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»Kollege Spitzensportler« Chancen für Wirtschaft und Athleten
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Chancen für Wirtschaft und Athleten - sporthilfe.de · Einladungen zu Reinhold Beckmann, Markus Lanz und Kollegen. Zum Überleben reicht dies aber selten. Dies gilt umso mehr für

Aug 06, 2019

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»Kollege Spitzensportler«Chancen für Wirtschaft und Athleten

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Vorbemerkung

Alle vier Jahre stehen sie im Rampenlicht derÖffentlichkeit: Deutschlands beste Sportlerkämpfen um olympische Medaillen. Doch nachkurzer Zeit unter dem medialen Brennglas holtder Alltag sie schnell wieder ein. Wer Glück hat,erhält als Medaillengewinner einen Sponsoring-Vertrag, und es folgen ein paar Interviews undEinladungen zu Reinhold Beckmann, MarkusLanz und Kollegen. Zum Überleben reicht diesaber selten. Dies gilt umso mehr für Athletenin Randsportarten: Jene Schützen, Wasserballer,Turmspringer oder Skilangläufer, die sportlicheWettkämpfe und hartes Training zu ihrem Le-bensinhalt machen – wohl wissend, dass ihrSport keine langfristige finanzielle Absicherungermöglicht. Der Beachvolleyball-OlympiasiegerJonas Reckermann bringt es auf den Punkt:»Heute holt man Olympisches Gold und wirdweltweit gefeiert, morgen kommen noch einigeInterviewanfragen und Fernsehauftritte, aberübermorgen ist alles vorbei. Für einen erfolg-reichen Sportler stellt sich aber schon währendseiner aktiven Laufbahn der Gedanke, wie nachdem Karriereende eine langfristige Lebens-

grundlage gesichert werden kann. Oftmals lässtsich ja bereits parallel zum Sport eine Ausbil-dung oder ein Studium absolvieren.«

Wie Reckermann fragt sich fast jeder Spitzen-sportler im Laufe seiner Karriere: Wie geht esnach der aktiven Laufbahn weiter? Wie lassensich Berufsausbildung, Studium und Arbeits-welt verbinden? Welche Qualifikationen kannich aus dem Leistungssport für eine zweite Kar-riere in der Wirtschaft mitbringen? Welcher Jobin welcher Branche passt zu mir?Spitzensportler haben hohe Opportunitätskos-ten. In jungen Jahren investieren Top-Athletenihre Zeit primär für Training sowie nationaleund internationale Wettkämpfe. WährendGleichaltrige durch Berufsausbildung, Studiumund Praxiserfahrung bereits den Grundstein fürihren beruflichen Werdegang legen, machensich Spitzensportler häufig erst im Herbst ihreraktiven Sportkarriere ernsthafte Gedanken überihre berufliche Zukunft. Viele Topathleten ha-ben dann Schwierigkeiten, einen Beruf zu fin-den, der ihren Ansprüchen und Interessen ge-recht wird und für den sie die richtigenVoraussetzungen mitbringen.

Während auf der einen Seite Spitzensportlernach Opportunitäten für eine zweite KarriereAusschau halten, suchen Unternehmen auf deranderen Seite händeringend nach Nachwuchs-kräften für immer anspruchsvollere Tätigkeiten.Dabei stehen sich die Recruiting-Manager anden wenigen Top-Universitäten auf den Füßen:Der »war for talents« hat Deutschland längsterreicht (Michaels, Handfield-Jones & Axelrod,2001).

Daher drängt sich die Frage auf: Kann dieGruppe der Spitzensportler ein interessanterTalent-Pool für die Wirtschaft sein? Selbstver-ständlich werden Spitzensportler durch ihrenSport in ihrer Persönlichkeit anders geprägt alsGleichaltrige ohne Engagement im Leistungs-sport. Spannend ist jedoch zu ergründen, wel-che im Spitzensport erforderlichen bzw.erworbenen Fähigkeiten auf andere Bereichedes Lebens übertragen (Blinde & Greendorfer,1985; Mayocchi & Hanrahan, 2000) und in derWirtschaft aktiviert werden können. Eines dergrößten Hindernisse bei der Aktivierung ist dieTatsache, dass Sportler sich häufig ihrer über-tragbaren Fähigkeiten gar nicht bewusst sind

2 Vorbemerkung

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(Danish, Petitpas & Hale, 1993). Gleichzeitigwerden Spitzensportler in Unternehmen heutenoch nicht als spezielles Recruiting-Segmentbetrachtet. Zwar werden ihnen Fähigkeiten wieDisziplin, Zielstrebigkeit, Ausdauer und Belast-barkeit nachgesagt, die auch in der Wirtschafterfolgsversprechend sind, aber die Frage, wel-che Sportlertypen in welchen Sportarten wel-che übertragbaren Fähigkeiten für welcheJobprofile erwerben, ist bislang kaum erforscht.

An dieser Stelle setzt die Studie »Kollege Spit-zensportler: Chancen für Wirtschaft und Athle-ten« an. In explorativen Gesprächen mit 25Personalchefs, führenden Personalberaternund Recruiting-Experten von Großunternehmenwurden zunächst unternehmensseitig wahrge-nommene Chancen und Risiken für den Einsatzvon Spitzensportlern in der Wirtschaft aufge-nommen sowie mögliche Jobprofile für ehema-lige Spitzensportler diskutiert. In einer an-schließenden Online-Befragung mit 1.006 derca. 3.800 von der Stiftung Deutsche Sporthilfegeförderten Top-Athleten in Deutschland wur-den berufsrelevante Persönlichkeitsmerkmaleerhoben, mit denen von über 7.700 Fachkräften

und 117 EBS-Studenten verglichen sowie die inden Interviews aufgestellten Hypothesen gete-stet.

Die Studie zeigt auf, in welchen berufsrelevan-ten Persönlichkeitsdomänen Spitzensportlergut aufgestellt sind und in welchen sie sichweiter qualifizieren sollten, um die Vorausset-zungen für eine erfolgreiche Karriere in der Ge-schäftswelt zu schaffen. Zudem verdeutlichtsie relevante Unterschiede zwischen verschie-denen Sportdisziplinen und Sportlertypen. DieErgebnisse belegen, dass es sich für Personal-verantwortliche lohnt, bei der Nachwuchsre-krutierung auf das Segment Spitzensportler zuachten. Es ergeben sich konkrete Ansatzpunkte für diegezielte Rekrutierung von Spitzensportlern,deren Arbeitsplatzgestaltung in Form flexiblerTeilzeitangebote sowie für Maßnahmen zur Er-höhung der Attraktivität als Arbeitgeber. Nichtzuletzt enthält die Studie Anregungen fürSportler und stellt die Bedeutung der dualenKarriere heraus. Parallel zum Kampf um Medal-lien dürfen Spitzensportler ihren weiteren Le-bensweg nicht aus den Augen verlieren. Wenn

sie sich breiter aufstellen und neben dem Sportweiter qualifizieren, stehen ihnen in vielen Un-ternehmen Türen für eine erfolgreiche zweiteKarriere offen.

Stellvertretend für die Gruppe der befragtenPersonalexperten möchten wir uns bei denvielbeschäftigten Personalverantwortlichen undFührungskräften der Dax-Unternehmen BMW,Commerzbank, Daimler, Deutsche Bahn, Deut-sche Lufthansa, Deutsche Telekom sowie beiden Unternehmensberatungen Booz & Com-pany, Kienbaum Management/Executive Con-sultants, McKinsey & Company, Monitor Com-pany und den Executive Search Firmen EgonZehnder, Heidrick & Struggles und Russel Rey-nolds für ihre Unterstützung ganz herzlich be-danken. Schließlich gilt unser Dank der StiftungDeutsche Sporthilfe, die uns den Zugang zuihren geförderten Spitzensportlern ermöglichthat.

Prof. Dr. Sascha L. Schmidt und Thomas Saller

Vorbemerkung 3

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Inhalt 5

Inhalt

1. Die wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.1 Fluch und Segen zugleich: Spitzensportler sind besonders engagiert,

diszipliniert und mental stabil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.2 Insbesondere Geschlecht, Sportart und Kapitänsamt prägen das

Persönlichkeitsbild von Spitzensportlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.3 Die Familie zählt für die Wahl von Sportart und Beruf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101.4 Duale Karriere als Idealfall für Spitzensportler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2. Praktische Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.1 Anregungen für Spitzensportler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.2 Anregungen für Personalverantwortliche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122.3 Anregungen für Unternehmen und Ausbildungsinstitutionen. . . . . . . . . . . . . . . . 13

3. Studiendesign und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143.1 Datensample: Stichprobe und Vergleichsgruppe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143.2 Verwendete statistische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143.3 Theoretische Grundlagen für Fragebogendesign. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

4. Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164.1. Deskriptive Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164.2. Die wichtigsten Ergebnisse des BIP-6F . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Literaturangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21Institute for Sports, Business & Society. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22ISBS Research Series . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

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1. Die wichtigsten Ergebnisse

1.1 Fluch und Segen zugleich: Spitzen-sportler sind besonders engagiert, diszipliniert und mental stabil

Die Studienergebnisse zeigen, dass Spitzen-sportler Persönlichkeitsmerkmale aufweisen,die für den Aufstieg in einem Unternehmenförderlich sein können. So ließen sich für Spit-zensportler überdurchschnittliche Werte hin-sichtlich Engagement (Wettbewerbsorientie-rung, Leistungsanspruch, Karriereorientie-rung), Disziplin (Planungsorientierung, Sorg-falt, Analyseorientierung) und Stabilität (Ge-lassenheit, Selbstbewusstsein, Stress- und Fru-strationstoleranz) feststellen. Ein Indikator da-für, wie sich die starken Ausprägungen von En-gagement und Disziplin positiv auf Bereicheaußerhalb des Sports auswirken, ist die schu-lische Leistung. Unsere Studie zeigt: Fast 10%der Spitzensportler schließen die Schule miteinem Notendurchschnitt von 1,5 und fast20% mit 2,0 oder besser ab – und dies trotzder starken zeitlichen Belastungen durch ihrenSport. So verwundert es auch nicht, dass es

eine Reihe von Spitzensportlern gibt, die es imAnschluss an ihre Sportkarriere bis ins Top-Ma-nagement von Unternehmen, öffentlichen In-stitutionen und Verbänden schaffen.

»Ich finde es wichtig, dass sich Sportlerauf eine zweite Karriere nach der aktivenLaufbahn vorbereiten. So arbeite ich seitAbschluss meines Studiums der Regional-wissenschaften Chinas u. a. als Strategiebe-raterin und halte Vorträge zum Thema Mo-tivation und zu Parallelen zwischen Sportund Management. Darüber hinaus bin ichhäufig als Botschafterin zwischen den Län-dern China und Deutschland im Einsatzund als Kuratoriumsmitglied der Bundes-liga-Stiftung tätig.« (Britta Heidemann,Olympiasiegerin im Fechten, 2008, Peking)

Einige Spitzenathleten sind sogar bereits wäh-rend ihrer aktiven Sportlerlaufbahn beruflichäußerst erfolgreich. Diese Besserverdiener miteinem aktuellen Nettoeinkommen von monat-lich über 2.000 Euro weisen in allen beruflichrelevanten Persönlichkeitsmerkmalen durch-schnittlich noch höhere Werte als die übrigen

Spitzensportler und befragten Fachkräfte auf.Sie sind noch engagierter, disziplinierter undemotional stabiler als ihre Sportkollegen. Ins-besondere die emotionale Stabilität und dieDisziplin steigen bei Sportlern mit höheremEinkommen an. Zusätzlich sind bei ihnen auchSozialkompetenz (Kontaktstärke, Einfühlungs-vermögen, Begeisterungsfähigkeit), Koopera-tion (Teamorientierung, Kompromissbereit-schaft, Integrationsfähigkeit) und Dominanz(Durchsetzungsfähigkeit, Unabhängigkeit, Kon-fliktbereitschaft) stärker ausgeprägt als bei an-deren Spitzensportlern und dem Großteil deruntersuchten Fachkräfte.

Doch die ausgeprägten Persönlichkeitsmerk-male können im Beruf Fluch und Segen zu-gleich sein: Sportler sind meistens extrem ziel-strebig und fokussiert auf ihren Sport. Diehoch ausgeprägte Leistungsorientierung hilftihnen einerseits im Job, sie kann aber auchhinderlich sein, wenn sie davon abhält, aufdem Weg zum Ziel nach links und rechts zuschauen. So weisen zahlreiche der interview-ten Personalexperten darauf hin, dass eine zustarke Ausprägung des Engagements bei ehe-

6 Die wichtigsten Ergebnisse

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maligen Spitzensportlern auch negativ wirkenkann, wenn diese »wie im Tunnel« agierenoder »über das Ziel hinausschießen«. Berich-tet wird in Extremfällen sogar von ehemaligenSpitzensportlern in Führungspositionen, dieMitarbeiter ausschließlich aufgrund der mess-baren Leistung beurteilen und menschlicheVerhaltensaspekte außer Acht lassen.

Die für Spitzensportler ermittelten extremhohen Werte im Bereich Disziplin schaffen Ge-wissheit, dass man ehemaligen Spitzensport-lern in Unternehmen anspruchsvolle undfordernde Tätigkeiten bedenkenlos anver-trauen kann. Zuverlässig und gewissenhaftwerden Themen analysiert, geplant und Pro-jekte bis zum Ende abgearbeitet. Hohe Diszi-plin deutet aber auch auf ein ausgeprägtespersönliches Sicherheitsbedürfnis hin. Bei-spielsweise fällt es vielen Spitzensportlernnicht leicht, wenig abgesicherte Entscheidun-gen zu treffen. Gewöhnt an ständige Rückmel-dungen von Trainings- und Wettkampfergeb-nissen suchen viele Spitzensportler zu jederZeit nach Sicherheit und wollen genau wissen,wo sie leistungsmäßig stehen. In der Wirt-

schaftswelt sind individuelle Leistungen dage-gen seltener vollständig objektiv messbar undvergleichbar, was zu Verunsicherung führenkann. Wöchentliche Leistungsdialoge stehen invielen Unternehmen nicht auf der Tagesord-nung. Nur einmal im Quartal in Feedbackge-sprächen zu erfahren, wie Führungskräfte siesehen und wie sie im Vergleich zu Kollegendarstehen, fällt vielen ehemaligen Spitzen-sportlern nicht leicht.

»Wir haben bei uns einige Olympionikenin der absoluten Führungsspitze«(Dr. Thomas Fritz, Director of Recruiting,McKinsey & Company)

Die Fähigkeit in Situationen mit hoher Komple-xität und ohne eindeutige Zielvorgaben undLösungswege handlungsfähig zu bleiben, so-wie die Kompetenz, Aufgaben ausreichend in-tensiv zu bearbeiten, ohne sie bis ins letzteDetail durchdringen zu müssen, kann insbe-sondere in schnelllebigen Management-Posi-tionen und in dynamischen Organisationenmit hoher Veränderungsgeschwindigkeit er-folgskritisch sein.

So berichten mehrere Personalexperten vonSpitzensportlern in ihren Organisationen, dieauf aktuell ablaufende Veränderungsprozessemit vorübergehend ungeklärten Verantwort-lichkeiten und offenen Managementfragen miteiner »Einigelungstaktik« reagieren. AnstattWidersprüche, Grauzonen und unvollständigeProzesse vorübergehend als notwendiges Übelbei Veränderungen zu akzeptieren und situativbestmögliche Entscheidungen zu treffen, ver-suchen besagte Spitzensportler, durch über-mäßigen Arbeitseinsatz und NachtschichtenHandlungssicherheit zu gewinnen. Es fehltihnen an sogenannter Ambiguitätstoleranz.

Dem gegenüber stehen Persönlichkeitsdimen-sionen, in denen Spitzensportler gegenüberFachkräften gleich oder unterdurchschnittlichabschneiden. Der Vergleich von DeutscheSporthilfe (DSH) geförderten Spitzensportlernmit einer repräsentativen Auswahl von deut-schen Fachkräften zeigt, dass Spitzensportlerim Bereich Sozialkompetenz gleichauf mit denFachkräften liegen. Für Dominanz und Koope-ration liegen die Werte der Spitzensportler imDurchschnitt unterhalb derer für Fachkräfte.

Die wichtigsten Ergebnisse 7

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Dies bestätigt sich in den Aussagen der Per-sonalexperten. Nicht alle ehemaligen Spitzen-sportler sind per se für Führungspositionengeeignet. Teilweise drängen sie sich im Ver-gleich zu ihren Kollegen ohne Sportlervergan-genheit weniger aktiv für Führungsaufgabenauf, formulieren seltener ihren Führungsan-spruch und agieren nicht immer mit derDurchsetzungsfähigkeit und der »Kaltschnäu-zigkeit«, die nach wie vor in vielen hierar-chisch geführten Unternehmen notwendig ist,um sich im Machtgefüge zu behaupten undin die Führungsriege aufzusteigen.

Insbesondere für jene Teamsportler, die über-durchschnittlich kooperativ sind, gilt: IhrTeamgeist und ihre Fairness sind Fluch undSegen zugleich. Bei Kollegen sind sie hoch an-gesehen und beliebt; manch einer ist aberauch deshalb dankbar, sie im Team zu haben,weil sie beim Erklimmen der Karriereleiterkeine unangenehme Konkurrenz darstellen.

Im Rahmen der Studie wurden Spitzensportlerschließlich mit Studenten der EBS BusinessSchool bezüglich der beschriebenen Persön-lichkeitseigenschaften verglichen. Fast alle derbefragten Master- und Bachelor-Studentensteigen nach ihrem Studienabschluss direkt inBeratungs- oder Junior Managementpositio-nen in der Geschäftswelt ein. Die Vermitt-lungsquote liegt bei über 95%; der Abschlussdes Studiums kommt damit nahezu einer Job-Garantie gleich. Auffällig ist, dass die befrag-ten Studenten gerade in den DimensionenDominanz und Sozialkompetenz im Durch-schnitt wesentlich höhere Werte als Spitzen-sportler aufweisen. Daraus lässt sich schlie-ßen, dass ein auf Kleingruppenarbeiten undPersönlichkeitsentwicklung ausgerichtetesStudium dabei helfen kann, diese Kompeten-zen in einem begrenzten Zeitraum weiterzu-entwickeln. Hier eröffnen sich große Chancenfür Spitzensportler: Denn in den oben genann-ten Bereichen bringen sie bereits hervorra-gende Persönlichkeitsmerkmale mit und müs-sen eher darauf achten, nicht über das Zielhinauszuschießen. Durchsetzungsfähigkeitund Sozialkompetenz lassen sich ferner durchqualifizierende Maßnahmen im Rahmen einerdualen Karriere ausbauen.

1.2 Insbesondere Geschlecht, Sportart undKapitänsamt prägen das Persönlich-keitsbild von Spitzensportlern

Zahlreiche soziodemographische Einflussfak-toren lassen deutliche Unterschiede zwischenPersönlichkeitseigenschaften von Spitzen-sportlern erkennen. Einige der Studienergeb-nisse entsprechen den allgemeinen Erwar-tungen, andere überraschen.

Wie in der Gesamtbevölkerung sind auch beiSpitzensportlern Dominanz und Stabilität ehermännliche Eigenschaften; die Sozialkompe-tenz ist bei Frauen stärker ausgeprägt. ImBezug auf Stabilität ist der Mittelwertunter-schied bei Spitzensportlern besonders groß.Dies ist insbesondere bei der Gruppe der Ath-letinnen unter 18 Jahren in der Stichprobe derFall, die in ihrer Persönlichkeit häufig nochwenig gefestigt sind.

»Vor allem sind Mannschaftssportleraus Spielsportarten interessant. Diesehaben bereits bewiesen, dass sie imTeam erfolgreich arbeiten können undihr Ego unter Kontrolle kriegen« (WernerKnips, Managing Partner, Heidrick &Struggles)

Persönlichkeitsmerkmale variieren mit der je-weiligen Sportart. Während Kampfsportler ten-denziell, d.h. bei schwacher statistischer Sig-nifikanz, besonders leistungsmotiviert unddominant sind, weisen Präzisionssportler (z.B.Sportschützen) die höchsten Werte im BereichStabilität auf. Bei Geschwindigkeits- und Aus-dauersportlern liegen die Werte im Bereich Ko-operation und Sozialkompetenz tendenzielletwas niedriger.

Nicht allzu überraschend ist der Unterschiedin der Sozialkompetenz und Kooperationsbe-reitschaft zwischen Einzel- und Teamsportlern.Unerwartet aber ist: Selbst Teamsportler kön-nen als gerade einmal durchschnittlich koope-rativ im Vergleich zur Gruppe von Fachkräftenbezeichnet werden. Die Vermutung vieler Per-sonalchefs, Teamsportler seien per se ausge-sprochen teamorientiert, bestätigt sich nicht.Lediglich Teamsportler, die in einem Sportspielaktiv sind (also z.B. Hockey, Handball) weisenüberdurchschnittlich hohe Werte bei Koopera-tion und Sozialkompetenz auf.

Zudem sind gemäß UmfrageergebnissenMannschaftskapitäne kooperativer und etwassozialkompetenter als andere Spitzensportler.Insbesondere Ex-Kapitäne sind ausgesprochenkooperativ – dafür aber weniger dominant

und diszipliniert. Spitzensportler, die in ihrerMannschaft noch nie das Kapitänsamt inne-hatten, weisen hingegen niedrigere Werte beider Durchsetzungsfähigkeit auf.

»Als Wasserball-Nationalspieler habeich Disziplin, Verantwortungsgefühl undTeamgeist gelernt. Meine Erfahrungenals Leistungssportler waren für die be-rufliche Karriere nicht weniger wichtigals das Wirtschaftsingenieurs-Studium«(Dr. Michael Ilgner, Vorstandsvorsitzen-der, Stiftung Deutsche Sporthilfe)

Mit Hilfe einer Cluster-Analyse lassen sich ausden Ergebnissen des Persönlichkeitstests Seg-mente innerhalb der befragten Spitzensportlerabgrenzen. Bei diesem statistischen Verfahrenwerden anhand relevanter Beschreibungs-merkmale (in diesem Falle die sechs beschrie-benen, quantifizierten, Persönlichkeitsdo-mänen) typische Muster und Gemeinsamkei-ten innerhalb der Teilnehmerstichprobe ermit-telt. Personen innerhalb eines Clusters ähnelnsich in ihren Persönlichkeitsdomänen. Gleich-zeitig wird statistisch eine maximale Unter-schiedlichkeit bezüglich der Persönlichkeits-merkmale zwischen den Clustern hergestellt.Die entstehenden Segmente sind dabei alsPrototypen zu verstehen; der Großteil der teil-nehmenden Spitzensportler kann nur tenden-ziell einem der 4 Typen zugeordnet werden.

8 Die wichtigsten Ergebnisse

Typ 1 (Einzelgänger) zeichnet sich durch hohes Engagement und sehr hohe Disziplin aus. Sozialkompetenz und Kooperationsfähigkeit sind hingegen unterdurchschnittlich ausgeprägt.

Typ 2 (Kämpfer) hat noch höhere Werte bei Engagement und Disziplin als der Ein-zelgänger. Gleichzeitig ist er jedoch hoch-gradig dominant, aber weniger persönlichstabil und weist dabei eine äußerst geringe Kooperationsfähigkeit auf.

Typ 3 (Teamplayer) stellt das Gegenstückzum Kämpfer dar. Er erreicht auf den Skalen Engagement und Disziplin nurdurchschnittliche Werte, die Dominanz ist besonders niedrig. Dafür ist seine Kooperationsfähigkeit stark ausgeprägt.

Typ 4 (Meister aller Klassen) ist in allenPersönlichkeitsbereichen überdurch-schnittlich. Er zeichnet sich durch hohesEngagement, hohe Disziplin, Kooperation,Sozialkompetenz und eine etwas über-durchschnittliche Dominanz und Stabilitätaus.

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Die wichtigsten Ergebnisse 9

Typ / Häufigkeit

Einzelgänger

Kämpfer

Teamplayer

Meister aller Klassen

Beschreibung

Äußerst leistungsmoti-viert, diszipliniert undstrebsam

Dabei weniger sozialkompetent und äußerstwenig an Teamarbeitinteressiert

Wenig Interesse anDominanz und Durch-setzung

Leistungsmotiviert undeinsatzbereit

Hochgradig dominantund bereit, sich jeder-zeit durchzusetzen

Niedriges Interesse anKooperation

Relativ empfindlich und weniger emotionalstabil

Am wenigsten ehrgeizigund leistungsmotiviert

Äußerst zurückhaltendund wenig dominant

Nur durchschnittlich diszipliniert

Stets auf Kooperationaus und äußerst mann-schaftsdienlich

Überdurchschnittlichleistungsorientiert unddiszipliniert

Äußerst sozialkompe-tent

Emotional sehr stabilund selbstbewusst

Nicht übermäßig »ein-zelbrötlerisch«, sondernsetzt im richtigen MaßeTeam- und Einzelarbeitein

Ausreichend dominant,um sich, wenn notwen-dig, durchzusetzen

Besonders häufig bei

Einzelsportlern, insbe-sondere in Präzisions-sportarten

Einzelkindern

Mittlerem Einkommens-segment

Berufswunsch in derVerwaltung oder beimStaatsdienst

Kraftsportlern

Spitzensportlern ausGroßfamilien (vier odermehr Geschwister)

Niedrigeren Bildungs-abschlüssen als Abitur

Spitzensportlern, diebeim Beruf besondersauf die Vergütung ach-ten (allerdings nur mar-ginal häufiger)

WeiblichenSpitzensportlern

Teamsportarten

Spielsportarten

Mannschaftsspielernohne Kapitänsamt (ineiner Mannschaft mitKapitän)

Geringverdienern

Berufswunsch in derVerwaltung

Männlichen Spitzensportlern

Ex-Kapitänen

Top-Verdienern

Spitzensportlern miteinem sehr hohenSelbstbewusstsein, später einen Job zufinden

Spitzensportlern mit Interesse an Berufen inManagement, Marketingoder Beratung

Besonders selten bei

Kapitänen

Spitzensportlern auskinderreichen Familien

Spitzensportlern mitTop-Einkommen

Spitzensportlern mit Be-rufswunsch in der Bera-tung oder imManagement

Sportspiel – Athleten

Mannschaftsspielernohne Kapitänsamt (ineiner Mannschaft mitKapitän)

Topverdienern

Kraftsportlern

Einzelkindern

Spitzensportlern, diebeim Beruf besondersauf die Vergütung achten

Spitzensportlern mitBerufswunschManagement

Einzelkindern

Pessimisten (die fürsich wenig Jobchancensehen)

Spitzensportlern mitHauptschulabschlussoder ohne Abschluss

Spitzensportlern mit Interesse an Verwal-tungstätigkeiten

Möglicher Beruf

Fachexperte

Interims-Manager

Assistent derGeschäftsführung

Führungskraft imhöheren Management

Tabelle 1: Spitzensportlertypen im Überblick

27%

16%

28%

29%

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10 Die wichtigsten Ergebnisse

1.3 Die Familie zählt für die Wahl vonSportart und Beruf

Die sportartenspezifische Persönlichkeitsprä-gung ist zum einen bedingt durch die mitdem Sport einhergehende Sozialisation. Zumanderen besteht ein sogenannter Präselekti-onseffekt, d.h. bestimmte Persönlichkeitspro-file führen eher zur Wahl einer bestimmtenSportart. So geben fast die Hälfte der befrag-ten Spitzensportler an, denjenigen Sport ge-wählt zu haben, der bereits von Geschwisternoder Eltern ausgeübt wird oder wurde. Es liegtdie Vermutung nahe, dass die soziale Her-kunft damit einen großen Einfluss auf dieWahl der Sportart ausübt. Die Folge davon ist,dass sich in den jeweiligen Sportarten Grup-pen mit vergleichsweise homogenem sozio-demographischem Hintergrund bilden. Hinzukommt, dass diejenigen Spitzensportler, dieden Sport in Anlehnung an ihre Eltern und Ge-schwister wählen, bedeutend durchsetzungs-fähiger und etwas leistungsmotivierter, sozial-kompetenter, kooperativer und stabiler sindals diejenigen, die ihren Sport unabhängigvon Eltern und Geschwistern auswählen. In-teressanterweise spielt die Motivation, einemStar nachzueifern, eine völlig untergeordneteRolle bei der Wahl der Sportart (vgl. Schmidt& Högele, 2011).

Zudem ist die Anzahl der Geschwister einwichtiger Indikator für berufsbezogene Per-sönlichkeitsmerkmale. Während Einzelkinderüber besonders hohe Disziplin verfügen, sindKooperation und Sozialkompetenz bei Spit-zensportlern mit mehr als zwei Geschwisterndeutlich ausgeprägter.

Schließlich spielt die Erziehung eine Rolle beider Ausprägung von berufsbezogenen Persön-lichkeitsmerkmalen. Die Gruppe jener Spitzen-sportler, die den Beruf primär auf Anraten derFamilie auswählt, ist disziplinierter als andereSpitzensportler – gleichzeitig jedoch beson-ders wenig dominant und durchsetzungsfä-hig.

1.4 Duale Karriere als Idealfall fürSpitzensportler

95% der befragten Spitzensportler haben sichbereits Gedanken zum Beruf nach der aktivenSportlaufbahn gemacht. Sie sind dabei nichtnur im Sport, sondern auch im Beruf intrin-sisch motiviert. Knapp drei Viertel der Befrag-ten geben als Grund für die Berufswahl diespeziellen Inhalte der Tätigkeit an. Für gut dieHälfte ist die Möglichkeit, auch weiterhinBeruf und Sport verbinden zu können, einzentrales Kriterium für die Jobwahl. Gute Be-zahlungen und Sozialleistungen haben dem-gegenüber mit knapp 40% eine geringereRelevanz.

»Ich habe gesehen, wie schnell es imLeben gehen kann. Wenn Turnen keinThema mehr ist, dann muss man aufeine gute Ausbildung zurückgreifen kön-nen.« (Fabian Hambüchen, Silbermedail-lengewinner Olympische Spiele, 2012)

Die Berufswünsche der Spitzensportler blei-ben auch nach mehreren Jahren im Leistungs-sport weitestgehend gleich. Allerdings ge-winnen Tätigkeiten im Sportverband, im Mar-keting und im Management im Laufe der Zeitaus Sicht der Befragten zunehmend an Attrak-tivität. Das Interesse an einer Tätigkeit imStaatsdienst sowie im Gesundheitswesenlässt hingegen über die Zeit stark nach. Amstärksten leistungsmotiviert und auch am do-minantesten ist die Gruppe von Spitzensport-lern mit einem Berufswunsch im (höheren)Management. Sie sind in ihren Dominanzwer-ten mit jenen der befragten Wirtschaftsstu-denten vergleichbar.

»Auch Volljuristen können zu Hartz-IV-Empfängern werden. Es kommt schonauf die Qualität des Abschlusses an. Einreibungsloser Übergang ins Berufslebenwäre schon super nach zehn JahrenSpitzensport mit diesem Erfolg. Es wärewunderbar, nicht darauf angewiesen zusein, in einer Soap von RTL 2 mitspielenzu müssen, weil das Geld ausgeht.«(Philipp Zeller, Hockey Olympiasieger,2008 und 2012)

Was die Erfolgswahrscheinlichkeit bei derWahl des Jobs betrifft, zeigen sich die meistenSpitzensportler optimistisch. Fast 90% haltenes für wahrscheinlich oder sehr wahrschein-lich, später in einem der von ihnen bevorzug-ten Bereiche beruflich tätig zu werden. Dabeihaben gut 60% bereits Praktika außerhalb desSportbereichs und 24% Praktika im Sportbe-reich absolviert. Auch Nebenjobs werden imRahmen der Berufsqualifizierung häufig ge-nutzt (fast 22% im außersportlichen Bereich,fast 12% im Sportbereich).

Auf die Frage, welche Kompetenzen für einenEinstieg in das Berufsleben noch fehlen, er-wähnen die meisten Spitzensportler in derSelbsteinschätzung vor allem das fehlendeFachwissen und die fehlende Berufserfahrung;Persönlichkeitskompetenzen werden bedeu-tend seltener erwähnt. Auch das noch ausste-hende Abitur, eine abgeschlossene Ausbildungoder der Studienabschluss werden häufig ge-nannt.

Knapp 36% der Befragten geben an, sie seienan einem BWL-Studium interessiert, wenn esdurch Online-Learning und längere Studienzei-ten die Möglichkeit gäbe, Job und Sport zuverbinden.

Viele der genannten Themen können durcheine gezielte Ausbildung im Vorfeld des Be-rufseintritts angegangen werden. Immer mehrUniversitäten und Ausbildungsinstitute bietennicht nur fachliche Kurse an. Gerade in Work-shops zu Themen wie Durchsetzungsfähigkeit,Umgang mit organisationalen Veränderungenoder Selbstreflexionen zu Fremdbild undSelbstbild werden Studenten für den erfolg-reichen Berufseinstieg trainiert.

»Ich studiere seit 2009 Sportmanage-ment, um mich schon jetzt auf die Zeitnach der sportlichen Karriere vorberei-ten zu können. Denn ich will nach demSport nicht wieder bei null anfangenmüssen.« (Verena Sailer, Europameiste-rin 100-Meter-Lauf, 2010)

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Praktische Empfehlungen 11

2. Praktische Empfehlungen

2.1 Anregungen für Spitzensportler

Die Studienergebnisse deuten auf möglicheHerausforderungen hin, denen Spitzensportlerbei ihrem Berufseinstieg ausgesetzt sein kön-nen: Eine übermäßige Leistungsorientierung,ein hohes Bedürfnis nach Genauigkeit gepaartmit fehlender Ambiguitätstoleranz sowie dieübermäßige Fairness vieler Teamsportler, kön-nen zu Nachteilen führen, wenn es darumgeht, sich in der Geschäftswelt zu etablieren.

Die Passung der Persönlichkeit zur Unterneh-menskultur wird von vielen Personalexpertenjedoch als der kritischste Punkt bei der Inte-gration von Spitzensportlern in ihr neues be-rufliches Umfeld betrachtet. Dies gilt insbe-sondere für sehr erfolgreiche Sportler, die inihrer Karriere gefeiert wurden und denendurch ein Unterstützungs-Team Arbeiten ab-genommen wurden; kommen sie in ein neuesUmfeld, müssen sie sich zunächst unterord-nen, an die neue Kultur anpassen und oftmalsauf Vorschusslorbeeren verzichten.

Aufgrund der Studienergebnisse lassen sichin diesem Zusammenhang folgende Empfeh-lungen für Spitzensportler ableiten:

A) Angebote der dualen Karriere suchen und nutzenEin Zeugnis mit einem guten Schulabschluss,gefolgt von 12 Jahren ausschließlicher Fokus-sierung auf den Spitzensport, reichen aufdem freien Arbeitsmarkt heute auch für Top-Athleten nicht mehr aus. Selbstverständlichist es bei durchschnittlichen drei StundenTrainingszeit pro Tag herausfordernd, parallelzu Wettkämpfen eine Ausbildung zu machen,zu studieren oder Praktika zu absolvieren.Das vergleichsweise große Segment der»Meister aller Klassen« zeigt jedoch, dass esfunktionieren kann. Ihre erwiesenermaßenhohe Zielstrebigkeit und Disziplin hilft Sport-lern, mit der Doppelbelastung fertig zu wer-den. Erfolgskritisch sind strukturierte Arbeits-pläne, persönliche Zielvereinbarungen, dieFähigkeit zur Priorisierung und eine hoheSelbstdisziplin.

B) Unternehmens- und Ausbildungspart-nern die eigene Situation bewusst machenVielen Führungskräften, Professoren undAusbildungsleitern ist nicht bewusst, mitwelchen körperlichen und mentalen Heraus-forderungen das Ausüben eines Spitzen-sports heutzutage auch außerhalb der Wett-kampfzeiten verbunden ist. Mehrere Studi-enteilnehmer berichten zum Beispiel davon,dass sie von Dozenten nach längeren Trai-ningslagern im Ausland mit den Worten be-grüßt wurden: »Na, hatten Sie einen schö-nen Urlaub? Jetzt wird aber endlich wiedergearbeitet«. Eine proaktive Kommunikation über beste-hende Anforderungen und benötigte Zeitkon-tingente gegenüber Unternehmens- und Aus-bildungspartnern ist daher notwendige Vor-aussetzung für eine erfolgreiche duale Kar-riere. Diese kann nur zum Teil von Vereinen,Verbänden und Förderinstitutionen geleistetwerden. Jeder Athlet ist selbst in der Verant-wortung, sein Unternehmen oder seine Aus-bildungsstätte ausreichend zu informierenund die Situation realistisch darzustellen –ohne dabei zu übertreiben oder ins Wehkla-gen zu verfallen.

C) Situative Verhaltensweisen trainierenAus der Verhaltenspsychologie ist bekannt,dass es gerade im jüngeren Erwachsenenal-ter durchaus möglich ist, sich selbst Verhal-tensvariabilität anzutrainieren, auch wennsie nicht unbedingt den Persönlichkeitsmerk-malen und Präferenzen entspricht. So kön-nen z. B. übermäßig disziplinierte Menschenlernen, »einmal Fünfe gerade sein zu las-sen«. Menschen mit niedriger Dominanz

können Verhaltensweisen trainieren, um sichsituativ erfolgreich gegen Widerstände durch-zusetzen. Eine zunehmende Anzahl an Uni-versitäten und Unternehmen gehen auf die-sen Ausbildungsbedarf ein und bieten insbe-sondere für Neueinsteiger Seminare zu The-men wie »situative Kommunikation undFührung« an. Wichtigste Voraussetzung zumAufbau von Verhaltensvariabilität ist die Fä-higkeit zur Selbstreflexion. In der Wirtschafterfolgreiche Ex-Sportler zeigen, dass man ler-nen kann, die jeweiligen situativen Anforde-rungen zu analysieren und das eigene Ver-halten aus der Metaperspektive zu betrach-ten. So merken sie, wann ihre alten durchden Sport geprägten Verhaltensweisen ange-messen sind, und wann sie andere Elementeihres antrainierten Verhaltensrepertoires ein-setzen sollten.

D) Kontakte in die Wirtschaft aufbauen,halten und nutzenNeben den zahlreichen Nachteilen für die be-rufliche Karriere, die die Tätigkeit als Spitzen-sportler mit sich bringen, wird ein großerVorteil, den Athleten haben, häufig überse-hen. Sie haben die Möglichkeit, schon in jun-gen Jahren exzellente Kontakte in Unter-nehmen und Verbände aufzubauen. Marketingverantwortliche von Sponsoren,Verbandsvertreter, PR- und Kommunikations-experten, Politiker und Fans aus allen Gesell-schaftsbereichen trifft »Otto Normalstudie-rer« bei seinem Studium an einer deutschenUniversität nicht. Bei Sportlerbällen, Sponso-ring-Events und ähnlichen Veranstaltungenhaben Athleten hingegen die Möglichkeit,schon gute Kontakte aufzubauen. Fast alle Studenten und Absolventen unter-schätzen die Bedeutsamkeit von Netzwerkenbei der Suche nach dem Traumberuf. Diemeisten Unternehmen stellen jedoch bedeu-tend lieber ehemalige Praktikanten, Werks-studenten, ehemalige Berater oder gute Be-kannte aus ihrem Netzwerk ein, anstatt dieUnsicherheit der Suche auf dem freien Ar-beitsmarkt auf sich zu nehmen.

Durch die aktive Pflege von angebahntenKontakten in der Geschäftswelt bleiben Spit-zensportler im Gedächtnis und erfahren, wasim »Paralleluniversum« Arbeitswelt passiertund gefragt ist. Sie hinterlassen frühzeitigihre persönliche Visitenkarte und könnengegen Ende ihrer Karriere relevante Kontaktenutzen und ihr Interesse an einem Einstiegin die zweite Karriere signalisieren.

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12 Praktische Empfehlungen

A) Flexibilität in den BeurteilungsprozesseinbauenSpitzensport wird in einigen Unternehmenmit erbrachten Schul- und Ausbildungsnotenkalibriert und nicht nur als außercurriculareAktivität gewertet. Manche Unternehmengehen sogar so weit, dass sie Spitzensport-ler mit Hilfe eines Bewerbercodes bei derEinreichung der Bewerbungsunterlagen amnormalen Screeningprozess vorbeischleu-sen, welcher aufgrund langer Studienzeitenoder mittlerer Abschlussnoten negativ aus-fallen könnte. »Es hilft nicht über alles hin-weg, analytische Schulfächer sollten schongut sein«, berichtet eine Unternehmensbe-ratung: »Aber der Athlet muss nicht in denTop 5% sein, sondern in der vorderen Hälfte.Dann laden wir sie immer ein, und auch einlängeres Studium ist ok. Wir reden hier aberbitte wirklich nur von absoluten Spitzen-sportlern.«

B) Auf »Insecure Overachievers« achten»Spitzensportler entsprechen häufig demBild des Insecure Overachievers, welchenwir ja suchen, ohne es offen zuzugeben«,berichtet die Recruiting-Leiterin eines Unter-nehmens. Der Begriff beschreibt Menschen,die bei der Arbeit stets Höchstleistungen er-bringen und viel mehr erreichen, als vonihnen erwartet wird – aus einer permanen-ten Sorge heraus, nicht gut genug zu sein.Zumindest einige der befragten Spitzen-sportler entsprechen diesem unsicherenHochleistungstyp. Denn fast 100 Spitzen-sportler nennen aus eigenem Antrieb ineiner Freitextangabe ihre Schüchternheitund ihr mangelndes Selbstbewusstsein alsmögliche »Karriere-Blocker«. Dies ist über-aus bemerkenswert, da sich diese Selbstbe-schreibung sogar bei absoluten Welt-klasse-Athleten mit ausgezeichneten Notenfindet. Die Werte der befragten Athleten aufder Persönlichkeits-Skala »Core Self Evalua-tion« (ein Persönlichkeitskonstrukt, welchesFaktoren wie emotionale Stabilität, Selbst-wirksamkeitserwartung und Selbstbewusst-sein misst), zeigen keinerlei Unterschiedezur Normalbevölkerung. Spitzensportler dek-ken als Gruppe somit das gesamte mensch-liche Spektrum ab; unter ihnen befindensich demnach auch Insecure Overachiever.

C) Nach verborgenen Stärken suchenSpitzensportler weisen teilweise ungewöhn-liche Stärken auf, die allerdings nicht offen-sichtlich sind. So berichtet ein Personal-berater, dass Spitzensportler einen extremenSympathiebonus hätten, und sie deshalb inKundengesprächen im Vertrieb besondersgut ankommen. Eine Bank ergänzt, dassAthleten von einem Vertrauensvorschussbeim Kunden durch Bekanntheit und damitverbundene Legitimität profitieren könnten.Ein anderes Unternehmen ist besonders anHockey-Spielern interessiert, da diese dieZielmärkte wie Indien, Pakistan oder Süd-afrika gut kennen. Und ein Recruiting-Ex-perte empfiehlt Spitzensportler insbeson-dere für »Backbone-Positionen«, d. h. fürzentrale Aufgaben in der zweiten Reihe (z. B.als Geschäftsführungsassistent) und für Tä-tigkeiten im Prozess-Management, weil siebesonders diszipliniert arbeiteten. Schließ-lich attestiert ein führender Personalberater,dass Spitzensportler häufig ausgesprochenfair im Umgang mit Kollegen seien: Sie lie-ßen sich leicht integrieren, fänden schnelleine gemeinsame Sprache und seien offenfür die Nöte der Kollegen.

2.2 Anregungen für Personalverantwortliche

Auch Personalexperten von Unternehmen, die bereit sind, bei der Rekrutierung neue Wege zu gehen, können von den »Best Practices« einigererfolgreicher DAX-30-Unternehmen und Unternehmensberatungen lernen. Die folgenden Empfehlungen müssen dabei selbstverständlich an diejeweiligen Unternehmensrealitäten angepasst werden.

Aus den Interviews mit Personalexperten lassen sich praktische Hinweise für die sinnvolle Beurteilung und erfolgreiche Platzierung von Top-Athleten in der Wirtschaft ableiten:

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Praktische Empfehlungen 13

2.3 Anregungen für Unternehmen und Ausbildungsinstitutionen

Bei durchschnittlich drei Stunden, die Spitzensportler täglich für ihr Training aufwenden, ist es den meisten durchaus möglich, einem Studiumoder einer Berufsausbildung nachzugehen. Ihre überdurchschnittlich gute Selbstorganisation und Disziplin kommen dem Vorhaben entgegen.Häufige wettkampfbedingte Reisen stellen das größere Problem dar. Unternehmen und Ausbildungsinstitute können hier wichtige Unterstützungleisten.Die folgenden Denkanstöße können Unternehmen und Ausbildungsinstitute dabei helfen, besser den Anforderungen von Sportlern gerecht zuwerden:

A) Neue Studienformate entwickelnBei der gestellten Freitextfrage, was sichSpitzensportler von Universitäten für ein er-folgreiches Studium wünschen, wird nebendem Wunsch nach kombinierten »on/off-Campus« Angeboten (Blended Learning) undflexibleren Studienzeiten besonders häufigVerständnis von Seiten der Betreuenden ge-fordert. »Wir brauchen eine gute Kommuni-kation zwischen Uni, Betrieb und Sport-verband«, bringt es eine Spitzensportlerinauf den Punkt. Zudem bitten Spitzensportlerum mehr Verständnis in der Betreuung: »DieLehrbeauftragten müssten darüber infor-miert sein, dass eine Woche Lehrgang oderWettkampf keinen Urlaub bedeutet, sonderndanach vielmehr eine weitere Woche Rege-neration nötig wäre. Zu oft hört man: ‚jetztsind Sie ja wieder hier, jetzt können Sie auchwieder etwas tun!’«

B) Flexible Arbeitszeitmodelle einführenNeben Universitäten haben Unternehmendie Möglichkeit, das Humankapital von Spit-zensportlern besser zu nutzen, wenn siesich weiter an den Bedürfnissen von Spit-zensportlern ausrichten. Die Deutsche Tele-kom geht mit ihrem »Flexikum« in dieseRichtung und bietet ein Praktikum unter an-derem für Spitzensportler, welches nicht aufVollzeitbasis, sondern beispielsweise aneinem Tag pro Woche oder einer Woche imMonat absolviert werden kann.

Die Tatsache, dass zahlreiche Spitzensportlereinen Beruf in der öffentlichen Verwaltungoder bei Bundeswehr, Zoll und Polizei su-chen, zeigt: Spitzensportler sind loyal unddankbar, wenn ein Arbeitgeber es ihnen er-möglicht, Sport und Beruf miteinander zuverbinden. Eine Investition in Verständnisund Flexibilität kann sich für den Arbeitge-ber vor allem in den Jahren nach der aktivenSportlerlaufbahn vielfach auszahlen.

C) Kooperationen abschließenWährend die in der Studie betrachtete An-zahl der 3.800 DSH geförderten Athleten zah-lenmäßig relativ klein erscheint, lassen sichdie Studienerkenntnisse auf den Kreis am-bitionierter Leistungssportler übertragen. Mithoher Disziplin und Leistungsorientierungbringt sie ähnliche Persönlichkeitseigen-schaften in den Beruf ein wie die absoluteSpitze. Es kann sich daher auch für Großun-ternehmen lohnen, gezielte Kooperationenmit Sportverbänden und -vereinen abzu-schließen, die ambitionierte Leistungssport-ler zusammen bringen.

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3. Studiendesign und Methodik

3.1 Datensample: Stichprobe und Vergleichsgruppe

An der Studie haben insgesamt 1006 der rund3.800 derzeit von der DSH geförderten Spitzen-sportler, sowie 117 Studenten der EBS Busi-ness School (darunter 33 Master- und 84Bachelor-Studenten) teilgenommen. Gleichzei-tig standen für den Persönlichkeitstest die Er-gebnisse von Vergleichsgruppen des Bochu-mer Inventars zur berufsbezogenen Persön-lichkeitsbeschreibung (BIP-6F) mit insgesamt7.757 berufstätigen Fach- und Führungskräftenzur Verfügung.

Die Umfrage bestand aus einem mit der Be-fragungssoftware Survey Monkey program-mierten Online-Fragebogen mit 25 Fragen zuParametern wie z.B. Alter, Schulabschluss, Be-rufsinteressen, Anzahl Jahre im Spitzensportsowie der Online Version des TestverfahrensBIP-6F, bestehend aus 48 Fragen zum berufs-bezogenen Verhalten. Sie wurde im Zeitraumvon Mai bis Juni 2012 von den DSH-Athletenund den Business-Studenten durchgeführt.Um die Werte und Ergebnisse aus beiden Be-fragungsteilen einer Person zuordnen zu kön-nen, wurden die Teilnehmer darum gebeten,einen individuellen Code festzulegen und die-sen in beiden Befragungsteilen zu nutzen.

Von den 1.006 Spitzensportlern füllten 980Spitzensportler den Großteil der demographi-schen Fragen aus. 944 Spitzensportler (93,8%)beendeten den ersten Teil, bestehend aus 25deskriptiven Fragen. Von den 117 Studentenbrachen weniger als eine Handvoll die Befra-gung vor dem Ende ab.

Den zweiten Teil, das Persönlichkeitsinventar»BIP-6F« füllten insgesamt 627 Teilnehmer aus(560 Spitzensportler und 67 EBS-Studenten).Von den 560 Spitzensportlern, die das BIP aus-füllten, konnten leider nur 359 Spitzensportlereindeutig einem Profil zugeordnet werden(201 Spitzensportler füllten den zweiten Teildes Tests zwar aus, ihr Code war jedoch nichteineindeutig einem Code aus dem ersten Teilder Befragung zuzuordnen). Dennoch ist dieStichprobengröße bei weitem ausreichend,um zu statistisch signifikanten und somit aufdie Gesamtpopulation der Athleten zu verall-gemeinernden Ergebnissen zu kommen. Auchdas vergleichsweise junge Durchschnittsalterder Studieneilnehmer von knapp unter 21 Jah-ren schränkt die Aussagekraft der Ergebnissekaum ein. Das Alter korreliert nur minimal mitder emotionalen Stabilität, insbesondere bei

weiblichen Sportlern, nicht jedoch mit ande-ren Persönlichkeitswerten.

Da sich zusätzlich die Persönlichkeitseigen-schaften der 359 zuzuordnenden Spitzensport-ler mit den Werten der 560 Spitzensportler, dieden Test ausgefüllt haben, weder insgesamtnoch bezüglich einer geschlechts- oder alters-spezifischen Analyse signifikant unterschei-den, kann für Geschlechts- und Alters-Analy-sen mit dem gesamten Datensatz von 560Spitzensportlern gerechnet werden. Mit den359 kompletten Datensätzen können stati-stisch aussagekräftige Vergleiche zur Persön-lichkeitsstruktur nach Variablen wie z.B.Sportart, Geschwisterzahl oder höchster Schul-abschluss durchgeführt werden.

In der BIP-Vergleichsgruppe befinden sich ins-gesamt 7.757 berufstätige Personen. Die Fach-und Führungskräfte haben das Testverfahrenzum Teil in einem »individuellen Bearbei-tungskontext« (d.h. zum Beispiel mit der ex-pliziten Aufforderung, die Fragen für dieForschung zu beantworten) und zum Teil ineinem »unternehmensbezogenen Kontext«(d.h. zum Beispiel im Rahmen der Personal-entwicklung oder Auswahlmaßnahme) ausge-füllt. Diese Unterscheidung ist nötig, da vieleTeilnehmer dazu neigen, die Fragen im berufs-bezogenen Kontext positiver und damit »so-zial erwünschter« zu beantworten, um somitauf höhere Rohwerte zu kommen. Verschie-dene Vergleichswerte für beide Kontexte (in-dividuell und unternehmensbezogen) sindsowohl für Fach- als auch für Führungskräftevorhanden.

Die Normstichprobe lässt unterschiedliche Ver-gleiche zu. So sind Daten von Fachkräften(d.h. Berufstätigen ohne Führungsfunktion),Führungskräften unterschiedlicher Ebenensowie von Selbständigen und Vertriebsmitar-beitern gegeben. Auch eine geschlechtsspezi-fische Zuordnung ist möglich.

Wenn nicht anders beschrieben, wurden dieSpitzensportler durchgängig mit der Ver-gleichsgruppe der Fachkräfte ohne Führungs-verantwortung in einem individuellen Bear-beitungskontext verglichen. Es ist davon aus-zugehen, dass Spitzensportler keinen Anlasshatten, die Fragen sozial erwünscht zu beant-worten – ein spezifischer Auswahlkontext wareindeutig nicht gegeben und die Anonymitätwurde jedem Teilnehmer zugesichert.

3.2 Verwendete statistische Verfahren

Die Vergleiche zwischen der Spitzensportler-stichprobe, den Ergebnissen der Studentender EBS Business School und der Vergleichs-stichprobe berufstätiger Fachkräfte wurde an-hand von t-Tests berechnet. Für die Analyseder Unterschiede zwischen Gruppen mit un-terschiedlichen Faktoren (z.B. verschiedeneSportkategorien) wurde auf eine einfaktorielleANOVA als multivariates Analyseverfahren zu-rückgegriffen.Dabei werden in der Datenanalyse insbeson-dere Werte betont, die (wegen der Vielzahl dert-Tests und der damit verbundenen alpha-Feh-ler-Inflation und aufgrund der relativ großenStichprobe) auf 1%-Niveau (beidseitig) hochsignifikant sind. In Fällen, in welchen bei Mit-telwertvergleichen aufgrund geringer Fallzah-len nur Tendenzen bezüglich der Effektstärkenerkennbar sind, ist dies in der Detailanalyseangemerkt.

Zusammenhangsberechnungen zwischen a)der Schulnote (hier definiert als Note, mit derTeilnehmer die Schule abgeschlossen haben;wenn dies noch nicht der Fall ist, die letzteDurchschnittsnote) und b) den sechs BIP-Per-sönlichkeitsfaktoren sowie c) der Anzahl derJahre im Spitzensport, der Zugehörigkeit zurSporthilfe oder der Anzahl der Trainingsstun-den pro Tag wurden mit bivariaten Korrelati-onsverfahren berechnet und Signifikanzen aufdem Niveau von 0,05 (beidseitig) nach Pear-son überprüft. Da nicht alle Skalen Nominal-skalen-Niveau haben (alle Personen mit mehrals 10 Trainingsstunden pro Tag wurden bei-spielsweise mit »11« kodiert«) wurden zu-sätzlich die Signifikanzen mit Spearman’sKorrelationskoeffizienten überprüft. Zur Bestimmung der Clustertypen wurde eineClusterzentrenanalyse mit 40 Iterationen ohnegleitende Mittelwerte, mit anfänglichen Clu-sterzentren und einem listenweisen Fallaus-schuss durchgeführt. Auch mit anderenKlassifizierungsverfahren (z.B. Two-Step-Clu-steranalyse mit Log-Likelihood Distanzmaß)lassen sich sinngemäß ähnliche Cluster mitetwa gleich großen Clusterzugehörigkeitennachweisen. Die Clusterzentrenanalyse wurdesowohl mit der gesamten Spitzensportler-gruppe von 560 Personen, als auch mit derGruppe von 359 Spitzensportlern mit komplet-tem Datensatz durchgeführt. Für die inhaltli-che Beschreibung der Cluster konnte selbst-verständlich nur auf die Daten der 359 Spit-zensportler zurückgegriffen werden, bei de-nen sowohl die BIP-Resultate als auch allesportrelevanten soziographischen Daten vor-lagen.

14 Studiendesign und Methodik

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Studiendesign und Methodik 15

3.3 Theoretische Grundlagen für Fragebogendesign

3.3.1 BIP-6F Fragebogenverfahren

Das Bochumer Inventar zur berufsbezogenenPersönlichkeitsbeschreibung – 6 Faktoren (BIP-6F) ist ein berufsbezogenes Fragebogenver-fahren, das primär in der Auswahl und Ent-wicklung von Fach- und Führungskräften An-wendung findet. Das Verfahren dient dazu, jobrelevante Persönlichkeitseigenschaften be-sonders zuverlässig und effizient zu erfassen.Es wurde gemäß wissenschaftlichen Güte-standards (Objektivität, Validität, Reliabilität)entwickelt, anhand einer Stichprobe von mehrals 7.000 Berufstätigen validiert und 2012 ver-öffentlicht (Hossiep, R. & Krüger, C. 2012).

Die Entwicklung des BIP-6F fußt auf dem Bo-chumer Inventar zur berufsbezogenen Persön-lichkeitsbeschreibung (BIP), einem anerkan-nten Verfahren im deutschen Sprachraum. ImGegensatz zu vielen anderen Testverfahrenwurden das BIP ebenso wie das BIP-6F explizitfür die Nutzung im Berufskontext unter Ein-bezug von Praktikern aus der Wirtschaft ent-wickelt. Das BIP-6F ist darüber hinaus auf -grund der kurzen Bearbeitungszeit von nurca.10 Minuten besonders einfach in derHand-habung.

Das BIP-6F erfasst sechs Persönlichkeitsmerk-male, die breit angelegt sind und daher als»Meta-Konstrukte« eine größere Bandbreiteberufsrelevanter Persönlichkeitseigenschaftenabbilden. Dies unterscheidet das BIP-6F vomBIP, das in der derzeitig genutzten Version 14Faktoren der Persönlichkeitsmerkmale erfasst.Die Einzelfragen (Items) werden in Form vonSelbstbeschreibungen dargestellt, die der Teil-nehmer mit einer 6-stufigen Antwortskala(»trifft voll zu« bis »trifft überhaupt nicht zu«)bewertet. Daher kann mit dem BIP-6F das be-rufsbezogene Selbstbild gemessen werden.

Ein höherer Wert eines Spitzensportlers oderTeilgruppen von Spitzensportlern in einemFaktor bedeutet, dass die befragten Personenim Durchschnitt eine höhere Ausprägungeiner Persönlichkeitseigenschaft als die Grup-pe der berufstätigen Fachkräfte aufweisen.Dies bedeutet jedoch noch nicht automatisch,dass diese Personen potentiell bessere Fach-kräfte sind. Je nach beruflichem Kontext sindunterschiedliche Ausprägungen von Persön-lichkeitseigenschaften gefragt.

Engagement: Dieser Faktor beschreibt, wie ehrgeizigeine Person ihre beruflichen Ziele erreicht. Er um-

fasst die Facetten Karriereorientierung, Leistungs-

orientierung und Wettbewerbsorientierung. Perso-

nen mit einer niedrigen Ausprägung sind z. B. auch

mit mittelmäßigen Leistungen zufrieden und sehen

sich nicht als Initiatoren von Veränderung, wohin-

gegen Personen mit hohen Werten ausgesprochen

ehrgeizig und leistungsorientiert sind, und sich als

Triebfeder für Fortschritt und Veränderung sehen.

Disziplin: Dieser Faktor beschreibt, wie sorgfältigeine Person plant und arbeitet. Er umfasst die Fa-

cetten Detailorientierung, Zuverlässigkeit und Si-

cherheitsbedürfnis. Personen mit einer niedrigen

Ausprägung des Faktors achten weniger auf Details

und handeln spontaner. Personen mit hoher Aus-

prägung planen und erledigen Tätigkeiten systema-

tisch, zuverlässig und treffen Entscheidungen erst

nach gründlicher Analyse.

Sozialkompetenz: Dieser Faktor beschreibt, wieaktiv jemand in sozialen Situationen agiert. Er um-

fasst die Facetten Kontaktstärke, Einfühlungsver-

mögen und Begeisterungsfähigkeit. Personen mit

einer niedrigen Ausprägung des Faktors agieren

eher zurückhaltend und halten sich im Hintergrund.

Sie sind eher unsicher im Umgang mit schwierigen

oder unbekannten Personen. Menschen mit einer

hohen Ausprägung gehen gerne auf andere zu,

knüpfen schnell Kontakte und haben ein gutes Ge-

spür für den Umgang mit unterschiedlichen Cha-

rakteren.

Kooperation: Dieser Faktor beschreibt, inwieweitPersonen Team- oder Einzelarbeit bevorzugen. Er

umfasst die Facetten Teamorientierung, Kompro-

missbereitschaft und Integrationsfähigkeit. Perso-

nen mit einer niedrigen Ausprägung des Faktors

arbeiten bevorzugt allein und stimmen sich ungern

mit anderen ab. Menschen mit einer hohen Aus-

prägung suchen die Zusammenarbeit und den Aus-

tausch mit anderen und erzielen die besten Ergeb-

nisse im Team.

Dominanz: Dieser Faktor beschreibt wie bestimmt

jemand eigene Interessen durchsetzt. Er umfasst

die Facetten Durchsetzungsfähigkeit, Unabhängig-

keit und Konfliktbereitschaft. Personen mit einer

niedrigen Ausprägung des Faktors geben in Diskus-

sionen nach, passen sich der Meinung anderer an

und streben nach Einvernehmen und Harmonie.

Menschen mit einer hohen Ausprägung setzen

ihren eigenen Standpunkt auch gegen Widerstände

durch und denken und agieren unabhängig von der

Meinung anderer.

Stabilität: Dieser Faktor beschreibt, wie robust je-mand auf Belastungen reagiert. Er umfasst die Fa-

cettenGelassenheit, Selbstbewusstsein und Stress-/

Frustrationstoleranz. Personen mit einer niedrigen

Ausprägung des Faktors werden durch Misserfolge

schnell entmutigt und nehmen sich Kritik sehr zu

Herzen. Menschen mit einer hohen Ausprägung tre-

ten selbstbewusst auf und sind auch ohne un-

mittelbare Anerkennung und Belohnung motiviert.Abbildung 1:Das Sechs-Faktoren Modell des Bochumer Inventars für berufsbezogene Persönlichkeit

Die Dimensionen des BIP-6F-Modellsnach Hossiep/Krüger (2012):

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16 Auswertung

3.3.2 Wissenschaftliche Erfassung vonPersönlichkeitseigenschaften

Persönlichkeitseigenschaften werden definiertals «mehr oder weniger stabile interne Fakto-ren, die über Zeit konsistente Verhaltensmu-ster auslösen und die dafür sorgen, dassVerhalten verschiedener Menschen in ver-gleichbaren Situationen unterschiedlich aus-geprägt ist« (Block, Weiss & Thorne, 1979).Cattell (1965), einer der Begründer der Per-sönlichkeitspsychologie, definiert eine Persön-lichkeitseigenschaft als Vorhersage, was einePerson in einer bestimmten Situation tunwird. Zu den wichtigsten Persönlichkeitsmerk-malen in der Forschung und in der prakti-schen Anwendung gehören die sogenannten»Big Five«: Extraversion, Gewissenhaftigkeit,Verträglichkeit, Neurotizismus, emotionale In-stabilität und Offenheit für Erfahrungen(McCrae & Costa, 1996). Die Big Five-Persön-lichkeitsmerkmale umfassen keine kognitivenMerkmale (Redman & Wilkinson, 2009) undsind somit nicht der Kategorie Intelligenztestzuzuordnen.

In den letzten 20 Jahren wurden zahlreicheStudien durchgeführt, um den Zusammen-hang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen undBerufserfolg zu erklären. Heute besteht Einig-keit darüber, dass fundierte Persönlichkeits-konstrukte gültige Prädiktoren für eine breitePalette von Faktoren beruflicher Leistung seinkönnen. Laut Barrick, Mount & Judge (2001)korrelieren beispielsweise Gewissenhaftigkeit(r = .27) und emotionale Stabilität (r = .13) mitder Arbeitsleistung über verschiedene Berufeund ausgewählten Kriterien der Arbeitsleis-tung hinweg. Judge, Heller&Mount (2002, S. 9)beschließen ihre »Meta-Meta-Analyse« mitden Worten, dass »das Übergewicht der Be-weise zeigt, dass Personen, die verlässlich,zuverlässig, sorgfältig, gründlich, planungsfä-hig, organisiert, fleißig, beharrlich und lei-stungsorientiert sind, tendenziell höhere Ar-beitsleistung in den meisten, wenn nicht inallen Berufen erbringen«.

Laut einer Studie von Ones et al. (2007),haben die Big Five Persönlichkeitsmerkmaleunterschiedliche prognostische Validität fürverschiedene Berufsgruppen. In seiner Meta-Analyse ist die Validität von Persönlichkeits-merkmalen am höchsten für Berufe im Kun-denservice und Vertrieb.

Sportler sind bereits seit über einem halbenJahrhundert Gegenstand der Persönlichkeits-forschung. Besonders der Übergang vom Spit-zensport in andere Berufe ist ein viel be-achtetes Thema. Ein Schlüsselkonzept in die-ser Forschung ist die Idee der Aktivierungübertragbarer Fähigkeiten, sogenannter»transferable skills« (Blinde & Greendorfer,1985). Mayocchi & Hanrahan (2000) definierensie als jene Kompetenzen, die durch Sportentwickelt werden und die auf andere Berei-che des Lebens angewendet werden können.Nach einer Befragung von Conzelmann &Nagel (2003) mit 493 deutschen ehemaligenTop-Leistungssportlern führt ein Engagementim Hochleistungssport eher zu beruflichenChancen als zu Risiken in Bezug auf eine spä-tere Karriere. Nach Danish, Petitpas & Hale(1993) ist eines der größten Hindernisse beider Nutzung übertragbarer Fähigkeiten, dassSportler sich deren häufig gar nicht bewusstsind.

Goelden (2009) verwendete erstmals den BIP-Fragebogen (in seiner ausführlicheren Version(Hossiep & Paschen, 2003)) bei einer Unter-suchung von Spitzensportlern. Nach seinenAusführungen erhielten Athleten eine über-durchschnittliche Punktzahl bei Leistungsmo-tivation, Gewissenhaftigkeit, Handlungsori-entierung, emotionaler Stabilität, Arbeitenunter Druck und Selbstvertrauen. Er entdeckteauch (nicht signifikante) Unterschiede zwi-schen Sportlern und Nicht-Sportlern bezüglichFührungsmotivation und Flexibilität, mit ten-denziell niedrigeren Werten bei Athleten.

4. Auswertung

4.1 Deskriptive Ergebnisse

Für die deskriptive Statistik konnten die Wertealler Spitzensportler (je nach Frage zwischen950 und 1006 Personen) herangezogen wer-den. 51,8% der Befragten sind weiblich,47,0% männlich, 1,2% der Personen machtenkeine Angabe zum Geschlecht. Das Durch-schnittsalter der Stichprobe ist mit 21,56 Jah-ren relativ jung. Die Altersjahrgänge »16 bis22 Jahre« machen mit 61,3% den größten An-teil aus. Die Gruppe der 18-jährigen mit etwa13,1% der Befragten ist die größte Gruppe, die»über 33 Jahre« machen 6,0% aus und die Ka-tegorie von »unter 16 Jahre« umfassen 5,4%des Samples.

Geschwisterzahl: Mit 49,6% hat der größte An-teil der Spitzensportler einen Geschwisterteil;11,7% sind Einzelkinder; 25,0% haben zweiGeschwister. Insgesamt 12,2% haben drei, vieroder mehr Geschwister.

Sportart/Sporttyp: 68,5% der Sportler gebenan, einen Einzelsport zu betreiben, während29,0% der Spitzensportler Teamsportler sind.Die restlichen Personen können ihren Sportnicht eindeutig zuordnen.14,0% der Spitzensportler beschreiben ihreSportart als Sportspiel (z.B. Hockey), 19,8%als Präzisionssport (z.B. Schießen), 16,1% alsGeschwindigkeitssport, 26,9% als Ausdauer-sport und 5,7% als Kraftsport. Für 16,0% istkeine der genannten Kategorien eindeutig zu-treffend, die restlichen Teilnehmer haben zudieser Frage keine Angabe gemacht.

Die Gruppe der paralympischen und nichto-lympischen Spitzensportler ist mit 6,9% bzw.7,0% verhältnismäßig klein.

Kapitänsamt: Für die meisten Sportarten istdie Frage des Kapitänsamtes nicht relevant,da es keinen Kapitän gibt. 6,2% der Befragtensind momentan Kapitän, weitere 11,8% warendies in ihrer Mannschaft zumindest einmal inder Vergangenheit gewesen, 9,5% waren diesin ihrer Sportart noch nie gewesen, obwohl eseinen Kapitän gibt.

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Auswertung 17

Jahre im Spitzensport: Auf die Frage, seit wievielen Jahren Spitzensport betrieben wird,wird mit 10,3% am häufigsten der Wert »10Jahre« angegeben. Auch hier reicht dieSpanne von einem Jahr (1,7%) bis zu mehrals 18 Jahren (5,5%). 15,6% werden seit we-niger als einem Jahr gefördert, 55,3% werdenseit drei Jahren oder weniger gefördert. DieAnzahl der Jahre verteilt sich mit etwa glei-chen Gruppengrößen von vier Jahren bis 18Jahren weiter. Aber es befinden sich auch 12Ausreißer in der Stichprobe mit einer Förde-rungszeit von mehr als 18 Jahren.

Trainingszeit: Die durchschnittliche Trainings-zeit pro Tag liegt bei einem Modalwert vondrei Stunden (27,8%). 72,3% der Wertestreuen sich um diesen Bereich mit zwei, dreioder vier Stunden. 3,6% der Studienteilneh-mer trainieren jedoch sogar sieben, acht odermehr Stunden am Tag.

Gründe für Sport: Als Gründe für das Erlernendes Sports wird primär genannt, dass derSport einfach Spaß gemacht habe (85,3%geben dies an, Mehrfachantworten waren hiermöglich). Als zweithäufigste Ursache werdensoziale Gründe genannt: 44,2% üben denSport aus, weil Eltern oder Geschwister diesenauch ausgeübt haben, 25,9% wurden durchFreunde dazu gebracht. Der Wunsch Starsnachzueifern (Schmidt & Högele, 2011) konntein dieser Studie nicht als Motivationsfaktorbestätigt werden. Nur 5,7% der Befragtensetzten ihr Kreuz in dieser Antwortkategorie.

Schulabschluss: Der größte Anteil der befrag-ten Spitzensportler verfügt über Abitur odermittlere Reife. 43,8% gaben an, das Abiturund weitere 19,9% den Realschulabschlussbzw. die mittlere Reife bereits bestanden zuhaben. Keinen Schulabschluss haben nur6,3% und den Hauptschulabschluss 1,6% derbefragten Spitzensportler (als höchsten Ab-schluss). Unter den Befragten hatten 8,0% alshöchsten Bildungsabschluss eine Berufsaus-bildung vorzuweisen.

Die Note 2,0 ist dabei mit 8,8% die häufigsteAbschlussnote. Die Streuung reicht bei dieserFrage von 1,0 bis 3,5 - mit lediglich insgesamtvier Spitzensportlern (von 857 mit vollständi-gen Angaben) mit einem Abschluss von 3,6oder 4,0. Eine deutliche Häufung kann jedochim Notenbereich zwischen 1,7 bis 3,0 (79,4%)beobachtet werden. Spitzensportler, die dieSchule noch nicht abgeschlossen hatten, hat-ten meist die letzte Durchschnittsnote ange-geben.

Früherer Berufswunsch: Vor Beginn der Auf-nahme des Leistungssport konnten sich diemeisten Personen eine Berufstätigkeit ineinem Sportverband (33,2%), im Staatsdienst(32,8%), im Bereich Marketing (27,3%) oderin der Weiterbildung (25,2%) vorstellen. Aberauch die Felder Gesundheitswesen, Manage-ment/leitende Funktion, Forschung und Ent-wicklung sowie der Weg in die Selbständigkeitwurden jeweils von mehr als 20% der Teilneh-mer genannt.

Heutiger Berufswunsch: Die Berufswünschebleiben auch nach mehreren Jahren Tätigkeitim Leistungssport weitestgehend konstant. Tä-tigkeiten im Sportverband (43,2%), im Marke-ting (33,2%) und im Management (26,6%)werden jedoch im Laufe der Zeit noch attrak-tiver. Das Interesse an einer Tätigkeit imStaatsdienst (28,3%) sowie im Gesundheits-wesen (18,4%) lässt hingegen stark nach.

Motivation für Berufswahl: Vielseitig sind dieGründe für das Interesse an den oben be-schriebenen Berufsfeldern. 70,4% der Spitzen-sportler geben als einen der Gründe das hoheInteresse an der genannten Tätigkeit und nur52,6% die gute persönliche Eignung aufgrundeigener Fähigkeiten und Kenntnisse an. Fürinsgesamt 53,0% ist die Möglichkeit, auchweiterhin Beruf und Sport verbinden zu kön-nen, ein wichtiges Kriterium für die Jobwahl.Gute Gehälter und Sozialleistungen haben mit35,8% eine bedeutend geringere Relevanz.

Wahrgenommene Erfolgswahrscheinlichkeit:Was die Erfolgswahrscheinlichkeit bei derWahl des Jobs betrifft, zeigen sich die meistenSpitzensportler selbstbewusst. 44,1% haltenes für sehr wahrscheinlich, später in einemder von ihnen bevorzugten Bereiche tätig zuwerden; weitere 41,8% halten dies für eherwahrscheinlich. Insgesamt geben nur 3,1% an,dass ein Erreichen ihres Berufswunsches ihresErachtens eher oder sogar sehr unwahr-scheinlich ist. Allerdings machen 11,0% derBefragten bei dieser Frage keine Angabe.

Abbildung 2:Früherer Berufswunsch, vor Beginn der Sportkarriere

(Mehrfachnennungen möglich, häufigste Nennungen, Prozent)

33,2

Tätigkeit im Sportverband

32,8

Tätigkeit im Staatsdienst

27,3

Tätigkeit im Marketing

25,1

Tätigkeit in der Weiterbildung

23,7

Tätigkeit im Gesundheitswesen

22,4

Leitende Funktion/Management

21,2

Tätigkeit in Forschung & Entwicklung

20,4

Selbständigkeit

Abbildung 3:Jetziger Berufswunsch

(Mehrfachnennungen möglich, häufigste Nennungen, Prozent)

43,2

Tätigkeit im Sportverband

33,2

Tätigkeit im Marketing

28,3

Tätigkeit im Staatsdienst

26,6

Leitende Funktion/Management

22,7

Tätigkeit in der Weiterbildung

19,9

Tätigkeit in Forschung & Entwicklung

19,6

Selbständigkeit

18,4

Tätigkeit im Gesundheitswesen

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18 Auswertung

Berufseinstiegs-Maßnahmen: 58,7% der Be-fragten haben ernsthafte Anstrengungen un-ternommen, um ihrem Berufsziel näher zukommen. 24,0% bzw. 6,9% haben in diesemZusammenhang noch wenige oder keine Be-mühungen, in Form von Praktika, Nebenjobso. ä. angestellt. Königsweg für den Weg in denWunschberuf sind Praktika. 54,1% haben be-reits Praktika im nicht-sportbezogenen Be-reich und 21,4% Praktika im Sportbereichdurchgeführt (Mehrfachnennungen möglich).Auch Nebenjobs finden sich im Rahmen derBerufsqualifizierung häufig (19,1% im nicht-sportlichen Bereich, 10,4% im Sportbereich).

Studium/Ausbildung: Ein abgeschlossenesStudium können zum Zeitpunkt der Befragung8,3% der Athleten vorweisen. Die Zahl der Di-plomanden (etwa 5,2%), Personen mit abge-schlossenem Master-Studium und promo-vierter Spitzensportler (jeweils weniger als1%) ist – auch altersbedingt – vergleichsweisegering. Weitere 10,5% haben ihre Lehre oderBerufsausbildung abgeschlossen. 10,4% be-finden sich momentan in Ausbildung oderLehre, weitere 26,7% momentan im Studium.Mit 21,9% ist jedoch auch die Gruppe jener,die weder in Ausbildung, noch in Lehre oderStudium sind, relativ groß (z.B. Schüler, bzw.reine Konzentration auf den Sport).

BWL-Studium: 36,1% der Befragten würdenwährend Ihrer sportlichen Laufbahn ein be-triebswirtschaftliches Studium absolvieren,wenn sich dieses mit Trainings- und Wett-kampfkalender vereinbaren ließe.

Berufserfahrung: Über Berufserfahrung verfü-gen 27,7% der Befragten. In den meisten Fäl-len (10,8% der Gesamtstichprobe) handelt essich um weniger als ein Jahr Berufserfahrung,weitere 4,4% haben zwischen einem undzwei Jahren Berufserfahrung vorzuweisen.

Nettoeinkommen: Die Ergebnisse einer Unter-suchung der Sporthochschule Köln und derDSH haben sich auch in dieser Studie bestätigt(Breuer & Wicker, 2010). 35,0% der Befragtenhaben ein Nettoeinkommen von weniger als500 Euro im Monat zur Verfügung. Weitere12,1% verdienen zwischen 500 und 1.000 Euroim Monat, 9,9% zwischen 1.001 und 1.500Euro und 9,2% zwischen 1.501 und 2.000Euro. 25,9% haben auf diese Frage keine Ant-wort gegeben.

Abbildung 4:

Vergleich von Spitzensportlern

mit Fachkräften und Top-Studenten

–––––– Fachkräfte

–––––– Spitzensportler

–––––– Top-Studenten

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Auswertung 19

Engagement Disziplin Sozialkompetenz Kooperation Dominanz Stabiliät SD* SD* SD* SD* SD* SD*

(EN) (DI) (SO) (KO) (DO) (ST) (EN) (DI) (SO) (KO) (DO) (ST)

Fachkräfte-Vergleichsgruppe 3,83 4,12 3,81 3,62 3,39 3,61 0,79 0,78 0,95 0,97 0,88 0,79

Alle Spitzensportler 4,28 4,33 3,83 3,48 3,35 3,73 0,62 0,75 0,85 0,9 0,88 0,71

Alle EBS-Studenten 4,42 4,38 4,13 3,47 3,64 3,71 0,66 0,69 0,97 0,85 0,90 0,78

Alle Männer (inkl. Führungskräfte) 3,92 4,03 3,78 3,66 3,57 3,83 0,79 0,77 0,94 0,97 0,85 0,77

Männliche Spitzensportler 4,37 4,26 3,82 3,4 3,51 3,94 0,6 0,76 0,88 0,88 0,84 0,71

Männliche EBS-Studenten 4,42 4,16 4,04 3,35 3,72 3,89 0,71 0,67 0,98 0,85 0,84 0,78

Alle Frauen (inkl. Führungskräfte) 3,90 4,09 4,02 3,69 3,33 3,49 0,77 0,80 0,94 1,00 0,90 0,79

Weibliche Spitzensportler 4,21 4,37 3,84 3,54 3,23 3,56 0,62 0,74 0,84 0,92 0,89 0,65

EBS-Studentinnen 4,42 4,66 4,25 3,61 3,52 3,45 0,62 0,63 0,98 0,87 1,01 0,75

4.2 Die wichtigsten Ergebnisse des BIP-6F

Egal in welcher Altersgruppe, Sportart odermit welchem Bildungshintergrund: Die Hypo-these der Personalchefs und Personalberater,Spitzensportler seien besonders leistungsori-entiert und diszipliniert, konnte durch die Er-gebnisse unserer Befragung von 559 Spitzen-sportlern anhand des berufsbezogenen Per-sönlichkeitsfragebogens BIP-6F untermauertwerden.

Auf der Skala Engagement, welche die Persön-lichkeitsmerkmale Wettbewerbsorientierung,Leistungsanspruch und Karriereorientierungmisst, schnitten die DSH-geförderten Athletensignifikant höher ab als eine repräsentativeVergleichsgruppe von 1.895 Fachkräften, dieden Fragebogen ebenfalls in einer »Nicht-Aus-wahl-Situation« ausgefüllt hatten (diese Un-terscheidung ist nötig, da in Auswahlsituati-onen Personen dazu neigen, die Fragen »so-zial erwünscht« zu beantworten, um so hö-here Werte zu erhalten. Die Werte der Spitzen-sportler sind jedoch sogar höher als jene einerVergleichsgruppe von mehr als tausend Fach-kräften, die im Rahmen der Personalauswahlden Fragebogen beantwortet hatte.)

Auch bezüglich der Selbstdisziplin und Eigen-organisation stechen Spitzensportler hervor.Über alle Altersgruppen und Sportarten hin-weg schneiden beim BIP-6F Faktor Disziplin(Planungsorientierung, Sorgfalt, Analyseorien-tierung) die Athleten signifikant besser ab alsFachkräfte, mittlere oder höhere Führungs-kräfte.

Weniger eindeutig fallen die Ergebnisse aufden Dimensionen Sozialkompetenz (Kontakt-stärke, Einfühlungsvermögen, Begeisterungs-fähigkeit), Dominanz (Durchsetzungsfähigkeit,Unabhängigkeit, Konfliktbereitschaft) und Sta-bilität (Gelassenheit, Selbstbewusstsein,Stress/Frustrationstoleranz) aus. Hier errei-chen die Spitzensportler lediglich durch-schnittliche oder leicht überdurchschnittlicheWerte. In der Dimension Kooperation (Team-orientierung, Kompromissbereitschaft, Inte-grationsfähigkeit) fallen die Werte der Spitzen-sportler insgesamt sogar leicht unterdurch-schnittlich aus. Dies ist auch darauf zurück zuführen, dass die Gruppe von Einzelsportlernin der befragten Gruppe überdimensionalgroß war.

Mit dem beschriebenen Persönlichkeitsprofilsind Spitzensportler jenem von Studenteneiner Top-Universität ähnlich. 117 Bachelor-und Master-Studenten der EBS BusinessSchool wurden analog zu den Spitzensportlernmit dem BIP-6F untersucht. Sie erreichtenähnliche Werte in den Dimensionen Leistungs-motivation, Disziplin und Stabilität; lediglichauf den Skalen für Sozialkompetenz und Do-minanz erreichten die EBS-Studenten höhereWerte als die Spitzensportler, aber ähnlichewie eine Vergleichsgruppe von 1.768 Füh-rungskräften. Kooperation bzw. Teamorientie-rung war auch bei EBS-Studenten unter-durchschnittlich – allerdings nur bei Bachelor-Studenten. Bei Master-Studenten steigt diesesignifikant an – sie entwickelt sich sukzessiveim Laufe eines auf Gruppenarbeit basierendenStudiums.

Die Anzahl der Jahre im Spitzensport und auchdie Anzahl der Trainingsstunden pro Tag kor-reliert mit keiner der gemessenen Persönlich-keitseigenschaften. Anders verhält es sich mitder Anzahl Jahre, seit denen der Spitzensport-ler durch die Deutsche Sporthilfe gefördertwird. Diese korreliert positiv mit der Disziplin.Mit der letzten Schulnote hängen bei Spitzen-sportlern lediglich einige Persönlichkeitseigen-schaften zusammen. Insbesondere diszipli-nierte Spitzensportler haben bessere Noten;die Note hängt im geringeren Maße aber auchmit Engagement/Leistungsmotivation und ne-gativ mit Kooperation/Interesse an Teamarbeitzusammen.

Tabelle 3 (siehe Seite 20) fasst abschließendzusammen, welche Personengruppen bei wel-cher der sechs Persönlichkeitsdimensionendes BIP-6F am »besten« bzw. am »schlechte-sten« abschneiden, d.h. die höchsten oderniedrigsten Ausprägungen auf den entspre-chenden Domänen haben. Aufgrund der zumTeil geringen Fallzahlen bei einigen Personen-gruppen mit unter 30 befragten Studienteil-nehmern (z.B. Sportler mit Hauptschulab-schluss) sind bei diesen mit* gekennzeichne-ten Teilgruppen nur Tendenzaussagen undkeine statistisch gesicherten Schlussfolgerun-gen möglich.

Tabelle 2: Vergleich von Spitzensportlern mit Fachkräften und Top-Studenten

*Standardabweichung

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20 Auswertung

Die Leistungsorientiertesten/ Motiviertesten:

Männliche Spitzensportler•Spitzensportler mit Abitur (insbesondere•Abi-Note 1,5 oder besser)Grund für Sport: »Stars nacheifern«•Sportart: Kampfsport*•EBS-Studenten (männlich)•Top-Verdiener (über 2.000 Euro netto)•Berufswunsch Management,•Steuern/Recht oder BeratungSelbsteinschätzung:•Hohe Job-Wahrscheinlichkeit

Die am wenigsten Leistungsorientierten/Motivierten

Spitzensportler in paralympischen und•nicht-olympischen Sportarten*

Grund für Sport: Freunde und Bekannte•Sportart: Sportspiel•Diplomanden, Studenten und•BerufstätigeBerufswunsch: Personal, Produktion,•EinkaufKein Bemühungen gemacht, •Job zu finden*

Die Diszipliniertesten:Einzelkinder•Altersgruppe 26 bis 29,•Altersgruppe 30 bis 33Abiturienten mit Abitur-Note bis 2,0•Abiturienten mit Abitur-Note bis 1,5•Grund für Sport: »Im Sportunterricht •kennen gelernt«EBS-Studentinnen•Studenten, Spitzensportler mit •abgeschlossenem StudiumTop-Verdiener (über 2.000 Euro netto)•Berufswunsch: Gesundheitswesen, Ver-•waltung, Sachbearbeitung, Steuern/RechtSelbsteinschätzung: Viele Bemühungen,•einen Job zu finden

Die am wenigsten DiszipliniertenGeschwisterzahl: Zwei oder mehr•Hauptschulabschluss*•Ex-Kapitäne•Spitzensportler ohne Abschluss, •meist unter 18-Jährige*

Berufswunsch: Handwerk•Keine Bemühungen gemacht, Job zu •finden*, Bisher keine Gedanken über Jobgemacht*, Selbsteinschätzung: Erfolgs-wahrscheinlichkeit für Job sehr gering*

Die Sozialkompetentesten(alle über Bevölkerungsdurchschnitt)

EBS-Studenten•Ex-Kapitäne•Kapitäne•Grund für Sport: Soziale Kontakte•Topverdiener (Einkommen über •2.000 Euro netto)Jobwunsch: Personal, Marketing•

Die am wenigsten Sozialkompetenten(alle unter Bevölkerungsdurchschnitt)

Einzelkinder•Hauptschulabschluss*•Berufswunsch: Produktion, IT, F&E, Sach-•bearbeitung, Öffentliche Verwaltung Bisher keine Gedanken über Job •gemacht*, Selbsteinschätzung: Erfolgswahrscheinlichkeit für Job gering*

Die Kooperativsten (alle knapp überBevölkerungsdurchschnitt)

Teamsportler•Ex-Kapitäne•Kapitäne•Sportart: Sportspiel•Grund für Sport: Soziale Kontakte•Topverdiener**•Berufswunsch: Personal, Finanzen•

Die am wenigsten Kooperativen(alle unter Bevölkerungsdurchschnitt)

Einzelkinder•Männliche Spitzensportler•Spitzensportler mit mehr als vier•Geschwistern*

Paralympische Spitzensportler*•Abiturienten mit Abi-Note 1,5 oder•besserEBS-Studenten (männlich)•Sportart: Geschwindigkeitssportler•Grund für Sport: Kostengünstiger Sport*,•Stars nachahmenBerufswunsch: Steuern/Recht, Handwerk,•Sachbearbeitung, Beratung,Selbständigkeit, Produktion

Die Dominantesten/Durchsetzungsfähigsten(alle über Bevölkerungsdurchschnitt)

EBS-Studenten (männlich)•Altersgruppe: 30 Jahre oder älter•Abgeschlossenes Diplom, bzw. Studium•Berufstätige•Top-Verdiener (Einkommen über •2.000 Euro netto)Sportart: Kampfsport*•Berufswunsch: Management, Selbständig-•keit, Beratung

Die am wenigsten Dominanten/Durchset-zungsfähigen (alle unter Bevölkerungs-schnitt)

Spitzensportler, die ausschließlich auf•Sport fokussiert sind (keine Lehre, keine Ausbildung, kein Studium)Weibliche Spitzensportler (insbesondere•unter 21 Jahre)Ex-Kapitäne•Nicht-Kapitäne in Sportarten mit •Kapitänsamt*

Abiturienten mit Abi-Note bis 1,5•Sportart: Sportspiel•Grund für Sport: Freunde •Verdienst: unter 500 Euro netto•Berufswunsch: Produktion, Gesundheits-•wesen, Sachbearbeitung, F&E, Logistik & Einkauf

Die Stabilsten/Gelassensten (alle unter Bevölkerungsschnitt)

Einzelkinder•Männliche Spitzensportler•Abiturienten mit Abi-Note 1,5 oder besser•EBS-Studenten (männlich)•Sportart: Kampfsport•Top-Verdiener (über 2.000 Euro netto)•Berufswunsch: IT, Finanzen, F&E, Vertrieb•

Die am wenigsten Stabilen / Gelassenen(alle unter Bevölkerungsschnitt)

Spitzensportler mit vier oder mehr•GeschwisternSelbsteinschätzung: Keine Bemühungen•gemacht, Job zu finden, Selbsteinschät-zung: Erfolgswahrscheinlichkeit für Jobsehr gering*Weibliche Spitzensportler•Jobwunsch: Gesundheitswesen,•Verwaltung

Tabelle 3: Überblick über die höchsten und niedrigsten Persönlichkeitsausprägungen in den sechs Dimensionen des BIP-6F

*Tendenzaussagen aufgrund geringer Fallzahl **Außer ein Ausreißer mit über 6.000 Euro netto

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Literaturangaben 21

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22 Über das Institute for Sports, Business & Society

Das Institute for Sports, Business & Society(ISBS) der EBS Universität für Wirtschaft undRecht untersucht die sozialen und ökonomi-schen Wirkungen des Sports.

Neben wissenschaftlichen Studien mit hoherpraktischer Relevanz und der Identifikationneuer Trends im Zusammenspiel von Sport,Wirtschaft und Gesellschaft bietet das Instituteine Plattform für Unternehmensführer, Wis-senschaftler, Sportler und den Führungsnach-wuchs.

Ziel des ISBS ist es, relevante und attraktiveThemen anhand wissenschaftlicher Methodenzu analysieren und für den Dialog mit Mei-nungsführern in Sport, Wirtschaft und Gesell-schaft aufzubereiten.

KontaktProf. Dr. Sascha L. SchmidtInstitutsleiterInstitute for Sports, Business & SocietyEBS Business SchoolEBS Universität für Wirtschaft und RechtRheingaustr. 165375 Oestrich-WinkelTelefon +49 611 7102 [email protected]/isbs

Im Zentrum der ISBS-Forschungsagendaste hen die folgenden vier Schwerpunkte:

Sozialer Wandel durch Sport• Ermittlung der ökonomischen und sozialenAbstrahleffekte (Return to Society) durchSpitzensport, sportpolitische Maßnahmen,Förderprogramme auf Städte, RegionenundLänder

• Entwicklung sportspezifischer Maßnahmenzum systematischen Vergleich makroöko-nomischer und sozialer Auswirkungen desSports

Humankapital im Sport• Analyse von Persönlichkeitseigenschaftenund Potentialen von Spitzensportlern zurErmittlung von sportartspezifischen Fähig-keitsprofilen für die Wirtschaft

• Identifikation von Best Practices in den Be-reichen Sourcing, Rekrutierung, Platzierungund Weiterbildung von Spitzensportlern

Sportmarketing und -sponsoring• Weiterentwicklung bestehender Methodenund Instrumente zur Messung des ökono-mischen und sozialen Sponsoringerfolgs

• Analyse von Fanverhalten und -bedürfnis-sen zur Identifikation von Erfolgsfaktorenin der Club- und Sportlervermarktung

Sport & Innovation• Erfassen von ökonomischen und medialenErfolgsfaktoren für neue Geschäftsmodellevon Nischensportarten

• Vergleichende Analyse der Entstehung, Ver-breitung und Adaption von Innovationen inSport und Wirtschaft

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ISBS Research Series 23

ISBS Research SeriesIssue 1, 12|2010Integration durchProfifußballEine Analyse derLeistungszentrender Bundesliga *Autoren: Prof. Dr. Sascha L. Schmidtund Christian Weiss

ISBS Research SeriesIssue 2, 12|2011In the Line of FireVerweildauer vonBundesligatrainernund CEOs inDeutschlandAutoren: Prof. Dr. Sascha L. Schmidtund Dominik Schreyer

ISBS Research SeriesIssue 3, 11|2011Adler sind keineFliegengewichte mehrSkispringen imWandel der ZeitAutoren: Prof. Dr.Sascha L. Schmidtund Verena Jung

ISBS Research SeriesIssue 4, 12|2011Deutschland brauchtden SuperstarDie gesellschaftlicheBedeutung von Vor-bildern im ProfifußballAutoren: Prof. Dr.Sascha L. Schmidtund Daniel Högele

ISBS Research SeriesIssue 5, 11|2012Die Stadt und ihrProfifußballEine ganz normaleBeziehungAutoren: Prof. Dr.Sascha L. Schmidtund Florian Bünning

ISBS Research SeriesIssue 6, 01|2013Kollege SpitzensportlerChancen für Wirtschaftund AthletenAutoren: Prof. Dr.Sascha L. Schmidtund Thomas Saller

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KontaktProf. Dr. Sascha L. SchmidtThomas Saller

Institute for Sports, Business & SocietyEBS Business School gGmbHUniversität für Wirtschaft und RechtRheingaustraße 165375 Oestrich-WinkelTelefon +49 611 7102 [email protected]@ebs.eduwww.ebs.edu/isbs

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