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2 0 17 / N r. 2
CLASS: aktuellA s s o c i a t i o n o f C l a s s i c a l I n d
e p e n d e n t s i n G e r m a n y
Klaus Heymann Naxos – die Erfolgsgeschichte
Ekaterina LitvintsevaNeues Album: Turning Point
Rita Karin Meier und das Belenus QuartettEffektvolles Feuerwerk
von H. Baermann
Christian Thielemann / Staatskapelle Dresdenpflegen Anton
Bruckner
Klaus Heymann Naxos – die Erfolgsgeschichte
Ekaterina LitvintsevaNeues Album: Turning Point
Rita Karin Meier und das Belenus QuartettEffektvolles Feuerwerk
von H. Baermann
Christian Thielemann / Staatskapelle Dresdenpflegen Anton
Bruckner
Meccore String Quartet Jung und leidenschaftlich
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Lieder von RobeRt FRanz Robin Tritschler, TenorGraham Johnson,
KlavierHyperion CDA68128
SamueL baRbeR the LoversMartin Häßler, BaritonLandesjugendchor
SachsenJugendsinfonieorchester LeipzigRon-Dirk EntleutnerronDeAu
rop6138
Stimmungen max RegeR telemann-Variationen op. 134ernst-Ludwig
von Hessen und bei Rhein Draußen – 6 Stimmungen für Klavier Andreas
HeringCAstigo 0278
nostalgiagioVanni battiSta SomiS Sonate a flauto solo e
violoncello o cembaloWolfram Schurig, FlöteJohannes Hämmerle,
CembalofrA bernArDo fb1711192
HanDeL – geRman aRiaSWerke von geoRg FRieDRicH HänDeL, aDam
KRiegeR und HeinRicH ScHmeLzeRFritz Spengler, AltusChristian Voß,
BarockviolineEnsemble Contrapunct_usKlAnglogo Kl1520
orchesterwerke von Lalo und RousseleDouaRD LaLo Symphonie
espagnoleaLbeRt RouSSeL concert pour Petit orchestre, concerto pour
Piano Svetlin Roussev, ViolineAlain Raës, KlavierOrchestre de
Douai, Jean-Jacques KantorowArCAntus ArC16006
CLASS: aktuellbrand
CLASS: aktuell
VioLin conceRtoS xxi Violinkonzerte des 21. Jahrhunderts
zeitgenössische Werke von niKoLauS FHeoDoRoFF und miKHaiL KoLLontay
(Vol. 1)Elena Denisova, Solo-ViolineCollegium Musicum CarinthiaRTV
Orchestra MoscowAlexei Kornienko, LeitungTYXart TXA17093
guStaV HoLSt Quintett in a-moll, op. 3 für Klavier, oboe,
Klarinette, Horn und Fagott; three Pieces für oboe und
Streichquartett; terzetto für Flöte, oboe und Klarinette in zwei
Sätzen; bläserquintett in as-Dur, op. 14 für Flöte, oboe,
Klarinette, Horn und Fagott; Sextett e-moll für oboe, Klarinette in
a, Fagott, Violine, Viola und Violoncello Ensemble ArabesquesfArAo
ClAssiCs b 108 098
maHLeR – ScHoecK – StRauSSLieder – Kernstück des albums ist das
„Wandsbecker Liederbuch“ des Schweizers othmar SchoeckBritta
Glaser, SopranMatthias Veit, KlaviertyXArt tXA17089
Just for FungeoRg FRieDRicH HänDeL in den angenehmen
büschenDanieL ScHnyDeR chorales and interludiaDaViD PoPPeR Requiem
op. 66RobeRt ScHumann aus „Kinderszenen“cLauDe DebuSSy clair de
LuneSteVen VeRHeLSt trombone Quartet no. 1antonio Lotti
crucifixuscHaRLeS SmaLL conversationmaRtin FonDSe Low end HifiWorld
Trombone Quartet Joseph Alessi, Michel Becquet, Jörgen van Rijen,
Stefan SchulzArCAntus ArC16004
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AusgAbe 2017/2 3
Class: aktuell 2 / 2017 Inhalt
4 Meccore String Quartet Debüt mit grieg
6 Ekaterina Litvintseva stellt ihr zweites Rachmaninow-Album
vor
7 Feurig, schwungvoll und historisch Andrzej szadejko
präsentiert Orgelwerke von F. W. Markull
8 Rudolf Innig beschließt die einspielung des Orgelwerkes von
Felix Nowowiejski
9 Eine Legende wird 90 Herzlichen glückwunsch, Michael
gielen!
10 Bruckner Pflege durch Christian Thielemann und die
staatskapelle Dresden
11 Maria Luisa Cantos gratuliert enrique granados zum 150.
geburtstag
12 Eine Box zum Jubiläum 30 Jahre Naxos
13 Frank Bungarten stellt vor: Johann Kaspar Mertz, der letzte
Wiener Virtuose
14 30. Firmenjubiläum von Naxos Vom Low budget Label zum global
Player
17 Ein ausdrucksstarkes Plädoyer für die Freiheit vom berlage
saxophone Quartet
18 Effektvolles Feuerwerk von H. Baermann mit Rita Karin Meier
und dem belenus Quartett
19 Das Klaviertrio – Folge 2 Von der Frühromantik ins 19.
Jahrhundert
21 Haiou Zhangs pianistisch musikalische Fingerabdrücke
23 Luiza Boracs Pianoportrait von enescu, Ravel, Debussy,
Mihalovic und schumann
25 Giorgos Kanaris und Thomas Wise widmen sich den
sehnsuchtsliedern von beethoven und schubert
26 Kathrin Christians spielt Flötenkonzerte von Feld,
Theodorakis und Weinberg
28 Im Blickpunkt Neuheiten vorgestellt von CLAss
29 Angelika Nebel, Klavier, spielt bach-bearbeitungen und
Transkriptionen
30 Ammiel Bushakevitz spielt schuberts späte
Klavierminiaturen
ImpressumHerausgeber/Verlag:CLASS e.V.Association of Classical
Independents in GermanyBachstraße 35, 32756 DetmoldTel.
[email protected]
Redakteur (v.i.S.d.P): Dr. Rainer KahleyssAnzeigen: Gabriele
NiederreiterGrafische Gestaltung: Ottilie Gaigl Druck: Westermann
Druck, Braunschweig
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des
Verfassers, nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Druckauflage: 105.550 1. Quartal 2017ISSN: 2195-0172
Titel-Foto: Arek Berbecki
Alle Tonträger dieser Ausgabe finden Sie auch unter
www.bielekat.de
geprüfte Auflage
CLASS : aktuell
Sind Sie gut im Kopfrechnen? Die meisten von uns verlassen sich
da lieber auf ihren Computer oder ihr Handy. Früher halfen auch
Taschenrechner, Rechenschieber, Abakus. Ich persönlich rechne gerne
mithilfe einer Klaviertastatur, genauer gesagt: mit der in zwölf
Tonschritte gegliederten Oktave. Im täglichen Leben haben wir ja
vor allem mit dem Dezimalsystem zu tun – da ist das Zwölfersystem
doch mal eine nette Abwechslung, nicht wahr?
Das Einmaleins der ChromatikDurch zwölf teilen lässt sich die
Oktave also leicht – daraus ergibt sich die chromatische Tonleiter.
Durch sechs geteilt bekommen wir dagegen eine Ganztonskala – mit
ihr hat zum Beispiel Debussy gerne gerechnet – sorry: komponiert.
Vier kleine Terzen ergeben zusammen ebenfalls eine Oktave (heißt
das dann: Anderthalbtonskala?), ebenso drei große Terzen
(Doppelganztonskala?). Bei den Quarten wird es interessant. Die
Division 12:5 ergibt nun einmal einen Bruch, das lässt sich nicht
lösen, ohne die Klaviertasten zu zerstückeln. Daher die Frage: Wie
viele Quarten muss man übereinanderlegen, um von einem Ton C wieder
zu einem Ton C zu gelangen? Die Antwort gibt uns die Uhr des
Quintenzirkels, der ja gleichzeitig auch ein Quartenzirkel ist. Wir
müssen zwölf Quarten übereinanderschichten, wir gehen dabei durch
alle Töne der chromatischen Tonleiter. Die Höhe dieses
Quartengebäudes beträgt fünf Oktaven.
Teilen wir die Oktave durch zwei, erhalten wir die verminderte
Quint, den schlimmen Tritonus. Mit diesem bösen Buben wollen wir
uns jetzt nicht weiter beschäftigen, nur so viel: Er ist
seinerseits durch 1, 2, 3 und 6 teilbar. Ziehen Sie selbst Ihre
musikalischen Schlüsse! Die größeren Intervalle wiederum verhalten
sich analog zu den kleinen. Um mit Quinten von C nach C zu kommen,
müssen wir (wie bei der Quart) zwölf übereinander schichten – ein
Turm von sieben Oktaven Höhe! Von den kleinen Sexten brauchen wir
von C nach C nur drei (wie bei der großen Terz), allerdings streckt
sich das über zwei Oktaven. Von den großen Sexten vier (wie bei der
kleinen Terz), aber über drei Oktaven. Und so weiter.
Die zwölfschrittige Chromatik ist ein Ergebnis der europäischen
Musikgeschichte. Ihre wissenschaftliche Grundlage erhielt sie ums
Jahr 1600. Für die Frequenzhöhen spielte dabei die zwölfte Wurzel
aus 2 als Faktor eine wichtige Rolle, das ist die Zahl 1,05946... –
oder als Bruch geschrieben: 196:185. Alle Musiker heute sollten
sich diese Zahl übers Bett hängen und täglich zu ihr ein Dankgebet
sprechen. Anders gesagt: Die ZwölftonChromatik ist eine vollkommen
willkürliche Konstruktion. Die Natur selbst kennt nur die Oktave
und andere Obertöne, aber keine Chromatik. Ökonomische
Musikkulturen kommen daher auch locker mit fünf Tönen pro Oktave
aus. Verschwenderische dagegen brauchen durchaus mehr als
zwölf.
Auch bei uns gibt es sensible Seelen, die sich täglich fragen:
Ist es nicht schade um die unendlich vielen Frequenzen zwischen den
Klaviertasten? Vor der Durchsetzung der gleichmäßig temperierten
Stimmung gab es tatsächlich auch Cembali mit 19 oder 31 Tasten pro
Oktave. In der Moderne experimentierte man unter anderem mit 30,
36, 43, 48, 52, 72 und sogar 84 Tonstufen. Was für brillante
Aussichten wären das für den mathematikbegeisterten
Musikliebhaber!
Zum Glück ist der Kopf nicht nur zum Rechnen da. Man kann mit
ihm auch einfach nur Musik hören. Viel Spaß bei beidem wünscht
IhrHansJürgen Schaal
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Ein weiteres aufregendes Debüt bei MDG: Das Meccore String
Quartet lässt frischen Wind durch die Kammermusikwelt we-hen!
Passend dazu haben sich die vier Musiker die Streichquartette von
Edvard Grieg aufs Pult gelegt – markiert doch das
verstörend-großartige g-Moll-Quartett op. 27 die Zeiten-wende von
Romantik zu Impressionismus. Dass Grieg sein zweites Quartett nicht
vollenden konnte, tut der Qualität des überlieferten Frag-ments
keinen Abbruch. Und die Meccores ent-schädigen für die fehlenden
Sätze auf dieser SACD mit einer Fuge – sie stammt noch aus den
frühen Lehrjahren des norwegischen Meisters.
Unerfüllte Sehnsucht durchzieht das g-Moll-Quartett, dessen
autobiografischen Bezüge Grieg selbst angedeutet hat, hatte sich
doch in den 1870er Jahren das Verhältnis zu seiner Ehefrau
verschlechtert. Der thematische Rückgriff auf eine eigene
Liedkomposition „Spielmannslied“ (op. 25/1) auf einen Text von
Henrik Ibsen „Nach ihr nur stand mein Verlangen, jede sommerhelle
Nacht…“ bildet die Basis für die ganze Kompo-sition als Spiegel
seiner seelischen Verfassung. Dass der Beginn mit schroffen
Fortissimo-
Akkorden daherkommt, hat manchen Zeitge-nossen irritiert – nicht
jedoch Claude Debussy, der hier die Inspiration für sein Quartett
in derselben Tonart fand. Aus der Keimzelle des Beginns entwickelt
Grieg fast sämtliche Themen und Motive des viersätzigen Werkes, das
erst ganz am Schluss eine geradezu apotheotische Erlösung
erfährt.
4 AusgAbe 2017/2
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tud
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L.c
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CLASS : aktuell
Ein zweites Quartett in lichtem F-Dur blieb unvollendet, zu
gefragt war Grieg als Pianist auf der ganzen Welt, und zu selten
fand er die erfor-derliche Zurückgezogenheit zum Komponieren. „Wie
ein alter norwegischer Käse“, der mit der Zeit immer besser wird,
harrte das Werk auf seinen Schöpfer, doch es reichte am Ende nur
für einige Skizzen. Die beiden vollendeten Sätze bilden den
Jung, leidenschaftlich, wild…Das Meccore Quartett debütiert bei
MDG mit Grieg
-
größten Kontrast zur erwachsenen Schwester, so leicht und
unbeschwert ist die Stimmung. Einem Blick in die Studierstube eines
Hochbegabten gleich kommt die als Übungskomposition ange-fertigte
Fuge, die schon den typisch nordischen Tonfall der großen Werke
atmet.
Jung, leidenschaftlich, wild… die aufwüh-lendste Energie
versteht das in Warschau behei-
CLASS : aktuell
AusgAbe 2017/2 5
Aktuelle Konzerte: 19. | 20. 05. 2017 Auditorio sony, Madrid
23. 05. 2017 Philharmonie Arthur Rubinstein, Łódź
18. 06. 2017 Auditorio sony, Madrid
24. 06. 2017 Philharmony, Lublin
22. 07. 2017 Atma, Zakopane
04. | 05. 08. 2017 Teatro Angela Peralta, san Miguel de
Allende
17. 09. 2017 evangelische Kirche, Zielona góra
18. 09. 2017 Music Academy, Katowice
27. 09. 2017 stadsgehoorzaal, Leiden
30. 09. 2017 Jagdsaal, schwetzingen
meccorequartet.com
Edvard Grieg (1843-1907)Streichquartett op. 27Quartett F-Dur,
Fuge Meccore String QuartetMDG 903 1998-6 (Hybrid-sACD)
matete Meccore String Quartet großartig aufs Podium zu bringen,
unterstützt auch dadurch, dass alle Konzerte im Stehen gespielt
werden. Das ist auch rein klanglich ein spür bares Erleb-nis bei
dieser Aufnahme und besonders gut in der dreidimensionalen
Wiedergabe der hoch-auflösenden Super Audio CD zu hören.
Lisa Eranos
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6 AusgAbe 2017/2
CLASS : aktuell
Sergei Rachmaninow „Turning Point“Piano worksEkaterina
Litvintseva, Klavier Profil Edition Günter Hänssler
PH17032
Bereits erschienen: Sergei Rachmaninow„The depth of the
unspoken“ Early Piano WorksEkaterina Litvintseva, Klavier Profil
Edition Günter Hänssler
PH14042
Ekaterina Litvintseva hatte bereits als „Zugabe“ ihrer ersten CD
mit Werken von Rachmaninow (Profil PH 13042) den Walzer aus den
Morceaux de salon op. 10, eingespielt. Nun folgen mit den
kompletten Salon-stücken und den Variationen über ein Thema von
Chopin zwei weitere Rachmaninow-Zyklen. Bei ihren Einspielungen mit
Werken des noch jungen Komponisten geht die Pianistin nicht
chronologisch vor, sondern folgt ihrer Intuition. Die Pianistin ist
mit Rachmaninows Musik groß geworden, und sie bedeutet ihr viel.
Sie weiß, dass man von einer russischen Pianistin auch russi-sches
Repertoire erwarte. In Deutschland, so ihre Wahrnehmung, spiele man
gerne Rachmaninow, um zu beeindrucken. Sie hat indes ihre
Inter-pretationen so angelegt, „dass einerseits die russische
Schule mit ihrer Expressivität, ander-seits die deutsche
Stilrichtung mit ihrer Klar-heit und ihrer Phrasierungskunst zur
Geltung kommt.“ Ihr geht es bei Rachmaninow gerade nicht um
vordergründige Brillanz, sondern die Tiefe seiner Musik.
Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie am nördlichen
Polarkreis, blickte aus dem Fenster auf das Eismeer mit der klaren
Luft und den im Winter wie gemeißelt erscheinenden Eisbro-cken und
erlebte im Sommer die zauberhafte Farbenpracht der Tundra. Dieses
Leben prägte
auch am Klavier den Sinn für Klarheit, für hinaus zu einer fast
scheuen Empfindsamkeit und tiefen Emotionalität. Mit ihrem Album
Rachmaninov – Early piano works: The Depth of the Unspoken hat sie
unter Beweis gestellt, dass sie eine gran-diose
Rachmaninow-Interpretin ist, die »mit viel Gefühl und mit
erstaunlicher gestalteri-scher Kraft und Tiefe« (Concerti) zu
überzeugen weiß. Auf der neuen CD Turning Point kann
man ihr Gespür für und die Verbundenheit mit der Musik des
Komponisten erneut erleben.
Ekaterina, aufgewachsen in Anadyr im nord-östlichsten Teil
Russlands am Beringmeer, hat einen unkonventionellen pianistischen
Werde-gang hinter sich. Ohne Druck, aber mit lei-denschaftlicher
Ungezwungenheit hat sie das Klavierspiel studiert und ihren eignen,
indivi-duellen Stil erarbeitet. Manuela Neumann
www.ekaterinalitvintseva.com
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Der junge RachmaninowEkaterina Litvintseva legt mit dem Album
„Turning Point“ eine zweite Einspielung mit Werken von Rachmaninow
unter dem Label Profil Edition Günter Hänssler vor und
unterstreicht einmal mehr ihre enge Verbundenheit zu dem
Komponisten.
-
AusgAbe 2017/2 7
CLASS : aktuell
Musica Baltica – Vol. 2Friedrich Wilhelm Markull
(1816-1887)Orgelwerke Vol. 1 Andrzej Szadejko, Bucholz-Orgel (1841)
St. Nikolaikirche StralsundMDG 906 1990-6 (Hybrid-sACD)
Als Friedrich Wilhelm Markull 1887 im Alter von 71 Jahren starb,
sprachen Nachrufe vom „kenntnisreichsten Mu-siker, vortrefflichsten
Orgelspieler u. Componist für Kirche, Schule, Salon und
klassi-scher Orchesterwerke“. Da hatte Markull in über fünfzig
Jahren das Danziger Musikleben, das bei seinem Dienstantritt völlig
am Boden lag, aus dem Nichts wieder aufgebaut und zu prachtvoller
Blüte gebracht. Aus seinen unzähligen Orgelkom-positionen hat
Andrzej Szadejko einen attraktiven Querschnitt ausgewählt und an
der historischen Bucholz-Orgel der St. Nikolaikirche in Stralsund
neu eingespielt – eine willkommene Fortsetzung der vielversprechend
aufgelegten Reihe „Musica Baltica“ (s. CLASS:aktuell 1-2017).
Als Wunderkind betrat Markull das musikali-sche Podium, und
bereits mit 20 Jahren wurde er zum Ersten Organisten der
Oberpfarrkirche St. Marien zu Danzig berufen. Die dreimanua-lige
Orgel mit 50 Registern bot alles, was das norddeutsch-romantische
Musikerherz begehrte. Das Instrument wurde 1945 mit der
Marienkir-che und der gesamten Danziger Innenstadt voll-ständig
zerstört; der typisch frühromantische Klang ist aber
glücklicherweise in der aufwändig restaurierten Stralsunder
Buchholz-Orgel von 1841auch für heutige Ohren erhalten.
Davon profitieren besonders die vielen kleinformatigen Werke,
die einen Großteil von
Markulls Orgelschaffen ausmachen. Vieles dürfte Verwendung im
Gottesdienst gefunden haben; so finden sich Choralvorspiele und
-bearbeitun-gen, Nachspiele und Trios. Typisch romantisch auch die
Vortragsbezeichnungen: Von „Lang-sam ohne zu schleppen“ über
„Lebendig mit sehr fliessendem Vortrage“ bis zu „Feurig und
schwungvoll“ reichen die Anweisungen, die ein abwechslungsreiches
Hörelebnis garantieren.
Die Fantasie op. 23 ist das einzige größere
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Feurig, schwungvoll und historischAndrzej Szadejko präsentiert
Orgelwerke von F. W. Markull
Werk in Andrzej Szadejkos kenntnisreicher Zu-sammenstellung.
Allerdings geht Markull hier formal wie harmonisch sehr eigene
Wege: Erst im triumphalen Finale erscheint der zu Grunde liegende
Choral „Christus der ist mein Leben“ in klarer Gestalt. Besonders
in der dreidimensio-nalen Wiedergabe dieser liebevoll in der großen
Akustik der Nikolaikirche ausbalancierten Super Audio CD ist der
jubelnde Abschluss ein gran-dioses Hörvergnügen! Klaus
Friedrich
Außerdem erschienen: Musica Baltica – Vol. 1Kantaten des Barock
aus Danzig(Werke von Meder, du Grain, Freislich und
Pucklitz)Solisten; Goldberg Vocal Ensemble Goldberg Baroque
EnsembleAndrzej Szadejko, Ltg.MDG 902 1989-6 (Hybrid-sACD)
Bucholz-Orgel in St. Nikolai, Stralsund
Andrzej Szadejko
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8 AusgAbe 2017/2
CLASS : aktuell
Felix Nowowiejski (1877-1946)Sämtliche Solokonzerte für Orgel
op. 56Pièces pour Orgue op. 2, 7, 8, 9 & 31Rudolf
Innig,Sauer-Orgel Bremer DomMDG 317 1997-2 (2 CDs)
Außerdem erschienen:
Felix NowowiejskiSämtliche Orgelsinfonien op. 45 MDG 317 0757-2
(3 CDs)
Felix NowowiejskiOrgelwerke: In Paradisum op. 61 Drei
Weihnachtsfantasien Mater dolorosaMDG 317 0973-2
Mit der Gesamtaufnahme aller neun Orgelsinfonien von Felix
Nowowiejski hat Rudolf Innig vor einigen Jahren eine diskografische
Großtat präsen-tiert – und gleichzeitig einen nahezu völlig
ver-gessenen Meister des spätromantischen Orgel-klangs
rehabilitiert. Später kam eine Aufnahme
Stationen eng mit Deutschland verbanden, geriet unter den neuen
Machthabern ins berufliche wie persönliche Abseits. Da wundert es
nicht, dass die Werke immer mal wieder autobiografische Züge
aufweisen – auch wenn die tröstliche, am Oster-fest orientierte
Zuversicht des vierten Concertos angesichts des Entstehungsjahres
1941 etwas verfrüht erscheint.
Auch in der kleinen Form hat Nowowiejski Beachtliches geleistet.
Ob Choralpräludien (op. 9) oder Charakterstücke (op. 31), ob
gottesdienst-begleitend (Offertoire) oder konzerttauglich (Marche
solennelle) – immer wieder findet er individuelle Ausdrucksformen,
die Rudolf Innig mit tief empfundenem musikalischem Gespür zu
gestalten weiß. Und wie immer bei MDG sorgt das fein abgestimmte
Klangbild in der prächti-gen Akustik des Bremer Dom für ein rundum
überzeugendes Musikerlebnis, das die Wieder-entdeckung des
polnischen Komponisten zum Ereignis werden lässt. Lisa Eranos
kleinerer Orgelstücke hinzu. Die vier „Concerti“ schließen nun
diese verdienstvolle Reihe ab, mit der das gesamte Orgelwerk des
polnischen Meisters jetzt erstmals vollständig bei MDG auf CD
vorliegt.
Wer bei den „Concerti“ ein Orchester erwar-tet, wird sich jedoch
enttäuscht sehen – aller-dings nur für kurze Zeit: So farbenreich
wie Innig die großartige romantische Sauer-Orgel im Bremer Dom
einsetzt, vermisst man Strei-cher und Bläser nicht eine Sekunde.
Und auch harmonisch geben sich die Stücke durchaus ambitioniert.
Warum Nowowiejski die groß-formatigen, mehrsätzigen Werke mit
„Concerti“ betitelt, muss Spekulation bleiben. Ob auch er vor der
Erweiterung der magischen „Neun“ bei den Sinfonien
zurückschreckte?
Die Concerti entstanden in schwieriger Zeit: Gerade hatte mit
dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen der Zweite Weltkrieg
be-gonnen, und Nowowiejski, den biografische
Aktuelle Konzerte:
24. 06. 2017 Lambertikerk, Hengelo (NL)
03. 07. 2017 st. Albert-Kirche, Pulawy (PL)
23. 08. 2017 Konstantin basilika, Trier
15. 09. 2017 Heilig-Kreuz-Kirche, Detmold
27. 10. 2017 Philharmonie, Danzig (PL)
22. 12. 2017 Rudolf-Oetker-Halle, bielefeld
www.rudolf-innig.de
Großtat und EreignisRudolf Innig beschließt die
Gesamteinspielung des Orgelwerks von Felix Nowowiejski
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AusgAbe 2017/2 9
CLASS : aktuell
Eine Legende wird 90 Herzlichen Glückwunsch, Michael Gielen!
Michael Gielen wird 90, und die Klassik-welt feiert den
bedeutenden Dirigenten, der als musikalische Referenz ebenso wie
als politischer Querdenker von sich reden machte. Aus
gesundheitlichen Gründen beendete der Dirigent 2014 seine aktive
Karriere, die vor allem durch die Tätigkeit als langjähriger
Chef-dirigent beim SWR Symphonieorchester Baden-Baden und Freiburg
geprägt war. Sein Ruhm ist noch immer ungebrochen, und so ist es
kein Wunder, dass SWR Classic, das Label des Süd-westrundfunks,
Michael Gielen eine ganze Boxen-edition gewidmet hat, die aus dem
Stand zum Verkaufsschlager wurde.
Nun erscheint bereits die fünfte Folge der auf zehn Volumina
angelegten Michael Gielen Edition. Der Beitrag zur Reihe ist
ausschließlich dem Werk Béla Bartóks und Igor Strawinskys gewidmet
und zeigt, was für ein herausragender Dirigent Gielen auch in
diesem Repertoire war. Alle Aufnahmen, die von 2005 bis 2008 auf
vier SWRmusic-Alben sukzessive erschienen waren, werden hier
wiederveröffentlicht, ebenso Stra-winskys „Scherzo à la Russe“, das
bereits in einer SWRmusic-Kompilation von 2002 verfügbar war.
Aber wie immer bei der Michael Gielen Edition gibt es auch
bislang noch ungehörte Archiv-schätze: Historische Aufnahmen aus
den 1960er- und 1970er-Jahren, entstanden in Saarbrücken und
Stuttgart zeigen Gielen als energischen Jungdirigenten, wobei
Strawinskys komplette „Pulcinella“-Musik inklusive Gesang erklingt.
Ein faszinierendes Tondokument, an dem nicht nur Sammler ihre helle
Freude haben werden!
Strawinskys „Variations“ wurden bei Gielens letztem Konzert in
Freiburg aufgeführt. Bei die-ser Gelegenheit hat er dem Publikum
das unge-wöhnliche Stück in einer launigen Ansprache erläutert, die
im Programm dieser Box eben-
Michael Gielen Edition – Vol. 5Werke von Béla Bartók und Igor
StrawinskyChristian Ostertag, Robert Leonardy, Stella Doufexis,
Edda Moser, Christian Elsner, Werner Hollweg,
Rudolf Rosen, Barry McDaniel
WDR Rundfunkchor Köln, Anton Webern Chor Freiburg,
SWR Vokalensemble Stuttgart,
SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg,
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR,
Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken
Michael Gielen
SWRmusic SWR19023CD
falls im Original-Ton zu hören ist (die Transkrip-tion der Worte
Gielens findet man zudem im Booklet zur Box auch zum
Nachlesen).
Für Michael Gielen ist „Strawinsky unter den ganz großen
Meistern des 20. Jahrhunderts.“ Ebenso Bartók, von dessen
„Wunderbarem Man-darin“ – hier in einer fulminanten Aufnahme von
2007 – Gielen meint: „… ganz wunderbar (...) mit den Resten eines
Impressionismus, aber schon in einem expressionistischen Geist
ge-schrieben, ein Farbenwunder …“.
René Brinkmann
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Barbara HellerHerbstmusikPatchwork / La Caleta / Streichquartett
1958 /Eins für Zwei / Herbstmusik / Arriba! / Zwiege-spräche /
Minutentrios / Lalai – Schlaflied zumWachwerden?
Verdi Quartett / Susanne Stoodt: Violine / Katha-rina Deserno:
Violoncello / Gesa Lücker: Klavier
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512
32 (
CD
)K
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dukt
ion:
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Unanswered LoveAribert Reimann | Wolfgang Rihm | Hans Werner
HenzeJuliane Banse: Sopran / Christoph Poppen: Leitung /Deutsche
Radio Philharmonie
mit Ersteinspielungen
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3 C
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55116 Mainz, [email protected] | www.wergo.de
Paul HindemithDie Streichquartette GesamteinspielungJuilliard
String Quartet: Robert Mann / Joel Smirnoff / Smuel Rhodes / Joel
Krosnick
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10 AusgAbe 2017/2
CLASS : aktuell
Edition Staatskapelle Dresden | Vol. 42 – Anton Bruckner
Symphonie Nr. 4 Es-Dur „Romantische“Staatskapelle Dresden,
Christian Thielemann Profil Edition Günter Hänssler PH16064
Profil Edition Günter Hänssler PH12011
Zwar gilt Dresden, anders als Wien, München oder das benachbarte
Leipzig, bis heute nicht explizit als „Bruckner-Stadt“. Dennoch
haben die Werke des gebürtigen Oberösterreichers auch in der
sächsi-schen Residenzstadt eine lange Tradition, und dies
insbesondere in den Konzerten der einstigen Hof- und heutigen
Staatskapelle.
Bereits im Dezember 1885, ein Jahr nach der Leipziger
Uraufführung der siebten Sym-phonie, die Bruckner den
internationalen Durchbruch brachte, erklang mit der Dritten
erstmals ein Werk Bruckners in Dresden. Die Leitung hatte
Musikdirektor Ernst von Schuch, der sich in seiner langen Amtszeit
(1872-1914) besonders für das damalige zeitgenössische
Musikschaffen einsetzte und schließlich zum „Leibdirigenten“ von
Richard Strauss avancierte. Das Publikum in der Semperoper
reagierte auf die „Wagner-Symphonie“ mit Irritation und Ab-lehnung
– trotzdem setzte Schuch, ein Lands-mann Bruckners, der den
Komponisten seit einer Begegnung bei den Bayreuther Festspielen
auch persönlich kannte, in den kommenden Jahrzehn-ten nahezu
sämtliche Bruckner-Symphonien aufs Programm. Die erste Aufführung
der „romanti-schen“ Vierten in Dresden fand im November 1895 in der
Semperoper statt; am Pult stand diesmal Kapellmeister Adolf Hagen,
und die Kritik aus den „Dresdner Neuesten Nachrich-ten“ spiegelt
das Unverständnis wider, das Bruckners Werken zu dieser Zeit auch
andern-orts entgegengebracht wurde: „… Dabei kann es der Komponist
nicht unterlassen, jeden Augen-
blick zu den stärksten Orchestermitteln zu grei-fen. Kaum hat er
uns in poetische Stimmung gesetzt, so packt er auch schon Hörner,
Trompe-ten, Posaunen und Pauken zu förmlichen Accord-bündeln
zusammen, um damit ein Blitzfunkeln und Donnerkrachen
herauszuschlagen, daß ei-nem Hören und Sehen vergeht …“. Spätestens
seit der Jahrhundertwende schlug die Kritik aber in Begeisterung
um: Schuchs Nachhaltigkeit in der Programmplanung zahlte sich aus,
und er verhalf den Werken Bruckners in Dresden nach und nach zu
wichtigen künstlerischen Erfolgen.Damit war die Grundlage für eine
anhaltende Bruckner-Pflege gelegt; fortan bildeten die Werke des
österreichischen Symphonikers einen zent-ralen Bestandteil im
Repertoire des Wagner- und Strauss-Orchesters Staatskapelle.
General-musikdirektor Fritz Busch etwa dirigierte noch
im Februar 1933 – in seinem letzten Symphonie-konzert vor der
Vertreibung aus Dresden (doku-mentiert in der Edition Staatskapelle
Dresden, Volume 30) – eine Aufführung von Bruckners »Romantischer«.
Und sein Nachfolger Karl Böhm realisierte 1936/37 die allerersten
Schallplatten-Aufnahmen der vierten und der fünften Sympho-nie in
den damals im Rahmen der Bruckner- Gesamtausgabe gerade erst
erschienenen Origi- nalfassungen (wiederveröffentlicht in der
Edition Staatskapelle Dresden, Volume 32). Auch nach dem Krieg und
der großräumigen Zerstörung Dresdens wurde schnell wieder Bruckner
ge-spielt: So dirigierte der junge Generalmusik-direktor Joseph
Keilberth zwischen 1945 und 1950 den vermutlich ersten
vollständigen Zyklus aller „originalen“ Bruckner-Symphonien
über-haupt. 1946 erklang in diesem Zusammenhang auch die Urfassung
der dritten Symphonie zum ersten Mal: Der Staatskapelle kam damit,
wenn auch spät, noch der Rang eines
Bruckner-Urauf-führungsorchesters zu (Hintergründe hierzu lie-fert
der Mitschnitt dieser Fassung unter Yannick Nézet-Séguin aus dem
Jahr 2008, erschienen in der Edition Staatskapelle Dresden als Vol.
39). Die Bruckner-Tradition der Staatskapelle Dresden ist bis heute
lebendig. Beispielhaft für die jünge-re Geschichte sind die
inzwischen legendäre Ge-samteinspielung der Bruckner-Symphonien
unter Eugen Jochum aus den Jahren 1975 bis 1980, Konzerte und
Aufnahmen unter Giuseppe Sinopoli und Bernard Haitink sowie der
aktuelle Bruckner-Zyklus unter Chefdirigent Christian
Thielemann.
Tobias Niederschlag
Gewachsene Tradition:
Bruckner-Pflege der Staatskapelle DresdenDas Label
Profil-Edition Günter Hänssler veröffentlicht mit der Vol. 42 der
Edition Staatskapelle DresdenBruckners 4. Symphonie unter der
Leitung von Christian Thielemann.
PH10031 PH12016 PH15013
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AusgAbe 2017/2 11
Vor ziemlich genau 100 Jahren kam Enrique Granados ums Leben,
als sein Schiff auf der Rückreise von einem um-jubelten Aufenthalt
in New York in den Wirren des Ersten Weltkriegs von einem
deut-schen U-Boot im Ärmelkanal abgeschossen wur-de. Mit ihm
versanken zahlreiche Manus krip te des berühmten Pianisten in den
eiskalten Fluten – ein unersetzlicher Verlust, wie Maria Luisa
Cantos, Grande Dame der spanischen Klavier-musik, in ihrer jüngsten
Einspielung erahnen lässt. Dass Granados, nachdem er zunächst
ge-rettet wurde, sich erneut ins Wasser stürzte, um seine geliebte
Frau zu retten und dabei zu Tode kam, erweitert die überaus
tragische Episode um eine zutiefst romantische Komponente.
Und ein wahrhaft romantischer Geist muss Granados gewesen sein.
Nicht ohne Grund stellt Cantos die „Escenas románticas –
romantische Szenen“ in den Mittelpunkt ihres sehr per-sönlichen
Programms. Von der beginnenden „Mazurka“ bis zum abschließenden
„Epilog“ finden sich immer wieder Anklänge an Chopins poetische
Klavierminiaturen, deren emotiona-
Hitparade – zum 150. GeburtstagMaria Luisa Cantos präsentiert
Enrique Granados
len Ausdruck Granados allerdings um ein Viel-faches zu vertiefen
versteht. Dazu tragen auch die leisen Töne ihren Teil bei, wie in
Cantos´ zauberhafter „Berceuse“ ergreifend zu erleben ist.
Zum Walzer hatte Granados eine intime Be-ziehung, die sich durch
sein gesamtes Schaffen
Enrique Granados (1867-1916)KlavierwerkeMaria Luisa Cantos,
KlavierMDG 904 2003-6 (Hybrid-sACD)
www.mlcantos.comzieht. Die „Valses poéticos – poetische Walzer“,
schon in jungen Jahren komponiert, spielte er immer wieder; sie
fanden sich auch im Reise-gepäck für Amerika. Vom
intim-sehnsuchts-vollen Charakter, wie er Anfang und Beschluss des
kleinen Zyklus prägt, bis zum ausgelassen-wilden Drehtanz erschafft
Granados einen gan-zen Kosmos von Gefühlen und Assoziationen.
Natürlich darf „Quejas – Klage“ aus den „Goyescas“ nicht fehlen.
Nicht umsonst ist die-ses herzzerreißende Stück wohl Granados´
popu-lärste Komposition geworden – eine schmachten-de Adaption
schaffte es mit Johannes Heesters sogar in die Hitparaden! Maria
Luisa Cantos versteht es meisterhaft, den tiefen Empfin-dungen
dieser Musik, mit der sie den größten
Teil ihres Lebens verbracht hat, auf dem großen Steinway
Konzertflügel nachzuspüren. Ohne falsche Senti-mentalität
gratuliert sie auf dieser luxuriös ausgestatteten Mehrkanal-SACD im
2+2+2-Klang dem Kom-ponisten zum 150. Geburtstag – herzlichen
Glückwunsch!
Klaus Friedrich
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12 AusgAbe 2017/2
CLASS : aktuell
Qualität eben am Ende immer durchsetzt.Scheinbar nebenbei hat
das Label, das die
Klassikwelt nachhaltig veränderte, für eine Re-pertoirevielfalt
gesorgt, die man noch vor weni-gen Jahren nicht für möglich
gehalten hätte. Ganze Œuvres von Komponisten wurden bei Naxos
veröffentlicht, wobei sich wohl kein an-deres Label auf die Fahnen
schreiben kann, mehr Welt-Ersteinspielungen veröffentlicht zu
haben.
Die Box wirft auch ein Licht auf bedeutende Künstler, die
inzwischen untrennbar zum Ge-sicht des Naxos-Labels gehören, wie
beispiels-weise der Pianist Boris Giltburg, die Weltklasse-geigerin
Tianwa Yang, Dirigierveteran Leonard Slatkin, die wohl berühmteste
Dirigentin Marin Alsop, Cello-Überflieger Gabriel Schwabe,
Star-flötist Patrick Gallois, die hervorragende Violin-virtuosin
Takako Nishizaki, die seit den Anfangs-tagen dem Label die Treue
hält, Star-Cellist und Dirigent Julian Lloyd Webber, Eldar
Nebolsin, Jenő Jando, Maria Kliegel, und viele viele mehr. Die Box
erzählt auch die Geschichte der Plat-tenfirma, der ihre Künstler
gerne treu bleiben – und das sagt oft mehr als tausend Worte!
René Brinkmann
Qualität, Treue und günstige Preise: 30 Jahre Naxos!
30 Jahre NAXOS – The Anniversary CollectionTakako Nishizaki
Marin Alsop Jenő Jandó Adriane White Boris Giltburg Tianwa Yang
JoAnn Falletta Maria Kliegel Henning Kraggerud Gabriel Schwabe
Leonard Slatkin Antoni Wit Idil Biret u.v.a. Naxos 8.503293
1987, als die Firma Naxos mit ihrer so einfachen Geschäftsidee
an den Start ging, hätte wohl niemand geahnt, dass diese Firma
innerhalb weniger Jahre zum Marktführer der Branche aufsteigen
würde: Gute Klassik-Auf-nahmen zum extragünstigen Preis? Das klingt
fast schon banal. Aber es entpuppte sich als eine veritable
Revolution in einem Marktumfeld, das bis dahin fast nur
Höchstpreise kannte.
Inzwischen feiert man bei Naxos das 30-jäh-rige Firmenbestehen,
und die Laune ist bestens. Noch immer ist Firmengründer Klaus
Heymann Chef des Unternehmens, das inzwischen das größte
Vertriebsnetzwerk für klassische Musik weltweit stellt und auf mehr
als 9.000 Albumver-öffentlichungen zurückblicken kann. Wie will man
aus diesem unglaublichen Angebot Highlights auswählen? Da muss der
Boss persönlich ran!
Naxos-Firmengründer Klaus Heymann wählte deshalb die 30 Alben
der Naxos-Jubiläumsbox persönlich aus. Das Ergebnis ist spekta
kulär: Die 30 besten Alben aus 30 Jahren Naxos. Beein-druckend wird
sichtbar, wie konsistent über all die Jahre die Qualität der oft
als „Billigheimer“ geschmähten Marke doch war, und wie sich
ODE1292-2
LARS VOGTLUDWIG VAN BEETHOVEN
Klavierkonzerte Nr. 1 und 5
Royal Northern Sinfonia
Mit seinem neuen Zyklus sämtlicher Beethoven-
Klavierkonzerte verbindetLars Vogt seine mit
Leidenschaft aufgebautenKarrieren als Dirigent und
Pianist in einem der aufregendsten Beethoven-
Projekte unserer Zeit
NE
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Im Vertrieb der NAXOS Deutschland GmbHwww.naxos.de ·
www.naxosdirekt.de
Class_06_17_ondine_Class_06_17_ondine 05.05.17 13:50 Se
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AusgAbe 2017/2 13
Was für ein Sound! Diese Bässe! Für seine neueste Aufnahme mit
Wer-ken des Gitarrenvirtuosen Johann Kaspar Mertz hat sich Frank
Bun-garten ein ganz besonderes Instrument ausge-sucht: Die
Kontragitarre, gefertigt nach einer exemplarisch erhaltenen
historischen Vorlage Johann Gottfried Scherzers, verfügt auf einem
zweiten Hals über eine Reihe zusätzlicher Bass-saiten. Damit ist es
jetzt möglich, die opulente Klanglichkeit von Mertz´ Kompositionen
haut-nah zu erleben – wohl erstmals seit dem Tod des Wiener
Meisters im Jahre 1856.
Für die erst postum veröffentlichten Fantasien op. 65 und die
„Harmonie du soir“ rechnete Mertz ganz offensichtlich mit dem
zusätzlichen Volumen im Bass. Nur auf der zehnsaitigen
Kontragitarre lassen sich die Werke unmittelbar so spielen, wie sie
notiert sind. Und wer sich anfänglich fragt, wie man auf der
Gitarre eine „Orgelfuge“ darstellen kann, wird spätestens mit den
gewaltig einsetzenden „Pedal“-Tönen hellauf begeistert sein!
Welch hohe Ansprüche Mertz an seine eigene Musik stellte, lässt
sich eindrucksvoll an der Be-arbeitung von sechs Schubert-Liedern
ablesen. Neben den Originalen verwendet er die hochkom-plexen und
fantasievollen Transkriptionen, die Franz Liszt für seine eigenen
überaus erfolgrei-chen Klavierrecitals angefertigt hatte – ein
wag-halsiges Unterfangen, mit frappanter Wirkung: Die Echo-Wirkung
im „Ständchen“, die bei Schubert so nicht vorgesehen ist, ist
schlichtweg grandios!
Sage und schreibe 34 Opernparaphrasen hat Mertz auf sein
Instrument komponiert. Die orches-trale Vorlage verlangt geradezu
nach der Klang-fülle der Kontragitarre. Und mit Frank Bungarten
Fundamental, großartig voluminösFrank Bungarten, Mertz und die
Wiener Kontragitarre
findet auch Verdis „Ernani“ den Interpreten, der die
abenteuerlichen technischen Schwie-rigkeiten der Bearbeitung
vergessen lässt. Beste Voraussetzungen für ein ungetrübtes
Musikvergnügen, das schon den Stereohörer verblüfft, aber noch
gesteigert wird mit der Möglich-keit der Mehrkanalwiedergabe. Diese
in passender Akustik des Konzertsaals der Abtei Marien-münster
sorgfältig produ-zierten 2+2+2 - Aufnahme vermittelt das Gefühl des
unmittelbaren Dabeiseins. Was für ein Gitarrenklang… Lisa
Eranos
Johann Kaspar Mertz (1806-1856)Der letzte Wiener Virtuose Frank
Bungarten, Kontragitarre10-Saiten-Gitarre nach J.G. Scherzer,
1861MDG 905 1954-6 (Hybrid-sACD)
Weitere Einspielungen:
Federico Moreno Torroba (1891-1982)Castillos de España, Puertas
de Madrid, Preludio, Madroños, Nocturno MDG 905 1915-6
(Hybrid-sACD)
Heitor Villa-Lobos (1887-1959)Sämtliche Solo-WerkeMDG 905 1629-6
(Hybrid-sACD)
Mario Castelnuovo-Tedesco (1895-1968)24 Caprichos de Goya op.
195MDG 305 0725-2 (2 CDs)
„Cancion y Danza“ Werke von Bach, Sor, Granados, Turina, Ponce
u.a.MDG 305 1246-2
CLASS : aktuell
Aktuelle Konzerte:
06. 08. 2017 Montafoner Resonanzen Kloster gauenstein,
schruns
26. 10. 2017 spandauer gitarrenfest, eröffnungskonzert Zitadelle
spandau, berlin (27.– 28. 10. Meisterkurs)
17. 11. 2017 Hofkapelle der Residenz, München
www.frankbungarten.de
Foto: © Thomas Struth
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14 AusgAbe 2017/2
CLASS : aktuell
W ir versetzen uns zurück ins Jahr 1987: Die Klassikwelt ist im
Wandel! Die CD ist dabei, die Schallplatte ab-zulösen. Und das zum
stolzen Preis! 30 bis 40 DM kostete 1987 eine CD mit klassi-scher
Musik. Das sollte man sich heute noch einmal vor Augen führen, um
zu verstehen, was es bedeutete, als plötzlich eine neue Firma auf
den Plan trat, die Klassik in Digitalaufnahmen und auf CD
verkaufte, dies aber zum Preis von gerade mal 10 DM! Diese Firma
hieß Naxos – ein Name, der in die Klassik-Szene der ausgehenden
1980er-Jahre einschlug, wie eine Kanonenkugel!
Was heute klingt, wie eine einfache Idee, die jeder hätte haben
können, war damals eine Markt revolution! Und die entfachte eben
nicht jeder, sondern nur einer: Der deutsche Unter-nehmer Klaus
Heymann.
Heymann, der bereits in den 1960er-Jahren nach Hongkong
ausgewandert war, zunächst als Journalist, später als
Vertriebsleiter für Hifi-Equipment tätig war, hatte erkannt: Es gab
da eine Marktlücke! Der Markt dürstete nach Digi-talaufnahmen (das
Kürzel „DDD“ stand in den Anfangstagen der CD für besonders gute
Klang-qualität), doch davon gab es damals nur wenige und die nur
zum Höchstpreis. Naxos krempelte mit seinem Preis-/ Leistungsmodell
den kompletten Markt um. Plötzlich gab es solide Einspielungen
klassischer Standardwerke in neuester Digitaltech-nik zu einem
Preis, den sich jeder leisten konnte.
Und wollte! In Windeseile eroberte Naxos Marktanteil um
Marktanteil. Allein die erste Naxos-Einspielung der berühmten Vier
Jahres-zeiten mit Takako Nishizaki verkaufte sich bis heute 1,4
Millionen Mal. Andere Alben waren ähnlich erfolgreich und sind es
bis heute. Naxos wurde binnen weniger Jahre zum Weltmarkt-führer
für klassische Musik in allen Formaten – nachdem Klaus Heymann
frühzeitig begonnen hatte, sich auch von der CD als bestimmendem
Medium wieder zu lösen und weiter in die Zu-kunft zu denken: Mit
der Naxos Music Library, 2004 ins Leben gerufen, zählte er zu den
Erfin-dern des Musikstreamings – ein Wort übrigens, das es damals
noch nicht einmal gab.
Heute ist Musikstreaming in weiten Teilen der Welt die
bestimmende Art des Musikgenus- Fo
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30 Jahre NAXOS – vom Low Budget Label zum Global Player
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AusgAbe 2017/2 15
CLASS : aktuell
ses geworden: 2016 hat (global betrachtet) der Umsatz mit
Streaming und Downloads erstmals den Umsatz mit physischen
Tonträgern wie Schallplatten und CDs überflügelt. Während viele
Firmen, gerade im Klassikbereich, mit dieser Entwicklung zu kämpfen
haben, geht es Naxos bestens. Frühzeitig wurde darauf geachtet, den
Vertrieb für physische Produkte selbst in der Hand zu haben. Mit
mehr als 60 Vertriebs-niederlassungen rund um die Welt stellt Naxos
das größte Netzwerk dieser Art in der Welt der Klassik. Und digital
war man sowieso von Be-ginn an besser aufgestellt als andere.
Naxos hat sich in den nunmehr 30 Jahren seiner Existenz
beständig gewandelt und fort-entwickelt. Kritiker hatten der Firma
anfangs ein schnelles Ende vorherge sagt. Pustekuchen! Vom Label
für das gu te Preis-/Leistungsverhältnis mit den auffälligen weißen
Coverartworks ist
Antonio VivaldiDie vier Jahreszeiten
Takako NishizakiCapella Istropolitana
Stephen GunzenhauserNAXOS 8.550056D
Johannes Brahms Cellosonaten und LiederGabriel Schwabe, Cello
Nicholas Rimmer, KlavierNAXOS 8.573489
Eugène Ysaÿe Violinsonaten op. 27 Tianwa YangNAXOS 8.572995
Sergej RachmaninowÉtudes-tableaux, op. 39, Moments musicaux, op.
16Boris Giltburg, KlavierNAXOS 8.573469
Es ist eine der allerersten NAXOS-CDs aller Zeiten und bis heute
die Erfolgreichste: Takako Nishizakis Bestseller Einspielung von
Vivaldis „Le Quattro Stagioni“. Die beliebte Aufnahme, die zu den
meistverkauften Vier Jahreszeiten-Einspielungen überhaupt gehört,
erscheint bei NAXOS nun in einer frischen jungen Optik als
Neuauflage.
Preisgekrönt: Tianwa Yangs Einspielung der Violinsonaten von
Eugène Ysaÿebrachte Ihr den ECHO 2015 als Instrumentalistin des
Jahres ein.
Naxos längst zum Pre mi um-An bie ter aufgestiegen. Naxos steht
heute nicht nur für ein gigantisches Repertoire (das größte aller
Klassikfirmen) von mehr als 9.000 lieferbaren Alben, sondern
inzwischen auch für echte Stars: Die Weltklasse-geigerin Tianwa
Yang etwa bekam schon zwei-mal den ECHO Klas sik.
Naxos-Exklusivpianist Boris Giltburg startet derzeit durch mit
einer Welt karriere, wie sie im Buche steht, Naxos-Jungstar Gabriel
Schwabe gilt gar als der ver-heißungsvollste Cellist seiner
Generation.
Dieser Erfolg der „Jungen“ zieht auch lang-jährig etablierte
Künstler an, die mit den geschäft-lichen Gepflogenheiten anderer
Plattenfirmen zunehmend unzufrieden sind: Gi tarren-Welt-wunder
Pepe Romero etwa nimmt heute fast
ausschließlich für Naxos auf, ebenso Diri gen-ten legende
Leonard Slatkin, Flöten-Superstar Patrick Gallois und Star-Cellist
und Dirigent Julian Lloyd-Webber. Spricht man mit ihnen und anderen
typischen „Naxos-Künstlern“, fällt auf, dass die Musiker oft in
einem geradezu herz-lichen Ton von der Firma reden, bei der sie
veröffentlichen. Es muss wohl daran liegen: Wer als Künstler mit
Naxos spricht, kann sich darauf verlassen, dass man über Musik
spricht – nur über Musik! Naxos beschäftigt keine
Hochglanz-fotografen, Visagisten, Typberater oder nötigt
Geigerinnen zu „Lounge“-Auftritten in vermeint-lich hippen Discos
und Clubs.
Zugegeben: Mit Naxos redet man deswegen in der Regel auch nicht
über kurzfristige Chart-Erfolge. Aber eben nur deshalb, weil die
Naxos-Strategie langfristig ausgelegt ist. Das Motto: Lieber 1,4
Millionen Exemplare eines Albums in 30 Jahren verkaufen, als mit
Tausend Exem-plaren binnen vier Wochen in die Charts zu schießen,
um danach auf Null abzustürzen. Fast alle Alben, die in der
30-jährigen Geschichte des Naxos-Labels veröffentlicht wurden, sind
auch heute noch erhältlich. Eine Ausnahme im schnelllebigen
Musikbetrieb. Naxos ist und bleibt ein Erfolgsmodell. Sicher auch
für die nächsten 30 Jahre! René Brinkmann
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Edition
HänsslerGünterProfil
CD PH12022 CD PH13049 CD PH14020 CD PH14021
CD PH11028 CD PH13027 CD PH15035 CD PH16034
Edition
HänsslerGünterProfil
Mit vervollständigtem Finale nachOriginalquellen von Gerd
Schaller
ANTON BRUCKNERSYMPHONY No. 9Gerd Schaller & Philharmonie
FestivaCD PH16089
»Schaller´s durchgehendeKonzentration hypnotisiert den Hörer
regelrecht und trägt ihn auf Wellen eines brillanten Sounds.«
(Bruckner Journal London)
CD PH15004
2 CD
2 CD
3 CD
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[email protected] · www.haensslerprofil.dewww.naxos.de
Jahrespreis 2017 der Bruckner Society of America für Gerd
Schaller!
Class.210 x 280.05.17.Schaller .qxp_Layout 1 03.05.17 10:59
Seite 1
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AusgAbe 2017/2 17
CLASS : aktuell
„In Search of Freedom“ Werke von Hanns Eisler, Kurt Weill, Arvo
Pärt, Erwin Schulhoff, Dmitri SchostakowitschVineta Sareika,
ViolineBerlage Saxophone QuartetMDG 903 1999-6 (Hybrid-sACD)
Außerdem erschienen: „SaxoFolk“ Werke von
Farkas, Pierné, Grieg, Schulhoff, Mussorgsky, Ligeti, Piazzolla,
Albeniz
Berlage Saxophone QuartetMDG 903 1834-6 (Hybrid-sACD)
Nach dem phänomenalen Erfolg ihres Debütalbums „Saxofolk“ wagt
sich das Berlage Saxophone Quartet auf gänz-lich anderes Terrain.
Fünf berühmte Komponisten, die im Konflikt mit den politi-schen
Verhältnissen ihrer Zeit standen, liefern intensive Schlüsselwerke,
die in den virtuosen Bearbeitungen für vier Saxofone aus völlig
neuer Perspektive zu betrachten sind. „In Search of Freedom“ wird
so zu einem Plädoyer für die Freiheit der Kunst, die auch bei
eingeschränkter persönlicher Freiheit immer Bestand hat.
Hanns Eisler, Kurt Weill und Erwin Schul-hoff fielen gleich aus
mehreren Gründen ins Visier der Nationalsozialisten. Den
Kommunisten nahestehend, zum Teil jüdischer Abstammung und dann
auch noch „entartet“ komponieren – das hatte in Deutschland keine
Zukunft. Und während Weill und Eisler im amerikanischen Exil
durchaus erfolgreich waren – der eine am Broadway, der andere in
Hollywood – geriet Schulhoff zwischen die Fronten und fand in der
Lagerhaft den Tod. Songs aus Weills „Dreigro-schenoper“ und Eislers
6. Suite (aus der Filmmu-sik zu „Le grand jeu“) stehen hier an der
Seite von Schulhoffs „5 Stücke für Streichquartett“, denen als
Suite populärer Tänze vom Walzer bis zum Tango alles Politische
fernzustehen scheint.
Arvo Pärt geriet nach seiner Hinwendung zu religiös-meditativer
Musik auf den Index der sowjetischen Machthaber. „Fratres“ ist
eines sei-ner ersten Stücke dieser Art; Vineta Sareika,
Prim-geigerin des Artemis Quartetts, übernimmt dabei den bei aller
scheinbaren Einfachheit anspruchs-
vollen Violinpart. Die flächige Harmonik entfaltet in der
Besetzung mit Saxofonen eine geradezu hypnotische Wirkung –
grandios!
Dmitrij Schostakowitschs Verhältnis zur sow-jetischen
Staatsmacht war durchaus ambivalent. Und ob seine
Huldigungskompositionen nicht vielleicht doch bereits Karikatur
sind, ist bis heute
umstritten. Zweifellos aber gehört sein 8. Streich-quartett zu
den ergreifendsten Werken überhaupt. Und wie die Berlages die
abrupten Wechsel zwi-schen erschütternder Klage und ekstatischem
Rhythmus gestalten, macht diese hochauflösend vibrierende Super
Audio CD zu einem unvergess-lichen ja schier atemberaubenden
Erlebnis. Lisa Eranos
www.berlagesaxophonequartet.com
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Wijz
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AtemberaubendBerlages ausdrucksstarkes Plädoyer für Freiheit
Aktuelle Konzerte: 14. 05. 2017 Vorden (NL)
26. 05. 2017 Pristina (Kosovo)
11. – 18. 06. 2017 Oerol Festival Terschelling (NL)
19. 08. 2017 s`Hertogenbosch (NL)
20. 08. 2017 barchem (NL)
21. – 27. 08. 2017 Alcorisa (es)
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18 AusgAbe 2017/2
Als Carl Maria von Webers Inspirations-quelle ist Heinrich
Baermann heute durchaus bekannt. Der berühmte Virtu-ose, dem Weber
alle seine Klarinetten-konzerte auf das Blatt komponierte, griff
auch immer wieder selbst zur Feder – und das mit beachtlichem
Erfolg. Mehrere Dutzend Werke sind überliefert. Rita Karin Meier
und das Belenus Quartett widmen sich den drei Quintetten für
Heinrich Baermann (1784-1847)Klarinettenquintette op. 19, 22
& 23Rita Karin Meier, KlarinetteBelenus QuartettMDG 903 1988-6
(Hybrid-sACD)
Klarinette und Streicher, die das vielgerühmte kantable Spiel
ebenso wie die legendären virtu-osen Fähigkeiten Baermanns aufs
vorzüglichste zum Leben erwecken.
Besonders im f-Moll-Quintett op. 22 ist die Nähe zu Weber nicht
zu überhören. Schon der ungestüme Beginn der Streicher, der das
sehn-suchtsvoll-drängende Allegro non troppo ein-leitet, ist
Romantik pur. Und die großartige Opern-szene des zweiten Satzes
bietet Rita Karin Meier die besten Gelegenheiten, ihren wundervoll
warmen Ton in allen nur erdenklichen Schattie-
CLASS : aktuell
rungen zu präsentieren. Eine bemerkenswerte Berühmtheit erlangte
das Adagio des auch heute noch recht häufig zu hörenden Quintetts
op. 23: Nach seiner Wiederentdeckung 1922 wurde es zunächst als ein
Werk Richard Wagners angese-hen – wenn das kein Ausweis für
Qualität ist!
Dass Bärmann auch aberwitzig virtuose Par-tien für sein
Instrument komponierte, dürfte kaum überraschen. Besonders in den
Schlusssätzen zündet er ein wahres Feuerwerk an Effekten, das dem
Publikum den Atem stocken lässt. Vor allem das Rondo aus op. 19 hat
es in sich: Schon das Ritornell mit seinen quirligen Triolenketten
ver-langt der Solistin das Äußerste ab. Und wenn dann die
Klarinette durch sämtliche Lagen und Regis-ter rauscht, hält es
niemanden auf den Sitzen!
Auch wenn die Klarinette ganz eindeutig im Brennpunkt ist,
gelingt es Bärmann die vier Streicher so einzubeziehen, dass echte
Kammer-musik entsteht. Die ist beim Belenus Quartett bestens
aufgehoben: Das junge Schweizer En-semble harmoniert ausgezeichnet
mit Rita Karin Meiers Klarinettenspiel, wohl nicht zuletzt auch
dank gemeinsamer Erfahrungen aus der Zürcher Oper. Klangtechnisch
als hochauflösende Super Audio CD in dreidimensionaler
Klangwiedergabe produziert, wird diese äußerst unterhaltsame
Produktion zu reinem Musikgenuss.
Klaus Friedrich
Fo
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Effektvolles Feuerwerk Die Klarinettenquintette von Heinrich
Baermann
www.ritakarinmeier.ch
www.belenusquartett.ch
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AusgAbe 2017/2 19
Nachdem die Wiener Meister Haydn, Mozart und Beethoven das
Klaviertrio zu einer ersten Blüte geführt hatten, war es Franz
Schubert, der das noch junge Genre in die Welt der Romantik
führte.Ein sEligEs TräumEn
Erst gegen Ende seines Lebens wandte sich Schubert dem
Klaviertrio zu. Einen äußeren Anlass – etwa in Form eines
Kompositionsauftrages – schien es nicht zu geben, lediglich die
Begeisterung für die außergewöhnliche Besetzung, mit der Beethoven
einst debutierte...
Bis zu seinem 30. Lebensjahr komponierte Schubert mit Vorliebe
Streichquartette. Gemischte kammermusikalische Besetzungen sind bei
ihm rar. Sein erstes Klaviertrio entstand 1827, also ein Jahr vor
seinem frühen Tod. Ob für die Entstehung von D 898 ein konkreter
Anlass bestand oder ob Schubert das Trio mit Blick auf die
einschlägigen Kataloge verfasste, ist bis heute nicht geklärt. Es
deutet aber viel darauf hin, dass es im direkten zeitlichen Umfeld
mit dem „Notturno“ entstand, dessen Autograph und Entstehungsdatum
überliefert sind.
Robert Schumann schwärmte von den Werken seines
Komponistenkollegen wie ein Werbetexter unserer Tage. Für ihn war
das BDurTrio ganz und gar „leidend, weiblich und lyrisch“. Schon
der erste Satz sei so „anmutig, vertrauend, jungfräulich“, das
Adagio gar
„ein seliges Träumen, ein Auf und Niederwallen schön
menschlicher Empfindung“.
Nur wenige Wochen nach Beginn des Musikunterrichts beim
Hofkapellmeister Antonio Salieri entstand zwischen dem 27. Juli und
dem 28. August 1812 ein einzelner, „Sonata“ überschriebener
KlaviertrioSatz in BDur (D 28). Bemerkenswert an dieser frühen
Komposition ist allerdings weniger die bereits erkennbare eigene
musikalische Sprache, als vielmehr die ungezählten nachträglichen
Korrekturen, mit denen der 15jährige das Autograph in die Welt
entließ.
Ganz anders Schuberts Klaviertrio EsDur (D 929) – ein Werk aus
der Spätzeit des Komponisten, das gleichermaßen exzellente wie
erfahrene Interpreten erfordert: Das Wiener Klaviertrio gestaltete
mit diesem Werk sein exklusives MDGDebüt (MDG 34211672). Als
„Zugabe“ dieses Vol. 1 der Gesamteinspielung hören wir zum ersten
Mal hier die beiden UrtextVarianten des EsDurTrios, die durch
verlegerische Ungenauigkeiten bis dato verschüttet waren. Die
Sorgfalt, mit der die Musiker bei der Vorbereitung der Aufnahmen zu
Werke gehen, schließt die philologische Kontrolle der autographen
Partituren grundsätzlich ein – in diesem Fall stellte die Wiener
Nationalbibliothek die wertvollen Handschriften zur Verfügung.
Den ungewöhnlichen Anspruch des Werkes erfassten die gebildeten
Zeitgenossen schon beim ersten Anhören. Der Korrespondent der
Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung: „Kein gewöhnlicher
Geist spricht uns in ihm an; es ist neu, eigenthümlich, großartig,
seltsam, stechend, kräftig und zart; kein Geklimper: Musik.“
Schubert probierte seine Kompositionen aus: In
„Privatkonzerten“, die vom Geiger Schuppanzigh veranstaltet wurden,
kam sein Trio am 28. Januar 1828 zur Aufführung. Unter Ausschluss
der Öffentlichkeit fanden diese Schubertiaden allerdings längst
nicht mehr statt: Die Verleger schickten ihre Späher – schon bald
„biss“ einer an: Als „Opus 100“ erschien das Trio wenige Monate
später in Leipzig.
Bis heute gehört das BDur Klaviertrio (D 898) von Franz Schubert
zu den bekanntesten, aber auch schwierigsten Werken dieser bei
Schubert so seltenen Gattung. Das junge deutschtschechische
MaxBrodTrio hat dieses kammermusikalische Schwergewicht für
Audiomax aufgenommen (Audiomax 703 16082).
CLASS : aktuell
Ein kammermusikalisches Juwel: Das KlaviErtrioTeil 2: Von der
Frühromantik ins 19. Jahrhundert
Audiomax 703 1608-2
MDG 342 1166-2
MDG 342 1167-2
Franz Schubert (1797-1828)
MDG 303 0921-2
MDG 303 0922-2
-
CLASS : aktuell
Das ForschEn brichT sich bahn
Wir hatten schon darauf hingewiesen: einer der glühendsten
Verehrer Schubertscher KlaviertrioKunst war Robert Schumann. Der
komponierte seine eigenen Trios erst, nachdem er sich intensiv und
erfolgreich mit Liedern und Sinfonien auseinandergesetzt hatte.
Doch schon während der Arbeit an seinem ersten Klaviertrio begann
er bereits ein zweites und drittes – seine Haushaltsbücher aus
dieser Zeit enthalten immer häufiger die Eintragung
„Triogedanken“.
Schumann wurde von zeitgenössischen Kritikern den großen
Entdeckern der Zeit gleichgesetzt: Angesichts des Klaviertrios
dMoll op. 63 schrieb die Neue Zeitschrift für Musik 1848: „Hier und
dort treibt die Schöpferkraft des Meisters unablässig vorwärts nach
neuen Richtungen, das Forschen bricht sich Bahn in ferne Regionen,
erspäht werthvolle Schätze, erbeutet sie sicher ...“
Ein Jahr später erschienen Robert Schumanns selten gespielte
Phantasiestücke. Der berühmte Biograph Hermann Abert
charakterisiert die humorvollen, traumhaften, ebenso
liebenswürdigen wie geistvollen Beiträge zur Kammermusik zu recht
als „Studien über allerhand Spezialitäten des romantischen
Geistes.“
„Zwar haben wir es mit keinem so gewaltigen Producte wie es der
Autor in seinem ersten Trio (dMoll) bietet, zu tun, aber mit einem
viele kostbare Kleinodien in sich bergenden Stück.“ Clara Schumann,
die das zweite Trio besonders schätzte, war verärgert über das
diffenzierte Echo – Der Rezensent hatte die satztechnische
Raffinesse in der Tat wohl überhört.
Der Aufenthalt Schumanns in Leipzig Mitte März 1852 sollte sein
letzter werden: In einer „musikalischen Morgenunterhaltung“ stellte
der von Krankheit gezeichnete Schumann sein neues, drittes Trio
vor, das von der Kritik schulterzuckend aufgenommen wurde. Heute
ist es kaum vorstellbar, dass man mit dem genialen Werk damals
nichts anzufangen wusste. Schumann und Ersteinspielung? Das Trio
Parnassus führt mit seiner Gesamtveröffentlichung des Schumannschen
KlaviertrioSchaffens überraschenderweise auch in kammermusi
kalisches Neuland (MDG 303 09212 und MDG 303 09222).
Eine kongeniale Bearbeitung von Theodor Kirchner rettet eine
Komposition vor dem Vergessen: Der SchumannSchüler ersetzt in den
Studien op. 56 den längst ausgestorbenen Pedalflügel durch das
Klaviertrio. Auch die Bilder aus Osten op. 66 sind für uns heute
eine Reise ins Unbekannte: Schumanns fünf prägnante Charakterstücke
– bei Lesen arabischer Erzählungen entstanden – zählten im 19.
Jahrhundert zu seinen bekanntesten Werken und erlebten zahlreiche
Bearbeitungen. Die hier erstmals eingespielte Fassung der
ursprünglich vierhändig gesetzten Bilder, greift den
Hausmusikgedanken auf, dem das Original verpflichtet ist, und sind
auch heute gehört mitreißende Triowerke.
Das Trio di Parma erweitert auf dem Doppelalbum Concerto CD2065
den Blick auf Schumanns kammermusikalische Welt ebenfalls; zu den
Klaviertrios treten die „Phantasiestücke“ op. 88 und die „Sechs
Stücke in kanonischer Form op. 56“.
Eine Klammer zwischen Schubert und Schumann schafft eine
Einspielung des mehrfach preisgekrönten Morgenstern Trios, die
Schuberts 2. Trio op. 100 mit Schumanns 1. Trio op. 63 verbindet
(Kaleidos KAL63312).
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847)
Robert Schumann (1810 -1856)
ConCeRto CD2065
MDG 303 1241-2
20 AusgAbe 2017/2
KAleiDoS KAl63312
MDG 303 0805-2Audiomax 903 1793-6 (Hybrid – sACD)
BiS-SACD-2109
MDG 303 0806-2
-
AusgAbe 2017/2 21
Beim SchubertTrio hat sich das Morgenstern Trio für die
ursprüngliche Fassung ohne die vielfach üblichen Kürzungen
entschieden (einzig die Wiederholung der Exposition wird nicht
gespielt), wodurch der 4. Satz seine monumentale Länge behält.
Das mEisTErTrio DEr gEgEnwarT
Robert Schumann verweist uns (biographisch) nach Leipzig. In
keiner anderen Stadt als Leipzig hätte Felix Mendelssohn Bartholdy
derartige Erfolge feiern können: Seine Klaviertrios spiegeln auf
Schritt und Tritt die klassischhumanistischen Ideale ihres
Schöpfers wieder. Mendelssohn vereinigte Gefühl und Geist – ganz
so, wie es die anspruchsvolle und hochgebildete Öffentlichkeit
Leipzigs verlangte. Kunst war nicht mehr ein oberflächliches
Vergnügen, sondern wurde mit Verstand und Vernunft verbunden.
Die Uraufführung des dMollTrios fand am 1. Februar 1840 im
Rahmen einer „Musikalischen Abendunterhaltung“ in Leipzig statt.
Der als Kritiker gefürchtete Robert Schumann bezeichnete das Stück
als „das Meistertrio der Gegenwart“ und Mendelssohn als den „Mozart
des 19ten Jahrhunderts“ – umgehend eroberte das Werk die Salons und
die Konzertsäle der Welt. Wie viel Mendelssohn an dieser
Entwicklung gelegen war, zeigt die Tatsache, dass er alle
Störungen, und seien sie noch so lukrativ, bei der Arbeit an seinen
Streichtrios absagte: im Jahre 1845 sogar eine Einladung in die
CarnegieHall New York („Das ist ja so weit wie eine Reise zum
Mond!“). Mendelssohn wollte beim Komponieren Ruhe: „sans Reise,
sans Musikfest, sans everything“.
1845, zeitgleich mit dem „Elias“ entstanden, befasst sich auch
das letzte zum Druck freigegebene Kammermusikwerk Mendelssohns mit
religiösen Themen. Ein freier Choral, der an „Vor deinen Thron tret
ich hiermit“ erinnert, tritt am Schluss hinzu – bemerkenswert für
eine Kammermusikkomposition, und für Mendelssohn, dem letzte
Gewissheiten in Glaubensdingen fremd waren, aber zugleich Ausdruck
romantischsehnsüchtigen Suchens. Mendelssohns erstes Trio wurde von
Publikum und Kritik begeistert aufgenommen und eroberte sich sofort
einen festen Re per toireplatz in der noch jungen bürgerlichen
Hausmusik. Schumann bezeichnete Mendelssohn in seiner euphorischen
Rezension als „Mozart des 19. Jahrhunderts“.
Das Trio Parnassus entführt mit seiner Gesamtveröffentlichung
des Mendelssohnschen KlaviertrioSchaffens (MDG 303 12412) in eine
bessere Welt – in die des ungebrochenen Schönheitsideals. Wen wun
dert dies bei einem Ensemble, dessen bisher erschienene
musikalische „Reiseberichte“ vom internationalen Publikum mit
größtem Interesse verschlungen wurden. Die Einspielung des
SitkovetskyTrios auf BISSACD2109 steht dem in Nichts nach.
Und noch einmal Mendelssohn: Voll jugendlichem Elan und
virtuosem Esprit zaubern die jungen Musiker des Trio Alba eine
frische MendelssohnDeutung auf die Bühne, eine Super Audio CD im
besten 2+2+2 Sound, die in ihrem mitreißendem Schwung und
audiophilen Klang rundum begeistert (Audiomax 903 17936).
hochauFsTrEbEnDEr KünsTlEr DEr jüngsTEn ZEiT
Ebenfalls der Stadt Leipzig verbunden war ein heute Vergessener:
Woldemar Bargiel (18281897). Das Trio Parnassus schließt daher mit
der Erstveröffentlichung der Klaviertrios von Woldemar Bargiel eine
Lücke (MDG 303 08052, MDG 303 08062).
CLASS : aktuell
S 22
Mit einem sehr persönlichen Album präsentiert der chinesische
Pianist Haiou Zhang sein bereits drittes Album bei Hänssler
Classic. „Meine neue CD Fingerprints enthält Kompositionen
verschiedener StilRichtungen und Epochen; so unterschiedlich die
Werke auch sind – sie haben eines gemeinsam: Mit jedem dargebotenen
Stück verbinde ich großartige, mitunter berührende.
Konzerterlebnisse. Jedes Stück habe ich mindestens 50 mal weltweit
vorgetragen. Diese vielschichtigen Konzerterfahrungen sind nun auf
CD gebündelt und die Aufnahmen, die in der JesusChristusKirche in
Berlin eingespielt und aufgezeichnet wurden, enthalten für mich die
musikalischen Essenzen, die Tonbilder zum Leben erwecken.“
Die CD eröffnet ein Spektrum von Bach bis China – mit jedem
Stück sieht der junge Ausnahmepianist einen besonderen Bezug zu
seiner musikalischen Karriere – und so kann der Titel Fingerprints
durchaus auch doppeldeutig stehen, nämlich auf der einen Seite für
die Beweisführung einer bis dato gelungenen und sehr erfolgreichen
musikalische Laufbahn und auf der anderen Seite für eine
unverwechselbare WerkeDeutung. Manuela Neumann
Fingerprints J. S. Bach: Chromatische Fantasie und Fuge d-moll
BWV 903
Wolfgang Amadeus Mozart: Klaviersonate F-Dur KV 332
Ludwig van Beethoven: Klaviersonate C-Dur op. 53 „Waldstein“
Alexander Skrjabin: Albumblatt Es-Dur op. 45/1
Claude Debussy: Etude No 11 „Pour les arpèges composés“
Maurice Ravel: La Valse | Wang Jianzhong: Liuyang River
Haiou Zhang, Klavierhänssler ClASSiC HC17022
Musikalische Finger-
abdrücke
Fo
to:
© J
. Kru
eger
-M.
-
22 AusgAbe 2017/2
Die Familie Bargiel gehörte zur haute volaute der Berliner und
Leipziger Musikkultur, was schon an den verwandtschaftlichen
Bindungen abzulesen ist: Woldemar Bargiels Mutter war mit dem Vater
von Clara Schumann verheiratet, die weltberühmte Pianistin also
seine Halbschwester. Bargiel hatte eine Ausbildung von exquisiter
Qualität: Er sang als Knabe im berühmten Berliner Domchor und
erhielt schon früh Kompositionsunterricht bei keinem geringeren
Musiktheorielehrer als Siegfried Wilhelm Dehn. Durch Vermittlung
von Robert Schumann kam er an das weltberühmte Leipziger
Konservatorium und studierte bei den „Päpsten der
Kompositionslehre“ Ignaz Moscheles und Moritz Hauptmann.
Bargiels professorale Karriere führte vom Kölner Konservatorium
über Rotterdam nach Berlin, wohin ihn Joseph Joachim an die
Hochschule holte. Von dort aus arbeitete er mit Brahms an der
Chopin und SchumannGesamtausgabe. Und die Musik Bargiels
begeisterte um die Mitte des Jahrhunderts nicht nur das
Konzertpublikum, sondern auch die Fachwelt. Er wurde von Schumann
in dessen berühmten Aufsatz „Neue Bahnen“ in einem Atemzuge mit
Johannes Brahms genannt – als „hochaufstrebender Künstler der
jüngsten Zeit“. Seine klangschönen, zuweilen harmonisch kühnen
Kompositionen brachten Schumann dazu, sich für eine Drucklegung des
Trios op. 6 einzusetzen. 1852 schrieb Schumann an seinen Verleger:
„Wie steht es mit dem Trio von W. Bargiel? Ich glaube, Sie haben
kein Risiko dabei!“
novElETTEn in schumann-TraDiTion
Leipzig, immer wieder Leipzig als eine der zentralen Musikstädte
im 19. Jahrhundert. Auch der Däne Niels Wilhelm Gade (18171890)
wurde von dieser Stadt geprägt, in der er sich 1843 aufhielt. Hier
fand er Anschluss an die Kreise um Mendelssohn und Schumann, hier
wurde seine 1. Sinfonie uraufgeführt, und er durfte das
Gewandhausorchester dirigieren. Von Leipzig aus unternahm Gade eine
Europareise und kehrte erst 1848 nach Kopenhagen zurück, um in
seiner Heimatstadt den Musikverein zu beleben und ein
Konservatorium zu gründen, dessen Direktor er bis zum Lebensende
blieb.
CLASS : aktuell
MDG 303 1665-2
Woldemar Bargiel (1828-1897)
niels Wilhelm Gade (1817-1890)
Nur ein Scherzo zeugt von der ersten KammermusikKomposition des
19jährigen Geigers, der eigentlich ein Klavierquartett schreiben
wollte. Drei Jahre später versuchte sich Gade erstmals an einem
Trio. Über den ersten, äußerst gelungenen Satz kam er jedoch nicht
hinaus. Der Durchbruch gelang ihm 1853, nach Rückkehr aus Leipzig.
Er komponierte fünf Sätze für ein Klaviertrio und nannte sie in
bester SchumannTradition „Noveletten“. Es ist interessant, wie das
Trio Parnassus den kompositorischen Ablauf in seiner Einspielung
(MDG 303 16652) erhellt, indem es auch den ursprünglich
vorgesehenen Schlusssatz aufgenommen hat. Mit dem einzigen echten
Klaviertrio gelang Niels Wilhelm Gade 1862/63 zugleich seine
reifste Komposition überhaupt. Das FDurTrio hat vier Sätze mit dem
Scherzo an zweiter Stelle. Nicht nur das in hellsten Farben
erstrahlende, orchestrale Finale bietet den drei Musikern eine
optimale Gelegenheit, ihre mehrfach prämierte Spitzenklasse erneut
unter Beweis zu stellen.
mEisTEr DEr himmlischEn längEn
Ein Meister großformatiger und gleichzeitig großartiger
Kammermusik war Johannes Brahms. Kein Genie hat so rigoros Skizzen
vernichtet wie er: Das überbordende Talent ließ den pubertierenden
Jugendlichen komponieren, was das Zeug hielt: Brahms schrieb
mindestens 150 Werke vor seinem op. 1 und tapezierte damit sein
Zimmer. Als er dann mit 20 Jahren durch die Bekanntschaft mit
Schumann ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit katapultiert
wurde, schämte er sich seiner „Jugendsünden“ und vernichtete
Frühwerke, Skiz
MDG 303 0657-2
MDG 303 0655-2
MDG 303 0656-2
MDG 942 1962-6 (Hybrid-sACD) MDG 303 1615-2 MDG 303 1755-2 MDG
942 1512-6 (Hybrid-sACD)
-
CLASS : aktuell
zen und Frühstadien seiner Werke restlos: das HDurTrio
überlebte, weil es „aus Versehen“ schon gedruckt war.
Brahms straffte 35 Jahre später sein op. 8 und nahm ihm den
jugendlichschwärmerischen Tonfall; die heute äußerst selten zu
hörende Frühfassung erhält selbst in den identischen Passagen durch
andere Tempi eine ungeahnte Frische und besticht durch seine
„himmlische Länge“ und eine deutlich konzentrierte Anlage. An
seinen Verleger kommentierte Brahms die Revision, gewohnt maliziös:
„…dass das alte zwar schlecht ist, ich aber nicht behaupte, das
neue sei gut!“ Dabei gehört schon das Anfangsthema zum Schönsten,
was der junge Komponist je zu Papier gebracht hat, und das Scherzo
fand der erfahrene Altmeister dann offenbar doch nicht so schlecht:
es ist nahezu unverändert übernommen.
Kurios: Da Brahms‘ Freund und Geiger Joseph Joachim es nicht
leiden konnte, zu lange auf seinen ersten Einsatz warten zu müssen,
komponierte der junge Brahms für den Beginn ein paar kommentierende
Einwürfe für die Violine hinzu. Später nahm er auf derartige
Künstlerbefindlichkeiten keine Rücksicht mehr, und so entfaltet das
Cellothema des Anfangs seine Pracht jetzt ganz ungestört. 30 Jahre
brauchte Brahms dann, um ein zweites Klaviertrio zu beginnen; in
vermeintlich schlichtem CDur eröffnet op. 87 tiefe Abgründe, die
immer wieder von grandiosem Leuchten abgelöst werden. Das cMollTrio
op. 101 ist „leidenschaftlich, aber maßvoll“ (wie eine Freundin von
Brahms bemerkte) – auf das Wesentliche konzentriert. Und Clara
Schumann gab zu: „Noch kein Werk von Johannes hat mich so ganz und
gar hingerissen ...“
Bei ihrer auf drei CDs herausgegebenen Gesamteinspielung
sämtlicher Klaviertrios von Brahms (MDG 303 06552, MDG 303 06562,
MDG 303 06572) geht das Trio Parnassus editorisch einen besonderen
Weg: Es flankiert die großen Trios mit einer Rarität, die in keiner
Sammlung fehlen darf: die Bearbeitung der Streichsextette op. 18
und 36 für Klaviertrio von Theodor Kirchner.
Die Komponisten Theodor Kirchner und Brahms verband eine lange
Freundschaft. Kirchner, der mit seinen Klavierkompositionen
unzählige Schmuck stücke schuf, entdeckte in den großen, zugleich
filigranen Kompositionen seines berühmteren Zeitgenossen eine
Wesensverwandtschaft, die zu Bearbeitungen geradezu herausforderte:
Kirchner wurde zum LieblingsArrangeur von Brahms, und seine
Bearbeitungen erreichten gegen Ende des 19. Jahrhunderts traumhafte
Druckauflagen. Kirchners Bearbeitung vom Sextett op. 18 für
Streichtrio ist ein wichtiger Zeitzeuge
– ein Beleg dafür, dass man es im letzten Jahrhundert mit der
Originaltreue nicht päpstlicher als der Papst hielt: Kein Wunder,
daß der protestantische Brahms angesichts der Kirchnerschen
Bearbeitung die Chance sah, sein Werk in einem neuen,
faszinierenden Licht zu sehen. Auch Kirchners Arrangement vom
Sextett op. 36 ist meisterhaft – so genial, dass Brahms im
typischen Understatement bemerkte, solche Ausgaben „können sogar
einen miserablen Komponisten noch zu was machen“.
S 24
AusgAbe 2017/2 23
Bis dahin wurde die Bedeutung des rumänischen Komponisten,
Violinvirtuosen, Pianisten, Dirigenten und Musikpädagogen George
Enescu für die Kultur seiner zweiten Heimat, Frankreich, nur
beiläufig wahrgenommen. Zusammen mit dem Bildhauer Constantin
Brancusi, dem Schriftsteller Tristan Tzara, dem Maler Marcel Janco,
die beide massgeblich zur Entstehung des 1916 in Zürich begründeten
und 1920 in Paris weiterentwickelten Dadaismus beitrugen, bildet
Enescu eine der wichtigsten rumänischen Stützen des
Kulturaustausches in der französischen Metropole.
Im Gegensatz zu seinen ebenfalls in Paris ansässigen Landsleuten
Stan Golestan und Filip Lazăr, der 1928 Mitbegründer der
progressiven Kammermusikgesellschaft „Triton“ wurde, übte Enescu
einen nachhaltigen Einfluss auf das Musikleben der Seinestadt aus.
Als prägende Vorbilder wirkten zur selben Zeit auch die rumänischen
Pianisten Clara Haskil und Dinu Lipatti. Schon 1895 nach Paris
übersiedelt, setzte sich Enescu als Dirigent besonders für Claude
Debussy, Paul Dukas, Gabriel Fauré, Edouard Lalo und Maurice Ravel
ein. Manuela Neumann
Inspirations & Dreams Enescu, Ravel, Debussy, Mihalovici,
SchumannOpus Magnum – TranskriptionenLuiza Borac, KlavierProfil
edition Günter Hänssler PH17000
George Enescu und seine französischen Zeitgenossen
luiza Borac ist für ihre Neigung zu George Enescu bekannt: 2014
promovierte die Pianistin mit der Forschung über das Klavierwerk
George Enescus und erhielt summa cum laude an der Musik Universität
Bukarest im Bereich Musikwissenschaft. Nun präsentiert sie bei
Profil ein Doppelalbum, das durchaus als Widmung zu verstehen
ist.
Johannes Brahms (1833 – 1897)
-
24 AusgAbe 2017/2
In einer Einspielung auf Super Audio CD in dreidimensionaler
2+2+2Wiedergabe (MDG 942 19626) präsentiert das Wiener Klaviertrio
das erste Volume seiner neuen Gesamteinspielung, die als Resüme
einer fast 30jährigen Bühnenpräsenz gelten kann. Besonders das
elfengleiche Scherzo hat es in sich; eine lohnende Aufgabe für
Stefan Mendl, der mit seinen Wiener Kollegen auf dem ehrwürdigen
Steinway D „Manfred Bürki“ einen geisterhaften Spuk zelebriert,
dass einem der Schauer über den Rücken läuft.
EnTZücKEnD unD ohnE Zu ZögErn EmpFEhlEnswErT
Werfen wir nun einen Blick über die Grenzen Deutschlands und
wenden uns zunächst nach Paris. Auch dort konnte das Trio Parnassus
einen wertvollen Schatz heben: Die Klaviertrios von Benjamin Godard
(1849 1895) (MDG 303 16152). Die Klaviertrios des Komponisten waren
zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den europäischen Salons äußerst
populär und gefragt. Der englische KammermusikPapst Walter Wilson
Cobbett adelte die Werke vor 100 Jahren sogar als „entzückend und
ohne zu zögern empfehlenswert“.
Über Benjamin Godard ist selbst in der einschlägigen Literatur
wenig bekannt. Er stammt aus gutsituiertem Pariser Elternhaus und
wurde als Wunderkind berühmt. Schon früh begann er mit dem
Violinunterricht. 1865, mit 16 Jahren, schrieb er seine erste
Sonate für Geige und Klavier. Godard zählte zur Jeune Académie
Française, deren Mitglieder in ihre Werke einen französischen
Tonfall einbringen wollten. Europaweit hat sich Godard einen Namen
als hervorragender Sinfoniker und Opernkomponist gemacht. Höchste
Ehren wurden ihm zuteil, als er 1887 als Professor ans Pariser
Conservatoire berufen wurde. Sicherlich würde er in der
Musikgeschichte eine größere Rolle spielen, wenn er nicht im frühen
Alter von 45 Jahren gestorben wäre.
Godards Klaviertrios aus den Jahren 1880 und 1884 sind zur
Aufführung in den bürgerlichen Salons gedacht und erfreuten sich
vor allem dort einer großen Beliebtheit. Lyrische Abschnitte
wechseln in den Werken mit hochdramatischen Einfällen. Die
Virtuosität und der Klangsinn der Instrumentalisten werden aufs
Höchste gefordert. Als hübsche Dreingabe enthält diese Aufnahme die
Berceuse aus der Oper „Jocelyn“, ein so raffinierter Einfall, dass
sie als ständiges Repertoire in zahllosen Bearbeitungen auch heute
immer wieder zu hören ist.
wEiT mEhr als nur EinE suiTE goThiquE
Auch ihm war nur ein kurzes Leben beschieden: Léon Boëllmann
(1862 1897). 160 Werke hat er in dieser kurzen Spanne geschaffen,
doch nur die grandiose „Suite Gothique“ für Orgel konnte sich im
Konzertbetrieb behaupten. Dabei gibt es unschätzbare Kostbarkeiten
zu
entdecken: Das Trio Parnassus präsentiert, unterstützt von
Gérard Caussé an der Viola, drei Kammermusikwerke des französischen
Spätromantikers, die sich hinter den Schöpfungen seiner Freunde
SaintSaëns oder Fauré nicht zu verstecken brauchen (MDG 303
17552).
1862 im Elsass geboren, wuchs Boëllmann im politischen wie
kulturellen Spannungsfeld zwischen dem sich gerade konstituierenden
Deutschen Reich und der Grande Nation auf. Auch wenn sich die
Familie für die französische Seite entschied, sind die Einflüsse
der deutschen Nachbarn in seiner Musik unüberhörbar, die Romantiker
haben deutliche und wohltuend schwelgerische Spuren hinterlassen.
Aber auch das Französische lässt sich nicht verleugnen, was die
Pariser Zeitgenossen zu schätzen wussten: Das klanglich ungemein
reizvolle Klaviertrio op. 19, rhythmisch raffiniert und von
überraschend individueller Form, wurde von der Société des
Compositeurs ausgezeichnet, ebenso das groß angelegte
Klavierquartett, das in seinen ersten drei Sätzen einen gewaltigen
emotionalen Bogen spannt, der von einem energiegeladenen Finale
gekrönt wird.
Zum anDEnKEn an EinEn grossEn KünsTlEr
Wechseln wir nun die Richtung und wenden uns gen Osten, nach
Prag und nach Moskau. Die Klaviertrios von Smetana und Tschaikowsky
präsentiert das Wiener Klaviertrio auf der Hybrid SACD MDG 942
15126. Innerhalb von nur zwei Monaten schrieb Smetana sein Trio in
gMoll op. 15, bei dessen Uraufführung in Prag am 3. Dezember 1855
er selbst am Klavier saß. Publikum und Kritiker rea gierten kühl,
doch Franz Liszt war voll des Lobes für dieses Werk, das Smetana
auch im hohen Alter noch spielte, als er bereits völlig ertaubt
war. Sein privates Geheimnis: Er hatte in dem Werk seine Trauer um
seine früh verstorbene Tochter verarbeitet.
Nur durch Zufall erfuhr Peter Tschaikowsky im Herbst 1881 vom
Tod seines Förderers und Mentors Nikolaj Rubinstein. In tiefer
Trauer komponierte er das Trio in aMoll op. 50, dem er ausdrücklich
den Un tertitel „à la mémoire d’un grand artiste“ gab. Obwohl nur
zwei Sätze, erreicht das Werk mit ca. 45 Minuten wahrhaft
sinfonische Ausmaße.
Auf seiner bei BIS erschienenen Einspielung (BISSACD2059)
kombiniert das SitkovetskyTrio Smetanas op. 15 mit dem 3. Trio aus
der Feder von Dvořák. Die beiden großformatigen Trios werden hier
ergänzt durch die 1902 geschriebene einsätzige „Elegie“ aus der
Feder von Josef Suk, Student bei Antonín Dvořák und später sein
Schwiegersohn.
CLASS : aktuell
Audiomax 703 1682-2
BiS-SACD-2059
MDG 342 1261-2
MDG 342 1262-2
Concerto CD2078
Benjamin Godard (1849 -1895) und léon Boëllmann (1862 -1897)
-
AusgAbe 2017/2 25
CLASS : aktuell
FrühEr mEisTEr DEr EnTwicKElnDEn variaTion
Nun zu einem der ganz großen Meister auf dem Gebiet des
Klaviertrios in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Antonín
Dvořák.
Mit seinem BDurTrio wollte Dvořák der Musikwelt zeigen, dass er
seine „verrückte Periode“ – wie er sie später selbst bezeichnete –
weit hinter sich gelassen hatte. Nach einem Exkurs als
Experimentator zur so genannten neudeutschen Schule hatte er zu den
klassischen Vorbilder und deren traditionellen Normen
zurückgefunden: Die Balance im Kleinen wie im Großen läßt sein Trio
zu einer ausgewogenen und raffinierten Komposition werden. Mehr
noch: Ohne jemals ein Werk von
Brahms kennen gelernt zu haben (man kannte ihn um 1875 in Prag
noch nicht), entwickelt Dvořák eine Art der Themenverarbeitung,
die der später von Brahms bis zur Perfektion gebrachten
„entwickelnden Varia tion“ entspricht. Diese kleinsten, voneinander
abgeleiteten melodischen und rhythmischen Be standteile nutzt
Dvorák aus, um sein erstes Klaviertrio kompositorisch als ein Werk
wie aus einem Guss zu präsentieren. Die Arbeit an dem Klaviertrio
fMoll op. 65 muss denkbar mühsam vonstatten gegangen sein: Mehrfach
hat Dvořák Teile gestrichen und durch
neue ersetzt. Nach dem Tod seiner Mutter und einem gehörigen
OpernMisserfolg hatte er den Lebensmut verloren: Trotzig gibt sich
die Musik mit ihrer dramatischen Gestik, ihrem hochexpressiven
Ausdruck und ihren starken Kontrasten. In der Oper hatte man ihm
die dramatische Begabung abgesprochen – mit seinem Trio op. 65
sollte er die Fachwelt fulminant eines Besseren belehren.
Op. 90 ist kein für das 19. Jahrhundert typisches KlavierTrio.
Dvořáks Komposition hat sechs statt vier Sätze. Drei davon lässt
er „atta subito“, also direkt miteinander verkettet spielen. Die
Harmonie entspricht ebenfalls nicht dem Lehrbuch, denn eine feste
Grundtonart lässt sich nicht ausmachen. Schließlich ist auch von
der typischen Sonatenhauptsatzform nichts zu spüren. Dennoch gehört
das Werk mit dem Namen „Dumky“ („Gedanken“) zu den meist gespielten
Werken der KlaviertrioLiteratur. „Dumka“ ist auch die Bezeichnung
für ein ukrainisches Volkslied in schwermütigem, schmerzvollem Ton.
Das DumkyTrio ist auch sozusagen das Scharnier zwischen zwei
Aufnahmen mit Klaviertrios Dvořáks, denn es ist auf beiden
enthalten: einmal die Einspielung des Max Brod Trios mit den Trios
opp. 65 und 90 (Audiomax 703 16822) und zum anderen die
Gesamtaufnahme der Klaviertrios durch das Wiener Klaviertrio mit
den Trios opp. 23 und 65 (Vol. 1 – MDG 342 12612) und opp. 26 und
90 (Vol. 2 – MDG 342 12622). Eine weitere Gesamteinspielung der
zwischen 1875 und 1891 entstandenen Klaviertrios durch das Trio di
Parma findet sich auf Concerto CD2078.
Mit Dvořáks DumkyTrio geht stilistisch und in der Erweiterung,
ja Auflösung der Formensprache der Wiener Klassik längst das Tor
auf zu den aufregenden Entwicklungen im 20. Jahrhundert, denen wir
uns im nächsten Beitrag widmen wollen. Lisa Eranos, A. Rainer
Wo immer im Bereich der Kunst eine Definition im Sinne von
Abgrenzung versucht wird, wird die Abgrenzung selber zur Kunst,
manchmal sogar künstlich. Die Musik bildet da keine Ausnahme, und
die musikalische Gattung des Kunstliedes erst recht nicht.
Definition im Sinne von Einschließen macht die Sache einfacher.
Ohne Frage zählen die beiden Liederzyklen auf dieser CD als
Kunstlieder. Ludwig van Beethoven (1770 1827) schrieb sein Opus 98
im Jahre 1816, die Musikwissenschaft bezeichnet „An die ferne
Geliebte“ meist als ersten Liederzyklus überhaupt. Franz Schubert
(18971828) schrieb seinen „Schwanengesang“ in seinem Todesjahr
1828, die Lieder wurden erst postum als Sammlung herausgegeben.
Interessant ist nun, dass die Bezeichnung Kunstlied erst einige
Zeit nach dem Tode der beiden Komponisten vom Musikschriftsteller,
Kapellmeister und Komponisten Carl Koßmaly (18121893) im Jahr 1841
eingeführt wurde. In Abgrenzung zu Volkslied und Kirchenlied. Diese
beiden haben eine bis weit in die Vorgeschichte reichende
Tradition, als Texte und Melodien nur mündlich weitergegeben
wurden. Die Anfänge des Kunstliedes als von einem namentlich
bekannten Komponisten vertonte Lyrik eines namentlich bekannten
Textdichters reichen wohl bis zur Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert
zurück, wo auch die Ursprünge der neuzeitlichen, westeuropäischen
Oper zu suchen sind. Aber natürlich reichen die Wurzeln tiefer, man
denke nur an die Minnelieder des hohen Mittelalters. Manuela
Neumann
sehnsuchtslieder
Fo
tos:
©
G.
Kan
aris
: T
hilo
Beu
, T
hea
ter
Bo
nn
; T.
Wis
e: F
elix
Wis
e
Außer im Operngesang ist Giorgos Kanaris auch im Liedbereich
tätig. Zusammen mit dem Dirigenten und Pianisten Thomas Wise hat er
zahlreiche Liederabende mit Werken, wie Schumanns Dichterliebe,
Liederkreis, Schuberts Schwanengesang und Winterreise sowie Lieder
von R. Strauss und Pfitzner gestaltet. Nun legt das Duo eine neue
Aufnahme bei Hänssler Classic vor.
Franz Schubert Schwanengesang D 957Ludwig v. Beethoven An die
ferne Geliebte op. 98Giorgos Kanaris, Bariton Thomas Wise,
Klavierhänssler ClASSiC
HC16080
Antonin Dvorák (1841-1904)
-
CLASS : aktuell
26 AusgAbe 2017/2
Das Experiment ist geglückt: Kathrin Christians verzaubert das
Publikum mit ihren Flötenkonzerten auf Bühnen in Europa, Asien und
Afrika. Besonders intensiv beschäftigt sie sich mit selten
gespielten Werken der Romantik bis hin zur Neuzeit. Nun legt die
junge Flötistin ihre DebütCD bei Hänssler Classic vor. Das Programm
ist außergewöhnlich, entspricht aber genau dem, was Kathrin
Christians ausmacht. So ist für sie die Biografie eines Komponisten
auch ein AuswahlKriterium. Sie sagt: „Die Musik ist vom Leben nicht
zu trennen. Mich haben die Lebensgeschichten immer mehr fasziniert
in meiner Recherche und dann ist da diese nicht zu leugnende
Verbindung der drei Komponisten. Weinberg wurde verfolgt, war im
Konzentrationslager. Seine Biografie wird sehr stark von diesen
Erlebnissen dominiert. Theodorakis war auch in
Konzentrationslagern, ist ja ein höchst politischer Komponist. Dann
habe ich erfahren, dass Feld ein prominentes Stasimitglied war. Ich
sehe mich nicht nur als Musikerin, sondern ich glaube, dass gerade
die Musik eine Verpflichtung an uns richtet, dass wir für andere
Menschen eintreten und Werber der Menschenrechte sind.“ Manuela
Neumann
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Jindřich Feld (1925 - 2007)Concerto per Flauto ed Orchestra
(1954)Mikis Theodorakis (*1925)Adagio for Solo-Flute, String
Orchestra & Percussion Mieczysław Weinberg (1919 -1996)Concerto
No. 2 Op. 148 bisKathrin Christians, FlöteWürttembergisches
Kammerorchester Heilbronn (WKO)Ruben GazarianHänssler ClASSiC
HC16099
„Die Musik ist vom leben nicht zu trennen“ „Meine Mutter sagte
immer, ich sei ein Experiment gewesen“,
erzählt Kathrin Christians lachend. „Sie war fest davon
überzeugt, dass die Gebärmutter das erste Klassenzimmer
des Menschen ist und ließ mich schon in ihrem Bauch klassische
Musik hören.“
Die Kasseler Musiktagepräsentieren
WWW.FESTIVAL-BEGEGNUNGEN.DE
24. – 27. August 2017
Kassel
Tianwa Yang
»Lieben Sie Brahms?«
TianwaYangViolineWenXiaoZhengViolaMikaelSamsonovVioloncelloNicholasRimmerKlavier
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AusgAbe 2017/2 27
CLASS : aktuell Im Blickpunkt
Cécile Chaminade (1857-1944)Klaviertrios op. 11 & 34Werke
für Violine, Cello & KlavierTrio ParnassusMDG 303 2002-2
Eingängige Melodien, betörende Harmonie und immer wieder
brillante Virtuosität kennzeichnen Cécile Chaminades
unvergleichliche Popularität zu Lebzeiten. Als gefeierte Pianistin
bereiste sie die alte und neue Welt, war bei Queen Victoria zum Tee
und wurde als erste Komponistin überhaupt in die französische
Ehrenlegion aufgenommen. Nur einzelne ihrer zahlreichen Werke
finden sich heute einmal auf den Programmzetteln; umso
verdienstvoller ist diese neueste Einspielung, mit der das
international vielfach ausgezeichnete Trio Parnassus einen weiteren
Beitrag zur längst fälligen Wiederentdeckung leistet.
Bereits als ganz junges Mädchen machte Cécile in Paris mit
eigenen Kompositionen auf sich aufmerksam. Sie genoss die
Anerkennung Bizets, nahm Unterricht bei Godard und unterhielt auch
sonst beste Beziehungen zu den Größen der französischen Musik.
Neben den beiden großformatigen Werken finden sich auch bezaubernde
Charakterstücke in der schönen Zusammenstellung des Trio Parnassus,
die den Esprit des Pariser Salons vergangener Tage versprühen.
Unter KennernIn seiner über 30jährigen Geschichte
hat das Trio Parnassus an der Seite von MDG so manchen
musikalischen Schatz gehoben. Gesamtaufnahmen der Trios von Widor,
Lalo und Godard zeugen von einem tiefen Verständnis für die
besonderen Farben der französischen Musik. Mit Johann Blanchard am
Klavier bereichert ein ausgewiesener Kenner Cécile Chaminades das
fantasievolle Spiel von Julia Galić und Michael Groß – eine
wunderbare Entdeckung!
Kammermusi