ISÖ-Präsentation Zukunftsworkshop Kiel 4.11.2019 Bedingungsloses Grundeinkommen, Bürgergeld, Bürgerversicherung, Sozialversicherung - welche Sozialpolitik wollen Studierende in Schleswig- Holstein für die Zukunft? Zukunftsworkshop im #ZLabSH, 4. November 2019 an der FH Kiel ISÖ – Institut für Sozialökologie gGmbH, Siegburg 1
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Bedingungsloses Grundeinkommen, Bürgergeld, … · 2019. 11. 10. · Primark in Kiel –unökologische Arbeitsplätze entstehen Wie kann man soziale und ökologische Nachhaltigkeit
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ISÖ-Präsentation Zukunftsworkshop Kiel 4.11.2019
Bedingungsloses Grundeinkommen, Bürgergeld, Bürgerversicherung, Sozialversicherung - welche Sozialpolitik wollen Studierende in Schleswig-Holstein für die Zukunft?
Zukunftsworkshop im #ZLabSH, 4. November 2019 an der FH Kiel
ISÖ – Institut für Sozialökologie gGmbH, Siegburg
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ISÖ-Präsentation Zukunftsworkshop Kiel 4.11.2019
Überblick - Tagesablauf
11 Uhr Input Prof. Dr. Roswitha Pioch: Was sollen sozialpolitische Reformen lösen und wie?
Input Prof. Dr. Michael Opielka: Was ist und wofür dient das Zukunftslabor?
11.30 Uhr Online-Delphi zur Zukunft des Sozialstaats
12.30 Uhr Austausch zum Online-Delphi in Kleingruppen und per Mentimeter
13 Uhr Mittagspause
14 Uhr Wahrscheinliche und wünschenswerte Zukünfte: erste Auswertung
14.15 Uhr Kleingruppenarbeit: Welche Zukunft wollen wir für 2030+?
14.45 Uhr Fishbowl: Reformszenarien zur Zukunft des Sozialstaats
16 Uhr Ende
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Zwei Inputs
Input Prof. Dr. Roswitha Pioch
Was sollen sozialpolitische Reformen lösen und wie?
Input Prof. Dr. Michael Opielka
Was ist und wofür dient das Zukunftslabor?
Was sollen sozialpolitische Reformen lösen und wie?
Zukunftsworkshop im Zukunftslabor Schleswig-Holstein #ZLabSH
21. Interdisziplinäre Wochen, FH Kiel, 4. November 2019
Prof. Dr. Roswitha Pioch
Inhalt:
1. Sozialstaatsaufgaben
2. Kontextveränderungen des Sozialstaats
3. Die lohnarbeitszentrierte Struktur des deutschen
Sozialstaats
4. Reformansätze zwischen Eigenverantwortung und
Teilhabe
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Seite 6 Prof. Dr. Roswitha Pioch – Sozialpolitische Reformen
1. Sozialstaatsaufgaben
10.11.2019 Prof. Pioch - Sozialpolitische Reformen
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Sozialversicherungen
Sicherung des Existenzminimums
Universelle soziale Dienste
2.1 Demographische Veränderungen
▪ Gestiegene Lebenserwartung
▪ Geringere Geburtenzahlen
▪ Veränderungen im Altenquotienten
= > Weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter im Verhältnis zu der Zahl der RentenbezieherInnen
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Produktivität pro Arbeitsstunde
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10.11.2019 Prof. Dr. Roswitha Pioch – Sozialpolitische Reformen
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3.2 Sozialstaat der BRD
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3.3 Statuszuweisungen im deutschen Sozialstaat
Sozialversicherungen für Arbeitnehmer
Pflegeversicherung 1994
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 2003
Grundsicherung für Arbeitsuchende – ALG II 2005
Asylbewerberleistungsgesetz 1993
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Vgl. Christian Brütt 2019
3.4 Normalarbeitsverhältnis
▪ abhängige Erwerbsarbeit
▪ Vollzeitarbeit (38,5 Std.)
▪ kontinuierlich, unbefristet
▪ Lohnhöhe
mindestens existenzsichernd
▪ Ein - Familienernährer - Modell
(One breadwinner)
▪ Lebenslauf: Ausbildung
Arbeit
Ruhestand
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Bilddatei: männliche Werftarbeiterbei der Arbeit
3.5 Erosion des Normalarbeitsverhältnisses
▪ Flexibilisierung des Arbeitsmarktes –
Nachfrageseite der Arbeitgeber
▪ Individualisierung –
Angebotsseite der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen
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3.6 AtypischeBeschäftigung
Seite 18 Prof. Dr. Roswitha Pioch – Sozialpolitische Reformen
4.1 Mehr Staat?
▪ Allgemeiner Gesetzlicher Mindestlohn
in Deutschland geregelt in § 1 MiLoG - Mindestlohngesetz
erstmals ab 1/2015: 8,50 Euro/Brutto Std.
Ab 1. Januar 2017: 8,84/ Brutto Std.
Ab 1. Januar 2019: 9,19/ Brutto Std.
Ab 1. Januar 2020: 9,35/ Brutto Std.
Ab 2020 auch für Ausbildungszeiten: 515 € monatlich/ 1. Lehrjahr
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4.2 Mehr Markt, mehr Eigenverantwortung?
1. Leistungskürzungen, z.B. Rentenalter erhöhen
2. Einführung betriebswirtschaftlicher Wettbewerbs- u.
Steuerungselemente
3. Stärkung der Eigenverantwortlichkeit des Individuums –
mehr Privatversicherungen
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4.3 Mehr soziale Verantwortung: Bürgerversicherung
▪ Beteiligung aller Gesellschaftsmitglieder an der Finanzierung der
gesetzlichen Sozialversicherung
▪ Robuste Armutsvermeidung in den Sozialversicherungen
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4.4 Entkoppelung von Arbeit und Einkommen
Perspektive: Bedingungsloses Grundeinkommen /
Bürgergeld
Ziele:
1. Teilhabe als Voraussetzung von Demokratie
2. Autonomie des Individuums
3. keine Statuszuweisungen im Sozialstaat
4. Positive Arbeitsmarkteffekte
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Vielen Dank -
und kreative Diskussionen im Zukunftsworkshop!
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Zwei Inputs
Input Prof. Dr. Roswitha Pioch
Was sollen sozialpolitische Reformen lösen und wie?
Input Prof. Dr. Michael Opielka
Was ist und wofür dient das Zukunftslabor?
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Was ist und wofür dient das Zukunftslabor?
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ISÖ-Präsentation Zukunftsworkshop Kiel 4.11.2019
Bekannter ist: Die Zukunftswerkstatt
Drei Hauptphasen
▪ Kritik- und Dystopiephase
▪ Fantasie- und Utopiephase
▪ Umsetzungsphase
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Morphologische Matrix zur Indexbildung der Schlüsselfaktoren
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Zukunftspfade im Zukunftslabor #ZLabSH
„Wir werden daher ein Zukunftslabor mit den Akteurinnen und Akteuren der Arbeitsmarktpolitik und aus der Wissenschaft ins Leben rufen, in deren Rahmen die Umsetzbarkeit neuer Absicherungsmodelle, z.B. ein Bürgergeld, ein Grundeinkommen oder die Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme, diskutiert und bewertet werden sollen. Ebenso wichtig wie die soziale und ökonomische Flexibilisierung des Arbeitslebens soll dabei auch die Entbürokratisierung der Arbeits- und Sozialverwaltung sein. Die Ergebnisse dieses Prozesses wollen wir in die bundespolitische Debatte tragen, um unser Land fit für die Herausforderungen der Zukunft zu machen und um Existenzängste von den Bürgerinnen und Bürgern fern zu halten.“
Quelle: Das Ziel verbindet. Weltoffen – wirtschaftlich wie ökologisch stark – menschlich. Koalitionsvertrag für die 19. Wahlperiode des Schleswig-Holsteinischen Landtages (2017-2022) zwischen CDU, Bündnis90/Die Grünen, FDP. Kiel 2017, S. 31
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Stand Oktober 2019 – www.ZLabSH.de
a) Literaturstudie▪ Bestandsaufnahme: demografischer Wandel
und Digitalisierung in Deutschland
▪ Zu erwartende Auswirkungen auf die
sozialen Sicherungssysteme
▪ Vergleich und kritische Reflexion von Methoden und Ergebnissen
b) Schlüsselfaktoren
▪ Grundlage für Entwicklung von Zukunftsszenarien und alternativen
Reformszenarien
c) Erfahrungsstudie Grundeinkommen (Finnland, UK, Italien) begonnen
1. Schlüsselfaktoren als durchgängiges analytisches Instrument: Identifikation in Literaturanalyse, Anwendung für Entwicklung der Zukunftsszenarien, aus denen Reformszenarien verdichtet werden
2. Verknüpfung der Analyse von Strukturen und Normen
3. Unterscheidung von Rahmenbedingungen und Gestaltungsvariablen
4. Transparenz von Unsicherheitsfeldern
5. Szenarioselektion durch Clusterbildung
6. Einfachheit (formale und inhaltliche Eleganz), dadurch
7. Demokratiefähigkeit
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▪ Überblick über Erprobungen von Bürgergeld, Grundeinkommen u.ä. im In- und Ausland (Ausgestaltung, Voraussetzungen, Erfahrungen) – Auswahl: Finnland (KELA), UK (Universal Credit), Italien (Bürgereinkommen)
▪ Auswertung von Evaluierungsergebnissen (historisch-systematischer Überblick zu Grundeinkommens-Experimenten)
▪ Erfahrungsaustausch mit Projektverantwortlichen
Erfahrungsstudien
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Abbildung: Zustimmung Grundeinkommen im europäischen Vergleich (in %)
Quelle: Adriaans, Jule/Liebig, Stefan/Schupp, Jürgen (2019): Zustimmung für bedingungsloses Grundeinkommen eher bei jungen, bei besser gebildeten Menschen sowie in unteren Einkommensschichten. In: DIW Wochenbericht, 86/15, S. 265. Die Abbildungsüberschrift lautet dort: „Zustimmung zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens im europäischen Vergleich.“
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Ein Blick auf die Praxis des Grundeinkommens:
https://www.mein-grundeinkommen.de/buch
Was macht Mein Grundeinkommen?Als gemeinnütziger Verein erforschen wir das Bedingungslose Grundeinkommen und führen die öffentliche Debatte. Wir möchten herausfinden, was Grundeinkommen mit Menschen macht. Darum sammeln wir per Crowdfunding Geld. Immer wenn 12.000 Euro zusammen sind, verlosen wir das Geld als Bedingungsloses Grundeinkommen: ein Jahr lang monatlich 1.000 Euro, ohne Bedingungen.
Vier Typen sozialpolitischer Systeme in Deutschland
Quelle: Opielka 2008, S. 30
Abbildung: Sozialpolitische Systeme und Reformoptionen in Deutschland
Grundrente (steuerfinanziert)
Grundeinkommen (social dividend)
BeamtenpensionenKindergeldElterngeld
Erziehungsgehalt I (neu)
Grundrente (beitragsfinanziert)
Grundeinkommensversicherung
GKV (neu)
Pflegeversicherung (neu)
Pflegeversicherung
Bafög
Negative Einkommenssteuer
Erziehungsgehalt II(neu)
GKV
GRV
Arbeitslosengeld
Grundsicherung in der GRV
Arbeitslosenhilfe (alt)
Sozialhilfe
Arbeitslosengeld II
Bürgerversicherung Versorgung
Sozialversicherung Fürsorge
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Was ist eine „Grundeinkommensversicherung“?
Sie bedeutet, die Idee des Grundeinkommens mit der Idee der Bürgerversicherung als Strukturreform des Wohlfahrtsstaates zu verknüpfen. Hier bietet die Schweiz mit der Alterssicherung AHV ein referendumsfähiges, bewährtes Modell. Alle Einkommensarten werden mit einer zweckgebundenen Sozialsteuer verbeitragt, ohne Obergrenze. Dafür werden die Beiträge insgesamt niedriger, da auch die Erhebungsbasis deutlich größer ist. Zugleich werden die Leistungsbeträge in einem Korridor – die Schweiz verwendet 1 zu 2, d.h. die Leistungen erreichen maximal das Doppelte der Grundrente – gesockelt und gedeckelt. Es spricht sozialpolitisch und sozialrechtlich nichts dagegen, dieses Bürgerversicherungsprinzip auf alle Geldleistungssysteme des Sozialstaats auszuweiten. Als sogenannte „Grundeinkommensversicherung“ wurde für 2004 ein Beitragssatz von 17,5%, also für Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Kindergeld, Elterngeld, Bafög und Krankengeld berechnet. Je höher das Leistungsniveau – was den Sockel, also das Grundeinkommen, und was die Breite des Korridors, also den Höchstleistungsbetrag betrifft -, desto höher der Beitrag.
Michael Opielka, Strukturprobleme der Finanzierung der sozialen Sicherheit aus sozialwissenschaftlicher Sicht. Das Grundeinkommen als zentrale sozialpolitische Innovation, in: Masuch, Peter et al. (Hrsg.), Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats. Denkschrift 60 Jahre Bundessozialgericht. Band 2, Berlin: Erich Schmidt, 2015, S. 735-754
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Leistungsbereich Leistung Beitrag in Prozent(auf alle Einkommen)
Renten 972 - 1.944 € 10
Übergangszuschlag Renten 2
Arbeitslosengeld 810 - 1.620 € 1,5
Elterngeld 810 - 1.620 € 0,5
Kindergeld je Kind 202 €(plus bis 202 € Zuschlag)
2
Krankengeld 810 - 1.620 € 0,2
Ausbildungsgeld 810 € (davon 50% Darlehen)
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Grundsicherung (partielles Grundeinkommen, „Bafög für alle“)
810 €(davon 50% Darlehen)
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Beitrag GEV insgesamt(auf Einkommen lt. ESt, ohne Bemessungsgrenze/„Sozialsteuer“)
17,5
Quelle: Michael Opielka, Sozialpolitik. Grundlagen und vergleichende Perspektiven, 2. Aufl., Reinbek: Rowohlt 2008, S. 258 -Rechnerischer Grundbetrag im Jahr 2004: 640 € = ALG II, 2018: ca. 810 €
Abbildung: Modell Grundeinkommensversicherung (GEV) – Leistungen und Beiträge