Charakterisierung der Antigen-induzierten Arthritis in TNFα- und TNF-Rezeptor-defizienten Mäusen Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor medicinae (Dr. med.) vorgelegt dem Rat der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena von Wilma Rademacher geboren am 2. Juli 1976 in Merseburg
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Charakterisierung der Antigen-induzierten Arthritis an ... · TNF-Blockade können insbesondere therapierefraktäre RA-Verläufe positiv beeinflusst werden. Ungeklärt bleibt jedoch,
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Charakterisierung der Antigen-induzierten Arthritis in TNFα- und TNF-Rezeptor-defizienten Mäusen
Dissertation
zur Erlangung des akademischen Grades
doctor medicinae (Dr. med.)
vorgelegt dem Rat der Medizinischen Fakultät der
Friedrich-Schiller-Universität Jena
von Wilma Rademacher
geboren am 2. Juli 1976 in Merseburg
Erster Gutachter Prof. Dr. rer. nat. R. Bräuer, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Pathologisches Institut Zweiter Gutachter Prof. Dr. med. G. Hein Friedrich-Schiller-Universität Jena Klinik für Innere Medizin III Dritter Gutachter Prof. Dr. Kriegsmann Pathologische Praxis Trier
Tag der öffentlichen Verteidigung 4. Oktober 2005
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS Ag Antigen
AIA Antigen-induzierte Arthritis
AK Antikörper
AP Alkalische Phosphatase
BrDU Brom-Desoxy-Uridin
BSA Rinderserumalbumin (bovine serum albumin)
CD Cluster of Differentiation
CFA Komplettes Freund´sches Adjuvanz (Complete Freunds Adjuvans)
CIA Collagen-induced arthritis
CRP C-reaktives Protein
CTLA Cytotoxic T-lymphocyte-associated antigen
DNA Desoxyribonukleinsäure
DTH Delayed type hypersensitivity (Verzögerte Überempfindlichkeitsreaktion)
Die Messung der Extinktionen erfolgt im jeweiligen Referenzbereich des ELISA-Readers: für
AP bei 405 nm (Referenzbereich 690 nm) und für POD bei 492 nm (Referenzbereich 620nm).
Zur Auswertung werden die jeweiligen Extinktionen relativ zur Kontrolltiergruppe anhand
der optischen Dichte [OD] beurteilt. Da für diese antigenspezifischen IgG keine Standards zur
Verfügung stehen, wurde als Kontrolle für die Linearität des Assay eine Verdünnungsreihe
aus gepooltem Serum immunisierter Mäuse mitgeführt.
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3.2.12 BESTIMMUNG DER ZYTOKINE
Die Konzentrationsbestimmungen pro- bzw. antiinflammatorisch wirkender Zytokine in den
Überständen der Zellkulturen (Makrophagen, Lymphknoten) wurden mittels Sandwich-
ELISA durchgeführt. Dazu bestand der erste Schritt im Auftrag des Capture-AK auf 96-Well-
Platten verdünnt in Beladungspuffer und die Inkubation über Nacht bei 4 °C (Tabelle 3).
Tabelle 3: Antikörper für ELISA-Bestimmungen
Antikörper Klon Konzentration Beladungspuffer Quelle IL-1β
IL-1β-Biotin MAB401 BAF401
2 µg/ml 50 ng/ml
Na-CO pH 9,5 -
R&D R&D
IL-2 IL-2-Biotin
JES6-1A12 JES6-5H4
1 µg/ml 0,5 µg/ml
Na-PP pH 9,0 -
Becton Dickinson Becton Dickinson
IL-4 IL-4-Biotin
BVD4-1D11 BVD6-24G2
1 µg/ml 0,1µg/ml
Na-PP pH 9,0 -
Becton Dickinson Becton Dickinson
IL-6 IL-6-Biotin
MP5-20F3 MP5-32C11
2 µg/ml 0,25 µg/ml
Na-CO pH 9,5 -
Becton Dickinson Becton Dickinson
IL-12(p70) IL-12(p70)-Biotin
(nicht angegeben) (nicht angegeben)
- -
Na-PP pH 6,5 -
OptEIATM Sets, BD OptEIATM Sets, BD
TNF-α TNF-α-Biotin
G281-2626 MP6-XT3
6 µg/ml 0,5 µg/ml
Na-PP pH 6,5 -
Becton Dickinson Becton Dickinson
IFN-γ IFN-γ- Biotin
R4-6A2 XMG1.2
1 µg/ml 0,5 µg/ml
Na-PP pH 9,0 -
Becton Dickinson Becton Dickinson
Tabelle 4: Standards für die ELISA-Bestimmung
Zytokin Quelle rm IL-1β Becton Dickinson rm IL-2 Prepro Tech rm IL-4 Prepro Tech rm IL-6 Prepro Tech rm IL-10 Becton Dickinson, OptEIATMSets rm IL-12(p70) Becton Dickinson, OptEIATMSets rm TNF-α Becton Dickinson rm IFN-γ Gibco Nach dreimaligem Waschen wurden unspezifische Bindungen mit 2%igem mBSA in PBS
für 2 h geblockt. Dann erfolgte der Proben- und Standardauftrag (Tabelle 4). Nach 2 h
Inkubationszeit bei Raumtemperatur und viermaligem Waschen wurde ein zweiter Biotin-
gekoppelter spezifischer AK, gelöst in PBS/Tween, aufgetragen und für 2 h inkubiert. Nach
viermaligem Waschen konnte Peroxidase-konjugiertes Streptavidin als Enzym mit
100µl/Well pipettiert werden. 40 Minuten danach wurde überschüssiges Konjugat durch
erneutes Waschen entfernt und die Substratlösung für die Peroxidase mit 100 µl/Well
zugegeben. Die folgende enzymatische Reaktion lief im Dunkeln ab. Der Farbumschlag
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wurde abgewartet und die Reaktion durch Zugabe von 2n H2SO4 (100 µl/Well) gestoppt. Der
Farbumschlag wurde mittels Extinktionsmessung bei 492 nm (Referenz 620 nm) im ELISA-
Reader quantifiziert. Im Anschluss erfolgte die Berechnung der Standardkurve bzw. –
gleichung mit einem Softwareprogramm (Microsoft Excel). Damit konnten im Folgenden die
Konzentrationen in den Proben berechnet werden.
3.2.13 PROLIFERATIONSTEST
Um die Zellproliferation innerhalb von Lymphknotenzell-Suspensionen mit und ohne
Stimulation zu beurteilen, wurde auf ein BrDU-KIT-System zurückgegriffen. Der Vorteil
gegenüber dem [3H]-Thymidin-Proliferationstest besteht in der Durchführung ohne
radioaktive Belastung. Die Lymphknoten wurden wie in 2.2.9. beschrieben aufbereitet. Auf
einer 96-Well-Platte wurden 100 µl Probe (5×104 Zellen/100µl) pipettiert und wie folgt als
Doppelauftrag inkubiert:
ohne Stimulation
Stimulation mit mBSA (25 µg/ml)
Stimulation mit PMA (5 ng/ml) + Ionomycin (500 ng/ml)
Nach einer Inkubationszeit von 72 h bei 37°C, 5% CO2 wurden 10 µl BrDU (5´Brom-2´-
Desoxyuridin) zugegeben und für weitere 18 h unter gleichen Bedingungen reinkubiert.
Entsprechend den Anweisungen des Herstellers erfolgten nach Ablauf dieser Zeit die
folgenden Schritte: Nach Zentrifugation wurde die DNA denaturiert, damit im nächsten
Schritt die anti-BrDU-Peroxidase binden konnte. Die sich bildenden Komplexe konnten im
sich anschließenden Schritt mittels Substrat (Tetramethyl-Benzidin) sichtbar gemacht werden.
Im ELISA-Reader erfolgte die Absorptionsmessung bei 450 nm (Referenz 690 nm). Die
Auswertung der ermittelten Extinktionen erfolgte anhand des Vergleichs der mittleren
optischen Dichten der Einzelproben [OD].
3.2.14 KNIEGELENKEXTRAKTE UND ZYTOKINBESTIMMUNG
Die Kniee wurden am 3. Tag nach Arthritisauslösung präpariert und bei –70°C eingefroren.
Zur Herstellung der Gelenkextrakte wurden alle Arbeitsutensilien mit flüssigem Stickstoff,
das Probenmaterial in einem Eiskübel gekühlt. Die grobe Zertrümmerung erfolgte mit Mörser
und Stößel, anschließend fand die Zertrümmerung und Pulverisierung mittels „Bead-Mill"
statt. Dazu wurden unter zweiminütiger Zwischenkühlung zwei Pulverisierungsintervalle von
jeweils 30 Sekunden bei 3000 rpm durchgeführt.
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Anschließend konnte das Gelenkpulver in 2 ml steriler, physiologischer Kochsalzlösung
mittels „Mikro-Dismembranator“ 90 Sekunden zum vollständigen Aufschluss homogenisiert
werden. Das Homogenisat wurde für 10 min unter 3°C bei 3000 rpm zentrifugiert,
anschließend die Überstände abgenommen und nochmals bei 13000 rpm in einer kleineren
gekühlten Zentrifuge für 10 min zentrifugiert. Aus den Überständen wurde mittels BCA-
Assay der Gesamtproteingehalt bestimmt. Damit der Zytokingehalt in den verschiedenen
Gelenkextrakten vergleichbar wurde, wurden die mit ELISA bestimmten Konzentrationen
von IL-1β, IL-6, TNFα und IL-12 auf den Gesamtproteingehalt der Probe bezogen [pg/mg
Gesamtprotein].
3.2.15 STATISTIK
Die klinischen Daten als auch die im Labor ermittelten Werte stellen Einzeltierbestimmungen
dar, die zur Berechnung des Mittelwertes und des Standardfehlers (SEM, Standard Error
Mean) herangezogen wurden. Für die statistische Auswertung wurde das Softwareprogramm
„SPSS for Windows“ eingesetzt. Die Signifikanzprüfung von Gruppenunterschieden erfolgte
mit dem Mann-Whitney U-Test. Für die Korrelationsanalysen wurde der Korrelations-
koeffizient nach Pearson berechnet. Die Bewertung der Signifikanzen wurde wie folgt
vorgenommen (Tabelle 5):
Tabelle 5: Signifikanzniveau
Bezeichnung p Darstellung im Diagramm
Begrenzt signifikant 0,05-0,10 (*)
Signifikant 0,01-0,05 *
Sehr signifikant 0,001-0,01 **
Extrem signifikant < 0,001 ***
Die Darstellung der signifikanten Unterschiede erfolgt in den Abbildungen mit Symbolen.
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4. ERGEBNISSE 4.1 LANGZEITSTUDIE
In der folgenden Studie wurde die chronische Phase der AIA von Wildtypmäusen (WT) mit
der von folgenden Knockout-Tieren verglichen:
TNFα-Knockout- (TNFα −/−)
TNFR1-Knockout- (TNFR1−/−) und
TNFR1,2-Knockout-Mäusen (TNFR1,2 −/−) verglichen.
Alle Mäuse wurden entsprechend dem einheitlichen Versuchsprotokoll immunisiert. Die
Arthritisinduktion fand am Tag 0 (d0) statt. Als klinisch relevante Parameter der AIA wurden
die Änderung der Gelenkschwellung und das Körpergewicht im Verlauf der Arthritis
gemessen. Nach Tötung der Tiere am Tag 21 erfolgte die Entnahme der Kniegelenke und der
Milz. Die histologische Bewertung der entzündlichen und destruktiven Veränderungen der
Kniegelenke wurde von einem unabhängigen Untersucher durchgeführt.
4.1.1 GELENKSCHWELLUNG
Alle vier Mausstämme reagierten auf die intraartikuläre Applikation des
Immunisierungsantigens mBSA mit einer starken Gelenkschwellung am Tag 1 (Abb. 1). Im
Gegensatz zum Wildtyp (WT), dessen Knieumfang am Folgetag nochmals zunahm, zeigten
die Knockout-Mäuse (KO-) einen Rückgang der Schwellung schon am Tag 2. In allen KO-
Stämmen sanken die Gelenkschwellungen zwischen Tag 5 und 7 etwa auf das Niveau der
Ausgangswerte vom Tag 0. In diesem Zeitraum ergaben sich signifikante Unterschiede zum
WT, dessen Werte zwar bis zum Tag 7 ebenfalls abfielen, dann aber konstant erhöht blieben.
Die starken Abfälle am Tag 21 bei der TNFα−/− und der TNFR1,2−/− Gruppe können mit einer
Gewichtsabnahme in diesen Gruppen in Zusammenhang gebracht werden. Die Verläufe der
Gelenkschwellungen und gerade der deutlich frühere Rückgang bei TNFα−/− bzw. TNF-
Rezeptorabwesenheit waren in zwei weiteren Langzeitstudien reproduzierbar.
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Abb. 1: Verlauf der Gelenkschwellung während einer Langzeitstudie der AIA. Dargestellt sind die Mittelwerte der Gelenkschwellung der jeweiligen Mausstämme. Dem Wildtypstamm (n=10) sind in A) TNFα−/− (n=7), in B) TNFR1−/− (n=6) und in C) TNFR1,2−/− Mäuse (n=4) gegenübergestellt. Unter D) werden die Gelenkschwellungen der 3 Knockout-Gruppen miteinander verglichen. ((*)p<0,1,*p<0,05, **p< 0,01, U-Test verglichen mit dem WT)
4.1.2 HISTOLOGISCHE AUSWERTUNG
Zur histologischen Beurteilung der chronischen Phase der AIA wurden nach Tötung der Tiere
am Tag 21 Gelenkschnitte angefertigt und anschließend im HE-Schnitt ausgewertet. Folgende
Veränderungen gingen in die Bewertung ein: synoviale Hyperplasie, zelluläres Infiltrat,
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Knorpelnekrosen und Pannusformation. Die ersten 2 Kriterien wurden im Entzündungsscore,
die beiden letzten im Destruktionsscore zusammengefasst.
Gelenkschädigungen traten bei allen Mäusen unabhängig vom Gendefekt auf. Abweichungen
beim Vergleich der Stämme wurden jedoch deutlich, als die Einzelergebnisse (Abb. 2, 3 und
4) der Langzeitstudien studienübergreifend zusammengefasst analysiert wurden (Tab. 6).
Dabei fiel auf, dass die Schäden bei Abwesenheit von TNFα bzw. der beiden TNF-
Rezeptoren milder ausgeprägt waren als beim WT und bei alleiniger Abwesenheit des
TNFR1. TNFR1−/− Tiere zeigten ein ähnlich breites Spektrum entzündlicher Veränderungen
wie der WT. Die Gelenke von TNFα−/− und TNFR1,2−/− Mäusen wiesen etwas weniger
schwere, aber häufiger leichtere Entzündungszeichen auf (Tab. 6). Diese Unterschiede waren
allerdings nicht signifikant. In den arthritischen Knien der TNFR1,2−/− Gruppe waren keine
Destruktionen vorhanden, bei TNFα−/− Mäusen waren sie seltener als unter den Wildtyptieren.
Die TNFR1−/− Tiere zeigten keine Veränderungen im Vergleich zum WT. Es muss allerdings
auf die insgesamt schwache, chronische Phase der AIA hingewiesen werden. Hinzukommt,
dass uns zur Untersuchung der Rezeptor-KO-Mäuse nur eine begrenzte Anzahl Tiere pro
Studie zur Verfügung stand.
Abb. 2: Histologische Veränderungen in der chronischen Phase der AIA am Tag 21. Dargestellt ist ein repräsentatives Experiment mit den Mittelwerten für arthritische WT (n=10), TNFα−/− (n=7), TNFR1−/− (n=6) und TNFR1,2−/− (n=4).
42
Tabelle 6 Auswertung der histologischen Veränderungen der chronischen Phase der AIA am Tag 21.
ENTZÜNDUNGSSCORE DESTRUKTIONSSCORE
SCORE
WT n= 28
TNFα −/−
n= 20 TNFR1 −/−
n= 11 TNFR1,2−/−
n= 8 WT
n= 28 TNFα −/−
n= 20 TNFR1 −/−
n= 11 TNFR1,2−/−
n= 8 0 25 % 5 % 27 % 12,5 % 81 % 95 % 81 % 100 %
0,5- 1,0 32 % 65 % 27 % 75 % 18 % 5 % 18 % -
1,5- 2,5 39 % 30 % 27 % 12,5 % - - - -
≥ 3,0 4 % - 18 % - - - - -
Tabellarische Zusammenfassung aller durchgeführten Langzeitstudien. Die Veränderungen wurden in keine (0), milde (0,5- 1,0), mittlere (1,5- 2,5) und starke arthritische Veränderungen (≥ 3) eingeteilt. Die relative Häufigkeit [%] ergibt sich aus der Anzahl der Tiere mit gleichem Schweregrad zur Gesamtzahl der Tiere dieses Stammes. In den Entzündungsscore gehen synoviale Hyperplasie sowie zelluläres Infiltrat, in den Destruktionsscore Knorpelnekrosen und Pannusformation ein.
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Abb. 3: Linkes, nicht-arthritisches Kniegelenk einer C57BL/6-Maus vom Tag 21 der AIA mit femoro-patellarem (A), bzw. des femoro-tibialen Gelenkanteils (B). (F=Femur, K=Kapsel, M=Meniskus, P=Patella, SM=Synovialmembran, T=Tibia,)
Abb. 4: Rechtes, arthritisches Kniegelenk am Tag 21 der AIA vom (A) WT, (B) TNFα−/−, (C) TNFR1−/− und (D) TNFR1,2−/−. Dargestellt ist der femoro-patellare Gelenkspalt (Ds=Destruktion, EE=Entzündungszell- Exsudat, Pn=Pannus)
44
4.1.3 MILZGEWICHT UND KÖRPERGEWICHT
Aufgrund der Beeinflussung des Fettstoffwechsels durch TNFα und dem Einfluss auf die
Mikroarchitektur von Immunorganen wurden Milz- und Körpergewicht bestimmt (Beutler et
al. 1985, Pasparakis et al. 1996).
Alle Mausstämme reagierten auf die Arthritisinduktion mit einem Gewichtsverlust. Eine
Erholung findet zwischen Tag 3 und Tag 5 statt. Im Unterschied zum WT haben die KO-
Mäuse Schwierigkeiten, das Ausgangsgewicht von Tag 0 zu erreichen bzw. entwickeln im
Fall von TNFα−/− Tieren eine Art protrahierten Gewichtsverlust. Dies war in Folgestudien
reproduzierbar. Im Gegensatz dazu waren die Milzen bei den KO-Mäusen 21 Tage nach
Arthritisauslösung auffallend groß und wogen signifikant mehr als die Milzen in den
arthritischen Wildtypmäusen. Interessanterweise hatte sich bei immunisierten nicht-
arthritischen Tieren noch ein umgekehrtes Bild dargestellt. Insgesamt prägten sich diese Ver-
änderungen vor allem bei Abwesenheit von TNFα und beider TNF-Rezeptoren aus (Abb. 5).
Abb. 5: Dargestellt ist die Änderung des Körpergewichtes als prozentuale Abweichung zum Tag der Arthritisinduktion am Tag 0. Das relative Milzgewicht wurde anhand des Körpergewichts ermittelt. Die Abbildung zeigt die prozentuale Abweichung der Mittelwerte der jeweiligen Knockout-Gruppe vom Mittelwert des Wildtypstammes (100%) für immunisierte (d 0) und arthritische Tiere (d 21). (WT nd0/21=6/9, TNFα−/− nd0/21=7/4, TNFR1−/− nd0/21=7/5, TNFR1,2−/− nd0/21=4/4 ((*)p<0,1, *p<0,05 im Vergleich zum WT, U-Test)
45
4.2 KURZZEITSTUDIE ( I )
Die Gelenkschwellungsdaten aus der Langzeitstudie deuten auf Veränderungen in der akuten
Phase der AIA durch die TNFα- bzw. TNF-Rezeptordefizienz.
Inwieweit sich dies in den histologischen Befunden des Akutstadiums der Arthritis nieder-
schlagen würde, sollte mit einer Studie am 3. Tag nach Arthritisauslösung untersucht werden.
Zur Durchführung der Kurzzeitstudie standen uns zeitgleich alle vier Mausstämme zur Verfü-
gung : Wildtypmäuse C57BL/6 (WT), TNFα−/−, TNFR1−/− und TNFR1,2−/− Mäuse.
Alle Mäuse wurden nach dem einheitlichen Versuchsprotokoll immunisiert. Am Tag 0
erfolgte die Arthritisauslösung. Die arthritischen Wildtypmäuse dienten wiederum als
Kontrollgruppe für die KO-Tiere. Bis zum Tag 3 wurden einmal täglich die Knie-
gelenkschwellung und das Körpergewicht gemessen. Nach dem Töten aller Tiere am Tag 3
erfolgte die Entnahme der Kniegelenke mit anschließender histologischer Aufbereitung im
HE-Präparat.
4.2.1 GELENKSCHWELLUNG
Die Untersuchungen am Tag 1 zeigten, wie schon in den vorhergegangenen Langzeitstudien,
24 Stunden nach Arthritisinduktion eine offenbar TNFα-unabhängige, hyperakute
Schwellungsreaktion in allen vier Gruppen. Am Folgetag zeigten sich Unterschiede im
Verlauf der Gelenkschwellung zum WT, die nochmals eine Zunahme des Knieumfangs
aufwiesen, und den KO-Mäusen mit deutlich abgefallenen Werten. Die Maxima der
Gelenkschwellung waren wiederum bei den Wildtypmäusen stärker und lang anhaltender als
bei den transgenen Tieren. Die Unterschiede am Tag 3 fielen dementsprechend aus: Die KO-
Tiere lagen 40 % unter den Werten der Wildtypmäuse, für TNFα−/− Mäuse war dies
signifikant (Abb. 6).
46
Abb. 6: Verlauf der Gelenkschwellung während einer Kurzzeitstudie der AIA. Dargestellt sind die Mittelwerte der Gelenkschwellung der jeweiligen Mausstämme. Dem WT (n=10) sind in A) TNFα−/− (n=6), in B) TNFR1−/− (n=7) und in C) TNFR1,2−/− Mäuse (n=4) gegenübergestellt. Unter D) werden die Gelenkschwellungen der 3 KO-Gruppen miteinander verglichen. ((*)p<0,1 verglichen mit dem WT, U-Test)
4.2.2 HISTOLOGISCHE AUSWERTUNG
Die histologische Beurteilung der entzündlichen und destruktiven Veränderungen erfolgte wie
schon in der Langzeitstudie getrennt für jede Einzelstudie (Abb. 7, 8 und 9) und als
Zusammenfassung aller Studienergebnisse anhand der Schweregrade (Tab. 7): keine, milde,
mittelstarke und starke Veränderung. Alle Mäusestämme zeigten histologisch
Entzündungszeichen, die in der überwiegenden Anzahl den schweren Veränderungen
zugerechnet wurden. Es zeigten sich keine Unterschiede in der Arthritisausprägung zum WT
(Abb. 6, Tab. 7).
Auch bei der Beurteilung der destruktiven Veränderungen konnten keine signifikanten
Unterschiede zum Wildtyp festgestellt werden. Der Destruktionsscore ist bei der TNFR1,2−/−
47
Gruppe aufgrund der geringen zur Verfügung stehenden Tierzahl nur eingeschränkt zu
interpretieren.
Abb. 7: Histologische Veränderungen in der akuten Phase der AIA am Tag 3. Dargestellt ist ein repräsentatives Experiment mit den Mittelwerten für arthritische WT (n=10), TNFα −/− (n=6), TNFR1 −/− (n=7) und TNFR1,2 −/− Tiere (n=4).
Tabelle 7 Histologische Veränderungen der akuten Phase der AIA am Tag 3.
Tabellarische Zusammenfassung aller durchgeführten Langzeitstudien. Die Veränderungen wurden in keine (0), milde (0,5- 1,0), mittlere (0,5-2,5) und starke arthritische Veränderungen (≥ 3,0) eingeteilt. Die relative Häufigkeit [%] ergibt sich aus der Anzahl der Tiere mit gleichem Schweregrad zur Gesamtzahl der Tiere dieses Stammes (n). In den Entzündungsscore gehen synoviale Hyperplasie sowie zelluläres Infiltrat, in den Destruktionsscore Knorpelnekrosen und Pannusformation ein.
48
Abb. 8: Linkes nicht-arthritisches Kniegelenk einer C57BL/6-Maus vom Tag 3 der AIA mit tibio-fibulären (A), bzw. des femoro-patellaren Gelenkanteils (B). (M= Meniskus, F= Femur, T= Tibia, P= Patella, K= Kapsel, SM= Synovialmembran)
Abb. 9: Rechtes Kniegelenk am Tag 3 der AIA vom (A) WT, (B) TNFα−/−, (C) TNFR1−/− und (D) TNFR1,2−/−. Dargestellt ist der femoro-tibiale Gelenkspalt (Ds=Destruktion, EE=Entzündungszell- Exsudat, EI=Entzündungszell-Infiltrat, Pn=Pannus)
49
4.2.3 MILZGEWICHT UND KÖRPERGEWICHT
Der Langzeitverlauf hatte Auffälligkeiten sowohl im Gewichtsverhalten als auch in der Milz-
größe ergeben. In der Kurzeitstudie deutet sich bei TNFα−/− und TNFR1,2−/− Stamm im Ver-
gleich zum WT wiederum ein gewisser protrahierter Gewichtsverlust an. Für TNFR1−/− trifft
dies nicht zu, wobei dieser im Gegensatz zu den anderen Gruppen eine signifikante Erhöhung
des Milzgewichtes aufwies (Abb. 10).
Abb. 10: Dargestellt ist die Änderung des Körpergewichtes von WT (n=10), TNFα−/− (n=6), TNFR1−/− (n=7) und TNFR1,2−/− Stämme (n=4) als prozentuale Abweichung zum Tag der Arthritisinduktion am Tag 0 bzw. das Milzgewicht als prozentualer Anteil vom Körpergewicht am Tag 3. (**p<0,01, U-Test im Vergleich zum WT) 4.3 KURZZEITSTUDIE (II)
In der Kurzzeit- als auch in der Langzeitstudie entwickelten alle Mausstämme 24 Stunden
nach der Arthritisinduktion akute Kniegelenkschwellungen. Die Schwellungsreaktionen
waren jedoch bei Abwesenheit von TNFα- bzw. TNF-Rezeptoren im Gegensatz zum Wildtyp
von kürzerer Dauer. Die KO-Mäuse zeigten nach 48 Stunden zurückgehende
Gelenkschwellungen, der WT hingegen ein Schwellungsmaximum. Schwere histologische
Arthritisausprägungen traten jedoch trotz Abwesenheit von TNFα bzw. seiner Rezeptoren
auf. Vorhergegangene Untersuchungen an Gelenkextrakten (Kleinstäuber 2001) ergaben
Konzentrationsmaxima von TNFα, IL-1 und IL-6 für den 3. Tag der AIA. Die Auswirkungen
der vollständigen Abwesenheit von TNFα auf die lokalen Zytokinspiegel wurden deshalb für
diesen Zeitpunkt überprüft. Dazu wurden wiederum WT, TNFα−/−, TNFR1−/− und TNFR1,2−/−
50
nach bekanntem Schema immunisiert und ausgelöst. Am 3. Tag wurden die Tiere getötet und
die Kniegelenke zur Herstellung von Gelenkextrakten entnommen.
4.3.1 GELENKSCHWELLUNG
Die Verläufe der Kniegelenkschwellung bestätigten die Ergebnisse aus den vorangegangenen
Studien. Nach einer kurzen akuten Schwellungsreaktion am Tag 1 zeigten die KO-Mäuse im
Gegensatz zum Wildtyp schon am Tag 2 zurückgehende Werte. Am Tag 3 waren die
Unterschiede zum WT signifikant (Abb. 11).
Abb. 11: Gelenkschwellung im Verlauf einer Kurzzeitstudie. In die Darstellung gingen die Mittelwerte der der WT (n=5), TNFα−/− (n=7), TNFR1−/− (n=4) und TNFR1,2−/− Gruppe (n=3) ein. (*p<0,05, U-Test verglichen mit dem WT)
4.3.2 ZYTOKINE IN DEN GELENKEXTRAKTEN
Drei Tage nach Arthritisauslösung wurden die Tiere getötet. Wie unter 2.2.14. angegeben,
wurden aus den präparierten Knien Gelenkextrakte hergestellt und darin enthaltenes TNFα,
IL-1β, IL-6 und IL-12p70 mittels Sandwich-ELISA bestimmt. Die Ergebnisse waren ein-
deutig (Abb. 12): Bei kompletter Abwesenheit von TNFα bzw. seiner Rezeptoren waren die
proinflammatorischen Zytokine IL-1β und IL-6 zwar nachweisbar, jedoch im Vergleich zu
den arthritischen Wildtypmäusen um 50− 60 % vermindert. Diese Reduktionen waren
signifikant. Die TNFR1,2−/− Tiere wiesen die niedrigsten IL-1- und IL-6-Konzentrationen
51
auf, jedoch signifikant höhere TNFα-Werte als der WT, TNFα −/− und TNFR1−/− Tiere. Im
Unterschied zum Fehlen beider Rezeptoren, kommt es bei Abwesenheit des Rezeptor-1 nicht
zu einer gesteigerten TNFα-Freisetzung. Die Gehalt an IL-12 blieb vom TNFα- bzw. TNF-
Rezeptormangel unbeeinflusst.
Abb. 12: Zytokine in Gelenkextrakten vom Tag 3 der AIA. Dargestellt ist ein Vergleich der Mittelwerte
des WT (n=4) und A) TNFα−/− (n=5), B) TNFR1−/− (n=4) und C) TNFR1,2−/− Tieren (n=3). (*p<0,05 im
Vergleich zu WT, §p<0,05 im Vergleich zu TNFα −/−, Οp<0,05 im Vergleich zu TNFR1 −/−)
52
Um herauszufinden, ob die ermittelten Zytokine in den Gelenkextrakten in Zusammenhang
mit der klinischen Gelenkschwellung am Tag 3 standen, wurden Korrelationsanalysen durch-
geführt (Tab. 8). Der Pearson-Test ergab, dass signifikante Korrelationen zwischen der Höhe
der lokalen IL-1- und IL-6-Spiegel und der Stärke der Gelenkschwellung am Tag 3 bestanden
(Abb. 13). Da Letztere bei den KO-Tieren reduziert waren, zeigte sich damit eine indirekte
Abhängigkeit der Gelenkschwellung von der TNFα-Wirkung.
Tabelle 8 Korrelationsanalyse nach Pearson. Die Werte der Gelenkschwellung am 3. Tag nach Arthritisinduktion korrelieren mit den intraartikulären Zytokinkonzentrationen von IL-1 und IL-6 an diesem Tag.
IL-1β im Gelenkextrakt IL-6 im Gelenkextrakt
Gelenkschwellung d 3
Korrelationskoeffizient nach Pearson Signifikanzniveau p n
0,737
<0,001 (**) 16
0,791
<0,000 (**) 16
Abb. 13: Korrelationsanalyse nach Pearson zwischen der Gelenkschwellung am Tag 3 und den im Gelenkextrakt nachgewiesenen Konzentrationen von IL-1 und IL-6 zu diesem Zeitpunkt (n=16).
53
4.4 IMMUNOLOGISCHE PARAMETER DER AIA Die AIA als immunologisch induziertes Arthritismodell ist abhängig von zellulären und
humoralen Immunreaktionen. TNFα als proinflammatorisches Zytokin aktivierter
Makrophagen ist nicht nur ein potenter Mediator der angeborenen Immunabwehr, sondern
auch ein wichtiges Bindeglied zwischen spezifischer und unspezifischer Immunität.
Um zu überprüfen, ob das TNFα-Defizit oder der Mangel seiner Rezeptoren die der AIA
zugrunde liegenden, antigenspezifischen Immunreaktionen beeinflusst, wurden folgende
immunologischen Merkmale erfasst :
die antigenspezifische Lymphozytenfunktion in vivo und in vitro
die Makrophagenaktivität und -aktivierbarkeit in vitro
Untersuchung der Th1/Th2-Zytokin-Balance in vitro
Die entsprechenden Parameter wurden an Tieren im immunisierten bzw. arthritischen Zustand
bestimmt. Auf die Darstellung der zugehörigen klinischen und histologischen Befunde wird
im Folgenden verzichtet, da sie den unter 4.1. und 4.2. beschriebenen entstammen bzw.
entsprechend ausfielen.
4.4.1 IN-VITRO-PROLIFERATIONSTEST
Der Proliferationstest wurde mit dem BrDU-Agenz an Lymphknotenzellen akut arthritischer
Tiere (Tag 3) durchgeführt. Eine deutliche Stimulation konnte durch Zugabe von mBSA,
geringer auch durch Zugabe von Phorbol-Myristat-Acetat und Ionomycin (PMA+I) erreicht
werden. Die TNFα bzw. TNF-Rezeptor-Abwesenheit beeinflusste jedoch die Lymphknoten-
zellproliferation weder in unstimulierten noch in mBSA- bzw. PMA+Ionomycin-stimulierten
Kulturen (Tab. 9).
Tabelle 9 BrDU-Proliferationstest an Zellen aus inguinalen Lymphknoten arthritischer Mäuse am Tag 3 der AIA. Angegeben sind die Mittelwerte der Gruppen zusammen mit dem SEM (n=4/ Mausstamm)
Die DTH (Delayed Type Hypersensitivity)-Reaktion als ein In-vivo-Test zur Überprüfung der
zellulären Immunreaktivität gegen das Antigen mBSA wurde mittels Ohrtest durchgeführt.
Nachdem der Test am 5. Tag nach Arthritisinduktion ausgelöst wurde, entwickelten alle
Mäuse eine Ohrschwellung. Allerdings zeigten die KO-Mäuse nach 24 h und 48 h geringere
Reaktionen auf die intradermale mBSA-Applikation als der WT. Signifikanzniveau erreichten
nur die 24 h-Werte (Abb. 14).
Abb. 14: DTH (Delayed Type Hypersensitivity). Die Überprüfung der DTH gegen das Immuni-sierungsantigen mBSA wurde 5 Tage nach Arthritisinduktion begonnen. 24 und 48 h später wurde die Ohrdicke gemessen. Dargestellt sind die Mittelwerte ± SEM für arthritische WT (n=10), TNFα−/− (n=6), TNFR1−/− (n=7) und TNFR1,2−/− (n=4). ((*)p<0,1,*p<0,05 im Vergleich zu WT, U-Test)
4.4.3 SERUM-ANTIKÖRPER
Die AK gegen mBSA wurden im Serum immunisierter Mäuse, am 3., sowie am 21. Tag der
AIA bestimmt. Die Abwesenheit von TNFα oder seiner Rezeptoren störte die mBSA-Anti-
körperbildung während der Immunisierungsphase nicht, sodass kurz vor Arthritisinduktion
von gleichem Serumgehalt mBSA-spezifischer AK in allen Gruppen ausgegangen werden
konnte (Abb. 15). Auffallend ist allerdings, dass sich nach erneutem Antigenkontakt im
Rahmen der Arthritisauslösung Unterschiede im Serumgehalt zwischen WT und KO-Mäusen
zeigten. Bei Abwesenheit von TNFα bzw. der TNF-Rezeptoren sind nach Ausbruch der AIA
deutlich weniger mBSA-AK vorhanden als beim WT. 21 Tage nach Arthritisauslösung prägte
sich dies noch deutlicher aus: Im Serum aller 3 KO-Stämme befanden sich signifikant
weniger mBSA-AK.
55
Abb. 15: mBSA-spezifisches Gesamt-IgG im immunisierten Zustand (d 0) und nach Arthritis-auslösung am Tag 3 (d 3) , bzw. Tag 21 (d 21) der AIA. Dargestellt sind die Mittelwerte für den Wild- typ (nd0/3/21=6/7/7), TNFα−/− (nd0/3/21=7/4/4), TNFR1−/− (nd0/3/21=7/7/5) und TNFR1,2−/− Mäuse (nd0/3/21=4/4/4). (*p<0,05, **p<0,01, U-Test im Vergleich zum WT) Entsprechend den mBSA-Antikörpern wurden AK gegen Knorpelmatrixbestandteile wie
Proteoglykane (PG), Kollagen Typ I (K I) und Typ II (K II) im Serum bestimmt (Abb. 16). Im
immunisierten Zustand unterschieden sich die Mausstämme untereinander minimal, obgleich
der TNFR1,2−/− Stamm kontinuierlich zu geringeren AK-Spiegeln tendierte. Antikörper gegen
Proteoglykane waren am Tag 3 in den Rezeptor-KO-Gruppen signifikant reduziert. TNFα−/−
Mäuse zeigten allerdings teilweise höhere AK-Konzentrationen als die Wildtypmäuse. Wie
schon bei den mBSA-AK sind die Matrix-AK nach 21 Tagen AIA im Vergleich zum Wildtyp
deutlich reduziert. Am deutlichsten zeigt sich dies wiederum bei Abwesenheit beider TNF-
Rezeptoren.
56
Abb. 16: Serum-AK am Tag 21 der AIA. Es wurden die Immunglobulin-Subklassen der mBSA- spezifischen AK (IgM, IgG, IgG1, IgG2b) und die matrixspezifischen AK gegen Kollagen Typ I und II, sowie Proteoglykane bestimmt. Dargestellt sind die Mittelwerte für den WT (n=7), TNFα−/− (n=4), TNFR1−/− (n=5) und TNFR1,2−/− (n=4). (*p<0,05, **p<0,01, U-Test im Vergleich zum WT)
4.4.4 UNTERSUCHUNG DER MAKROPHAGENAKTIVITÄT
Bei der AIA kommt es neben einer lokalen auch zu einer systemischen Aktivierung von
Makrophagen (MΦ), nachweisbar durch erhöhte Spiegel von TNFα, IL-1 und IL-6 (Simon et
al. 2001). Peritonealmakrophagen (PMΦ) eignen sich deshalb für die Bestimmung der
systemischen Grundaktivität in vivo sowie für In-vitro-Stimulationsversuche. Letztere
kennzeichnen die funktionelle Kapazität der MΦ, u.a. bei der Reaktion auf infektiöses
Material im Rahmen von Abwehrvorgängen. Bakterielles Endotoxin (LPS) zusammen mit
IFN-γ ist solch ein starkes Stimulanz der TNFα-Freisetzung. Bei den folgenden Messungen
wurden PMΦ aus immunisierten oder akut bzw. chronisch arthritischen Mäusen präpariert
und anschließend unstimuliert bzw. mit LPS+IFN-γ stimuliert. Die Kulturüberstände wurden
mittels Sandwich-ELISA auf TNFα, IL-1β, IL-6 und IL-12 überprüft.
57
TNFα-FREISETZUNG
TNFα war bei allen Messungen nur nach Stimulation mit LPS+IFN-γ nachweisbar. Die
TNFα−/− Mäuse produzierten wie erwartet kein TNFα. Bei Abwesenheit des TNF-R1 traten
bei immunisierten und akut-arthritischen Mäusen keine Unterschiede zum WT auf. In der
chronischen Phase allerdings zeigte sich eine verstärkte Freisetzung von TNFα. Ähnliches
wurde für die Abwesenheit beider Rezeptoren beobachtet: Im Unterschied zu den Mäusen von
Tag 0 und 3, die weniger TNFα produzierten als der WT, wiesen am Tag 21 diese Mäuse
erhöhte TNFα-Konzentrationen auf (Abb. 17 A, B, C).
IL-1β-FREISETZUNG
Vor Arthritisauslösung war IL-1β nur nach Stimulation messbar (Abb. 17 D, E, F). Zu diesem
Zeitpunkt wiesen alle KO-Mäuse signifikant weniger IL-1 auf als der WT. Mit
Arthritisausbruch ändert sich dies deutlich. Am Tag 3 der AIA produzierten bereits
unstimulierte MΦ aller Stämme spontan IL-1 als Zeichen der systemischen Aktivierung. Dies
blieb bis zum Tag 21 erhalten. Unter Stimulation fiel bei TNFα−/− und TNFR1−/− nach
Arthritisausbruch eine verstärkte IL-1-Freisetzung im Vergleich zum WT in der akuten aber
vor allem in der chronische Phase auf. Nachdem bei TNFR1,2−/− die IL-1-Freisetzung am Tag
3 noch geringer als beim WT ausgefallen war, konnte ebenfalls eine erhöhte IL-1-
Konzentrationen stimulierter PMΦ am Tag 21 beobachtet werden. IL-6-FREISETZUNG
Auch IL-6 konnte bei immunisierten Tieren nur nach Stimulation nachgewiesen werden (Abb.
17 G, H, I). Stimulierte PMΦ von KO-Tieren setzten zu diesem Zeitpunkt signifikant weniger
IL-6 frei als der WT. Nach Arthritisausbruch kommt es bei allen Mausstämmen zu einer
beträchtlichen spontanen IL-6-Sekretion, ebenfalls wieder als Zeichen der systemischen
Aktivierung zu deuten. In der akuten und vor allem in der chronischen Arthritisphase
produzierten die unstimulierten PMΦ aus KO-Mäusen jedoch weniger IL-6 als der WT.
Auffallend war jedoch, dass die Stimulierbarkeit von TNFα−/− und TNFR1−/− PMΦ in der
chronischen Phase im Gegensatz zur relativen Abnahme der Stimulierbarkeit von WT- PMΦ
persistierte. Letzteres bestätigte sich nicht für den TNFR1,2−/− Stamm, der sich mit der
Kinetik der IL-6-Stimulierbarkeit weitestgehend ´parallel´ zum WT verhielt.
58
59
Abb. 17: In-vitro-Zytokinbestimmung kultivierter Peritonealmakrophagen. In den Überständen von unstimulierten (d0,d3,d21) und LPS/IFN-γ-stimulierten (d0+,d3+, d21+) PMΦ gemessene Zytokine: TNFα, IL-1β, IL-6, IL12p70. Dargestellt sind Mittelwerte ± SEM im Vergleich zum WT (nd0/3/21=6/7/7): TNFα−/− (nd0/3/21=7/4/4), TNFR1−/− (nd0/3/21=7/7/5) und TNFR1,2−/− (nd0/3/21=4/4/4). ((*)p<0,1. *p<0,05. **p<0,01. U-Test im Vergleich zum WT)
IL-12-FREISETZUNG
Auch IL-12p70 wurde bei immunisierten Tieren nur nach Stimulation freigesetzt (Abb. 17 J,
K, L). Hier wiesen vor allem TNFα−/− und TNFR1−/− stark erhöhte Konzentrationen in den
Überständen auf. Alle Mausstämme produzierten nach Arthritisausbruch spontan IL-12,
wobei vor allem am Tag 21 TNFα−/− und TNFR1−/− PMΦ signifikant höhere Spiegel als der
WT freisetzten. Die IL-12-Konzentrationen bei den TNFR1,2−/− PMΦ waren im Verlauf der
AIA zwar ebenfalls erhöht im Vergleich zum WT, dieser Unterschied war jedoch schwächer
als bei den beiden anderen KO-Stämmen ausgeprägt. Unabhängig vom Zeitpunkt der AIA
produzierten die PMΦ aller KO-Stämme im stimulierten Zustand signifikant mehr IL-12 als
der WT.
4.4.5 Th1/Th2-BALANCE IM LYMPHKNOTEN
An der AIA sind sowohl Th1- als auch Th2-Zellen beteiligt. IFN-γ als typisches Th1-Zytokin
und IL-4 als typisches Th2-Zytokin wurden vor und nach der Arthritisauslösung in Zellkultur-
überständen von kultivierten Lymphknotenzellen bestimmt (Abb. 18).
Lymphknotenzellen aus immunisierten KO-Mäusen produzierten IFN-γ in ähnlichen Kon-
zentrationen wie der WT. Insbesondere konnten bei allen Stämmen Reaktionen auf das
Immunisierungsantigen mBSA provoziert werden.
Nach 3 Tagen AIA setzen die Lymphknotenzellen aus den KO-Tieren deutlich mehr IFN-γ
frei als der WT. Dies blieb nicht auf die mBSA-Stimulation begrenzt, sondern zeigte sich
auch in unstimulierten bzw. PMA+Ionomycin-stimulierten Zellkulturen. IL-4 wurde weder im
unstimuliertem Zustand noch unter mBSA-Einwirkung von Lymphknotenzellen produziert.
Nach PMA+I-Stimulation allerdings fielen erhöhte Werte für die KO-Tiere auf.
Nach mBSA-Stimulation ist bei den KO-Mäusen die Th1/Th2-Balance stärker in Richtung
Th1 verschoben als beim WT. Bei PMA+I-Stimulation ist allerdings durch die gleichzeitige
Erhöhung von IFN-γ und IL-4 die Th1/Th2-Balance kaum beeinflusst.
60
Abb. 18: Th1/Th2-Balance in Überständen kultivierter Lymphknotenzellen. Die IFN-γ-, bzw. IL-4-Konzentrationen wurden in Lymphknoten immunisierter Tiere (d0) und arthritischer Tiere (d3) in unstimulierter, mBSA- bzw. PMA+I-stimulierter Zellkultur bestimmt. Messbare IL-4-Konzentrationen waren sowohl bei Zellkulturen aus immunisierten als auch aus arthritischen Mäusen nur nach PMA+I-Stimulation vorhanden (n.n.= nicht nachweisbar). Es wurden die Mittelwerte des WT (nd0/3=6/6) mit denen von TNFα−/−(nd0/3=7/6), TNFR1−/−(nd0/3=7/6) und TNFR1,2−/−(nd0/3= 4/4) verglichen. ((*)p<0,1, *p<0,05, U-Test verglichen mit dem WT)
5. DISKUSSION
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung TNFα-abhängiger und
unabhängiger Mechanismen im Verlauf der Antigen-induzierten Arthritis (AIA).
TNFα spielt eine entscheidende Rolle bei der Induktion und Perpetuierung der entzündlichen
und destruktiven Mechanismen im Rahmen der RA (Dinarello & Moldawer 2000). Erhöhte
TNFα-Spiegel sind in der Synovialflüssigkeit und im Serum von RA-Patienten nachweisbar
(Feldmann et al. 1996). In den vergangenen Jahren konnte mit der Entwicklung von TNFα-
blockierenden Substanzen ein beeindruckender neuer Therapieansatz etabliert werden.
Insbesondere Patienten mit therapierefraktären RA-Verläufen profitieren von dieser
Wirkstoffgruppe. Ein weiterer Vorteil besteht in der Beeinflussbarkeit früher RA-Stadien und
der Protektion gegenüber den Destruktionsprozessen (Feldmann & Maini 2003).
Im Vorfeld des klinischen Einsatzes war auf der Grundlage von zahlreichen In-vitro- und In-
vivo-Experimenten die Bedeutung von TNFα für den Pathogeneseprozess der RA untersucht
worden. Beeindruckend ist der Zusammenhang zwischen der Überexpression von TNFα in
der transgenen Tg917-Maus und der Ausbildung einer spontanen erosiven Polyarthritis, die
wiederum durch einen Anti-TNF-AK komplett verhindert werden konnte (Keffer et al. 1991).
Dies unterstreicht die pathogenetische Bedeutung erhöhter TNFα-Spiegel und unterstützt den
therapeutischen Einsatz TNF-blockierender Substanzen.
Dennoch profitieren nicht alle Patienten mit chronisch aktiver, therapierefraktärer RA von der
Anti-TNF-Therapie. Ungefähr ein Drittel der Patienten reagiert nicht auf diese Behandlung.
Fraglich ist, ob TNFα-unabhängige Mechanismen oder eine ungenügende lokale bzw. syste-
mische Antikörperkonzentration die fehlende Ansprechbarkeit bedingen. Letzterem könnte
durch individuelle Dosisanpassungen entgegnet werden, dies aber mit dem nicht zu unter-
schätzenden Risiko stärkerer Nebenwirkungen. Solche sind zwar bisher nur in begrenzten
Umfang in Erscheinung getreten, müssen aber in Zusammenhang mit der immun-
modulatorischen Funktion von TNFα, vor allem hinsichtlich der Langzeitanwendung, abge-
klärt werden. Es gibt Hinweise, dass unter der TNF-Blockade neben einer höheren Inzidenz
infektiöser Zwischenfälle die Ausbildung sekundärer Autoimmunphänomene getriggert wird
(O'Shea et al. 2002, Day 2002).
Experimentelle Arthritismodelle wie die AIA eignen sich insbesondere zur Klärung von
pathogenetischen Teilaspekten der humanen RA. Im Rahmen der TNFα-Forschung betrifft
dies insbesondere folgende Fragestellungen :
61
Besteht eine Schlüsselfunktion von TNFα im Sinne einer Zytokinkaskade ?
Welche anderen Zytokine oder Mechanismen wirken synergistisch mit TNF oder ver-
mitteln proinflammatorische Aktivitäten unabhängig von TNFα ?
Welche Nebenwirkungen insbesondere immunologischer Art treten bei einer anhalten-
den (therapeutischen) TNF-Blockade auf ?
Am Modell der AIA konnte die Rolle von TNFα bisher nicht eindeutig geklärt werden. Ob-
wohl zum Zeitpunkt der Immunisierung und der Arthritisauslösung erhöhte lokale und
systemische TNFα-Konzentrationen gemessen wurden (Simon et al. 2001), erbrachten Anti-
TNFα-AK-Studien unterschiedliche Ergebnisse. Van de Loo et al. (1995b) stellen die Be-
teiligung von TNFα an der AIA in Frage, nachdem die Applikation eines Anti-TNFα-AK, im
Gegensatz zur Blockade von IL-1, keinerlei Auswirkungen auf die AIA hatte. Kleinstäuber
hingegen konnte mit dem gleichen AK eine Reduktion der klinischen und histologischen
Parameter sowie eine Beeinflussung der lokalen IL-1- und IL-6-Konzentrationen beobachten
(Kleinstäuber 2001). Die abweichenden Studienergebnisse müssen möglicherweise auf die
unterschiedliche Applikationsart, das Applikationsschema und die Dosierung des AK zurück-
geführt werden.
Einen attraktiven Ansatz zur Klärung dieser Fragen bietet das System der „Knockout-Maus“
(KO-Maus). In diesen Tieren wurden bestimmte Gene gegen defekte, also funktionslose Gen-
Kopien ausgetauscht. Das zugehörige Verfahren beinhaltet die In-vitro-Deletion des Gens mit
anschließendem Transfer in das Blastozystenstadium einer sich entwickelnden Maus. Die
dadurch entstehendenden heterozygoten Mäuse bringen nach entsprechender Züchtung
homozygote Nachkommen hervor, denen dieses Genprodukt vollständig fehlt (Mansour et al.
1988, Janeway 2002).
In der vorliegenden Arbeit wurden TNFα-, TNF-Rezeptor-1-, und TNF-Rezeptor-1,2-KO-
Mäuse untersucht, um festzustellen,
ob sich der Verlauf und die Schwere der Antigen-induzierten Arthritis vom
Wildtypstamm unterscheidet,
inwieweit die Ergebnisse der Antikörperstudien erweitert werden können,
ob Veränderungen der immunologische Merkmale der AIA auftraten und
inwieweit sich die KO- Stämme untereinander unterscheiden.
Der Vorteil des KO-Systems besteht in der Möglichkeit, eine komplette Blockade von TNFα
zu imitieren, die mit der Applikation von AK trotz hoher Konzentrationen unerreicht bleibt.
Weiterhin wird die potenzielle Gefahr der Immunogenität von Antikörpern und damit einher-
62
gehende Interpretationsschwierigkeiten der Ergebnisse umgangen. Unterschiede bestehen hin-
sichtlich der Ausgangsbedingungen der beiden Systeme: im AK-System werden erhöhte
TNFα-Spiegeln reduziert, im Organismus der KO-Maus besteht eine obligatorische Ab-
wesenheit dieses Zytokins. Unter diesem Gesichtspunkt ergeben sich möglicherweise
interessante Hinweise auf potenzielle Kompensationsmechanismen, die in der vorliegenden
Untersuchung mitberücksichtigt werden sollten.
5.1 VERLAUF UND SCHWERE DER AIA
Zur Einschätzung der klinischen und histologischen Merkmale der AIA bei den KO-Mäusen
wurden in Kurz- und Langzeitstudien der klinische Verlauf der AIA anhand der Gelenk-
schwellung beobachtet. Die histopathologische Beurteilung des Schweregrades der Arthritis
erfolgte am Versuchsende anhand der entzündlichen und destruktiven Arthritiszeichen.
Wildtypmäuse (WT) dienten als Kontrollgruppe zu den KO-Mäusen.
Die akute Schwellungsreaktion am Tag 1 nach Arthritisinduktion war bei allen Mäusen unab-
hängig vom Mausstamm gleich stark ausgeprägt. Dies spricht gegen eine TNF-Abhängigkeit
der hyperakuten AIA. Dieser Phase liegt eine Arthusreaktion zugrunde, die gekennzeichnet ist
durch die Bildung von Immunkomplexen zwischen injiziertem mBSA und mBSA-
spezifischen AK (Cooke et al. 1983, Bräuer et al. 1988). Die Immunkomplexe aktivieren das
Komplementsystem und binden an Fc-Rγ auf Mastzellen, Leukozyten und MΦ. Dies führt zur
Freisetzung proinflammatorischer Mediatoren und zur Initiierung der Entzündung (Mansour
et al. 1988, Janeway 2002). Im Serum vollständig immunisierter KO- und WT-Mäuse waren
vergleichbare Mengen an mBSA-spezifischen AK vorhanden, sodass eine akute
Entzündungsreaktion durchaus zustande kommen konnte. Es bestehen Hinweise, dass Immun-
komplexe starke Aktivatoren der IL-1-Freisetzung sind. Dieses Zytokin verfügt wie TNFα
über potente proinflammatorische und destruktive Eigenschaften. Insbesondere für die AIA
wird IL-1 als ein besonders relevanter Mediator diskutiert (van den Berg 2001). Am Modell
der Immunkomplex-vermittelten Arthritis (ICA) konnte durch die Applikation von Anti-IL-1-
AK sowohl die klinische als auch die histologische Gelenkschädigung verhindert werden. Im
Gegensatz dazu zeigten Anti-TNF-AK keine Wirksamkeit (van Lent et al. 1995).
Neben IL-1 existieren mit IL-15, IL-18, GM-CSF und IL-12 weitere Makrophagenzytokine,
die Entzündungsreaktionen bei Abwesenheit von TNFα vermitteln könnten (Burmester et al.
1997, Arend 2001). Die aus Mastzellen stammenden Proteasen Histamin und Tryptase
(McLachlan et al. 2003) oder die entzündungsfördernden Leukotriene und Prostglandine sind
ebenfalls potente Entzündungsmediatoren der akuten Phase.
63
48 Stunden nach der Arthritisinduktion zeigten TNFα-defiziente Mäuse regelmäßig
abfallende Gelenkschwellungen, im Gegensatz zu den Kontrolltieren, die zu diesem Zeitpunkt
Schwellungsmaxima entwickelten. In diesem Zeitraum kommt es bei der AIA zur zunehmen-
den Einwanderung von mBSA-spezifischen CD4+ Gedächtniszellen (Bräuer et al. 1988).
Diese Zellen werden durch das Ag aktiviert und sezernieren IFN-γ, welches wiederum MΦ
und Mastzellen stimuliert, Chemokine und proinflammatorische Mediatoren freizusetzen.
Diesem Prozess liegt eine verzögerte Überempfindlichkeitsreaktion zugrunde, die Folge der
Immunisierung gegen mBSA ist.
Mit dem DTH-Test kann diese Reaktionskaskade in vivo separat überprüft werden. In Über-
einstimmung mit der reduzierten Gelenkschwellung 48 h nach Arthritisauslösung zeigten die
KO-Mäuse verminderte DTH-Werte. Andere Untersuchungen an TNF-KO-Mäusen fanden
ebenfalls reduzierte DTH-Reaktionen (Pasparakis et al. 1996, Wilhelm et al. 2001).
Die DTH ist sowohl abhängig von einer ausreichenden Anzahl Ag-spezifischer Gedächtnis-
zellen als auch von der Induzierbarkeit einer lokalen Entzündungsreaktion. Die Möglichkeit
einer Funktionsstörung der T-Zellen bzw. einer geringeren Anzahl mBSA-spezifischer Zellen
konnten wir durch In-vitro-Teste an immunisierten Mäusen ausschließen: in Kulturen von
Lymphknotenzellen traten weder nach mBSA- noch nach polyklonaler Stimulation
Proliferationsstörungen auf. Auch bei anderen T-Zell-abhängigen Modellen wie der Kollagen-
induzierten Arthritis (CIA) oder der Autoimmunen Enzephalomyelitis (EAE) waren bei
TNFα−/− Mäusen keine Proliferationsunterschiede, insbesondere nicht nach Stimulation mit
den jeweiligen Immunisierungsantigenen feststellbar (Liu et al. 1998, Campbell et al. 2001).
Damit kann die Beeinflussung der Ag-spezifischen Komponente als Ursache der verminder-
ten DTH-Reaktion in den KO-Mäusen weitgehend ausgeschlossen werden. Aus zahlreichen
Untersuchungen geht allerdings hervor, dass sich TNFα vorrangig an der Effektorphase von
lokalen Entzündungen beteiligt (Biedermann et al. 2000). Dies wird unter 4.3. ausführlicher
diskutiert.
Die verkürzte klinische Entzündungsreaktion lies sich auf histologischer Ebene nicht nach-
vollziehen. Am Tag 3 der AIA traten entzündliche und destruktive Veränderungen auf, die
dem Ausprägungsgrad des WT entsprachen. Der vorzeitige Rückgang der Gelenkschwellung
bei den KO-Tieren schlägt sich demzufolge nicht in einer Reduktion des Gelenkschadens
nieder.
Ein Erklärungsansatz für diese Diskrepanz ist die zeitliche Verzögerung zwischen klinischer
Entzündung und entsprechendem morphologischen Korrelat. Die histologische Gelenk-
schädigungen am Tag 3 würde demnach eher die starke akute Schwellungsreaktion von Tag 1
64
reflektieren. Da diese bei allen Tieren unabhängig vom Mausstamm gleich stark ausgeprägt
war, kann ein ähnliches Ausmaß an Gewebeschädigung erwartet werden. Untersuchungen
von Simon et al. ( 2001) zeigten, dass bei der AIA das Maximum der Gelenkschwellung
zeitlich vor dem Maximum der histologischen Veränderungen liegt. Das histologische
Korrelat der verkürzten Schwellungsphase der KO-Tiere würde sich demnach erst später
manifestieren.
Die Befunde aus der Langzeitstudie sind diesbezüglich jedoch nicht überzeugend: die KO-
Mäuse entwickelten auch in der chronischen Phase der AIA teilweise schwere entzündliche
Veränderungen. Jedoch fällt auf, dass bei Abwesenheit von TNFα und etwas deutlicher bei
Abwesenheit beider TNF-Rezeptoren mehr Mäuse zu schwächeren Arthritismerkmalen
tendieren als der WT. TNFα−/− und TNFR1,2−/− Mäuse zeigten in der überwiegenden Anzahl
der Fälle keine Destruktionen im chronischen Stadium der AIA. Interessant erscheint, dass
der TNF-R2 offensichtlich die Abwesenheit des TNFR1 kompensieren kann, da TNFR1−/−
Mäuse ähnlich starke Veränderungen wie der Wildtyp aufwiesen. Es muss in diesem
Zusammenhang jedoch auf die geringe Anzahl zur Verfügung stehender TNFR1,2−/−
Versuchstiere hingewiesen werden.
Ein weiterer Erklärungsansatz für die Diskrepanz zwischen TNF-beeinflusster Gelenk-
schwellung und TNF-unabhängiger Gelenkschädigung wäre, dass sich beide unabhängig
voneinander entwickeln. Ähnliches wurde auch bei der SCWI-Arthritis nach Applikation von
Anti-TNFα-AK beobachtet. Diese konnten zwar die Gelenkschwellung, aber nicht den
Gelenkschaden beeinflussen. Durch Applikation von Anti-IL-1-AK hingegen konnte die
Knorpelschädigung reduziert werden (Kuiper et al. 1998). Ein starker IL-1-Einfluss wird auch
für die AIA vermutet (van de Loo et al. 1995a, Ghivizzani et al. 1998, Joosten et al. 1999). Im
Gegensatz zur TNF-Blockade, die nur die akute Gelenkschwellung verminderte, war mit der
IL-1-Blockade auch eine Reduktion des chronischen Gelenkschadens möglich.
Interessanterweise konnte durch die Kombination beider Hemmstoffe eine stärkere Protektion
erreicht werden (Ghivizzani et al. 1998). Andere Untersuchungen wiederum fanden keine
Auswirkungen der IL-1-Blockade auf die klinischen und histologischen Merkmale der AIA
(Wooley et al. 1993).
Auch bei der humanen RA lassen sich die tatsächlichen Gelenkschäden nur in begrenztem
Maß anhand des klinischen Verlaufes vorhersagen. Mulherin et al. (1996) betonen, dass sich
der Prozess der Gelenkschädigung trotz Rückgang der klinisch messbaren Krankheitsaktivität
fortsetzen kann. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf die Bedeutung der frühen
Gelenkentzündung hingewiesen, von der angenommen wird, dass sie einen entscheidenden
65
Stimulus für die Progression der Gewebeschädigung darstellt (Sharp et al. 1991). Bezogen auf
die AIA der KO-Mäuse würde dies bedeuten, dass die Intensität der Gelenkschwellung am
Tag 1 ausgereicht hat, um den Gewebe schädigenden Prozess in Gang zu setzen. Der vor-
zeitige Schwellungsrückgang am Tag 2 beeinflusst möglicherweise die Ausprägung des
morphologischen Gelenkschadens im weiteren Krankheitsverlauf nur noch marginal.
Untersuchungen von TNF-KO-Mäusen am Modell der CIA und dem Serumtransfermodell der
K/BxN-Maus beobachteten ähnliche Verläufe. In beiden Modellen ist die Inzidenz der
Arthritis bei TNF-Abwesenheit zwar geringer als beim WT, sobald jedoch eine
Gelenkaffektion auftrat, kam es zur Progression des Krankheitsverlauf mit unverändert
schwerer chronischer Gelenkschädigung (Campbell et al. 2001, Ji et al. 2002). Die
intraartikuläre Injektion von Ag zur Auslösung der AIA stellt im Vergleich zur CIA und zum
Serumtransfermodell einen sehr aggressiven lokalen Stimulus dar. Dies zeigt sich u.a. in der
100 %igen Inzidenz der AIA in Normaltieren. Falls die KO-Mäuse tatsächlich eine höhere
Entzündungsschwelle als der WT hätten, ist diese bei der AIA-Auslösung vermutlich leichter
überschritten worden, als bei den erwähnten systemisch induzierten Arthritismodellen.
Die durch den Anti-TNF-AK erreichte Reduktion der histopathologischen Arthritismerkmale
(Kleinstäuber 2001) lässt sich in den hier vorliegenden Untersuchungen nicht nachvollziehen.
In diesem Zusammenhang muss auf die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen von KO-
und AK-System hingewiesen werden. Diese bestanden beim AK-System darin, dass hohe
TNF-Spiegel nachweislich reduziert werden konnten. KO-Mäuse setzen hingegen zu keinem
Zeitpunkt TNFα frei. Obwohl diese Tatsache für sich das Vorhandensein von
Kompensationsmechanismen in der KO-Maus impliziert, sprechen die vorliegenden
Untersuchungen gegen eine Schlüsselfunktion von TNFα bei der AIA.
Damit zeigt das KO-Modell interessante Parallelen zur medikamentösen TNF-Blockade beim
RA-Patienten. Nicht alle Patienten mit chronisch aktiver, therapierefraktärer RA profitieren
von der Anti-TNF-Therapie. Dies betrifft studienübergreifend ca. 30− 50% der Teilnehmer
(Moreland 1999). Untersuchungen an RA-Synovialbiopsien weisen nicht nur auf TNF-
unabhängige histopathologische Subgruppen, sondern auch auf verschiedene
Genexpressionsmuster hin (Klimiuk et al. 1997). Aufschlussreich ist in dieser Hinsicht auch
der von Ulfgren et al. (2000) durchgeführte Vergleich zwischen prätherapeutischen TNF-
Anhand von Serumtransferexperimenten zeigte sich eine pathogenetische Mitbeteiligung von
Ag-spezifischen AK am Entzündungsprozess der AIA (Brackertz et al. 1977b). Es wurde
nachgewiesen, dass die Immunisierung neben der Th1-Polarisierung insbesondere auch die
Bildung antigen-spezifischer Immunglobuline vom Typ IgG2a/b fördert (Simon 1999). In der
vorliegenden Arbeit wurden deshalb die mBSA-spezifischen AK bestimmt. In immunisiertem
Zustand fielen keine Unterschiede zwischen WT- und KO-Mäusen auf. Nach Auslösung der
Arthritis und vor allem in der chronischen Phase kam es im Vergleich zum WT aller-dings zu
einem Abfall der mBSA-AK im Serum. Dies wurde auch bei der CIA beobachtet (Campbell
et al. 2001). Verantwortlich für den AK-Mangel ist wahrscheinlich eine gestörte
Mikroarchitektur lymphatischer Organe bei TNF- und TNF-Rezeptor-Abwesenheit
(Pasparakis et al. 1996). Diese ist charakterisiert durch normale IgM- und verminderte IgG-
Spiegel. Der Ig-Switch selber scheint nicht beeinträchtigt, vielmehr kommt es durch die
Ab-wesenheit von organisierten B-Zellfollikeln zur Störung der lokalen
Keim-zentrumsbildung in lymphatischen Organen und damit zur humoralen Insuffizienz.
Vermutlich induzieren die TNF-Signale die Expression von Chemokinen bzw. Chemokin-
Rezeptoren in den Immunorganen, die das Einwandern (Homing) von Antigen-
präsentierenden Zellen und B-Zellen erleichtern. Bei TNF-Abwesenheit kommt es zur
74
Störung dieses Homing-Prozesses und folglich seltener zu Aktivierungssignalen zwischen T-
und B-Zellen. Dies wird durch zahlreiche Untersuchungen bestätigt, die einen quantitativen
AK-Mangel bei TNFα−/− Mäusen feststellen (Pasparakis et al. 1996, Körner et al. 1997, Cook
et al. 1998, Ruuls et al. 2001). Pasparakis et al. (1996) beobachteten, dass dieser Defekt durch
wiederholte Ag-Applikation in Kombination mit einem Adjuvanz ausgeglichen werden kann.
Das könnte die unverändert hohen AK-Spiegel der immunisierten Tiere in unseren
Untersuchungen erklären. Die mBSA-spezifischen AK beteiligen sich im Rahmen der Arthus-
Reaktion an der Immunkomplexbildung und wirken so unmittelbar an der Akutphase der AIA
mit. Die unverminderte Schwere der akuten Arthritis bei den KO-Tieren kann demnach
anhand der AK-Spiegel nachvollzogen werden. Nach Arthritisauslösung wird die AK-Bildung
durch die Ag-Retention und kontinuierliche Freisetzung kleinster intraartikulärer Ag-Mengen
in das periartikuläre Gewebe aufrechterhalten. Möglicherweise ist dieser anhaltende antigene
Stimulus im Vergleich zum Immunisierungsreiz nicht stark genug, um die humorale Störung
der KO-Mäuse auszugleichen. Eventuell ist die nachlassende AK-Produktion für den milderen
klinischen Arthritisverlauf der KO-Tiere mitverantwortlich. IL-6 beeinflusst die B-Zell-
Reifung und damit die AK-Produktion (Sack 1994). Dies erklärt möglicherweise die
deutlichere Abnahme der AK-Spiegel bei den TNFR1,2−/−. Bei diesem Stamm waren, im
Gegensatz zu den beiden anderen KO-Stämmen, während des gesamten Verlauf der AIA
reduzierte IL-6-Spiegel in PMΦ-Kulturen gefunden worden.
Durch die Th1-Polarisierung immunologisch induzierter Arthritismodelle wird vor allem die
Bildung von IgG2a/b gefördert (Matthys et al. 1998, Simon 1999). IFN-γ als Th1-Zytokin
fördert demnach die Bildung dieser Subklasse. In den vorliegenden Untersuchungen kommt
es aber trotz höherer IFN-γ-Konzentrationen zum Abfall von IgG2b in der chronischen Phase
der AIA. Das unterstreicht die Bedeutung der gestörten Mikroarchitektur der Immunorgane
als Ursache für die humorale Insuffizienz.
Neben den antigenspezifischen AK kommt es durch den entzündlichen Prozess im Gelenk zur
Bildung von knorpelspezifischen Autoantikörpern, beispielsweise gegen Kollagen Typ I und
II und Proteoglykane. Dieses Sekundärphänomen kann die Entzündung und die Destruktion
der AIA zusätzlich verstärken (Petrow et al. 1996). Vor allem die TNFR1,2−/− Mäuse wiesen
in der chronischen Phase der AIA weniger matrixspezifische AK auf. Es ist möglich, dass bei
diesem Mausstamm die Abschwächung der Destruktionen in der chronischen Phase dadurch
mitverursacht wurde. Allerdings entwickelten beispielsweise IFN-γR-KO Mäuse trotz ernied-
rigter Autoantikörper eine stärkere CIA (Vermeire et al. 1997), was gegen eine dominate
pathogenetische Rolle dieser AK spricht.
75
6. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK
Unsere Untersuchungsergebnisse sprechen nicht für eine Schlüsselfunktion von TNFα bei der
AIA. Auch unter TNF-Abwesenheit traten schwere arthritische Veränderungen auf, so dass
von alternativen bzw. kompensatorischen Pathomechanismen ausgegangen werden muss.
Untersuchungen von TNF-KO-Mäusen an anderen Arthritismodellen bestätigen dies
(Campbell et al. 2001, Ji et al. 2002b). Die Reduktion der lokalen und systemischen
Konzentrationen von IL-1 und IL-6 sprechen zwar in gewisser Weise für die Existenz einer
TNF-Abhängigkeit, allerdings mit fraglicher Relevanz in Hinblick auf die unverändert starken
Gelenkschädigungen. Dies war insofern überraschend, da in den vorangegangenen Anti-TNF-
AK-Studien eine lokale Verminderung dieser Zytokine mit einer Abschwächung der Arthritis-
merkmale einherging. Es ist anzunehmen, dass Kompensationsmechanismen im KO-System
stärker zum Tragen kommen als im AK-System. Hinzu kommt, dass die AIA stark T-Zell-
abhängig ist, wie insbesondere aktuelle Therapieversuche mit Anti-CD4 zeigen (Pohlers et al.
2004). Dadurch ist anzunehmen, dass sich der Knockout eines einzelnen
proinflammatorischen Zytokins wie TNFα von vornherein eher begrenzt auswirkt. Außerdem
ist die Lebensfähigkeit von KO-Mäusen in gewisser Weise abhängig von Kompensations-
mechanismen, insofern der KO überhaupt pathogenetisch relevante Gene im jeweiligen
Tiermodell betrifft. Einige Unter-sucher vermuten in diesem Zusammenhang eine stärkere IL-
1-Abhängigkeit der AIA (Joosten et al. 1999, van den Berg 2001). Mittlerweile stehen so
genannte ´Conditional´ Knockout-Mäuse zur Verfügung. In diesen Tieren können Gene
gewebespezifisch bzw. zu bestimmten Zeitpunkten ´ausgeschaltet´ werden (Rossant &
McMahon 1999). Insbesondere für Zytokine wie TNFα, die über pleiotrope Funktionen u.a.
in der embryonalen Entwicklung verfügen, stellt dies eine geeignete Möglichkeit zur
isolierten Untersuchung der proinflammatorischen Eigenschaften in Entzündungsmodellen
dar.
Die teilweise paradoxen Ergebnisse der Zytokinuntersuchungen sprechen gegen TNF-
abhängige unidirektionale Zytokinkaskaden, sondern implizieren die Existenz multipler
Regulations- und Kompensationsmechanismen. Die therapeutische und tierexperimentelle
Konsequenz wäre die Untersuchung des Effektes von Kombinationstherapien. Anhand
aktueller Studien lässt sich ihre Wirksamkeit bereits belegen: die Kombination der TNF-
Blocker mit den herkömmlichen Basistherapeutika ist ein vielversprechendes Behandlungs-
konzept und der Monotherapie überlegen (Bendele et al. 1999, Gossec & Dougados 2003).
Dies beinhaltet außerdem den Vorteil der besseren Verträglichkeit aufgrund des verminderten
Risikos von Langzeitnebenwirkungen. Obwohl die TNF-Abwesenheit den Verlauf der AIA
76
selber nur wenig beeinflusste, war sie doch geeignet, die Auswirkungen der Komplett-
blockade anzudeuten. Wir fanden Hinweise auf eine gestörte Immunregulation des Organis-
mus, die sich möglicherweise auf die Kontrolle und Limitierung der Entzündungs-prozesse
der AIA auswirkte. Eine TNFα-abhängige Regulation und Eingrenzung der Th1-Reaktivität
des Immunsystems ist wahrscheinlich verantwortlich dafür. Klinische und tierexperimentelle
Studien bestätigen dies und weisen auf Autoimmunphänomene unter der TNF-Blockade hin
(Kassiotis & Kollias 2001, O'Shea et al. 2002). Die therapeutische TNF-Blockade sollte des-
halb nicht unkritisch angewandt werden. Vor allem bei Patienten, die nicht ausreichend
ansprechen, ist der Versuch, durch Dosissteigerung eine Wirkung zu erzielen, nicht
unproblematisch. Klinischen Studien zufolge profitieren RA-Patienten mit normalen TNF-
Spiegeln weniger als solche mit erhöhten TNF-Spiegeln (Ulfgren et al. 2000b). Weiterhin
wurde gezeigt, dass durch eine Dosismaximierung bei diesen sogenannten ´Non-Respondern´
keine Verbesserung der Wirksamkeit herbeigeführt werden konnte (Conaghan et al. 2002).
Die Komplettblockade von TNFα führte in unserem Arthritismodell bei nur marginalen anti-
arthritogenen Effekten zu einer deutlichen Abschwächung der humoralen Immunabwehr.
Einerseits kam es zu einer gesteigerten T-zellabhängigen Immunreaktivität mit dem
potenziellen Risiko der Entwicklung von Autoimmunphänomen, andererseits führte die
immunsuppressive Wirkung zur Schwächung der humoralen Infektionsabwehr. Obwohl in
den Phase III-Studien nur milde Nebenwirkungen beobachtet wurden, stieg mit der Markt-
zulassung der TNF-Blocker nicht nur die Anzahl der registrierten Komplikationen, sondern
auch ihre Schwere überdurchschnittlich an. So wird von der Verstärkung demyelinisierender
Erkrankungen, der Entgleisung von Patienten mit Herzinsuffizienz und schwerwiegenden
Infektionen und Wundheilungsstörungen berichtet (Möller 2003). Dies sollte nicht den
Nutzen dieser Medikamentengruppe für therapierefraktäre RA-Verläufe in Frage stellen,
jedoch die bewusste Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnis gerade bei Risikopatienten oder
´Non-Respondern´ voraussetzen. Perspektivisch ist nicht nur die Austestung von
Kombinationstherapien erforderlich, sondern veranlasst das immunmodulatorische
Nebenwirkungspotenzial der Zytokinantagonisten zur Suche nach noch spezifischeren
Angriffspunkten der antirheumatischen Therapie.
Experimentelle Arthritismodelle eignen sich insbesondere zur kritischen Auseinandersetzung
mit speziellen Fragestellungen die RA betreffend. Die hier vorliegenden Untersuchungen am
Entzündungsmodell der AIA unterstreichen die Bedeutung TNF-unabhängiger proinflamma-
torischer Mechanismen der Arthritisentstehung und verweisen zusätzlich auf den nicht
unerheblichen immunoregulatorischen Einfluss dieses Zytokins.
77
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EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG
Hiermit erkläre ich, dass mir die Promotionsordnung der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-
Universität Jena bekannt ist,
ich die Dissertation selbst angefertigt habe und alle von mir benutzten Hilfsmittel,
persönlichen Mitteilungen und Quellen in meiner Arbeit angegeben sind,
mich folgende Personen bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der
Herstellung des Manuskriptes unterstützt haben:
Prof. Dr. rer. nat. Rolf Bräuer
Dr. med. Peter K. Petrow
Dr. med. Steffen Henzgen
PD Dr. rer. nat. Heiner Körner die Hilfe eines Promotionsberaters nicht in Anspruch genommen wurde,
Dritte weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen von mir für Arbeiten
erhalten haben, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation
stehen und
ich die gleiche, eine in wesentlichen Teilen ähnliche oder eine andere Abhandlung
nicht bei einer anderen Hochschule als Dissertation eingereicht habe
Jena, am 30. November 2004 Wilma Rademacher, Verfasserin
DANKSAGUNG
Hiermit möchte ich mich bei allen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen
haben.
Mein besonderer Dank geht an Prof. Dr. rer. nat. Rolf Bräuer für die Überlassung des Themas
und seine wissenschaftliche Betreuung.
Allen derzeitigen und ehemaligen Kollegen aus der Arbeitsgruppe danke ich für ihre
Unterstützung, für die kritische Diskussion der Daten, sowie für die freundliche und
aufgeschlossene Arbeitsatmosphäre.
Besonders danken möchte ich auch Renate Stöckigt, Conny Hüttich, Uta Griechen, Heidi
Börner und Waltraud Kröber für ihre exzellente technische Assistenz bei der Durchführung
der Experimente.
Dr. rer. nat. Marion Hückel, Oliver Frey, Dipl.-Biol. Ingo Irmler und Dr. rer. nat. Uta Schurigt
(AG Immunpathologie der FSU Jena) gebührt mein Dank für die ausgezeichnete Zusammen-
arbeit und die stimulierenden Diskussionen zum Thema.
Herrn PD Dr. rer. nat. Heiner Körner, Institut für Klinische Mikrobiologie, Immunologie und
Hygiene der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, danke ich für die Unterstützung und
die freundliche Überlassung der TNFα-Knockout-Mäuse.
Für die histologischen Beurteilungen bedanke ich mich bei Dr. med. Peter Petrow (Patholo-
gisches Institut FSU Jena) und bei Dr. med. Steffen Henzgen (Pathologisches Institut
Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg)
Bei meinen lieben Eltern Dr. rer. nat. Hans-Jürgen und Dr. Ing. Barbara Rademacher möchte
ich mich für die Motivation, die Anregungen und ihre geduldige Unterstützung während der
Arbeit am Thema bedanken.
LEBENSLAUF Name: Wilma Rademacher
Geboren am: 2. Juli 1976 in Merseburg
Familienstand: ledig
Wohnhaft in: 07743 Jena, Talstraße 9A
Schulausbildung
09/1983 - 06/1984 Besuch der Polytechnischen Schule Merseburg
09/1984 – 06/1991 Besuch der Polytechnischen Schule Breitungen
09/1991 – 06/1995 Besuch des Werratal-Gymnasiums Schwallungen
Berufsausbildung
09/1995 - 06/1998 Staatliche Medizinische Fachschule Bad Salzungen,
Abschluss: Physiotherapeutin (Staatsexamen)
Studium
10/ 1998 - 07/ 2000 Vorklinisches Studium an der Universität Jena
10/ 2000 - 07/ 2003 Klinisches Studium an der Universität Jena