Das Schriftzeichen "Rosette" und die Göttin Seschat Author(s): Thomas Schneider Reviewed work(s): Source: Studien zur Altägyptischen Kultur, Bd. 24 (1997), pp. 241-267 Published by: Helmut Buske Verlag GmbH Stable URL: http://www.jstor.org/stable/25152742 . Accessed: 16/12/2012 18:31 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Helmut Buske Verlag GmbH is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Studien zur Altägyptischen Kultur. http://www.jstor.org This content downloaded on Sun, 16 Dec 2012 18:31:51 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Das Schriftzeichen ”Rosette” und die Göttin Seschat, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 24 (1997), 241-267.
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Das Schriftzeichen "Rosette" und die Göttin SeschatAuthor(s): Thomas SchneiderReviewed work(s):Source: Studien zur Altägyptischen Kultur, Bd. 24 (1997), pp. 241-267Published by: Helmut Buske Verlag GmbHStable URL: http://www.jstor.org/stable/25152742 .
Accessed: 16/12/2012 18:31
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Das Schriftzeichen "Rosette" und die Gottin Seschat
von
Thomas Schneider
Das vor der 1. Dyn. - u.a. auf der Narmerpalette und dem Keulenkopf des Skorpion
- belegte Schrift
zeichen "Rosette" besitzt vermuthch den Lautwert nb nach dem schon fruh belegten Wort wnb "(Lotus-)
Blute". Die in der Fruhzeit damit notierte Herrscherbezeichnung ist nb "Herr". Das von der Seschat auf
dem Kopf getragene Symbol oder Attribut ist mit der Rosette genuin vielleicht identisch und stellt dann ein
Lautzeichen dar, mit dem der ursprungliche Name der Gottin notiert ware. Eine Stiitze dieser Argumenta tion ist vielleicht der singular in PT 426 genannt Gott (wohl "Nebu", nicht "Seschau"). Der postulierte
ursprungliche Name der Gottin laBt sich mit einer ikonographischen Eigentumlichkeit der Seschat verbin
den: Die Gottin tragt ein Pantherfell, wodurch die Schreibung mit der Rosette das Wort nbjt "Pantherkatze" notieren konnte. Alternativ konnte Seschat, die seit fruhester Zeit im Griindungsritual die
Fluchtstabe setzt, urspriingUch die Personifikation dieses Fluchtstabes (agypt. nbyt) gewesen sein.
?1 Bisherige Lesungen des Schriftzeichens "Rosette". ?2 Belege des Schriftzeichens
"Rosette". ?3 Eine Bezeichnung der Blute als Rebuswort. ?4 Die Rebusschreibung: Nota
tion von nb "Herr" durch wnb "Blute". ?5 Das sog. Attribut der Seschat: bisherige Mei
nungen. ?6 Belege des Seschat-Zeichens in der 1.-5. Dyn. ?7 Das "Attribut" der Seschat als
Lautzeichen. ?8 Der Gott von PT 426 (Spruch 285). ?9 Name und Funktion: Das PantherfeU der Seschat/Die Gottin Seschat in der Grundungszeremonie.
?1 Bisherige Lesungen des Schriftzeichens "Rosette"
Vor kurzem hat Erich Winter emeut das Problem der Lesung der in der agyptischen Fruhzeit
prominent belegten Hieroglyphe "Rosette" aufgegriffen und eine eigene Interpretation
vorgelegt1. Wenn ich mit dem vorUegenden Versuch eine wiederum andere Deutung
1 E. Winter, Wer steht hinter Narrner?, in: M. Bietak/ J. Holaubek/ H. Mukarovsky/ H. Satzinger (Hrg.), Zwischen den beiden Ewigkeiten. Festschrift Gertrud Thausing, 1994, 279-290 mit Taf. VIII/Abb. 16. Ich danke den Herren Professoren E. Hornung und E. Winter, Herrn Dr. J. Kahl und Herrn cand.phil.
A. Dorn fur Diskussion und Hinweise. Abkiirzungen: Kaplony, IAF/ IAFS = P. Kaplony, Die Inschriften der agyptischen Friihzeit, AA 8, 1963, bzw. Supplement, AA 9, 1964; Kahl, System = J. Kahl, Das
System der Hieroglyphenschrift in der 0.-3. Dynastie, GOFIV 29, 1994.
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vorschlage, so deshalb, weil m.E. alle bisherigen Ansatze bestimmte hypothetische Pra
missen zugrunde legen und verschiedene Aspekte der Problematik ausschlieBen. Da Winter
die Forschung zu dem Problem umfassend referiert, kann ich mich auf eine schlagwortartige
Auflistung der Lesungsvorschlage unter Angabe der im einzelnen problematischen
Pramissen beschranken:
(1) Die Rosette stellt die Swt-Pflanze in Aufsicht dar; es handelt sich also um die
Schreibung von nsw "Konig"2 bzw. es handelt sich um die Krone einer Palme mit diesem
Lautwert3. Problem: die s^Pflanze ist bisher botanisch nicht identifiziert4; der Wechsel von
Aufsicht zu Ansicht bleibt spekulativ. Zur problematischen Identifizierung mit einer Palme
s. unten ?5.
(2) Die Rosette ist nach dem Wort hrrt "Blute" zu lesen; es handelt sich um eine Rebus
schreibung fiir Hr "Horus" (vorherrschende Meinung5). Problematisch ist dabei, daB hrrt
"Blute" erst in der 18. Dynastie - anderthalb Jahrtausende nach dem Schriftzeichen Rosette
- belegt ist und wohl ein Wanderwort unklarer Herkunft darstellt (dazu s. unten).
(3) Die Rosette stellt ein "butisches" Schriftzeichen dar, das einen nichtagyptischen
Konigstitel aus dem Delta wiedergibt6. Problem: die - wohl abzulehnende - These der
Existenz einer "butischen" Schrift7.
(4) Die Rosette ist dem mesopotamischen Bereich entlehnt8. U.a. wird das Sumerische
herangezogen, wo der achtzackige Stem zum Keilschriftzeichen fiir DINGIR "Gott"9 wird10.
2 Vgl. Winter, op.cit. (Anm. 1), 283: G. Benedite, J. Vandier, P. Kaplony, W. Barta.
3 P. Kaplony, in: BiOr 28, 1971, 49 mit Anm. 51. 4
Vgl. dazu T. Schneider, in: ZAS 120, 1993, 167, Anm. 7 (anders L. Keimer, Die Gartenpflanzen im alten
Agypten II, hrg. v. R. Germer, 1984, 45-51). 5
Vgl. Winter, op.cit. (Anm. 1), 283. Etwa W. Schenkel, s.v. Schrift, in: LA IV, 723; ders., in: Schrift und Schriftlichkeit. Ein interdisziplinares Handbuch internationaler Forschung, I, 1994, 293; Kahl, System, 55.57; A. Loprieno, Ancient Egyptian. A Linguistic Introduction, 1995, 20.
6 Vgl. Winter, op.cit. (Anm. 1), 284: W. Helck.
7 Kahl, System, 144-150.
8 Vgl. Winter, op.cit. (Anm. 1), 284f. (mit Angabe von Varianten dieser These). Vgl. dazu innerhalb eines umfassenderen Rahmens H.S. Smith, The Making of Egypt: A Review of the Influence of Susa and Sumer on Upper Egypt and Lower Nubia in the 4th Millennium B.C., in: R. Friedman/B. Adams (Eds.), The Followers of Horus. Studies Dedicated to Michael Allen Hoffman, 1992, 235-246 (zur Rosette:
241-245). 9
Nicht: "zur akkadischen Schreibung fur den Konig" (wie Winter, op.cit. (Anm. 1), 285, schreibt)! 10 So auch J. Spiegel, Das Werden der altagyptischen Hochkultur, 1953, 397f.- U. Moortgat-Correns, Die Rosette - ein Schriftzeichen?, in: AoF 21,1994, 359-371, vermutet, daB das Schriftzeichen fiir DINGIR aus der Rosette entstanden, folglich die Rosette mit dem Stern gleichzusetzen sei (S. 367). Vgl. noch B. Musche, Zur altorientalischen Rosette: Ihr botanisches Vorbild und dessen pharmazeutische Verwertung, in: Mesopotamia 29, 1994, 49-71 (Hinweis lic.phil. T. Hofmeier).
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1997 Das Schriftzeichen "Rosette" und die Gottin Seschat 243
Problem: die Ubernahme konkreter sumerischer Schriftzeichen nach Agypten, die im
Gegensatz zu einer Ubernahme der Idee "Schrift" nicht plausibel ist.
(5) Die Rosette ist als Stern aufzufassen und ncr "Gott" zu lesen, wie spat (erst seit
Alexander dem GroBen!) die Hieroglyphe "Stern" fiir ncr "Gott" stehen kann11. Problema
tisch ist die Deutung als Stern, da die Darstellungen deutlich eine Blattzeichnung wieder
geben, auBerdem der lange zeitliche Abstand von 3000 Jahren zwischen den Notationen.
(6) Die Rosette, die auch im "Attribut" der Gottin Seschat erscheint, ist entsprechend als
sS zu lesen, das urspriinglich nicht "schreiben", sondern "zeichnen, bemalen, schminken"
bedeute12; durch die Rosette sei der Konig auf den genannten Objekten als "der Gesalbte"
(< der Geschminkte) bezeichnet (Winter)13. Problematisch bleibt hier, daB fiir die Rosette
die Lesung sS postuliert wird, weil sie als "Attribut" der Seschat erscheint, die Herkunft
dieses Lautwertes aber unklar bleibt14. Problematisch ist m.E. auch die Annahme einer
Bezeichnung des Konigs als "Geschminkter > Gesalbter"15.
Der vorliegende Versuch mochte eine plausiblere Lesung des Schriftzeichens "Rosette"
und eine Deutung der damit notierten Herrscherbezeichnung vorlegen und in einem zweiten
Schritt das Problem des "Attributes" der Gottin Seschat und der urspriinglichen Charakte
ristik dieser Gottin aufgreifen.
?2 Belege des Schriftzeichens "Rosette"
E. Winter hat eine Scheidung von Verwendungen der Rosette als Schriftzeichen und rein
"dekorativen" (bzw. symbolischen) Belegen unternommen16. Die folgenden vier Belege sind
fiir ihn als Schriftzeichen unbestritten:
11 Vgl. Winter, op.cit. (Anm. 1), 285f.: W. Westendorf.
12 Dazu skeptisch H. Goedicke, A Comment Concerning Cairo JE 47267, in: GM 145, 1995, 67f. 13 J. Assmann, Agypten. Eine Sinngeschichte, 1995, 49, will unter Hinweis auf Winters Ansatz in der
Dienerfigur (unten Abb. 2a, 3a, 4a [zu ?2]) einen "Schreiber" sehen; dabei bleibt aber das zweite
Zeichen (fam/wtpw) unberiicksicht. 14
Die Plausibilitat dieses Ansatzes nahme zu, wenn diese Argumentationslucke geschlossen wiirde. Ein
Vorschlag: in der Rosette konnte eine Lotusbltite erblickt werden, wobei dann sS(S)n "Lotus" allenfalls
Rebusschreibung fur 6Sl/shl (mit <n> bzw. <1> als Allographen von IV) sein konnte. 15 Eine Salbung des Konigs ist bisher nicht belegt, nur erschlieBbar. Bei vergleichbaren Salbungen (von
Gotterstatuen, Beamten usw.) wird nie das Lexem shllsS verwendet. Vgl. E. Martin-Pardey, s.v.
Salbung, in: LA V, 367ff. und die dort angefuhrte Literatur. 16
Winter, op.cit. (wie Anm. 1).
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1. auf dem Keulenkopf des Skorpion (II.) vor der DarsteUung Skorpions mit ober
agyptischer Krone (Abb. la-b) 2. auf der Vorderseite der Narmerpalette im Titel eines Dieners (Abb. 2a-b)
3. auf der Ruckseite der Narmerpalette im Titel eines Dieners (Abb. 3a-b)
4. auf dem Keulenkopf des Narmer17 im Titel eines Dieners (Abb. 4a-b) ZusatzUch mochte ich noch zwei, vieUeicht drei weitere Belege fiir die Rosette in
hieroglyphischer Verwendung anerkennen18:
5. in einem rekonstruierten Teil des Keulenkopfes des Skorpion vor der mutmaBUchen
DarsteUung Skorpions mit unteragyptischer Krone (Abb. la)19
6. auf dem Weihrauchbrenner von Qustul in Nubien20 (Abb. 5)
7. moglicherweise auch auf dem Messergriff des MetropoUtan Museum of Art (MMA
26.241.1) (Abb. 6) vor dem Konig mit oberagyptischer Krone21. Das fragUche Zeichen ist
in seiner Plazierung vor dem thronenden Konig mit dem Qustul-Beleg vergleichbar, doch
unterscheidet sich die konkrete Ausfiihrung (mit fiinf Zacken) deutUch von den ubrigen sechs Belegen.
Die AbbUdungen (Abb. 1-6 [zu ?2]) sind der Arbeit von K.M. Ciatowicz (wie Anm. 19;
Fig. 4a, 5, 16a-b, 17, 18) entnommen, die Detailzeichnungen der Rosetten stammen von V.
Vikentiev (ubernommen von Winter [wie Anm. 1], Abb. 1).
Die eindeutigen Belege 1-5 zeigen deutUch 6 bzw. 7 Blutenblatter mit Blattinnenzeich
nung, die um ein kreisformiges Zentrum angeordnet sind. Es handelt sich damit sicher um
eine Blute mit Fruchtstand22. Ein Stern (W. Westendorf) konnte aUenfaUs auf dem als 7.
Beleg genannten Messergriff des MetropoUtan Museum of Art vorUegen, der dann aber als
Beleg fiir unsere FragesteUung entfaUen wurde.
17 Zuletzt N.B. Millet, The Narmer Macehead and Related Objects, in: JARCE 27 1990, 33-59.
18 Entgegen einer Mitteilung A.J. Arkells ist von einer Rosette vor dem unteragyptischen Konig auf dem
Keulenkopf UC London, Petrie Museum, Inv.-Nr. 14898 keine Spur erhalten: K.M. Cialowicz, Les tetes
de massues des periodes predynastique et archai'que dans la vallee du Nil, 1987, 41. 19
KM. Cialowicz, Symbolika przedstawieri wlladcy egipskiego w okresie predynastycznym [Die Symbolik der Darstellungen des agyptischen Herrschers in pradynastischer Zeit], 1993, 57.
20 Zuletzt abgebildet bei N. Thomas, The American Discovery of Ancient Egypt, 1995, Nr. 29, 114. 21
B. Williams/T.J. Logan, The Metropolitan Museum Knife Handle and Aspects of Pharaonic Imagery before Narmer, in: JNES 46, 1987, 245-285.
22 Wie mir auch Frau Dr. R. Germer bestatigt (miindlich). Die Interpretation als Blute teilt auch W.A.
Fairservis Jr., A Revised View of the Nacrmr Palette, in: JARCE 28, 1991, 1-20, bes. 7. In der
Beurteilung des Ansatzes von Fairservis schlieBe ich mich jedoch Winter, op.cit. (Anm. 1), 286 an.
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Die bisherige Forschung ist sich darin einig, daB in dem Schriftzeichen "Rosette" die Rebus
schreibung einer Herrscherbezeichnung vorUegen muB.23 Die Belege dokumentieren vier
Verwendungen dieser Bezeichnung:
1. Absolut gesetzt (Belege 5, 7)
2. Vor dem Namen des Konigs "Skorpion" (Beleg 1)
3. Als Nomen rectum nach der wtpw oder fam gelesenen Dienerbezeichnung (Belege 2-4)
4. Vor dem Horusfalken auf der Palastfassade (Beleg 6)
Fiir diese Bezeichnung besteht zwar eine gewisse semantische Spannbreite (aUgemeine
Ausdriicke der Bedeutung "Herrscher", "Konig"; eine Bezeichnung "Gott"; ein konkreter
Gottesname wie "Horus"), doch sind die MogUchkeiten begrenzt. DaB das Rebuswort eine
agyptische Bezeichnung fiir "Blutenrosette" sein muB bzw. derjenigen Pflanze, deren Blute
das Schriftzeichen wiedergibt, schrankt diese MogUchkeiten ganz erhebUch ein. Der
Standardmeinung, nach der hier farrt "Blute" Notation von Hr "Horus" ist, steht aber
entgegen, daB es sich bei farrt "Bliite"24 um ein Kultur- und Wanderwort handeln diirfte, das
erst ab 1500 v.Chr. im Agyptischen und Hethitischen der Boghazkoy-Texte (alel, alii
"Blume, Blute" [mit prothetischem a]) auftaucht und dann in das Griechische (Xeipiov,
XziXiov), Lateinische (UUum), Berberische (aUU), Kuschitische (iUU) sowie spater in die
meisten europaischen Sprachen Eingang findet25. Solange keine fruheren agyptischen Belege
vorgebracht werden konnen, scheint mir der Ruckgriff auf dieses Lexem als Rebuswort fiir
iiber 1500 Jahre altere Notationen nicht mogUch26.
23 Vgl. auch noch W. Davis, Masking the Blow. The Scene of Representation in Late Prehistoric Egyptian Art, 1992, 195.224 (spricht von der
" 'royal' rosette").
24 Zu hrrt s. J. Dittmar, Blumen und BlumenstrauBe als Opfergabe im alten Agypten, MAS 43, 1986, 58. 25 J. Puhvel, Hittite Etymological Dictionary I: Words beginning with A, 1984, 32f.; J. Tischler, Hethi
tisches etymologisches Glossar I, 1983, 16f.; J. Hubschmid, Mediterrane Substrate mit besonderer
Beriicksichtigung des Baskischen und der west-ostlichen Sprachbeziehungen, 1960, 37-39; E. Masson, Recherches sur les plus anciens emprunts semitiques en grec, 1967, 58f.; B. Hemmerdinger, Noms
communs grecs d'origine egyptienne, in: Glotta 46, 1968, 238-247, bes. 240; ders., De la me
connaissance de quelques etymologies grecques, in: Glotta 48, 1970, 40-66, bes. 61; W. Vycichl, Dictionnaire etymologique de la langue copte, 1983, 310; H. Genaust, Etymologisches Worterbuch der
botanischen Pflanzennamen, 3., vollstandig iiberarb. u. erw. Aufl., 1996, 341. 26 Falls der Beleg auf dem Weihrauchbrenner aus Qustul (Abb. 5 [zu ?2]) sicher zu den Rosette-Belegen
zu zahlen ist, wtirde er wohl auch ein Argument gegen diese Herleitung darstellen: im Schriftsystem der
Friihzeit ware der durch die Darstellung des Horusfalken reprasentierte Name "Horus" eher nicht noch
zusatzlich durch ein Lautzeichen <hr> bezeichnet.
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(NN) jl? Jt^?m^??2*? z:m%.iA "Dieser NN ist die einzige Bltite seiner Mutter, der dritte derer, deren Gesichter furchtbar
sind."
CT VI, 322y (Spell 691)
"Ich bin die Bliite von Nlrrf die Nbhh-Blume des westUchen Horizontes, sagt Osiris35."
Urk. IV, 1383.16f. (Einsetzung des Wesirs bei User)
"Bliite und Knospe sind enthiillt,37 und du erhaltst die Frucht, die hervorkommt fur (?)..."
Urk. IV, 168.9: Inschrift Thutmosis' III. 38
"Die Blutenblatter davon aus Gold" als Bezeichnung des Bliitenkelchs an der Basis der
Papyrussaule39.
TB, Spruch 28 40
if D ̂ ^Ji,-.4f o o flJiuP;Ok t^
"O Lowe, ich bin die Blute, mein Abscheu ist der Schlachtblock."
33 Textzeuge B1B0, auBerer Sarg des Djehutinacht, el Bersche, Boston 20.1822-27.
34 Textzeuge LI Li, auBerer Sarg des Sesenebnef, Lischt.
35 Vgl. Koemoth, op.cit. (Anm. 28), 62.
36 S. W. Helck, Die Berufung des Wesirs W?r, in: Fs Grapow, 107-117, bes. 109-111. 37
Vgl. dazu noch M.-L. Ryhiner, Lofifrande du Lotus dans les temples egyptiens de l'epoque tardive (Rites
Egyptiens VI), 1986, 8f. 38 P. Lacau, L'or dans l'architecture egyptienne, in: ASAE 53, 1955, 221-250 mit pi. I-V: 228; P. Spencer,
The Egyptian Temple. A Lexicographical Study, 1984, 242. 39 wnbwt (mit Lacau, op.cit. (Anm 36); R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. GroBes Handworterbuch
Agyptisch-Deutsch (2800-950 v.Chr.), 1995, 198), anders erganzt in Urk. IV, 168. 40
Textzeugen: etwa Pap. Louvre 111.93: Tb (Naville) I, pi. XXXIX, 2; aus der 26. Dynastie etwa U.
Verhoeven, Das saitische Totenbuch der Iahtesnacht. P. Colon. Aeg. 10207, Papyrologische Texte und
Abhandlungen 41, 1993, Teil 1, 122 mit Anm. 1; Teil 2, *24; Teil 3, Kol. 19,2. Vgl. T.G. Allen, The
Egyptian Book of the Dead Documents in the Oriental Institute Museum at the University of Chicago, OIM 82, 1960, 113 "blossoms"; Z.I. Fabian, Heart-chapters in the Book of the Dead, Akten'des 4. Intern. Agyptol. Kongresses Munchen 1985, III, 1989, 249-259: 257 mit n. 14.
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1997 Das Schriftzeichen "Rosette" und die Gottin Seschat 251
TB, Spruch 42
^^S^^^SJ\S^^S^_341 "Siehe, ich spreche, denn ich bin die Blume, die aus dem Nun hervorkam."42
Pap. Leiden 347,10,7: 43
Umschrift und Ubersetzung von A. Massy sind problematisch. Der Text nennt die Blute
(wnb) und (Z. 8) die (n)&/i-Pflanze, "die aufgegangen ist in Edfu"44.
Ein demotischer Beleg auf einem Ostrakon in Strasbourg45
Dendera IV, pi. 64, col. 8; Beginn der romischen Zeit: ._. ^ 46
h^^^l^Q ^ W^^^O __. _Vo ^ o^S)Uni
"Erhebe dich, Herr der WeiBen Krone [Osiris], gekront im SchoB der Mutter, der Dame der
Blute, erschienen in den / als kkw-Bixsche".
Eine koptische Form des Wortes, aus der Ruckschlusse auf die Silbenstruktur und Voka
lisierung moglich waren, scheint bislang nicht bezeugt zu sein. Von dem Lexem zu trennen
ist wiblwnb "Wurzel"47, unklar ist noch die Pflanzenbezeichnung winb/winib4*.
41 Textzeuge: Pap. des Mesemnetjer: Tb (Naville) I, pi LVI, 24.
42 So etwa auch R.O.. Faulkner, The Ancient Egyptian Book of the Dead, rev. ed. 1985, 62; Verhoeven,
op.cit. (Anm. 40). Tb (Hornung), 118 iibersetzt nach dem homophonen wnb "Wurzel". Vgl. aber die
Stellen aus PT und CT und die Stellungnahmen von Koemoth, op.cit. (Anm. 28) und Dittmar, op.cit.
(Anm. 29); auBerdem S. Morenz/J. Schubert, Der Gott auf der Blume, 1954, 92 (der Lotus als "der aus
dem Nun hervorkommt" bezeichnet). Guglielmi (Anm. 47) interpretiert das Wort als "SproB". 43 A. Massy, Le Papyrus Leyde I 347, 1885-1886 (eine Kopie der entsprechenden Seiten verdanke ich
Herrn Dr. J.F. Quack). 44
Vgl. pSalt 825 (Derchain), 183 mit n. 170. 45 G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs a la botanique de l'Egypte Antique, 1981,
322 (326). Fiir eine Auskunft zu diesem Beleg danke ich Herrn Dr. D. Devauchelle. 46
?4 Die Rebusschreibung: Notation von nb "Herr" durch wnb "Blute"
Durch die Festlegung des Rebuswortes als wnb ist auch die damit notierte Herrscher
bezeichnung gegeben: nb "Herr". Die Ignorierung des Halbkonsonanten w - wie sie hier
vorlage - bzw. j, auBerdem der Liquida i und sogar starker Konsonanten wie
c gehorte zu
den gangigen Prinzipien der Herausbildung eines Inventars von Lautzeichen (und steht in
Ubereinstimmung mit dem Befund der Defektivschreibungen der Friihzeit und der
Pyramidentexte49), was durch folgende Belege illustriert sei:
J h < hc.t "Docht" J b < bw "Ort, Stelle"
j? q<qii "Hiigel, Anhohe" ^ m < jmw "Eule"50
e bh<jbh"Zahn" <=^ r<r'"Mund"
^^ t < wtj "setzen, stellen"51 ^
c < cww.t "Schlange"52
H. Roeder hat zuletzt herausgestellt, daB die semantische Kategorie "Herrscher" im
Agyptischen von den beiden zentralen Begriffen "Herrscher (hqiw)" und "Besitzer/Herr
(nb)" vertreten wird53. Der agyptische Konig ist der "Herr" par excellence, wobei meist der
Besitz als Nomen rectum oder Possessivsuffix beigefugt wird: er ist konkret insbesondere
Herr der beiden Lander, aber auch der oberste Herr des einzelnen Beamten, in dessen
Titeln von ihm Mh (Zeit des Djoser) als "sein Herr" in Parallele zu nsw "Konig" die Rede
ist: "Verwalter der Akten des Konigs, der, den sein Herr liebt"54, "Der, der das
Vollkommene fur das Herz seines Herrn kennt / der, der fur die Dinge des Konigs
verantwortlich ist"55. Entsprechend ist z.T. nb-j "mein Herr", nb-f "sein Herr" in
Personennamen aufzufassen56. Mit Blick auf unsere Beleglage ist die Etymologie des
49 Kahl, System, 79-98; ders., Die Defektivschreibungen in den Pyramidentexten, in: LingAeg 2, 1992, 99
116. Voraussetzung ist, daB das nicht beriicksichtigte <w> "nicht den Anfang einer vollig zum Wort stamm gehorenden geschlossenen Silbe" bildete (System, 12; 87-93).
50 E. Edel, Zu den Inschriften auf den Jahreszeitenreliefs der "Weltkammer" aus dem Sonnenheiligtum des
Niuserre IL, NAWG 1963, Nr. 4, 87-142, bes. 99-101; Kahl, System, 54. 51 Falls diese Ableitung Giiltigkeit hat: S. Schott, Hieroglyphen. Untersuchungen zum Ursprung der
Schrift, Abh. der Geistes- und Sozialwiss. KI., Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz,
Jahrgang 1950, Nr. 24, 1951,44; E.A. Knauf, Zur Etymologie der Handhieroglyphe, in: GM 59, 1982,
29-39; ders., in: GM 79, 1984, 17f. 52 W. Schenkel, in: GM 52, 1981, 94; Kahl, System, 54. 53 H. Roeder, Mit dem Auge sehen. Studien zur Semantik der Herrschaft in den Toten- und Kulttexten,
SAGA 16, 1996, 6; Einzelnachweise im Reg. S. 353 s.v. nb. 54 J. Kahl/ N. Kloth/ U. Zimmermann, Die Inschriften der 3. Dynastie. Eine Bestandsaufhahme, AA 56,
1995, 57 (Ne/Sa/28). 55
Ibid., 187 (D3/Sa/9). Fiir Belege der 4. und 6. Dynastie mit Suffixpronomen s. Goedicke (Anm. 59), 43ff.
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1997 Das Schriftzeichen "Rosette" und die Gottin Seschat 253
Wortes und insbesondere seine absolute Verwendung im Sinne von "der Herr = Herrscher"
beachtenswert.
Etymologisch wird die Bezeichnung seit A. Ember zu arab. nab, pi.' anyab "Stammes
hauptling" gesteUt57. Durch seine Identifizierung mit "den beiden Herren" (nbwj), Horus und
Seth, ist der Konig "Herr und Herr" in einer Person58, nb kann aber absolut (ohne Possessiv
suffix) den Konig selber bezeichnen und ist dann ein ParaUelausdruck zu nsw "Konig". Vgl.
dazu aus dem Alten Reich folgende SteUen59:
Urk. I, 65.7
hr tbfa(.j) hr nbjnj-tw n-fqrSw m r'-lw
"Da erbat ich bei dem Herrn, daB man fur ihn einen Sarg aus Turah bringe."
Urk. I, 255.5
hsj-kwj far-S jn nb
"Ich wurde deswegen belohnt durch den Herrn."
Urk. 1133.11
jw jrj-n(.j) r fasjt nb
"Ich handelte zum GefaUen des Herrn."
Urk. 1134, 1.5.12
mfa nb jb-f jm(-j) "Der Herr vertraute auf mich."
Urk. 1,57.16
n sp ct(-j) ht nb cw r rmc nb hr fam n nb
"Nie sagte ich irgendwelche boswiUigen Sachen gegen irgendeinen Menschen vor der
Majestat des Herrn."
56 Ranke, PN II, 200f. mit Anm. 8.
57 O. Rossler, Das Agyptische als semitische Sprache, in: F. Altheim/ R. Stiehl (Hrg.), Christentum am Roten Meer, 1971, 263-326, bes. 310 (?30); W. Vycichl, Dictionnaire etymologique de la langue copte, 1983, 138.
58 K. Sethe, Urgeschichte und alteste Religion der Agypter, 1930, ?128; H. Kees, Horus und Seth als
Gotterpaar, 1. Teil, 1923, 63-72; 2. Teil, 1924, 29-40. 59 H. Goedicke, Die Stellung des Konigs im Alten Reich, AA 2, 1960, 42-49, 76-79; D.P. Silverman, The
Nature of Egyptian Kingship, in: D. O'Connor/ D.P. Silverman (Eds.), Ancient Egyptian Kingship, PA
9, 1995, 65f. Nach Goedicke zeigt sich in der nach ihm auf die 5.-6. Dynastie beschrankten Verwendung des Ausdrucks nb "Herr" (mit Gottesdetenninativ) fiir den Konig eine Wandlung des Konigskonzeptes.
Nach den eben zitierten Belegen der 3. Dynastie und unten anzufuhrenden der 1.-2. Dynastie ist dies vielleicht zu modifizieren.
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T.G.H. James, The Mastaba of Khentika caUed Ikhekhi, London 1953, pi. VI, D 12
tbfa-Sn m-c fam n nb
"Sie erflehten von der Majestat des Herrn."
Urk. I, 146.6-7
jw tbh-n(-j) m Slr(-j?) m-c fam n nb nsw-bjt Nfr-kl-rc
"Ich erbat als Bitte von der Majestat des Herrn, dem Konig Neferkare."
Urk. I, 142.9-10
rtj-n wj fam n nb nsw-bjt Mr-n-rc (...) m faitj-c
"Die Majestat des Herrn, der Konig Merenre, ernannte mich zum Furst."
Urk. I, 142.11
rtj-n wj fam n nb nsw-bjt Nfr-kl-rc (...) m mr-Smc
"Die Majestat des Herrn, der Konig Neferkare, ernannte mich zum Vorsteher von Ober
agypten."
Urk. I, 108.10
hpr-n m c(-j) mj qt hft hw wdw-n fam n nb
"Es geschah durch meinen Arm gemaB der Anordnung, die die Majestat des Herrn be
fohlen hatte."
Urk. I, 133.9; 134.3.13
jw gr hlb-n wj fam n nb
"Die Majestat des Herrn aber sandte mich."
Noch vor den oben genannten Belegen der 3. Dynastie fiir nb-f "sein Herr" mit Bezug auf
den Konig laBt sich der absolute Gebrauch vieUeicht in dem Personennamen Htp-nb (1.
Dynastie, Zeit des Den60) "Der Herr ist gnadig" und dem Horusnamen Nb-rc (2. Dynastie) "Herr und Sonnengott"61 nachweisen. In den Pyramidentexten erwahnen zwei Passagen (PT
Spruch 255/? 295a(?), Spruch 320/? 516a) nbw "die Herren", womit offenbar die (ver
60 Kahl, System, 782 (Quelle 967).
61 Die Interpretation als "Re ist (mein) Herr" ist, wie J. von Beckerath, Handbuch der agyptischen Konigs namen, MAS 20,1984,49, Anm. 3, vermerkt, nur fur einen Eigennamen, aber nicht einen Horusnamen
moglich. Die von ihm vorgeschlagene Interpretation "Herr der Sonne/ des Tages" (ebenso W. Barta, Zur Konstruktion der agyptischen Konigsnamen VI, in: ZAS 116, 1989, 111-137: 121), was einen kos mischen Herrschaftsanspruch andeute (W. Helck, Untersuchungen zur Thinitenzeit, 1987, AA 45, 117 mit Anm. 11), scheint mir wenig plausibel.
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1997 Das Schriftzeichen "Rosette" und die Gottin Seschat 255
storbenen) Konige gemeint sind, bzw. den "Sohn des Herrn", d.h. Kronprinzen62. Das alte
Ritual des Dramatischen Ramesseumpapyrus bezeichnet in den Wendungen "die Schlachter
des Herrn" und "der Sohn des Herrn" den Konig ebenfalls als nb "Herr"63. Im Mittleren
Reich schwort man den cnh n nb "Eid des Herrn", wobei nb den Konig oder einen lokalen
Patron meint64. Die Konigskronen werden im Pap. Westcar 11,13 als hcw nw nb "Kronen
des Herrn" bezeichnet65. SchlieBlich bezeugt das Neue Reich haufiger die absolute Ver
wendung von nb "Herr" im Sinne von "Konig"66.
Ist die hier postulierte Rebusschreibung korrekt, ware der anonyme Konig des Weih
rauchbrenners von Qustul in Nubien durch die vor dem Horusfalken angebrachte Rosette als
"Herr und Horus" bezeichnet, derjenige des Messergriffs des Metropolitan Museum of Art - falls hierher zu stellen - als "der Herr". Auf dem Keulenkopf des Skorpion ware die
Beischrift vor der Konigsfigur mit oberagyptischer Krone als "der Herr (namens) Skorpion"
zu verstehen und entsprechend das rekonstruierte Pendant vor der Konigsfigur mit unter
agyptischer Krone (falls auch hier urspriinglich der Name beigeschrieben war). In den drei
Belegen, in denen es als Nomen rectum nach einer wtpw oder hm zu lesenden Dienerbe
zeichnung steht - auf der Vorder- bzw. Ruckseite der Narmerpalette und auf dem Keulen
kopf des Narmer -, ware also wtpw (hm) nb, "Aufwarter (Diener) des Herrn" zu verstehen.
Von der Bildung her konnen aus dem Alten bzw. Mittleren Reich Titel wie wtpw n hqi "Aufwarter des Herrschers"67, hm nsw "Diener des Konigs"68 oder hm bjtj "Diener des
unteragyptischen Konigs"69 verglichen werden, aus der Friihzeit hm nsw "Diener des Konigs
(im butischen Palast)"70. Ein moglicher Friihzeittitel mit nb "Herr" konnte -II-, 11J [pjpj jrj
62 Pyr., Ubers. I, 349; II, 385.
63 K Sethe, Dramatische Texte zu altaegyptischen Mysterienspielen, UGAA 10, 1928, 112, 115, 118. Vgl. noch die Bezeichnung des Falkenemblems beim Sedfest-Lauf des Konigs als nb "Herr" (P. Munro,
Bemerkungen zu einem Sedfest-Relief in der Stadtmauer von Kairo, in: ZAS 86, 1961, 61-74, bes. 67). 64 P. Kaplony, s.v. Eid, in: LA I, 1189. Zu jtj "Patron" und nb "Herr" nebeneinander (letzteres meist mit
Possessivsuffix) s. P. Kaplony, s.v. Iti(u), in: LA EQ, 206 mit Anm. 3; zu nb im Sinne von "Patron": ibid., 206 mit Aim 4: B. Grdseloff, in: ASAE 42, 1943, 43, 54ff.; P. Kaplony, in: Asiatische Studien 18/19, 1965/66, 296 und Anm. 31; 301.
65 A.M. Blackman, The Story of King Kheops and the Magicians. Transcribed from Papyrus Westcar
(Berlin Papyrus 3033), edited for publication by W.V. Davies, 1988, 15 (Hinweis Prof. E. Hornung). 66 Wb II, 230.11-13; vgl. noch G.P.F. van den Boom, The Duties of the Vizier. Civil Administration in the
Early New Kingdom, 1988, 56f. 67
W.A. Ward, Index of Egyptian Administrative and Religious Titles of the Middle Kingdom, 1982, 769. 68
Ibid., 897. 69
Helck, Beamtentitel, 92. 70
Kaplony, IAF I, 367.
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p nb Set sh sein, faUs er als "Der fur den Thron71 des Herrn Zustandige, der den RatschluB
[scil. des Konigs] verkundet" zu verstehen sein soUte72.
?5 Das sogenannte Attribut der Seschat: bisherige Meinungen
Die anthropomorph dargesteUte Gottin Seschat weist zwei ikonographische Charakteristika
auf: sie tragt haufig -
als einzige Gottin - ein PantherfeU (worauf spater zuruckzukommen
ist) und einen Kopfputz, der bisher als Attribut oder Symbol verstanden wurde, dessen
urspriingUche Bedeutung aber unklar war. SteUvertretend fiihre ich die BeurteUungen von
W. Helck und H. Bonnet an:
W. Helck73: "UrspriingUch Uegt dieser Gottin ein numinoses Gerat zugrunde, das sie
spater in unverstandener Gestalt auf dem Kopf tragt. Noch nicht anthropomorphisiert er
scheint es in einer Auflistung gottUcher Gegenstande im SonnenheiUgtum des Niuserre
neben den (spater zur Neith gewordenen) PfeUen als saitisches Numen. Das Zeichen besteht
aus einer Rosette mit sieben Blattern; ansteUe des achten, untersten Blattes ist immer der
Befestigungsstab angebracht, an dem das Zeichen getragen bzw. mit dem es am Kopf der
Gottin befestigt ist. Dabei soU es anscheinend an einem Band am Hinterkopf befestigt und
nach vorn bUckend vorgesteUt werden. Uber der "Rosette" ist ein mondformiges Gebilde
angebracht, auf dessen Scheitelpunkt zwei Falkenfedern stehen. Dies dtirfte in irgendeiner
Weise das eigentUche Zeichen (die "Rosette") vergottUchen, wie etwa auch in DarsteUungen
des numinosen Antreibstockes wis als Ji(m)t. Auf welches Gerat jedoch die "Rosette"
zuriickzufuhren ist, bleibt unklar, wenn auch zu erwarten ist, daB es in vordynastischer Zeit
mit "Schreiben" oder vielleicht auch "astronomischen Beobachtungen" zu tun gehabt haben
muB. (...) Spatere Zeiten, die das Zeichen nicht mehr verstanden, lasen darin einen
Decknamen sfh cbwj, was urspriingUch weniger "die die beiden Horner lost" bzw. "die mit
den beiden gelosten Hornern" bedeuten soU als "Sieben und 2 Horner" als Beschreibung des
Zeichens, da das mondformige Zeichen im Laufe der bildUchen Entwicklung zu zwei
Hornern geworden war"74.
71 Vgl. aus der Friihzeit p nbwj "Sitz/ Thron der beiden Herren", p nsw wr "Sitz/ Thron des groften Konigs" (Helck, op.cit. (Anm. 61), 154, 200).
72 Helck,op.cit. (Anm. 61), 229 versteht den Titel als "Der zustandige fur jeden Sitz, der (in) der Halle zuweist" (ubernommen von Kahl, System, 670), was aber nicht recht befriedigt: die Proposition <m>
muB erganzt werden; _cf heiBt nicht "(einen Platz) zuweisen". P. Kaplony nimmt das <?> nicht zu diesem Titel (vgl. die Anordnung der Zeichen bei W.M.F. Petrie, The Royal Tombs of the First Dynasty. I, 1900, pi. XXX), sieht in <ct> eine Notation von <citw> "Halle" und versteht den Titel mit Blick auf die
Belege der ersten Sequenz im Alten Reich - als man nach Helck den alten Titel aber mifiverstand! -
offenbar als "Der Verantwortliche fur alle.Butier der &f>v-Halle" (Kaplony, IAFII, 1050). 73 W. Helck, s.v. Seschat, in: LA V, Sp. 884-888, bes. 884.
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1997 Das Schriftzeichen "Rosette" und die Gottin Seschat 257
H. Bonnet75: "Auch das Abzeichen, das S[eschat] auf dem Haupte tragt, entzieht sich
einer uberzeugenden Deutung. Es gleicht einem siebenstrahligen Stern und wird oben von
einem Btigel umspannt, den ein kleines Federpaar kront. Man hat ihn spater zu einem nach
unten gerichteten Hornerpaar umgebildet. Man laBt sich dabei durch ein Beiwort leiten, das
lange fiir den Namen der Gottin gehalten worden ist. Es lautet Sefchet-abui und bedeutet
"die die Horner abgelegt hat". GewiB will man mit ihm die eigene Lage der "Horner" er
klaren, aber es fragt sich doch, ob das Beiwort aus dieser Absicht entstanden ist, oder ob es
nicht in anderen Tatbestanden wurzelt und erst sekundar der Deutung des Kopfputzes
dienstbar wurde."
Andere Forscher sahen in dem Zeichen eine Palme (P. Kaplony76, J. Parlebas77), wobei
der Grund fur diese Notation des Namens der Schreibergottin fur P. Kaplony die Ver
wendung von Palmblattern oder Palmfasern als Schreibmaterial um 3000 v. Chr. bzw. die
Verwendung der Palme als Jahressymbol78 darstellt.
Diese Deutung ist problematisch. Abgesehen davon, daB die Annahme von Palmblattern
als Schreibmaterial hypothetisch bleibt, ist damit der Bezug zum konkreten Namen der
Gottin nicht erklart. AuBerdem haben die zeitgenossischen Darstellungen von Palmen ein
anderes Aussehen79.
?6 Belege des Seschat-Zeichens in der 1.-5. Dynastie
Eine gewisse Klarung ermoghcht eine Ubersicht uber die Darstellungen des Seschat
Zeichens wahrend der 1.-5. Dynastie, die eine Variability in der Wiedergabe aufzeigen. Im
einzelnen sind mir folgende Belege bekannt (fiir die 0.-3. Dynastie als Schriftzeichen und
einmal in der Darstellung der Gottin; fur die 4.-5. Dynastie sind nur Darstellungen der
Gottin berticksichtigt) (Nummern der Belege = Nummern der Abb. 1-7 [zu ?6])80:
74 Fiir eine weitere spate Umdeutung s. J. Parlebas, L'origine d'une particularite tardive de l'iconographie de la deesse Seshat, in: CdE 51, 1976, 13-16 mit Fig. 1-2.
75 RARG, 699-701, s.v. Seschat: Sp. 701. Vgl. ahnlich J. Cerny, Ancient Egyptian Religion, 1952, 27: ein Stem "carried on a pole and surmounted by a curved rib with two upward projections". 76 P. Kaplony, Der Schreiber, das Gotteswort und die Papyruspflanze, in: ZAS 110, 1983, 143-173, bes. 156.
77 J. Parlebas, La deesse Seshat. Resume detaille, 1976, 2: eine Palme mit Mondsichel bzw. Himmelsge
wolbe und zwei Federn. 78
Kaplony, in: BiOr 28, 1971, 49 mit Anm. 51. 79
Vgl. I. Wallert, Die Palmen im Alten Agypten. Eine Untersuchung ihrer praktischen, symbolischen und
religiosen Bedeutung, MAS 1, 1962, 63-73 und Tf. MIL 80
Nachweis der meisten Fruhzeitbelege bei Kahl, System, 682 und Quellenkatalog.
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1. Belege der 0.-3. Dynastie ohne genauere Datierung
1.1 Herkunft unbekannt; Kaplony, IAF III, Abb. 464bis; Kahl, System, Nr. 3475
1.2 Saqqara S 3060; Kaplony, IAFS, Abb. 893; Kahl, System, Nr. 3399
1.3-4 Kaplony, IAFS, Abb. 894A-B; Kahl, System, Nr. 3712
1.5 Kaplony, IAFS, Abb. 985bis (Tf. 31, S. 79); Kahl, System, Nr. 3792
1.6 Martin, The Tomb of Hetepka and other Reliefs and Inscriptions from the Sacred
Animal Necropolis, North Saqqara, 1964-1973, London 1979 (Texts from Excava
tions, Memoir 4), Tf. 19.3; Kahl, System, Nr. 3400
2. Belege der 1. Dynastie
2.1 Dewen, Saqqara S 3507; Emery, Great Tombs of the First Dynasty, III, Tf. 106,8;
Kahl, System, Nr. 1494
2.2 Palermostein rto., 3. Register, 7. und 13. Jahrfeld81
3. Belege der 2. Dynastie
3.1 Zeit des Ninetjer(?). J.-Ph. Lauer, La Pyramide a degres. IV: Les inscriptions
gravees sur les vases, 1, Le Caire 1959, p.56, pi. 21, No. 113; Kahl, System, Nr.
2132 3.2 Relief des Chasechemui; R. Engelbach, A Foundation Scene of the Second Dynasty,
in: JEA 20, 1934, 183f., pi. 24 (nicht reproduzierbar) 4. Belege der 3. Dynastie
4.1 Netjerichet; aus Byblos; P. Montet, Notes et Documents pour servir a Thistoire des
relations entre l'ancienne Egypte et la Syrie, in: Kemi 1, 1928, 84, Fig. 2; Kahl,
System, Nr. 3284.
4.2 Saqqara S 3073, Ende der 3. Dynastie; M.A. Murray, Saqqara Mastabas I, Tf. 1, Tf.
2; Kahl, System, Nr. 3371-2
5. Belege der 4. Dynastie
5.1-2 Snofru; Taltempel der Knickpyramide82
81 H. Schafer, Ein Bruchstuck altagyptischer Annalen, APAW, Berlin 1902, 20-21; vgl. Helck, op.cit. (Anm. 61), 71. Helck, ibd., 162, erkennt noch auf dem Kairo-Fragment I des Palermosteins im Jahr 3
des Semerchet die Notation der "Geburt von Seschat und Sed", doch ist die Lesung dieses Eintrags sehr
umstritten, vgl. G. Daressy, La pierre de Palerme et la chronologie de l'Ancien Empire, in: BIFAO 17,
1916, 161-214, bes. 167 (liest statt Helcks "Geburt von Seschat" mkt wpt r?, was hier spater wieder be
gegnet, s. P. Munro (Anm. 63), 65); M. Clagett, Ancient Egyptian Science I, Tome 1, 1989, 75. 82 A. Fakhry, The Monuments of Sneferu at Dahschur II. The Valley Temple. Part I. The Temple Reliefs,
1961, Fig. 84-86,91-95.
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1997 Das Schriftzeichen "Rosette" und die Gottin Seschat 259
6. Belege der 5. Dynastie
6.1-2 Sahure, Totentempel83
6.3 Niuserre, SonnenheiUgtum84
7. Thinitische Topfmarken. Zur Problematik s. unten. Reproduziert ist hier die Zusammen
steUung bei van den Brink (wie Anm.86).
Nach der Art der Ausfiihrung des "Attributs" bzw. Schriftzeichens in diesen Belegen
mochte ich folgende Varianten unterscheiden:
1. In seiner klassischen Form ("Rosette" + "Sichel" + "Aufsatze") begegnet es in 1.2, 1.6?,
2.2,3.1,3.2,4.2,5.2,6.1,6.2,6.3.
2. In der Form "Rosette" + "Sichel", aber ohne "Aufsatze", erscheint es auf den Belegen 1.1,
1.5, 4.1?, 5.2 und - faUs hierher zu stellen - in den thinitischen Topfmarken.
3. Nur in der Form "Rosette" scheint das Zeichen in den Belegen 1.3, 1.4 (mit Stengel?),
2.1? bezeugt zu sein.
Bei den "Aufsatzen" auf der "Sichel" handelt es sich um zwei stangenartige Gebilde,
nicht etwa um Federn. Letzteres vermerkt noch Helcks oben zitierte Charakterisierung, nach
der "dies in irgendeiner Weise das eigentUche Zeichen [die "Rosette"] vergottUchen (durfte), wie etwa auch in DarsteUungen des numinosen Antreibstockes wis als Ji(m)t". Die Dar
steUungsvarianten konnten aber darauf hindeuten, daB die Zusatze zu der "Rosette" ur
spriingUch nicht unabdingbar waren, dann allerdings kanonisch wurden und spater zu Federn
und dann Hornern uminterpretiert wurden85. Mit Vorbehalt konnte dann nach ihrem
Aussehen auch eine Gruppe thinitischer Topfmarken86 der Dokumentation angesehlossen
werden, wie dies J. Parlebas vermutete87:
"La documentation qui la [d.h. Seschat] concerne est alors exceptionneUement abondante
pour une periode aussi reculee, surtout si Ton peut y joindre les marques de poterie
comprenant une forme archaique de son signe et souvent une surface decoupee en elements,
comme nous le supposons. Ces signes de Seshat accompagnes de rectangles decoupes en
rectangles plus petits pourraient etre des aUusions a son role dans l'arpentage, les ovales
decoupes en petits rectangles egalement."
83 Borchardt, Sahure II, BI. 1, 19.
84 Bissing, Re-Heiligtum II, BI. 7.
85 P. Kaplony mochte Seschat mit dem Beamtenzelt identifizieren, das vielleicht aus Palmstammen gebaut und von Rinderschadeln bekront gewesen sei; dieser Bau sei im Seschat-Zeichen vereinfacht wiederge geben (Palme + Rinderhorner): BiOr 28, 1971, 49.
86 W. Helck, Thinitische Topfmarken, AA 50, 1990, Nr. 74-79, 112; E.C.M. van den Brink, Corpus and Numerical Evaluation of the "Thinite" Potmarks, in: R. Friedman/B. Adams, op.cit. (Anm. 8), 265-296, bes. 291 (standardisierte Zeichenform).
87 Parlebas, op.cit. (Anm. 77), 453.
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Diese Zeichen weisen nicht nur einen sichelformigen Bogen tiber der "Rosette" auf,
sondern einen Halb- bis Dreiviertelkreis, der die "Rosette" umgibt88. Im Gegensatz zu dem
Urteil von Parlebas scheint es mir aber eher unwahrscheinlich, daB diese haufigen Topf
marken etwas mit Seschat zu tun haben sollen89.
?7 Das "Attribut" der Seschat als Lautzeichen
Chronologisch schlieBen die Belegreihen "Rosette" (bis zur Wende 0./1. Dynastie) und
"Seschat-Zeichen" (ab 0./1. Dynastie) aneinander an90; die ausgefuhrten Versionen der
beiden Zeichen zeigen eine groBe Ahnlichkeit. Verschiedentlich wurde vermutet, daB beide
Zeichen genuin identisch sind91. Die folgenden Uberlegungen mochten diese -
vorlaufig
jedoch nicht beweisbare - Moglichkeit einer urspriinglichen Identitat der beiden Zeichen
weiterentwickeln.
Fiir das Schriftzeichen "Rosette" wurde oben der Lautwert <nb> angesetzt. Falls das sog.
Attribut der Seschat damit identisch sein sollte, wurde auch hier dasselbe Lautzeichen - und
nicht etwa ein numinoses Gerat o.a. - vorliegen. Die Gottin "Seschat" triige dann auf dem
Haupt die Notation ihres urspriinglichen Namens, wie es eine Anzahl anderer Gottheiten
tun, etwa Isis, Geb, Nut oder Nephthys92. Gotternamen sind auch auf Standarten belegt93,
hier wurden sich die Belege des Seschat-Zeichens auf Standarte bzw. als Standarte ein
reihen - falls zu dieser Zeit das Zeichen nicht schon als Attribut aufgefaBt wurde, was sicher
plausibel ist. Diese Argumentationslinie verlangt, den Namen "Seschat" als sekundar anzu
sehen, der phonetisch ausgeschrieben - nicht nur mit dem Seschat-Zeichen notiert - auBerst
selten erscheint, einmal in den Pyramidentexten (Pyr. 616b; Teti) und zweimal in der 26.
Dynastie94. In der bisherigen Diskussion uber die Bedeutung des Namens der Gottin wurde
88 Vgl. etwa einen Beleg wie ^"^rv (Helck, op.cit. (Anm. 86), 74.w.). Ob deshalb an eine Lotusbliite iiber
ihrem Blatt: (JuiO gedacht werden darf (vgl. Abbildung bei R. Germer, Flora des pharaonischen
Agypten, 1985, 37)? 89 Dabei muB hier offen bleiben, ob es sich um Markierungen oder Schriftzeichen handelt und ob, sollte
letzteres zutreffen, hier allenfalls auch eine Lesung <nb> vorliegen konnte. 90 Die eben angeflihrten thinitischen Topfmarken reichen von der vorgeschichtlichen Zeit bis an das Ende
der 1. Dynastie. 91
Etwa G.A. Wainwright, Seshat and the Pharaoh, in: JEA 26, 1940, 30-40: 31 mit n. 2; zuletzt Winter,
op.cit. (Anm. 1). 92
Hornung, Der Eine, 106; W. Barta, s.v. Gottersymbole, in: LA II, 714. 93
Barta, s.v. Gottersymbole, in: LA II, 715; D. Wildung, s.v. Gotterstandarte, in: LA II, 713. 94
Parlebas, op.cit. (Anm. 77), 4.
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1997 Das Schriftzeichen "Rosette" und die Gottin Seschat 265
z.T. die UrspriingUchkeit des Namens "Seschat", "Schreiberin" als solche95 oder aber dieses
Verstandnis des Namens96 angezweifelt.
?8 Der Gott von PT 426 {Spruch 285)
Eine weitere Stiitze der postuUerten urspriingUchen Lesung der Rosette als nb und des
spater als "Seschat" gelesenen Ideogramms als "Nebit" konnte auch noch Spruch 285 der
Pyramidentexte Uefern, der einzige Beleg einer mannUchen, nur mit dem Seschat-Zeichen
+<w> notierten Gottheit "Seschau"97. Gleichzeitig ist dieser Beleg fiir die urspriingUche
Situierung der beiden Gottheiten von Belang. Dieser Schlangenspruch ist jiingst von C.
Reintges (nur der Beginn, 426a98) und C. Leitz (ganzer Spruch99) eingehend behandelt
worden. Ich gebe eine Ubersetzung von 426a-b, die in einigen Punkten davon abweicht:
"Deine zwei Gifttropfen (nSswj-k) sollen zu deinen Giftsacken (Sswj-k).
"Spei aus (bSj)\" sagt der Rote; "spuck (jbh) den Samen (mwy) in das Wasser (mw)"
sagt (j) der, der (sie) anstarrt (y), damit die Kehle zugeschniirt sei (bb nc)100, Nebu."
Dieser Schlangenzauber verwendet - oben durch die Kursivschrift hervorgehoben - das
Stilmittel des "Wortspiels". Das Ende des zitierten Passus wurde bisher bb nc SSlw trans
kribiert. Lesen wir gemaB unserer Neulesung des Seschatzeichens bb nc Nbw, ware dieses
Stilmittel auch hier konsequent angewandt. Gilt auBerdem die im nachsten Abschnitt vorge
schlagene Deutung der "Seschat" (Nebit) als Pantherkatze, konnte hier als ihr mannUches
Pendant ein Panthergott Nebu vermutet werden101.
95 Helck, op.cit. (Anm. 73), 884: "ihr Name ist also eine sekundare, bereits auf die anthropomorphisierte Gestalt bezogene Bezeichnung".
96 Vorgeschlagen wurde etwa "die, die (die Lebenszeit) festsetzt" (Brunner, Geburt des Gottkonigs, 163; Edel, Altag. Gramm., ?117, 132; W. Westendorf, Beitrage aus und zu den medizinischen Texten, in: ZAS 92, 1966, 128-154: 136; Parlebas, op.cit. (Anm. 77), 4); "die Geschickte" (Kaplony, in: BiOr 28, 1971, 48f.; ders., op.cit. (Anm. 76), bes. 158 mit Anm. 117).
97 Der Hinweis von Wb IV, 280,13 (danach auch RARG, 701; Kees, Gotterglaube, 108; Westendorf,
op.cit. (Anm. 96), bes. 154), wonach "Seschau" in der Spatzeit ein Beiname des Osiris sei, ist zu
streichen, da es sich dabei korrekt um Schreibungen von R6-wci "Der heil erwacht" handelt, s. B. van
de Walle, R4-wdi comme epithete et comme entite divines, in: ZAS 98, 1972, 140-149; F.R. Herbin, Le
livre de parcourir l'eternite, OLA 58, 1994, 103, 112f., 226. 98
C. Reintges, Pyr. 426a Revisited, in: ZAS 123, 1996, 138-157. 99 C. Leitz, Die Schlangenspriiche in den Pyramidentexten, in: Or 65, 1996, 381-427. 100 Ich stelle bb als "Kehle" zu bbwj "Region der Kehle, Schltisselbeine", bbyt "Kehle", bbt "Kehle" (Wb
1,455; GrundriB der Medizin VII, 246f.) und fasse das folgende ^^c^ (Unas), *""^P (Teti) als
Stativ mit Wunschbedeutung von nc "zuschniiren" auf. 101 Mit dem "Roten" oder "Ockerfarbenen" (s, LA II, 119) von 426a (Deutung Reintges) konnte ebenfalls
eine Pantherkatze als Feind der Schlange gemeint sein. Und ob man den Gott Nebu und die Gottin
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?9 Name und Funktion: Das Pantherfell der Seschat/ Die Gottin Seschat in der
Grundungszeremonie
Wenn wir den Namen "Seschat" als sekundar erachten, gilt es gleichzeitig, den neu zu
postuUerenden Namen plausibel mit dem Wesen der Gottin in Beziehung zu setzen. Nun ist
das Auftreten der Seschat schon in friihester Zeit durch zwei Charakteristika gepragt: (1) Sie
tragt - als einzige Gottheit (abgesehen von Bes)
- ein PantherfeU; eine ikonographische
EigentiimUchkeit, die bisher noch keine befriedigende Erklarung fand. AuBerdem erscheint
sie eng mit der Pantherkatze Mafdet verbunden. (2) Ihre hauptsachUche Funktion ist es, zu
sammen mit dem Konig in der Grundungszeremonie die Fluchtstabe zu stecken und da
zwischen das Seil zu spannen.
Diese zwei Punkte konnen mit einem hypothetischen urspriingUchen Gottesnamen Nebit,
der durch das Lautzeichen "Rosette" = <nb> notiert ware, direkt verknupft werden: danach
wurde es sich bei der Gottin "Seschat" urspriingUch um die "Pantherkatze" (agypt. nbjt)
handeln oder aber um die Personifizierung des im Griindungsritual verwendeten Flucht
stabes (agypt. nbytlnblt).
(1) Relikthaft ist im Agyptischen ein Wort nby "Panther" erhalten, bei dem es sich wohl
um eine Schreibvariante zu dem gelaufigen iby102 - mit <1> bzw. <n> als AUographen von
IV - handeln durfte103. In dem Dramatischen Ramesseumpapyrus (Pap. Ram. B) erscheint
eine Materialbezeichnung >?>
JJ ^E2>^ nb, deren Determinativ oder Ideogramm ein ge
flecktes LeopardenfeU darsteUen konnte104. Das Morgenritual nennt einen Ort Nbwy
m?<h*h? bzw. Slfc* (spatauch ^g, Mm )> <"l*? "Buto im memphitischen Gau", dessen Name vieUeicht "die beiden Panther" oder "Panther
ort" bedeutet haben mag und auf einen urspriingUchen Pantherkult hinzuweisen scheint105.
"Seschat" (Nebit) dann auch mit dem unten ?8 genannten Ort Nbwj "Die beiden Panther" verbinden kann?
102 Das Lexem ist wohl alt (gegen F. Kammerzell, Panther, Lowe und Sprachentwicklung im Neolithikum,
Lingua Aegyptia, Studia monographica 1, 1994, 34: 18. Dynastie), s. Kaplony, IAF I, 399; Helck, op.cit. (Anm. 61), 75.
103 J. Yoyotte, Etudes geographiques II. Les localites meridionales de la region memphite et le "Pehou
d'Heracleopolis", in: RdE 14, 1962, 75-111, bes. 101. Das von Yoyotte (nach W. Vycichl) angefiihrte Tuareg-Wort anaba "Panther", das die Annahme eines separaten agyptischen Lexems nby (und nicht einer Variantenschreibung) stiitzen wtirde, kann ich nicht nachweisen.
104 Yoyotte, op.cit. (Anm. 103), 101, n. 1; Sethe, op.cit. (Anm. 63), 198f. mit Anm. 87b (halt aber eine altertumliche Schreibung fur nbw "Gold" und Determinierung durch eine Art Halskragen ohne hinab
hangende Bander fur plausibler). 105
Yoyotte, op.cit. (Anm. 103), 100f.; vgl. G. Roeder, Kulte und Orakel im alten Agypten, 1960, 119: Nebit "Stadt des Panthers", wohl bei Buto.
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135ff.; ders., Die Pantherkatze Mafdet, in: ZDMG 118, 1968, 248-258, bes. 255; E. Graefe, s.v. Mafdet, in: LA III, 1132f.
107 Dazu A.M. Blackman/ H.W. Fairman, The Consecration of an Egyptian Temple according to the Use of Edfu, in: JEA 32, 1946, 75-91; P. Montet, Le rituel de fondation des temples egyptiens, in: Kemi 17, 1964, 74-100; J.M. Weinstein, Foundation Deposits in Egyptian Temples, Ph. D. Univ. of Pennsylvania 1973, University Microfilms, Ann Arbor/ Michigan, 1-22; Sanaa Abd el-Azim el-Adly, Das Griindungs
und Weiheritual des agyptischen Tempels von der fruhgeschichtlichen Zeit bis zum Ende des Neuen
Reiches, Diss. Tubingen 1981; B. Letellier, s.v. Griindungsbeigabe, in: LA II, 906-912; K. Zibelius
Chen, s.v. Tempelgriindung, in: LA VI, 385f.; H.W. Miiller, Gedanken zur Entstehung, Interpretation und Rekonstruktion altester agyptischer Monumentalarchitektur, in: Agypten
- Dauer und Wandel, Mainz 1985, 7-33, bes. 32f.; M. Isler, The Merkhet, in: VA 7, 1991, 53-67; L. Morenz, Zur Dekoration der fruhzeitlichen Tempel am Beispiel zweier Fragmente des archaischen Tempels von Gebelein, in: R.
Gundlach/M. Rochholz (Hrsg.), Agyptische Tempel -
Struktur, Funktion und Programm, HAB 37, 1994, 217-238, bes. 229f.
108 Wb E, 243 belegt nbltlnbyt "Fluchtstab" fiir die 19. Dynastie und die ptolemaische Zeit. Das Lexem ist
sowohl in der maskulinen als auch femininen Form aber schon fruher belegt: nbl "Stange" auf BM 96
[159] (s. Schenkel, Memphis, Heraklepolis, Theben, 293f. (h) (spate 11. Dynastie); nbyt "pole" etwa
pReisner II, 39 (B 19). Ob zu demselben Wortstamm auch nbjt "Schilfrohr; Blasrohr; Pfeilschaft" ge hort?
109 W. Guglielmi, s.v. Personifikation, in: LA IV, 978-987, bes. 981.
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