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Erfahrungen aus der Praxis fiber Chinin als Wehenmittel. Von L. Conitzer in Hamburg'. Die Erfahrung, dass Clinin zu den Mitteln gehart, welche Wehen erregen, resp. verst/i.rken, ist schon recht alt. So machte schon vor 50 Jahren Coehran 1) darauf aufmerksam, dass ,:China" wtihrend, der Menses don Blutfluss verstiirke, die Menses schneller herbeiffihre und bei Suppressio mens. dutch Erk/tltung sie wieder hervorrufe und daher bei sehwiichliohen und nervesen Graviden mit Neigung zu Aborten niaht gegeben werden d(irfe, ferner, dass es bei Wehenschw/tehe in Gaben von 1/2 Gramm die Geburt beferdere. Diese Mittheilung scheint aber fiir ]/ingere Zeit vereinzelt geblieben und nicht welter beaehfiet worden zu sein, wie des Sehweigen der Literatur der n~ichsten 15 Jahre darfiber beweist. Erst 1870 und in den darauf folgenden Jahren begegnen wit wieder VerSffent- lichungen fiber diesen Gegenstand~ und sie folgen einander bald in so reicher Zahl, dass man hieraus auf das Interesse der damaligen Aerztewelt ffir dieses Thema schliessen kann. Hat Chinin wehenerregende und -verst/~rkende, oder, wie es damals hiess, ekbolische Kraft oder nieht?, dieses Thema rief in den 70er Jahren eine fiberaus lebhafte Diskussion waeh. Die Meinungen waren sehr getheilt. Wahrend die einen, wie Filliette, Chiara2), Guelmi ~) und sparer Campbell ~) die wehenerregende t) Kef. Schmidt's Jahrb. Bd. 91. 2) Ref. Schmidt's Jahrb. Bd. 159. 3) Ref. Schmidt~sJahrb. Bd. 160. 4) Ref. Schmidt's Jahrb. Bd. 195.
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ber Chinin als Wehenmittel - Zenodo

Jan 23, 2023

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Khang Minh
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Page 1: ber Chinin als Wehenmittel - Zenodo

Erfahrungen aus der Praxis fiber Chinin als Wehenmittel.

Von

L. Conitzer in Hamburg'.

Die Erfahrung, dass Clinin zu den Mitteln gehart, welche Wehen erregen, resp. verst/i.rken, ist schon recht alt. So machte schon vor 50 Jahren C o e h r a n 1) darauf aufmerksam, dass ,:China" wtihrend, der Menses don Blutfluss verstiirke, die Menses schneller herbeiffihre und bei Suppressio mens. dutch Erk/tltung sie wieder hervorrufe und daher bei sehwiichliohen und nervesen Graviden mit Neigung zu Aborten niaht gegeben werden d(irfe, ferner, dass es bei Wehenschw/tehe in Gaben von 1/2 Gramm die Geburt beferdere. Diese Mittheilung scheint aber fiir ]/ingere Zeit vereinzelt geblieben und nicht welter beaehfiet worden zu sein, wie des Sehweigen der Literatur der n~ichsten 15 Jahre darfiber beweist. Erst 1870 und in den darauf folgenden Jahren begegnen wit wieder VerSffent- lichungen fiber diesen Gegenstand~ und sie folgen einander bald in so reicher Zahl, dass man hieraus auf das Interesse der damaligen Aerztewelt ffir dieses Thema schliessen kann.

Hat Chinin wehenerregende und -verst/~rkende, oder, wie es damals hiess, ekbolische Kraft oder nieht?, dieses Thema rief in den 70er Jahren eine fiberaus lebhafte Diskussion waeh. Die Meinungen waren sehr getheilt. Wahrend die einen, wie F i l l i e t t e , Chiara2), Guelmi ~) und sparer C a m p b e l l ~) die wehenerregende

t) Kef. Schmidt's Jahrb. Bd. 91. 2) Ref. Schmidt's Jahrb. Bd. 159. 3) Ref. Schmidt~s Jahrb. Bd. 160. 4) Ref. Schmidt's Jahrb. Bd. 195.

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350 C o n it z e r, Chinin als Wehenmittel.

und -verstgrkende Wirkung des Chinin bestritten, glaubten andere, und sic bilden die grosse Mehrzahl, Chinin als Wehenmittel aufs W/irmste empfehlen zu miissen. Zu diesen geh6rt in erster Reihe der Italiener Monteverdi l ) . Er war ein begeisterter Lobredner des Chinin und hat sein Urtheil in folgende S~tze zusammen gefasst:

1. Das Chinin hat in allen Fgllen Erfolge gehabt, we es ztlm Zweoke tier Austreibung des Mutterkuchens gegeben wurde.

2. Es war in allen Fgllen yon giinstiger Wirkung, we es galt, die geschwgchte odor aufgehobene Wehenthb~tigkeit zu heben, aus- genommen da, we aueh Secale ohne Erfolg blieb.

3. In einem Falle, we Seeale nieht wirkte, hatte Chinin den gewfinschten Effect.

4. Das Kind kam stets lebend zur Welt, we es nioht vorher abgestorben war.

5. Die Mutter verspfirte, yon ]eichtem Ohrensausen abgesehen, niemals Unbequemliehkeiten von dem angewandten Mitre].

6. Diese Resultate wurden erzielt mit 1 Gramm Chinin, welches in 3- -4 Dosen in Intervallen yon 1--2 $tunden gegeben wurde.

7. Das Chinin kann zu jeder Zeit der Geburt in Verbindung mit odor ohne mechanische Mittel in Anwendung gebraeht werden.

8. In Fgllen von einfacher, langsamer WehentMtigkeit ist auch vor vSlliger Erweiterung des Muttermundes und Abfliessen des Fruchtwassers das Mittel yon Erfolg.

9. Die Wehen zeigten sieh innerhalb einer halben Stunde, dauerten mindestens 2 Stunden, nahmen an Stgrke zu und waren dutch Pausen, wie bei normalen Geburten yon einander getrennt.

Auch Hehle 2) glaubt an die ekbolisehe Wirkung des Chinin. Er sah bei andauernden Blutungen einer Sehwangeren nach 4• g Chinin Wehen auftreten und bald darauf eine Blasenmole sich aus- stossen. Foetus Wehen Wehen 5hnlieh

Bouqu6 a) beriehtet fiber einen Fall von Abort, we der in F/iulniss begriffen war, ohne dass i n 13 Tagen sieh einstellten, w/thrend einige Stunden naeh 0,5 g Chininsulfa~ auftraten und Foetus und Placenta geboren wurden. Nit giinstigen Mittheilungen folgen dann Wise4), CautermanS),

1) Ref. u Jahresbericht 1872 Bd. I. 2) l~ef. Schmidt's .lahrb. Bd. 156. 3) Ref. Schmidt's Jahrb. Bd. 159. 4) Ref. Schmidt's Jahrb. Bd. 160. 5) u 1872.

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Conitzer~ Chinin als Wehenmittel. 351

Plumb1), Roncati2), Paterson~)~ RobertsS); Macleod4), Barker 5) und vide Andere. 1885 fand Chinin einen sehr warmen Fiirsprecher in Andrew Mullan6). Er bat es mehrfach mit Er- fo]g gegeben bei mange]hafter und zu ]angsamer Erweiterung des Muttermundes trotz Wehen bei Erstgeb~irenden oder bei Wehen- tragheit bei Mehrgebiirenden, und zwar 3• g in 1/e stfindlichen Intervallen.

Naeh 1885 wird es wieder still yon Chinin in der Literatur. Erst in den letzten 10 Jahren mehren sich yon Neuem die Ver- 5ffentlichungen, und zwar fast ausnahmslos im empfehlenden Sinne. So berichten fiber giinstige Erfotge SchwabT)~ BennetS), Mack- nesS), MaygrierS), Hammond 9) und Andere. Einen iiber- zeugenden Beweis fiir die ekbolische Wirkung des Cbinin lieferte Schwarz l~ mit seiner Mitteilung yon einer 28 jahrigen Multipara, welche 3 Mal zweeks criminellen Aborts mit Erfolg 10 g Chinin. sulf. (2 g pro die) nahm und aueh das 4. Mal nach 8 g den Abort in Gang brachte. Versuche in grossem Maassstab wurden neuer- dings in der Bres l aue r gebu r t sh i l f l i chen Klinik 11) mit den verschiedenen Wehenmitteln gemacht und so auch mit Chininsulfat 2 mal 0,5 in 10 Minuten und event, noch 1--2 real in 155 Fallen; es zeigt.e sich in 91 Fallen e ine gute Wirkung - - keine in 64 Fallen.

Die jiingste Empfehlung des Chinin als Wehenmittel stammt, soviel ieh weiss, von Backer in Budapest12). Er giebt es in 1/4 stiindl. Pausen 2 real 0,5 g und wenn in einer Stunde keine Wehen auftreten, noeh einmal 0,5 g. In 2 F/illen yon Abort - - yon im Ganzen 32 - - blieb es ohne jede Wirkung, in 12 Fallen

1)

3) 4) 5) 6) 7 8 9

10 11

1903. 12

Virchow-Hirsch. 1873. Virchow-Hirsch. 1874. Virchow.Hirsch. 1877. Virchow-tIirsch. 1883. Schmidt~s Jahrb. Bd. 195. Schmidt~s Jahrb. Bd. 206. Nach Centralbl. f. Gyn. 1897 u. ]898. Nach Centralbl. f. Gyn. 1898. Nach Centralbl. f. Gyn. 1899. l~ach Ccntralbl. f. Gyn. 1901. Bachmann, Dissert. Breslau. 1902. Rcferirt im Centralbl. f. Gyn.

Deutsche reed. Wochenschr. 1905. S. 417.

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352 Conitzer~ Chinin als Wehenmittei.

musste der Abort anders beendet werden, und in 18 P/illen kam es zufolge Chinin zur spontanen Ausstossung.

Wegen WehensehwEche bei normaler Gebur~ hat Bi~eker das Chinin 7 mM versucht und zwar stets in der Austreibungsperiode, 3 mal ohne, 4 real mit Erfolg.

Meine eigenen ]~rfahrungen umfassen folgende Fglle:

I. Aborte und vorzeit ige Geburten. 1897. Fa l l 1. Frau W, 37jghr. IX gravida. Im 6. Monat der Gravidit~t. Seit 14 Tagen Blatung~ seit 2 '['agen

Schmerzen und Fieber, heute fdih Wasserabfluss. Temp. 38,5. Mutter- round ffir 1 Finger durehgs in ihm Kindstheile zu ffihlen. Tam- ponade der Scheide maeht Wehen, die aber wieder vSl]ig naehlassen. Naeh 2 Stunden 1 g Chinin. 10 ~linuten darnach starke Wehen, die andauern und nach 5/4 Stunden den 18 em langen P6tus hinter den Tampon bef6rdern, Noeh vereinzelte Weben, jedoeh ohne die Placenta. zu ]Ssen~ daher naeh 1/2 Stunde die 2. Kapsel Chinin. Bald darauf 2 starke Wehen~ welehe die Placenta !Ssen~ woranf diese dutch Druek cut- feint wird.

Fa l l 2. Frau H., 29 3ahre, 2 Partus und 3 Aborte. .Jetzt im 3. Monat der Graviditat; seit Wochen Sehmerzen und

intermittirende Blutungen, auf Tamponade Wehen, die aber wieder naeh- lassen, deshalb Chinin. tour. 0,5 g~ stfindlieh 1 Kapse]. Nach 2 Stunden starke Wehen mit Schwindel und Ohrensausen, und 3 Stunden sp~ter Ausstossung des gesammten Eies, F6tus im Eihautsaek und Placenta. Befinden gut; Puls, der in der letzten Zeit stets 84--96 betrug~ wieder 72.

Fal l 3. Frau S., 34 Jahre, 8 Partus, 1 Abort. Letzte Menses vor 3 Monaten, seit 14 Tagen Blutungen, keine

Sehmerzen. Uterus tiegt retrofiektirt, Reposition, Pessar. Trotz guter Lage des Uterus starke Blutung, Tamponade. Am n';tehsten Tage wieder Blutung, darauf Tamponade der Seheide, ohne Wehen hervorzarufen. ,Jetzt Chiniu. tour. 0,5 1/2sttindlieh. Naeh der 2. Kapsel Weben, die abet wieder naeh-

lassen. Naeh noehmaliger Tamponade Muttermund for den Finger durchg~tngig und am n~iehsten Tage wegen erneuter Blutung Ausr~tumung des Aborts in Narkose.

Fal l 4. Frau R., 28 3ahre alt, H[ gravida. Gravid seit 2 Monaten, seit 14 Tagen starke Blutung. Uterus so

gross wie im 4. Monat, zur Zeit keine Blutung, abet Nuttermund weir often, deshalb Gaze in den Uterus und die Vagina. Am nftebsten Tage keine Blutung, Cervix ftir den Finger durehg~ingig~ Tamponade der Seheid% Chinin. tour. 0,5 g, 3real ohne Erfolg, heisse Douchen desgleichen, Blutung geringer. 3 Tage sp~ter Blutung and Abgang eines F0tus yon 9 em L~nge. In tier Seheide grosse Coagula. Uterus in tote retroflektirt. Aufriehtung. Entfernung der Placenta.

1898. Fa l l 5. Frau M., 39 Jahre alt~ 8 Partus, I Abort. Letzte Menses vor ca. 5 Monaten. 8eit mehreren Woehen angeblieh

fast t~glieh Blutung, seit 2 Tagen Frost und Fieber. Objektiv Fieber 39,5 und darfiber, Puls 120, Herpes an der Oberlippe und dem linken Nasenfltigel. Keine Leib- und Kreuzschmerzen, Uterus zwisehen Nabel und Symphyse. Per rag. Uterus fief, Cervix verkiirzt, Muttermund

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Conitzer~ Chinin als Webenmittel. 353

fiinfzigpfennigstfiekgross, der Finger stSsst sofort auf einen Kindstheil, den Kopf, keine Blutung. Aussptilung, Tamponade mit Lysolwatte ohne Erfolg, Chinin sulf. 20bla ten i~ 1 g. 1/4 Stunde naeh Einnehmen der 1. Oblate Sehwindel, Ohrensausen und Wehen, die immer hliufiger werden, naeh 1/2 Stunde die 2. Oblate, darnaeh anhaltende Wehen und naeh 4 Stunden Ausstossung des Tampons und des ganzen Eies in toto, Blutung nicht erheblich~ sofort besseres Befinden, sowie normale Tem- peratur und Pulszahl.

Fa l l 6. Frau A., 27 Jahre alt, I[ gravida. Seit 3 Monaten gravid, bisher gutes Befinden. Naehdem Patientin

am Abend vorher getanzt hat, sehleehtes Befinden und Blutung, Uterus handbreit fiber der Symphyse,.die Portio auffallend hart, keine Blutung. Prophylaktisehe Tamponade der Seheide. Am nftehsten Morgen Blutung und Sehmerzen. Aeusserer Muttermund etwas ge~iffnet. Frisehe, feste Tamponade mit Gaze und Watte, Wehen h~ufiger. Jetzt Chinin 0,5 g, darauf Wehen fast ununterbroehen, dabei aber Blutung so stark, dass es dureh den Tampon siekert. Beim Versueh, den Uterus selbst zu tamponiren, springt die Frnehtblase und es entleert sieh ca. 1/2 Liter Fruehtwasser. Da trotz tier Wehen die Blutung andauernd stark bleibt, Ausriiumung in Narkose. Weder mit dem Finger, noch mit Kornzange und Cm'ette ist ein FGtus zu finden, es finden sieh vielmehr nur Plaeentartheile und verdiekte Deeidua. Weiterer Verlauf gut.

Fal l 7. Frau Seh., 26j~hrig~ IV gravida, 4 Monate gravid. Kommt mit Bartholinitis und friseher gonorrhoischer Arthritis des

reehten Fusses in Behandlung. Naeb einigen Tagen Sehmerzen im Leib, keine Blutung, innerer Muttermund gesehlossen. Tinct. Opii. Am n~ehsten Tage vereinzelte Wehen, Urin trfib, Cystitis, Metritis uteri gravidi. Cervix beginnt sieh zu ~/erktirzen. Am Tage darauf Mutter- round fiir 1 Finger passirbar, jetzt kein Opium mehr, sondern Chinin 0,5 g. Nach Einnehmen der ersten Kapsel werden die Wehen kr~ftiger, naeh 4 Stunden zweite Kapsel, darauf Wehen Sehlag auf Sehlag, naeh weiteren 4 Stunden Blasensprung und 1 Stunde darauf Geburt des FGtus und der Placenta, welehe aus der Scheide entfernt wird. Starke Blutung~ welche auf Ergotin, sowie Wattetampon vor die Portio und bimanuelle Compression steht.

F a l l 8. Frau N., 37 Jahre, 8 Partus, zuletzt Placenta praevia. Letzte Menses vor ca. 4 Monaten. Patientin kommt in Behandlung

wegen Senkung und sehr h~ufigem Erbreehen. Dese. vag. ant. et post.; alter Dammriss. Ectropium. Uteruscorpus auffallend weit naeh reehts, hat, wenn in die Mitre gebracht~ immer Neigung~ naeh reehts zu fallen. Abends Blutung und Erbrechen. Bettruhe~ Opium. Am n~iehsten Tage keine Blutung, aber Sehmerzen im Leib und Kreuz, oft Frieren, Brtiste sehlaffer. Am Tage darauf starke Schmerzen im Leib, Abgang grosser Mengen trfiber, hellgrauer Fliissigkeit mit gelbliehen, dieken, eitrigen Flocken, keine Blutung. Am n~iehsten Tage wieder Abgang jetzt mehr eitrigen Sekrets, Puls 84. Diagnose: Frueht abgestorben. Jetzt heisse Douehen und Chinin 0,5 g. Die erste Kapsel bleibt ohne Erfolg, nach der zweiten treten unter Ohrensausen starke Wehen ein; nach 11/2 Stun@n Abfluss yon Fruehtwasser, darauf Schw~ieherwerden der Wehen. Noch- reals heisse Douchen und die 3. Chininkapsel bewirken sehr starke und anhaltende Wehen, so dass nach kurzer Zeit die Geburt des seit. L~ingerem abgestorbenen FStus erfolgt. Placenta zmn Theil gelGst~ starke Blutung, Entfernung der Placenta.

Archi~ fib" Gyn~kologie. B . 82.

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354 Conitzer~ Chinin als Wehenmittel.

1899. Fal l 9. Frau E., 30j'Xhr., IV gravida. Gravid im 5.--6. Monat. Spontaner Weheneintritt frtih morgens

6 Uhr. Um 12 Uhr innerer Muttermund noch geschlossen, um 6 Uhr ._Nachmittags BlaMe gesprungen, Muttermund ftir 1 Finger durchg/~ngig. Chinin 0,5 g viermal halbstfindlieh. Sofort werden die Wehen bedeutend st~irker, und urn 10 Uhr erfo]gt mit Unterstfitzung der Bauehpresse die Geburt des F6tus. Nach 5--6 weiteren Wehen nach ]/2 Stunde Placenta in tot6, keine Blu~ung.

Fa i l 10. Frau St., 33j~hr., IV gravida. Abortus imminens im 2. Monat. Blutung. Gaze in den Uterus,

Chinin 0,5, 4 Mal ohne Erfolg. Am ntiehsten Tage Ausr':iumung. Ge- platzter Eisaek ohne Embryo.

1900. Fa l l 11. Frau H., 29jghr., IV gravida. Blutung im 3. Monat der Gravidit~t ohne Wehen. Tamponade der

Seheide. Chinin 0,5, 6 Dosen ohne Erfolg, daher am ngehsten Tage in Narkose Ausffmmung. Ei zum grossen Theil zur Blasenmofe entartet.

Fall 12. Frau K., 33jahr., Vgravida, Gray. mens III. Retentio placentae naeh Abort; am selben Tag Chinin 0,5 g 2 Mal

ohne Erfolg, daher in Narkose manuelle Ausr~tumung. 1901. Fal l 13. Frau R., 26 Jahre air, IIIgravida. Gravid seit 5--6 Monaten. Starke Blutung und etwas Wehen.

Tamponade der Cervix und rag!ha, und, da keine Verstgrknng de~" Wehen auftrat, Chinin 0,5 g. Alsbald Wehen st~rker~ naeh 2 Stunden noeh 1 Chininkapsel. Jetzt Wehen sehr stark und ohne AufhSren; naeh ca. 5 Stunden starker Drang, Abgang yon Fruehtwasser und Ge- burt yon FStus und Placenta fast ohne Blutung.

Fa l l 14. Frau M., 31jahr., V gravida. Gravid seit 2~/2 Monat. Blatung und etwas wehenartige Sehmerzen.

[m Muitermund Eipol zu ffihlen. Naeh Abgang eines Coagulum hSren die Sehmerzen auf. Jetzt Chinin 0,75 g. Bald hinterher wieder Wehen, nach 1 Stunde weitere 0,75 g. ttierauf Wehen st'~rker und Ausstossung des ganzen Eies, das leer ist. Keine Blutung.

1902. Fa l l 15. Frau S., 37j~thr,, IV gravida. Starke Blutungen im 6. Monat der Graviditg~t. Auf zweimalige

Tamponade sehwache Wehen. Muttermund fingerdurehg~tngig, Kindstheil zu ffihlen. Chinin 0,5 g~ balbsttindlieh 1 Kapsel. Naeh Einnehmen der 3. Kapsel starke Wehen Sehlag auf Sehlag und naeh einigen Stunden Geburt des F6tus. Placenta naeh einigen weiteren Wehen auf Druck. Keine Blutuug.

Fa l l 16. Frau S., 29j~thr., V gravida. Im 3. Monat der Gravidit'Xt Blatung und Wehen, naehdem sehon

Fruehtwasser abgeflossen ist. Chinin 2 Mal 0,75 g besehleunigt die Ausstossung yon FStus und Placenta. Letztere nut halb in die Scheide geboren, deshalb manuelle Entfernung.

Fa l l 17. Frau G., 25jg~hr., IIgravida. Im 4. Monat gravid. Seit 8 Tagen starke Blutungen. Cervix

durehg~tngig, deshalb Gaze in Uterus und Vagina. Auf Chinin 2 Nal 0,75 g , nach 3 Stunden starke Wehen, einige Stunden danaeh, naeh Entfernen der Gaze aus dem Uterus, stellt sieh die Blase in den Mutter- ,mund~ der 1 Tbaterstfiek gross ist. Bald darauf Geburt des F6tus und naeh einigen Wehen Naehfolgen der Placenta ohne Blutung.

Fal l 18. Frau K., 36j~hr,, VIpara. Gravid im 5. Monat. Seit einigen Wochen stS.rkere Bhtungen.

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Conitzer~ Chinin als \VehenmitteI. 355

Auf Tamponade Wehen und nach Blasensprung Geburt des FStus. Placenta folgt nicht, Chinhl 2 Mal 0,75 0hne Erfolg, deshalb am selben Tage in Narkose Entfernen der Placenta.

1903. Fa l l 19. Frau K, 36jithr., VIgravfda. Im 4. Monat der Graviditi~t. Seit 2 Tagen Fieber, Schmerzen im

Leib und etwas Biutung. Chinin 0,75 g 3 Mal genommen, beseitigt das Fieber, ruft abet keiae Wehen hervor. Nach 8 Tagen spontane Geburt des FStus. Retentio placentae. Entfernung derselben in Narkose.

Fa l l 20. Frau K, 29.ii~hr . IV gravida. Graviditat yon 6 Wochen. B[utung, etwas Fieber. Cervix durch-

gangig. Tamponade Chinia 2 Mal 1 g ohne Erfolg. Aasraumung in Narkose am selben Tage ergiebt nur Placentarreste.

Fall 21. Frau Sch., 30j~thr., VIgravida. Seit 3--4 Monatell gravid. Starke Biutungen: An~tmie. Jodofbrm-

gazetamponade der Vagina und Chinin 2 Mal 0~75 machen Weben~ die allmi~hlich starker werden und nach Sprengen der Blase nach einigen Stunden zur Ausstossung des FStus fiihren, Placenta muss wegen Blutung manuell entfernt werden.

l~all 22. Frau Sch., 33j~thr., V gravida. Gravid im 4. Monat. Seit 3 Woehen anhaltetlde Blutung. Da

Tamponade ohne Erfolg bleibt, am 29. November Abends 3 Mal 0,75 g Chinin und heisse Spfihmgen. Alsbaid stellen sich Wehen ein, die immer starker werden~ und am nitchsten Vormittag erfolgt die Aus- stossung des Eies in toto. Keine Blutung.

1904. Fa l l 23. Frau Schm, 36j'2hr., V[gravida. Im 4. Monat gravid, Fieber bis 39 o in axilla und Wehem Abends

Wasser abgegangen, Cervix mit Miihe durchglingig. Chinin 2 Mal 0,75. in einer Sttmde erregt andauernd heftig'e Wehen mid im Laufe der Nacht Ausstossung des F6tus. Die Placenta folgt nieht und wird sechs Stunden spater manuell entfernt.

Fall 24. Frau J., 32j~thr, Vgravida. Gravid im 5. Monat bei erhaltenen Menses. Seit 3 Wochen t~tglich

starke Blutung. Tamponade ohne Erfolg, Tamponade und 4 Mal 0~5 g Chinin erregen Weben~ abet nicbt yon nachhaltiger Wirkun~, deshalb Tamponade des Uterus se]bst und am n~chsten Tage forcirte Entfernung yon F6tus und Placenta in einer Sitzung.

Fa l l 25. Frau H, 23jahr., I! gravida. Graviditlit im 4. Monat. Seit 14 Tagen starke Blntung~ die auf

Tamponade nicht steht. Jodoformgaze in den Uterus. Chinin 2real 0~75 g macht zwar Wehen, daabe r nach 5 Stunden erneute Blutung eintritt, Ausri~nmung in Narkose.

Fa l l 29. Frau 0., 25j~hr., III gravida. Gravid im 7. Mount. Seit Wochen starke Blutungen. Innerer

Muttermund eben dnrchg~ngig. ~Nach Tamponade Wehen. Verstarkung derselbea durch Chinin 2 real 0,75 g and nach Sprengea der iiberaus dickwandigen Blase sofort Geburt des FStus und gleich darauf der Placenta ohne Blutung.

Fal l 27. Frau R., 34jahr., V graY, ida. Gravid im 4. Mount. Seit 5 Tagen Fieber, seit gestern wehenartige

Sehmerzen~ keine Blutung. Innerer Muttermund 5ff~)et sich. Temp. 39~8 im Rectum. Nach der 3. Chininkapsel a 0,75 g starke Wehen und alsbald Geburt des F(itus. Wegen anhaltender Blutung manueile Ent- fernung der Placenta.

23*

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356 Conitzer 1 Chinin als Wehenmittel.

1906. Fa l l 28. Frau H., 36j~hr., Multipara. Gravid im 4. Monat. Seit Wochen hin und wieder Blutungen und

wehenartige Sehmerzen. Am 27. 4. starke Blutung. Tamponade yon voriibergehendem Erfolg, dagegen kommen auf 3 Kapse]n Chinin ~ 0,75 g starke Wehen, die in einigen Stunden F6tus und Placenta ausstossen.

Fa l l 29. Frau Seh, 28j~ihr. 1 IV gravida. Gra~-id im 5. Monat. Seit Wochen wegen unregelm~issiger Blutungen

Bettruhe I seit 1 Tag Fieber 1 39 o im Rectum und Schmerzen im Leib. Innerer Muttermund gesehlossen. Dreimal 0175 g Chinin beseitigt das Fisher 1 erregt aber keine Wehen. Naeh eiliigen Wochen spontane Ge- burr des FStus. Die Placenta wird wegen Blutung manuell entfernt.

Fa l l 30. Frau H., 29 Jahr% III. gravida. Gravid im 3. Monat. Etwas Blutung~ Fieber bis 39 o im Rectum.

Einlegen sines Metreurynters. Chinin 2 real 0175 g ohne Wirkmlg, deshalb am n~ehsten Tags Ausr~umung in Narkose.

Fa l l 31. Frau K. 1 30jahr., IV gravida. Aborms immaturus mens u Retentio placentae. Chinin 2real

0~75 g in 11/2 Stunden ohne Erfolg, deshalb nach einigen Stunden manuelle Entfernung der Nachgeburt.

Fal l 32. Frau P., 32j~thr., V gravida. Abort im 4. Monat. Retentio Placentae mit Fisher I keine Wehen.

Chinin 2 real 1 g ahne Wirkung, manuelle Ausr~tumung. Fa l l 33. Frau W., 26~fthr., 2 Partus, 4 Aborte. Letzte Menses vor 9 Woehen~ seit 8 Tagen Blutung und Schmerzen,

seit 2 Tagen Fieber. Um 3 Uhr 1. Gabe Chinin. sulf. 0,5 gl um 4 Uhr wieder 1/2 g, um 6 Uhr 3., am 9 Uhr 4. Dosis 1 scheinbar ohne Erfolg I es treten keine Wehen ein. Um 12 Uhr 2Naehts wieder Blutung und um 1 Uhr erste Wehen, die anhaltend und stark sind. Um lO Uhr Vormittags - - also 9 Stunden naeh Beginn der Wehen und 19 Stunden nach der ersten Chiningabe - - Ausstossung des ganzen Eies I das einen ausserst fStiden Geruch hat. Fisher fort I keine Blutung.

Fa l l 34. Frau P. 1 II1 gravida. Im 4. Monat gravid. Seit 8 Tagen Blutung. Muttermund ffir

Fingerkuppe durchgfmgig 1 zeitweilig geringe Wehen; am n~chsten Tags Fieber 38,31 Muttermund wie frfiher, deshalb 2qachmittags 7 Uhr ohne Tamponade Chinin 2 real 1 g in 1 Stunde. Bald darnaeh sehr kr~iftige Wehen, gegen 10 Uhr Muttermund erweiter L gegen 11 Uhr Ausstossung des Eies beendet. (Aus der Praxis des Herru Dr. J. N e m a n n 1 hist.)

Fa l l 35. Frau ? Gravidit~tt mens. I[~ starke Blutung. Morgens 6 Uhr Tamponad%

dann 3 real 1 g Chinin in 2 Stunden. Nachmittags starke Unruhe, Be- nommenheit 10hrensausen. N~tehsten Morgen ganzes Ei hinter dem Tampon in, tier Scheide. (Aus der Praxis des Herrn Dr. J. Ne- mann I hier.)

Fa l l 36. Frau B. Gravid im 3. Monat. Seit einigen Tagen Fieber bis 4~0 o, Blutung.

Chinin 2 real 0,75 g ohne Wirkung 7 deshalb noeh am selben Tags Ein- legen sines Metreurynters und sp~ter Ausr~umung. P6tus fehlt, kS finder sieh uur fStide Placenta.

Fa l l 37. Frau T., 31 Jahre, V gravida. 29. November 1906 Geburt sines FStus im 4. Monat. Placenta

folgt nicht. Keine Blutung, keine Wehen. Nach 2~/2 Stunden 0~75 g Chinin. sulf., hierauf sehr bald Wehen, die sieh naeh einer 2. Dosis yon

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Conitzer~ Chinin ~ls Wehenmittel. 357

0~75 g 1 Stunde sp~iter verstarken. Da aber starke Blutung eintritt, manue]le Entfernung der zum Theil gelSsten Placenta.

Fa l l 38. Frau W., 47 Jahr% XIV. gravida. Im 5. Monat gravid. Am 30. 11, Naehmittags 31/z Uhr~ Wasser-

abgang. Eine Stunde sp~ter ]eiehte Wehen. Abends 8 Uhr innerer Muttermund noch fest gesehlossen. Um 9~ 10 und 11 Uhr je 0,75 g Chinin sulf. mit dem Erfolg, dass die Wehen sehr stark werden und fast ohne Pause kommen, ohne abet die Geburt zu fSrdern. Gegen Morgen ]assen die Wehen fast ganz naeh. Deshalb um 11 und 2 Uhr wieder je 0,5 g Chinin~ wieder mit dem Erfolg, dass die Wehen starker werden, wenn sie auch in grSsseren Zwischenr~umen auftreten, und um 5 Uhr Geburt des F6tus. Eine Stunde sp~ter auf leiehten Druek Geburt der in die Seheide geborenen Placenta.

Fal l 39. Frau R., 28jfthr., V gravida, 2 Partus, 2 Aborte. Jetzt im 5. Monat gravid. Im 2. und 3. Monat unregelm~ssige

Blutung und wi~hrend der ganzen Schwangersehaft f~st taglieh Sehmerzen, so dass sieh Patientin oft zu Bett !egen musste. Seit gestern FiBber und Sehmerzen, heute Abgang yon Sehleim und etwas Blut. Puls fiber lO0. Zur Zeit kelne Wehen. Innerer Muttermund geschlossen. Um 9~/e Uhr Abends 1. Kapsel Chinin. sulf. 0,75, darnaeh zun~chst keine Wehen. Um 101/2 Uhr 2. Kapsel. Hierauf beginnen sieh Wehen ein- zustellen und naeh der 3. Kapsel um 12~/2 Uhr werden sie sehr heftig und ffihren naeh Wasserabfluss um 5 Uhr zur 6eburt der Placenta und ganz kurze Zeit sparer zur Ausstossung der Placenta.

Beim letzten Abort. im 4. Monat~ musste 8 Stunden naeh der Ge- burr des FStus die Placenta manuel1 entfernt werden.

II. Geburten und Frfihgeburten.

1897. Fa l l 40. Frau G., 32j~hr, VIIpara. Gravidit~t im 8. Monat. Im Juni 1896 wegen Lues in Behandlung.

Seit 14 Tagen sehlechtes Befinden~ FrOsteln und sehwaehere Kinds- bewegungen~ seit 2 Tagen keine Kindsbewegungen~ Schfittelfrost, Hitzel - - Patientin ist abgefallen~ Puls und Temperatur normal. Uterus hand- breit fiber dem Nabel. 2. Sehadellage~ keine tIerztOne. Kleine Theile bleiben trotz meehaniseher Insulte an derselben StelI% ~usserer Mutter- mum ffir Mittelfinger durchg~ngig i innerer geschlossen. Heisse Douehen~ Chinin 3 Mal tfiglieh 1 g. Naeh 2 g erste Wehen, da dieselben naeh- lassen, Einnehmen des 3. g, hierauf andauernd Wehen. 36 Stunden naeh der 1. Chiningabe Muttermund verstriehen, hierauf Sprengen der Blas% worauf naeh a/, Stunden Geburt des todten Kindes in Steisslage. Placenta gelOst, nach 1/2 Stunde auf Cred6. Keine Nachblutung.

1898. Fa l l 41. Frau M., 23jShr., I. Gravidit~t. Wegen lange sieh hinziehender Erweiterung des Muttermundes

Chininsupp. k 1 g, sehr bald danaeh starke Wehen und schnell vSllige ErOffnung. Sparer wegen sehleehter HerztSne leiehte Beekenausgangs- zange mit gutem Erfolg.

1899. Fa l l 42. Frau P., 22j~hr, I para. Trotz 36sttindiger Wehen Muttermund nut 2 Markstfiek gross.

tIeisse Umsehlltg% Chinin~ Kolpeurynther in die Seheide ohne Erfolg. Naeh weiteren 31/2 Stunden Sprengen der Blase, sofort fmsserst starke Wehen~ sehnellste Erweiterung des Muttermundes~ Presswehen. Spiiter wegen Sehleehterwerden der gerztOne Zange, lebendes Kind.

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358 Conitzer~ Chinin als Wehenmittel.

F a l l 43. Frau Sch., 32j~br., Ipara. Gesichtslage. Fruchtwasser schon Tags zuvor abgeflossen. Wegen

nach]assender Wehen bei 3 fingerbreitem, rigidem Muttermund Chinin 4 Mal 0,5 g, ausserdem heisse Spfi]ungen. Wehen werden starker. Muttermund erweitert sich etwas, ist aber zu rigide, deshalb Beendigung der Geburt durch Wendung und Extraction mit Erfolg.

1901. Fa l l 44. Frau T., 30jahr., IV para. Rechtzeitiger Partus. Wasser vet 8 Tagen abgegangen, keine Wehen.

Im Laufe des Tages ganz geringe Wehen, 1 Stunde nach der 2. Kapsel Chinin ~ 0,75 g sehr stiirmische Wehen, und schon 1 Stunde darauf spontaner Partus. Placenta spontan unter Anwendung der Bauchpresse.

1903. F~ll 45. Frau L.~ 32 ji~hr.~ III para. Wehen schwach und unregelm~issig bei stehender Blase. Auf heisse

Umschl~ige und trotz spliterer anhaltender Wehen erweitert sich der Muttermund nicht mehr als auf 2 Markstiickgrtisse. Chinin 0,75 g andert nichts daran, erst nach Sprengen der Blase schleunige Erweite- rung~ und nach 3/4 Stunden Partus.

Fa l l 46. Frau Sch., 26jlihr., I para. Enges Beeken~ Blase gesprungen, "~Tehen schlecht~ kindliche Herz-

tSne sehr beschleunigt. Auf Chinin 2 Mal 0~75 g~ bessere Wehen und schnellere Erweiterung des Muttermundes. Beendigung der Geburt (Vorderhauptslage) durch Forceps.

Fa l l 47. Frau M., 32ji~hr, III para. Decrepide Phthisica, extreme Dyspnoe, beginnender Partus 4 Wochen

ante terminum. Zur Beschleunigung bei 2 Markstfick grossem Mutter- round heisse Umschli~ge und 2 Ma] 0,75 g ohne wesenttichen Erfo]g. Erst nach Sprengen der Blase schneller Verlauf.

1904. Fa l l 48. Frau T., 30j~hr., [ para. Steisslage. Bei noch nicht erweitertem Muttermund wegen Schlech-

terwerden der Wehen Chinin 2 Mal 0,75 g~ mit dem Erfolg, dass bald starke Wehen auftreten und nach ca. 3 Stunden spontaner Partus er- fotgt. Kind troti schneilster Extraction todt.

Fa l l 49. Frau W, 30jfihr., I para. Seit ca. 12 Stunden Wehen ohne ordentlichen Fortschritt. Mutter-

mund 3 fingerbreit. I. Schiidellage. Blase gesprungen. Wehen hSren auf. Chinin 3 Mal 0,75 g in stiindlichen Pausen macht schnelle Er- weiterung des Muttermundes. Geburt leicht mit Zange beendet.

Fa l l 50. Frau R., i~ltere [ para. Partus in Schadellag% besehleunigt durch Sprengen der Blase bei

noch nicht erweitertem Muttermund und Chinin 0,75 g. Fa l l 51. Frau B1., 30ji~hr., I para. Partus in 1. Sch~dellage. Austreibung beschleunigt dutch Chinin

und heisse Umschli~ge. Fa l l 52. Frau H., 23jahr.~ 1 para. Schlechte Wehen. Blase springt bei 1 Markstiick grossem Mutter-

round. Kopf beweglich fiber dem Beeken. Heisse Umsehl-~ge und Chinin 2 Mal 0~75 g erregen starke Wehen nnd ftihren znr schnellen spontanen Geburt.

Fa l l 53. Frau St.~ 24jiihr.~ IV para. Einleitung der Geburt 4 Wochen ante terminum wegen hochgra-

diger Dyspnoe. Oedeme. 5]ephritis. Einfiihrung eines starken Bougies macht leichte Wehen, verstfirkt werden dieselben dutch Chinin 2 Mal

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Conitzer, Chinin als Wehenmittel. 359

O~75 g. Dann Partus beschleunigt durch Sprengen der Blase vor Er- weiterung des Muttermundes. Geburt yon Zwillingen.

Fa l l 54. Frau g.: ~tltere I para. Fruchtwasser schon abgefiossen 7 schwache Wehen. Muttermund

0finer sich eben. Chinin und heisse Umschl~ige obne Erfolg. Am uachsten Tage sponta n bessere Wehen. Beendigung der 6eburt dutch

Forceps . Fal l 55. Frau Gr. I. para. 26 Jahre alt. Fruehtwasser schon abgeflossen. Chinin versti~rkt die schwachen,

~:orhandenen Wehen, jedoch ist-keine rechte Wirkung auf die Erweiterung des Muttermundes zu constatiren. Wegen hochgradiger Quetschung des Muttermunds Forceps bei noeh nieht vS|lig erweitertem Muttermund.

]905. Fa l l 56. Frau K. 23ji~hr. I para. Im 8. Monat der Graviditi~t; naehdem schon Wochen vorher etwas

Blutung, Wehen trotz Opium. 8. Januar Wehen allmlihlich starker: Muttermund 1 Markstfick gross, rechts unteL, Placentarrand. Chinin 2 real 0,75 g verstlirkt die Wehen ganz bedeutend, nach einigen Stunden erfolgt die Geburt des Kindes und bald nachher der Placenta.

F a l l 57. FrauB. Aeltere I para. Trotz Wehen ausserst ]angsame ErSffnung. Chinin ohne Erfolg.

Wegen starker Schwellung der Muttermundslippen Forceps bei noch nicht viilliger Erweiterung.

F a l l 58. Frau W. 35jahrige I para. lI. Schlidellage, Fruchtwasser abgeflossen, HerztSne nicht zu hSren.

Fieber his 39~ Muttermund 2 Markstfiekgross~ heisse Spfiluugen und Chinin ohne Wirkung auf die vSllige Erweiterung. Forceps. Kind ab- gestorben.

Fal l 59. Frau F. Ende der Graviditii L Blutungen , welche vorfibergehend auf Tom:

ponade stehen. Wieder starke Blutung, Sprengen der Blase und 7Wen- dung auf den Fuss. ZunSochst keine Wehen 7 deshalb heisse UmschlS~ge und Chinin 2 Mal 0775 g, jetzt sehr starke Wehen und Geburt bis zur Schulter 7 worauf Extraction.

1906. Fa l l 60. Frau L., III para. Wegen lunge sich hinziehender 1. Geburtsperiode Chinin und heisse

Umschl~ige ohne Erfolg. Nach Sprengung der Blase schneller Fort- schritt der Geburt.

Fa l l 61. Frau B.~ I para. Wegeu schlechter Wehen in der ErSffnungsperiode Chinin and heis,,e

Umschllige yon sehr guter Wirkung. SpRter Beckenausgangszange. F a l l 62. Frau B., I para. Trotz ]angen Kreissens wegen sehlechter Wehen bei gesprengter

Blase Muttermund nur 5 Markstiickgross. Chinin. sulf. 2 Mal 0,75 g. Hierauf starke Wehen, und nach 21/2 Stunden spontane Geburt.

Fal l 63. Frau W. I para. 4 Wochen aute terminum Abgang yon Fruchtwasser~ leichte Wehen~

Fieber his 39 0. Da die ErSffnung des Muttermunds nicht fortschreitet~ Chinin 2 Mal 0,75 g~ hierauf starke Wehen und nach 2'/2 Stunden Muttermund erweitert. Nach Sprengen der noch einmal sich stellenden Blase schnelles Fortschreiten des Partus, der aber mit Riicksicht auf das anscheinend Schlechterwerden der HerztSne kfinstlich beendet wird.

Fa lF64 . Prau G. I para. Stil;(stand der Geburt wegen Wehenschw~tche in der Austreibungs-

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360 Conitzer: Ohinin als Wehenmittd.

periode. Forceps in Erwagung gezogen. Auf Chinin 2 Mal 0,75 g Eintritt starker Wehen, die naeh kurzer Zeit zum spontanen Partus f~hren.

Fall 65. Frau B. II para. Stillstand der Geburt in der Austreibungsperiode. Wurde zur Zange

gerufen. Auf Chinin 2 Mal 0~75 g Wehen Schlag auf Schlag und in knapp 2 Stunden spontaner Partus.

Fal l 66. Frau S. 24j~hr. II para. 1. Kind spontan todtgeboren. Enges Beckon, Fruchtwasser vor 4

Stunden abgeflossen. Muttermund 3 Finger breit, abet leicht dehnbar. Kopf hoch, stellt sich eben in den Beckeneingang ein. Wehen alle 2--4 Minnten, ~/2 Minute dauernd: sehwach. Walcher'sche H~ingelage. Chinin 2 Mal 0,75 g in einer Stunde. Schon 10 Minuten nach der ersten Gabe Wehen Schlag auf Schlag und nach 2 Stunden Geburt eines lebenden Kindes.

Ich habe die Fglle in der Beihenfolge gegeben: wie sie mir in der Praxis zur Beobaohtung kamen. Nach der Zei t der Gra- v id i tg t geordnet, ergeben sioh kborte und unzeitige Geburten: im 2. 3lonat 3 Fglle: im 3. Monat 10, im 4. 14: im 5. 7: im 6. 3, im 7. 1 Pall, Friihgeburten: im 8. Monat 2, und im 9. 3 F/tile. Die iibrigen 22 Fglle betreffen reehtzeitige Geburten.

Ich habe demnaeh das Chinin in jeder Zeit der Schwanger- schaft gegeben, und wie aus den Berichten hervorgeht, theils mit, theils ohne Erfolg. Eine bestimmte P r o z e n t z a h l der Er fo lge resp. Misserfolge zu nennen, ist nieht gut mSglich, da in einem grSsseren Theil der F/tile nut yon relativen oder Theilerfolgen ge- sprochen werden kann, insofern als nach Chinin woh] Wehen auf- traten oder st/trker wurden, aber doch zur vSlligen Beendigung des Aborts oder der Geburt noch andere Massnahmen nSthig wurden.

In 13 yon den 39 F/tllen yon Aborten und unzeitigen Ge- burten hat Chinin versagt, in den iibrigen 26 F/tllen hatte es einen mehr oder minder ausgesprochenen Erfolg. 13 real, also in der H/tlfte dieser F/tlle, genfigte es allein zur vSlligen Beendigung des Aborts etc., wghrend bei den anderen noeh weitere Eingriffe er- forderlich'wurden, sei es Sprengen tier Blase oder Entfernen tier ~achgeburt, letzteres meistens infolge von Blutungen.

Gegeben wurde das Chinin. suit. oder mur. in sehr ver- schiedenen Dosen: 0,5, 0:75 und 1:0 bis zu einer Gcsammtdosis yon 1 Gramm bis 3 Oramm, in Zwischenr/tumen yon je 1/2 Stunde his eine Stunde, aber auch in noeh grSsseren Intervallen.

Die Wirkung trat oft schon 10 Minuten nach Einnehmen tier

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Conitz+r~ Chinin als Wehenmittel. 361

ersten Dosis auf, h/iufiger abet erst naeh der zweiten oder dritten Gabe. Wenn die Wehen erst mehrere Stunden naeh der letzten Dosis auftraten, wie im Fall 33, kann man im Zweifel sein, ob sic aueh wirklieh infolge des Chinin und nieht aueh spontan aufgetreten w~ren. Fiir die eehte Chinin-Wirkung eharakteristiseh ist, dass die Wehen fast ohne Pause, Sehlag auf Schlag sieh folgen.

Als N e b e n w i r k u n g e n sind am Mufigsten Ohrensausen und SehwerhSrigkeit zu verzeiehnen, seltener Schwindel und Erbreehen. Bemerkenswerth ist, class diese, iibrigens in sp~itestens 24 Stunden voriibergehenden Symptome aueh dort beobaehtet werden, wo Chinin keine wehenfSrdernde Wirkung hatte, und umgekehrt.

Von Interesse war die Wirkung des Mittels in den Abort- Fs welehe mit F i ebe r verliefen. Es sind im Ganzen 11. In 6 von diesen erzielte Chinin einen vollen Erfolg, w/~hrend es in den iibrigen 5 nieht die gewiinsehte Wirkung hatte. In 2 yon diesen letzteren beseitigte es wohl das Pieber, erregte aber keine Wehen, vielmehr erfolgte die Ausstossung sp~ter spontan.

Zweimal: Fall 2 u n d 28 und Fall 12 und 19 kam das Chinin bei einem zwei ten Abor t derselben Frau wieder zur Anwendung und auffallender Weise beide Ma le mit derselben Wirkung wie beim ersten Abort: bei der einen mit promptem Er- folg, bei der anderen ohne Erfolg. Sollte man hierdureh nieht geneigt werden, den Sehluss zu ziehen, die Wirkung des Chinin sei eine individuell versehiedene und vielleieht auf einer gewissen Idi0synkrasie beruheM? Und dies um so mehr, als alles Suehen naeh irgend einem positiven Anhalt dafiir~ weshalb das Chinin das eine Mal wirkt und das andere Mal nieht,-vergebliehe Miihe ist. Aeltere Autoren nahmen an~ dass besonders zarte und nervSse Frauen auf Chinin besonders stark reagiren. Dooh babe ieh mieh nieht davon iiberzeugen kSnnen. Mir selbst seheinen sich die Fg, lle am besten fiir Chinin zu eignen, in denen die FSten ab- gestorben sind, odor sehon seit Woehen bestehende Sehmerzen und sehmutzig br/~unlicher odor grau gelblieher Ausfluss auf die. L o e k e r u n g des Eies hindeuten, odor efidlieh bei erhaltener Fruehtblase die Cervix sehon far den Finger durehg~ingig ist. Dahingegen hat sieh mir im Gegensatz zu den Beriehten friiherer Autoren das Chinin bei Re t en t i o p l a c e n t a e in 5 Fs nieht bew~hrt. Ieh muss allerdings bekennen, dass ieh aus Fureht vor etwa eintretenden starken Blutungen moistens nieht l~nger als einige Stunden gewartet habe, mSglich also, class bei l~ngerem

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362 Conitzer, Chinin als Wehenmfttel.

Zuwarten und grSsseren Chiningaben noeh ein positives Resultat gezeitigt worden w&re.

Bei F r i i h g e b u r t e n hatte ich das Chinin 5 real zu verwenden Gelegenheit, dav0n nur 1 real ohne ErMg. Zweimal benutzte ich es zur E i n l e i t u n g der F r i i h g e b u r t , l mal bei in Folge yon Lues abgestorbcner Frucht neben heissen Spiilungen (Fall 40) nnd das andere Mal bei hoGhgradiger Dyspnoe und Anasarca bei Nephritis und Zwillingen, zugleich mit Einfiihrung eines Bougies (P~tll 53)~ beide Mal mit gewiinsehter Wirkung.

Zur Beschleunigung r e e h t z e i t i g e r G e b u r t e n endlieh habe ieh Chinin 22real gegeben, 18real wegen sehlechter oder un- ergiebiger Wehen in der ErSffnungsperiode, 4 real wegen Stillstand der Gsburt in der Austreibungsperiods. In der E rS f fnungs - p e r i o d e gegeben hatte es 8real night den gewiinschten Effect. Es fief zwar fast ausnahmslos st/~rkere Wehen hervoq fiihrte abet nicht zur Erwsiterung des Muttermundes, ein Misserfolg, an welchem 3 mal wohl die zu straffe und adMrente Fruehtblase und 3 mal die starke Quetschung der Muttermundslippen die Schuld trug. In den iibrigen 10 F~llen fiihrte es dutch Verst~irkung der Wehen zu einer schnellen Erweiterung des Muttermundes und fSrderte die Gsburt so, dass sic entweder spontan verlief (6 real) oder dutch Kunsthilfe leieht beendet werden konnte (4 mal).

In der A u s t r e i b u n g s p e r i o d s wurde ss 4mal mit Erfolg gegeben, 3mal bei Sehgdellagc und .1 real naeh Wendung aus Sehs bei Placenta praevia.

Alles in Allem sin Resultat, welches mieh zwar night dazu bestimmen kann, in die enthusiastischen Lobes~usssrungen eines M o n t e v e r d i mit einzustimmen, abet doch ausreieht, auch msiner- seits das Chinin als wehenfSrderndes Mitre] [iir die Praxis w~trmstens zu empfehlen.

Es wg.re das Wehenmittel pa r excel lence~ wenn es in Bezug auf den Eintritt der Wirkung iiberhaupt nicht so launenhatt w/i.re. Wo ss abet wirkt, macht es die Wehen st//rker, von l~;ngerer Dauer und l~isst sic Sehneller aufeinanderfolgen, so dass man mit- unter yon einem Wehensturm sprechen kann, ohne dass die ein- zeine Wehe ihren normalen Charakter vsrliert. Und dies ohne Nashtheile fiir Mutter und Kind. Von einer verst~rktsn Neigung zu Naehblutungen, wie sis einige Autoren beobashtet haben wollen~ habe ich nights gesehen.

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Conitzer, Chinin als Wehenmittel. 363

In den F/illen, woes trotz ]/ingerer Geburtsarbeit bei steMMer Blase nicht zur Erweiterung des Muttermundes kommt, ist nieht Chinin, sondern die Blasensprengung das souveritne Mittel und aueh bei Sehwellung und Quetsehung der Muttermundslippen scheint es nieht am Platze zu sein. Ebensowenig natiirlieh, wenn eine Anzeige zur sofortigen Beendigung der Geburt vorliegt. Yon diesen Fiillen aber abgesehen I wird es, in tier Eri~ffnungsperiode gegeben, sieherlieh manches dilatirende Verfahren, und in der Austreibungs- periode manehe Zange iiberfliissig maehen.