8/19/2019 Brunner. Eine Neue Amarna-Prinzessin http://slidepdf.com/reader/full/brunner-eine-neue-amarna-prinzessin 1/5 104 HELLMUT BRUNNER: Eine neue Amarna-Prinzessin. [74. Band. der Machtgruppe der Priesterschaft 1 , deren Günstling Ramses IV. war, zu schwinden begannen. Somit scheint eine solche Vermutung geschichtlich durchaus möglich zu sein. Zum Schluß seien die Ergebnisse dieses Aufsatzes punktweise zusammengefaßt : 1. Am 6. XI. W. starb Ramses III. in seiner Deltaresidenz. 2. Am 15. XI. W. fand die Proklamation (¿t j) seines Nachfolgers Ramses' IV. und damit sein Regierungsantritt statt. 3. Am 16. XI. W. wurde der Thronwechsel in Theben und wohl auch an anderen Orten des Landes amtlich bekanntgegeben. 4. Der Todestag des alten Herrschers, der Tag des Regierungsantritts (erstes „Erscheinen ) und der Tag der Krönung des neuen Herrschers sind nicht identisch und können es aus praktischen Erwägungen heraus auch nicht sein. 5. Pap. Harris und Pap. Turin sind von Ramses IV. verfaßte Dokumente von in erster Linie politischer Bedeutung. Eine neue Amarna-Prinzessin. VON HELLMUT BRUNNER. Bei der Sechsten Deutschen Hermopolisexpedition 1938 kamen unter zahlreichen anderen Amarnablöcken drei Stücke zutage, deren Inschriften geeignet sind, unsere Kenntnis der Amarnaepisode zu erweitern. Sie sollen deshalb an dieser Stelle ausführ- licher behandelt werden, als es im Rahmen des Vorberichtes möglich gewesen wäre 2 . Die Blöcke haben das kleine Format, durch das sich alle Amarnasteine vor anderen auszeichnen: sie messen etwa 23X24X52 cm. Wir fanden sie verbaut in einem Funda- ment aus dem NR. Auf Block 234/VI Vs (Abb.) ist rechts ein nach rechts gewandter gebückter Höf- ling mit einem Stock zu sehen. Von oben kommen vier Strahlen des Aton herab, von denen einer in der Hand ein -^•-Zeichen hält. Auf der linken Hälfte des Blockes ist ein Wedel, der von links unten gehalten wird. Durch ihn ergibt sich eine untere Begrenzung der nun folgenden Inschrift, zumindest von deren erster Zeile. Es kann in ihr nicht mehr fehlen als das zu erwartende (j *. Für die zweite Zeile haben wir, was die Ergänzung anlangt, keinen so sicheren Anhalt, doch ist anzunehmen, daß auch sie nicht wesentlich länger gewesen sein wird, zumal nicht allzutief unter ihrem Abschluß der Kopf oder die 1) Vor allem war natürlich die Priesterschaft des Amun die treibende Kraft. Harr. 22 ,5 heißt es daher auch: „Du (Amun) hast ihn (Ramses IV.) zum König bestimmt, als er noch ein Kind war. — 2) Siehe: Die VI. Deutsche Hermopolisexpedition in Mitt. Inst. Kairo, Bd. 9. Ein Sonderdruck soll demnächst erscheinen. Dem Leiter der Expedition, Herrn Prof. Dr. G. Roeder, danke ich vielmals für die Erlaubnis, die drei Blöcke an dieser Stelle veröffentlichen und besprechen zu dürfen. Brought to you by | Nanyang Technological University Authenticated Download Date | 5 31 15 11:28 AM
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H E L L M U T B R U N N E R : E ine ne ue Am a r na - P r inz e s s in .
1 0 7
Anchesenam un hieß, noch dem alten Hohen priester Eje vermählt, um auch ihm die Legi-
timation als König zu bringen
1
. Von Kindern ist auch bei dieser Ehe nichts b ekan nt.
Hier jedoch in den neuen Inschriften erscheint Anchesenpaiten als Mutter einer gleich-
namigen Tochter, die noch zu Lebzeiten Echnatons geboren sein muß, da ja sein Name
sowohl auf unserem Block als auch auf den zahlreichen mit ihm gefundenen und nicht
von ihm zu trennenden vorkommt.
Dafür, daß Echnaton in großer Jugend und vor der Reife geheiratet hat, wie Carter
annimmt
2
, liegt kein zwingender Grund vor, da die in seinem Sarge gefundene Mumie
eines sehr jugendlichen Mannes höchstwah rscheinlich nicht die seine ist. Die energische
Durchführung der Reform, die zweifellos Echnatons allerpersönlichstes Werk ist, kann
man nur einem erwachsenen Manne zutrauen, als der er auch stets auf allen Reliefs und
in seinen Statuen erscheint — im Gegensatz zu dem immer als sehr jugendlich gekenn-
zeichneten Tutanchamun. Wir dürfen also ruhig annehmen, daß Echn aton b ei seiner Ehe-
schließung reif war und können damit rechnen, daß seine dritte Tochter in seinem vierten oder
fün ften Regierungsjahr geboren wurde. Die älteste Dar stellung der Prinzessin A nchesen -
paiten findet sich auf der Grenzstele aus dem 6. Jahr
3
. Da Echnaton mindestens 18 Jahre
regiert hat, andererseits die Mädchen sehr früh reif wurden und Kinder bekommen konn-
ten, ist die Geburt der Enk elin vor seinem Tode durchaus möglich. Größere Schw ierig-
keiten bereitet die Frage, aus welcher Ehe das Kind stammt.
Wir wissen, daß die Prinzessin Anchesenpaiten später den jugendlichen König
Tutanchamun geheiratet hat. Das höchste von diesem König überlieferte Regierungsjahr
ist das neun te. Seine Leiche zeigt, daß er höchstwah rscheinlich nicht älter als 18 Jahre
geworden ist, keinesfalls älter als 20
4
er muß also mit neun, höchstens elf Jahren den
Thron bestiegen haben. Selbst wenn man nich t mit Ed. Meyer
5
annehmen wollte, daß
Haremhab ihn erst nach dem Tode Echnatons zur Königswürde bestimmte und ihn
krönen ließ, sondern daß ihn Echnaton selbst noch als Nachfolger im Auge hatte und ihn
deshalb schon zu seinen Lebze iten zum M itregenten ma chte, so kann doch die Prinzessin
An chesenp aiten nich t sein Kind sein, da sie allerfrühestens im 16. Jahre Echn aton s geboren
wurde und Tutanch amu n dann bereits im 12. (äußerstens 14.) Jahre Ech nato ns dessen
Mitregent geworden sein müßte, wovon jedoch keines der zahlreichen Denkmäler dieser
Zeit zeugt. Auf dieses Jahr aber mü ßten wir bei Annahme seiner V aterschaft komm en,
wenn wir die Re ife — äußerst früh — mit 12 Jahren annehmen, da er ja m it 9 Jahren
Regen t geworden ist. Gegen die Vaterschaft des jungen K önigs spricht auch der Um -
stand, daß die Mutter dann wohl sicher den Titel hm-t njswt wr-t führen würde, den
sie auf den Darstellungen aus dem Grabe Tutanchamun s auch stets trägt. Sta tt dessen
heißt sie auffallenderweise nur sB -t njswt nj h-t-f.
Scheidet also Tutanchamun als Vater der Prinzessin Anchesenpaiten der jüngeren
aus, so bleibt nur die Möglichkeit einer früheren Ehe. Als Mann käm e ein Bürgerlicher
in Betracht, etwa ein hoher Würdenträger, doch wissen wir hiervon nichts, und der Titel
„leibliche geliebte Kö nigstochter für die junge Prinzessin, das Kin d dieser Eh e, wäre
zumindest sehr auffallend, da wir diese im AR. gebräuchliche Sitte, den Titel „Königs-
sohn und sogar „leiblicher Kö nigssohn auch auf Enkelkinder regierender Kön ige zu
vererben, aus dem NR. nicht nachweisen können®.
1 ) N E W B E R R Y
i n J E A 18 , 50 f f . —
2 )
A . a . 0 . I I I , 25 f f . —
3 ) D A V I E S,
A m a r n a V , Ta f . 34 . —
4 )
S iehe
D E R R Y
in
C A R T E R,
T u t - e n c h - A m u n I I , S . 2 0 0 f f . A u f e i n e A n f r a g e P r o f . J u n k e r s b e s t ä t i g t e P r o f .
D e r r y d i e se s E r g e bn i s a u f da s e n t sc h ie de n s t e un d ga b a l s höc hs tm ög l i c he n F e h le r na c h obe n h in z we i
Ja h r e z u . Doc h h i e l t e r na c h wie vo r f ü r da s a l l e r wa h r sc he in l i c hs t e T ode sa l t e r 18 Ja h r e . — 5) G e s c h i c h t e
I I , 1 , S . 401 f . — 6 B e i de m e inz ige n F a l l a u s de m NR . , i n de m e in Kön igse nk e l de n T i t e l
si njswt
( n i c h t nj h-t-f ) f ü h r t , b e i d e m S o h n e d e s C h a e m w e s e , d e s S o h n e s R a m s e s I I . , d ü r f t e e i n S o n d e r f a l l
vo r l i e ge n : s ein Va te r , de r P r inz C ha e m we se , wa r e ine so pop u lä r e un d kön ig l i c he G e s t a l t , da ß m a n be i
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