Top Banner
117 Sicherheitsinstitutionen für das südliche Lateinamerika: Argentinien – Brasilien und Argentinien – Chile Brigitte Weiffen 1. Einführung Am Beispiel des südlichen Lateinamerika lässt sich aufzeigen, wie die Demo- kratisierung der Staaten zur Entstehung und Qualitätsveränderung internationaler Institutionen und auf diesem Wege zur Beilegung überkommener strategischer Riva- litäten beigetragen hat. Trotz eines hohen Niveaus an innerstaatlicher Gewalt und Instabilität, langer Perioden autoritärer Regierung und häufiger Staatsstreiche durch das Militär, brachen im Lateinamerika des 20. Jahrhunderts kaum zwischenstaatli- che Kriege aus, so dass die Region von einigen Autoren als Friedenszone bezeichnet wird (Holsti 1996: 157; Hurrell 1998: 531f; Kacowicz 1998: 67f). An anderer Stelle wird hingegen argumentiert, dass zwar wenige Kriege, wohl aber viele Spannungen, Rivalitäten und Konflikte unterhalb der Kriegsschwelle auftraten (Grabendorff 1982; Child 1985; Mares 2001; Domínguez et al. 2003; Fuentes 2008). Vor allem Grenzstreitigkeiten kamen relativ häufig vor und eskalierten gelegentlich bis hin zum Einsatz militärischer Gewalt (Domínguez et al. 2003: 13). Diese Diagnose trifft auch für die historische Entwicklung des Südkegels zu. Ne- ben Territorialkonflikten bestand eine tiefer liegende Ursache für die Rivalität der beiden größten südamerikanischen Staaten, Argentinien und Brasilien, im Ringen um die Vorherrschaft in der Region. Über lange Zeiträume hinweg stellten geo- politische Prämissen den interpretativen Rahmen für die zwischenstaatlichen Bezie- hungen dar und bestimmten vor allem in den 1970er Jahren die Außenpolitik der Militärregierungen. Expansionistische Ansprüche, die in die postkoloniale Epoche der Caudillo-Herrschaft zurückreichten, wurden in dieser Phase neu artikuliert (vgl. Child 1985; 1988; Kelly & Child 1988; Kahhat 2005). Auslöser der Spannungen zwischen Argentinien und Brasilien waren Konflikte um Wasserkraftressourcen in ihrer Grenzregion und konkurrierende Entwicklungen im Bereich der Nukleartech- nik. Dagegen verursachten zwischen Argentinien und Chile ungelöste Territorial- streitigkeiten mehrfach wechselseitige Gewaltdrohungen und führten 1978 nahezu zum Kriegsausbruch. Während sich Argentinien und Brasilien also vor allem einen Wettstreit um ihre Vorrangstellung und ökonomische Fragen lieferten, verzeichnete die chilenisch-argentinische Dyade mehrfach offene militarisierte Dispute. Im Zuge des Demokratisierungsprozesses seit den 1980er Jahren veränderte sich jedoch die Qualität der Beziehungen beider Staatenpaare. Auf hemisphärischer Ebene bewirk- ten das Ende des Kalten Krieges und die demokratischen Transitionsprozesse in der Region eine Vitalisierung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in den Politikbereichen regionale Sicherheit und Demokratieförderung, in deren Verlauf
40

Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

May 08, 2023

Download

Documents

Simon Usherwood
Welcome message from author
This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Page 1: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

117

Sicherheitsinstitutionen für das südliche Lateinamerika: Argentinien – Brasilien und Argentinien – Chile

Brigitte Weiffen

1. Einführung

Am Beispiel des südlichen Lateinamerika lässt sich aufzeigen, wie die Demo-kratisierung der Staaten zur Entstehung und Qualitätsveränderung internationaler Institutionen und auf diesem Wege zur Beilegung überkommener strategischer Riva-litäten beigetragen hat. Trotz eines hohen Niveaus an innerstaatlicher Gewalt und Instabilität, langer Perioden autoritärer Regierung und häufiger Staatsstreiche durch das Militär, brachen im Lateinamerika des 20. Jahrhunderts kaum zwischenstaatli-che Kriege aus, so dass die Region von einigen Autoren als Friedenszone bezeichnet wird (Holsti 1996: 157; Hurrell 1998: 531f; Kacowicz 1998: 67f). An anderer Stelle wird hingegen argumentiert, dass zwar wenige Kriege, wohl aber viele Spannungen, Rivalitäten und Konflikte unterhalb der Kriegsschwelle auftraten (Grabendorff 1982; Child 1985; Mares 2001; Domínguez et al. 2003; Fuentes 2008). Vor allem Grenzstreitigkeiten kamen relativ häufig vor und eskalierten gelegentlich bis hin zum Einsatz militärischer Gewalt (Domínguez et al. 2003: 13).

Diese Diagnose trifft auch für die historische Entwicklung des Südkegels zu. Ne-ben Territorialkonflikten bestand eine tiefer liegende Ursache für die Rivalität der beiden größten südamerikanischen Staaten, Argentinien und Brasilien, im Ringen um die Vorherrschaft in der Region. Über lange Zeiträume hinweg stellten geo-politische Prämissen den interpretativen Rahmen für die zwischenstaatlichen Bezie-hungen dar und bestimmten vor allem in den 1970er Jahren die Außenpolitik der Militärregierungen. Expansionistische Ansprüche, die in die postkoloniale Epoche der Caudillo-Herrschaft zurückreichten, wurden in dieser Phase neu artikuliert (vgl. Child 1985; 1988; Kelly & Child 1988; Kahhat 2005). Auslöser der Spannungen zwischen Argentinien und Brasilien waren Konflikte um Wasserkraftressourcen in ihrer Grenzregion und konkurrierende Entwicklungen im Bereich der Nukleartech-nik. Dagegen verursachten zwischen Argentinien und Chile ungelöste Territorial-streitigkeiten mehrfach wechselseitige Gewaltdrohungen und führten 1978 nahezu zum Kriegsausbruch. Während sich Argentinien und Brasilien also vor allem einen Wettstreit um ihre Vorrangstellung und ökonomische Fragen lieferten, verzeichnete die chilenisch-argentinische Dyade mehrfach offene militarisierte Dispute. Im Zuge des Demokratisierungsprozesses seit den 1980er Jahren veränderte sich jedoch die Qualität der Beziehungen beider Staatenpaare. Auf hemisphärischer Ebene bewirk-ten das Ende des Kalten Krieges und die demokratischen Transitionsprozesse in der Region eine Vitalisierung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in den Politikbereichen regionale Sicherheit und Demokratieförderung, in deren Verlauf

Page 2: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

118

Argentinien, Brasilien und Chile gemeinsame Ziele verfolgten und eine Vorreiterrolle übernahmen. Um ihre Rivalitäten beizulegen, bemühten sich sowohl Argentinien und Chile als auch Argentinien und Brasilien um den Aufbau bilateraler Konsultati-ons- und Kooperationsmechanismen im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungs-politik. Die Vertiefung der außenwirtschaftspolitischen Kooperation wurde ebenfalls auf dem Wege bilateraler Abkommen zwischen Argentinien und Chile sowie zwi-schen Argentinien und Brasilien erreicht, wobei die letztgenannte Dyade durch die Gründung des Mercosur die kleineren Länder der Region in den fortschreitenden wirtschaftlichen Kooperationsprozess einbezog. Infolge der Demokratisierung wurde auf diese Weise in beiden Dyaden das wechselseitige Misstrauen abgebaut.

2. Institutionen und Konfliktaustrag vor der Demokratisierung

2.1 Internationale Institutionen in Lateinamerika

Die Ursprünge des interamerikanischen Systems mit seinen formalen und infor-mellen Institutionen reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Nach den ersten pan-amerikanischen Konferenzen 1826 und 1889/90 wurde zunächst die Internationale Union Amerikanischer Republiken gegründet, die später zur Panamerikanischen Union und schließlich 1948 mit der Unterzeichnung der Charta zur Organisation Amerikanischer Staaten ausgebaut wurde. Von Anfang an verfügte die OAS über in Washington angesiedelte permanente Organe. Die Amtsgeschäfte führen das Gene-ralsekretariat und der Generalsekretär, als politische Entscheidungsorgane fungieren der Ständige Rat, der sich aus Botschaftern der Mitgliedsstaaten zusammensetzt, und die Interamerikanische Konferenz, seit 1970 Generalversammlung genannt, ein im Jahresrhythmus stattfindendes Treffen der Außenminister.

Mehr als die Hälfte der in Artikel 2 der OAS-Charta aufgezählten Organisations-zwecke fallen in den sicherheits- und verteidigungspolitischen Bereich, und in Kapi-tel VI der Charta definiert sich die Organisation als Bündnis kollektiver Sicherheit. Zudem verpflichteten sich die USA und die lateinamerikanischen Staaten angesichts des aufziehenden Kalten Krieges 1947 im Rio-Pakt zum gegenseitigen Beistand im Falle von Angriffen extrakontinentaler Mächte. Allerdings spezifizierte die Charta keine konkreten Maßnahmen als Reaktion auf einen Konflikt zwischen zwei Mit-gliedstaaten oder einen Angriffskrieg von außen. Zugleich schrieb sie das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten fest. Daher war die Organisation nicht in der Lage, auf zwischenstaatliche und innerstaatliche Konflikte in der Region zu reagieren, und während des Kalten Krieges blieb sie, angesichts wiederholter unilateraler Interventionen der USA vor allem in Zentralamerika, untätig (vgl. Vaky 1993; Mares 1997: 206f). Brock (1978) ist sogar der Ansicht, die USA hätten das Interventionsverbot der OAS zur Rechtfertigung ihres Eingreifens benutzt, indem sie ihr Handeln als Verteidigung der Souveränität des betroffenen Staates gegen die Einflussnahme des „internationalen Kommunismus“ interpretierten.

Page 3: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

119

Die durch die Kuba-Krise geschürte Angst vor einer nuklearen Konfrontation auf dem amerikanischen Kontinent führte dazu, dass Lateinamerika im Vertrag von Tlatelolco (1967) zur atomwaffenfreien Zone erklärt wurde. Mit der OPANAL (Or-ganismo para la Proscripción de las Armas Nucleares en la América Latina y el Caribe/ Agency for the Prohibition of Nuclear Weapons in Latin America and the Caribbean) wurde eine internationale Institution geschaffen, welche die Einhaltung des Vertrages überwachen sollte. Allerdings wurde der Vertrag erst 1994 für den gesamten Subkontinent wirksam, da Argentinien und Brasilien ihn lediglich deklara-torisch unterstützten und sich die Fortsetzung ihrer eigenen Atomwaffenprogramme vorbehalten hatten (Davies 2004: 57f).

Die ersten Versuche einer Koordination der Außenwirtschaftspolitik in Latein-amerika vollzogen sich unter dem Vorzeichen der Entwicklungsstrategie der import-substituierenden Industrialisierung. Dabei wurde eine Intensivierung des Handels mit Fertigprodukten innerhalb der Region bei gleichzeitiger Abschottung nach au-ßen durch hohe Außenzölle angestrebt (Bulner-Thomas 1997a: 232f.). Mit diesen Zielen rief der Vertrag von Montevideo (1960) die Lateinamerikanische Freihan-delsvereinigung (Asociación Latinoamericana de Libre Comercio – ALALC/ Latin American Free Trade Association - LAFTA) ins Leben, in der neben Argentinien, Brasilien und Chile auch Peru, Paraguay und Uruguay Gründungsmitglieder waren und der in den folgenden Jahren Kolumbien, Ecuador, Venezuela und Bolivien bei-traten. Der Fahrplan für den Integrationsprozess wurde jedoch wiederholt modifi-ziert und das Ziel der Schaffung einer Freihandelszone bis Anfang der 1970er Jahre nicht erreicht. Alsdann formierte sich 1975 auf mexikanische Initiative hin die SELA (Sistema Económico Latinoamericano y del Caribe), die im Unterschied zur LAFTA auch kleine zentralamerikanische und karibische Staaten einbezog. Dieses umfas-sende Projekt fand jedoch in den LAFTA-Staaten kaum Unterstützung.

Als 1980 der Vertrag von Montevideo auslief, standen die meisten Mitglieds-länder unter der Herrschaft von Militärregierungen, die wenig Neigung zur Abgabe nationaler Souveränität zugunsten regionaler Integration zeigten (Bulner-Thomas 1997a: 238). Der 1980 verabschiedete Folgevertrag von Montevideo spiegelt diesen Skeptizismus wider, so dass die als Nachfolgeorganisation der LAFTA geschaffene Vereinigung für Lateinamerikanische Integration (Asociación Latinoamericana de Integración – ALADI/ Latin American Integration Association – LAIA) nur ein loser Verbund mit begrenzter Zielsetzung blieb.

Insgesamt bestanden die internationalen Institutionen vorwiegend in periodischen Gipfeltreffen und Konsultationen auf höchster Regierungsebene, deren Ergebnisse meist nicht über symbolische Politik hinausgingen. Die OAS als wichtigste regionale Sicherheitsinstitution war durch die Konfliktdynamik des Kalten Krieges gelähmt und konnte Rivalitäten in der Region und ein hohes Spannungsniveau zwischen den Rivalen nicht verhindern. Zwar wurde das Ziel der ökonomischen Kooperation in Lateinamerika mehrfach in Angriff genommen, doch die ambitionierten Zeitpläne wurden aufgrund zu hoher Bürokratisierung der Institutionen, ihrer zu geringen Durchsetzungsfähigkeit und wiederholter Alleingänge der Mitgliedsstaaten niemals eingehalten (Barrios 1999; Peña 1999: 52). Die bestehenden intergouvernementalen Institutionen konnten daher keinen Beitrag zur Einhegung der Rivalitäten leisten und ein hohes Spannungsniveau bestand fort.

Page 4: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

120

2.2 Genese und Gegenstände der Konflikte im südlichen Lateinamerika

2.2.1 Argentinien - Brasilien

Seit der Kolonialzeit konkurrierten Brasilien und Argentinien um die Vormacht-stellung in Südamerika und setzen damit den ältesten lateinamerikanischen Konflikt fort, den Kampf der spanisch- und der portugiesischsprachigen Welt um Einfluss in der westlichen Hemisphäre (Child 1985: 98; Birle 2006). Ein dreijähriger Krieg zwischen den beiden Staaten um den La Plata-Raum endete 1828 mit der Ent-scheidung, durch die Entlassung Uruguays in die Unabhängigkeit einen Pufferstaat zu errichten. Nachdem 1898 der exakte Grenzverlauf zwischen Argentinien und Brasilien in einem Schiedsgerichtsverfahren festgelegt worden war, kam es zu kei-ner militärischen Konfrontation mehr.

Wiederholt ergaben sich Momente von Kooperation, so zum Beispiel im von Ar-gentinien, Brasilien und Uruguay gemeinsam geführten Tripelallianz-Krieg gegen Paraguay (1865-1870). Im Jahr 1904 versuchte der brasilianische Außenminister Rio Branco ein Abkommen (ABC-Pakt) zwischen Argentinien, Brasilien und Chile zu verwirklichen (Jaguaribe 2005: 44). In den 1930er Jahren nahmen die argentinisch-brasilianischen Wirtschaftsbeziehungen erstmals eine dynamische Entwicklung, und Ende der 1950er Jahre führten die von der UN-Wirtschaftskommission für Latein-amerika und die Karibik (CEPAL) vorgeschlagenen Konzepte zur Überwindung der Unterentwicklung zu einem Gemeinschaftsbewusstsein auf dem Subkontinent und einer vorübergehenden Suspendierung der argentinisch-brasilianischen Rivalität (Birle 2006: 322ff). Nichtsdestotrotz traten in den Phasen dazwischen immer wieder Spannungen auf, zum einen wegen des unterschiedlichen Verhältnisses zu Europa und den USA, zum anderen aufgrund des wachsenden militärischen und ökono-mischen Ungleichgewichts. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts lieferten sich beide Staaten ein Wettrüsten, bei dem sich spätestens nach dem Ende des 2. Weltkriegs angesichts des wirtschaftlichen Niedergangs Argentiniens der Vorsprung Brasiliens immer stärker abzeichnete (Mares 1998: 144-147).

Besonders intensiv war die Rivalität in den 1960er und 1970er Jahren ausgeprägt. Nach der Machtübernahme durch die Streitkräfte in Brasilien 1964 und den wieder-holten Militärputschen in Argentinien (1962, 1966 und 1976) gewannen geopolitische Doktrinen und Bedrohungsszenarien in beiden Ländern an Relevanz. Aufgrund der wirtschaftlichen Erfolge Brasiliens verfiel die dortige Militärregierung in einen übersteigerten Nationalismus und beanspruchte eine Hegemonialstellung in Latein-amerika (Birle 2006: 326). Bei militärischen Übungen war der Krieg gegen den Nachbarn Argentinien das am häufigsten durchgespielte Szenario.1 Seit den 1960er Jahren hatte die Rivalität zudem eine nukleare Dimension, da beide Staaten spaltbares

1 Interview mit Direktor des Forschungsinstituts für internationale Studien im brasilianischen Außenministerium (Brasília, 21.8.2006).

Page 5: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

121

Material besaßen und sich mit dem Gedanken der Entwicklung von Atomwaffen trugen. Zudem lehnten sie das globale Nichtverbreitungsregime ab und verhinderten faktisch die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Lateinamerika, indem Ar-gentinien die Ratifikation des Vertrags von Tlatelolco verweigerte und Brasilien eine Sonderklausel durchsetzte, die seine Selbstverpflichtung einschränkte.

Daneben drehten sich die Auseinandersetzungen zwischen Brasilien und Argenti-nien um natürliche Ressourcen. Die argentinische Regierung opponierte gegen den von brasilianischer Seite geplanten Bau eines Wasserkraftwerks in der Grenzregion zwischen Argentinien, Brasilien und Paraguay, was die brasilianische Regierung aber nicht an der Unterzeichnung eines entsprechenden Abkommens mit Paraguay hinderte. Weitere Streitpunkte waren der Zugang zu bolivianischem Öl und Gas sowie zum Südatlantik und den Reichtümern der Antarktis. Vor dem Hintergrund der Ölkrise in den 1970er Jahren verschärften sich diese Ressourcenkonflikte. Auf-grund des hohen Spannungsniveaus zwischen den beiden Rivalen war die ökonomi-sche Interdependenz traditionell gering. Der bilaterale Güteraustausch blieb margi-nal: Weniger als zehn Prozent der Exporte flossen 1970 ins jeweilige Nachbarland (Resende-Santos 2002: 94). Die Integrationsbemühungen der 1960er bis 1980er Jahre wurden zudem von der protektionistischen Politik der importsubstituierenden Industrialisierung behindert.

Bereits in der Zeit der Militärdiktatur begann jedoch eine vorsichtige Annäherung in einigen Streitfragen. Vor allem auf argentinischer Seite profilierten sich neben dem Lager der Konfliktorientierten, die angesichts des wachsenden Machtungleich-gewichts zum Gegenangriff gegen Brasilien ausholen wollten, die Anhänger einer kooperationsorientierten Sichtweise, die auf gemeinsame Interessen bei der Be-kämpfung der Unterentwicklung und der Positionierung beider Länder im inter-nationalen System hinwiesen (Russell/Tokatlián 2003: 40f). Die ersten Schritte in Richtung Kooperation Ende der 1970er Jahre fanden vor dem Hintergrund einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen Brasilien und den USA statt. So liegen die Ursprünge der Kooperation im Bereich der Kernenergie im gemeinsamen Wi-derstand gegen externen Druck von Seiten der USA. Als der Abschluss eines Nukle-arabkommens zwischen Brasilien und der Bundesrepublik Deutschland Mitte der 1970er Jahre eine diplomatische Intervention aus Washington auslöste, stellte sich Argentinien mit einem Plädoyer für das Recht Brasiliens zum Erwerb sensitiver Nukleartechnologie an die Seite seines Nachbarlandes. Im Januar 1977 verab-schiedeten Argentinien und Brasilien ein gemeinsames Kommuniqué, in dem sie sich für eine bessere Koordination der beiden Staaten in der Nuklearpolitik und bei den entsprechenden Entwicklungsprogrammen aussprachen (Redick 1995, 2000; Davies 2004).

Daneben wurde 1979 nach mehrjährigen Verhandlungen der Itaipú-Corpus-Vertrag als Dreiparteien-Abkommen zwischen Argentinien, Brasilien und Paraguay unterschrieben, um die Auseinandersetzungen um die Nutzung der Wasserkraft-ressourcen in der Grenzregion zwischen den drei Ländern beizulegen (vgl. Resende-Santos 2002). Damit verbesserten sich die diplomatischen Beziehungen erheblich. 1980 stattete der brasilianische Präsident erstmals seit 45 Jahren Argentinien einen Staatsbesuch ab, bei dem mehrere bilaterale Abkommen, unter anderem zur friedli-chen Nutzung der Kernenergie und zur Kooperation der kerntechnischen Industrien,

Page 6: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

122

unterzeichnet wurden (Redick 1995; Resende-Santos 2002; Davies 2004). Während des Falkland/Malvinen-Konfliktes im Jahr 1982 unterstützte Brasilien die argentini-schen Rechtsansprüche auf die Inselgruppe im Südatlantik und vertiefte damit das entstehende Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Ländern. Anders als in den vorangegangenen Jahrzehnten blieb die seit Ende der 1970er Jahre angestoßene Kooperation keine kurzfristige Episode zwischen zwei konfliktbelasteten Zeitab-schnitten, sondern markierte den Beginn eines qualitativen Wandels der bilateralen Beziehungen.

2.2.2 Argentinien – Chile

Trotz der ehemals großen Zahl ungelöster Territorialkonflikte brach zwischen Argentinien und Chile nie ein offener Krieg aus. Allerdings beeinträchtigten latente Spannungen stets das Verhältnis zwischen den beiden Staaten (vgl. Flemes 2003: 10f.; Rojas Aravena 1998, 2003; Mares 1998: 147ff). Nachdem sich Argentinien und Chile im 19. Jahrhundert ungefähr auf dem gleichen Entwicklungsstand befan-den, erlebte Argentinien Anfang des 20. Jahrhunderts einen Bevölkerungszuwachs durch den Zustrom von Immigranten aus Europa und in der Folge eine Phase der wirtschaftlichen Prosperität, so dass sich sein Wohlstandsniveau binnen kurzer Zeit an das der westeuropäischen Länder anglich. In Chile verstärkte sich aufgrund des zunehmenden Ungleichgewichts zu seinen Ungunsten das Gefühl der Verwundbar-keit. Andererseits konsolidierten sich Staat und Verwaltung in Chile sehr früh, wo-hingegen das politische System in Argentinien immer wieder zwischen Demokratie und verschiedenen Formen des Autoritarismus oszillierte. Daneben haben die beiden Länder die drittlängste Grenzlinie der Welt, was für großes Konfliktpotential sorgte. In mehreren Situationen kam es zu Drohgebärden und militarisierten Disputen un-terhalb der Kriegsschwelle. Die Rivalität zwischen Argentinien und Chile war glei-chermaßen ein Territorial- wie auch ein Ressourcenkonflikt, da der Grenzverlauf im Südatlantik Auswirkungen auf den Zugang zur Antarktis hat (Child 1985: 82).

1902 unterzeichneten Argentinien und Chile ein Vertragswerk, die Pactos de Mayo, das die beidseitige Abrüstung und eine Beilegung der Grenzstreitigkeiten vorsah. Der Vertrag etablierte das so genannte bi-ozeanische Prinzip, nach dem Argentinien den Südatlantik und Chile den Südpazifik kontrollieren sollte. Dabei wurde der Beagle-Kanal als geographisches Verbindungsstück zwischen den Oze-anen zur natürlichen südlichsten Grenze zwischen den beiden Staaten. Allerdings versäumten es die beiden Staaten, den genauen Verlauf der Seegrenze im Beagle-Kanal festzulegen, was den mehrfachen Ausbruch von Territorialkonflikten zur Folge hatte. Beispielsweise wurde 1958 nach einer Auseinandersetzung um die Installation eines Leuchtturms die unbewohnte Insel Snipe von den Argentiniern zeitweilig besetzt, was beinahe einen chilenischen Angriff herausgefordert hätte. In den 1970er Jahren entbrannte ein Streit um den ungeklärten Grenzverlauf zwi-schen den Inseln Picton, Lennox und Nueva. Gemäß den Vorgaben der Pactos de Mayo fungierte Großbritannien als Schlichter und fällte 1977 einen verbindlichen Schiedsspruch zu Gunsten Chiles. Die argentinische Militärjunta vertrat jedoch

Page 7: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

123

den Standpunkt, dass Argentinien sowohl die Magellanstraße als auch den Beagle-Kanal kontrollieren müsse, weigerte sich daher, das britische Urteil zu akzeptieren und verlangte Neuverhandlungen auf bilateraler Ebene. Daraufhin mobilisierten beide Staaten ihre Seestreitkräfte und wären im Dezember 1978 beinahe in einen Krieg eingetreten. Erst als sich der Vatikan um Vermittlung bemühte, begannen Verhandlungen über eine friedliche Lösung (vgl. Child 1985: 77ff.; Kahhat 2005; Laudy 2000).

Die formale Beilegung der Streitigkeiten um den Beagle-Kanal erfolgte schließ-lich 1984. Als Endergebnis der Vermittlungsbemühungen durch den päpstlichen Nuntius, Kardinal Samoré, unterzeichneten Argentinien und Chile eine Friedens- und Freundschaftserklärung, die im gleichen Jahr von den argentinischen Wählern in einem Referendum bestätigt wurde. Das Abkommen trat 1985 in Kraft und sah ein Instrumentarium von Konfliktlösungsmechanismen vor, die von direkten bilate-ralen Verhandlungen bis zur Überweisung an den Internationalen Gerichtshof reich-ten (Rojas Aravena 1998: 89). Nach der chilenischen Demokratisierung konnte im Verlauf der 1990er Jahre unter Rückgriff auf diese Mechanismen eine Einigung in den noch offenen Grenzfragen erzielt werden.

3. Institutionen und Konfliktaustrag nach der Demokratisierung

Dieser Abschnitt untersucht, wie sich die internationalen Institutionen in Lateiname-rika verändert haben, nachdem die Region von der „dritten Welle der Demokratisie-rung“ (Huntington 1991) erfasst wurde. Dabei finden sowohl Wandlungsprozesse schon bestehender als auch die Schaffung neuer Institutionen Berücksichtigung. Wenn insbesondere interdemokratische Institutionen für die Schaffung des demokra-tischen Friedens von Bedeutung sind (vgl. Hasenclever 2002; Hasenclever/Weiffen 2006, 2007), müssten bei einem Vergleich der Zeitabschnitte vor und nach der De-mokratisierung ein Zuwachs sowie ein qualitativer Wandel der zwischenstaatlichen Institutionen zu beobachten sein. Diese Entwicklungen sollten dazu beitragen, dass die Staatenpaare ein vertieftes Niveau von sicherheitspolitischer Stabilität und außenwirtschaftspolitischer Kooperation erreichen, die sich auch im Angesicht neu-er Herausforderungen bewähren. Demnach müsste sich in krisenhaften Situationen zeigen, dass die Staaten auf die Institutionen zurückgreifen, um die Krise beizulegen oder dass zumindest der Fortbestand der Institutionen durch die Krise nicht gefährdet, sondern ihre Stärkung und Weiterentwicklung als noch wichtiger bewertet werden und dass dies besonders gut aufgrund der Formmerkmale der Institutionen gelingt.

Im Folgenden wird zunächst aufgezeigt, dass bestimmte Konfliktlagen trotz Demokratisierung Bestand hatten (Abschnitt 3.1.). Sie provozierten allerdings dank der stärkeren Verregelung der Beziehungen keine sicherheitspolitischen Spannungen mehr und beeinträchtigten die Kooperation nicht. Im Anschluss wird für den lateinamerikanischen Kontinent insgesamt (Abschnitt 3.2.) und dann für die beiden Dyaden im Südkegel (Abschnitt 3.3.) das Wachstum der institutionel-len Verflechtungen nach der Demokratisierung betrachtet, welches für die zuneh-mende Stabilität und Kooperation ursächlich ist.

Page 8: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

124

3.1 Konfliktlagen trotz Demokratisierung

3.1.1 Argentinien – Brasilien

Die argentinisch-brasilianische Streitbeilegung im Zuge der jüngsten Demokrati-sierungswelle vollzog sich nach fast zwei Jahrhunderten der wechselseitigen Ver-dächtigungen und Bedrohungswahrnehmungen sowie des Wettstreits um die Aus-weitung des Einflussbereichs in der Region. Da allerdings im Verlauf des 20. Jahr-hunderts kein militarisierter Konflikt aufgetreten war, hatte die Errichtung von Sicherheitsinstitutionen keine Priorität. Angesichts der lateinamerikanischen Schul-denkrise in den 1980er Jahren wuchs aber in beiden Staaten das Bewusstsein, dass verstärkte wirtschaftliche Interaktion die Wettbewerbsfähigkeit der Subregion im internationalen System verbessern könnte. Zu diesem Zweck musste das verbliebene Misstrauen abgebaut werden. Die neuen Sicherheitsinstitutionen entstanden somit als Nebenprodukt der ökonomischen Kooperation.

Obwohl gegen Ende der Militärherrschaft einige Streitpunkte hatten beigelegt werden können, waren nach der Demokratisierung die Konflikte aufgrund unter-schiedlicher außenpolitischer Ziele sowie um die Vormachtstellung in der Region und den Zugang zu Ressourcen nicht völlig verschwunden. Die Unstimmigkeiten hinsichtlich der außenpolitischen Ziele bestanden vor allem in divergierenden Positio-nen gegenüber einem dritten Staat, den USA (Domínguez 1998; Hirst 1998; Escudé/ Fontana 1998). Die argentinische Regierung unter Menem sah das enge Verhältnis zur Hegemonialmacht USA und die Teilnahme im Regionalbündnis Mercosur als komplementär an und unterstützte den von der US-Regierung initiierten Plan zur Schaffung einer gesamtamerikanischen Freihandelszone. Die engen Beziehungen zwischen den USA und Argentinien unter der Präsidentschaft von Menem gipfelten 1996 im Angebot Bill Clintons eines privilegierten Status als Nicht-NATO-Mitglied. Demgegenüber interpretierte Brasilien die Gründung des Mercosur als ersten Schritt auf dem Weg zu einer südamerikanischen Freihandelszone und war auf seine Auto-nomie und die Abwehr nordamerikanischer Versuche der Herrschaftsausdehnung bedacht (Bodemer 2002: 193). Darüber hinaus kam es im Südkegel wiederholt zu Spannungen aufgrund des Führungsanspruchs Brasiliens, der vor allem von Argen-tinien und Chile mit Unwillen zur Kenntnis genommen wurde. Nachdem Brasilien Anspruch auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat erhoben und Präsident Clinton dieses Ansinnen unterstützt hatte, protestierten Argentinien und Chile scharf (Domínguez 2004).

Weit schwerwiegender fielen jedoch die bilateralen ökonomischen Spannungen aus, die vor allem infolge der Devaluation des Real 1999 sowie der argentinischen Finanzkrise im Jahr 2001 auftraten. Aufgrund der Dollarverankerung der brasiliani-schen Währung verzeichnete die brasilianische Regierung 1998 ein hohes Leis-tungsbilanzdefizit. Anfang 1999 gab sie die Verteidigung des Real-Kurses auf. Die folgende starke Abwertung wurde zwar von vielen brasilianischen Unternehmern begrüßt, hatte aber gleichzeitig massive negative Auswirkungen auf die Volkswirt-

Page 9: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

125

schaft des Nachbarlandes Argentinien, das zunächst an der Dollarparität des Peso festhielt. Das Ungleichgewicht zwischen dem offiziellen Wechselkurs und dem tatsächlichen Wert der argentinischen Währung verstärkte sich in der Folgezeit zu-sehends, Kapitalflucht setzte ein, und das ohnehin hoch verschuldete Land musste immer neue Kredite aufnehmen. Ende 2001 wurde das Land schließlich zahlungsun-fähig. Die Krise löste gewaltsame Unruhen aus und führte zum Sturz der argentini-schen Regierung unter Präsident De la Rúa. Anfang 2002 musste der Peso zunächst moderat abgewertet und schließlich der Wechselkurs ganz freigegeben werden.

3.1.2 Argentinien – Chile

Der argentinisch-chilenische Friedens- und Freundschaftsvertrag von 1984 sah zwar Mechanismen zur Konfliktlösung vor, um noch ausstehende Grenzstreitigkeiten beizulegen, jedoch kam die Dynamik der bilateralen Annäherung erst nach der Re-demokratisierung Chiles voll in Gang (Flemes 2003: 19-20). Die Anstrengungen der ersten demokratisch gewählten Regierung unter Patricio Aylwin richteten sich auf die internationale Wiedereingliederung Chiles, was vor allem die Akzeptanz von Demokratiestandards und die Reaktivierung der traditionellen Führungsrolle Chiles in multilateralen Organisationen beinhaltete (Wilhelmy/Durán 2003: 280; Barrios 2004). Bereits bei seiner Amtseinführung führte Aylwin mit dem argentinischen Präsidenten Menem ein Gespräch über die noch ausstehenden Grenzfragen, und 1991 wurde eine bilaterale Kommission eingesetzt, welche die Aufgabe hatte, alle Differenzen hinsichtlich des Grenzverlaufs zwischen den beiden Staaten auszuräu-men. 22 von 24 strittigen Fragen konnten auf diese Weise geregelt werden.

Die beiden verbliebenen Probleme wurden gemäß den im Friedens- und Freund-schaftsvertrag vorgesehenen Regelungen gelöst: Die Laguna del Desierto, eine Seenregion im südlichen Patagonien, wurde 1994 von einem lateinamerikanischen Schiedsgericht am Sitz des Interamerican Council of Jurists in Rio de Janeiro in einer ersten Entscheidung Argentinien zugesprochen. Obwohl sich Chile um eine Revision bemühte, wurde das ursprüngliche Urteil bestätigt und die Region blieb unter argentinischer Kontrolle (Rojas Aravena 1998: 89f). Die Streitigkeit um die Gletscherregion Campos de Hielo Sur wurde durch die außenpolitischen Ausschüsse der Abgeordnetenhäuser beider Länder bearbeitet.2 Nachdem der Vertrag zur Beile-gung der Angelegenheit 1998 von den Kongressen beider Länder verabschiedet wurde, steht aufgrund der schweren Zugänglichkeit des Areals die Demarkation des Grenzverlaufs noch aus.

Angesichts der noch nicht lange zurückliegenden militärischen Konfrontation im Beagle-Kanal, der zahlreichen weiteren Territorialstreitigkeiten, deren Beilegung in

2 Interview mit Referent des Verteidigungsausschusses im argentinischen Senat (Buenos Aires, 12.7.2006), Interview mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter des Think Tanks Consejo Argentino para las Relaciones Internacionales (Buenos Aires, 13.7.2006), Interview mit ei-nem Senator/Mitglied des Ausschusses für internationale Beziehungen im chilenischen Senat (Valparaíso, 1.8.2006).

Page 10: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

126

Chile innenpolitisch umstritten war und des politischen Einflusses des chilenischen Militärs bestand in den 1990er Jahren seitens beider Regierungen ein großes Be-dürfnis zur Bearbeitung dieser Sicherheitssorgen durch bilaterale und multilaterale Institutionen. Neben dem Aufbau von Vertrauen zwischen den ehemaligen Rivalen erfüllten diese Institutionen für die chilenische Regierung auch die von Mansfield und Pevehouse (2006, 2008) dargestellte Funktion der Absicherung gegen undemo-kratische Kräfte in Militär und Gesellschaft mittels internationaler Selbstverpflich-tung zu Demokratie und friedlicher Kooperation.

Auf der Ebene der Außen- und Sicherheitspolitik kam es in den 1990er Jahren durchaus zu Spannungsmomenten. So hoben die USA das Waffenembargo gegen Chile auf und ermöglichten dem Land den Kauf von F-16-Kampfflugzeugen. Auf diese Weise geriet das militärische Gleichgewicht zwischen Argentinien und Chile ins Wanken. Um Argentinien, das gegen die Unterstützung der chilenischen Aufrüs-tung protestiert hatte, versöhnlich zu stimmen, bot die Regierung Clinton Präsident Menem den Status eines speziellen Alliierten außerhalb der NATO an, was wieder-um Proteste von chilenischer Seite auslöste, da Chile nun seinerseits das Macht-gleichgewicht in der Region gefährdet sah (Domínguez 2004: 50).

Zudem ergaben sich zwischen Argentinien und Chile mehrfach Krisensituationen aufgrund von Streitigkeiten um Gaslieferungen. Da Erdöl und Erdgas auch in La-teinamerika als strategische Ressourcen gelten, gehören Ressourcenkonflikte nach Einschätzung einiger Beobachter zu den gefährlicheren Bedrohungen des Friedens in der Region.3 Ebenso wie zwischen Argentinien und Brasilien – wenn auch in geringerem Ausmaße – traten nach der Demokratisierung wiederholt Handels-konflikte auf, die jedoch keine wechselseitige Bedrohungswahrnehmung impli-zierten und nicht eskalierten.

3.2 Internationale Institutionen

Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts und der Demokratisierung ihrer Mitglieds-staaten erfuhr die OAS als regionale Sicherheitsinstitution in den 1990er Jahren eine Belebung (vgl. Muñoz 1993; Kurtenbach 2002). Bei der Generalversammlung in Santiago de Chile 1991 verpflichteten sich die Mitglieder zu einer Anpassung des interamerikanischen Sicherheitssystems an den neuen weltpolitischen Kontext nach dem Ende des Kalten Krieges.

Die institutionelle Struktur der OAS wurde ausgebaut. Insbesondere in den Berei-chen Demokratieförderung und Konfliktbearbeitung entstanden neue OAS-Unterorganisationen wie die 1990 geschaffene Unit für the Promotion of Democra-cy, die unter anderem für Wahlbeobachtung zuständig ist, oder der 2000 eingerichte-te Fund for Peace, der sich mehrfach bei zwischenstaatlichen Konflikten um Ver-

3 Interview mit einem Spezialisten für strategische Studien (Buenos Aires, 15.7.2006); optimis-tischer dagegen Hira/Amaya 2003; Burges 2005; Linkohr 2006: 119, die die Notwendigkeit zur Kooperation in Energiefragen als wichtigen Impuls für lateinamerikanische Integrations-projekte ansehen.

Page 11: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

127

mittlung bemüht hat. Zu Beginn des neuen Jahrtausends fand eine Neuorganisation des Generalsekretariats statt, wodurch die inhaltliche Zuständigkeit der verschiedenen Abteilungen klar gegliedert wurde. Laut Bericht des Generalsekretärs verfügte das Generalsekretariat 2007 über einen Stab von insgesamt 724 Mitarbeitern, von denen 131 am Hauptsitz in Washington und 593 an anderen Orten beschäftigt waren (OAS 2008: 175).

Die wichtigste institutionelle Innovation der OAS in den 1990er Jahren im Be-reich der Sicherheitspolitik war die Schaffung des Komitees für hemisphärische Sicherheit (Comité de Seguridad Hemisférica – CSH). Zunächst als Spezialkommission ins Leben gerufen, avancierte es 1995 zu einem permanenten Komitee des Ständigen Rates und damit zum festen Bestandteil der Organstruktur der OAS. Dem Komitee wurde die Aufgabe zugewiesen, eine neue Sicherheitsdefinition für die Zeit nach dem Kalten Krieg zu erarbeiten. Diese Initiative gipfelte in der 2003 verabschiede-ten Erklärung zur Sicherheit auf dem amerikanischen Kontinent (vgl. Radseck 2005; Rojas Aravena 2005). Zudem befasste sich das CSH mit vertrauensbildenden Maß-nahmen als Instrument zur gemeinsamen Bewältigung sicherheits- und verteidi-gungspolitischer Fragen. Die ehemals rivalisierenden Armeen von Argentinien, Brasilien und Chile führten seit der Demokratisierung zahlreiche vertrauensbildende Maßnahmen durch, weshalb besonders diese drei Staaten für die Behandlung des Themas auf hemisphärischer Ebene warben.4

Alle Mitgliedstaaten unterhalten ständige Vertretungen bei der OAS in Washing-ton, im Falle von kleinen Staaten mit zwei bis sechs und im Falle der größeren Staa-ten mit sieben bis zwanzig Diplomaten besetzt, die ihr Land in den unterschiedli-chen Organen der OAS vertreten, Sitzungen inhaltlich vorbereiten oder logistisch koordinieren. Auf diese Weise kommt es zu zahlreichen formalen und informellen Kontakten zwischen Repräsentanten der Länder des amerikanischen Kontinents.

Die gesellschaftliche Vernetzung der OAS erlebte dank der Demokratisierung ihrer Mitgliedstaaten einen Wachstumsschub. Nichtregierungsorganisationen (NROs) und soziale Bewegungen in Lateinamerika versuchen verstärkt, transnationale Kontakte zu knüpfen und Zugang zu den internationalen Organisationen zu bekommen (Dem-binski/Freistein/Weiffen 2006; Grugel 2006). Im Bereich Sicherheits- und Verteidi-gungspolitik handelt es sich vor allem um epistemische Gemeinschaften: So verfolgt das Netzwerk für Sicherheit und Verteidigung in Lateinamerika (Red de Seguridad y Defensa de América Latina - RESDAL) das Ziel, in diesen Themenbereichen arbei-tende NROs, Wissenschaftler und Regierungsinstitutionen miteinander in Kontakt zu bringen. Zudem möchte es zur Verbreitung von Informationen beitragen und hat daher einen „Vergleichenden Atlas zur Verteidigungspolitik in Lateinamerika“ zu-sammengestellt, der inzwischen jährlich aktualisiert wird und auch als elektronische Version verfügbar ist.5

4 Interview mit Abteilungsleiter des OAS-Generalsekretariats, Secretariat for Multidimensional Security, und Interview mit einem Botschaftsrat der argentinischen Vertretung bei der OAS (beide Washington DC, 7.9.2006).

5 Vgl. http://atlas.resdal.org.ar/.

Page 12: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

128

Die OAS entwickelte seit den 1990er Jahren ihrerseits Initiativen, um mit zivil-gesellschaftlichen Organisationen in Dialog zu treten und ihnen eine Beteiligung in den verschiedenen Organen und Sonderorganisationen zu ermöglichen. In mehreren Messungen der Transparenz internationaler Organisationen, mit denen Grigorescu (2007) die Informationspolitik gegenüber NROs und die öffentliche Zugänglichkeit von Informationen erfasst, schneidet die OAS deutlich besser ab als etwa die ASEAN. Im Moment können partizipationswillige NROs drei formelle Wege beschreiten:6

Die erste Möglichkeit ist die formale Akkreditierung. Akkreditierte Organisationen erhalten regelmäßige Einladungen zu Sitzungen und Informationen über die Tages-ordnung. Die Zahl der akkreditierten Organisationen ist in den vergangenen Jahren stetig angestiegen und lag im März 2010 bei 308.7 Zweitens können sich Organisati-onen auch ohne formelle Registrierung beteiligen, indem sie öffentlichen Sitzungen während der Sitzungsperiode der Generalversammlung und im Rahmen von Son-derkonferenzen beiwohnen. Eine dritte Möglichkeit besteht in Kooperationsabkom-men mit dem Generalsekretariat oder spezialisierten OAS-Unterorganisationen. Auch das OAS-Sicherheitskomitee führt eine Liste mit Spezialisten im Bereich Sicherheits- und Verteidigungspolitik in fast allen Mitgliedsländern, auf deren Ex-pertise häufig zurückgegriffen wird.

Die OAS hat sich nach der Demokratisierung in Lateinamerika gewandelt und transgouvernementale und transnationale Vernetzungsstrukturen ausgebildet. Die Kontaktfrequenz zwischen den Staaten auch unterhalb der Regierungsebene erhöhte sich vor allem in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik dank der verstärkten OAS-Aktivitäten und der neuen Organe in diesem Bereich. Besonders die ehemals rivalisierenden Staaten des Südkegels kooperieren innerhalb der OAS und setzen gemeinsam thematische Schwerpunkte, wie die Neuorganisation der zivil-militärischen Beziehungen nach Phasen der Militärdiktatur, die Trennung von inne-rer Sicherheit und Verteidigung, oder die Förderung vertrauensbildender Maßnah-men zwischen Staaten in der Hemisphäre.

Außerhalb des institutionellen Rahmens der OAS brachten die 1990er Jahre eben-falls neue Ansätze zur Kooperation im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungs-politik. Bei den Gipfeltreffen der amerikanischen Staaten (Summit of the Americas), deren erstes 1994 in Miami organisiert wurde, spielte das Thema zwar nur eine un-tergeordnete Rolle, ein wichtiges Diskussionsforum stellen hingegen die amerikani-schen Verteidigungsministerkonferenzen dar. Sie nahmen 1995 mit einer ersten vom damaligen US-Verteidigungsminister angestoßenen Zusammenkunft in Williams-burg, Virginia, ihren Ausgang und seither finden ca. alle zwei Jahre Folgetreffen statt (vgl. Fontana 2003: 187ff).

6 Interview mit Senior-Berater des OAS-Generalsekretariats, Summits of the Americas Secre-tariat (Washington DC, 6.9.2006); vgl. auch OAS 2005: 18-23.

7 Vgl. http://www.civil-society.oas.org/Registry_ENG.htm (eingesehen am 3.3.2010).

Page 13: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

129

3.3 Bilaterale Institutionen im südlichen Lateinamerika

3.3.1 Argentinien - Brasilien

3.3.1.1 Institutionelle Entwicklungen im Bereich Sicherheitspolitik

Angesichts der Spannungen wegen nuklearer Fragen in der Vergangenheit stand beim Aufbau bilateraler Sicherheitsinstitutionen dieses Thema zunächst im Mittel-punkt. Obwohl bereits in den späten 1970er Jahren der Grundstein für die zwischen-staatliche Kooperation beim Umgang mit spaltbarem Material gelegt wurde, waren die damals getroffenen Vereinbarungen lediglich von symbolischer Bedeutung (Re-dick 1995: 20). Eine Verstetigung und Institutionalisierung der Kooperation fand erst ab Mitte der 1980er Jahre statt, als beide Staaten sich im Prozess der Demokra-tisierung befanden (Schmitter 1991: 104; Brigagao/Valle Fonrouge 1999: 11; Lipson 2003: 144f; Sotomayor Velázquez 2004: 30). Die erste „Gemeinsame Erklärung über Nuklearpolitik“ (Declaración Conjunta sobre Política Nuclear) wurde 1985 in Foz de Iguazú unterzeichnet und in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre folgten die Erklärungen von Brasilia (1986), Viedma (1987), Iperó (1988) und Ezeiza (1988). Dieser Prozess mündete in die im Jahre 1990 wiederum in Foz de Iguazú verab-schiedete „Erklärung über eine Gemeinsame Nuklearpolitik“ (Declaración sobre Política Nuclear Común) und in das „Abkommen von Guadalajara über den aus-schließlich friedlichen Gebrauch von Nuklearenergie“, das im Dezember 1991 in Kraft trat. In der Erklärung von Foz de Iguazú willigten die beiden Staaten in die gegenseitige Offenlegung und Inspektion aller Nuklearanlagen ein, errichteten eine Kontrollinstanz, das SCCC (Sistema Común de Contabilidad y Control de Materiales)und bekundeten ihre Absicht, Verhandlungen mit der Internationalen Atomenergie-behörde aufzunehmen (Fontana 2001: 49-59; Sotomayor Velázquez 2004).

Um das SCCC umzusetzen, schuf das Abkommen von 1991 zudem die Argenti-nisch-Brasilianische Agentur für Prüfung und Kontrolle spaltbaren Materials (Agencia Brasileño-Argentina de Contabilidad y Control de Materiales Nucleares – ABACC), die Inspektionen der Nuklearanlagen durchführt (vgl. Owens 1995). Ein zusätzliches Abkommen mit Brasilien, Argentinien, der neu geschaffenen ABACC und der In-ternationalen Atomenergiebehörde als Vertragsparteien wurde im Dezember 1991 in Wien unterzeichnet und trat 1994 in Kraft. Damit akzeptierten Argentinien und Brasilien die Anwendung internationaler Schutzmaßnahmen in Bezug auf alle spalt-baren Materialien auf ihrem Territorium. Gleichzeitig leitete die Schaffung der A-

Page 14: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

130

BACC die Implementierung des Vertrags von Tlatelolco sowie die Bindung beider Länder an das globale nukleare Nichtverbreitungsregime ein.8

Austausch und Kooperation zwischen dem argentinischen und dem brasilianischen Militär wurden durch die Entstehung von Demokratien in beiden Ländern gefördert. Vor der Demokratisierung herrschte ein hohes Maß an Unsicherheit über die Ziele und Intentionen des jeweiligen Nachbarstaats. Doch seit den 1980er Jahren fand zwischen den Streitkräften beider Länder eine Vielzahl von Treffen und vertrauens-bildenden Maßnahmen statt, vor allem gemeinsame Übungen der unterschiedlichen Teilstreitkräfte sowie Austauschprogramme zwischen militärischen Ausbildungs-zentren (vgl. Runza 2005). 1987 begannen die Stabschefs der Streitkräfte beider Länder, sich in periodischen Abständen zu treffen.

Auf politischer Ebene begann die engere Kooperation im Bereich Sicherheit und Verteidigung wenige Jahre später. Nachdem eine Präsidentenerklärung von 1996 bereits die Absicht formuliert hatte, einen Konsultationsmechanismus und ein außenpolitisches Dialogforum einzurichten, verabschiedeten der argentinische und der brasilianische Präsident beim Gipfeltreffen von Itaipava im April 1997 ein Memorandum of Understanding (MOU) über internationale Sicherheit und schufen zugleich einen permanenten Konsultations- und Koordinationsmechanismus in Ver-teidigungs- und Sicherheitsfragen (Mecanismo de Consulta y Coordinación sobre Defensa y Seguridad Argentino-Brasileño – MCC), in dessen Rahmen sich die Außen- und Verteidigungsminister beider Staaten jährlich treffen sollten. Zudem sah das Do-kument ein Exekutivsekretariat (Mecanismo Permanente de Análisis Estratégico – MAE) vor, das die Vorbereitung für die Treffen des MCC übernehmen und bei der Umsetzung der von den Außen- und Verteidigungsministern gefassten Beschlüsse mitwirken sollte. Mit Hilfe dieser Einrichtungen sollte ein ständiger Dialog über Sicherheitsfragen zwischen Argentinien und Brasilien sichergestellt werden. Zusätz-lich zu den schon bestehenden Mechanismen MCC und MAE wurde im Juli 2000 eine bilaterale Arbeitsgruppe zur Verteidigungspolitik zwischen den beiden Vertei-digungsministerien (Grupo de Trabajo Bilateral de Defensa – GTBD) initiiert. Allerdings fanden die Treffen nicht regelmäßig statt. Die bilaterale Arbeitsgruppe beispielsweise tagte formal erst ein einziges Mal – im Oktober 2001 in Brasilia. Dennoch folgten weitere Treffen zwischen hohen Beamten der Verteidigungsminis-terien, die von argentinischer Seite als Fortführung des Mechanismus interpretiert werden.9 Im Juli 2003 proklamierten die beiden neuen Präsidenten Da Silva und Kirchner eine „strategische Allianz“ beider Staaten und kündigten eine Fortsetzung von MCC und MAE an. Dabei waren sie sich einig, dass ein weiterer Ausbau der

8 Dem argentinisch-brasilianischen Abkommen über die friedliche Nutzung der Kernenergie wird ein Modellcharakter für andere Weltregionen zugesprochen (Zamore Collina/de Souza Barros 1996; Davies 2004). Die Tatsache, dass derartige Institutionen in heterologen Dyaden wie Indien-Pakistan oder Nordkorea-Südkorea bislang nicht existieren, obwohl angesichts der wechselseitigen nuklearen Bedrohungswahrnehmung der Bedarf dafür vorhanden wäre, unterstreicht die besondere Qualität interdemokratischer Institutionen.

9 E-Mail-Kommunikation mit dem Direktor der Abteilung für politische Angelegenheiten im argentinischen Verteidigungsministerium, Juni 2007.

Page 15: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

131

Kooperation im Sicherheitsbereich auch im Rahmen des Mercosur und unter Einbe-ziehung Chiles notwendig und wünschenswert sei.

Im November 2005 begingen die brasilianische und die argentinische Regierung den 20. Jahrestag der ersten Gemeinsamen Erklärung über Nuklearpolitik von Foz de Iguazú und verabschiedeten bei dieser Gelegenheit den Compromiso de Iguazú,der neben einer erneuten Erklärung zur Nuklearpolitik auch Pläne für die künftige Zusammenarbeit in zahlreichen Politikfeldern enthält. Unter anderem rief das „Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung zwischen Argentinien und Brasilien“ (Acuerdo Marco sobre la Cooperación en el Ambito de Defensa entre Argentina y Brasil) eine neue Initiative zur Verteidigungskooperation ins Leben. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe soll die existierenden Kooperations-mechanismen zwischen den beiden Ländern einer Revision unterziehen. Im Februar 2008 ergänzten der brasilianische Verteidigungsminister Jobim und seine argentini-sche Kollegin Garré das Rahmenabkommen durch ein Zusatzprotokoll, in dem sie das Interesse beider Ministerien an gemeinsamer Forschung, Entwicklung und Pro-duktion in der Rüstungsindustrie artikulierten. Zudem stellen sie die Gründung stra-tegischer Planungsstäbe, bestehend aus Vertretern der Verteidigungsministerien und der Streitkräfte beider Länder, in Aussicht.10 Im April 2008 trat die Arbeitsgruppe (Grupo de Trabajo Conjunto – GTC) erstmals zusammen.

In Ergänzung zu den bilateralen Institutionen tragen inzwischen verschiedene transnationale Netzwerke zur Kontinuität des Dialogs und zur Informationsdiffusion bei. Dabei sind vor allem epistemische Gemeinschaften wie RESDAL und das von der Friedrich-Ebert-Stiftung ins Leben gerufene Programm zur regionalen Sicher-heitskooperation in Lateinamerika von Bedeutung, die für eine häufige Durchfüh-rung von Diskussionsforen auf der Ebene der Track 2-Diplomatie sowie für die Zusammenstellung und Verbreitung von Zahlen und Fakten zu Sicherheits- und Verteidigungsfragen Sorge tragen.

Insgesamt ist somit nicht von der Hand zu weisen, dass die Transparenz der Sicher-heitspolitik seit den 1980er Jahren zugenommen hat. Dabei spielen neu geschaffene bilaterale Institutionen wie ABACC und die verschiedenen Kooperationsinitiativen im Verteidigungsbereich eine zentrale Rolle.

3.3.1.2 Institutionelle Entwicklungen im Bereich Außenwirtschaftspolitik

Vor dem Hintergrund der lateinamerikanischen Schuldendkrise unterzeichneten die neuen demokratischen Regierungen unter Präsident Alfonsín in Argentinien und Präsident Sarney in Brasilien im Juli 1986 ein Abkommen über wirtschaftliche In-tegration (Pacto de Integración y Cooperación Económica). Dieser Pakt wurde in den Folgejahren durch 24 bilaterale Protokolle konkretisiert. Sie enthalten sektorale Vereinbarungen über Kapitalgüter, Lebensmittel, technische Kooperation und die Eisen-, Stahl-, Atom- und Automobilindustrie und sahen für die jeweiligen Sektoren

10 Ministerio de Defensa de la Repúblia Argentina: Información de Prensa No. 29/08 (22.2.2008).

Page 16: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

132

die Eliminierung von Handelsschranken vor (Barrios 1999: 252ff). Durch die 1988 erfolgte Unterzeichnung des Vertrags zu Integration, Kooperation und Entwicklung, der die Einrichtung eines Gemeinsamen Marktes innerhalb von zehn Jahren als Ziel-vorgabe postulierte, beschleunigten Argentinien und Brasilien den Integrations-prozess (Valls Pereira 1999: 9). Weitere Schritte auf dem Weg zur regionalen öko-nomischen Integration waren 1989 der Beitritt Uruguays sowie das im Dezember 1990 erreichte ACE-24 (Acuerdo de Complementación Económica), das die 24 seit Bestehen des Integrationsabkommens verabschiedeten Protokolle zusammenfasste (Steves 2001: 88).

Durch die Präsidentschaftswahlen von 1989 kamen in beiden Ländern Regierun-gen an die Macht, die eine liberalere Wirtschaftspolitik verfolgten und den freien Handel als essentielle Komponente der wirtschaftlichen Modernisierung beider Länder propagierten. Die neuen Präsidenten Menem und Collor de Mello beschlos-sen 1990 in der Akte von Buenos Aires, dass der Gemeinsame Markt bereits 1995 Wirklichkeit werden sollte. Da die kleineren Länder Uruguay und Paraguay an der ökonomischen Integration teilnehmen wollten, gründeten die vier Staaten im März 1991 mit dem Vertrag von Asunción den Gemeinsamen Markt des Südens (Mercado Común del Sur – Mercosur). Der Mercosur zielte auf die Schaffung einer Freihan-delszone zwecks Ermöglichung des freien Verkehrs von Waren, Dienstleistungen und Kapital zwischen den Mitgliedsstaaten. Als erster Schritt auf dem Weg zu einer Zollunion wurde 1995 ein gemeinsamer Außenzoll für ungefähr 80 Prozent der Importe von außerhalb der Region vereinbart. Darüber hinaus strebte der Mercosur die Gründung eines Gemeinsamen Marktes, begleitet von einer Harmonisierung der Wirtschaftspolitik und des Wirtschaftsrechts, an (vgl. Schirm 1999: 125). Dem Ver-trag von Asunción wurde 1994 das Protokoll von Ouro Preto an die Seite gestellt, das die institutionelle Ausstattung des Mercosur erweiterte, sowie in den folgenden Jahren weitere Zusatzprotokolle. Seit 1996 sind Bolivien und Chile assoziierte Mit-glieder, wodurch sie an den politischen, nicht jedoch an den ökonomischen Aspek-ten des Integrationsprozesses teilnehmen.

Neben der Verwirklichung wirtschaftlicher Ziele diente der argentinisch-brasilianische Dialog in den 1980er Jahren auch der Konsolidierung der Demokratie, was beispielsweise die Erklärung von Iguazú von 1985 explizit konstatierte (Dabène 2004). Bei der Gründung des Mercosur Anfang der 1990er Jahre stand dagegen die außenwirtschaftspolitische Motivation im Vordergrund, wohingegen die demo-kratische Konsolidierung im Vertrag von Asunción mit keinem Wort erwähnt wur-de. Der Mercosur hob sich in mehrfacher Hinsicht von früheren Wirtschafts-organisationen in Lateinamerika ab. Zum einen institutionalisierte das Bündnis die freundschaftliche Kooperation zwischen den ehemaligen Rivalen Argentinien und Brasilien, zum anderen signalisierte es die Kehrtwende von der protektionistischen, importsubstituierenden Entwicklungsstrategie zur ökonomischen Liberalisierung. Der gleichzeitige Paradigmenwechsel in beiden Ländern machte eine wirtschaftliche Öffnung und die Integration in den Weltmarkt möglich (Schirm 1999: 159; Preusse/ Schlageter 2007).

Die Konsolidierung der Demokratie gelangte erst durch einen erfolglosen Putsch-versuch in Paraguay im April 1996 wieder auf die Agenda des Mercosur. In Reaktion darauf unterzeichneten die Präsidenten im Juni 1996 in Potrero de Los Funes eine

Page 17: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

133

Erklärung über die Verpflichtung zur Demokratie im Mercosur, die 1998 im Proto-koll von Ushuaia weiter ausgeführt wurde. Darin kamen die Mitgliedsstaaten sowie die assoziierten Mitglieder Chile und Bolivien überein, die demokratische Regie-rungsform als Bedingung für die Teilnahme an der regionalen Integration festzule-gen und verfassungswidrige Unterbrechungen der demokratischen Ordnung zu sank-tionieren.

In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre wurde der Mercosur somit in steigendem Maße als politische Union wahrgenommen. Ebenfalls in der Erklärung von Potrero de Los Funes bekundeten die Präsidenten die Absicht, einen politischen Konsul-tationsmechanismus zu schaffen. Zwei Jahre später wurde das multilaterale Forum für politische Konsultation und Koordination (Foro de Consulta y Concertación Política – FCCP) als Unterorgan des Rates des Gemeinsamen Marktes eingerichtet. Laut einiger Beobachter (z.B. Flemes 2005: 32) könnte sich das FCCP potentiell in Richtung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik des Mercosur ent-wickeln. Dank der anfänglichen Erfolgsbilanz der ökonomischen Integration herrschte Mitte der 1990er Jahre großer Enthusiasmus hinsichtlich der Zukunft des Mercosur als politischer Union und als Mechanismus zur Verteidigungskooperation (vgl. z.B. Rojas Aravena/Fuentes Saavedra 1997; Rojas Aravena 1999). Im Zuge der institutionellen Fortentwicklung in den 1990er Jahren wurde die transnationale Ver-netzung durch Partizipationsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft gestärkt. Das Protokoll von Ouro Preto schuf den Wirtschafts- und Sozialrat des Mercosur als Vertretungsorgan für zivilgesellschaftliche Interessengruppen und das argentinische Außenministerium richtete eine Arbeitsstelle zur Koordination und Förderung der zivilgesellschaftlichen Partizipation im Mercosur ein.

Insgesamt zeichnete sich der Mercosur im Gegensatz zu früheren Integrations-bemühungen durch schrittweise institutionelle Vertiefung, die Stabilität der Institu-tionen und ein Übergreifen der Kooperation von der Außenwirtschaftspolitik in andere Politikbereiche aus.

3.3.2 Argentinien - Chile

3.3.2.1 Institutionelle Entwicklungen im Bereich Sicherheitspolitik

Ansätze zur Kooperation zwischen den Streitkräften existierten bereits unter den Militärdiktaturen. Allerdings erreichte die Verteidigungskooperation nach der Demo-kratisierung dadurch eine neue Qualität, dass die Militärdiplomatie durch Verteidi-gungskooperation auf der politischen Ebene ergänzt wurde.11 Schritt für Schritt wurden bilaterale Konsultationsmechanismen eingerichtet. 1995 unterzeichneten die

11 Interview mit politischem Berater im argentinischen Verteidigungsministerium (Buenos Aires, 14.7.2006).

Page 18: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

134

Regierungen von Argentinien und Chile eine „Vereinbarung über die Stärkung der Kooperation bei gemeinsamen Interessen in Sicherheitsfragen“. Durch dieses Me-morandum wurden zur Bearbeitung bilateraler Sicherheitsfragen ein jährliches 2+2-Treffen der Außen- und Verteidigungsminister sowie das Ständige Sicherheitskomitee (Comité Permanente de Seguridad – COMPERSEG) eingerichtet. Das COMPERSEG führt auf der Ebene der Unterstaatssekretäre Akteure aus den Verteidigungs- und Außenministerien sowie Repräsentanten der Allgemeinen Generalstäbe des Militärs auf halbjährlicher Basis zusammen, um einen fortlaufenden Dialog über die jeweili-gen Sichtweisen zu Sicherheitsfragen zu gewährleisten und Ansatzpunkte für Ko-operation zu schaffen (vgl. Runza 2004). Als Besonderheit sieht COMPERSEG die Möglichkeit vor, zivilgesellschaftliche Organisationen in die Beratungen einzube-ziehen. Auf beiden Seiten waren Repräsentanten akademischer Einrichtungen in der ersten Hälfte der 1990er Jahre als wichtige Regierungsberater am Ausbau der Ver-teidigungskooperation beteiligt.

Seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre hat sich die Kooperation im Verteidi-gungsbereich verstetigt. Formale Institutionen der Verteidigungskooperation schei-nen in der argentinisch-chilenischen Dyade deutlich besser zu funktionieren als zwischen Argentinien und Brasilien. Offenbar existierte zwischen Argentinien und Chile, gerade weil ihre Rivalität intensiver war und sie noch in den 1970er Jahren am Rande eines Krieges standen, ein weit stärkerer Bedarf an Sicherheits-institutionen als in der brasilianisch-argentinischen Dyade. Auch die Tatsache, dass das chilenische Militär in den 1990er Jahren seinen politischen Einfluss und seine finanzielle Autonomie behaupten konnte und somit eine Herausforderung für die junge Demokratie und eine potentielle Sicherheitsbedrohung für die Nachbarn dar-stellte, verstärkte im Inneren die Bemühungen um die zivile Kontrolle der Streitkräf-te und im zwischenstaatlichen Bereich die Motivation zum Aufbau bilateraler si-cherheits- und verteidigungspolitischer Institutionen.

Nicht nur auf politischer Ebene arbeiten die bilateralen Konsultationsmechanis-men mit größerer Regelmäßigkeit als zwischen Argentinien und Brasilien. Zusätz-lich zur bereits während der Zeit der Militärdiktaturen bestehenden Kooperation zwischen den Streitkräften installierten die beiden Staaten seit Anfang der 1990er Jahre eine Vielzahl von vertrauensbildenden Maßnahmen. Seit 1992 wird Chile in die Treffen der Generalstabschefs der Streitkräfte in den Mercosur-Staaten einbezo-gen und nimmt seit 1993 offiziell teil. Allerdings ist diese Art von Treffen innerhalb des Mercosur nicht fest verankert.12 Im Rahmen der dritten Zusammenkunft des COMPERSEG wurde ein jährliches Konsultationstreffen zwischen den Generalstä-ben des argentinischen und chilenischen Militärs angeregt. Jede Teilstreitkraft führt seit 1997 im Jahresrhythmus ebenfalls bilaterale Konsultationen auf der Leitungs-ebene durch, bei denen gemeinsame Aktivitäten und Manöver geplant werden (Run-za 2004: 142).

12 Interview mit Leiter der Unterabteilung Argentinien, Abteilung Südamerika (Dirección de América del Sur) im chilenischen Außenministerium (Santiago, 2.8.2006).

Page 19: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

135

3.3.2.2 Institutionelle Entwicklungen im Bereich Außenwirtschaftspolitik

Nach der Redemokratisierung Chiles unternahmen beide Länder bald Schritte zur verstärkten ökonomischen Kooperation. 1991 wurde das Abkommen über wirt-schaftliche Komplementarität (Acuerdo de Complementación Económica) unter-zeichnet und 1995 ratifiziert. Es enthält zahlreiche einzelne Protokolle, die eine Kooperation in Schlüsselsektoren wie Rohstoffabbau und Energieversorgung sowie die Einrichtung neuer Transportwege über die Anden, insbesondere zum Transport argentinischen Öls und Gases nach Chile, vorsehen (Rojas Aravena 2003). Ein Plan zum Ausbau der Grenzübergänge soll die physische Integration in den jeweiligen Grenzregionen verbessern. Im Dezember 1997 beschlossen die Regierungen im Tratado de Integración y Complementación Minera eine enge Zusammenarbeit im Bergbau in den Grenzregionen. Das zum gleichen Zeitpunkt verabschiedete Protocolo de Interconexión Eléctrica zielte auf die Vernetzung der Energieversorgung ab. Die Verknüpfung der beiden Länder bei der Energieversorgung wird nicht mehr als strategische Frage im militärischen Sinne, sondern als ein Element im Prozess zu-nehmender Interdependenz und Integration angesehen.

Im Jahr 2000 proklamierten die Regierungen Lagos und De la Rúa eine strate-gische Allianz. Im Zentrum des Interesses stand das neue bi-ozeanische Prinzip: Während sich im ursprünglichen Verständnis Argentiniens Einfluss auf den Atlantik und Chiles Einfluss auf den Pazifik erstreckte, soll nun beiden Ländern der Zugang zu beiden Ozeanen garantiert werden, um Chile den Kontakt mit Europa und Argen-tinien den Aufbau von Handelsbeziehungen nach Asien zu erleichtern. Zu diesem Zwecke wird ein Ausbau der Infrastruktur betrieben (Bodemer 2002).

Obwohl die beiden großen Mercosur-Staaten Argentinien und Brasilien für Chile die wichtigsten Exportmärkte innerhalb der Region darstellen, ist Chile nur assozi-iertes Mitglied des Gemeinsamen Marktes des Südens. Im Entstehungsprozess des Mercosur kristallisierte sich heraus, dass Chile zwar den Anschluss, nicht jedoch die Vollmitgliedschaft anstrebte. Vor allem wegen der fundamentalen Unterschiede in der Zollpolitik, im Umgang mit ausländischen Direktinvestitionen und in der Agrar-politik käme die Integration des Landes in den Mercosur einem Rückgang an öko-nomischer Freiheit gleich (vgl. Flemes 2003: 20; Wilhelmy/Durán 2003: 284; Fer-mandois/Henríquez 2005). Daher nimmt Chile lediglich an der politischen Koopera-tion im Rahmen des Mercosur teil.

Page 20: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

136

4. Stabilität und Kooperation im südlichen Lateinamerika

Wie der vorausgegangene Abschnitt zeigt, verzeichnen beide Dyaden nach der Demokratisierung ein Wachstum institutioneller Verflechtungen in den Bereichen Sicherheitspolitik und Außenwirtschaftspolitik. Daran anknüpfend geht Abschnitt 4 der Frage nach, ob dank der stärkeren Verregelung der zwischenstaatlichen Bezie-hungen sicherheitspolitische Stabilität und außenwirtschaftspolitische Kooperation auch in krisenhaften Situationen gewahrt blieben.

4.1 Argentinien - Brasilien

4.1.1 Stabilität

Argentinien ist eines der wenigen lateinamerikanischen Länder, das nach dem Ende des Kalten Krieges seinen Wehretat reduzierte. Neben dem politisch erwünschten Bedeutungsverlust des Militärs liegt dies vor allem in den Auflagen des Internatio-nalen Währungsfonds und den daraus resultierenden Sparzwängen begründet. Brasi-lien folgte hingegen dem lateinamerikanischen Trend und erhöhte die Rüstungsaus-gaben (vgl. Radseck 2003, 2004). Dies zeigt sich deutlich in Abbildung 1. Dabei blieb der Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP seit Anfang der 1990er Jahre jedoch weitgehend konstant (vgl. Abbildung 2). Diese Ungleichgewichte führten jedoch nicht zu neuer Instabilität. Denn zwischen Argentinien und Brasilien ging die Phase seit der Demokratisierung mit einem Ausbau von Kooperation auf militäri-scher und politischer Ebene einher, deren Ausmaß die Möglichkeit einer militäri-schen Konfrontation zwischen den beiden Staaten zunehmend obsolet erscheinen ließ. Kurz nach dem ersten gesamtamerikanischen Verteidigungsministertreffen in Williamsburg 1995 gab die brasilianische Regierung einen neuen nationalen Vertei-digungsplan heraus, der im Gegensatz zu den Vorläuferdokumenten aus der Zeit der Militärdiktatur Argentinien nicht mehr als mögliche Bedrohung erwähnte.

Argentinien regelte nach der Demokratisierung seine Verteidigungsbelange zu-nächst im Verteidigungsgesetz (Ley de Defensa) von 1988. Sein Militärweißbuch wurde 1999 veröffentlicht. In diesem Dokument wird unter Verweis auf verschie-dene bilaterale Übereinkommen, insbesondere die Erklärung von Foz de Iguazú (1985) und das Abkommen von Guadalajara (1991), mehrfach konstatiert, dass „überkommene Konflikthypothesen“ und „wechselseitiges Misstrauen“ überwun-den seien.

Page 21: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

137

Abbildung 1: Verteidigungsausgaben in absoluten Zahlen

0,00

2000,00

4000,00

6000,00

8000,00

10000,00

12000,00

14000,00

16000,00

18000,00

1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Mio

. US$

Argentinien Brasilien Chile

Quelle: SIPRI Military Expenditure Database (http://www.sipri.org/contents/milap/ milex/mex_database1.html), abgerufen am 26.11.2008.

Die schrittweise Entstehung von Kooperation im sensiblen Bereich der Nukleartech-nik spiegelt die Interessenkonvergenz der beiden Staaten im Prozess der Demokrati-sierung wider und spricht zudem für eine hohe Stabilität der sicherheitspolitischen Beziehungen. Nach der demokratischen Transition bestand ein innenpolitisches Interesse der neuen zivilen Regierungen daran, die früher federführend vom Mili-tär geleiteten Nuklearprogramme und damit auch das Militär selbst zu kontrollieren. Zudem sollte durch die Beilegung der Rivalität dem Militär die Möglichkeit ge-nommen werden, unter Bezugnahme auf externe Bedrohungen hohe militärische Aufwendungen zu rechtfertigen (Owens 1995; Sotomayor Velázquez 2004). Der Einblick in die Nuklearprogramme der jeweils anderen Seite galt zudem als vertrau-ensbildende Maßnahme. Verstärkt wurde dieser Effekt durch das Interesse beider Länder an stärkerer wirtschaftlicher Kooperation, denn dieses Ziel machte es erfor-derlich, die wechselseitige Sicherheitswahrnehmung zu verbessern (Owens 1995: 57). Zudem identifizierten die beiden Staaten viele gemeinsame Interessen im Nuk-learbereich. Ihre Forschungs- und Entwicklungsprogramme zielten in die gleiche Richtung, und nachdem die Konflikte überwunden worden waren, sprach nichts mehr gegen eine Zusammenlegung der Kompetenzen (Owens 1995: 40). Dement-sprechend schlossen sowohl die brasilianische als auch die argentinische nationale Atomenergiebehörde Abkommen mit ABACC, in denen die gemeinsame Nutzung

Page 22: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

138

von Laboren und technischer Ausstattung sowie der Austausch von Dienstleistungen von beidseitigem Interesse vereinbart wurden.13 Seit Gründung der ABACC funk-tionieren die Institutionen der Nuklearkooperation gut. Neben der Jubiläumserklä-rung von Puerto Iguazú im November 2005, welche die bilaterale Zusammenarbeit im Nuklearbereich bekräftigte, wurde die Kooperation durch weitere Schritte er-gänzt. So gaben die Außenminister 2001 die Schaffung einer argentinisch-brasilianischen Agentur zur Verwendung der Kernenergie (Agencia Argentino Bra-sileña de Aplicaciones de la Energía Nuclear - ABAEN) bekannt, die einer Vertie-fung der Zusammenarbeit beider Länder bei Forschung und Entwicklung im Bereich der Nukleartechnik dienen soll (Barceló 2001; Linkohr 2006).

Abbildung 2: Verteidigungsausgaben gemessen am BIP

0,00

1,00

2,00

3,00

4,00

5,00

6,00

1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

% d

es B

IP

Argentinien Brasilien Chile

Quelle: SIPRI Military Expenditure Database (http://www.sipri.org/contents/milap/ milex/mex_database1.html), abgerufen am 26.11.2008

Allerdings weigerte sich Brasilien 2003, das Zusatzprotokoll des Nichtver-breitungsvertrages zu unterzeichnen, welches den Weg für ausführlichere Kontrollen der Nuklearanlagen durch die IAEO ohne vorherige Ankündigung frei machen soll-te. Dies hat vor allem von Seiten der USA zu Spekulationen geführt, dass das brasi-lianische Nuklearprogramm womöglich doch nicht nur friedlichen Zwecken dient (vgl. Bernal-Meza 2006: 87f; Dalla Costa 2006). Das Problem wurde jedoch durch den Dialog im Rahmen der gemeinsamen Institutionen ABACC bzw. IAEA beige-

13 Vgl. http://www.abacc.org.br/engl/agreements_statements/ (eingesehen am 3.3.2010).

Page 23: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

139

legt und es gibt keine Hinweise darauf, dass Argentinien oder andere Länder in der Region diese Angelegenheit als unmittelbare Sicherheitsbedrohung erlebt hätten.

Seit Beginn der 1990er Jahre haben vor allem die Seestreitkräfte beider Länder regelmäßig gemeinsame Übungen sowie Personalaustausch und gemeinsame Aus-bildungsaktivitäten organisiert. Im Oktober 1996 führten erstmals in der Geschichte der beiden Staaten das argentinische und brasilianische Heer mit „Kreuz des Sü-dens“ (Cruz del Sur) eine gemeinsame Wehrübung durch. Des Weiteren kooperieren die Streitkräfte beider Länder seit 2004 bei der UN-Friedensmission MINUSTAH in Haiti.

Im Bereich der Rüstungsproduktion hatte es bereits in den 1980er Jahren Koope-rationsansätze gegeben (vgl. Ugarte 2004). Der Plan dreier Unternehmen der Luft- und Raumfahrttechnik, der argentinischen F.A.M.A, der brasilianischen EMBRAER und der italienischen Aeritalia, gemeinsam verschiedene Kampfflugzeuge zu produ-zieren, wurde jedoch nicht in die Tat umgesetzt. Ein 1988 initiiertes Joint Venture zwischen F.A.M.A und EMBRAER zum Bau eines zivilen Transportflugzeugs scheiterte vor allem an den mangelnden finanziellen Mitteln der Argentinier. Danach regte die argentinische Seite zwar wiederholt eine Neuauflage gemeinsamer Rüs-tungsproduktion an, von Brasilien wurde dieses Ansinnen aber lange Zeit zurückge-wiesen, weil man Argentinien unterstellte, dass es aufgrund seiner knappen eigenen Mittel von den höheren Rüstungskapazitäten Brasiliens profitieren wolle. Immerhin zeigten sich beide Seiten zu einer gemeinsamen Nutzung von Infrastruktur und zur Offenlegung von Technologien bereit. So werden von der argentinischen und brasilia-nischen Marine Häfen gemeinsam genutzt und seit den 1990er Jahren wurden mehr-fach argentinische U-Boote und Zerstörer in brasilianischen Werften repariert.14

Schließlich nahm man in den vergangenen Jahren doch erste gemeinsame Pro-jekte in Angriff. So wurde der Öffentlichkeit 2006 das Geländefahrzeug „Gaucho“ präsentiert, welches vom argentinischen und brasilianischen Heer zusammen ent-wickelt worden war. Weitere Kooperationen bei der Entwicklung und Produktion von militärischem Gerät sind geplant.15 Mit dem 2008 unterzeichneten Zusatzproto-koll zum Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung wurde für alle drei Teilstreitkräfte - Luftwaffe, Marine und Heer - die Einrichtung von binationalen Planungsstäben für strategische Projekte beschlossen, zu denen bei Bedarf neben Repräsentanten der Verteidigungsministerien und des Militärs auch Vertreter öffentlicher und privater Unternehmen stoßen können.16

Obwohl durch die lange Dauer der Zusammenarbeit die argentinisch-brasilia-nischen Beziehungen schon als weit entwickelt erscheinen, muss eingeräumt wer-den, dass von einer vertieften Kooperation im Sinne souveränitätseinschränkender Zusammenarbeit nur in Ansätzen die Rede sein kann. Eine aktive Komponente der Sicherheitskooperation, beispielsweise in Gestalt von Entwicklungsplänen für ge-meinsame Aktivitäten oder gar einer Integration der Streitkräfte, existiert nicht.

14 Interview mit Referent der Abteilung für militärische Angelegenheiten im argentinischen Ver-teidigungsministerium und ehemaligem Vize-Verteidigungsminister (Buenos Aires, 17.7.2006).

15 La Nación, 2. Juni 2006. 16 Ministerio de Defensa de la Repúblia Argentina: Información de Prensa No. 29/08 (22.2.2008).

Page 24: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

140

Unbestreitbare Erfolge im Bereich Sicherheitskooperation bestanden in der Beile-gung von Spannungen und dem Verschwinden von Bedrohungswahrnehmungen. Zudem wird punktuell im Rahmen von binationalen Projekten der Teilstreitkräfte zusammengearbeitet.

Insgesamt war die bilaterale Interaktion im Verteidigungsbereich zwar von zahl-reichen Initiativen gekennzeichnet, die faktische Kooperation in formalen Institutio-nen fiel jedoch bislang gering aus, wie die mangelnde Kontinuität der Initiativen MCC und MAE illustriert. Die Schwierigkeiten in den 1990er Jahren mögen darin begründet liegen, dass Brasilien bis 1999 kein Verteidigungsministerium hatte und somit die Verteidigungskooperation zur Gänze im Ermessen des Militärs lag. Regie-rungsvertreter betonen denn auch, dass der mangelnden Funktionstüchtigkeit der formalen Institutionen ein lebhafter informeller Austausch zwischen den einzelnen Teilstreitkräften gegenübersteht.17 Es bleibt abzuwarten, ob der nun geschaffenen gemeinsamen Arbeitsgruppe eine höhere Dauerhaftigkeit beschieden sein wird. Bemerkenswert ist ohne Zweifel, dass trotz der Wirtschaftskrisen in den 1990er Jahren die Kooperation im sicherheits- und verteidigungspolitischen Bereich nicht nur fortgeführt, sondern sogar ausgebaut und vertieft wurde.

4.1.2 Kooperation

Die regionale Integration im Rahmen des Mercosur hat den Handel zwischen Argen-tinien und Brasilien belebt (vgl. Abbildung 3). Allerdings zeigt sich eine wachsende Asymmetrie: Während im Jahr 2001 Argentinien 24,5 Prozent seines Außenhandels mit Brasilien abwickelte, machte Argentinien als Handelspartner für Brasilien nur 6,7 Prozent des Außenhandelsvolumens aus (Martín 2006: 139f).

Obwohl häufig Vergleiche zwischen Mercosur und EU angestellt werden, erfolg-te in der südamerikanischen Organisation bislang kein Transfer nationaler Kompe-tenzen auf gemeinschaftliche Entscheidungsorgane. Nichtsdestotrotz weisen einige Komponenten der wirtschaftlichen Integration auf eine hohe Bereitschaft hin, gegenseitige Abhängigkeit und potentielle Verwundbarkeit zuzulassen. So zielt der ökonomische Integrationsprozess auf eine Zollunion ab. Zwar existieren zahl-reiche Ausnahmen im Hinblick auf den gemeinsamen Außenzoll und die subregio-nale Freihandelszone (Almeida 2006). Doch grundsätzlich ist es den Mercosur-Mitgliedsstaaten nicht gestattet, bilaterale Freihandelsabkommen mit Staaten außer-halb des Mercosur abzuschließen.

17 Interview mit dem Direktor der Abteilung für politische Angelegenheiten im argentinischen Verteidigungsministerium (Buenos Aires, 21.7.2006); Interviews mit Referatsleiter in der Ab-teilung für Kooperation (Secretaria de Estudos e Cooperação, Departamento de Cooperação) und mit Referenten in der Abteilung Politik und Strategie (Secretaria de Política, Estratégia e Assuntos Internacionais, Departamento de Política e Estratégia) sowie der Abteilung für internationale Angelegenheiten (Secretaria de Política, Estratégia e Assuntos Internacionais, Departamento de Assuntos Internacionais) im brasilianischen Ver-teidigungsministerium (Brasília, 23.8.2006).

Page 25: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

141

Abbildung 3: Bilaterale Handelsbeziehungen Argentinien – Brasilien

0,0

2000,0

4000,0

6000,0

8000,0

10000,0

12000,0

14000,0

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

Mio

. US-

Dol

lar

Argentinische Exporte nach Brasilien Brasilianische Exporte nach Argentinien

Quelle: IMF Direction of Trade Statistics Yearbook 1993 (1986-1992), 2000 (1993-1999), 2007 (2000-2006).

Trotz immenser außenwirtschaftspolitischer Kooperationsfortschritte durch die Schaffung des Mercosur kam es wiederholt zu Situationen, in denen man sich nicht auf eine gemeinsame Lösung einigen konnte. Dazu zählt der Versuch der schritt-weisen Eliminierung von Zöllen im Zucker-Sektor, der auf heftigen Widerstand der argentinischen Zuckerproduzenten stieß. Letztlich überwog jedoch auf beiden Seiten der Wunsch nach Kooperation, da man die durch die Zollunion erreichten Vorteile nicht durch Probleme in einem einzelnen Sektor in Gefahr bringen wollte (Vigevani/ Pasquariello Mariano/Fernandes de Oliveira 2004: 131-139; Malamud 2005: 148ff).

Die Abwertung des Real in Brasilien am 13. Januar 1999 stellte einen Wende-punkt im Integrationsprozess dar, da sie den über mehrere Jahre erfolgten Zuwachs intraregionalen Handels beendete und die Konstruktion einer Freihandelszone zu-nächst blockierte (Carranza 2003). Die Devaluation erfolgte als unilaterale Ent-scheidung der brasilianischen Regierung, die dabei lediglich die erwarteten positiven Auswirkungen auf die einheimische Ökonomie in Betracht zog, nicht jedoch die Effekte auf den grenzüberschreitenden Handel im Mercosur. Weder Argentinien noch die anderen Mercosur-Mitgliedsstaaten waren vorab über die Maßnahme in-formiert worden, waren aber von den Folgen in besonderer Weise betroffen (Genna/ Hiroi 2005: 340).

Im Verlauf der Konsultationen zwischen Argentinien und Brasilien zum Umgang mit der Krise plädierten Außenwirtschaftsexperten wie Félix Peña für ein Krisenma-

Page 26: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

142

nagement durch den Mercosur. Als jedoch die brasilianische Zentralbank ankündig-te, dass der Kurs des Real völlig freigegeben würde, reagierte Argentinien mit einer unilateralen Selbsthilfestrategie. Die argentinische Zentralbank entwarf einen Plan zur Dollarisierung der argentinischen Ökonomie, was ein Ausscheren aus dem Mer-cosur und eine enge Anbindung an die USA bedeutet hätte. Da die argentinischen Unternehmer den Eindruck hatten, dass Brasilien seinen Export zu ihren Ungunsten fördern wollte, ergriff die Regierung Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Brasilien, beispielsweise einen Antidumping-Zoll für brasilianischen Stahl, Importquoten für Baumwollprodukte sowie die Ankündigung, alle brasilianischen Importe auf unfaire Handelspraktiken zu überprüfen und wenn notwendig Strafen zu verhängen. Das nächste Treffen auf Ministerebene war dementsprechend von wechselseitigen Schuldzuweisungen geprägt. Brasilien unterbrach die Verhandlungen über einen gemeinsamen Außenzoll im Automobilsektor und nahm bilaterale Verhandlungen mit den Mitgliedern der Andengemeinschaft auf. Argentinien verhandelte mit Mexi-ko über eine Freihandelszone. Beide Varianten der Verhandlung mit Partnern außer-halb des Mercosur stellten das Ziel der Zollunion in Frage (vgl. Carranza 2003; Jaguaribe 2005; Gomez Mera 2005; Almeida 2006).

Erst beim nächsten von den Präsidenten Menem und Cardoso angeführten Treffen der Regierungsdelegationen fand sich Brasilien zu Zugeständnissen bereit: Die Re-gierung nahm von geplanten Exportförderungs-Subventionen für Warenlieferungen in Mercosur-Staaten Abstand und die brasilianische Zentralbank stellte spezielle Regeln für Transaktionen zwischen Brasilien und Importeuren brasilianischer Güter im Mercosur auf (Genna/Hiroi 2005: 344). Dennoch waren die argentinisch-brasilianischen Wirtschaftsbeziehungen durch die Devaluation beschädigt und alle Vorhaben zur Weiterentwicklung des Mercosur wurden in den Jahren 1999 und 2000 auf Eis gelegt.

Die Betrachtung dieser Krise und ihrer Nachwirkungen offenbart ein Spannungs-verhältnis zwischen der politisch motivierten Treue zum Integrationsprojekt einer-seits und kurzfristigem außenwirtschaftspolitischem Handeln andererseits. Grund-sätzlich stehen die Politiker dem Integrationsprojekt positiv gegenüber. Trotzdem handelten sowohl Brasilien mit der Devaluation des Real als auch – in Reaktion darauf – Argentinien mit seinen Sanktionen gegen brasilianische Importe unilateral. Obgleich aus argentinischer Sicht der Rückgriff auf protektionistische Maßnahmen verständlich war, liefen sie den im Mercosur aufgestellten Regeln zuwider. Die brasilianische Regierung monierte dies jedoch nicht, da die Dauerhaftigkeit der Zusammenarbeit mit Argentinien höher bewertet wurde als eine symbolische Unter-stützung der betroffenen brasilianischen Industriesektoren mittels Strafaktionen gegen das Nachbarland (Jaguaribe 2005: 46). In gleicher Weise ist Argentinien zu Gute zu halten, dass es in der Krise nach der Abwertung des Real einen hohen Preis für seinen Verbleib im Mercosur zu zahlen bereit war.

Dass der Impuls zur Fortsetzung der wirtschaftlichen Kooperation sehr stark war, erwies sich erneut in der argentinischen Finanzkrise Ende 2001. Zu diesem Zeit-punkt hatte sich die brasilianische Wirtschaft bereits erholt und Brasilien agierte als starker Partner und unterstützte Argentinien z.B. in den Verhandlungen mit den Kreditgebern USA und IWF. Außerdem leitete die brasilianische Regierung keine Sanktionen ein, als Argentinien sich im Verlauf der Krise gezwungen sah, gegen

Page 27: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

143

Handelsabkommen im Rahmen des GATT sowie des Mercosur zu verstoßen (Gen-na/Hiroi 2005: 348).

Noch immer gilt die Diagnose von Bulner-Thomas (1997b: 259), wonach der Mercosur seine im Kontext des neuen Entwurfs regionaler Integration entstandenen ökonomischen Verheißungen noch einlösen muss. Ohne Zweifel hat das Bündnis in den 1990er Jahren zu einem schnellen Wachstum des intraregionalen Handels beige-tragen, doch war ein Teil davon auf die wirtschaftliche Erholung der Staaten nach den schwachen Handelsbilanzen in der Schuldenkrise und ein weiterer Teil auf wachsende Importe durch Netto-Kapitalzuflüsse zurückzuführen. Nachdem diese beiden Faktoren an Bedeutung verloren hatten und zudem die Handelskonflikte und ökonomischen Krisen der späten 1990er Jahre die Nützlichkeit der ökonomischen Zusammenarbeit in Frage stellten (Carranza 2003), konnte der Mercosur seine wirt-schaftliche Dynamik nicht aufrechterhalten. Trotzdem steht sein Fortbestand nicht in Frage. Die bloße Existenz gemeinsamer Institutionen, auch wenn diese nicht immer so funktionieren wie erhofft, schafft ein höheres Niveau an Vertrauen und Einblicke in die Probleme und Absichten der anderen Seite. Während der Krisen von 1999 bis 2001 plädierten zahlreiche Akteure für eine Stärkung der Organe des Mercosur um in Zukunft rechtzeitig Präventionsmechanismen in Gang setzen zu können (vgl. Vigevani/Pasquariello Mariano/Fernandes de Oliveira 2004: 111).

Tatsächlich wurden im Anschluss an die Krisensituationen mehrere neue Organe geschaffen – ein Beleg dafür, dass eine Intensivierung der Kooperation angestrebt wurde (vgl. Genna/Hiroi 2005: 350). Als wichtigstes Instrument zur künftigen Be-wältigung von Wirtschaftskrisen gilt der Ständige Schiedsgerichtshof. Bereits das Protokoll von Brasilia, das im Dezember 1991 in Weiterführung des Vertrags von Asunción unterzeichnet wurde, sah ein Schiedsgerichtsverfahren zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Mitgliedsstaaten vor. Das Protokoll von Olivos (2002) entwickelte diese Idee weiter, indem es ein permanentes Revisions-tribunal schuf, das als Anlaufstelle bei Handelskonflikten und somit als Alternative zur WTO fungieren soll (vgl. Fuders 2008).

Auch die politische Kooperation wurde durch neue Organe gestärkt. Die außen- und sicherheitspolitische Zusammenarbeit manifestierte sich bislang darin, dass im Vorfeld größerer multilateraler Konferenzen, z.B. der OAS oder der Vereinten Natio-nen, Konsultationen zur Erarbeitung gemeinsamer Positionen abgehalten wurden.18

Im Vorfeld der letzten amerikanischen Verteidigungsministerkonferenzen fanden informelle Treffen der Mercosur-Verteidigungsminister statt. Auch auf diplomati-scher Ebene wird informell, aber eng kooperiert: Während Argentinien und Brasi-lien nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat waren, luden sie Diplomaten des jeweils anderen Landes als Teil ihrer Delegation ein.19 Zwecks Institutionalisierung der außenpolitischen Kooperation im Mercosur wurde Ende 2003 das Komitee der Ständigen Vertreter geschaffen, dessen Aufgabe vor allem in der Vertretung des

18 La Nación, 8. September 2006. 19 Interview mit Referatsleiter in der Abteilung für Kooperation (Secretaria de Estudos e Coo-

peração, Departamento de Cooperação) im brasilianischen Verteidigungsministerium (Bra-sília, 23.8.2006).

Page 28: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

144

Bündnisses gegenüber Drittstaaten und internationalen Organisationen besteht. Die Position des Präsidenten des Komitees ist dem Hohen Vertreters der EU für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nachempfunden. Daneben wurde der Ausbau der Gemeinsamen Parlamentarischen Kommission zu einem Mercosur-Parlament beschlossen.

Trotz wirtschaftlicher Spannungen halten Brasilien und Argentinien am Projekt der regionalen Integration fest und betrachten den Mercosur auch als politisch-strategisches Instrument, um in multilateralen Verhandlungen als Block mit gemein-samen Interessen aufzutreten (Gomez Mera 2005). Allerdings ist die brasilianische Haltung durch einen gewissen Widerspruch zwischen dem Wunsch nach guten Be-ziehungen zum Nachbarland Argentinien und dem Anspruch auf eine Führungsrolle in Südamerika gekennzeichnet (Soares de Lima/Hirst 2006; Schmalz 2008: 178ff). Für Brasilien stellt der Mercosur ein Sprungbrett auf dem Weg zu einem südameri-kanischen Staatenbündnis bzw. einer südamerikanischen Freihandelszone dar, in der dem Land die Rolle der regionalen Führungsmacht zufallen soll. Die Entstehung der von Brasilien angestoßenen Südamerikanischen Staatengemeinschaft (Comunidad Sudamericana de Naciones bzw. Unión de Naciones del Sur – UNASUR), die im Dezember 2004 im Rahmen des dritten südamerikanischen Gipfeltreffens aus der Taufe gehoben wurde, ist ein Schritt in diese Richtung. Nichtsdestotrotz steht eine Auflösung des Mercosur nicht zur Diskussion.

4.2 Argentinien - Chile

4.2.1 Stabilität

Blickt man auf den Verteidigungshaushalt als Indikator für externe Bedrohung, so deuten die Militärausgaben Chiles nicht darauf hin, dass sich die Bedrohungs-wahrnehmung reduziert hätte. Die Verteidigungsausgaben in absoluten Zahlen sind kontinuierlich angestiegen (vgl. Abbildung 1) und ihr Anteil am BIP liegt mit über drei Prozent deutlich höher als in Argentinien (vgl. Abbildung 2). Allerdings erweist es sich als schwierig, die exakte Höhe des chilenischen Militärhaushalts zu bestim-men, und die Ausgabensteigerungen hängen eng mit den Besonderheiten der chile-nischen Gesetzgebung zusammen (vgl. Fuentes 2002: 122; Radseck 2004: 22-30). Während der Transition zur Demokratie verfügte das Militär über eine starke Ver-handlungsposition und konnte sich einen fortgesetzten Zufluss an Finanzmitteln sichern. Zum einen ist dem Militär ein Mindesthaushaltsvolumen garantiert, welches das Niveau von 1989 plus Inflationsraten nicht unterschreiten darf. Zum anderen erhält das Militär nach dem Kupfergesetz von 1987 regelmäßig zehn Prozent aus den jährlichen Exporteinnahmen der nationalen Kupfergesellschaft. Wenn die Erträ-ge unter einen bestimmten Sockelbetrag fallen, ist die Regierung sogar verpflichtet, die Differenz beizusteuern. Das Geld wird zweckgebunden für Großwaffenkäufe eingesetzt. Diese Mittel sind weder im regulären Verteidigungsetat ausgewiesen,

Page 29: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

145

noch tauchen sie, wie beispielsweise die Pensionsleistungen für das chilenische Militär, an anderer Stelle im jährlichen Haushaltsgesetz auf (Radseck 2004, 2007; Heiss/Navia 2007: 179f). Die regierungsamtlich bezifferten Militärausgaben liegen regelmäßig deutlich unter den von internationalen Organisationen und Forschungs-instituten wie SIPRI ermittelten Werten.

Dagegen wurden in Argentinien die Rüstungsausgaben reduziert. Um die 80 Pro-zent dieses schrumpfenden Budgets werden für Personalkosten ausgegeben, wohin-gegen kaum Mittel für die Modernisierung von Waffen und Gerätschaften oder gar den Kauf neuer Ausrüstung vorhanden sind.20 Obgleich in Chile die noch schwelen-den Rivalitäten mit den nördlichen Nachbarn Peru und Bolivien als Hauptgrund für die Rüstung angeführt werden21, stationiert das chilenische Militär auch im Süden des Landes an der argentinischen Grenze viel Kriegsgerät. Tatsächlich bestehen auf Seiten konservativer Kräfte wegen der Gebietsabtretungen in Patagonien im Rah-men der Beilegung der Grenzstreitigkeiten in den 1990er Jahren Ressentiments gegen Argentinien fort. Gelegentlich ereignen sich Zwischenfälle, die das Misstrau-en zwischen den beiden Nachbarstaaten wieder verstärken könnten.22 Dennoch führt das militärische Ungleichgewicht nicht zu größerer Instabilität. Im Gegenteil ist sich Argentinien bewusst, dass die Asymmetrie in der militärischen Ausstattung maßgeb-lich durch die hohen Mittelzuflüsse an das chilenische Militär determiniert ist. Ent-sprechend hebt das argentinische Verteidigungsweißbuch von 1999 die friedliche Beilegung aller Grenzkonflikte mit Chile hervor und bezeichnet den ehemals um-strittenen Südatlantik als Zone des Friedens und der Kooperation. Im chilenischen Weißbuch „Libro de la Defensa Nacional“ von 2002 wird konstatiert, dass sich der Charakter der bilateralen Beziehung vom Zerwürfnis zum Zusammenschluss ge-wandelt habe.

Potentiellem Misstrauen aufgrund des zunehmenden Ungleichgewichts sollte durch die gegenseitige Offenlegung der Verteidigungsausgaben als vertrauensbil-dende Maßnahme entgegengewirkt werden.23 Die Erarbeitung der „Standardisierten Methode zur Erfassung der Verteidigungsausgaben“ wurde durch ein 2001 unter-zeichnetes argentinisch-chilenisches Abkommen über gegenseitige Transparenz der Rüstungsaufwendungen beschlossen und mit Hilfe der CEPAL und unter Betei-ligung des argentinisch-chilenischen Ständigen Sicherheitskomitees COMPERSEG ins Werk gesetzt (vgl. ECLAC 2002; Rodríguez 2004). Ohne Zweifel ist dem Be-richt ein hoher symbolischer Wert beizumessen. Sein inhaltlicher Ertrag ist jedoch nach Einschätzung einiger Beobachter gering, da sich die Länder nicht auf eine

20 Interview mit Politikwissenschaftler/Spezialist für strategische Studien und Rüstungsausga-ben (Buenos Aires, 15.7.2006); vgl. auch Radseck 2003, 2004.

21 Interview mit Abgeordnetem/Mitglied des Verteidigungsausschusses im chilenischen Abge-ordnetenhaus, und Interview mit Politikwissenschaftler/Bereich Sicherheits- und Verteidi-gungspolitik von der Universität ARCIS (beide Santiago, 8.8.2006).

22 So gab es im November 2003 einen skurrilen Spionagefall: Zwei Agenten des chilenischen Militärgeheimdienstes waren in ein argentinisches Konsulat im Süden Chiles eingebrochen, wo sie vertrauliche Papiere zu kopieren versuchten.

23 Interview mit Referent des Verteidigungsausschusses im argentinischen Senat (Buenos Aires, 12.7.2006); vgl. auch Radseck 2003.

Page 30: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

146

verbindliche Definition von Militärausgaben einigen konnten und zudem von chile-nischer Seite der CEPAL der Zugang zu einigen Informationen verwehrt wurde. Dies konterkariert die eigentliche Intention der Studie, zur Vertrauensbildung in der Region beizutragen (Radseck 2004: 36f; Scheetz 2004: 115). Nichtsdestotrotz gilt die Studie als wichtiger Schritt zur Herstellung von Transparenz der Verteidigungs-ausgaben. Eine Folgestudie der CEPAL, die den argentinisch-chilenischen Bericht zur Grundlage nimmt, wurde 2005 veröffentlicht. Sowohl in diesem Dokument als auch unter Sicherheitsexperten wird das Verfahren als mögliches Modell für eine den Kontinent umspannende Erfassung der Verteidigungsausgaben durch die OAS angesehen.

Auf militärisch-operativer Ebene werden erst seit 1998 gemeinsame Übungen durchgeführt, insbesondere von der Marine. Bis Ende der 1990er Jahre gab es keine Initiativen zur Kooperation bei der Rüstungsproduktion. Mittlerweile wurden jedoch erste Absichtserklärungen zur Kooperation im Bereich Forschung und Entwicklung sowie in der Rüstungsindustrie abgegeben. So fassten beispielsweise die argen-tinische und chilenische Marine den Beschluss, gemeinsame Schiffbauprojekte in Angriff zu nehmen. Bereits im Jahr 2000 wurde ein argentinisches Kriegsschiff in einem chilenischen Hafen repariert, was ein großer Vertrauensbeweis war, da auf diese Weise ein unmittelbarer Einblick in die vom anderen Land verwendete Tech-nologie gewährt wurde. Darüber hinaus haben Argentinien und Chile einen ersten Schritt in Richtung vertiefter Kooperation im Verteidigungsbereich getan, als sie 2005 beschlossen, eine gemeinsame Friedenstruppe aufzustellen, für die Anfang 2006 ein gemeinsamer Kommandostab eingerichtet wurde. Die weiteren Komman-dostrukturen befinden sich im Aufbau. Mit dieser Initiative sollen Kapazitäten für internationale Friedensmissionen zusammengelegt und somit Synergieeffekte erzielt werden.24

Dass die Zusammenarbeit gut funktioniert, manifestiert sich zudem im gemein-samen Agieren der beiden Staaten in hemisphärischen Foren. Argentinien und Chile wird eine hervorgehobene Rolle bei der Revitalisierung der OAS zugeschrieben. Das 1991 verabschiedete Santiago Commitment, das die Verpflichtung zur Demo-kratie und zur Erneuerung des interamerikanischen Systems beinhaltet, gilt dabei als zentrales Dokument. Die Gründung des OAS-Komitees zur hemisphärischen Sicher-heit wurde von beiden Ländern gefördert. Zudem spielten Argentinien und Chile aufgrund ihrer Erfahrungen mit vertrauensbildenden Maßnahmen eine Schlüsselrolle bei der Diskussion dieses Themas in Foren der OAS. So fanden 1994 und 1995 in Buenos Aires und Santiago ein Expertentreffen und eine Regionalkonferenz zu si-cherheits- und vertrauensbildenden Maßnahmen statt, und 1998 wurde eine Folge-konferenz in San Salvador abgehalten. Im Februar 2003 wurde in Vorbereitung auf die Konferenz über Sicherheit auf dem amerikanischen Kontinent der Konsens von Miami verabschiedet, eine Expertenempfehlung zur Förderung vertrauensbildender

24 Interview mit Referent der Abteilung für militärische Angelegenheiten im argentinischen Verteidigungsministerium (Buenos Aires, 17.7.2006); Interview mit dem Direktor der Abteilung für politische Angelegenheiten im argentinischen Verteidigungsministerium (Buenos Aires, 21.7.2006); Interview mit ehemaligem chilenischen Außenminister (Santiago, 11.8.2006).

Page 31: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

147

Maßnahmen. Zudem richtete das Sicherheitskomitee der OAS ein Forum für ver-trauensbildende Maßnahmen ein, das im April 2005 erstmals tagte und weitere Male im November 2006 und im März 2008 zusammentrat. Dies ist auf eine gemeinsame Initiative von Argentinien, Chile, El Salvador und den USA zurückzuführen, also genau derjenigen Staaten, in denen die Regionalkonferenzen und Expertentreffen zu dieser Thematik stattgefunden hatten.25

4.2.2 Kooperation

Die außenwirtschaftspolitische Kooperation zwischen Argentinien und Chile kon-zentriert sich vor allem auf Energiepolitik. Innerhalb weniger Jahre wurden fünf Gaspipelines und eine Ölpipeline von einigen Tausend Kilometern Länge gebaut. Die Privatisierung der argentinischen Stromversorger und der Ölgesellschaft YPF bot die Gelegenheit für chilenische Investitionen im Nachbarland. Fought (2000) bezeichnet diese Investitionen als eine neue Form vertrauensbildender Maßnahmen. Argentinien und Chile treiben zudem intensiv Handel miteinander (vgl. Abbildung 4). In den 1990er Jahren hat Argentinien seine Position als drittwichtigster Handels-partner Chiles konsolidiert. Die Hauptexportgüter Chiles nach Argentinien sind mineralische Produkte sowie Zellstoff, von Argentinien nach Chile werden vor al-lem Öl und Erdgas geliefert.

Durch wiederholt aufflackernde Krisen im Energiesektor und diverse Missver-ständnisse und Anschuldigungen zwischen einzelnen Regierungsmitgliedern wurde die Kooperation jedoch zeitweise ausgebremst (vgl. Rodríguez Elizondo 2006). Die Spannungen über Gaslieferungen zwischen Argentinien und Chile haben ihren Ur-sprung in den 1990er Jahren (vgl. Husar/Maihold 2005; Wittelsbürger/ Möller 2005). Als Teil des Abkommens über wirtschaftliche Komplementarität unter-zeichneten Argentinien und Chile 1995 auch einen Vertrag über die Integration im Gassektor (Protocolo de la Integración Gasífera), in dem Argentinien sich ver-pflichtete, Erdgas zu einem festgelegten Preis nach Chile zu exportieren. Doch 2004 brach die Regierung Kirchner den Vertrag erstmals und ließ die chilenische Haupt-stadt mitten im Winter ohne Gasversorgung. Allerdings geschah dies nicht aus böser Absicht gegenüber Chile, sondern aufgrund akuten Gasmangels in dem besagten Jahr. Argentinien, eigentlich ein Netto-Exporteur von Gas, musste damals selbst Gas aus Bolivien importieren. Die fortbestehenden Spannungen zwischen Bolivien und Chile verhinderten jedoch nicht nur, dass Chile seinerseits sein Gas aus Bolivien beziehen konnte, sondern Argentinien musste sogar garantieren, kein bolivianisches Gas weiter nach Chile zu transferieren (vgl. Husar/Maihold 2005: 137ff; Linkohr 2006: 112f). Dennoch wurde der argentinische Lieferstopp auf chilenischer Seite als unfreundlicher Akt wahrgenommen. 2006 stiegen die Erdöl- und Gaspreise erneut über das vertraglich festgelegte Niveau. Die chilenische Verärgerung darüber bezog sich vor allem auf die Art, wie die argentinische Regierung den Preisanstieg kom-

25 Interview mit Botschaftsrat der argentinischen Vertretung bei der OAS (Washington DC, 7.9.2006).

Page 32: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

148

munizierte. So mussten zunächst an argentinischen Tankstellen im Grenzgebiet die Fahrer ausländischer – d.h. in der Regel chilenischer – Fahrzeuge einen höheren Preis entrichten als argentinische Fahrzeughalter. Die Gaspreise für den zwischen-staatlichen Handel wurden im Juli bzw. August angehoben, obwohl Kirchner kurz zuvor auf dem Mercosur-Gipfel noch versichert hatte, dies werde nicht passieren.

Abbildung 4: Bilaterale Handelsbeziehungen Argentinien – Chile

0,0

500,0

1000,0

1500,0

2000,0

2500,0

3000,0

3500,0

4000,0

4500,0

5000,0

1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Mio

. US-

Dol

lar

Argentinische Exporte nach Chile Chilenische Exporte nach Argentinien

Quelle: IMF Direction of Trade Statistics Yearbook 1993 (1986-1992), 2000 (1993-1999), 2007 (2000-2006).

Trotz dieser Spannungen bestehen auf beiden Seiten sowohl der politische Wille zu vertiefter Kooperation als auch eine breite Unterstützung der wechselseitigen Annä-herung durch die Bevölkerung. Allein durch den Reiseverkehr, den angestiegenen Handel, wechselseitige Direktinvestitionen, die zunehmende Arbeitsmigration und die zahlreichen lokalen Kontakte und Projekte in der Grenzregion existiert ein un-umkehrbares Niveau an faktischer Kooperation und Integration, das kaum mehr zu beschränken ist und selbst durch Unstimmigkeiten in einem strategischen Wirt-schaftssektor nicht gefährdet werden kann. Auch wenn im Verlauf der Auseinander-setzungen um die Erhöhungen der Gaspreise sowohl in den Medien als auch seitens der Politiker auf alte Feindbilder zurückgegriffen wurde, hatten diese Spannungen keinerlei Auswirkungen auf die Sicherheitswahrnehmung, und die Institutionen der Sicherheitskooperation wurden in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt.

Page 33: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

149

5. Fazit: Zunahme und Robustheit von Stabilität und Kooperation

Die in diesem Kapitel geschilderte Entwicklung der Beziehungen zwischen Argenti-nien, Brasilien und Chile im Zeitverlauf verdeutlicht die Besonderheiten inter-demokratischer Institutionen. Schon vor der dritten Demokratisierungswelle, die Lateinamerika in den 1980er Jahren erfasste, waren die Staaten in gemeinsame in-ternationale Organisationen eingebunden. Diese fungierten jedoch lediglich als Fo-rum periodischer Interaktionen der Staats- und Regierungschefs und es gelang ihnen nicht, das hohe Spannungsniveau der bilateralen Konflikte zu reduzieren. Erst die Demokratisierung im südlichen Lateinamerika veränderte die Qualität institutionel-ler Verregelung und die Dynamik der zwischenstaatlichen Konflikte nachhaltig. Parallel zur Errichtung demokratischer Regime wandelten sich bestehende internati-onale Organisationen in der Region zu inter-demokratischen Organisationen mit zunehmender Einbettung in transgouvernementale und transnationale Netzwerke und es bildeten sich neue bi- und multilaterale Institutionen mit diesen Formmerk-malen heraus. Die Institutionen trugen zur Einigung über zahlreiche Konfliktgegens-tände bei und bewirken, dass erneut aufbrechende Streitigkeiten nicht mehr als Si-cherheitsrisiko wahrgenommen werden und keine Eskalationsgefahr mehr bergen.

Zwar argumentiert etwa Resende-Santos (2002), dass sich die ersten Schritte zur Annäherung zwischen Argentinien und Brasilien bereits 1979 und 1980 vollzogen, als beide Staaten noch Militärdiktaturen waren. Die Institutionalisierung dieser Ko-operation und Fortschritte in Richtung ökonomischer und sicherheitspolitischer Integration waren jedoch erst nach der demokratischen Transition möglich (vgl. Schmitter 1991; Kaltenthaler/Mora 2002: 74). Für die chilenisch-argentinische Dya-de spielte laut Schmitter (1991: 106) der Demokratisierungsprozess ebenfalls eine entscheidende Rolle. Die Lösung des Konflikts um den Beagle-Kanal erfolgte erst unter der Regie von Argentiniens neu gewähltem Präsident Alfonsín. Diese Eini-gung zog jedoch zunächst keine weiter reichenden Kooperations- oder gar Integra-tionsinitiativen nach sich. Erst nach den demokratischen Wahlen in Chile und dank der zeitgleich erfolgenden wirtschaftlichen Liberalisierung in Argentinien kam wie-der Bewegung in den Annäherungsprozess zwischen den beiden Staaten, so dass die noch anhängigen Territorialstreitigkeiten beigelegt werden konnten. Zugleich sahen beide Seiten aufgrund der noch regen Erinnerung an die zurückliegende militärische Konfrontation und angesichts der fortbestehenden Stärke des chilenischen Militärs die Einrichtung von Sicherheitsinstitutionen als notwendig an, um die Beendigung der Rivalität auf Dauer zu garantieren und die Verteidigungspolitik transparenter zu gestalten.

Im Gegensatz zum destabilisierenden Spill-over-Effekt, wenn Konflikte sich von einem Politikfeld auf ein anderes ausweiten, kann man vor allem für Argentinien und Brasilien von einem stabilisierenden Spill-over beim Aufbau internationaler Institutionen seit den 1980er Jahren sprechen: Die Sicherheitskooperation entstand als Nebenprodukt der ökonomischen Kooperation (Alcañiz 2005; Pion-Berlin 2005: 215). Obwohl der Mercosur laut Vertrag von Asunción eine Koordination der Außenwirtschaftspolitiken anstrebte und somit nicht als Sicherheitsinstitution im eigentlichen Sinne klassifiziert werden kann, zog seine Gründung weitergehende

Page 34: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

150

Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den assoziierten Ländern im Bereich Sicherheit und Verteidigung nach sich (Villagra Delgado 2003). Durch die Erklärung von Mercosur gemeinsam mit Bolivien und Chile zur Friedenszone (1998) entwickelte sich der Zusammenschluss zwischen diesen südamerikanischen Ländern auch formal in Richtung Sicherheitskooperation (Pion-Berlin 2005: 213).

Vor der Demokratisierung hatten ökonomische Ungleichgewichte und Krisen-situationen die sicherheitspolitischen Beziehungen negativ beeinflusst. In dieser Phase waren die internationalen Institutionen in Lateinamerika nur schwach ausge-prägt und trugen daher nicht zu zwischenstaatlichem Vertrauen und Transparenz bei. Entsprechend bot sich dem Militär oftmals die Gelegenheit, mit dem Vorliegen einer Krisensituation ein verstärktes Sicherheits- und Verteidigungsengagement zu rechtfertigen. Davon kann nach der Demokratisierung keine Rede mehr sein. Zwar haben Argentinien, Brasilien und Chile in den Krisen seit den 1990er Jahren meist mittels Präsidialdiplomatie nach Lösungen gesucht oder gar wieder auf unilaterale Selbsthilfestrategien zurückgegriffen, statt sich der inter-demokratischen Institutio-nen zu bedienen – entweder weil es dort die entsprechenden Mechanismen noch nicht gab oder sie noch zu wenig habitualisiert waren. Ein destabilisierendes Über-greifen der Spannungen in andere Politikbereiche und eine Polarisierung der Bezie-hungen vollzogen sich jedoch nicht mehr. Vielmehr schärften die Krisensituationen das Bewusstsein für den Wert der internationalen Institutionen und die Notwendig-keit ihrer Fortentwicklung. Noch während der Krise oder kurze Zeit danach ergriffen die Mitgliedsstaaten Initiativen zu ihrer Vertiefung, so dass in der Gesamtbilanz die Institutionen robust blieben oder gar gestärkt aus der Krise hervorgingen.

Dass Politiker und Diplomaten im Angesicht schwerwiegender Differenzen wei-terhin ihre Treue zur zwischenstaatlichen Kooperation und den Wunsch nach ver-stärkter Integration bekunden, liegt wesentlich im Grad der transnationalen und transgouvernementalen Vernetzung der internationalen Institutionen begründet. Die vielfältigen Verbindungen zwischen den Bürokratien ihrer Mitglieder helfen dabei, kontinuierlichen Austausch zu pflegen und glaubwürdige Informationen über Ent-wicklungen und Pläne der anderen Seite zu erhalten. Eine ähnliche Wirkung übt die Vernetzung von parlamentarischen Entscheidungsträgern sowie gesellschaftlicher und privater Akteure aus. Nach der Demokratisierung haben sich in den drei Län-dern Expertengemeinschaften herausgebildet, die in enger Verbindung zu den politi-schen Akteuren stehen und mit ihrer Track 2-Diplomatie ein wichtiges Forum für informelle Konsultationen bieten. Diese Tendenz wird noch verstärkt durch den in den Ländern des Cono Sur besonders ausgeprägten Personalaustausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Diplomatie und Politik. In einigen Politikbereichen exis-tieren zudem mittlerweile starke zivilgesellschaftliche Organisationen, die auch grenzüberschreitend miteinander in Kontakt treten. So sind von Seiten der Gesell-schaft ein gewisser Druck und eine hohe Nachfrage nach guten regionalen Be-ziehungen vorhanden. Dank ihrer transnationalen und transgouvernementalen Ein-bettung erlauben die inter-demokratischen Institutionen somit ein Verständnis der sicherheits- und außenwirtschaftspolitischen Diskurse, der Sicherheitskonzepte und Bedrohungswahrnehmungen und damit der längerfristigen Orientierung der anderen Seite. Die gesellschaftliche Vernetzung sowie die häufigen Kontakte und etablierten Kanäle der Zusammenarbeit zwischen Politikern, Ministerialbürokraten und Militärs

Page 35: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

151

im Rahmen inter-demokratischer Organisationen haben dazu beigetragen, dass im südlichen Lateinamerika die sicherheitspolitische Stabilität und die außenwirtschaft-liche Kooperation als robust eingeschätzt werden können und eine Eskalation öko-nomischer Probleme zu einer Bedrohung der nationalen Sicherheit undenkbar ge-worden ist.

Literatur

Alcañiz, Isabella 2005: An Economic Road to Peace, a Peaceful Road to Growth: Regional Integra-tion through the Side Door in Western Europe and South America, e-Working Paper No. 3, Lis-bon: CIES, http://www.cies.iscte.pt/wp_eng.jsp.

Almeida, Paulo Roberto de 2006: Problemas conjunturais e estructurais da integração na América do Sul: a trajetória do Mercosul desde suas origens até 2006, Brasília.

Barceló, Gabriel Norberto 2001: Asuntos Institucionales, in: CNEA (Hrsg.): Memoria y Balance 2001, Buenos Aires: Comisión Nacional de Energía Atómica, 75-80.

Barrios, Harald 1999: Die Außenpolitik junger Demokratien in Südamerika. Argentinien, Brasilien, Chile und Uruguay, Opladen: Leske + Budrich.

Barrios, Harald 2004: Chile im internationalen System, in: Imbusch, Peter (Hrsg.): Chile heute. Politik, Wirtschaft, Kultur; Frankfurt/Main: Vervuert, 457-478.

Bernal-Meza, Raúl 2006: Cambios y continuidades en la política exterior brasileña, Lateinamerika Analysen 13, 69-94.

Birle, Peter 2006: Von Rivalen zu strategischen Partnern? Selbst- und Fremdbilder in den bilatera-len Beziehungen zwischen Argentinien und Brasilien, in: Birle, Peter/Nolte, Detlef/ Sangmeis-ter, Hartmut (Hrsg.): Demokratie und Entwicklung in Lateinamerika, Frankfurt/Main: Vervuert, 311-339.

Bodemer, Klaus 2002: Auf dem Weg zur Normalität. Die Außenpolitik der Regierung Menem zwischen pragmatischem Bilateralismus, neuen Integrationsimperativen und sicherheits-politischen Arrangements, in: Birle, Peter/Carreras, Sandra (Hrsg.): Argentinien nach zehn Jah-ren Menem. Wandel und Kontinuität, Frankfurt/Main: Vervuert, 183-212.

Brigagao, Clovis/Valle Fonrouge, Marcelo 1999: Argentina y Brasil: Modelo regional de confianza mutua, Estudios Internacionales 125, 3-19.

Brock, Lothar 1978: Die Funktion der OAS für die Rechtfertigung der Lateinamerika-Politik der USA, Politische Vierteljahresschrift 19 (1), 3-22.

Bulner-Thomas, Victor 1997a: Regional Integration in Latin America Before the Debt Crisis: LAFTA, CACM and the Andean Pact, in: El-Agraa, Ali M. (Hrsg.): Economic Integration Worldwide, Houndmills: Macmillan, 230-252.

Bulner-Thomas, Victor 1997b: Regional Integration in Latin America since 1985: Open Regional-ism and Globalisation, in: El-Agraa, Ali M. (Hrsg.): Economic Integration Worldwide, Hound-mills: Macmillan, 253-277.

Burges, Sean W. 2005: Bounded by the Reality of Trade: Practical Limits to a South American Region, Cambridge Review of International Affairs 18 (3), 437-454.

Carranza, Mario E. 2003: Can Mercosur Survive? Domestic and International Constraints on Mer-cosur, Latin American Politics and Society 45 (2), 67-103.

Child, Jack 1985: Geopolitics and Conflict in South America. Quarrels Among Neighbors, New York: Praeger.

Child, Jack 1988: Antarctica and South American Geopolitics: Frozen Lebensraum, New York: Praeger.

Page 36: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

152

Dabène, Olivier 2004: Does Mercosur Still Have a Project?, in: Domínguez, Francisco & Guedes de Oliveira, Marcos (Hrsg.): Mercosur: Between Integration and Democracy, Bern et al.: Peter Lang, 141-155.

Dalla Costa, João Marcelo 2006: Die brasilianische Nuklearpolitik. Das Damoklesschwert der Urananreicherung, Focus Brasilien Nr. 2/2006, Rio de Janeiro: Konrad-Adenauer-Stiftung, http://www.adenauer.org.br/focusbrasili.asp.

Davies, Simon J. 2004: Community versus Deterrence: Managing Security and Nuclear Prolifera-tion in Latin America and South Asia, International Relations 18 (1), 55-72.

Dembinski, Matthias/Freistein, Katja/Weiffen, Brigitte 2006: Form Characteristics of Regional Security Organizations: The Missing Link in the Explanation of the Democratic Peace, Tübinger Arbeitspapiere zur Internationalen Politik und Friedensforschung, Nr. 48, Tübingen: Institut für Politikwissenschaft, Abteilung für Internationale Beziehungen/Friedens- und Konfliktforschung.

Domínguez, Francisco 2004: Democracy and Economic Integration: The Continental Context, in: Domínguez, Francisco/Guedes de Oliveira, Marcos (Hrsg.): Mercosur: Between Integration and Democracy, Bern et al.: Peter Lang, 29-56.

Domínguez, Jorge I. 1998: Security, Peace, and Democracy in Latin America and the Caribbean. Challenges for the Post-Cold War Era, in: Domínguez, Jorge I. (Hrsg.): International Security and Democracy. Latin America and the Caribbean in the Post-Cold War Era, Pittsburgh: Uni-versity of Pittsburgh Press, 3-28.

Domínguez, Jorge I./Mares, David R./Orozco, Manuel/Palmer, David Scott/Rojas Aravena, Fran-cisco/Serbin, Andrés 2003: Boundary Disputes in Latin America, Peaceworks No. 50, Washing-ton D.C.: United States Institute of Peace.

ECLAC 2002: A standardized methodology for the measurement of defence spending, Santiago (Chile): ECLAC Office of the Executive Secretary.

Escudé, Carlos/Fontana, Andrés 1998: Argentina's Security Policies. Their Rationale and Regional Context, in: Domínguez, Jorge I. (Hrsg.): International Security and Democracy. Latin America and the Caribbean in the Post-Cold War Era, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press, 51-79.

Fermandois, Joaquín/Henríquez, María José 2005: Contradicción o díada? Política exterior de Chile ante el Mercosur, Estudios Internacionales 148, 55-77.

Flemes, Daniel 2003: Entsteht im südlichen Lateinamerika eine Sicherheitsgemeinschaft? Aus-gangslage, Stand und Perspektiven sicherheitspolitischer Kooperation, Arbeitspapier Nr. 11, Hamburg: Institut für Iberoamerika-Kunde.

Flemes, Daniel 2005: Creating a Regional Security Community in Southern Latin America: The Institutionalisation of the Regional Defence and Security Policies, Working Papers Gobal and Area Studies, No. 13, Hamburg: German Institute of Global and Area Studies.

Fontana, Andrés 2001: Refunding Hemispheric Security: The Community of American States in the 1990s and Beyond, Peace and Security 32, 41-60.

Fontana, Andrés 2003: Las relaciones de seguridad interamericanas, in: Grabendorff, Wolf (Hrsg.): La Seguridad Regional en las Américas, Bogotá: Friedrich Ebert Stiftung en Colombia-Fescol/Fondo Editorial Cerec, 169-198.

Fought, Stephen O. 2000: Linkages between Economics, CBMs, and Regional Security in the Southern Cone, in: Krepon, Michael/Newbill, Michael/Khoja, Khurshid/Drezin, Jenny S. (Hrsg.): Global Confidence Building. New Tools for Troubled Regions, Houndmills/London: Macmillan.

Fuders, Felix 2008: Vier Jahre Protokoll von Olivos: Wie es das Streitschlichtungssystem des Mercosur verändert hat, Lateinamerika Analysen 20, 205-233.

Fuentes, Claudio 2002: Resisting change: security-sector reform in Chile, Conflict, Security & Development 2 (1), 121-131.

Fuentes, Claudio 2008: Fronteras calientes, Foreign Affairs Latinoamérica 8 (3), 12-21.

Page 37: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

153

Genna, Gaspare M./Hiroi, Taeko 2005: The Effects of Unequal Size. Costs and Benefits of Unilat-eral Action in the Development of MERCOSUR, Journal of Developing Societies 21 (3-4), 337-355.

Gomez Mera, Laura 2005: Explaining Mercosur's Survival: Strategic Sources of Argentine-Brazilian Convergence, Journal of Latin American Studies 37 (1), 109-140.

Grabendorff, Wolf 1982: Interstate Conflict Behavior and Regional Potential for Conflict in Latin America, Journal of Interamerican Studies and World Affairs 24 (3), 267-294.

Grigorescu, Alexandru 2007: Transparency of Intergovernmental Organizations: The Roles of Member States, International Bureaucracies and Nongovernmental Organizations; International Studies Quarterly 51 (3), 625-648.

Grugel, Jean 2006: Regionalist Governance and Transnational Collective Action in Latin America, Economy and Society 35 (2), 209-231.

Hasenclever, Andreas 2002: The Democratic Peace meets International Institutions. Überlegungen zur internationalen Organisation des demokratischen Friedens, Zeitschrift für internationale Be-ziehungen 9 (1), 75-112.

Hasenclever, Andreas/Weiffen, Brigitte 2006: International institutions are the key: a new perspec-tive on the democratic peace, Review of International Studies 32 (4), 563-585.

Hasenclever, Andreas/Weiffen, Brigitte 2007: Rivalitätsmanagement zwischen Demokratien - Eine institutionalistische Analyse des Demokratischen Friedens, in: Hasenclever, Andreas/Wolf, Klaus Dieter/Zürn, Michael (Hrsg.): Macht und Ohnmacht internationaler Institutionen, Frank-furt/New York: Campus, 283-313.

Heiss, Claudia/Navia, Patricio 2007: You Win Some, You Lose Some: Constitutional Reforms in Chile's Transition to Democracy, Latin American Politics and Society 49 (3), 163-190.

Hira, Anil/Amaya, Libardo 2003: Does Energy Integrate?, Energy Policy 31 (2), 185-199. Hirst, Mónica 1998: Security Policies, Democratization, and Regional Integration in the Southern

Cone, in: Domínguez, Jorge I. (Hrsg.): International Security and Democracy. Latin America and the Caribbean in the Post-Cold War Era, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press, 102-118.

Holsti, Kalevi J. 1996: The state, war, and the state of war, Cambridge: Cambridge University Press.

Huntington, Samuel P. 1991: The Third Wave. Democratization in the Late Twentieth Century, Norman: University of Oklahoma Press.

Hurrell, Andrew 1998: Security in Latin America, International Affairs 74 (3), 529-546. Husar, Jörg/Maihold, Günther 2005: Konfliktstoff Erdgas, Brennpunkt Lateinamerika 11/2005,

129-140.Jaguaribe, Hélio 2005: Alianza argentino-brasileña, DEP - Diplomacia, Estrategia y Política 2, 43-53. Kacowicz, Arie M. 1998: Zone of Peace in the World. South America and West Africa in Com-

parative Perspective, New York: State University of New York Press. Kahhat, Farid 2005: The World in their Minds. Geopolitical Thought and Inter-State Conflict in

South America’s Southern Cone, Paper prepared for the International Studies Association An-nual Meeting, Hawaii, March 1-4, 2005.

Kaltenthaler, Karl/Mora, Frank O. 2002: Explaining Latin American economic integration: the case of Mercosur, Review of International Political Economy 9 (1), 72-97.

Kelly, Philip/Child, Jack (Hrsg.) 1988: Geopolitics of the Southern Cone and Antarctica, Boulder, CO: Lynne Rienner.

Kurtenbach, Sabine 2002: OAS - Vom Instrument der US-Politik zur demokratischen Sicherheits-gemeinschaft?, in: Ferdowsi, Mir A. (Hrsg.): Internationale Politik im 21. Jahrhundert, Mün-chen: W.Fink, 325-340.

Page 38: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

154

Laudy, Mark 2000: The Vatican Mediation of the Beagle Channel Dispute: Crisis Intervention and Forum Building, in: Greenberg, Melanie C./Barton, John H./McGuinness, Margaret E. (Hrsg.): Words over War. Mediation and Arbitration to Prevent Deadly Conflict, Lanham: Rowman & Littlefield, 293-320.

Linkohr, Rolf 2006: Lateinamerikas Energiepolitik zwischen Staat und Markt, Internationale Poli-tik und Gesellschaft 4/2006, 105-119.

Lipson, Charles 2003: Reliable Partners. How Democracies have made a Separate Peace, Princeton: Princeton University Press.

Malamud, Andrés 2005: Presidential Diplomacy and the Institutional Underpinnings of Mercosur: An Empirical Examination, Latin American Research Review 40 (1), 138-164.

Mansfield, Edward D./Pevehouse, Jon C. 2006: Democratization and International Organizations, International Organization 60 (1), 137-167.

Mansfield, Edward D./Pevehouse, Jon C. 2008: Democratization and the Varieties of International Organizations, Journal of Conflict Resolution 52 (2), 269-294.

Mares, David R. 1997: Regional Conflict Management in Latin America: Power Complemented by Diplomacy, in: Lake, David A./Morgan, Patrick M. (Hrsg.): Regional Orders. Building Security in a New World, University Park, PA: Pennsylvania State University Press, 195-218.

Mares, David R. 1998: Strategic Balance and Confidence Building Measures in Latin America: The Historical Utility of an Ambiguous Concept, in: Tulchin, Joseph S./Rojas Aravena, Francisco (Hrsg.): Strategic Balance and Confidence Building Measures in the Americas, Stanford: Stan-ford University Press, 139-157.

Mares, David R. 2001: Violent Peace. Militarized Interstate Bargaining in Latin America, New York: Columbia University Press.

Martín, Félix E. 2006: Militarist Peace in South America. Conditions for War and Peace, New York: Palgrave Macmillan.

Muñoz, Heraldo 1993: A New OAS for the New Times, in: Vaky, Viron P./Muñoz, Heraldo (Hrsg.): The Future of the Organization of American States, New York: Twentieth Century Fund, 67-100.

OAS 2005: Manual for Civil Society Participation in the Organization of American States and in the Summits of the Americas Process, Washington D.C.: Summits of the Americas Secretariat, Organization of the American States.

OAS 2008: Annual Report of the Secretary General. January - December 2007, Washington D.C.: Organization of the American States.

Owens, Lisa 1995: Confidence Building in Latin America: Nuclear Controls between Argentina and Brazil, in: Junnola, Jill R./Krepon, Michael (Hrsg.): Regional Confidence Building in 1995: South Asia, the Middle East, and Latin America, Report No. 20, Washington D.C.: Henry L. Stimson Center, 37-59.

Peña, Félix 1999: Broadening and Deepening: Striking the Right Balance, in: Roett, Riordan (Hrsg.): MERCOSUR. Regional Integration, World Markets, Boulder, CO: Lynne Rienner, 49-61.

Pion-Berlin, David 2005: Sub-Regional Cooperation, Hemispheric Threat: Security in the Southern Cone, in: Fawcett, Louise/Serrano, Mónica (Hrsg.): Regionalism and Governance in the Ameri-cas. Continental Drift, Houndmills, Basingstoke: Palgrave Macmillan, 209-227.

Preusse, Heinz G./Schlageter, Karsten M. 2007: Perspectives of MERCOSUR, Lateinamerika Analysen 18, 31-56.

Radseck, Michael 2003: Ein neuer Rüstungswettlauf? Militär- und Rüstungstendenzen im Cono Sur, Brennpunkt Lateinamerika 20/2003, 203-214.

Page 39: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

155

Radseck, Michael 2004: Südamerikas sicherheitspolitische Transparenz auf dem Prüfstand (III). Die undurchsichtigen Verteidigungshaushalte des Cono Sur, Arbeitspapier Nr.16, Hamburg: In-stitut für Iberoamerika-Kunde.

Radseck, Michael 2005: El Sistema Interamericano de Seguridad: quo vadis? Posiciones del Cono Sur a la luz de la Conferencia Especial sobre Seguridad Hemisférica, in: Bodemer, Klaus/Rojas Aravena, Francisco (Hrsg.): La seguridad en las Américas. Nuevos y viejos desafíos, Frank-furt/Main: Vervuert, 57-91.

Radseck, Michael 2007: Rohstoffe und Rüstung. Hintergründe und Wirkungen ressourcenfinanzier-ter Waffenkäufe in Südamerika, Lateinamerika Analysen 16, 203-241.

Redick, John R. 1995: Nuclear Illusions: Argentina and Brazil, Occasional Paper No. 25, Washing-ton D.C.: Henry L. Stimson Center.

Redick, John R. 2000: Nuclear Confidence-Building in the Southern Cone, in: Krepon, Mi-chael/Newbill, Michael/Khoja, Khurshid/Drezin, Jenny S. (Hrsg.): Global Confidence Building. New Tools for Troubled Regions. Houndmills/London: Macmillan, 227-244.

Resende-Santos, João 2002: The Origins of Security Cooperation in the Southern Cone, Latin American Politics and Society 44 (4), 89-126.

Rodríguez Elizondo, José 2006: Las crisis vecinales del gobierno de Lagos, Santiago: Random House Mondadori.

Rodríguez, Noemí Inés 2004: Metodología estandarizada común para la medición de los gastos de defensa, Aportes 11 (21), 63-74.

Rojas Aravena, Francisco 1998: Transition and Civil-Military Relations in Chile. Contributions in a New International Framework, in: Domínguez, Jorge I. (Hrsg.): International Security and De-mocracy. Latin America and the Caribbean in the Post-Cold War Era, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press, 80-101.

Rojas Aravena, Francisco (Hrsg.) 1999: Argentina, Brasil y Chile: integración y seguridad, Cara-cas: Nueva Sociedad.

Rojas Aravena, Francisco 2003: La construcción de una Alianza Estratégica. El caso de Chile y Argentina, in: Domínguez, Jorge I. (Hrsg.): Conflictos territoriales y democracia en América Latina, Buenos Aires: Siglo XXI, 85-129.

Rojas Aravena, Francisco 2005: Una comunidad de seguridad en las Américas: una mirada a la conferencia especial de seguridad, in: Tulchin, Joseph S./Benítez Manaut, Raúl/Diamint, Rut (Hrsg.): El Rompecabezas. Conformando la seguridad hemisférica en el siglo XXI, Buenos Ai-res: Bononiae Libris, 171-186.

Rojas Aravena, Francisco/Fuentes Saavedra, Claudio (Hrsg.) 1997: El MERCOSUR de la defensa. Estudio Estratégico de América Latina y el Caribe 1996, Santiago: FLACSO-Chile.

Runza, Ricardo Adrián 2004: Las relaciones argentino-chilenas de defensa. Análisis y evaluación desde la perspectiva del Comité Permanente de Seguridad, Lateinamerika Analysen 8, 137-166.

Runza, Ricardo Adrián 2005: Análisis y Evaluación de las relaciones argentino-brasileñas de defensa, desde la perspectiva del Mecanismo de Análisis Estratégico (MAE), Working paper, Buenos Aires: Instituto de Estudios Estratégicos de Buenos Aires, http://www.ieeba.com.ar/Templates/ invesrunza.html.

Russell, Roberto & Tokatlián, Juan Gabriel 2003: El lugar de Brasil en la política exterior argentina, Buenos Aires: Fondo de Cultura Económica.

Scheetz, Thomas 2004: Una evaluación del documento cepalino: 'Metodología estandarizada común para la medición de los gastos de defensa', Revista Fuerzas Armadas y Sociedad 18 (1-2), 107-121.

Schirm, Stefan A. 1999: Globale Märkte, nationale Politik und regionale Kooperation in Europa und den Amerikas, Baden-Baden: Nomos.

Page 40: Brasilien-Argentinien und Argentinien-Chile : Wachsende Kooperation im Zuge der Demokratisierung

156

Schmalz, Stefan 2008: Brasilien in der Weltwirtschaft. Die Regierung Lula und die neue Süd-Süd-Kooperation, Münster: Westfälisches Dampfboot.

Schmitter, Philippe C. 1991: Change in Regime Type and Progress in International Relations, in: Adler, Emanuel/Crawford, Beverly (Hrsg.): Progress in Postwar International Relations, New York: Columbia University Press, 89-127.

Soares de Lima, Maria Regina/Hirst, Mónica 2006: Brazil as an intermediate state and regional power: action, choice and responsibilities, International Affairs 82 (1), 21-40.

Sotomayor Velázquez, Arturo C. 2004: Civil-Military Affairs and Security Institutions in the Southern Cone: The Sources of Argentine-Brazilian Nuclear Cooperation, Latin American Politics and Soci-ety 46 (4), 29-60.

Steves, Franklin 2001: Regional Integration and Democratic Consolidation in the Southern Cone of Latin America, Democratization 8 (3), 75-100.

Ugarte, José Manuel 2004: Integración subregional y Defensa, ¿Más allá de la seguridad cooperativa?, Paper prepared for the VII Encuentro de Estudios Estratégicos, http://www1.hcdn.gov.ar/ dependencias/ieeri/ennee/vii/masalladelaseguridad.htm.

Vaky, Viron P. 1993: The Organization of American States and Multilateralism in the Americas, in: Vaky, Viron P./Muñoz, Heraldo (Hrsg.): The Future of the Organization of American States, New York: Twentieth Century Fund, 1-65.

Valls Pereira, Lia 1999: Toward the Common Market of the South: Mercosur's Origins, Evolution, and Challenges, in: Roett, Riordan (Hrsg.): MERCOSUR. Regional Integration, World Markets, Boulder, CO: Lynne Rienner, 7-23.

Vigevani, Tulio/Pasquariello Mariano, Karina/Fernandes de Oliveira, Marcelo 2004: Mercosur: De-mocracy and Political Actors, in: Domínguez, Francisco/Guedes de Oliveira, Marcos (Hrsg.): Mer-cosur: Between Integration and Democracy, Bern et al.: Peter Lang, 97-140.

Villagra Delgado, Pedro 2003: Hemispheric Security: A Perception from the South: Shaping the Regional Security Environment in Latin America. Perspectives from Argentina, Brazil, and Co-lombia, Carlisle, PA: Strategic Studies Institute, U.S. Army War College, 1-11.

Wilhelmy, Manfred/Durán, Roberto 2003: Los principales rasgos de la política Exterior Chilena entre 1973 y el 2000, Revista de Ciencia Política 23 (2), 273-286.

Wittelsbürger, Helmut/Möller, Stefanie 2005: Die Beziehungen Chiles zu seinen Nachbarländern. Ein Land zwischen Bewunderung und Missgunst, KAS-Auslandsinformationen 4/05, 23-49.

Zamore Collina, Tom/de Souza Barros, Fernando 1996: Bilateral Nuclear Inspections for the Korean Peninsula: Can the Latin American Experience Help Reduce Tensions between North and South?, Korean Journal of Defense Analysis 8 (1), 111-127.