahrhunderts344 entsprach die Differenz von 2 Mio. Pagoda nach

den von Tavernier notierten Wechselkursen etwa 16 bis 20 Mio. Schilling.345 Die et-

was später von Thomas Bowrey festgehaltenen Wechselkurse bestätigen diese Grö-

ßenordnung.346 Mitte des 17. Jahrhunderts entsprach dies ca. 8 bis 10 Mio. Gulden.347

Littletons Zahlen waren grobe Schätzungen mit dem Ziel, die EIC vom Reichtum der

Region zu überzeugen. Zudem war für die Engländer eine gute Beziehung zu Mir

Jumla von besonderer Bedeutung, da das von ihm eroberte Gebiet auch ihre 1641 ge-

gründete Festung und Faktorei Fort St. George (heute: Chennai) einschloss.348 Diese

Niederlassung war umso wichtiger, als sich die EIC in Masulipatnam nicht gegen die

339 Walter Littleton an die EIC, 17.1.1651, in: Foster, English Factories 9, S. 12 f. 340 „hee hath trade to Pegue, Tenassaree, Acheen, Rackan [=Arakan], Persia, Bengalla, Moka [=Mekka], Peruck, Maldeevas, and Macassar [Indonesien]”: Ebd.; vgl. Abb. 9. 341 „Hee hath tenn vessells of his owne, and intends to augment them”: Ebd. 342 „Foure or five hundred cammels, and tenn thousand oxen, which transporteth his goods up into sev-erall countryes, as Gulcundah, Vizapore, and into dyvers parts of the Great Maguls country”: Ebd. 343 “The reveneues that hee yearly brings to the King in amounts unto twentye hundred thousand pego-daes. […] The revenew that he hath taken from the Jentue in the aforesayd countrye is to the somme of fortie hundred thousand pegodaes per annum.”: Ebd. 344 Arasaratnam, Merchants, Companies, and Commerce on the Coromandel Coast, S. 296 f. 345 1 Pagoda ≈ 3,5-4,5 Rps.; 1 Rp. ≈ 2s. 3d.: Ball, Appendix, in: Tavernier, Travels in India, S. 413 f. 346 Ca. 12 – 24 Mio. s., Kurs: 1 Pagoda ≈ 6 – 12 s., in: Bowrey, Geographical Account, S. 114 f. 347 Ungefähre Wechselrate 2 s. = 1 fl.: Denzel, Handbook of World Exchange Rates, S. 65. 348 Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion 1, S. 135-137.

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dominante VOC durchsetzen konnte.349 Doch auch unter Berücksichtigung einer sys-

tematischen Überschätzung verdeutlichen die Zahlen, dass es sich um ein stattliches

Steueraufkommen mit entsprechender Gewinnmarge für Mir Jumla handelte.

Dafür sprechen ebenfalls die teilweise immensen Summen, die Mir Jumla den europä-

ischen Handelskompanien als Kredit gewährte. Bis 1652 schuldete ihm allein die

VOC um die 400.000 Gulden, bis 1657 erhöhten sich die Schulden auf ca. eine Milli-

on.350 Für Mir Jumla waren diese Geschäfte mehr als eine reine Geldleihe. Er nutzte

die Schulden seiner Konkurrenten als Druckmittel, um sich exklusive Vorkaufsrechte

und Zugang zu von ihnen dominierten Märkten zu sichern.351

Militärisches  Potential  

Mir Jumlas Streitkräfte dürften vor dem Beginn der Karnatik-Operation zahlenmäßig

eher gering gewesen sein. Aus Berichten von Aurangzeb an Shah Jahan geht hervor,

dass er zunächst nur den Oberbefehl über die Truppen des Sultans hatte.352 Doch nach

der Konsolidierung seiner Macht in der Karnatik konnte Mir Jumla die Loyalität vie-

ler Soldaten an sich persönlich binden. Zusätzlich rekrutierte er vor Ort weitere Trup-

pen. 353 Im Frühjahr 1655 berichtet ein Botschafter des Mogulreiches über die

Streitkräfte von Mir Jumla: „He has a force of 9000 cavalry, and 5000 (other) de-

pendants; 4000 of Qutbu'l Mulk's [des Sultans von Golkonda] men have come over to

him. His infantry might amount to 20,000.“354

Neben indigenen Streitkräften nutzte er auch das militärische Potential der Europäer.

Laut dem Bericht Taverniers war die kurz vor seinem Besuch bei Mir Jumla erfolgte

Eroberung der Festung Gandikota erst durch einige Franzosen ermöglicht worden, die

den Dienst für die VOC quittiert hatten, sowie durch englische, niederländische und

349 Alam, Masulipatam, S. 51 f. 350 Raychaudhuri, Jan Company, S. 39-41. 351 Ebd.; Sarkar, S. 52 f., 56 f. 352 „He [Abdullah Qutb Shah] sent Mir Jumla to the Carnatic with most of his army“: Aurangzeb an Shah Jahan, ca. 1654, Nr. 70 in: Adab-i-Alamgiri, S. 261; Datierung: S. 367. 353 „When it became apparent that he had consolidated his power there, […] and had, through his good treatment and careful management of the army sent there with him, secured its loyalty to himself […] - not to mention the excellent army which he had recruited locally“: Ebd., S. 261. 354 Aurangzeb an Shah Jahan, in: Adab-i-Alamgiri, Nr. 78, S. 317; Datierung: S. 368.

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italienische Kanoniere.355 Bei seinem Besuch traf er außerdem den Franzosen Claude

Maillé, der für Mir Jumla einige Kanonen zum Ausbau der Festung goss.356

Sein Wohlstand und seine Handelsbeziehungen bildeten die Grundlage für den Auf-

bau dieser Streitmacht. Die höhere Bezahlung, die Mir Jumla den Europäern bot, war

ein schlagkräftiges Argument für sie, in seine Dienste einzutreten.357 Sie dürfte auch

ein wesentlicher Grund für die Loyalität gewesen sein, die die Truppen des Sultans

gegenüber Mir Jumla aufbrachten. Durch sein ausgedehntes Handelsnetzwerk hatte er

Zugriff auf Kriegsmaterialien, darunter wichtige Kriegstiere. Seine „fine elephants“

und „horses both 'Iraqi and 'Arab“358 erhielt er von den Portugiesen in Ceylon, aus

den Anrainerstaaten des Golfs von Bengalen359 und durch seinen regelmäßigen Han-

del mit Persien und Arabien.360

Effizienz  der  Administration  

Die Verwaltung seiner Geschäfte übte Mir Jumla Anfang der 1650er Jahre von der

Festung Gandikota aus. Diese erlaubte ihm zum einen die Absicherung der Eroberun-

gen an der Koromandelküste durch ihre Lage im Grenzgebiet zu dem von Bijapur

kontrollierten Teil der Karnatik, am westlichsten Zufluss des Pennari.361 Zum anderen

ermöglichte sie ihm die schnelle Kommunikation mit den Eckpfeilern seines Ein-

flussbereiches: Golkonda, Masulipatnam und die Gegend um Pulicat.362 So stand er

mit dem Sultan auch während der Feldzüge in ständigem Briefkontakt.363 Die Steuer-

verwaltung in der Gegend um Masulipatnam und die Ausführung des Handels erle-

355 „Il ne l’auroit pas prise sans quelque François qui avoient quitté le service de la Compagnie Hol-landoise […]. Il avoit aussi pour canoniers plusieurs Anglois & Hollandois avec deux ou trois Italiens, ce qui luy fut d’un grand fecours pour la prise de la place“: Tavernier, Six Voyages, S. 178. 356 „Un canonier François nommé Claude Maillé de Bourges, & qu’il estoit occupé à fondre quelques pieces de canon que le Nabab vouloit laisser dans la place“: Ebd., S. 180. 357 Vor allem Engländer seien deshalb aus Fort St. George übergelaufen: Bowrey, Geographical Ac-count, S. 111. 358 Aurangzeb an Shah Jahan, März/April 1655, in: Adab-i-Alamgiri, Nr. 78, S. 317. 359 Subrahmanyam, Political Economy of Commerce, S. 325; Sarkar, Mir Jumla, S. 46. 360 Zur Bedeutung von Kriegspferden in Indien, vgl.: Gommans, Warhorse, insb. S. 8-11. 361 Vgl. Abb. 10. 362 Distanz (Luftlinie) ca. 286 km, 341 km und 288 km; ermittelt mit: http://www.luftlinie.org. 363 Beispiele finden sich in: Sarkar, A Few Letters of Qutb Shah and Mir Jumla.

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digten seine Agenten, sogenannte wakils.364 In der Karnatik übernahm er das Verwal-

tungssystem auf der Grundlage des Dorfes als kleinster Ordnungseinheit und ließ die

Steuereintreibung durch hinduistische Brahmanen durchführen.365

Die Beschaffung von Informationen, Kommunikation und Vernetzung spielten im

vorkolonialen Indien eine besondere Rolle für die Machtausübung.366 Mir Jumla stell-

te diesbezüglich keine Ausnahme dar. Für die zügige Kommunikation mit dem Sultan

in Golkonda hatte er ein System von Botenstützpunkten eingerichtet.367 Den hohen

Grad der Vernetzung, der zur Kontrolle der vielseitigen Geschäfte nötig war, illus-

triert Taverniers eindrückliche Schilderung einer Szene, in der Mir Jumla mit zwei

Sekretären große Mengen an schriftlicher Korrespondenz bewältigt:

„Il nous fit entrer dans sa tente, où il estoit assis avec deux de ses Secretaires auprés de luy. Selon la coûtume du païs où l’on va les pieds nuds […], le Nabab avoit tous les entre-deux des doigts des pieds pleins de lettres, & il en avoit aussi quantité entre les doigts de la main gauche. Il en tiroit tantost de ses pieds tan-tost de ses mains, & faisoit faire les réponses par ces deux Secretaires, en faisant aussi luy-méme quelques-unes. Aprés que les Secretaires avoient achevé les lettres il les leur faisoit lire, puis il les prenoit & y appliquoit luy-méme son ca-chet, donnant ensuite les unes à des gens de pied, les autres à des gens de che-val.“368

4.3.3 Politisches Gewicht in Zentrum und Peripherie

Aufgrund der Quellenlage kann Muhammad Sayyids Position am Hof von Golkonda

nur indirekt rekonstruiert werden.369 Sein Aufstieg zum mir jumla und seine umfang-

reichen Befugnisse deuten jedenfalls daraufhin, dass er sich im Sultanat als einer der

Obersten etabliert hatte. Diese Einschätzung bekräftigt ein auf ca. 1650 datiertes Ge-

mälde, das eine Prozession des Sultans von Golkonda zeigt.370 In der Gruppe der neun

vorweg schreitenden, vermutlich hochrangigen Personen nimmt Mir Jumla die dem

364 Sarkar, Mir Jumla, S. 5; wakil ≈ Agent: Kruijtzer, Xenophobia, S. 80 f. 365 Sarkar, Mir Jumla, S. 36. 366 Bayly, Knowing the Country, S. 10-17. 367 Sarkar, Mir Jumla, S. 41. 368 Tavernier, Six Voyages, S. 183. 369 Z.B. liegt das Hadiqat-us-Salatin, eine Chronik über das Golkonda-Sultanat bis 1644, bislang nicht in Übersetzung vor; vgl. Singh / Samiuddin, Art. „Hadiqat-us-Salatin“, S. 304 f. 370 Vgl. Abb. 11.

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Sultan nächstgelegene Position ein.371 Davon ausgehend, dass Nähe zum Herrscher in

der indo-persischen Kultur ein Ausdruck des Machtverhältnisses ist, kann die Kons-

tellation dahingehend interpretiert werden, dass Mir Jumla hier als ranghöchste Per-

son unterhalb des Sultan abgebildet ist.372

Dagegen wurde er in der Peripherie des Sultanates vor allem von den Europäern zu

dieser Zeit als autonomer Herrscher wahrgenommen. Während ihn die Engländer En-

de der 1630er Jahre noch als einen dem Sultan untergeordneten lokalen Machthaber

beschrieben hatten,373 schrieb Francis Breton Mitte der 1640er: „the Serkaile governes

the King and consequently the country.“374 In Walter Littletons Bericht von 1651 hieß

es dann: „The whole kingdome of Gulcundah is governed by him, of whome the peo-

ple stand in feare and subjection as to the King himselfe.”375 Einschränkend sei je-

doch angemerkt, dass sich die Engländer hier auf die für sie relevanten Gebiete um

Masulipatnam und entlang der Koromandelküste bezogen. Im Zentrum des Reiches

stellte auch weiterhin der Sultan die oberste Autorität dar.

In der Tat trat Mir Jumla in der Provinz als selbstbewusster Herrscher auf und insze-

nierte sich als legitimer Nachfolger Srirangas. Er bestätigte 1647 im Namen des Sul-

tans die Handelsprivilegien der EIC-Niederlassung in Fort St. George, die sie von

dem kurz zuvor besiegten Hindu-Herrscher erhalten hatten.376 Obwohl er diese Bestä-

tigung offiziell im Namen des Sultans ausführte, ist es fraglich, ob der Vorgang tat-

sächlich mit dessen Einverständnis geschah. Denn die „offizielle Linie“ des Sultanats

zog seit ca. 1620 die VOC ihren europäischen Konkurrenten vor.377 Doch dass Mir

Jumla hinsichtlich der Beziehungen zu den europäischen Handelsgesellschaften vor-

371 Mittlere Reihe, rechts: Michell / Zebrowski, Architecture and Art of the Deccan Sultanates, S. 200. 372 Zur Herrschaftssymbolik, vgl.: Gommans, Mughal Warfare, S. 59. 373 S.o. Abschnitt 4.2.2. 374 Breton u.a. an die EIC, 28.11.1644, in: Foster, English Factories 7, S. 199-218; hier S. 207. 375 Walter Littleton an die EIC, 17.1.1651, in: Foster, English Factories 9, S. 12. 376 „And withall confirm’d under the King of Gulcondaeh[s] great seale all our former privilidges in ample manner, as it was graunted to us by the foresaid fledd Jentue King“: Ivy / Gurney an die EIC, 9.10.1647, in: Foster, English Factories 8, S. 163-167; hier: S. 166 f. 377 Subrahmanyam, Persians, Pilgrims and Portuguese, S. 509.

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nehmlich eigene Interessen verfolgte, war spätestens deutlich geworden, seitdem er

Ende der 1630er Jahre Handelsbeziehungen mit den Portugiesen aufgebaut hatte.378

In der Karnatik trat er außerdem als Richter auf. Während der Audienz bei Mir Jumla

wurde Tavernier Zeuge einer Anhörung von vier Straftätern.379 Die Tatsache, dass er

hier als hohe richterliche Instanz fungierte, war zwar nicht notwendigerweise ein Af-

front gegen den Sultan. In der persischen Rechtstradition war die Koexistenz ver-

schiedener juristischer Autoritäten nicht ungewöhnlich. 380 Wohl aber kann die

Grausamkeit und die Öffentlichkeit der von Mir Jumla verhängten Strafen381 als De-

monstration seines Herrschaftsanspruchs in der Karnatik verstanden werden, auch –

und vielleicht gerade – gegenüber dem Europäer Tavernier.

4.3.4 Der Bruch mit Golkonda

Rückkehr  nach  Persien?  

Bereits seit dem Ende der 1640er Jahre spielte Mir Jumla wohl auch mit dem Gedan-

ken einer möglichen Rückkehr nach Persien. Der oben erwähnte Brief an Großwesir

Khalifa Sultan sollte diese vorbereiten.382 Mir Jumla schildert darin den religiösen

und weltlichen Sittenverfall in Persien und äußert schließlich seine Hoffnung, dass

unter Khalifa Sultan wieder Ordnung einkehren möge.383 Diese Äußerungen scheinen

auf den Adressaten zugeschnitten zu sein: Khalifa Sultan entstammte einer in der

378 S.o. Abschnitt 4.2.2. 379 „Pendant que nos estions auprés du Nabab, on luy vint dire qu’il y avoit quatre criminels qu’on avo-it amenez à la porte de sa tente. […] il dit qu’on amenât ces criminels, & aprés les avoir interrogez & fait confesser de leur bouche le mal dont ils estoient accusez“: Tavernier, Six Voyages, S. 184. 380 Z.B. staatliches Recht und „tribales Recht“: Werner, ’Urf oder Gewohnheitsrecht im Iran, S. 167. 381 „De ces quatre criminels qu’on avoit amenez en sa presence, il y en avoit un qui estoit entré dans un logis, & avoit tué la mere avec ses trois enfants. Celuy-là fut condamné sur le champ avoir les pieds & les mains coupées, & à estre jetté dans un champ sur le grand chemin pour y finir ses jours. Un autre avoit volé sur le grand chemin, & le Nabab luy fit ouvrir le ventre & le fit jetter à la voirie. Je ne pus bien sçavoir ce que les deux autres avoient fait, mais on leur coupa à tous deux la teste.“: Tavernier, Six Voyages, S. 184. 382 Dies war durchaus nötig. Z.B. wurde der 1614 aus Golkonda nach Persien zurückgekehrte Muham-mad Amin von Shah Abbas I. abgewiesen: Haneda, Emigration of Iranian Elites to India, S. 135 f. 383 Er erwähnt u.a. den shaikh ul-islam, einen hohen islamischen Rechtsgelehrten, sowie die repressive Administration unter Khalifa Sultans Vorgänger: Mir Jumla an Khalifa Sultan, Ende 1640er, in: Sarkar, Iran Correspondence (1942), S. 194 f.

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schiitischen Rechtslehre verwurzelten Familie384 und war selbst Opfer der politischen

Säuberungsaktion nach dem Tode Shah Abbas I. geworden.385 Mir Jumla ergreift hier

also Partei für Khalifa Sultan. Die Erwähnung des schiitischen Glaubens dient dabei

der Beschwörung einer religiösen Verbindung zwischen Persien und Golkonda.386

Vermutlich ebenfalls um seinen Einfluss in Persien zu stärken, nahm Mir Jumla einen

Auftrag von Shah Abbas II. zur Schuldeneintreibung im Dekkan an. In einem Brief

von ca. 1653 erklärte Mir Jumla, weshalb sich die Eintreibung der Schulden verzögert

habe:387 Der Konflikt mit Bijapur und ein Verbot des Mogulkaisers, Schiffe nach Per-

sien zu entsenden, hätten die Sendung einer Botschaft unmöglich gemacht.388 Hinter-

grund dieses Verbotes war der Konflikt um die Stadt Kandahar, der zwischen dem

Safawiden- und dem Mogulreich zwischen 1649 und 1653 offen ausgetragen wur-

de.389 Zudem war Golkonda durch den Vertrag von 1636 den Moguln zur Loyalität

verpflichtet.390 Mir Jumla war bewusst, dass eine offene Unterstützung Persiens in

dieser Konstellation einer Kriegserklärung gegen das Mogulreich gleichgekommen

wäre.391

Doch genau das schien Shah Abbas im Sinn gehabt zu haben. In der Antwort auf ei-

nen Brief Mir Jumlas versprach er ihm jede Hilfe, um die dieser angeblich gebeten

hatte392 – doch nur unter der Bedingung, dass er als Gegenleistung „the task of

strengthening this friendship“393 für ihn übernehme. Denn für Persien hätte ein Krieg

im Dekkan eine Entlastung der Südostgrenze zum Mogulreich bedeutet. Doch dieser

letzte Brief erreichte Mir Jumla vermutlich erst nach 1656, als sich die Umstände be-

384 Sein Vater war sadr im 16. Jahrhundert: Abisaab, Converting Persia, S. 99 f. 385 1632 wurden seine Söhne geblendet: Matthee, Persia in Crisis, S. 35-37. 386 Auf Beschwerden über die Zustände in Persien pflege der Mogulkaiser zu antworten: „such a creed deserves such a Shaikh-ul-Islam“: Mir Jumla an Khalifa Sultan, Ende 1640er, in: Sarkar, Iran Corres-pondence (1942), S. 194. 387 Mir Jumla an Shah Abbas II., ca. 1653, in: Ebd., S. 196 f; Datierung: S. 197 Fn. 1. 388 „Our neighbour has poisoned the atmosphere of harmony“: Ebd., S. 196; „The imperial order for-bidding the sailing of ships to Persia has been received in this court“: Ebd., S. 197. 389 Kulke, Geschichte Indiens, S. 86. 390 Anwar, Mughals and the Deccan, S. 123. 391 „Such a course would have been tantamount to preparation of war with the Mughals in such a time“: Mir Jumla an Shah Abbas II., Ende 1640er, in: Sarkar, Iran Correspondence (1942), S. 193. 392 Shah Abbas II. an Mir Jumla, undatiert, in: Sarkar, Iran Correspondence (1943), S. 91-93. 393 Ebd., S. 92 f.

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reits derart entwickelt hatten, dass eine Rückkehr ohnehin keine Option mehr für ihn

darstellte.

Am Hof von Golkonda wendete sich die Stimmung ab etwa 1653 aus nicht eindeutig

geklärten Gründen gegen Mir Jumla. Tavernier berichtet von einer Hofintrige miss-

günstiger Konkurrenten, die während Mir Jumlas Abwesenheit den Sultan gegen ihn

aufhetzten.394 Dieser habe wegen der Gerüchte über eine geplante Machtübernahme

angeordnet, Mir Jumla zu vergiften.395 Auch Aurangzebs Informanten am Hof von

Golkonda berichteten von einem angespannten Verhältnis.396 Deutlich ist jedenfalls,

dass es in dieser Zeit zur Entfremdung zwischen dem Sultan und Mir Jumla kam.

Seitenwechsel  zum  Mogulreich  

Als Aurangzeb 1652 zum zweiten Mal Vizekönig des Dekkan wurde,397 entwickelte

er großes Interesse an Mir Jumla. Einige seiner Briefe an den Mogulkaiser Shah Jahan

aus dieser Zeit geben Aufschluss darüber, wie er den Seitenwechsel zum Mogulreich

einfädelte. 398 Um 1653/54 versuchte er den Kaiser davon zu überzeugen, dass

die Hofintrige eine günstige Gelegenheit biete, Mir Jumla in den Dienst des Mogul-

reiches zu übernehmen.399 Man müsse ihn nun durch „various gestures of imperial

kindness“400 von den Vorteilen überzeugen. Aurangzeb bot Mir Jumla zu diesem

Zweck 1654 militärische Unterstützung an, falls sein Überlaufen zum Mogulreich ei-

nen Racheakt der Dekkan-Sultanate provozieren sollte.401

394 „Le credit & les richesse que Mirgimola [Mir Jumla] s’estoit aquises lui firent des ennemis, qui ja-loux d’une si grande fortune tâcherent en son absence de la détruire, & de le mettre mal dans l’esprit du Roy.“: Tavernier, Six Voyages, S. 102. 395 „Le Roy s’estant laissé aisément persuader leur donna à eux-mémes la commission d’executer l’entreprise“: Ebd., S. 102 f. 396 Aurangzeb an Shah Jahan, in: Adab-i-Alamgiri, Nr. 67, S. 246-248; hier: S. 247. 397 Kulke, Indische Geschichte, S. 85. 398 Adab-i-Alamgiri, insbesondere Nr. 67, 69, 70, 73, 74, 85, 86, 87, 89, 94, 95. 399 Aurangzeb an Shah Jahan, in: Adab-i-Alamgiri, Nr. 67, S. 246-248; Datierung: S. 366. 400 Ebd., S. 248. 401 „I have written to him many times, that if his apprehensions restrain him from acquiring the felicity of servitude […] Then I would send an Imperial army […] to serve as an escort for him“: Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 70, S. 258-262; hier: S. 262; Datierung: S. 367.

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Im Oktober 1654 schrieb er an Shah Jahan, dass nun beide Dekkan-Sultanate um die

Gunst Mir Jumlas konkurrierten.402 Dies mag der Realität entsprochen haben, kann

aber auch eine Taktik gewesen sein, um Shah Jahan zu raschem Handeln zu überre-

den. Mir Jumla spielte unterdessen auf Zeit, vermutlich weil er die Möglichkeit einer

Rückkehr nach Persien noch offen halten wollte. Ende des Jahres berichtete Aurang-

zeb: „at present he is twisting and turning […] while disclosing his true intentions to

nobody“403.

Aurangzebs Überzeugungsarbeit bei Shah Jahan tat schließlich ihre Wirkung. Anfang

1655 schien der Plan, Mir Jumla in den Mogul-Adel aufzunehmen, festzustehen.404

Obwohl nun auch sein Sohn Muhammad Amin mitübernommen werden sollte, zöger-

te Mir Jumla den Seitenwechsel weiter hinaus mit der Begründung, dass er vorher

noch seine Geschäfte in der Karnatik regeln müsse.405 Im April desselben Jahres ka-

men Aurangzeb Zweifel an dieser Begründung:

„It is for policy's sake that he [Mir Jumla] makes a shew of submission and loy-alty to Your Majesty. So long as all the diplomatic arts in his power suffice to protect him from the enmity of the two Deccan rulers, he would never leave the Carnatic, nor would he offer his services in any other place.“406

Es mag Zufall gewesen sein, dass Mir Jumlas Pläne im Spätsommer in den Dekkan-

Sultanaten bekannt wurden. Mit Rücksicht auf Aurangzebs Bedenken ist ebenfalls

denkbar, dass dieser gezielt Informationen durchsickern ließ, um den Druck auf Mir

Jumla zu erhöhen. Jedenfalls schien letzterer angesichts des bedrohlichen Szenarios

eines gemeinsamen Angriffes von Bijapur und Golkonda ab September 1655 darauf

zu drängen, möglichst rasch in den Schutz des Mogulreiches einzutreten.407 Spätes-

402 „Adil Khan is doing his utmost to attract Mir Jumla from Qutbu’l Mulk’s service to his own […] and Qutbu’l Mulk is now attempting a reconciliation“: Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 69, S. 252-256; hier: S. 254; Datierung: S. 366. 403 Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 73, S. 271-273; hier: S. 272; Datierung: S. 367. 404 „In (announcing) to Qutbu’l Mulk’s officer Mir Jumla the mansab fixed for him“: Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 76, S. 274-276; hier: S. 274; Datierung: S. 367. 405 „Mir Jumla […] intends to remain in the Carnatic for another year. He wants to wind up […] his multitudinous affairs“: Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 86, S. 313 f.; hier: S. 313. 406 Aurangzeb an Shah Jahan, in: Ebd., Nr. 87, S. 315-317; hier: S. 315 f.; Datierung: S. 368. 407 „Mir Muhammad Sa’id has just written […], that the Deccan rulers have learned of his intentions, and have resolved to send a combined force against him. […] He hopes, that he may be relieved of his fear […] through the condescending care and grace of his true preceptor and guide.“: Aurangzeb an Shah Jahan, Nr. 89, in: Ebd., S. 320; Datierung: S. 368.

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tens als sein Sohn, der sich als sein Vertreter am Hof von Golkonda aufhielt, Anfang

Dezember festgenommen wurde, gab es für ihn kein Zurück mehr.408

4.4 Die „Domestizierung“ im Mogulreich

4.4.1 Als Agent Aurangzebs

Mir Jumla wurde im Juli 1656 in Delhi von Kaiser Shah Jahan offiziell in den Mogu-

ladel aufgenommen. Nach dem rituellen Austausch von Geschenken erhielt er mansab

von 6.000/6.000 und das Amt des diwan-i kul, das in etwa seiner Position am Hof von

Golkonda entsprach. Darüber hinaus bekam er die östliche Karnatik als jagir aner-

kannt sowie ein siebenjähriges Steuerfreiheitsprivileg.409 Er gehörte damit zur Elite

des Mogul-Adels: von der Gruppe mit nennenswertem mansab über 500 machte die

Spitzengruppe mit mansab über 5.000 um 1656/57 lediglich 4,8 % aus.410 In seiner

neuen Position baute Mir Jumla nun selbst ein Patronage-Netzwerk auf und bildete

am Mogulhof als Agent Aurangzebs ein Gegengewicht zu dessen Bruder Dara Shu-

koh.411

Dieser wiederum übte großen Einfluss auf Kaiser Shah Jahan aus, da er die meiste

Zeit am Hof verbrachte. Er galt als der Lieblingssohn und als Favorit für die Thron-

folge.412 Um die Macht seines Kontrahenten Aurangzeb klein zu halten, hatte er zuvor

bei Shah Jahan den Abbruch des Angriffs auf Golkonda erwirkt.413 Durch sein Ge-

wicht am Mogulhof gelang es Mir Jumla, den Kaiser nun davon zu überzeugen, die

Eroberung Bijapurs anzuordnen.414 Zum einen war die totale Unterwerfung des Dek-

kan ohnehin das Ziel Aurangzebs; zum anderen lag dies auch in Mir Jumlas Interesse,

da er auf diese Weise seine Position in der Karnatik sichern konnte.415

408 Aurangzeb an Shah Jahan, Nr. 94, in: Ebd., S. 330-332; hier: S. 331 f.; Datierung: S. 368. 409 Sarkar, Mir Jumla, S. 82 f. 410 Mansab über 5.000 ≙ 25 Personen; 1.000-4.500 ≙ 223; 500-900 ≙  270:  Ali,  Apparatus,  S.  xx.  411 Sarkar, Mir Jumla, S. 87-89. 412 Richards, Mughal Empire, S. 151. 413 Ebd., S. 157. 414 Dies geht aus Berniers Bericht hervor: Bernier, Travels, S. 185; seine Einschätzung kann als „zeit-nah“ ernst genommen werden, da er 1659 Dara Shukoh begleitete: Ebd., S. xx. 415 Seit seinem Abzug Anfang 1656 drohte Gefahr durch die Dekkan-Sultanate, aufständische Nayaks und die EIC, die mehrere seiner Schiffe beschlagnahmte: Sarkar, Mir Jumla, S. 94-96, 141-146.

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Doch Mir Jumlas Einfluss war begrenzt. Während er bis zum Sommer 1657 in den

Krieg gegen Bijapur eingebunden war, fand in seiner Abwesenheit am Hof die Partei

Dara Shukohs zu alter Stärke zurück. Obwohl Bijapur beinahe vollständig besiegt

war, befahl Shah Jahan Anfang August die Beendigung des Krieges durch einen Frie-

densvertrag anstelle der endgültigen Unterwerfung.416 Als der Kaiser im September

1657 schwer erkrankte und sich rasch Gerüchte über seinen Tod verbreiteten, fiel die

Ausübung der Regierung de facto in Dara Shukohs Hände.417

Während sich Aurangzeb das ganze Jahr 1658 über dem Thronfolgekrieg widmete,

verzögerte Mir Jumla seine Unterstützung, denn er wollte sich zunächst um die Absi-

cherung der Karnatik kümmern.418 Dort war inzwischen die Festung Gandikota von

den Truppen Golkondas erobert worden.419 Ende Oktober 1658 verlieh ihm Aurang-

zeb das Amt des Provinzverwalters von Burhanpur und die Provinz Khandesh als

jagir.420 Dies kann als Versuch Aurangzebs interpretiert werden, Mir Jumla aus seiner

beinahe autonomen Position in der Peripherie näher an das Zentrum der Herrschaft zu

bringen.421 In der Karnatik hatte sich Mir Jumla ja bereits dem Zugriff durch den Sul-

tan von Golkonda erfolgreich entziehen können.

Schließlich griff Mir Jumla doch noch in den Thronfolgekampf ein. Im Januar 1659

schlug er gemeinsam mit Aurangzeb dessen größten verbleibenden Konkurrenten

Shuja in die Flucht.422 Mir Jumla wurden mit der Verfolgung beauftragt. Shuja floh

entlang des Ganges durch Bihar zurück nach Bengalen, wo er als ehemaliger Statthal-

ter der Provinz durch seine Ortskenntnis und seine Kontakte leichte Vorteile hatte.

Die Verfolgung dauerte etwa eineinhalb Jahre und war von diversen Scharmützeln

mit wechselndem Erfolg geprägt.423 Anfang Mai 1660 verließ Shuja die Stadt Dhaka

416 Ebd., S. 118-123. 417 Faruqui, Princes, S. 242 f. 418 Sarkar, Mir Jumla, S. 138 f. 419 Ebd., S. 109 f. 420 Ebd., S. 140. 421 Zur Lage von Burhanpur/Khandesh: vgl. Abb. 6. 422 Sarkar, Mir Jumla, S. 148-150. 423 Sarkar gibt eine äußert detaillierte Darstellung: Ebd., S. 151-201.

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und floh ins Königreich Arakan, wo er der Verschwörung gegen den König bezichtigt

und schließlich hingerichtet wurde.424

4.4.2 Die letzten Jahre: Bengalen und die Nordostexpansion

Mir Jumla erhielt Ende Mai 1660 das Amt des Statthalters der Provinz Bengalen. Sein

Versuch, die Verwaltung zu reformieren und so für Stabilität zu sorgen, blieb weitge-

hend ergebnislos.425 Auch in Bengalen nutzte er seinen politischen Einfluss, um vom

florierenden Handel zu profitieren. Er schloss Monopolverträge mit den europäischen

Gesellschaften und ließ seine Waren auf ihren Schiffen kostenfrei verschiffen.426 In-

dem er den Europäern mit der Auflösung ihrer Faktoreien drohte, bekam er Zugang

zu wichtigem Kriegsmaterial und konnte ihnen erneut einige Soldaten abwerben.427

Bernier berichtet, dass sich der mittlerweile ungefähr 70 Jahre alte Mir Jumla nach

den Gefechten zusammen mit seiner Familie in Bengalen niederlassen wollte. Da

Aurangzeb dahinter Absichten zur Etablierung einer unabhängigen Herrschaft gewit-

tert habe, sei er dieser Bitte nicht nachgekommen.428 Stattdessen, so Bernier, habe er

Mir Jumlas Sohn ein hohes Amt im Zentrum des Reiches verliehen und Mir Jumla

selbst mit dem Krieg gegen das Königreich Ahom (heutiges Assam) beauftragt, um

seine militärische und politische Stärke in der Peripherie zu binden.429

Welches Gewicht diesen Bemerkungen Berniers beigemessen werden sollte, ist

schwierig einzuschätzen. Sarkar hält es angesichts der von ihm unterstellten „soaring

ambition“430 Mir Jumlas für unwahrscheinlich, dass er sich zu diesem Zeitpunkt zur

Ruhe setzen wollte. In der Tat mag die Aussagekraft bezüglich Mir Jumlas Intention

eher gering sein. Bernier, der sich zwischen 1659 und 1665 am Mogulhof aufhielt,431

beschrieb vermutlich vielmehr die dort vorherrschende Wahrnehmung. Diesbezüglich

kann seine Aussage aber durchaus ernstgenommen werden: Nicht zuletzt aufgrund

424 Richards, Mughal Empire, S. 162. 425 Sarkar, Mir Jumla, S. 208-210, S. 226. 426 Ebd., S. 216 f. 427 Ebd., S. 219. 428 Bernier, Travels, S. 169. 429 Ebd., S. 171. 430 Sarkar, Mir Jumla, S. 223, Fn. 1. 431 Bernier, Travels, S. 4.

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seiner Laufbahn in Golkonda wurde Mir Jumlas Macht in der Peripherie vom Zent-

rum des Reiches aus mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt.

Doch die Sorgen sollten sich als unbegründet herausstellen, da der Feldzug gegen

Ahom ohnehin die letzte Handlung in seinem Leben war. Ende 1661 annektierte Mir

Jumla mit seinen Truppen Kuch Bihar, zog von dort aus entlang des Brahmaputra

weiter und nahm im März 1662 Garghaon, die Hauptstadt von Ahom, ein. Dort traf er

auf keine nennenswerte Gegenwehr, denn der König hatte sich mit seinen Truppen in

die Berge zurückgezogen.432 Doch während der Regenzeit von Mai bis Oktober wur-

den Mir Jumlas Truppen von der Versorgung abgeschnitten. Hungersnot, ständige

Guerilla-Angriffe aus dem dichten Regenwald und um sich greifende Seuchen

schwächten sein Kontingent.433

Mir Jumla musste sich daher mit einem Friedensschluss im Dezember zufrieden ge-

ben, durch den Ahom zwar formal die Oberherrschaft des Mogulreiches anerkann-

te.434 Aber nach dem Rückzug Mir Jumlas wurden die Bedingungen des Vertrags von

Ahom nicht weiter beachtet. Auch Kuch Bihar war inzwischen bereits wieder zurück-

erobert worden.435 Dieser letzte Feldzug hatte langfristig gesehen nur sehr geringe

Auswirkungen, weshalb er letztlich als Misserfolg gelten kann.436 Auf dem Rückweg

nach Bengalen im Januar 1663 erkrankte Mir Jumla schwer und starb schließlich an

Bord eines Bootes auf dem Brahmaputra am 31. März 1663.437

4.5 Zwischenfazit

Das Sultanat von Golkonda sah sich seit Anfang der 1630er Jahre mit verschiedenen

Herausforderungen konfrontiert: Zum einen war es dem Mogulreich durch den Ver-

trag von 1636 zu jährlichen Tributzahlungen verpflichtet. Zum anderen begann das

benachbarte Sultanat von Bijapur gegen Ende der 1630er Jahre seinen Machtbereich

432 Richards, S. 167; Vgl. Abb. 7. 433 Sarkar, Mir Jumla, S. 253-264. 434 Ebd., S. 269. 435 Ebd., S. 270. 436 So urteilt auch: Ali, Mughal Nobility under Aurangzeb, S. 98; dagegen wertet Sarkar den Krieg als Erfolg, der die größte Ausdehnung des Reichs nach Nordosten markiert: Sarkar, Mir Jumla, S. 278. 437 Ebd., S. 273.

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erheblich in Richtung Süden auszweiten. Darüber hinaus hatte Anfang des Jahrzehnts

eine landwirtschaftliche Krise zum Rückzug einiger persischer Beamter aus der wich-

tigen Hafenstadt Masulipatnam geführt. Da Verwaltungsaufgaben meist mit militäri-

schen Funktionen einhergingen, kann gemutmaßt werden, dass sich dies auch auf die

Armee des Sultans auswirkte.

Für Muhammad Sayyid, der vermutlich zwischen 1630 und 1635 aus Persien einwan-

derte, stellten dies günstige Ausgangsbedingungen dar. Seine Motivation scheint zu-

nächst darin bestanden zu haben, eine Karriere im Stile der persischen „portfolio

capitalists“ zu machen. Das heißt, er betätigte sich sowohl im Handel als auch in der

Verwaltung – besonders in der Steuereintreibung. Als havaldar von Masulipatnam

kombinierte Muhammad Sayyid politischen Einfluss und Handelsbeziehungen. Auf

diese Weise gelang es ihm, eine Monopolstellung aufzubauen, die seinen Einfluss

stärkte, da sie ihn zu wichtigen Kontakten und materiellem Wohlstand verhalf.

Die Vergabe des Auftrags der Südexpansion an Muhammad Sayyid erfolgte vermut-

lich nicht zuletzt aufgrund seines Reichtums und seiner Beziehungen. Von einem

Zielkonflikt kann bis dahin keine Rede sein. Nachdem er die kriselnde Verwaltung in

Masulipatnam unter Kontrolle gebracht hatte, erweiterte Muhammad Sayyid durch

die Eroberung der Karnatik das Einflussgebiet des Sultanats und erhöhte dadurch

auch dessen Steuereinnahmen. Dass diese herrschaftliche Durchdringung der Periphe-

rie im Sinne der Zentralmacht lag, zeigt sich auch darin, dass er den Titel des mir

jumla gewissermaßen als Belohnung für die erfolgreiche Kriegsführung erhielt.

Der entscheidende Kompetenzvorteil ist in Mir Jumlas starker Position im Handel zu

sehen, die ihm die Aufstellung einer schlagkräftigen und gut ausgerüsteten Streitkraft

ermöglichte. Sie war indes nur zu Beginn von der Autorität des Sultans abhängig, als

er noch die Legitimierung durch das Amt des havaldar bzw. des sar-i-khail benötigte.

Besonders die europäischen Handelsgesellschaften nahmen ihn dagegen schon früh

als unabhängigen Machthaber wahr. Nur für die Steuereintreibung war die Legitimie-

rung durch den Sultan weiterhin notwendig. Mir Jumla nutzte diesen Handlungsspiel-

raum, um seine Position in der Karnatik zu festigen. Vor allem der Umstand, dass er

sich dort dem Einfluss des Sultans entziehen konnte, während er gleichzeitig mit Per-

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60

sien und dem Mogulreich über einen möglichen Seitenwechsel verhandelte, verdeut-

licht den hohen Grad seiner Autonomie.

Der Preis, den Mir Jumla für den Aufbau seiner Position in der Karnatik zahlte, war

die Schwächung seiner Position am Hof von Golkonda. Jedoch lässt sich eine Macht-

asymmetrie eigentlich auch nur dort – im Zentrum der Herrschaft – ausmachen, wo

auch weiterhin der Sultan die dominante Figur darstellte. Wohl aber scheint sich Mir

Jumla der Gefahr bewusst gewesen zu sein, die von einer möglichen Allianz zwischen

den beiden Dekkan-Sultanaten ausging. Ob sich der Zielkonflikt durch seine Macht-

fülle in der Karnatik langfristig in eine offene Auseinandersetzung entwickelte hätte,

scheint angesichts der Gerüchte über die Hofintrigen zwar wahrscheinlich, bleibt aber

aufgrund des Eingreifens Aurangzebs letztlich reine Spekulation.

Auf Seiten des Mogulreiches musste Mir Jumla wesentliche Einbußen in seiner Hand-

lungsfreiheit hinnehmen. Sein Interesse galt zunächst noch der Verteidigung seiner

Position in der Karnatik, weshalb er nur zögerlich in den Thronfolgekrieg eingriff.

Doch der Zielkonflikt führte in diesem Fall aufgrund der Machtasymmetrie zugunsten

Aurangzebs zu keinem offenen Bruch. Zum einen bestand ein Patronage-Verhältnis,

da Mir Jumla nur durch die Vermittlung Aurangzebs zu hohem Rang und dem ent-

sprechenden Einkommen gekommen war. Zum anderen schaffte es der Mogulkaiser,

den Kompetenzvorteil Mir Jumlas durch die Zuteilung von jagirs und dem Posten des

Statthalters von Bengalen zu binden.

5 Auswertung des Vergleichs

5.1 Individuelle Unterschiede

Um die Ergebnisse der Einzelfalldarstellungen in einem Vergleich zusammenzufüh-

ren, werden zunächst markante Unterschiede betrachtet. Als offensichtlich erscheinen

dabei die unterschiedlichen Rahmenbedingungen für die Zentralmacht, die sich aus

dem europäischen und dem indischen Kontext ergeben: Für Kaiser Ferdinand II. be-

stand in erster Linie ein Finanzierungsproblem. Diesem begegnete er mit Maßnah-

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men, die man heutzutage als „Outsourcing“ bezeichnen würde.438 Der Sultan von

Golkonda hingegen sah sich von außen mit den Ansprüchen des Mogulreiches und

der Expansion Bijapurs konfrontiert. Von innen verschlechterte die vom Rückzug

persischer Beamter geschwächte Verwaltung seine Lage. Für ihn bestand also eher

ein Organisationsproblem.

Auch bezüglich der Ziele der Militärunternehmer war der Kontext entscheidend: Wal-

lenstein strebte vor allem den sozialen Aufstieg an, den er nur durch Grundbesitz und

den damit verbundenen Titeln erreichen konnte. Hierfür diente ihm die militärische

Funktion vorrangig als Mittel sowie als Legitimierung. Mir Jumlas Ziele lagen hinge-

gen in einer politisch-militärischen, vor allem aber auch in einer händlerischen Karri-

ere. Dieser Unterschied lässt sich vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen der

Kriegsunternehmer in Europa und der „portfolio capitalists“ in Zentralindien erklären:

Wallenstein und Mir Jumla verfolgten jeweils das Ziel, was in ihrem Kontext als „üb-

lich“ und daher als „möglich“ zu sehen ist.

Diese kulturelle Komponente spiegelt sich auch in der Struktur ihrer Organisation wi-

der. Wallenstein delegierte in stärkerem Maße Aufgaben an untergeordnete Akteure:

im militärischen Bereich an Subunternehmer, in der Organisation an Hans de Witte.

Er selbst kümmerte sich hingegen um Bereiche wie Koordinierung oder operative

Kriegsführung. Dagegen vereinte Mir Jumla vielgestaltigere Funktionen auf sich

selbst. Bis zuletzt bemühte er sich darum, seine mannigfaltigen Geschäfte persönlich

zu kontrollieren. Insbesondere verfolgte er bis zum Tod auch seine Interessen im

Handel. Eine mögliche Erklärung für diesen Unterschied liegt einerseits in der Grö-

ßenordnung der Organisation Wallensteins, welche die Dimension von Mir Jumlas

Unternehmung vermutlich überstieg. Doch zum anderen ist hier ebenfalls eine kultu-

relle Ursache denkbar: Wallenstein orientierte sich an den Maßstäben des europäi-

schen Adels, Mir Jumla an denen der persischen Eliten in Zentralindien.

Hieraus ergibt sich der letzte und vielleicht markanteste Unterschied: Wallensteins

Status war so eng mit seinem Grundbesitz verknüpft, dass ihm bei offener Rebellion

438 Dazu zählen insbesondere auch das Münzkomitee sowie der Verkauf von konfisziertem Grundbesitz und den damit verbundenen Titeln im Sinne eines Ämterkaufs.

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gegen den Kaiser der Entzug seiner Existenzgrundlage gedroht hätte. Ein Seitenwech-

sel scheint in seinem Fall also nicht möglich gewesen zu sein,439 ganz im Gegensatz

zu Mir Jumla, der offensichtlich zum Mogulreich überlaufen und dort seine Karriere

fortsetzen konnte, ohne dabei Einbußen bezüglich seines Rangs oder seines Einkom-

mens aus der Steuererhebung hinnehmen zu müssen. Darüber hinaus konnte Mir Jum-

la ebenfalls weiterhin als Händler tätig bleiben. Auch dieser Umstand lässt sich durch

den spezifischen Kontext erklären: Schließlich war das mansabdari-System der Mo-

guln auf ebendiesen Zweck zugeschnitten.

5.2 Strukturelle Gemeinsamkeiten

Neben den genannten individuellen Unterschieden zwischen den Karrieren von Wal-

lenstein und Mir Jumla lassen sich jedoch mithilfe der eingeführten Operatoren auch

strukturelle Gemeinsamkeiten ausmachen. Hierzu ist es nötig, den Blickwinkel etwas

weiter zu fassen. Bezüglich des Kontextes lässt sich verallgemeinern, dass sich die

Zentralmacht in beiden Fällen in einer Situation befand, in der sie auf äußeren Druck

mit begrenzten Mitteln reagieren musste. Da sie über eine schwache Exekutivgewalt

verfügte, begegnete sie diesem Problem mit der gezielten Stärkung einzelner Akteure

– der privaten Militärunternehmer. Die Kompetenzen, die diese erhielten, überstiegen

dabei zu Anfang nicht den Rahmen, der vor dem Hintergrund der jeweiligen militäri-

schen Organisationstradition als üblich gelten kann.

Den Militärunternehmern bot sich im Dienst für die Zentralmacht in erster Linie eine

Chance für etwas, das sich unter dem Begriff „Aufstieg“ verallgemeinern lässt. In

beiden Fällen ergab sich aus dieser persönlichen Motivation jedoch zunächst kein

Zielkonflikt: Über weite Strecken agierten die Militärunternehmer als „verlängerter

Arm“ der Zentralmacht und ermöglichten ihr auf diese Weise die herrschaftliche

Durchdringung peripherer Gebiete. Hier zeigt sich deutlich, wie eng „staatliche“ und

„private“ Interessen korrespondierten, sich gegenseitig bedingten und sogar nahezu

identisch waren.

439 Dies galt nicht für alle Militärunternehmer im Dreißigjährigen Krieg. Für den Protestanten Arnim war ein Seitenwechsel nach dem Erlass des Restitutionsedikts möglich: Rebitsch, Wallenstein, S. 169.

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Der zentrale Kompetenzvorteil der Militärunternehmer lag dabei zum einen in ihrer

wirtschaftlichen Flexibilität, die ihnen den Zugang zu kriegswichtigen Ressourcen

vereinfachte, und zum anderen in ihren Netzwerken, die sie im Gegensatz zur Zent-

ralmacht auch über „konfessionelle“ und „politische“ Grenzen hinweg aufbauen

konnten. Sie nutzten diesen Vorteil zur Erweiterung ihres Handlungsspielraumes, der

ihnen die Verfolgung ihrer persönlichen Motive ermöglichte. Doch auch aus diesem

Streben nach Autonomie ergab sich nicht notwendigerweise ein Zielkonflikt, da die

Zentralmacht auch weiterhin von diesem Prozess profitierte.

Jedoch war der Autonomie – und damit auch dem Aufstieg – der Militärunternehmer

durch die Machtasymmetrie zugunsten der Zentralmacht eine natürliche Grenze ge-

setzt: Eine Entmachtung des Herrschers schien zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen

zu sein. Dagegen lässt sich vielmehr eine Etablierung parallel existierender Macht-

strukturen beobachten. Hierfür dürfte insbesondere eine gewisse räumliche Distanz

zum Zentrum der Herrschaft eine wichtige Rolle gespielt haben.

Diese Distanz barg jedoch zugleich die Gefahr einer Entfremdung zwischen Militär-

unternehmer und Zentralmacht. Geringe persönliche Präsenz am Hof des Herrschers

scheint in beiden Fällen den offenen Konflikt gewissermaßen vorbereitet zu haben.

Als die Militärunternehmer ihren Kompetenzvorteil überstrapazierten, indem sie sich

den Anweisungen der Zentralmacht widersetzten, wurde ihr Verhalten schließlich als

Verrat gewertet. Obschon die Machtasymmetrie räumlich begrenzt war, blieb sie im

Zentrum der Herrschaft bis zuletzt bestehen.

6 Schlussbetrachtung

In der vorliegenden Arbeit wurde zu Anfang in Anlehnung an das berühmte Clause-

witz-Zitat vom „Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ die Frage nach

dem politischen Einfluss der kriegsführenden Akteure gestellt. Diese Frage scheint

vor der aktuellen Entwicklung einer zunehmenden Privatisierung des Krieges, aber

vor allem auch in ihrer historischen Dimension von großer Relevanz. Im Fokus der

Untersuchung stand das Verhältnis zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht

anhand der Fallbeispiele Wallenstein und Mir Jumla. Vor dem Hintergrund der Pro-

blematik, die sich aus der Übertragung moderner Kategorien wie „privat“ und „staat-

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lich“ auf das 17. Jahrhundert ergibt, wurde dieses Verhältnis mit Begriffen der Agen-

turtheorie operationalisiert.

Vor der eigentlichen Untersuchung der Fallbeispiele stellte Kapitel 2 zunächst gängi-

ge historiografische Konzepte und Theorien zu politischen Auswirkungen der Kriegs-

führung vor. Als Ausgangspunkt diente die These der „militärischen Revolution“ von

Michael Roberts, nach welcher der Prozess der „Staatsbildung“ von militärischen

Innovationen katalysiert wurde. David Parrott kritisiert dieses Narrativ als Fortset-

zung der teleologischen Meistererzählung von der Entstehung des modernen Natio-

nalstaates. Ähnlich wie Roberts argumentiert er auf militärisch-operativer Ebene,

jedoch in entgegengesetzter Richtung: Statt zu einer Verstaatlichung habe der Kriegs-

druck zu einer Privatisierung geführt. Parrotts These schließt damit an jüngere Kon-

zepte der Forschung an, die „Staatsbildung“ als „empowering interaction“ verstehen.

Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt auch die jüngere Forschung zur vorkolonialen

Geschichte Indiens. Nicht zuletzt deshalb wurde schließlich die eurozentrische Per-

spektive der älteren Theorien zur „Staatsbildung“ kritisch hinterfragt.

Zur Betrachtung des Falles Wallenstein wurde in Kapitel 3 zunächst die in Europa

„übliche“ militärische Organisationsform durch private Kriegsunternehmer darge-

stellt, sowie die Situation Kaiser Ferdinands II., der auf den ausbrechenden Dreißig-

jährigen Krieg mit begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten reagieren musste. Nach

einem biografischen Überblick, der Wallensteins Streben nach Grundbesitz als Mittel

für sozialen Aufstieg als zentrales Handlungsmotiv herausstellte, wurde der für sein

Verhältnis zum Kaiser konstitutive Teilaspekt der Kriegsfinanzierung analysiert. Die-

se erfolgte „nach unten“ mit relativer Handlungsfreiheit; sie war jedoch „nach oben“

letztlich von der Autorität des Kaisers abhängig. Des Weiteren wurden die Grenzen

seines politischen Einflusses aufgezeigt. Die Zusammenfassung im Zwischenfazit

mithilfe der Operatoren ergab, dass Wallenstein weitgehend im Interesse der Zentral-

macht handelte, obwohl er seinen Handlungsspielraum vorrangig zur Verfolgung per-

sönlicher Ziele nutzte. Erst die strategischen Differenzen, die sich gegen Ende seiner

Karriere manifestierten, führten aufgrund des gesteigerten Misstrauens, das man am

Wiener Hof gegen ihn hatte, schließlich zum Bruch mit dem Kaiser.

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Zur Kontextualisierung des Falles Mir Jumla beleuchtete auch Kapitel 4 zunächst

gängige militärische Organisationsformen anhand der Beispiele der mansabdars und

der „portfolio capitalists“ sowie die politische Situation Golkondas, die vom Herr-

schaftsanspruch der Moguln, der Expansion Bijapurs und einer Krise der Administra-

tion geprägt war. Als Motiv für die Auswanderung Muhammad Sayyids wurde

mangelnde Aussicht auf eine politisch-wirtschaftliche Karriere in Persien ausgemacht.

Dagegen war ihm ebendiese in Golkonda unter der Schirmherrschaft des Sultans

möglich. Es wurde gezeigt, wie Mir Jumla durch die Verschränkung von politisch-

administrativem Einfluss, Handelsaktivitäten und militärischen Funktionen eine bei-

nahe autonome Position in der eroberten Karnatik erlangen konnte. Nachdem er zum

Mogulreich übergelaufen war, setzte er dort seine Karriere im Dienst Aurangzebs fort.

In der Zusammenfassung wurde unter Anwendung der Operatoren deutlich, dass Mir

Jumlas Autonomie in Golkonda einerseits der Zentralmacht zum Nutzen gereichte,

andererseits aber auch seinen Seitenwechsel ermöglichte. Im Mogulreich hingegen

war sein Handlungsspielraum deutlich stärker eingeschränkt.

Die Auswertung des Vergleichs in Kapitel 5, das die Ergebnisse der Einzelfallbe-

trachtungen zusammenführte, hat zum einen die individuellen Unterschiede zwischen

den beiden Fällen Wallenstein und Mir Jumla deutlich gemacht: Sie bestehen in der

Art der Problematik für die Zentralmacht, dem Ziel des Militärunternehmers, der

Struktur seiner Organisation sowie im Grad seiner Handlungsfreiheit. Die möglichen

Ursachen für diese Unterschiede scheinen vor allem in den politischen Rahmenbedin-

gungen sowie im sozio-kulturellen Kontext begründet zu liegen. Doch zum anderen

konnten durch den Vergleich auch strukturelle Gemeinsamkeiten des Verhältnisses

zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht in den untersuchten Fallbeispielen

herausgearbeitet werden. Als zentrales Ergebnis der Arbeit kann festgehalten werden,

dass sich bei einer Erweiterung des Blickwinkels signifikante Ähnlichkeiten ausma-

chen lassen: Gemeinsam ist beiden Fällen, dass die Zentralmacht auf äußeren Druck

mit Auslagerung reagiert, dass sich Interessen von Zentralmacht und Militärunter-

nehmer überschneiden, dass der Militärunternehmer seinen Handlungsspielraum nutzt

und erweitert, aber dass seinem Aufstieg insbesondere im Zentrum der Herrschaft

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durch den legitimierten Herrschaftsanspruch der Zentralmacht eine natürliche Grenze

gesetzt ist.

Aus diesem Ergebnis folgen zwei Konsequenzen, die abschließend reflektiert werden

sollen. Erstens stellt sich die Frage nach der Bewertung von „ähnlichen Strukturen“,

die innerhalb eines transkulturellen Vergleichs festgestellt werden, insbesondere im

Zusammenhang mit der von Geschichtsschreibung und Quellenlage beeinflussten

Perspektive. Zweitens ist zu überprüfen, inwiefern die Feststellung „ähnlicher Struk-

turen“ Rückwirkungen auf die in Kapitel 2 vorgestellten Theorien hat, die ja vorran-

gig im europäischen Kontext entwickelt wurden. Während ersteres also vor allem die

Schwierigkeiten eines transkulturellen Vergleichs aufzeigt, verdeutlicht letzteres ins-

besondere auch sein Potential.

Zunächst muss kritisch hinterfragt werden, warum dem Verhältnis von Zentralmacht

und Militärunternehmer in den behandelten Fällen eine ähnliche Struktur zugrunde zu

liegen scheint. Denn von der Ähnlichkeit der Strukturen darf nicht unreflektiert darauf

geschlossen werden, dass es sich tatsächlich um dieselben Strukturen handelt.440 Die-

ses auch als „Galtons Problem“ bekannte, methodische Dilemma ließe sich durch eine

beziehungsgeschichtliche Analyse militärischer Organisationsformen in Europa und

Südasien lösen.441 Doch ein solch ambitioniertes Unterfangen kann in dem begrenzten

Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden.

Was jedoch vor diesem Hintergrund reflektiert werden kann, ist die Frage, ob die

Gemeinsamkeiten auf die historiografische Perspektive zurückzuführen sind. Jagadish

Narayan Sarkar, der mit seiner Biografie den Blick auf Mir Jumla entscheidend präg-

te, war stark beeinflusst von Jadunath Sarkar, einem kontroversen Historiker des frü-

hen 20. Jahrhunderts:442 Einerseits wird seine Leistung als Begründer einer indischen

Historiografie im Ranke’schen Sinne positiv hervorgehoben;443 andererseits wird kri-

tisiert, dass er den kolonialen Diskurs der britischen Historiker des späten

440 Flüchter / Richter, Structures on the Move, S. 11 f. 441 Osterhammel, Transkulturell vergleichende Geschichtswissenschaft, S. 299. 442 Jadunath Sarkar trug auch das Vorwort bei: Sarkar, Mir Jumla, S. v f. 443 Gelobt wird sein Einsatz zur Öffnung von Archiven: Chakrabarty, Bourgeois Categories, S. 70.

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19. Jahrhunderts in einer hindu-nationalistisch geprägten Form fortgeführt habe.444

Dieser Einfluss lässt daher die Vermutung zu, dass auch die Mir Jumla-Biografie von

„westlich“ geprägten Narrativen durchzogen ist, was wiederum die Feststellung ähn-

licher Strukturen erklären kann.

Eine Möglichkeit, dieser Problematik zu begegnen, ist die verstärkte Zuwendung zu

den Quellen, wie sie Kapitel 4 zu Mir Jumla verfolgte. Doch auch dieser Ansatz ist

nicht unproblematisch: Denn zum einen geben Reiseberichte und EIC-Dokumente

eine explizit europäische Blickrichtung vor, wobei zu beachten ist, dass letztere zu-

dem aus kolonialem Interesse ediert wurden.445 Zum anderen unterliegen auch die

vermeintlich „authentischeren“ indischen Quellen, in dieser Arbeit vor allem Brie-

fe,446 durch ihre Edition und Übersetzung ebenfalls dem potentiellen Einfluss „west-

lich“-kolonialer Diskurse.447 Dieses Fundamentalproblem lässt sich nicht vollständig

auflösen. Dennoch erscheint ein kritisch reflektierter Umgang mit den Quellen mög-

lich und auf jeden Fall sinnvoller, als gänzlich auf sie zu verzichten.

Trotz dieser Einschränkungen, die bei der Beobachtung struktureller Gemeinsamkei-

ten im europäischen und indischen Kontext mitgedacht werden müssen, ermöglicht

der transkulturelle Vergleich eine kritische Reflexion der in Kapitel 2 vorgestellten

Theorien. Wie die Einzelfalldarstellungen in Kapitel 3 und 4 zeigen konnten, führte

der äußere Kriegsdruck in den hier behandelten Fällen in erster Linie zur Auslagerung

von Kompetenzen – also insbesondere nicht zur Institutionalisierung oder gar zur

Zentralisierung staatlicher Gewalt. Die klassische Meistererzählung erweist sich nicht

nur im europäischen Kontext als brüchig. Vielmehr lässt sich David Parrotts These,

dass gerade die nicht-staatliche Organisation der Kriegsführung durch private Militär-

unternehmer die herrschaftliche Durchdringung des Territoriums begünstigte, auch im

indischen Kontext beobachten.

444 Subrahmanyam kritisierte ihn scharf als „that happy neo-colonialist“: Subrahmanyam, Rezension zu: Shourie, Eminent Historians. 445 Der Herausgeber William Foster war Angestellter des India Office in London. 446 Die Briefe Mir Jumlas wurden von Sarkar selbst übersetzt; in der Übersetzung der Briefe Aurang-zebs wird insbesondere auch auf Sarkars Darstellungen verwiesen. 447 Vgl. zu der Quellenproblematik: Kulke, Rezension zu: Chatterjee, The Culture of History.

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Was ein transkultureller Vergleich im besten Fall leisten kann, formuliert der renom-

mierte Globalhistoriker Jürgen Osterhammel als eine „ aufweckende Erfahrung, denn

oft enttarnt erst der komparative Blick eine vermeintliche Selbstverständlichkeit als

Problem.“448 In der vorliegenden Arbeit verhält es sich gewissermaßen gerade an-

dersherum, wenngleich nicht weniger aufschlussreich: Das vermeintliche Problem,

welches das Phänomen der privaten Militärunternehmer im Hinblick auf die älteren

Theorien zur „Staatsbildung“ in Europa darstellt, erscheint durch den Blick auf das

vorkoloniale Indien selbstverständlicher als zuvor angenommen. Denn die Organisa-

tion des Militärs wurde auch dort durch private Militärunternehmer ausgeführt, wenn-

gleich dieser Aspekt von der Historiografie weniger betont wurde.

Aus der in dem Vergleich erarbeiteten Ähnlichkeit der Struktur des Verhältnisses

zwischen Militärunternehmer und Zentralmacht ergibt sich insbesondere ein mögli-

cher Anknüpfungspunkt für eine vergleichende Betrachtung von „Staatsbildung“ als

„empowering interaction“ in Europa und Südasien. Denn die „Zahl der großen Her-

ausforderungen an menschliche Kollektive ist begrenzt, und endlich ist auch das Re-

pertoire möglicher Antworten.“ 449 Die Organisation der Kriegsführung mit den

begrenzten Mitteln, die der Zentralmacht im 17. Jahrhundert in Europa und Südasien

zur Verfügung stand, scheint eine dieser Herausforderungen gewesen zu sein.

Das Ergebnis struktureller Ähnlichkeiten militärischer Organisation steht im Kontrast

zu der Bewertung der langfristigen historischen Entwicklungen: Während in Europa

eine Erfolgsgeschichte des Nationalstaates geschrieben werden konnte, wurde in Indi-

en das Scheitern des Mogulreiches als eine wesentliche Vorbedingung für die Entste-

hung des englischen Kolonialreiches gesehen.450 Im Gegensatz zu diesen „großen

Narrativen“ hat sich in der vorliegenden Arbeit insbesondere die Betrachtung der em-

pirischen Mikro-Ebene als vorteilhaft erwiesen, da sie weniger zur Reproduktion der

teleologischen und eurozentrischen Sichtweisen neigt. Eine weiterführende Forschung

in dieser Richtung, etwa durch Einzelbiografien451, Kollektivbiografien452, Syntheti-

448 Osterhammel, Transkulturell vergleichende Geschichtswissenschaft, S. 295. 449 Ebd., S. 302. 450 Einen Überblick über die gängigen Erklärungsmodelle gibt: Faruqui, Princes, S. 13. 451 Leins, Reichsgraf Peter Melander von Holzappel.

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sierungen453 oder auch vergleichende bzw. transkulturelle Ansätze454, scheint daher

ein fruchtbarer Ansatz zu sein, um etablierte und starre Erklärungsmuster der longue

durée kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu relativieren.

452 Faruqui, Princes. 453 Parrott, Business of War. 454 Flüchter, Structures on the Move.

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7 Abbildungen

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Abb. 2: Baccio del Bianco, Albrecht von Waldstein als Mars auf dem Kriegswagen von einem Viergespann gezogen, 1623-1624. Prag, Waldstein Palais, Großer Saal (Trabantensaal), in: Eliška Fučíková / Ladislav Čepička (Hgg.), Albrecht von Wald-stein. Inter arma silent musae?, Prag 2007, S. 145.

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Abb. 3: Kaiserliche Armeestärke während Wallensteins erstem Generalat, in: Peter Wilson, Europe’s Tragedy. A History of the Thirty Years War, London 2009, S. 395.

Abb. 4: Zentren der Waffenproduktion und des Finanzwesens im Europa des frühen 17. Jahrhunderts, in: David Parrott, Business of War, S. 213.

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Abb. 5: Hans de Wittes europäisches Netzwerk von Agenten und Kontakten in den späten 1620ern, in: Ebd., S. 217.

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Abb. 6: Ausdehnung des Mogulreiches Anfang des 17. Jahrhunderts, in: Hermann Kulke, Indische Geschichte bis 1750 (= Oldenbourg-Grundriss der Geschichte 34), München 2005, S. 259.

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Abb. 7: Landschaften in Indien zur Zeit des Mogulreiches, in: Jos Gommans, Mughal Warfare. Indian Frontiers and Highroads to Empire 1500-1700 (= Warfare and Histo-ry), London / New York 2002, S. 34.

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Abb. 8: Der Dekkan um das Jahr 1600, in: Gijs Kruijtzer, Xenophobia in Seventeenth Century India, Leiden 2009, S. 14.

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Abb. 10: Der Dekkan um das Jahr 1650, in: Gijs Kruijtzer, Xenophobia in Sevente-enth Century India, Leiden 2009, S. 114.

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Abb. 11: Unbekannter Künstler, Prozession des Sultans von Golkonda, ca. 1650, in: George Michell / Mark Zebrowski: Architecture and Art of the Deccan Sultanates (= The New Cambridge History of India 1.7), Cambridge u.a. 1999, S. 199.

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