Schwerpunktthemen F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 30 (2016) Nr. 2 73 1. Dieselkraftstofffilter In Deutschland sind zurzeit 43 Millionen PKW und 2,7 Millionen LKW zugelassen. Mehr als ein Viertel (27,7 %) der PKW und die Gesamtheit der LKW werden mit Diesel betrieben und verfü- gen somit über einen Dieselkraftstofffilter /1/. Dieselkraftstofffilter erfüllen unter Anderem zwei wichtige Funktionen: die Abscheidung von Schwebstoffen und Par- tikeln sowie die Abscheidung von Wasser aus Dieselkraftstoff. Im Zuge der Diskussion um den Klimawandel steht Mineral- öldiesel immer mehr in der Kritik und soll langfristig durch Biodiesel ersetzt wer- den. Bereits seit 2007 gilt in Deutschland das Biokraftstoffquotengesetz /2/. Im Jahr 2009 ist deutschlandweit die Bio- Kraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung in Kraft getreten /3/. Mittels dieser Gesetze und Verordnungen wird ein Mindestgehalt an Biodiesel als Blendkomponente in Mineralöldiesel festgelegt, welcher zur- zeit 7 % beträgt. Europaweit wird der Einsatz von Biodiesel über die Biokraft- stoffrichtlinie geregelt /4/. 2. Wasserabscheidung in Dieselkraftstofffiltern Insbesondere durch die gesetzliche Ver- ordnung zur Verblendung von Mineral- öl- mit Biodiesel ist die Wasserabschei- dung in Dieselkraftstofffiltern in den ver- gangenen Jahren in den Fokus gerückt. Biokraftstoffe, wie Biodiesel, unterscheiden sich von erdölbasierten Kraftstoffen. Sie sind nicht nur dünnflüssiger, sondern besit- zen aufgrund ihrer chemischen Struktur auch eine höhere Affinität zu Wasser und eine geringere Grenzflächenspannung /5/. Die Verteilung und die Größe der emul- gierten Wassertropfen im Dieselkraftstoff hat eine besondere Bedeutung sowohl für die Wasserabscheidung als auch für die Stabilität der Kraftstoff/Wasser-Emulsion. Je stabiler die Emulsion, umso homogener die Verteilung der Wassertropfen in der Emulsion und je kleiner die Tropfengröße, umso größer ist die Systemstabilität im Motorenraum. Die Tropfengröße ist dabei abhängig von der Additivierung des Kraftstoffs und des Wassergehaltes und beträgt im Mittel 15 - 23 μm /6/. Die Tropfengröße in stabilen Emulsionen, so wie es bei Biodiesel der Fall ist, kann allerdings weniger als 10 μm betragen /5/. Hinsichtlich der Wasserabscheidung besteht eine gegenläufige Beziehung. Je stabiler die Emulsion, umso schwieri- ger ist es das im Kraftstoff vorhandene Wasser zu extrahieren und abzuscheiden. Das bedeutet, dass eine hohe Stabilität der Emulsion eine niedrige Filtrationseffizienz zur Folge hat /6/. Im Bereich der textilen Filtermedien zur Dieselkraftstofffiltration werden fast ausnahmslos Vliesstoffe eingesetzt. Neben anorganischen Filtermaterialien, wie Glas- fasern, finden organische Polymere wie Polyester und Polyamid sowie deren Mischungen Anwendung in Dieselkraft- stofffiltern. Die Wasserabscheidung er- folgt derzeit insbesondere über Mikro- faservliesstoffe, welche das Wasser nach dem Koaleszenzprinzip aus dem Diesel- kraftstoff abscheiden. Bei der Verwendung von Mikrofaservliesstoffen steht die Faser- feinheit im Vordergrund. Das Funktions- prinzip basiert auf dem besonders hohen Verhältnis der Oberfläche zum Volumen der Faser. Durch die große Oberfläche verfügt die Faser über ein hohes Potenzial zur Bindung von Feuchtigkeit aus der Umgebung. Allerdings ist das Abscheide- vermögen von Mikrofasern begrenzt. Aufgrund der notwendigen krümmungs- bedingten Differenz im Laplace-Druck, besteht je nach Durchmesser der Mikro- faser eine Begrenzung in der minimalen Tropfengröße, welche abgeschieden wer- den kann /7/. Während der Nutzung eines Personen- oder Lastkraftwagens fließt Dieselkraft- stoff an einem hydrophilen Filtermaterial entlang. Am Filtermaterial scheiden sich kleine Wassertropfen aus der Emulsion ab und koaleszieren, d. h. sie fließen zu größe- ren Wassertropfen zusammen. Aufgrund der höheren spezifischen Dichte von Wasser im Vergleich zu Dieselkraftstoff wird das Wasser durch die Schwerkraft an der Unterseite des Filters abgeschieden und aufgefangen /8/. Bikomponentenfasern mit Wasserleitungskanälen für eine verbesserte Wasserabscheidung in Dieselkraftstofffiltern I. Noll, G. Seide, T. Gries * Die Wasserabscheidung ist ein essentielles Problem bei der Filtration von Dieselkraftstoffen. Insbesondere durch gesetzliche Verordnungen zur Erhöhung des Anteils an Biodiesel in Mineralöldiesel ist die Steigerung der Effizienz von Dieselkraftstofffiltern in den letzten zehn Jahren in den Fokus gerückt. Biodiesel verfügt aufgrund seiner chemischen Struktur über eine hohe Affinität zu Wasser, welche deutlich höher ist als die von Mineralöldiesel. Das Wasser kann zur Korrosion von Motorenkomponenten sowie zu einer hydrolytischen Zersetzung des Dieselkraftstoffs führen. Um diese technischen Herausforderungen zu lösen werden im Rahmen eines Forschungsprojektes kleeblatt- förmige Bikomponentenfasern mit hydrophilen Leitungskanälen zur Wasserabscheidung in Dieselkraftstofffiltern entwickelt. Dazu wird einerseits ein Spinnpaket zum Extrusion der Fasern simulativ ausgelegt. Andererseits wird eine Bikomponentenfaser mit einer anwendungsspezifischen Materialkombinationen und einer neuartigen Querschnitts- geometrie erforscht. Die Fasern werden demonstrativ zu einem Filtervliesstoff verarbeitet und in einem Dauerversuch auf ihre Filtrationseffizienz getestet. Die Neuentwicklung soll dazu beitragen, die Wasserabscheidung in Dieselkraft- stofffilter zu erhöhen um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. * M.Sc. Inga Noll¹ Priv.-Doz. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Gunnar Seide Univ.-Prof. Prof. h.c. (Moscow State Univ.) Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Thomas Gries Institut für Textiltechnik Otto-Blumenthal-Str. 1 52074 Aachen Fax: 0241 80 22422 ¹ Tel.: 0241 8023429 ¹ E-Mail: [email protected]www.ita.rwth-aachen.de
5
Embed
Bikomponentenfasern mit Wasser leitungskanälen für eine ... · PDF fileMSEP beeinfl usst die Filtrationseffi zienz maßgeblich. Die Zusammenhänge zwi-schen Grenz fl...
This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Schwerpunktthemen
F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 30 (2016) Nr. 2 73
1. Dieselkraftstofffi lter
In Deutschland sind zurzeit 43
Millionen PKW und 2,7 Millionen LKW
zugelassen. Mehr als ein Viertel (27,7 %)
der PKW und die Gesamtheit der LKW
werden mit Diesel betrieben und verfü-
gen somit über einen Dieselkraftstofffi lter
/1/. Dieselkraftstofffi lter erfüllen unter
Anderem zwei wichtige Funktionen: die
Abscheidung von Schwebstoffen und Par-
tikeln sowie die Abscheidung von Wasser
aus Dieselkraftstoff. Im Zuge der Diskussion
um den Klimawandel steht Mineral -
öldiesel immer mehr in der Kritik und soll
langfristig durch Biodiesel ersetzt wer-
den. Bereits seit 2007 gilt in Deutschland
das Biokraftstoffquotengesetz /2/. Im
Jahr 2009 ist deutschlandweit die Bio-
Kraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung in
Kraft getreten /3/. Mittels dieser Gesetze
und Verordnungen wird ein Mindestgehalt
an Biodiesel als Blendkomponente in
Mineralöldiesel festgelegt, welcher zur-
zeit 7 % beträgt. Europaweit wird der
Einsatz von Biodiesel über die Biokraft-
stoffrichtlinie geregelt /4/.
2. Wasserabscheidung in
Dieselkraftstofffi ltern
Insbesondere durch die gesetzliche Ver-
ordnung zur Verblendung von Mineral-
öl- mit Biodiesel ist die Wasser abschei-
dung in Diesel kraftstoff fi ltern in den ver-
gangenen Jahren in den Fokus gerückt.
Biokraftstoffe, wie Biodiesel, unter scheiden
sich von erdölbasierten Kraft stoffen. Sie
sind nicht nur dünnfl üssiger, sondern besit-
zen aufgrund ihrer chemischen Struktur
auch eine höhere Affi nität zu Wasser und
eine geringere Grenz fl ächen spannung /5/.
Die Verteilung und die Größe der emul-
gierten Wassertropfen im Dieselkraftstoff
hat eine besondere Bedeutung sowohl für
die Wasserabscheidung als auch für die
Stabilität der Kraftstoff/Wasser-Emulsion.
Je stabiler die Emulsion, umso homogener
die Verteilung der Wassertropfen in der
Emulsion und je kleiner die Tropfengröße,
umso größer ist die Systemstabilität im
Motorenraum. Die Tropfengröße ist dabei
abhängig von der Additivierung des
Kraft stoffs und des Wasser gehaltes und
beträgt im Mittel 15 - 23 μm /6/. Die
Tropfen größe in stabilen Emulsionen, so
wie es bei Biodiesel der Fall ist, kann
allerdings weniger als 10 μm betragen
/5/. Hinsichtlich der Wasser abscheidung
besteht eine gegenläufi ge Beziehung. Je
stabiler die Emulsion, umso schwieri-
ger ist es das im Kraftstoff vorhandene
Wasser zu extrahieren und abzuscheiden.
Das bedeutet, dass eine hohe Stabilität der
Emulsion eine niedrige Filtration seffi zienz
zur Folge hat /6/.
Im Bereich der textilen Filtermedien
zur Dieselkraftstofffi ltration werden fast
ausnahmslos Vliesstoffe eingesetzt. Neben
anorganischen Filter materia lien, wie Glas -
fasern, fi nden organi sche Poly mere wie
Polyester und Polyamid sowie deren
Mischungen Anwen dung in Diesel kraft -
stofffi ltern. Die Wasser abschei dung er-
folgt derzeit insbesondere über Mikro-
faser vliesstoffe, welche das Wasser nach
dem Koaleszenzprinzip aus dem Diesel-
kraftstoff abscheiden. Bei der Verwendung
von Mikrofaservliesstoffen steht die Faser-
feinheit im Vordergrund. Das Funktions-
prinzip basiert auf dem besonders hohen
Verhältnis der Oberfl äche zum Volumen
der Faser. Durch die große Oberfl äche
verfügt die Faser über ein hohes Po tenzial
zur Bindung von Feuchtigkeit aus der
Umgebung. Allerdings ist das Abscheide-
vermögen von Mikrofasern begrenzt.
Aufgrund der notwendigen krümmungs-
bedingten Differenz im Laplace-Druck,
besteht je nach Durchmesser der Mikro-
faser eine Begrenzung in der minimalen
Tropfengröße, welche abgeschieden wer-
den kann /7/.
Während der Nutzung eines Personen-
oder Lastkraftwagens fl ießt Diesel kraft-
stoff an einem hydrophilen Filtermaterial
entlang. Am Filtermaterial scheiden sich
kleine Wassertropfen aus der Emulsion ab
und koaleszieren, d. h. sie fl ießen zu größe-
ren Wassertropfen zusammen. Aufgrund
der höheren spezifi schen Dichte von
Wasser im Vergleich zu Dieselkraftstoff
wird das Wasser durch die Schwerkraft
an der Unterseite des Filters abgeschieden
und aufgefangen /8/.
Bikomponentenfasern mit Wasser leitungskanälen für eine verbesserte Wasserabscheidung in Dieselkraftstofffi ltern I. Noll, G. Seide, T. Gries *
Die Wasserabscheidung ist ein essentielles Problem bei der Filtration von Dieselkraftstoffen. Insbesondere durch
gesetzliche Verordnungen zur Erhöhung des Anteils an Biodiesel in Mineralöldiesel ist die Steigerung der Effi zienz
von Dieselkraftstofffi ltern in den letzten zehn Jahren in den Fokus gerückt. Biodiesel verfügt aufgrund seiner
chemischen Struktur über eine hohe Affi nität zu Wasser, welche deutlich höher ist als die von Mineralöldiesel. Das
Wasser kann zur Korrosion von Motorenkomponenten sowie zu einer hydrolytischen Zersetzung des Dieselkraftstoffs
führen. Um diese technischen Herausforderungen zu lösen werden im Rahmen eines Forschungsprojektes kleeblatt-
förmige Bikomponentenfasern mit hydrophilen Leitungskanälen zur Wasserabscheidung in Dieselkraftstofffi ltern
entwickelt. Dazu wird einerseits ein Spinnpaket zum Extrusion der Fasern simulativ ausgelegt. Andererseits wird eine
Bikomponentenfaser mit einer anwendungsspezifi schen Materialkombinationen und einer neuartigen Quer schnitts -
geometrie erforscht. Die Fasern werden demonstrativ zu einem Filtervliesstoff verarbeitet und in einem Dauerversuch
auf ihre Filtrationseffi zienz getestet. Die Neuentwicklung soll dazu beitragen, die Wasserabscheidung in Dieselkraft-
stofffi lter zu erhöhen um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.
* M.Sc. Inga Noll¹Priv.-Doz. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Gunnar SeideUniv.-Prof. Prof. h.c. (Moscow State Univ.) Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Thomas Gries
/2/ Bundesrepublik Deutschland: Gesetz zur Einführung einer Biokraftstoff-quote durch Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromrechtlicher Vorschriften (Biokraftstoffquotengesetz, BioKraftQuG), Inkrafttreten: 01.01.2007
/3/ Bundesrepublik Deutschland: Verordnung über Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von Biokraftstoffen (Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung, BioKraft-NachV), Inkrafttreten: 01.01.2009
/4/ Europäisches Parlament und Rat: Erneuerbare-Energien-Richtlinie (Richtlinie 2009/28/EG) (2009)
/5/ S. Agarwal: Nanoskalig strukturierte Textilfi ltermedien für die Trennung von Öl-Wasser-Emulsionen, Dissertation, Universität Stuttgart (2012)
/6/ C. Yang; S. Larsen; S. Wagner: Understanding emulsifi ed water fi ltration from diesel fuels, 8th International Filtration Conference, San Antonio, USA (2007)
/7/ J. Ju; Y. Zheng; T. Zhao; R. Fang; L. Jiang: A multi-structural and multi-functional integrated fog collection system in cactus; nature communications (2012)
/8/ G. Girondi: Vorrichtung zur automatischen Wasser ab-scheidung in einem Fahrzeugbrennstofffi lter, insbesondere für Dieselbrennkraftmaschinen, Antragsteller: Ufi Filters S.P.A., Porto Mantovano, Italien, Patent: DE 60026724 T2, Veröffentlichungsdatum: 17.08.2006
/9/ M. Klein; M. Veit: Kraftstofffi lter einer Brennkraft-maschine und Filterelement eines Kraftstofffi lters, Antrag-steller: Mann + Hummel GmbH, Ludwigsburg, Patent: DE 102011120647 A1, Veröffentlichungsdatum: 13.06.2013
/10/ Bockey, D.: „Biodiesel - Situation und Entwicklungsperspektive, Union zur Förderung von Oel- und Proteinpfl anzen e.V., FVS Tagung, 2003
/11/ R. Varshney; V. Kothari; S. Dhamija: A study on thermophysiological comfort properties of fabrics in relation to constituent fi bre fi neness and cross-sectional shape, The Journal of The Textile Institute, Volume 101, Issue 6 (2010)
/12/ M. Tascan; E. Vaughn; K. Stevens; P. Brown: Effects of total surface area and fabric density on the acoustic behavior of traditional thermal-bonded highloft nonwoven fabrics, The Journal of The Textile Institute, Volume 102, Issue 9 (2011)
/13/ Y. Zhang; C. Wang; Y. Chen: Capillary Effect of Hydrophobic Polyester Fiber Bundles with noncirucular cross section, Journal of Applied Polymer Science, Volume 102, Issue 2, pages 1405–1412, 15 October (2006)
/14/ B. Das; A. Das; V. Kothari; R. Fanguiero; M. Araújo: Effect of fi bre diameter and cross-sectional shape on moisture transmission through fabrics, Fibers and Polymers, Volume 9, Issue 2 (2008)
/15/ J. Ju; K. Xiao; X. Yao; H. Bai; L. Jiang: Bioinspired Conical Copper Wire with Gradient Wettability for Continuous and Effi cient Fog Collection; Advanced Materials, 25 (2013)
/16/ A. Roth-Nebelsick; M. Ebner; T. Miranda; V. Gottschalk; D. Voigt; S. Gorb; T. Stegmaier; J. Sarsour; M. Linke; W. Konrad: Leaf surface structures enable the endemic Namib desert grass Stipagrostis sabulicola to irrigate itself with fog water; Journal of the Royal Society Interface, 9 (2012)
/17/ Y. Huang; T. Chen; J. Tang; C. Yeh; C. Tien: Effect of PET Melt Spinning on TiO2 Nanoparticle Aggregation and Friction Behavior of Fiber Surface; Ind. Eng. Chem. Res., 46 (2007)
/18/ B. Viel: Strukturierte Kolloidpartikel für ultrahydrophobe, schmutzabweisende Oberfl ächen, Dissertation TU Darmstadt (2008)