Carlsen in der Schule . Ideen für den Unterricht · obe/LP-9783551359605_0.pdf ie • asst das ? • etungsunterricht unst gestalten, oßeltern, od ie • nterrichtsstunden • nternet-
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Jutta Bauer hat große Vorbilder: Joan Miró, Paul Klee und Pablo Picasso.
83. Welcher der drei Künstler hat eurer Meinung nach Jutta Bauer am meisten inspiriert bei den Bildern zu „Opas Engel“? Begründet eure Antworten!
1. Arbeitet in drei Gruppen. Jede Gruppe wählt einen Künstler aus und informiert sich über ihn:
• in der Schulbücherei• in der Stadt- oder Gemeindebücherei• im Internet zum Beispiel unter www.blinde-kuh.de oder www.frag-nn.de
2. Präsentiert euer Ergebnis mit Bildern vor der Klasse.
4. Jutta Bauer malt und zeichnet mit Aquarellfarbe und Tinte. Aquarellfarben sind eine Art Wasserfarbe. Die Umrisse der Personen und Dinge zeichnet Jutta Bauer mit Tinte.
Probiert im Kunstunterricht diese Technik aus und malt ein Bild aus dem Buch selbst.
Ein Junge besucht seinen Großvater im Krankenhaus (erst am Ende erkennt man, dass es sich um ein Hospiz handelt). Der fängt an zu erzählen. Er erzählt aus seinem Leben, beginnt mit seiner Kindheit, prahlt ein bisschen, er sei immer der Mutigste gewesen, erzählt von schwierigen Zeiten und davon, wie sein Freund Josef verschwand. Es gab Krieg, Hunger, eine harte Zeit. Er machte alle möglichen verschiedenen Arbeiten. Dann verliebte er sich, wurde Vater, Großvater. Schön war‘s. Der Großvater wird müde und schläft ein. Der Junge verlässt das Krankenhaus, geht hinaus in den schönen hellen Tag, überquert den Platz und kickt dabei einen Stein.
Parallel zu diesen beiden Geschichten, der des Jungen, der seinen Großvater besucht, und derje-nigen, die der Großvater erzählt, gibt es die Bilder, die eine weitere Geschichte erzählen.
Ein erwachsener Leser erkennt auf den Bildern viel: Aus der Kleidung des jungen Großvaters, seinem Ranzen, dem wenigen Verkehr, den Gänsen und schließlich den Uniformen und dem Judenstern seines Freundes kann er herauslesen, wann der Großvater gelebt hat. So erschließen sich dem Betrachter dieser Bilder in der persönlichen Lebensgeschichte des Großvaters die Statio-nen einer typischen Biografie der heutigen Urgroßväter. Von der Kindheit in der Vorkriegszeit über die Jugend im Krieg, dem Wiederaufbau und den klassischen Werten der 50er Jahre: Frau, Sohn, Haus, Auto.
Jutta Bauer gelingt es, in wenigen typischen Stationen das Leben einer ganzen Generation zu skizzieren, ohne die persönliche Geschichte des Großvaters dabei zu einem Klischee verkommen zu lassen. Denn da ist immer dieser Engel, Opas Engel, und der erzählt eine neue Variante der Geschichte.
In originellen, einfallsreichen, komischen, aber auch berührenden Bildern sieht man diesen Oma-ähnlichen Engel Schwerstarbeit leisten. Er zähmt Hunde, hält Gänse zurück, springt in tiefe Seen, lenkt gefährliche Nazis ab. Im Krieg sitzt er an Großvaters Seite, hilflos und ausgemer- gelt. Dann ist er wieder im Einsatz, das Tuch der Trümmerfrauen auf dem Kopf. Später schützt er vor Steinschlag und Absturz, und schließlich hat er sogar Haie im Griff, wenn Großvater und Enkel zusammen baden. »Ich hatte viel Glück«, sagt der Großvater am Ende. Er hatte einen schwer beschäftigten Schutzengel, sagen die Bilder. Am Ende wird der Engel nicht mehr ge-braucht, denn der Großvater stirbt. Der Engel verlässt das Hospiz, um von nun an den Enkel zu begleiten.
Drei Geschichten, die jede für sich eine Fülle an Anknüpfungspunkten für Gedanken und Ge-spräche bieten und die in ihrer Verbindung ein genial komponiertes Bilderbuch darstellen.
Im Sinne eines fächerübergreifenden Arbeitens bietet es sich an, im Kunst- und Deutschunter- richt eine Verbindung von Bilderbuch und Lesetagebuch herzstellen , in welches die Bilder und Texte, die die SuS im Unterricht und zu Hause anfertigen, einfließen können. »Die Produktion eines Bilderbuchs, ob in Einzelarbeit oder als Klassenergebnis, bündelt ganz unterschiedliche Erfah-rungen, in denen kunstpädagogische, literaturpädagogische und übergreifende kommunikative Ansätze zusammenkommen.« (Thiele: S. 178) Nach einer ersten Phase des Einstiegs in die Geschichte, in der besonders auf die doppelte Er- zählstruktur des Bilderbuchs – mit Text und mit Bild – aufmerksam gemacht wird (1. Einstieg – Die Sprache der Bilder), wird anhand der Aufgaben erarbeitet, dass es eine Rahmengeschichte eine Binnengeschichte gibt, die jeweils aus einem anderen Blickwinkel erzählt werden. Davon abgegrenzt wird die Autorin, zu der biografische Daten angeboten werden.
Die Art und Weise des Erzählens wird anhand der Lebensgeschichte des Großvaters untersucht, wobei die Begriffe chronologisches Erzählen, Zeitraffung und Zeitdehnung eingeführt werden. Des Weiteren wird auf der Ebene der Bilder die Geschichte des Engels Gegenstand einer genaueren Betrachtung sein. Inwieweit die Möglichkeit diskutiert wird, dass der Engel als Metapher für das positive, offene und lebensbejahende Wesen des Großvaters gesehen werden kann, bleibt dem Ermessen der jeweiligen Lehrkraft überlassen (2. Drei Erzähler und eine Autorin – wer erzählt und wie wird erzählt?).
Nicht nur die Vielschichtigkeit der Erzählung, ihre unterschiedlichen Ebenen und die geniale Verflechtung von Text und Bild geben Anlass zur Bearbeitung im Unterricht. Natürlich und nicht zuletzt ist es auch der Inhalt, der zu einer Fülle interessanter Aufgaben und Gespräche anregt (3. Drei Geschichten und ein historisches Ereignis – Was wird erzählt?).
Da ist einmal die Geschichte des Jungen, der seinen Großvater im Krankenhaus besucht, der ihm zuhört und erst geht, als der Großvater eingeschlafen ist. Der dann hinausläuft in den schönen warmen Tag, das Leben genießt und aus lauter Übermut einen Stein an den Kopf des Schutzengels kickt, welcher soeben das Hospiz verlassen hat, um dem Jungen zu folgen. Warum? Hier muss der Unterricht Raum bieten für die Gedanken, Erklärungen und Deutungen der SchülerInnen. »Sich auf Kinderfragen einzulassen bedeutet zuallererst, die Ruhe aufzubringen, sich einzulassen auf die Unmittelbarkeit von sinnlichen Wahrnehmungen, dem Staunen ihnen gegenüber Zeit zu lassen und nicht sofort in bereits bewährte Erfahrungsmuster einzuordnen.« (Petermann: S. 36) Diese kurze Rahmengeschichte enthält so viel mehr, als die wenigen Sätze glauben machen. Da ist die Beziehung zwischen Großvater und Enkel: die Liebe, Geduld und Rücksicht, das Interesse und die Neugier des Enkels einerseits; und da ist der Wunsch des Großvaters andererseits, am Ende seines Lebens diesem Enkel noch etwas mitzugeben von seinen Erfahrun-gen, seinen Erkenntnissen, seinem Glück. Er schafft es, der Engel kann als Metapher dafür gedeutet werden.
Nicht vergessen darf man die Rolle der Autorin, die ja auch Illustratorin ist und die Geschichte auf allen Ebenen erzählt. Mit ihrem Buch trägt sie im Idealfall zu einem neugierigen, liebevollen,
a.2fruchtbaren Austausch zwischen den Generationen bei, was in den Aufgaben weitergeführt wird. Die Geschichte des Engels ist die Geschichte, die die Bilder erzählen. Wie sie parallel zu der Er- zählung des Großvaters verläuft und darüber hinausgeht, ist Gegenstand weiterer Aufgaben. »Eine gute Illustration macht den Betrachter neugierig, kann dem Text vorgreifen, ihn vertiefen, ihm sogar widersprechen.« (Bardola u.a.: S.28)
Und da ist natürlich die Geschichte des Großvaters, die so viel Anlass für Gespräche bietet. Ge-spräche im Unterricht und auch im Elterhaus, mit Eltern, Großeltern, vielleicht Urgroßeltern. Die Lebensgeschichte einer ganzen Generation kann hier kennengelernt werden.
Eine Stärke des Buches ist die Authentizität der Geschichte. Nichts wird ausgespart, nicht Nazi-zeit und Krieg, nicht Judenverfolgung und Elend. Man sieht die Uniformen, das Hakenkreuz, man sieht den Freund Josef mit dem Judenstern, der, wie uns der Text sagt, verschwindet, im Hintergrund werden Menschen abtransportiert. Der Krieg wird in seiner ganzen Grausamkeit in einem auf ein Minimum genial reduzierten Bild dargestellt: Man ahnt, dass neben dem Groß-vater ein Mensch zerfetzt wird, der entsetzte Blick des Großvaters und ein hilfloser Schutzengel an seiner Seite sagen alles.
Inwieweit diese Themen anhand des Buches in den Unterricht integriert werden, bleibt der jeweiligen Lehrkraft überlassen. Die Frage, ob, wie und in welchem Umfang der Holocaust bereits in der Grundschule eingeführt werden soll oder nicht, ist ein sehr sensibles und umstritte-nes Thema, das zu behandeln den Rahmen des vorliegenden Unterrichtmodells sprengen würde.
An jener Stelle wird es dementsprechend keine Aufgaben dazu geben. Es obliegt der Lehrkraft, ob und inwieweit er / sie das Thema »Holocaust« einführen bzw. vertiefen möchte. Nicht ratsam scheint es, die Erklärungen in diesem Fall allein dem Elternhaus zu überlassen, denn familiär tradierte Gewissheiten stimmen nicht unbedingt überein mit kulturell repräsentiertem Wissen (vgl. Becher). Sollte die Lehrkraft sich dazu entscheiden, das Thema weiter zu verfolgen, stehen ihm / ihr eine Vielzahl an Hilfestellungen, Handreichungen und didaktischen Ausarbeitungen zur Verfügung. Eine kleine Auswahl wird in den Literaturangaben vorgeschlagen.
»Kinder haben ein Recht, etwas über die jüngste deutsche Geschichte und ihre impliziten Aus-strahlungen in die Gegenwart zu erfahren. Ein Medium wie das Bilderbuch hätte aufgrund seiner spezifischen ästhetischen Erzählform das Potential, ihnen dazu Worte, Texte, Bilder, Fragen, Ängste, Gedanken, Mut und Entschlossenheit, die ganze Skala der Gefühle zu zeigen, nicht im Sinne einer Überforderung des Mediums und der Kinder, sondern einer ständigen Anstrengung von Autoren und Illustratoren.« (Thiele: S. 175/176)
Zusammengestellt aus dem Unterrichtsmodell »Opas Engel« von Iris Wolf
Autorin des Unterrichtsmodells »Opas Engel«: Silke Grammatikos
Redaktion und Lektorat: Iris Wolf; buchwolf.com
Layout und Gestaltung: Elke Junker
Umschlagbild (s. Deckblatt): Jutta Bauer
Weitere Illustrationen von Jutta Bauer: S. 2, 3, 5 und 8
Deutschdidaktik und Philosophie
Bardola, Nicola u.a. Mit Bilderbüchern wächst man besserStuttgart 2009
Leubner, Martin / Saupe, AnjaErzählungen in Literatur und Medien und ihre Didaktik Baltmannsweiler 2006
Leubner, Martin / Saupe, AnjaTextverstehen im Literaturunterricht und AufgabenBaltmannsweiler 2008
Leubner, Martin / Saupe, Anja / Richter, Matthias Literaturdidaktik Berlin 2010
Petermann, Hans-BernhardKann ein Hering ertrinken? Philosophieren mit Bilderbüchern Weinheim/Basel 2004
Spinner, Kaspar H. Methoden des Literaturunterrichts in: Michael Kämper-van den Boogaart und Kaspar H. Spinner (Hrsg.): Lese- und Literaturunterricht, Teil 2; in: Winfried Ulrich (Hrsg.): Deutschunterricht in Theorie und Praxis (DTP).Baltmannsweiler 2010; S. 190–242
Terzani, TizianoDas Ende ist mein Anfang. Ein Vater, ein Sohn und die große Reise des LebensMünchen 2007
Thiele, Jens Das Bilderbuch. Ästhetik, Theorie, Analyse, Didaktik, RezeptionOldenburg 2000