Bestattungswälder in Westfalen Naturraum Bevölkerung Siedlung Wirtschaft und Verkehr Bildung, Kultur und Sport Gesellschaft und Politik Gebiet und Identität „Frieden findet man nur in den Wäl- dern“, wusste schon Michelangelo. Heute erhält dieser Ausspruch im Zusammenhang mit einem Todesfall eine ganz neue Bedeutung, denn eine neue Bestattungsform im Wald schlägt sich räumlich nieder und ge- winnt auch in Westfalen an Relevanz. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen in Nordrhein- Westfalen am 01.09.2003 erhielt der Trend zur naturnahen Bestattung deutlichen Rückenwind. Das Gesetz besagt, dass Friedhofsträger (Ge- meinden und Religionsgemeinschaf- ten, die Träger öffentlichen Rechts sind) sich bei der Errichtung und dem Betrieb von Friedhöfen Dritter bedie- nen dürfen. „Sie dürfen Errichtung und Betrieb der Friedhöfe, auf denen ausschließlich Totenasche im Wur - zelbereich des Bewuchses beigesetzt wird, auch privaten Rechtsträgern (Übernehmern) übertragen; diese Beisetzungsstätten sind nur insoweit zulässig, als öffentlich-rechtliche Vor - schriften oder öffentliche oder private Interessen nicht entgegenstehen, sie öffentlich zugänglich sind und die Nutzungsdauer grundbuchrechtlich gesichert ist“ (§1 Abs. 4 Bestattungs- gesetz NRW). Es besteht nun also die Mög- lichkeit, Bestattungen im Wurzelbe- reich von Bäumen und Sträuchern durchzuführen, auch außerhalb von traditionellen Friedhöfen in Wäl- dern, die als Friedhöfe umgewidmet wurden. Im Unterschied zu einem Waldfriedhof, bei dem traditionelle Grabstätten in einem Waldgebiet liegen, werden in einem Bestattungs- wald Urnen mit der Asche Verstor - bener direkt zwischen den Wurzeln einzelner Bäume beigesetzt. Die Grabstätten sind naturbelassen und nicht durch Grabsteine oder Bepflan- zungen gekennzeichnet. Lediglich Schilder an den Bäumen weisen auf die Grabstätten hin. Während im Jahr 2009 die Asche von rd. 20000 Verstorbenen unter Bäumen beigesetzt wurde, hat sich die Zahl bis zum Jahr 2013 auf unge- fähr 45 000 erhöht. Dies entspricht einem Anteil an allen Bestattungen von etwas mehr als 5 % (www.aeter - nitas.de). Zwei große Firmen bieten deutschlandweit in Kooperation mit den Kommunen Waldbestattun- gen an: die FriedWald GmbH aus Griesheim und die RuheForst GmbH in Hilchenbach. Einige Städte und Gemeinden offerieren diese Bestat- tungsform auch selbst. Das Konzept der FriedWälder ist noch recht jung. Die Idee stammt von dem Schweizer Ueli Sauter, der im Jahr 1993 einem Freund auf dessen Wunsch hin die Bestattung unter einem Baum ermöglichen wollte. 2001 wurde in Deutschland der erste FriedWald eröffnet. Seither fanden bundesweit bereits 42 000 Beiset- zungen in FriedWäldern statt (Stand 02/2014, www.friedwald.de). Deutschlandweit gibt es inzwi- schen 52 FriedWälder und 63 Ruhe- Forste, in Westfalen befinden sich vier FriedWälder und sechs Ruhefors- te (Stand 2015; www.friedwald.de, www.ruheforst.de; Abb. 3). Darüber hinaus besteht auch in anderen westfälischen Kommunen die Möglich- keit der Baumbestattung in entsprechenden Wald- gebieten, beispielsweise im Friedhofswald Siegen, im Urnenhain des Nord- friedhofs in Minden, auf dem Friedhof Loxbaum in Hagen oder auf dem Sennefriedhof Bielefeld. Einige Friedhofsträger bieten auch auf einer ge- sonderten Fläche eines traditionellen Friedhofs Baumbestattungen unter einzelnen Bäumen an, z. B. auf dem Baumbestattungsfeld des Friedhofs Bergkamen-Heil unter einem Gingko- Baum. Die FriedWälder und RuheForste werden gemeinsam von der Kom- mune, dem Forstamt sowie dem jeweiligen Unternehmen betreut. Die ausgewiesenen und genehmigten Bestattungswälder werden von den jeweiligen Kommunen getragen. Die Waldpflege übernehmen die zustän- digen Forstverwaltungen. Außerdem betreuen die verantwortlichen Förster in Zusammenarbeit mit dem jeweili- gen Unternehmen die Interessenten vor Ort. Das Unternehmen über - nimmt in der Regel die terminliche und verwaltungstechnische Betreu- ung der Wälder und die Öffentlich- keitsarbeit für das Projekt. Im Trau- erfall unterstützen die Unternehmen die Angehörigen bei der Organisation der Beisetzung im Bestattungswald. An einem Baum im FriedWald liegen zehn mögliche Grabstätten. Es gibt Familienbäume, Freundschafts- bäume und Gemeinschaftsbäume. Familienbäume können einer Einzel- person oder einer Familie mit bis zu zehn Personen als Ruhestätte dienen. Auch Freundeskreise können sich einen gemeinsamen Baum „teilen“. Gemeinschaftsbäume bieten ebenfalls Platz für bis zu zehn Perso- nen, man erwirbt jedoch nur einen Platz für sich selbst. Die Preise für Familien- und Freundschaftsbäume Geographische Kommission für Westfalen Abb. 1: Beisetzung im Waldgebiet eines RuheForstes (Foto: RuheForst GmbH) Abb. 2: Markierter Baum im FriedWald (Foto: C. VÖLKER, FriedWald GmbH) Stand: 2015