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2.1.3 Natürliche Farbstoffe ........................................................................................................................................................... 45 2.1.3.1 Isolierung von Chlorophyll aus Spinat (o. Ä.) ........................................................................................................ 45
2.1.4 Lipide ........................................................................................................................................................................................ 46 2.1.4.1 Extraktion der Gesamtlipide aus verschiedenen Matrices ................................................................................. 46 2.1.4.2 Charakterisierung der Lipidphase mittels GC ........................................................................................................ 48
2.2 Synthesen ........................................................................................................................................................................................ 49 2.2.1 Darstellung von Carbonsäureestern ................................................................................................................................ 49 2.2.1.1 Säurekatalysierte Veresterung von Carbonsäuren ............................................................................................... 49 2.2.1.2 Estersynthese:................................................................................................................................................................. 50 a) azeotrope Destillation ........................................................................................................................................................... 50 b) Umesterung .............................................................................................................................................................................. 50
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2.2.1.3 Veresterung von Alkoholen mit Hilfe von Essigsäureanhydrid ......................................................................... 51 2.2.2 C-C-Knüpfungen - Aldolreaktionen ................................................................................................................................ 52 2.2.2.1 Aldolisierung aliphatischer Aldehyde ...................................................................................................................... 52 2.2.2.2 Aldolisierung aliphatischer Aldehyde mit Ketonen.............................................................................................. 53 2.2.2.3 Darstellung von Zimtsäure, Perkinsche Synthese ................................................................................................ 53 2.2.2.4 Durchführung der Knoevenagel-Doebner-Kondensation .................................................................................. 53 2.2.2.5 Darstellung von 4-Methyl-7-hydroxy-cumarin.................................................................................................... 54
2.2.3 Redoxreaktionen ................................................................................................................................................................... 54 2.2.3.1 Braunstein-Oxidation von 3-Phenylprop-2-en-1-ol (Zimtalkohol) ................................................................ 55 2.2.3.2 Darstellung von Nicotinsäure aus 8-Hydroxychinolin ........................................................................................ 55 2.2.3.3 Darstellung von Cyclohexen aus Cyclohexanol .................................................................................................... 56 2.2.3.4 Darstellung von Cyclohexan-1,2-diol aus Cyclohexen ....................................................................................... 56 2.2.3.5 Reduktionen mit Natriumborhydrid ......................................................................................................................... 57 2.2.3.6 Cannizzaro-Reaktion des Benzaldehyds ................................................................................................................. 57
2.2.4 Dehydratisierungen / Eliminierungen .............................................................................................................................. 58 2.2.4.1 Dehydratisierung von sekundären und tertiären Alkoholen und von Aldoladdukten in Gegenwart von
Säuren in flüssiger Phase .......................................................................................................................................................... 58 2.2.5 Decarboxylierungs- und Carboxylierungsreaktionen .................................................................................................. 59 2.2.5.1 Carboxylierung von Phenolen .................................................................................................................................... 59 2.2.5.2 Synthese von Indigo ..................................................................................................................................................... 59
2.2.6 Bildung von Carbonsäureamiden ..................................................................................................................................... 60 2.2.6.1 Säureamide aus dem Ammoniumsalz ...................................................................................................................... 60 2.2.6.2 Säureamide aus den entsprechenden Säurechloriden ........................................................................................ 61
Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass alle Chemikalien toxisch sind. Ihre Toxizität hängt allerdings in einem weiten Bereich von der Konzentration ab. Da nur relativ wenige Chemikalien vollständig auf ihre Toxizität geprüft sind, müssen alle Arbeiten im Labor so durchgeführt werden, dass ein Kontakt mit Chemikalien weitgehend ausgeschlossen wird. Die spezifischen Gefahren in Laboratorien werden in zwei Klassen eingeteilt:
� Gefahren durch fehlerhafte Arbeitsweisen und –techniken (Schnittwunden, Verbrennungen und Verbrü-hungen etc.) und
� Gefahren, die von Chemikalien (Gefahrstoffe) herrühren. Gefahrstoffe werden nach dem Chemikaliengesetz und der Gefahrstoffverordnung nach ihren Gefährlichkeitsmerk-malen in Kategorien eingeteilt und gekennzeichnet. Zur Kennzeichnung gehören die vier nachstehenden Datens-ätze:
Die offiziellen Gefahrensymbole (Piktogramme) stellen eine eindeutige und optisch leicht erfassbare Information über die Art der Gefährlichkeit der betreffenden Verbindung dar. Das Gefahrensymbol wird ergänzt durch die ent-sprechende Gefahrenbezeichnung (siehe Tab.). Die H-Sätze (engl. Hazard Statements) geben Hinweise auf beson-dere Gefahren, die P-Sätze (engl. Precautionary Statements) geben Hinweise zur Sicherheit. Die H- und P-Sätze sind standardisiert und werden oft als Kürzel angegeben (z.B. H 225 für „Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar“ oder P 210 für „Von Hitze/Funken/offener Flamme/heiße Oberflächen fernhalten – Nicht rauchen“). Alle H- und P-Sätze sind im Aushang aufgelistet.
H/P-SÄTZE DER VERWENDETEN CHEMIKALIEN SIND BESTANDTEIL DES PROTOKOLLS!
Tabelle Gefahrenpiktogramme und –bezeichnungen
Gefahrenpikto-gramm
Codie-rung
Bezeichnung Gefahrenpikto-gramm
Codie-rung
Bezeichnung
GHS01 Gefahr
Explosionsgefähr-lich
GSH06 Gefahr
Giftig/ Sehr giftig
GHS02 Gefahr
Leicht-/Hoch- entzündlich
GSH07 Achtung
Gesundheits- gefährdend
GSH03 Gefahr
Brandfördernd
GSH08 Gefahr
Gesundheitsschäd-lich
GSH04 Achtung
Kompremierte Gase
GSH09 Warnung
Umwelt- gefährdend
GSH05 Gefahr
Ätzend
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0.1.1 ZUGANG ZU DEN EINSCHLÄGIGEN INFORMATIONEN Informieren Sie sich vor Beginn eines Versuches über die Eigenschaften aller eingesetzten Chemikalien, Intermedi-ate und Reaktionsprodukte sowie den fachgerechten Einsatz der Arbeitsmethoden. Hinweise auf das Gefahrenpotential von Chemikalien findet man:
� auf Etiketten der Chemikalienpackung und in den Chemikalienkatalogen. � auf Wandtafeln mit den Daten der wichtigsten Chemikalien. � in Betriebsanweisungen. � in Sicherheitsdatenblättern (stellt der Hersteller zur Verfügung).
Meistens können die wichtigsten Informationen auch den Hausdatenbanken oder den WWW-Seiten der Chemikali-enhersteller entnommen werden. Eine sehr gute und umfangreiche Informationsquelle ist die frei zugängliche Ge-fahrstoffdatenbank der Länder (GDL). Vor Beginn eines Versuchs ist sicherzustellen, dass alle benötigten Chemika-lien in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sind Materialien bereitzustellen, die der Entsor-gung oder Desaktivierung der eingesetzten Chemikalien dienen.
0.1.2 ALLGEMEINE SICHERHEITSEINRICHTUNGEN � Informieren Sie sich über die vorhandenen Sicherheitseinrichtungen: Wo sind die nächsten Brandmelder,
Telefone mit Notruf, Feuerlöscher, Löschdecken, Augenduschen, Notduschen, Fluchtwege und Notaus-stiege?
� Die Funktionsfähigkeit der Notduschen und der Augenduschen wird von den Assistenten regelmäßig überprüft. Feuerlöscher müssen auch nach einmaligem Gebrauch zum Nachfüllen gegeben werden.
� Sicherheitseinrichtungen müssen stets funktionsfähig und erreichbar sein und dürfen deshalb nicht ver-stellt oder missbraucht werden.
� Defekte Geräte müssen unverzüglich gemeldet werden. � Die Fluchtwege sind frei zu halten. Dazu gehören auch die Wege im Labor und im Haus. Stellen Sie keine
Hindernisse in die Fluchtwege, halten sie die Türen der Laborschränke geschlossen. � Brandschutztüren sollen im Brandfall die Ausbreitung von Feuer und Rauch verhindern. Deshalb dürfen sie
auf keinen Fall blockiert werden. � Abzüge dienen generell dem Schutz vor Chemikalien (Gase, Dämpfe, Stäube etc.). Sie müssen mit einer
Funktionsanzeige ausgestattet sein. Wenn eine Störung angezeigt wird, darf in diesem Abzug nicht wei-tergearbeitet werden. Für die einwandfreie Funktion muss der Frontschieber stets so weit wie möglich ge-schlossen gehalten werden. Eine optimale Absaugwirkung kann nur bei genauer Regelung der Frischluft-zufuhr und der abgesaugten Luftmenge erreicht werden. Offene Türen und Fenster wirken sich negativ auf den Regelkreis – und damit auf die Absaugwirkung – aus, obwohl der subjektive Eindruck (Zufuhr von Frischluft) täuscht.
� Mit Chemikalien, die als sehr giftig, giftig, sensibilisierend, krebserzeugend, fruchtschädigend oder erbgut-verändernd gekennzeichnet sind, darf prinzipiell nur im Abzug gearbeitet werden.
0.1.3 PERSÖNLICHE SCHUTZAUSRÜSTUNG UND HYGIENE
Die Kleidung darf nicht aus Kunstfasern bestehen, sie kann im Brandfall schmelzen und dadurch großflächige Brand-
wunden verursachen. Überdies besteht die Gefahr der elektrostatischen Aufladung, die zur Zündung explosionsfähiger
Gemische führen kann. Bei Verunreinigung der Kleidung durch Chemikalien muss diese sofort ausgezogen werden.
Über der Kleidung muss ein Labormantel getragen werden. Er ist keine Schutzkleidung im engeren Sinn, kann aber
den Kontakt von Chemikalien mit der Kleidung verhindern oder zumindest verzögern. Als Material wird Baumwolle
empfohlen, der Mantel sollte lang und vorne schließbar sein. Kunstfasern sind – wie bei der Kleidung (siehe oben) –
ungeeignet. Ein mit Chemikalien verunreinigter Mantel muss sofort ausgezogen werden und darf erst nach der Rei-
nigung wieder verwendet werden. Labormäntel können auch unbemerkt mit Chemikalien kontaminiert sein und dür-
fen deshalb außerhalb des Laborbereiches nicht getragen werden. Der Labormantel ist von den Praktikanten selbst
mitzubringen – er wird nicht gestellt!
Schuhe müssen geschlossen und trittsicher sein, also keine Sandalen oder hohe Absätze!
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Im Labor ist prinzipiell immer eine Schutzbrille mit seitlichem Spritzschutz oder eine Korbbrille zu tragen. ‚Normale‘
Brillen sind nicht ausreichend. Für Brillenträger gibt es ‚Überbrillen‘, die über der optischen Korrekturbrille getragen
werden können, besser ist eine eigene Schutzbrille mit geschliffenen Gläsern. Schutzbrillen dienen nicht nur dem
Schutz beim eigenen Experimentieren, auch der Nachbar stellt eine Gefährdung dar! Kontaktlinsen sollten im Labor
vermieden werden. Wenn trotz Schutzbrille eine Chemikalie in das Auge zwischen die Hornhaut und Kontaktlinse
gelangt, kann das Spülen des Auges wirkungslos bleiben, das Auge wird stärker geschädigt.
Handschuhe sollen verhindern, dass die Haut mit Chemikalien in Berührung kommt, die dann vom Körper aufgenom-
men werden. Das Material der Handschuhe muss gegenüber den verwendeten Chemikalien beständig sein, gleichzei-
tig darf der Tastsinn durch zu dicke Materialstärken nicht eingeschränkt werden, damit die sichere Handhabung der
Apparaturen und Geräte verhindert wird. Latex ist gut beständig gegenüber Aceton, aber unbeständig gegenüber
Kohlenwasserstoffen, für Nitrilkautschuk ist die Beständigkeit genau umgekehrt. Zu beachten ist, dass bei längerem
Tragen der Handschuhe die Haut durch Schwitzen aufquillt und dadurch das Eindringen von Chemikalien erleichtert wird. Die Chemikalienbeständigkeit der verschiedenen Handschuhe ist auf der Verpackung vermerkt und kann den
Informationsbroschüren bzw. den Internet- Seiten der Hersteller entnommen werden. Beim normalen Arbeiten im
Labor ist die Dauer und damit auch die Gefahr direkter Hautkontakte mit Chemikalien relativ gering.
Beim Umgießen und Umfüllen von Chemikalien sind in der Regel Flüssigkeitstrichter bzw. Pulvertrichter zu verwen-
den. Beim Abmessen von Flüssigkeiten empfiehlt sich die Verwendung von Pipetten mit Peleusball oder Kolbenhub-
Die wichtigste Methode zur Reinigung fester Stoffe ist das Umkristallisieren: Man sättigt ein geeignetes Lösungs-
mittel in der Hitze mit dem Rohprodukt, filtriert von unlöslichen Bestandteilen noch heiß ab und lässt die Lösung
erkalten, wobei die Substanz in der Regel in reiner Form wieder auskristallisiert.
Wahl des Lösungsmittels:
Wenn Art und Menge des anzuwendenden Lösungsmittels. unbekannt sind, werden zunächst Vorversuche mit
kleinsten Mengen im Reagenzglas ausgeführt.
Stoffklasse Affinität zu Wasser Gut löslich in Lösungsmittel vom Typ
hydrophob
Halogen-KW � KW, Ether,
Ether � Halogen-KW
Amine � Ester
Ester �
Nitroverbindungen �
Nitrile � Alkohol, Dioxan,
Ketone � Eisessig
Aldehyde �
Phenole � Alkohol, Wasser
Amine �
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Alkohole �
Carbonsäuren �
Sulfonsäuren �
Salze � Wasser
hydrophil
Durchführung des Umkristallisierens im Mikromaßstab:
Bei sehr kleinen Substanzmengen (< 1 g) und Lösungsmittelvolumina (< 2 ml) kann u.U. noch mit kleinen NS 14-
oder NS 10-Geräten gearbeitet werden, häufig wird man aber in einem kleinen Reagenzglas umkristallisieren (Abb).
Dazu wird die Substanz in das Reagenzglas eingewogen, die Größe richtet sich nach der benötigten Lösungsmittel-
menge: Das Reagenzglas sollte zu 1/8 bis max. 1/4 gefüllt werden. Es wird ein Siedesteinchen hinzugegeben und
mit einer Tropfpipette mit wenig Lösungsmittel versetzt (1). Unter leichtem Umschütteln wird vorsichtig in einem
Heizbad erwärmt (2). Wenn nötig wird noch tropfenweise frisches Solvens zugegeben (im Abzug arbeiten). Zur
Heißfiltration der Lösung wird ein kleiner Wattebausch in das Reagenzglas gegeben und die heiße Lösung mit einer
vorgewärmten Tropfpipette mit Pipettenhütchen durch den Wattebausch aufgesaugt (3) und sofort in ein ange-
wärmtes, frisches Reagenzglas überführt, das mit einem Gummistopfen verschlossen wird (4).
Abb: Umkristallisieren im Mikromaßstab
1.1.4.2 FÄLLEN, LÖSEN
Fällung, Präzipitation: Bezeichnung für die Methode, einen gelösten Stoff durch Zusätze geeigneter Substanzen
(Fällungsmittel) ganz oder teilweise als unlöslichen Niederschlag in Form von Kristallen, Flocken oder Tröpfchen
auszuscheiden, wobei es gleichgültig ist, ob durch das Fällungsmittel seine chemische Zusammensetzung verändert
wird oder nicht. Die entstehenden Niederschläge von ausgefällten Feststoffen sind zunächst meist mikrokristallin
oder amorph, bei weiterem Kontakt mit der überstehenden Lösung (Mutterlauge) findet im Laufe der Zeit durch
Umkristallisieren oft eine Vergrößerung der Teilchen und ggf. eine Umwandlung in stabilere Kristallmodifikation
statt. Diese Alterung von Niederschlägen verringert ihre Löslichkeit und verbessert in der Regel ihre Filtrierbarkeit.
Beispiel: Aus einer gesättigten wäßrigen Kochsalzlösung kann das Kochsalz durch Zusatz von Alkohol (dieser ver-
mag Kochsalz nicht zu lösen) oder durch konzentrierte Salzsäure (Zufügung weiterer Chlorid-Ionen, wodurch der
durch den Löslichkeitsprodukt vorgegebene Wert überschritten wird, vgl. Massenwirkungsgesetz) ausgefällt werden.
Silbernitratlösung fällt selektiv die Chlorid-Ionen aus (gibt unlösliches Silberchlorid nach: AgNO3+NaCl →
AgCl+NaNO3).
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Lösevorgang. Bei der Mischung einer gasf., flüssigen od. festen Substanz mit einer Flüssigkeit sind zwei Grenzfälle
zu unterscheiden: Die Substanz wird homogen u. mol. verteilt in der Flüssigkeit gelöst, od. sie bleibt völlig unverän-
dert als zweite Phase bestehen. Im ersten Falle stellt die Flüssigkeit ein Lösemittel, im zweiten Falle einen Nichtlö-
ser dar. Zwischen beiden Grenzfällen gibt es hinsichtlich des Löseverhaltens der Substanz alle Abstufungen, die
quant. durch Zahlenangaben (z.B. Konzentrationsangaben) zum Ausdruck kommen. Im allg. wird bei solchen Lös-
lichkeitsbeschreibungen vorausgesetzt, dass alle Komponenten der Mischung beim Lösen chem. unverändert blei-
ben. Mitunter jedoch wird auch dann von einem "Löse"-Vorgang gesprochen, wenn die eine od. andere Komponente
chem. umgewandelt wird. Zur klaren Abgrenzung zwischen einem physikal. u. einem chem. L. sollte das Wort "Lö-
sen" nur auf solche Syst. angewandt werden, bei denen die einzelnen Ausgangskomponenten der Lsg. mit rein phy-
sikal. Meth. (z.B. durch Dest., Adsorption, Extraktion, Fällung) wieder in ihrer ursprünglichen Form isoliert werden
können.
Lösung von festen Stoffen in Flüssigkeiten. Dies ist der in Natur, Wissenschaft und Technik bei weitem wichtigste
und verbreitetste Lösungs-Typ. Es wird die physikal. und die chem. Auflösung unterschieden. Wenn man beispiels-
weise Kochsalz od. Zucker in Wasser auflöst und die L. nachher wieder eindampfen od. eintrocknen läßt, erhält man
die ganze vorher aufgelöste Stoffmenge unverändert zurück. Da sich bei diesem Auflösungsvorgang am Stoff Koch-
salz od. Zucker nichts Wesentliches geändert hat, spricht man hier von einer physikal. Auflösung; die Aussagen der
folgenden Abschnitte beziehen sich fast ausschließlich auf solche L. im engeren Sinne. Im Einzelnen kann man sich
den Lösungsvorgang wie folgt vorstellen: Wenn man einen lösl. Feststoff in ein Lsm. legt, so lösen sich die jeweils
äußersten, in Berührung mit Lsm. befindlichen Ionen od. Mol. aus dem festen Kristallgitter und bewegen sich frei
zwischen den Mol. des Lsm., wobei sich die Ionen od. Mol. mit einer Hülle aus Wassermol. umgeben (Hydratation
als Sonderfall der Solvatation). Der Auflösungsprozeß geht so lange weiter, bis die L. gesätt. ist od. bis sich alle
Krist. aufgelöst haben. Die Ionen od. Mol. bewegen sich von selbst in der ganzen zur Verfügung stehenden Flüssig-
keit. Dadurch entsteht eine homogene Lösung.
Die chem. Auflösung ist an die chem. Reaktion des festen Stoffes mit dem Lsm. gebunden, so daß beim Entfernen
des Lsm. etwa durch Eindampfen eine neue Substanz zurückbleibt. Übergießt man z.B. Eisen mit Salzsäure, so löst
sich das Eisen unter Gasentwicklung und Grünfärbung der Salzsäure ebenfalls auf; in diesem Fall hat sich aber nicht
das Eisen in der Säure gelöst, sondern das aufgrund eines chem. Vorganges entstandene Eisen(II)-chlorid. Die chem.
Auflösungsvorgänge sind oft an Gasentwicklung, Färbung, starker Erwärmung, Geruchänderung usw. zu erkennen.
Zwischen physikal. und chem. Lösungsvorgängen gibt es mancherlei Zwischenstufen (z.B. bei der Bildung von Hyd-
raten).
Lösemittel und Gelöstes: Wenn man z.B. Kochsalz in Wasser auflöst, ist Wasser das Lösemittel, Kochsalz dagegen
das Gelöste. Wasser ist das bei weitem wichtigste Lsm.; dagegen gibt es zahllose andere organ. und anorgan. Lsm.,
die voneinander verschiedene Lösungsfähigkeiten besitzen; im allg. gilt die Regel: Similia similibus solvuntur, d.h.
Ähnliches wird von Ähnlichem gelöst.
Löslichkeit: Hierunter versteht man die max. Menge eines Stoffes, die das Lsm. bei einer bestimmten Temp. aufneh-
men kann, d.h. den Anteil des gelösten Stoffes in einer bei der betreffenden Temp. gesätt. Lösung. Die Löslichkeit
von Salzen steht in enger Beziehung zur Löslichkeitskonstanten (Löslichkeitsprodukt). Man findet alle Übergänge
zwischen leichtlösl., schwerlösl. und unlöslich. Sehr leicht lösl. Verb. sind (in g/L Wasser von 20°C): CaCl2 745, KI
1445, NH4NO3 1787, Saccharose 2040 und CsF 3670. Schwer lösl. ist der Gips: 1 L Wasser löst bei 18°C nur 2,02 g
davon. Als unlösl. gelten z.B. Bariumsulfat und Silberchlorid, doch haben genaue Messungen ergeben, daß sich auch
diese Stoffe im Wasser ein wenig lösen (1 L Wasser von 18°C löst 2,2 mg BaSO4)– wahrscheinlich gibt es über-
haupt keinen Stoff, der in Wasser total unlösl. ist.
Tab.: Löslichkeitsangaben (auf 20°C bezogen) nach dem DAB.
Löslichkeit Quant. Beschreibung
sehr lösl. = lösl. in weniger als 1 Tl. Lsm.
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leicht lösl. = lösl. in 1 – 10 Tl. Lsm. lösl. = lösl. in 10 – 30 Tl. Lsm. wenig lösl. = lösl. in 30 – 100 Tl. Lsm. schwer lösl. = lösl. in 100 – 1000 Tl. Lsm. sehr schwer lösl. = lösl. in 1000 – 10 000 Tl. Lsm. prakt. unlösl. = lösl. in mehr als 10 000 Tl. Lsm.
Temperatureinfluss: Die Löslichkeit der Stoffe ist meist deutlich von der Temp. abhängig, und zwar steigt sie in der
Regel mit der Temp. an. Erwärmt man z.B. eine gesätt. L. von Ammoniumchlorid od. Kaliumnitrat samt dem Boden-
körper, so kann man größere Salzmengen zusätzlich in L. bringen (vgl. Abb.).
Abb.: Temp.-abhängige Löslichkeit von Natriumchlorid, Ammoniumchlorid und Kaliumnitrat in Wasser (Lösungs-kurve).
Lässt man eine z.B. bei 100°C gesättigte Lösung von Kaliumnitrat wieder abkühlen, so stellt sich oft zunächst ein
metastabiler Zustand – die Übersättigung bei Unterkühlung – ein, bevor der Überschuss des Salzes ausfällt; notfalls
muss man die Kristallisation durch Impfen induzieren. Bei manchen Stoffen ist die Löslichkeit von der Temperatur
ziemlich unabhängig; so löst z.B. 1 L Wasser bei Raumtemperatur etwa 350 g, bei 100°C dagegen nicht mehr als
390 g Natriumchlorid. In einigen seltenen Fällen vermindert sich sogar die Löslichkeit mit steigender Temperatur;
hierher gehören u.a. Lithiumcarbonat und -sulfat, Cer(IV)-sulfat, Calciumhydroxid und -chromat. Die Abhängigkeit
der Löslichkeit von der Temperatur wird oft in Lösungskurven dargestellt. Hierbei trägt man auf der Abszisse die
Temperatur, auf der Ordinate die Löslichkeit des betreffenden Salzes ein. Die Abbildung lässt erkennen, dass sich
Kaliumnitrat in heißem Wasser viel besser auflöst als z.B. Natriumchlorid. Auf derartigen Temperaturabhängigen
Löslichkeitsunterschieden basieren auch verschiedene Trennverfahren, in besonders einfacher Weise z.B. die Um-
kristallisation, bei der durch Abkühlung das erwünschte Produkt zum Auskristallisieren, das unerwünschte zum Ver-
bleib in der L. (Mutterlauge) gebracht werden kann.
1.1.4.3 DESTILLIEREN
Destillation und Rektifikation sind die wichtigsten Trenn- und Reinigungsmethoden für flüssige Substanzen.
Gleichstromdestillation:
Nur eine Phase bewegt sich, nämlich der Dampf
Gegenstromdestillation oder Rektifikation (Vigreux):
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Ein Teil des kondensierten Dampfs (der sog. Rücklauf) wird dem aufsteigenden Dampf entgegengeführt. Die Gegen-
stromdestillation wird in Destillationskolonnen durchgeführt.
Destillationen bei Normaldruck (1013 hPa bzw. 760 Torr) sollte man nur bei Siedetemperaturen zwischen 35 °C und
maximal 170 °C durchführen, bei höheren Temperaturen besteht die Gefahr der thermischen Zersetzung. Die Siede-
temperatur lässt sich durch Destillation im Vakuum herabsetzen → Vakuumdestillation.
Abb. Vakuumdestillationsapparatur 1 Vakuumschläuche 2 Vakuummessgerät 3 Woulff’sche Flasche 4 Hahn zum Belüften der Apparatur 5 Hahn zum Absperren von der Vakuumpumpe 6 Magnetrührstab
Abhängigkeit der Siedetemperatur vom Druck
Wann siedet eine Flüssigkeit? Der Dampfruck einer Flüssigkeit steigt mit der Temperatur stark an. Wenn er gleich
dem äußeren Druck ist, siedet die Flüssigkeit.
2
)(ln
RT
H
dT
pd v∆−= Clausius-Clapeyronsche Gleichung
mit: p = Dampfdruck; T = absolute Temperatur, R = Gaskonstante und ∆vH = molare Verdampfungsenthalpie.
Wenn man nach Integration den Logarithmus des Dampfdrucks über der reziproken Temperatur aufträgt, erhält
man eine Gerade mit der molaren Verdampfungsenthalpie als Steigung.
Als grobe Faustregel gilt: Eine Verminderung des äußeren Drucks um die Hälfte reduziert die Siedetemperatur um
etwa 15 °C. Ob sich zwei Substanzen durch eine einfache Destillation trennen lassen, hängt von der relativen
Flüchtigkeit α ab. Diese ist gegeben durch den Quotienten aus den jeweiligen Partialdrücken der Substanzen. Als Faustregel gilt, dass bei Kochpunktsdifferenzen von weniger als 80 °C zur Trennung die Rektifikation notwendig ist.
Systeme, die das Raoultsche Gesetz nicht erfüllen, sind Ausnahmen.
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)()()()( 00 BpBApAp ×+×= χχ
Bei azeotropen Gemischen lässt sich immer nur eine der beiden Komponenten rein darstellen und die Zusammen-
setzung von Dampf und Flüssigkeit ist gleich.
1.1.5 EXTRAHIEREN
1.1.5.1 EXTRAKTION VON FLÜSSIGKEITEN
Das Ausschütteln ist grundsätzlich im Abzug und mit entsprechender Schutzkleidung (Schutzbrille, Kittel) durchzu-
führen.
Die Extraktion von Substanzen aus (meistens wässrigen) Lösungen kann diskontinuierlich "Ausschütteln" und konti-
nuierlich "Perforation" erfolgen. Die auszuschüttelnde (wässrige) Lösung oder seltener Suspension wird in einem
Scheidetrichter mit etwa einem Fünftel bis einem Drittel ihres Volumens an Extraktionsmittel versetzt. Der Scheide-
trichter soll höchstens zu etwa zwei Dritteln gefüllt sein. Man verschließt ihn mit einem Stopfen und schüttelt zu-
nächst vorsichtig, wobei man sowohl das Hahnküken als auch den Stopfen festhält. Dann wird der Scheidetrichter
mit dem Auslauf nach oben in den Abzug gerichtet und der Überdruck aufgehoben, indem man den Hahn vorsichtig
öffnet. Schütteln und Lüften müssen so lange wiederholt werden, bis der Gasraum im Scheidetrichter mit dem Lö-
sungsmitteldampf gesättigt ist und der Druck unverändert bleibt. Erst jetzt wird etwa 1-2 Minuten kräftig umge-
schüttelt.
Abb. Scheidetrichter
Beim Stehenlassen trennen sich die Phasen. Man lässt die Unterphase durch den Hahn des Scheidetrichters ab.
Während die Oberphase stets durch die obere Öffnung ausgegossen wird. In Zweifelsfällen prüft man, welches die
wässrige Phase ist, indem man einer Phase einen Tropfen entnimmt und diesen in etwas Wasser gibt. Manche Sys-
teme neigen zur Bildung von Emulsionen. In solchen Fällen schüttelt man den Scheidetrichter nicht, sondern
schwenkt ihn nur. Entstandene Emulsionen lassen sich brechen, wenn man etwas Antischaummittel oder Pentylal-
kohol zugibt, die wässrige Phase mit Kochsalz sättigt oder die gesamte Lösung filtriert oder zentrifugiert. Das si-
cherste Mittel ist stets, längere Zeit stehenzulassen.
Beim einfachen einmaligen Ausschütteln kann im günstigsten Fall einer vollständigen Gleichgewichtseinstellung
jeweils nur die durch den Nernstschem Verteilungssatz und die angewandte Menge Extraktionsmittel festgelegte
Hahnküken
Stopfen
Phasengrenze
Auslauf (untere Phase)
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Menge der zu extrahierenden Substanz in das Extraktionsmittel übergehen. Aus diesem Grunde muss man im Allge-
meinen mehrfach ausschütteln. Es ist auch zweckmäßiger, mit wenig Lösungsmittel mehrfach auszuschütteln, als
die ganze Menge Extraktionsmittel auf einmal einzusetzen. Durch Variation des pH-Wertes kann der Ladungszu-
stand von Molekülen und damit auch deren Wasserlöslichkeit stark beeinflusst werden. So lassen sich Extraktions-
mittel von Säuren bzw. Basen befreien, indem sie mit wässrigen verdünnten Lösungen von Basen (meist Carbonat
bzw. Hydrogencarbonat) oder Säuren "wäscht" (mehrfach ausschüttelt) und anschließend mit Wasser wieder neut-
ral wäscht.
1.1.5.2 SOXHLET
Im Soxhlet-Extraktor (Abb) wird der heiße Lösungsmitteldampf vom Kolben (1) über ein seitliches Steigrohr (6) in den
Kühler (4) geleitet. Das Kondensat tropft auch hier in eine Hülse (3) mit dem Extraktionsgut. Das Extraktionsrohr ist
unten geschlossen, das Lösungsmittel kann nicht abfließen, sondern füllt das Extraktionsgefäß. Wenn es das Niveau
des Siphon-Verschlusses (7) erreicht hat, fließt das gesättigte Lösungsmittel vollständig in den Kolben (1) zurück. Im
Gegensatz zum Heißdampfextraktor wird das Extraktionsgut nicht durch den Lösungsmitteldampf geheizt, es kommt
nur mit dem kondensierten, kalten Solvens in Kontakt. Die Soxhlet-Extraktion ist deshalb wegen der geringeren ther-
mischen Belastung für das Extraktionsgut sehr schonend, die extrahierte Substanz befindet sich aber auch hier in
dem siedenden Lösungsmittel.
Beim Arbeiten mit dem Soxhlet-Extraktor muss unbedingt darauf geachtet werden, dass genug Lösungsmittel ver-
wendet wird: Auch bei gefülltem Extraktionsgefäß muss der Kolben (1) noch mindestens zu 1/4 gefüllt sein.
Verwendung findet diese Extraktionsart vor allem bei der Naturstoff-Isolierung.
1.1.6 POLARIMETRIE, REFRAKTOMETRIE
1.1.6.1 POLARIMETER/POLARIMETRIE
Natürliches Licht besteht nach der Wellentheorie aus elektromagnetischen Transversalwellen verschiedener Wellen-
längen, deren elektrischer Feldvektor auf alle Raumrichtungen senkrecht zur Fortpflanzungsrichtung verteilt ist. Keine
dieser Schwingungsebenen ist bevorzugt.
1 Kolben mit Lösungsmittel
2 Soxhlet-Aufsatz
3 Extraktionshülse mit Feststoff und Watte zum Abdecken
4 Dimrothkühler
6 Steigrohr
7 Siphon-Verschluss
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Linear polarisiertes Licht wird aus dem natürlichen Licht erhalten, wenn man mit geeigneten optischen Anordnungen
(z.B. Nicol-Prisma, Polarisationsfilter) alle Anteile herausselektiert werden, deren Schwingungen nicht in einer be-
stimmten Ebene, der sog. "Polarisationsebene" liegen.
Wird zusätzlich nur eine bestimmte Wellenlänge polarisiert, erhält man monochromatisches Licht, welches in der
Polarimetrie zur Messung verwendet wird.
Ein linear polarisierter Lichtstrahl kann aufgefasst werden als in Erscheinung tretende Summe zweier kohärenter,
zirkular polarisierter Strahlenteile mit entgegengesetztem Drehsinn. Beim Durchgang durch ein optisch inaktives Me-
dium heben sich zu jedem Zeitpunkt alle nicht in der Polarisationsebene liegenden Komponenten gegenseitig auf, so
dass beim Austritt aus dem Medium durch die Überlagerung der beiden zirkular polarisierten Strahlen ein linear
polarisierter Strahl resultiert.
Befindet sich eine optisch aktive Substanz im Strahlengang, so wird wegen der unterschiedlichen Wechselwirkung
eines links- bzw. rechtszirkular polarisierten Lichtstrahls mit einem asymmetrischen Molekül die ursprüngliche Ko-
härenz der beiden Strahlen aufgehoben. Bedingt wird dies durch die unterschiedlichen Fortpflanzungsgeschwindig-
keiten ( ≡ unterschiedlichen Brechungsindices) der entgegengesetzt zirkular polarisierten Strahlen in dem optisch
aktiven Medium (sog. zirkulare Doppelbrechung). Die resultierende Phasenverschiebung bewirkt, dass die Überlage-
rung zum linear polarisierten Lichtstrahl bei dem Austritt aus dem Medium nicht mehr in der ursprünglichen Schwin-
gungsebene, sondern um einen bestimmten Betrag gedreht stattfindet.
Abb: Drehung der Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht durch eine optisch aktive Substanz.
Funktionsweise:
Ein im Polarisator polarisierter Lichtstrahl geht durch den Analysator ungeschwächt hindurch, wenn die Schwin-
gungsebene des Analysators gegen die des Polarisators um den Winkel ß = 0° bzw. 180° gedreht ist; bei ß = 90° bzw.
270° tritt kein Licht durch. Alle Winkel, die dazwischen liegen, führen zu einer Lichtschwächung. Wird nun eine
Küvette, bzw. ein Polarimeterrohr mit Analysenlösung zwischen die vor der Messung gekreuzt eingestellten beiden
Polarisatoren (ß = 90°, d.h. es tritt kein Licht durch den Analysator) gebracht, so wird die Ebene durch die enthaltene
optisch aktive Probelösung um einen Betrag gedreht, und der Analysator wird wieder lichtdurchlässig. Die eigentliche
Messung beruht nun darauf, dass der Analysator um den Winkel b zurückgedreht wird, bis kein Licht mehr durchtritt:
Dieser Winkel entspricht der zu messenden optischen Drehung durch die Probenlösung.
Bei den im Praktikum durchgeführten Messungen ist darauf zu achten, dass das Polarimeter ca. 15 min vor Benutzung
eigeschaltet wird, um die Lampen einbrennen zu lassen!
Aus praktischen Gründen werden bei den üblichen visuell arbeitenden Geräten sog. Halbschattenpolarimeter einge-
setzt, bei denen das Gesichtsfeld beim Betrachten in 2 zunächst unterschiedliche Hälften geteilt wird, die bei der
Messung dann auf gleiche Dunkelheit abgeglichen werden.
Das Drehvermögen optisch aktiver Substanzen ist von mehreren Faktoren abhängig:
1. Wellenlänge des polarisierten Lichts b [nm] 2. Temperatur T [°C]
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3. Art des Lösungsmittels (meist Wasser) 4. Konzentration der Messlösung c [g x 100 mL-1] 5. Durchstrahlte Schichtdicke l [dm]
Die spezifische Drehung [ ]Tλα einer Substanz ist eine Stoffkonstante, die für folgende, konstant gehaltene Para-
meter gilt:
[ ]
××
==dm g
mL
clD
100][ 2020
3,589
ααα
[ ]Tλα = spezifischer Drehwert gemessen bei T = 20 °C und b = 589,3 nm (Natrium D-Linie)
α = resultierender (gemessener) Drehwert der Probe
l = Länge des Polarimeterrohres in dm
c = Konzentration der Probe in g 100 mL-1
[ ] clD ∗∗= 20αα
Tab. Spezifische Drehwerte einiger Verbindungen
Verbindung Spezifischer Drehwert [K]D20
Glucose +52,7°
Fructose -92,4°
Saccharose +66,5°
Invertzucker -20,5°
Maltose +130,0°
Mannose +13,8°
Lactose +52,5°
Sorbit -1,5°
Weinsäure +12,4°
Ascorbinsäure +21,0°
1.1.6.2 REFRAKTOMETRIE (BRECHUNGSINDEX)
Das Prinzip der Bestimmung des Brechungsindex mit Hilfe des Abbé-Refraktometers beruht auf der Beobachtung des
sog. Grenzwinkels γ. Tritt Licht aus einem optisch dünneren Medium mit n1 in ein optisch dichteres Medium mit n2
und n2 > n1 ein, so werden alle Lichtstrahlen zum Lot hin gebrochen, sie werden auf einen Winkelbereich 2γ zusam-mengedrängt. Außerhalb dieses Winkelbereiches wird kein Lichtstrahl beobachtet, es entsteht eine Hell-Dunkel-
Grenze am Grenzwinkel γ der Brechung. Der Winkel γ gehört zu dem streifenden Lichtstrahl. Dabei gilt:
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sin γ = n�
n�
Durchführung der Messung:
Das Beleuchtungsprisma (mit rauher Oberfläche) wird aufgeklappt und 2–3 Tropfen der Probenflüssigkeit werden mit
einer Pipette aufgebracht. Es soll ein gleich mäßiger, dünner Film entstehen, dazu klappt man am besten das Prisma
ein- bis zweimal auf und zu, anschließend wird es verriegelt. Zur Messung wird am Triebknopf solange gedreht, bis
eine Hell-Dunkel-Grenze erkennbar ist (siehe Abb.). Mit dem Kompensator wird die Grenzlinie scharf gestellt, danach
wird die Grenzlinie nochmals mit dem Triebknopf in den Schnittpunkt des Fadenkreuzes gelegt. Jetzt kann im unteren
Feld an der oberen Skala der Brechungsindex auf vier Dezimalstellen genau abgelesen werden. Zuletzt vergewissert
man sich nochmals, ob die Grenzlinie noch im Fadenkreuz liegt und die Temperatur noch konstant gehalten wurde.
Nach Ende der Messung werden die Prismen sofort mit einem weichen Papiertuch und mit Aceton gereinigt!
Abb: Blick durch ein Refraktometer bei korrekt eingestellter Grenzlinie. In diesem Fall beträgt der Brechungsindex
nD20 =1.3678.
1.1.7 CHROMATOGRAFIE, INFRAROTSPEKTROMETRIE
1.1.7.1 DÜNNSCHICHTCHROMATOGRAFIE (DC)
WAHL DES LAUFMITTELS
Die Wahl des erforderlichen Laufmittels ist abhängig von der Struktur der zu trennenden Substanzen. Bei unbekann-
ten Proben wird zunächst ein Laufmittel mit mittlerer Elutionskraft gewählt (z.B. Essigsäureethylester). Bevor man zu
anderen Solventien greift, erprobt man z. B. Mischungen von Essigester (Synonyme: Ethylacetat, Essigsäureethylester,
EtOAc) und Petrolether (PE) mit zunehmendem PE-Gehalt. Man beginnt mit einem Verhältnis EtOAc:PE = 10:1 und
erhöht den PE-Anteil (10:2, 10:3, usw.) bis man einen RF-Wert (siehe unten) von 0.3–0.5 erreicht. Falls die Probe in
EtOAc zu langsam läuft, gibt man ein stärker eluotropes Solvens zu, z. B. Ethanol
AUFTRAGUNG DES SUBSTANZGEMISCHES
Eine geringe Menge der Substanzprobe wird in einem möglichst wenig polaren Lösungsmittel gelöst (ca. 0.1–1-pro-
zentige Lösung) und mit einer feinen Kapillare im Abstand von 1 cm vom unteren und seitlichen Rand der DC-Platte
durch kurzes, vorsichtiges Auftupfen so aufgetragen, dass der Fleckendurchmesser max. 3 mm beträgt. Hierzu eignet
sich eine zur Kapillare ausgezogene, mit der Probe gefüllte Kapillare zur Festpunktbestimmung (Schmelzpunktröhr-
chen). Bei verdünnten Lösungen wird diese Prozedur einfach oder mehrfach wiederholt. Größere Mengen an Proben-
substanz werden mit Hilfe einer Mikropipette streifenförmig auf der Startlinie aufgetragen. Diese Methode erhöht
die Nachweisempfindlichkeit, erfordert aber etwas Übung. Zur Vereinfachung der Auftragung sind DC-Fertigplatten
mit einer Konzentrierungszone im Handel. Diese besteht aus einem chromatografisch inaktivem Material (z.B. Kiesel-
gur) und konzentriert bei der Entwicklung die Substanzflecken an der Grenze zum chromatografisch aktivem Material
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zu schmalen Zonen auf. Werden mehrere Proben aufgetragen, sollte der Abstand der Startflecken etwa 10–15 mm
betragen, ebenso der Abstand der äußeren Startflecken zum Rand. Zweckmäßigerweise werden die Startlinie bzw. die
Startpunkte markiert (z.B. durch einen leichten Bleistiftstrich).
Bei der Auftragung der Substanzen ist darauf zu achten, dass neben den jeweiligen Syntheseprodukten auch die
Ausgangssubstrate mit aufgetragen werden.
ENTWICKLUNG DES CHROMATOGRAMMS
Die Entwicklung der Dünnschichtchromatogramme wird in Pressglaskästen (z. B. 20x20x10 cm) mit einer Abdeck-
platte oder in Schraubdeckelgläsern (∅ =5–10 cm) durchgeführt. Vor Durchführung der Chromatografie müssen die
Trennkammern mit dem Laufmitteldampf gesättigt sein. Zu diesem Zweck kleidet man die Kammerwände mit Filter-
papier aus, gießt anschließend das Laufmittel etwa 2–4 mm hoch in die Kammern und lässt 15–30 Minuten ver-
schlossen stehen (das Filterpapier muss im Laufmittel stehen). Die Chromatografieplatten werden vorsichtig – mit
den Substanzflecken unten – in die Kammern gestellt, die Flecken dürfen aber nicht in das Laufmittel tauchen. Das
Laufmittel steigt dann durch die Kapillarkräfte nach oben. Die Entwicklung des Chromatogramms ist dann beendet,
wenn in den verschlossenen Kammern das Laufmittel bis kurz vor den oberen Rand der Platte gestiegen ist. Die Platte
wird entnommen, die Lauffront sofort mit einem Bleistift markiert und die Platte im Abzug getrocknet.
Den Abstand von der Startlinie bis zur Laufmittelfront bezeichnet man als Trennstrecke, er ist für die Auswertung
eines Chromatogramms von Bedeutung. Bei den üblichen Trennstrecken von 6–16 cm beträgt die Laufzeit etwa 10–
90 Minuten, abhängig von der Art des Laufmittels und der verwendeten Chromatografieplatte.
Als Laufmittel verwendet man Lösungsmittel verschiedener Polarität, entweder als Reinsubstanz oder als Solvensge-
misch. Die Flussmittel können in einer eluotropen Reihe aufgelistet werden (siehe Tabelle 9.2).
IDENTIFIZIERUNG DER SUBSTANZFLECKEN
Nur in wenigen Fällen, z. B. bei Farbstoffen, können die Komponenten direkt an ihrer Eigenfarbe erkannt werden. In
der Regel müssen zum Nachweis von farblosen Substanzen andere Methoden herangezogen werden, dabei kann der
Nachweis zugleich mit der Charakterisierung der Substanz verbunden sein. Meist wird eine der folgenden Methoden
verwendet:
Fluoreszenz bei UV-Bestrahlung: Viele Substanzen fluoreszieren bei Bestrahlung mit kurzwelligem UV-Licht (Queck-
silberlampe, b= 254 nm).
Fluoreszenzlöschung: Fast alle DC-Platten sind mit Fluoreszenzindikator in der Beschichtung im Handel erhältlich.
Die unbelegte Platte fluoresziert bei Bestrahlung mit der Hg-Lampe, alle Substanzflecken die in diesem UV-Bereich
absorbieren, erscheinen dagegen dunkel.
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Bedampfen mit Jod: Die entwickelte DC-Platte wird zusammen mit einigen Körnchen Jod in ein verschlossenes Gefäß
gestellt. Nach kurzer Zeit färben sich die Substanzflecken intensiver braun als die Platte (oder bleiben manchmal
auch heller als die Platte) und werden mit Bleistift markiert (die braune Färbung verblasst sehr schnell).
Sprühreagentien: Auf die entwickelte Platte werden Reagenslösungen aufgesprüht, die mit den Substanzflecken in
einer chemischen Reaktion Verbindungen mit charakteristischer Färbung liefern. Dafür verwendet man so genannte
‚Zerstäuber‘ aus Glas, die mit einem Handgebläse betrieben werden. Gut eignen sich käufliche Sprühdosen mit ange-
hängtem Behälter für Anfärbe-Reagentien. Das Aufsprühen muss in sehr feiner Verteilung erfolgen (Sprühen aus 20–
30 cm Entfernung), da zu starkes Besprühen die Substanzflecken verwäscht. Das Sprühen muss im Abzug oder spezi-
ellen Sprühkammern erfolgen! Für einfache Analytik (z.B. Reaktionskontrolle) kann die DC-Platte auch kurz in das
Anfärbe-Reagens getaucht werden. Dadurch wird der Sprühnebel der meist giftigen Reagentien vermieden. Dabei ist
aber zu beachten, dass die Reagenslösung selbst wie ein Eluens wirkt: eine exakte Bestimmung der RF-Werte ist mit
dieser Methode nicht möglich.
Entwickelte DC-Platten werden immer zuerst nach Fluoreszenz oder Fluoreszenzlöschung untersucht und die gefun-
denen Substanzflecken mit Bleistift markiert. Danach kann mit Jod oder einem Sprühreagenz nach weiteren, im UV
nicht sichtbaren Flecken gesucht werden.
SPRÜHREAGENTIEN FÜR BESTIMMTE VERBINDUNGSKLASSEN
Säuren: Zu einer 0.05-prozentigen Lösung von Bromkresolgrün in Ethanol gibt man bis zum Umschlag nach blau
verdünnte Natronlauge (0.1 M) und besprüht damit die DC-Platte. Säuren geben gelbe Flecken auf blauem Grund.
Aminosäuren, Peptide, primäre aromatische Amine: Zu einer 0.1-prozentigen Lösung von Ninhydrin in wassergesät-
tigtem 1-Butanol gibt man einige Tropfen Essigsäure und besprüht damit die DC-Platte. Beim Erwärmen mit einem
Föhn oder einer elektrischen Heizplatte entsteht eine blaue bis braun-violette Färbung. Sprühdosen mit Ninhydrin-
Lösung sind im Handel erhältlich.
Amine: 4-Dimethylaminobenzaldehyd (Ehrlichs Reagenz) erzeugt gelbe bis violette Färbungen.
Aldehyde, Ketone: Man besprüht mit einer Lösung von 2,4-Dinitrophenylhydrazin (500 mg) und konz. Schwefelsäure
(2 ml) in Ethanol (100 ml). Man erhält langsam (schneller beim Erwärmen) rotorange Flecken auf gelbem Grund.
b-Diketone, b-Ketoester, Phenole: Man besprüht mit einer Lösung aus FeCl3 (1 g) in Ethanol (200 ml), Wasser (50 ml)
und konz. Salzsäure (2 ml). Man beobachtet rote – violette Flecken [Bildung der Eisen(III)-Komplexe].
UNSPEZIFISCHE SPRÜHREAGENTIEN
Ekkert’s Reagenz: 100 ml Eisessig werden mit 2 ml konz. Schwefelsäure und 1 ml Anisaldehyd (4-Methoxybenzalde-
hyd) versetzt. Nach Besprühen der entwickelten DC-Platte mit der Reagenslösung muss einige Minuten auf 90–130
°C erhitzt werden (Fön).
Vanillin-Schwefelsäure: 1 g Vanillin wird in 100 ml Methanol gelöst und mit 12 ml Eisessig sowie 4 ml konz. Schwe-
felsäure versetzt. Nach Besprühen mit der Reagenslösung muss einige Minuten auf 110–130 °C erhitzt werden (Fön).
Diese Reagentien sind einige Wochen haltbar und liefern für viele Substanzklassen zum Teil unterschiedlich farbige
Flecken. Sie können als universelle Färbereagentien eingesetzt werden, z.B. bei Reaktionskontrollen.
AUSWERTUNG UND DOKUMENTATION
Die Lage der einzelnen Substanzflecken wird durch den so genannten RF-Wert (Retentionsoder Verzögerungsfaktor)
charakterisiert:
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Abb: Ermittlung des Retentionsfaktors
RF-Werte geben Hinweise auf die Natur der Substanzen. Bei der Dünnschicht-Chromatografie auf Kieselgel ist eine
Substanz mit größerem RF-Wert weniger polar als eine Substanz mit kleinerem RF-Wert. Da der RF-Wert von vielen
Faktoren abhängt (Laufmittel, Adsorbens, Temperatur, Trennkammer, Sättigung des Kammerraums, Substanzmenge
usw.), ist seine Reproduzierbarkeit gering, und die Identifizierung einer Substanz mit Hilfe des RF-Werts aus der
Literatur sehr problematisch. Daher ist es unbedingt nötig, im gleichen Chromatogramm authentische Vergleichssub-
stanzen mitlaufen zu lassen.
Zur Vorbereitung einer präparativen Chromatografie können die RF-Werte wichtige Hinweise liefern.
Die Säulenchromatografie (SC) dient zur Trennung von Substanzgemischen im präparativen Maßstab. Dabei wird auf
eine mit Adsorbens (stationäre Phase) gefüllte Säule das Substanzgemisch aufgetragen und mit dem Laufmittel (mo-
bile Phase) eluiert. Die einzelnen Bestandteile des Substanzgemisches werden unterschiedlich schnell durch die Säule
transportiert und erreichen nacheinander das Säulenende. Sie werden dort detektiert und in einzelnen Gefäßen auf-
gefangen. Abb. zeigt den schematischen Ablauf der SC.
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DIE CHROMATOGRAFIESÄULE
Bei der Säulenchromatografie (unter Normal- oder Niederdruck) wird prinzipiell in senkrecht stehenden Glassäulen
gearbeitet. Das Verhältnis Füllhöhe zu Säulendurchmesser soll etwa 10:1 bis 5:1 betragen. Günstig ist außerdem ein
möglichst kleines Totvolumen am Ende der Säule (Auslauf), dadurch wird die nachträgliche Durchmischung der ge-
trennten Banden verringert. Um zu verhindern, dass das Adsorbens beim Füllen aus der Säule ausläuft, drückt man
einen Wattebausch in den Auslauf. In einer anderen Variante übernimmt eine fest eingebaute Frittenplatte diese
Funktion. Bei Schwerkraftsäulen muss am Auslauf unbedingt ein gut dichtender und regulierbarer Hahn angebracht
sein, vorzuziehen ist hier unbedingt ein Teflonhahn, optimal ist ein Feinregulierventil aus Teflon. Das bedeutet auch
äußerste Sorgfalt beim Füllen bzw. Säubern der Säule, da Füllmaterial (Kieselgel), zwischen Hülse und Küken das
Teflonküken beschädigt und eine einwandfreie Dichtung blockiert. Wird ein normaler Glas-Schliffhahn verwendet,
besteht die Gefahr, dass das Schlifffett bei der Elution ausgewaschen wird. Besser ist in diesem Fall die Verwendung
von Graphit (sehr weicher Bleistift) als Schmiermittel.
GASCHROMATOGRAFIE
Im Gegensatz zur normalen Chromatografie (Flüssigkeitschromatografie, LC = Liquid Chromatography) mit einem
Solvens als mobiler Phase ist bei der GC die mobile Phase ein Gas, z. B. Helium, Stickstoff oder Wasserstoff (Träger-
gase). Grundvoraussetzung für die GC ist, dass das zu untersuchende Substanzgemisch unzersetzt verdampfbar ist.
Aus diesem Grund befinden sich die Trennsäulen in einem Säulenofen, der mit einem Temperaturprogramm geregelt
wird.
Über weitere Details der GC siehe Literaturanhang (Hünig (2008) und Analytik-Bücher)
1.1.7.3 IR-SPEKTROSKOPIE
Elektromagnetische Strahlung im Infrarot-Bereich kann Molekülschwingungen anregen. Bei Raumtemperatur befin-den sich die Moleküle im Normalfall in ihrem Schwingungsgrundzustand (S0), durch die Absorption gehen sie in
den ersten angeregten Schwingungszustand (S1) über. Die für organische Moleküle wichtigen Schwingungen liegen
im mittleren Infrarot (λ = 2500–25000 nm oder 4000–400 cm–1) Molekülschwingungen sind Bewegungen der
Atome eines Moleküls. Jedes Atom kann sich im Raum in drei linear unabhängige Richtungen bewegen, man spricht
von drei Freiheitsgraden. Ein Molekül mit N Atomen hat demnach genau drei N Freiheitsgrade, wobei sich zeigen
lässt, dass drei Freiheitsgrade zu einer Translation des gesamten Moleküls im Raum führen und weitere drei Frei-
heitsgrade eine Rotation des gesamten Moleküls um seine Hauptträgheitsachsen ergeben (für lineare Moleküle sind
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nur zwei Freiheitsgrade der Rotation möglich). Es bleiben also genau 3 N – 5 Freiheitsgrade für lineare Moleküle
bzw. 3 N – 6 Freiheitsgrade für nichtlineare Moleküle für die eigentlichen Molekülschwingungen (Normalschwin-
gungen) übrig. Es lässt sich zeigen, dass jede beliebige Schwingungsbewegung des Moleküls sich auf eine Linear-
kombination dieser Normalschwingungen zurückführen lässt. Zweckmäßiger Weise wählt man zur Beschreibung
dieser Schwingungen keine kartesischen Koordinaten, sondern interne Koordinaten, die Veränderungen der Bin-
dungslängen (Streckschwingungen oder Valenzschwingungen) oder Bindungswinkel (Deformationsschwingungen)
beschreiben.
PROBENBEREITUNG - FLÜSSIGKEITEN
Für unverdünnte Substanzen sind in der IR-Spektroskopie Schichtdicken von 0.01 bis 0.05 mm ausreichend. Bei ei-
ner Probenfläche von etwa 80 mm2 ist also eine Substanzmenge von etwa 2 mg erforderlich. Die Aufnahme von IR-
Spektren flüssiger oder mäßig flüchtiger Substanzen ist arbeitstechnisch einfach: Die Substanz wird als dünner
Flüssigkeitsfilm zwischen zwei ‚Fenster‘ aufgetragen und so in den Strahlengang eingebracht. Als Fenster dienen
klare Scheiben aus NaCl-Einkristallen, die im Bereich von 4000–400 cm-1 keine Eigenabsorption besitzen. Am bes-
ten bringt man mit einem Glasstab vorsichtig einen Tropfen der Substanz auf die NaCl-Platte (Kochsalzplatten),
deckt mit der zweiten Platte ab und spannt diese vorsichtig in den ‚Plattenhalter‘ ein (Abb. 13.7). Die Fixierschrei-
ben dürfen dabei nicht zu fest angezogen werden, sonst besteht die Gefahr, dass die Platten brechen.
FESTE SUBSTANZEN – PRESSLING-TECHNIK
KBr ist ähnlich wie NaCl im IR-Bereich vollständig durchlässig und besitzt unter hohem Druck die Eigenschaft des
‚kalten Flusses‘; das KBr wird zähflüssig und umschließt die Probensubstanz- Teilchen vollständig. In der Praxis wer-
den etwa 1–2 mg der Substanz mit etwa 300 mg wasserfreiem KBr in einem Achatmörser gründlich (ca. 5 Minuten)
verrieben. Diese Mischung wird nun in eine Pressform gegeben und in einer hydraulischen Presse bei ca. 10 t etwa
10 Minuten gepresst. Anschließend wird der Druck vorsichtig abgelassen, die Pressform zerlegt und der klare Press-
ling (eine Tablette von ca. 1 mm Dicke und meist 13 mm Durchmesser) vorsichtig herausgedrückt und in die spezi-
elle Halterung eingesetzt. Die Probe ist messbereit.
INTERPRETATION VON IR-SPEKTREN
IR-Spektren werden ausgewertet durch Angabe der charakteristischen Absorptionen mit Wellenzahl (cm–1), Intensi-
tät der Bande (vs (very strong), s (strong), m (medium), w (weak)) und der Zuordnung zu Molekülschwingungen. Vor
allem bei der Zuordnung ist größte Vorsicht geboten, besonders im Bereich unterhalb etwa 1400 cm-1. Die eindeu-
tige Zuordnung ist im Fingerprintbereich nur mit großem Aufwand und ausschließlich bei kleinen Molekülen mög-
lich. Der Anfänger neigt hier gerne zur ‚Überinterpretation‘ der Spektren.
Hilfreich bei der Interpretation der Spektren ist der Hesse/Meier/Zeeh (siehe Literaturanhang)
1.1.8 FESTPUNKTBESTIMMUNG
Wenn ein fester Stoff ohne Zersetzung in den flüssigen Zustand übergeht, schmilzt er. Beim Erhitzen eines kristallinen
Stoffes bewegen sich mit zunehmender Energie die Gitterbausteine mit wachsendem Abstand um ihre Gleichge-
wichtslage, bis schließlich das Gitter zusammenbricht.
Die Schmelztemperatur - Festpunkt (Fp.)/Schmelzpunkt (Schmp.) - ist die Temperatur, bei der sich feste und flüssige
Phase im Gleichgewicht befinden. Reine Stoffe haben meist einen scharfen Festpunkt, der von Verunreinigungen
deutlich herabgesetzt werden kann.
Zur Bestimmung des Festpunktes mit dem Schmelzpunktapparat SMP10 wird die fein gemörserte Probe in ein Kapil-
larröhrchen gegeben und in den Aluminiumblock der Probenkammer eingesetzt. Dieser Block wird auf 10 °C unter
der erwarteten Schmelztemperatur vorgeheizt und die Probe mit Hilfe des Vergrößerungsglases kontrolliert, bis die
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Schmelzung stattfindet. Sobald der Messvorgang gestartet wird, heizt sich das SMP10 langsam (2 °C pro Minute)
weiter auf, bis der Festpunkt erreicht wird. Die Schmelztemperatur kann dann leicht von der großen LED-Anzeige
abgelesen werden.
1.2 PRINZIPIELLE ANMERKUNGEN ZUM ARBEITEN IM CHEMISCHEN LABOR
1.2.1 VORBEREITUNG
Bevor mit den praktischen Arbeiten begonnen wird, ist es wichtig, zunächst die Versuchsbeschreibung komplett
durchzulesen und durchzudenken (Vorprotokolle, Kolloquien!). Berechnen Sie sich dann gegebenenfalls die benö-
tigten Konzentrationen für eine Kalibriergerade oder einen Vergleichswert und überlegen Sie sich, ob und wie Ihre
Probe verdünnt werden muss (1/10 = 9+1). Stellen Sie sich anschließend alle Glasgeräte und Chemikalien bereit.
Beginnen Sie mit der Faktorbestimmmung und führen Sie Vergleichsproben, Blindwerte, Kalibrierwerte und Mehr-
fachbestimmungen möglichst parallel bzw. direkt nacheinander in einem Arbeitsgang zügig aus.
1.2.2 ZEITPLANUNG
Überlegen Sie sich wann Sie bestimmte Leihgeräte, Chemikalien oder Analysenproben benötigen und bestellen Sie
sie rechtzeitig bei der Probenausgabe (Ausgabezeiten beachten!!) Berücksichtigen Sie bei längeren Reaktions- oder
Abkühlzeiten den Laborschluss.
1.2.3 MEHRFACHBESTIMMUNGEN
Mehrfachbestimmungen dienen dazu, „zufällige Fehler“ (Messungenauigkeiten) zu Mitteln und somit ein präziseres
Ergebnis zu erhalten. Es sollte bei allen Versuchen mindestens eine Doppelbestimmung, besser eine Dreifachbestim-
mung durchgeführt werden.
1.2.4 BLINDWERT
Der Blindwert dient dazu, Verzögerungen und Ungenauigkeiten bei der Farbwahrnehmung sowie Eigenfärbungen
und Eigenzersetzung der Reagenzien auszugleichen. Er ist damit ein individueller Wert und muss deshalb von jedem
selbst bestimmt werden. Grundsätzlich werden Blindwerte genauso wie die entsprechenden Proben behandelt. An-
stelle der Analysenlösung wird das gleiche Volumen Lösungsmittel (i.d.R. dest. Wasser) eingesetzt. Auch der Blind-
wert sollte als Doppelbestimmung durchgeführt werden!
1.2.5 VERGLEICH
Eine Vergleichsprobe ist dann nützlich, wenn sich Färbungen bzw. Farbumschläge nicht eindeutig zuordnen lassen.
Dies ist häufig bei komplexometrischen Titrationen der Fall. Durch Einwiegen der entsprechenden Substanz stellen
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Sie sich eine Vorlage her, deren Analyt-Gehalt genau bekannt ist. Berechnen Sie dann den Verbrauch Ihrer Maßlö-
sung (Faktor beachten!) bis zum Äquivalenzpunkt. Titrieren Sie Ihre Vergleichsprobe bis zum berechneten Äquiva-
lenzpunkt und beobachten Sie genau die Farbentstehung. Sie wissen nun, bis zu welcher Färbung/Farbtiefe Sie Ihre
Probe titrieren müssen.
1.2.6 KALIBRIERFUNKTION
Alle analytischen Messmethoden, für die eine lineare Konzentrations-Messwert-Beziehung gilt, können über Kalib-
rierfunktionen ausgewertet werden. Hierfür stellen Sie aus einer Stammlösung mit bekanntem Analyt-Gehalt ver-
schiedene Verdünnungen her, die genauso wie die Probe vermessen werden. Grundsätzlich müssen mindestens 4
Kalibrierpunkte bestimmt werden, durch die dann eine Regressionsgerade gelegt wird (per Lineal auf Millimeterpa-
pier oder Excel-Trendlinie). Es ist zu beachten, dass der Analysenwert immer innerhalb des kalibrierten Bereiches
liegt, d.h. es muss mindestens ein größerer Wert und mindestens ein kleinerer Wert bestimmt worden sein. Sollte
das nicht der Fall sein, müssen weitere Kalibrierpunkte oder andere Verdünnungen der Probe hergestellt und neu
vermessen werden. Beachten Sie den linearen Bereich fotometrischer Bestimmungen.
1.3 PRAKTISCHE VERSUCHE
1.3.1 MAßANALYSE
1.3.1.1 HERSTELLUNG VON MAßLÖSUNGEN UND FAKTORBESTIMMUNG
1.3.1.1.1 NATRONLAUGE, C = 0,1 MOL L-1 (0,1 N-LÖSUNG)
Herstellung:
Die ca. 1-molare NaOH (aq) wird zur Verfügung gestellt. Davon werden mit einer Vollpipette 100,0 mL abge-
messen und diese in einem 1 L-Messkolben mit dest. Wasser auf 1000 mL verdünnt (gut durchschütteln!).
Faktorbestimmung:
Der Faktor der ca. 0,1-molaren NaOH(aq) wird mit einer exakt 0,1-molaren Säure (HCl, F=1,000) bestimmt. Zu
diesem Zweck werden 20,0 mL Säure im Erlenmeyerkolben vorgelegt, auf ca. 100 mL mit dest. H2O verdünnt,
2 Tropfen Indikatorlösung zugegeben und mit der Lauge bis zum Äquivalenzpunkt (Farbumschlag) titriert. Der
Faktor F ergibt sich aus der Beziehung:
-.�/0 =-01� × 301�
3.�/0
mit: FNaOH (Faktor der NaOH-Lösung), FHCl (Faktor der verwendeten HCl-Lösung, hier 1,000; kann aber auch
abweichen!), VHCl (Volumen der vorgelegten HCl-Lösung), VNaOH. (Verbrauch an NaOH)
Viele Indikatoren können verwendet werden; besonders geeignet sind Methylorange (der Umschlag erfolgt von
rot nach orange; pH 3,1-4,4) oder Phenolphthalein (der Umschlag erfolgt von farblos nach rosa; pH 8,2-9,8).
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Für die Faktorbestimmung sind mindestens 3 Titrationen durchzuführen.
Geräte und Chemikalien:
250 mL-Becherglas, 1 L Messkolben, Trichter, 100 mL Vollpipette, 300 mL-Erlenmeyerkolben,
Wie sieht die (Leitfähigkeits)Kurve bei der Titration einer Natriumbromid-Lösung mit Silbernitrat aus?
1.3.2.3 MANGANOMETRISCHE NITRIT-BESTIMMUNG
Prinzip:
NO2- (aq)-Ionen werden durch MnO4- (aq)-Ionen oxidiert.
Durchführung:
Die Probelösung wird wie gewohnt im Kolben auf 100 mL aufgefüllt und gut durch-geschüttelt. Anschlie-
ßend füllt man die Probelösung in eine Bürette. 20,0 mL einer 0,1 N-KMnO4 (aq) bekannten Faktors werden
auf 150 mL verdünnt und mit 10 mL konz. H2SO4 versetzt. Diese Lösung bildet die Vorlage. Sie wird auf 40
°C erwärmt (handwarm) und mit der Analysenlösung bis zur Entfärbung titriert. Gegen Ende der Titration
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verläuft die Umsetzung langsam.
Anmerkung:
Die Titration wird als inverse Titration durchgeführt, da die Umsetzung der Nitrit-Lösung mit KMnO4 langsam
verläuft. Eine Beschleunigung der Reaktion durch Erwärmen kann nicht vorgenommen werden, da sich das
Nitrit bei höherer Temperatur teilweise zersetzt.
Umrechnung/Ergebnisangabe:
1 mL 0,1 N-KMnO4 (aq) (F = 1,000) = ? mg NO2-
Angegeben werden mg NO2- / 100 mL Analysenlösung (Rechenweg dargestellt z. B. in Latscha HP, Klein HA (1994) Chemie Basiswissen III-Analytische Chemie. Springer, Berlin, Heidelberg). Im Protokoll Umrechnung in mol/L!
Reaktionsgleichung:
MnO4- (aq) + NO2- (aq) + H+ (aq) b
Geräte/Chemikalien:
300 mL-Erlenmeyerkolben, 50 mL-Bürette, 20 mL Vollpipette, Trichter
felsäure, Toluol als Wasserschlepper, wässrige Hydrogencarbonatlösung (5 %ig).
Geräte und Glasgeräte:
Reaktionsapparatur mit Wasserabscheider, (Vakuum-) Destillationsapparatur, Ölbad, 100 mL Rundkolben, 250 mL
Scheidetrichter, Membranpumpe, Heizrührer
Durchführung:
a) 0,2 mol der Carbonsäure (bei Dicarbonsäuren 0,1 mol) wird mit 0,35 mol Alkohol (braucht nicht völlig wasserfrei zu sein), 1 g konz. Schwefelsäure und 30 mL Toluol versetzt und am Wasserabscheider unter Rückfluss erhitzt, bis
sich kein Wasser mehr abscheidet. Zu Beginn der Destillation wird das Wasser aus den Edukten abdestilliert erst
danach läuft die Reaktion an und es bildet sich Reaktionswasser. Nach Beendigung der Reaktion lässt man abkühlen
und wäscht die Schwefelsäure mit Wasser, wässriger Hydrogencarbonatlösung und nochmals mit Wasser aus. Dann
wird der Schlepper (Toluol; 110,8 °C) und überschüssiger Alkohol (Propanol; 97 °C) abdestilliert. Der Schlepper nimmt
zugleich die Reste des Waschwassers mit.
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Das Azeotrop Toluol (80%) Wasser (20%) siedet bei 84,1 °C; das Azeotrop n-Propanol (51,2%) und Toluol (48,8%)
siedet bei 92,5 °C und weist in dieser Zusammensetzung einen Brechungsindex von n = 1,440927 auf. Die Weinsäu-
reester lassen sich unter den gegebenen Bedingungen nicht destillieren.
b) 0,2 mol Benzoesäuremethylester wird mit 0,35 mol des entsprechenden Alkohols und 1 g KOH unter Rückfluss (Vigreux-Kolonne) erhitzt, so dass das freigesetzte Methanol ständig -jedoch nicht der höhere Alkohol- abdestilliert
wird. Nach Beendigung der Reaktion (b 0,2 mol Methanol) werden evtl. noch vorhandene Methanolreste zusammen
mit dem Überschuss des höheren Alkohols abdestilliert (ohne Vigreux-Kolonne), danach lässt man abkühlen, gibt 30
mL Diethylether zu und wäscht das KOH mit jeweils 30 mL Wasser, verd. HCl und nochmals mit Wasser aus. Nach
Trocknung über Natriumsulfat wird der Ether abgezogen und die Ester destillativ (Vakuumdestillation) aufgereinigt.
2.2.1.3 VERESTERUNG VON ALKOHOLEN MIT HILFE VON ESSIGSÄUREANHYDRID
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Hünig, S. (2007) Integriertes organisch-chemisches Praktikum (I.O.C.-Praktikum). Berlin: Lehmanns, pp.XII, 284 S. (ebenfalls Online erhältlich http://www.ioc-praktikum.de)
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