Das Diktat im DaF - Unterricht in Griechenland Einige Gedanken zum Thema im Rahmen des Fremdsprachenunterrichts an der griechischen Sekundarstufe I von Dimitris Zeppos, PhD., M.Ed, Athen, Griechenland Abstrakt Diese Arbeit befasst sich in kurzen Zügen mit der Problematik des Diktats als didaktisches Mittel zur Lehre der Rechtschreibung und als Bewertungskriterium im Rahmen des Fremdsprachenunterrichts an griechischen öffentlichen Schulen der Sekundarstufe I. Es wird kurz dargestellt, wie die zeitgenössische Literatur über das Problem spricht, sowie, welche die Ansichten der Sprachlehrer in Bezug auf dieses Thema sind. Im Weiteren werden drei unterschiedliche Bewertungsmodelle zur Diskussion gestellt, deren Sinn die Bewertung bzw. Benotung eines diktierten reproduzierten Textes ist. Einleitung Die Problematik des Diktats generell und des Diktats im Unterricht DaF soll in diesem Beitrag kurz angesprochen werden. Sinn ist nicht, die Praxis des Diktierens allgemein zu kritisieren. Vielmehr soll hier versucht werden, in kurzen Ansätzen das Diktat als Werkzeug der Beurteilung der Lernfortschritte eines Schülers im Fremdsprachunterricht zu beschreiben. Es soll außerdem festgestellt werden, ob das Diktat in der relevanten Literatur nicht mehr als genügendes Prüfungsmittel angesehen wird. Im Weiteren werden Bewertungsmodelle vorgestellt, die den Zweck haben, die Bewertung eines Diktats einheitlich festzulegen, und somit eine Objektivität in den Vorgang der Benotung einzuführen. Was ist Diktat? Im Allgemeinen gilt das Diktat als eine Nachschrift vom Lehrer diktierter Sätze als Rechtschreibeübung in der Schule i . Dabei geht es um die Niederschrift eines Textes, der vom Lehrer diktiert, d.h. in einem festgelegten Vorgang dem Schüler mündlich präsentiert, wird. Die Präsentation besteht aus drei Phasen: a) dem Vorlesen des ganzen Textes in normalem Sprechtempo, das dazu dienen soll, den Schüler mit dem Text vertraut zu machen und ihm eine allgemeine Übersicht von Inhalt, Wortlaut und Wortfolge zu bieten,
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Benotung des Diktats im DaF-Unterricht in Griechenland - Ein Vorschlag
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Das Diktat im DaF - Unterricht in Griechenland
Einige Gedanken zum Thema im Rahmen des Fremdsprachenunterrichts an der
griechischen Sekundarstufe I
von Dimitris Zeppos, PhD., M.Ed, Athen, Griechenland
Abstrakt
Diese Arbeit befasst sich in kurzen Zügen mit der Problematik des Diktats als didaktisches
Mittel zur Lehre der Rechtschreibung und als Bewertungskriterium im Rahmen
des Fremdsprachenunterrichts an griechischen öffentlichen Schulen der Sekundarstufe I. Es
wird kurz dargestellt, wie die zeitgenössische Literatur über das Problem spricht, sowie,
welche die Ansichten der Sprachlehrer in Bezug auf dieses Thema sind. Im Weiteren
werden drei unterschiedliche Bewertungsmodelle zur Diskussion gestellt, deren Sinn die
Bewertung bzw. Benotung eines diktierten reproduzierten Textes ist.
Einleitung
Die Problematik des Diktats generell und des Diktats im Unterricht DaF soll in diesem
Beitrag kurz angesprochen werden. Sinn ist nicht, die Praxis des Diktierens allgemein zu
kritisieren. Vielmehr soll hier versucht werden, in kurzen Ansätzen das Diktat als Werkzeug
der Beurteilung der Lernfortschritte eines Schülers im Fremdsprachunterricht zu beschreiben.
Es soll außerdem festgestellt werden, ob das Diktat in der relevanten Literatur nicht mehr als
genügendes Prüfungsmittel angesehen wird. Im Weiteren werden Bewertungsmodelle
vorgestellt, die den Zweck haben, die Bewertung eines Diktats einheitlich festzulegen, und
somit eine Objektivität in den Vorgang der Benotung einzuführen.
Was ist Diktat?
Im Allgemeinen gilt das Diktat als eine Nachschrift vom Lehrer diktierter Sätze als
Rechtschreibeübung in der Schulei. Dabei geht es um die Niederschrift eines Textes, der vom
Lehrer diktiert, d.h. in einem festgelegten Vorgang dem Schüler mündlich präsentiert, wird.
Die Präsentation besteht aus drei Phasen:
a) dem Vorlesen des ganzen Textes in normalem Sprechtempo, das dazu dienen soll,
den Schüler mit dem Text vertraut zu machen und ihm eine allgemeine Übersicht von
Inhalt, Wortlaut und Wortfolge zu bieten,
b) dem Diktieren des Textes, der – in Sinneinheiten von jeweils drei bis vier Wörtern
aufgeteilt – in normaler Lautstärke und mit zweimaliger aufeinanderfolgender
Wiederholung langsam unter Anführung der Interpunktionszeichen vorgelesen wird,
und
c) dem Kontrolldiktat, während dessen der Schüler die Möglichkeit hat, den
geschriebenen Text auf Rechtschreibung, Wortfolge und Interpunktion zu
kontrollieren, wobei er auch etwaig ausgelassene Wörter einfüllen kann.
Als „Text“ wird im Unterricht Deutsch als Fremdsprache (DaF) an griechischen Schulen
der Sekundarstufe I unter einem „bekannten“, d.h. schon einmal in der Klasse und/
oder im Unterricht bearbeiteten, und einem „unbekannten“, also vom Schüler
noch nicht bearbeiteten deutschsprachigen Text unterschieden.
Sinn des Diktats im Fremdsprachenunterricht soll sein, die Fähigkeit zur Rechtschreibung zu
üben und zu kontrollieren, indem der reproduzierte Text in Bezug auf Rechtschreibung und
Interpunktion bewertet wird. Dabei gelten im Regelfall folgende Bewertungskriterien:
a) Interpunktionsfehler: z.B. falsche oder nicht dargebrachte Setzung von Punkt,
Komma-, Ausrufe-, Frage- und Bindezeichen.
b) Umlautfehler: falsche Setzung oder Auslassung von Umlauten
c) Sinnverwandte Rechtschreibfehler: z.B. Auslassung oder Einfügung von
Doppelkonsonanten, Auslassung oder Einfügung von Dehnungs-h, usw.
d) Grammatikrelevante Rechtschreibfehler: z.B. lautbedingte Verwechslung von
Artikel- und Adjektivendungen, Auslassung von Superlativendungen bei Adjektiven
mit Stammendung „–est“
e) Sinnverändernde Rechtschreibfehler: z.B. Groß- Kleinschreibung von
Personalpronomen der Höflichkeitsform (Sie vs. sie), Abstumpfung (den vs. denn),
Anlautänderung (ihr vs. hier)
Beim Diktat im DaFU handelt es sich also um eine semi-passive Reproduktion eines bereits
vom eigentlichen Schriftsteller oder Autor bearbeiteten und, demzufolge linguistisch und
sprachlich, richtigen Textes. Zweck der Aktivität ist die Rechtschreibeübung und Kontrolle
des Schülers. Weiterhin soll, indirekt, die Fähigkeit des Schülers geprüft werden, Satzzeichen
und Wortbildungen richtig zu erkennen und/oder aus dem Text „herauszuhören“
(kontextbedingtes Verstehen) und demzufolge richtig bzw. nachträglich einzusetzen.
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Wie schwerwiegend ist ein Fehler?
Die Frage, wie schwerwiegend ein Fehler ist, kann selten leichten Herzens beantwortet
werden. Es geht hier um die Frage, was man mit dem Terminus schwerwiegender Fehler
auszudrücken versucht.
Handelt es sich beim Diktat einzig und allein darum, die Fähigkeit des Schülers abzuprüfen,
einen bekannten Text aus dem Gedächtnis heraus und mit Hilfe der Lehrkraft
wiederzuproduzieren, so kann man ohne besonderes Bedenken sagen, dass alle Fehler gleich
schwerwiegend sind, da der Text ja bekannt ist und demzufolge die richtige Schreibung
gelernt sein müsste. In diesem Zusammenhang aber wird die besondere Situation und
Fähigkeit eines jeden einzelnen Schülers vernachlässigt, alle Schüler werden in einen Sack
gesteckt. Individuelle Lernunterschiede, persönliche Lernprozesse und psychologisch
bedingte Interferenzen werden nicht berücksichtigt.
Will man aber mit dem Diktat die Fähigkeit des Schülers prüfen, tiefere Strukturen der
Sprache aufzuzeigen, so sollte eine genauere Überlegung in Bezug auf die Gewichtigkeit der
produzierten Fehler sowie deren Wiederholungshäufigkeit gemacht werden. In diesem Sinne
wäre es eine begründete Perspektive, das Diktat als Mittel zur Kontrolle von Textverstehen im
Ganzen und kontextbezogene Rechtschreibung im Detail anzusehen. Demzufolge wäre eine
Verlegung des Schwerpunkts auf morphologische und lexikalische Einzelheiten des Textes
geraten, da diese den Inhalt und die Kohärenz des Textes bestimmen. Aber auch in diesem
Punkt muss beachtet werden, dass ein idealer Diktattext nicht existieren kann, da ein Text
auf keinen Fall die Besonderheiten einer Fremdsprachenklasse und der
diese zusammensetzenden Individuen im Vornherein festlegen und berücksichtigen kann.
Fehler im Diktat – na und?
An diesem Punkt erscheint es geraten, kurz der Problematik Fehler nachzugehen. Was
erkennt man als Fehler an? Und vor allem, welche dieser Fehler haben in einem diktierten
Text eine schwerwiegende Stellung, wenn sie überhaupt eine haben? An vorhergehendem
Punkt ist schon kurz über die Typologie der Fehler, die in einem Diktat vorkommen
können, gesprochen worden. Im Folgenden soll in schnellen Zügen die Anwendbarkeit
und der eventuelle Nutzen einer Analyse dieser Fehler betrachtet und kommentiert werden.
Die Fehleranalyse ist in den letzten Jahrenii zu einem beliebten Thema der wissenschaftlichen
Diskussion im Rahmen des FU geworden. Nicht nur interessiert es, welche Fehler gemacht
werden, sondern auch, warum sie erscheinen und was sie gegebenenfalls bedeuten und
bewirken könnten.
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Im Bereich des FU und vor allem unter den Bedingungen eines diktierten Textes hat es den
Anschein, dass eine Fehleranalyse in Zusammenhang mit einer Übungsarbeit nützlich ist,
sofern das Diktat als Hilfsmittel zur Übermittlung von kontextuellem Verstehen,
Wortbildungsrichtlinien und syntaktischem Feingefühl benutzt wird. In diesem Falle bietet
eine Fehleranalyse ein gutes Mittel, diese Fähigkeiten mit konkreten Beispielen versehen an
den Schüler zu vermittelniii.
Wichtig ist dabei, dass die Arbeit nicht als Test dargestellt und vom Schüler als ein solcher
aufgefasst wird. Denn Test bedeutet für den Schüler vor allem Leistungsnachweis,
Kontrolle, und beschränkt demzufolge stark die Motivation, die Fehlerkorrektur als
Hilfsmaßnahme zu akzeptieren. Der positive Motivationsfaktor geht verloren.
Diesem Problem kann vorgebeugt werden, indem dem Schüler vor Antritt der Arbeit
klargemacht wird, dass er im Selbstkorrekturverfahren seine Fehler allein herausfinden,
(eventuell in Gruppenarbeit) kommentieren und im Folgenden korrigieren wird. Somit ist eine
erhöhte Motivation des Schülers zu erwarten, da er im Kompetitionsverlangen seinen
Mitschülern gegenüber eine solche Arbeitsform als frei und spaßig empfindet, was seine
Haltung zu dieser Form der Arbeit zumindest etwas abfiltert und positiviert.
Andererseits ist bei einem Testdiktat die Motivation für eine Analyse selten gegeben, da der
Text meist bearbeitet, also bekannt, und der Ansporn, etwas Neues zu lernen, nicht mehr
gegeben ist. Der Schüler wird einfach abgetestet, was sehr selten einen Lernerfolg bewirkt.
Ziel des Tests ist nach Meinung der Schüler die bestmögliche Note, die man erhält,
indem man den Text auswendig lernt oder rein mechanisch nachschreibt, ohne
mitzudenken, was das Geschriebene bedeutet.
Es stellt sich im obig beschriebenen Zusammenhang außerdem die Frage, ob eine
Fehleranalyse bei diktierten Texten, die dann an den Schüler weitergeleitet wird, geraten ist.
Man sollte hierzu in Betracht ziehen, ob der Text als Rechtschreibübung oder
Rechtschreibtest angesehen wird. Im ersten Fall wäre eine Analyse der aufkommenden – und
sich eventuell wiederholenden – Fehler geraten, da dies zum einen deren Wiederholung
einschränken könnte, und weil zum anderen dem Schüler dadurch die Möglichkeit geboten
würde, durch genaue und demzufolge auch für andere ähnliche Fälle der freien
Textproduktion geltende, kontextuelle Festlegungen und Begründungen die
richtige Schreibung zu erkennen und anzuwenden.
Für den Fall aber des Tests, steht die Frage der Nützlichkeit einer Analyse zur Debatte, da der
Sinn eines solchen Fertigkeitsnachweises im Bereich FU ohnehin umstritten istiv. Man
bedenke nämlich, wie oft jemand in realen fremdsprachlichen Umgebungen dazu gezwungen
ist, einen Text in der Form eines Diktates aufzunehmen und niederzuschreiben. Wenn man
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von einigen sehr begrenzten hypothetisch lebensnahen Situationen absieht, die zur
Rechtfertigung des Diktats angeführt werdenv, z.B. im Falle einer journalistischen Arbeit oder
einer stenographischen Erfassung eines gesprochenen Textes, so neigt man doch zur Ansicht,
dass ein diktierter Text äußerst selten zu den tagtäglichen Kommunikationsansprüchen des