Technische Universität München Lehrstuhl für Ökophysiologie der Pflanzen Department für Ökologie Bedeutung der Calcium - Versorgung für die Holzdifferenzierung sowie die elektrische Signalleitung in der Pappel Silke Lautner Vollständiger Abdruck der von der Fakultät Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung und Umwelt der Technischen Universität München zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) genehmigten Dissertation. Vorsitzender: Univ.-Prof. Dr. Jörg Fromm Prüfer der Dissertation: 1. Univ.-Prof. Dr. Rainer Matyssek 2. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Oßwald Die Dissertation wurde am 28. April 2005 bei der Technischen Universität München eingereicht und durch die Fakultät Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung und Umwelt am 20. Juli 2005 angenommen.
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Technische Universität München
Lehrstuhl für Ökophysiologie der Pflanzen
Department für Ökologie
Bedeutung der Calcium - Versorgung für die Holzdifferenzierung
sowie die elektrische Signalleitung in der Pappel
Silke Lautner
Vollständiger Abdruck der von der Fakultät Wissenschaftszentrum Weihenstephan für
Ernährung, Landnutzung und Umwelt der Technischen Universität München zur Erlangung
des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) genehmigten
Dissertation.
Vorsitzender: Univ.-Prof. Dr. Jörg Fromm
Prüfer der Dissertation:
1. Univ.-Prof. Dr. Rainer Matyssek
2. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Oßwald
Die Dissertation wurde am 28. April 2005 bei der Technischen Universität München
eingereicht und durch die Fakultät Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung,
Landnutzung und Umwelt am 20. Juli 2005 angenommen.
I
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand zwischen August 2002 und April 2005 am Lehrstuhl
Ökophysiologie der Pflanzen und am Fachgebiet Angewandte Holzbiologie der Fakultät
Wissenschaftszentrum Weihenstephan (WZW) an der Technischen Universität München. Das
Projekt wurde über ein Promotionsstipendium der TU München sowie über die Deutsche
Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Pappelforschergruppe finanziert.
Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Rainer Matyssek, und Herrn
Prof. Dr. Jörg Fromm für die Themenstellung, ihre Anregungen und ihre stete Unterstützung
bei der Durchführung der Versuche. Herrn Prof. Dr. Wolfgang Oßwald möchte ich für die
Übernahme des Zweitkorrektorats danken. Des weiteren möchte ich PD Dr. Thorsten Grams
für seine Unterstützung und Diskussionsbereitschaft danken, die mich über weite Teile der
Arbeit begleitet haben, und allen Mitarbeitern des Lehrstuhls für Ökophysiologie der Pflanzen
und der Fachgebiete Pathologie der Waldbäume und Angewandte Holzbiologie, insbesondere
Dr. F. Fleischmann, Dr. M. Arend, Herrn T. Feuerbach, Frau A. Vieler, Frau M. Rinas und
Herrn R. Rosin. Für die Hilfestellung bei der FTIR-Spektroskopie möchte ich mich beim
Chemielabor des Lehrstuhls für Holzkunde und Holztechnologie der TUM unter der Leitung
von Frau Dr. E. Windeisen herzlich bedanken.
Dank geht auch an meine Familie und meine Freunde, die mich stets unterstützten.
II
Inhaltsverzeichnis
Vorwort................................................................................................................................. I
Inhaltsverzeichnis................................................................................................................. II
Abkürzungsverzeichnis........................................................................................................ V
Ferredoxine und Stromaenzyme des Calvin-Zyklus) angesiedelt (Plieth, 2005).
Schließlich kommt dem Calcium noch eine herausragende Bedeutung in der Aktivierung,
bzw. Blockierung von Ionenkanälen in Membranen zu. So konnte nachgewiesen werden, dass
bei Dunkelheit Ca2+ aus den Chloroplasten ins Cytoplasma strömt und dieser Ca2+-Einstrom
die auswärtsgerichteten K+-Kanäle der Plasmamembran aktiviert; dieser K+-Ausstrom hat
eine transiente Veränderung des Membranpotentials zur Folge (Plieth et al., 1998).
1.2 Charakteristika elektrischer Signale
Bereits seit über 100 Jahren ist das Phänomen elektrischer Signale in Pflanzen bekannt. Schon
Burdon-Sanderson (1873) und Charles Darwin (1875) konnten die Existenz der elektrischen
Signalleitung in insektivoren Pflanzen nachweisen. Dennoch fristete dieses Forschungsgebiet
über lange Jahre hinweg ein unbeachtetes Dasein. Darwin wandte sich in seiner weiteren
botanischen Forschung verstärkt der Circumnutation und der damit verbundenen chemischen
Signalleitung in Pflanzen zu (Darwin 1881). Aus bislang ungeklärten Gründen wurden diese
Arbeiten so in den Vordergrund gestellt, dass die Ergebnisse zur elektrischen Signalleitung
darüber in den Hintergrund gerieten und die Pflanzenphysiologie sich verstärkt auf die
chemische Signalleitung fokussierte. Aus diesem Trend entwickelte sich mit der Zeit die
Ansicht, dass elektrische Signale, später auch chemische Signale, in tierischen Systemen der
Reizübertragung dienen, wohingegen die Signalleitung im pflanzlichen System auf
chemischer Signaltransduktion beruhe. Erst Forschungsergebnisse von Bose (1924) und
Einleitung
5
später von Sibaoka (1966, 1969) und Pickard (1973) rückten die Existenz von elektrischen
Signalen in der Pflanzenphysiologie weltweit wieder in das Bewusstsein und in das Interesse
von Botanikern. Man begann, zwischen den verschiedenen Arten der Signaltransduktion, dem
Aktionspotential und dem Variationspotential zu unterscheiden.
1.2.1 Aktionspotentiale
Auch bei der elektrischen Signalleitung ist der [Ca2+]cyt -Wert von ausschlaggebender
Bedeutung bei der Entstehung von Aktionspotentialen entlang der Plasmamembran. Erst
durch einen vorübergehenden starken [Ca2+]cyt Anstieg von ~ 0,1µM auf ~1µM werden zuerst
Cl-- und anschließend K+- Kanäle geöffnet, welche zu der typischen De- bzw. Repolarisierung
der Plasmamembran während eines Aktionspotentials führen (Abb. 1.2). Ob der Anstieg von
[Ca2+]cyt durch Ca-Einstrom aus dem Apoplasten oder durch Ca2+-Einstrom aus
cytoplasmatischen Speicherorten genährt wird, ist noch nicht gänzlich geklärt. Entgegen der
herkömmlichen Meinung eines apoplastischen Einstroms sprechen allerdings erste
Beobachtungen, die das ER als Ca2+-Quelle für den [Ca2+]cyt -Anstieg sehen (Thiel et al.,
1997; Wacke et al., 2001; Plieth, 2005).
Einleitung
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Abb. 1.2: Schematische Darstellung eines Aktionspotentials an der Plasmamembran von Chara, in
Anlehnung an Nultsch (2001). Das Ruhepotential beträgt hier -190 mV. Durch einen an der Plasmamembran auftreffenden Reiz (Pfeil) strömt Ca2+ in das Cytoplasma ein und bewirkt dadurch die
Öffnung auswärtsgerichteter Cl--Kanäle; dies führt zur Depolarisation der Plasmamembran bis hin zum Spitzenpotential (hier: +40 mV). Durch die Positivierung des Cytoplasmas werden
spannungsabhängige auswärtsgerichtete K+-Kanäle aktiviert, welche ihrerseits durch einen Ausstrom die Repolarisierung der Membran bis hin zu ihrem Ruhepotential bewirken.
Abszisse: Zeit in Sekunden; Ordinate: Membranpotential in mV.
Spannungsänderungen an den pflanzlichen Plasmamembranen gleichen in vielem den
Aktionspotentialen, wie sie schon seit langem in tierischen Systemen bekannt sind.
Aktionspotentiale werden durch an der Plasmamembran auftretende Reize, die ein
„Schwellenpotential“ überschreiten, ausgelöst; daraufhin erfolgt selbsttätig eine
Depolarisation bis hin zum Spitzenpotential, gefolgt von der Repolarisation zurück zum
Ruhepotential. Der Zustand, der bei der Überschreitung des Schwellenpotentials eintritt, wird
auch „Erregung“ genannt. Eine Erregung führt immer zu einem voll ausgebildeten
Aktionspotential, es gilt ein „Alles oder Nichts - Gesetz der Erregung“ (Dudel et al., 1996).
Aktionspotentiale können in Pflanzen durch Berührungs- oder Kältereize ausgelöst werden;
ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit ist etwa um den Faktor 105 langsamer im Vergleich zu
tierischen Systemen (Burdon-Sanderson und Page, 1876; Sibaoka, 1991). In höheren Pflanzen
entwickeln Aktionspotentiale eine Ausbreitungsgeschwindigkeit zwischen 1 mm s-1 und
20 mm s-1; in sensitiven Pflanzen, wie z.B. der Mimose oder der Venusfliegenfalle, sogar bis
zu 200 mm s-1 (Sibaoka, 1969).
Einleitung
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1.2.2 Variationspotentiale
Im Gegensatz zum Aktionspotential wird durch Verwundung (Flamme, Schnitt) von
pflanzlichem Gewebe ein sich langsam ausbreitendes Variationspotential mit irregulärer Form
ausgelöst (Pickard, 1973). Die Fortpflanzung eines Variationspotentials erfolgt nicht
selbsttätig, vielmehr handelt es sich um eine lokale elektrische Antwort auf eine chemische
Substanz, die im Xylem transportiert wird (Houwink, 1935; Sibaoka, 1966, 1969; Pickard,
1973). Diese chemischen Substanzen, als Reaktion auf die Verwundung hin gebildet,
gelangen an der Verwundungsstelle ins Xylem und werden durch hydraulische Ausbreitung
fortbewegt. Sie lösen in allen lebenden Zellen, die kontaktiert werden, elektrische
Spannungsänderungen an den Plasmamembranen aus; besonders ausgeprägt sind diese
Reaktionen in den Xylem-umgebenden Zellen. Ricca behauptete 1916 erstmals, dass das
Signal chemischer und nicht elektrischer oder hydraulischer Signatur ist, da es ihm gelang
über eine „Wasserfalle“ hinweg eine chemische Signalweiterleitung entlang des
Mimosensprosses nachzuweisen. Diese chemische Substanz wurde forthin „Ricca-Faktor“
genannt. Das Variationspotential ist somit in der Lage, auch über abgestorbenes
Sprossgewebe hinweg fortgeleitet zu werden. Malone (1994) überprüfte Riccas Theorie und
konnte ebenfalls an Mimosa bestätigen, dass eine hydraulische Ausbreitung von
Verwundungsstellen in acropetaler wie auch in basipetaler Richtung stattfindet.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Mechanismus eines Variationspotentials
folgendermaßen stattfindet: an der Verletzungsstelle gebildete Wundsubstanzen werden durch
hydraulische Ausbreitung über das Xylem im Pflanzenkörper fortgepflanzt. Ein
Variationspotential lässt sich daher durch folgende Eigenschaften charakterisieren: I.) es kann
totes Gewebe passieren; II.) sein Entstehen hängt vom vorherrschenden Wassergehalt der
Pflanze ab. Ein stark negatives Wasserpotential in den Xylemgefäßen führt zu einer schnellen
Ausbreitung; bei gesättigtem Wasserzustand ist die Gefäßspannung vernachlässigbar gering
und das Variationspotential kann nicht fortgepflanzt werden.
Im Gegensatz zum Variationspotential sollte ein Aktionspotential durch totes Gewebe in
seiner Ausbreitung geblockt werden; auch ist es nicht abhängig von hydraulischen Prozessen
im Xylem.
Einleitung
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1.3 Grundlagen der Holzbildung
Neben Kalium gilt auch Calcium als sehr wichtiges Nährelement für die cambiale Aktivität in
Gehölzpflanzen (Eschrich und Blechschmidt-Schneider, 1992; Dünisch und Bauch, 1994a).
Beide Elemente sind für Vorgänge der Zellteilung und Zelldifferenzierung im cambialen
Meristem von besonderer Bedeutung. Calcium spielt dabei vor allem durch seine
versteifenden Eigenschaften an der dehnbaren Primärwand und der Mittellamelle im sich
differenzierenden Xylemgewebe eine wichtige Rolle (Brett und Waldron, 1996; Guglielmino
et al., 1997). Auch für die osmotische Regulation in der Vakuole ist es während der
Differenzierungsphase von herausragender Bedeutung.
Das Cambium ist ein laterales Meristem, das für die Bildung von sekundärem Xylem und
Phloem verantwortlich ist. In Bäumen wird so durch cambiale Zellteilung und
Zelldifferenzierung nach innen hin der Rohstoff Holz (sekundäres Xylem), nach außen hin
das sekundäre Phloem und die Rinde gebildet (Chaffey et al., 1997). Das vaskuläre Cambium
der Gehölze ist ein sekundäres Meristem, welches aus dem Procambium hervorgeht, das
seinerseits wiederum dem Apikalmeristem entspringt. Es besteht aus zwei verschiedenen
Zelltypen: aus den fusiformen Initialzellen, die sich anatomisch durch eine schmale und
langgestreckte äußere Form sowie durch eine starke Vakuolisierung von dem zweiten Zelltyp
unterscheiden, den Strahlinitialen (Raven, 1987). Diese sind in ihrer vertikalen Ausprägung
sehr kurz und stellen den Ausgangspunkt für die das Phloem wie auch das Xylem in radialer
Richtung durchziehende Strahlen dar. Das Strahlparenchym besteht aus lebenden Zellen, über
die eine Nährstofftranslokation zwischen Phloem und Xylem stattfinden kann (Mellerowitcz
et al., 2001).
Die cambiale Aktivität ermöglicht den Gehölzpflanzen durch ständig wiederkehrende Bildung
von Phloem und Xylem ihre mehrjährigen Lebenszyklen. Anatomisch unterteilt sich die sog.
cambiale Zone in das eigentliche Cambium, welches streng genommen aus nur einer
Zellschicht, den Initialzellen, besteht, und in dessen Derivate, den Phloem- und den
Xylemmutterzellen, welche wiederum aus den sich periklin teilenden Initialzellen
hervorgehen. Die Teilungsgeschwindigkeit der Xylemmutterzellen ist dabei bedeutend
schneller als die der Phloemmutterzellen. Aus Phloemmutterzellen gehen bei Angiospermen
wie der Pappel die Siebröhrenelemente (sieve elements/SEs) und die Geleitzellen (companion
cells/CCs) hervor, welche im ausdifferenzierten Phloemgewebe sog. SE/CC-Komplexe
bilden. Im Gegensatz zu den Xylemzellen schließen die Phloemzellen ihre Entwicklung nicht
Einleitung
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mit der Autolyse des Protoplasten ab. Die Siebröhrenelemente behalten ein rudimentäres,
membranständiges Cytoplasma, ER, einige Mitochondrien, Plastiden und phloemspezifische
Proteine (van Bel et al., 2003); sie besitzen allerdings keinen Zellkern mehr. Die mit ihnen
durch zahlreiche Plasmodesmata verbundenen Geleitzellen hingegen bleiben im Besitz ihres
vollwertigen Cytoplasmas.
Aus den Xylemmutterzellen können sich bei Angiospermen Gefäße, Tracheiden, Parenchym-
und Faserzellen bilden. Der Holzaufbau der Pappel besteht in axialer Richtung nur aus
Gefäßen und Fasern, in radialer Richtung nur aus Parenchym. Die Ausdifferenzierung der aus
den Initialzellen hervorgehenden Xylemzellen umfasst drei Phasen: Zellstreckung,
Sekundärwandbildung mit Lignifizierung und Autolyse des Protoplasten (Abb. 1.3). Bei
einigen Baumarten kann es im Laufe des Lebenszyklus’ auch noch zu einer vierten Phase
kommen, der sog. Kernholzbildung (Plomion et al., 2001).
Abb. 1.3: Lichtmikroskopischer Querschnitt durch einen Pappelstamm im Sommerzustand. Von außen nach innen: Phloemgewebe (Ph); cambiale Zone (CZ), die sich aus fusiformen Initialen,
Strahlinitialen und deren Derivaten zusammensetzt; Expansion der Xylemzellen (Exp); Sekundärwandbildung (Sek), einhergehend mit Lignifizierung und abschließenden Zelltod. Des weiteren ist das radiale Strahlparenchym (S), entlang dessen sich häufig Gefäße (G) entwickeln,
deutlich zu erkennen.
Einleitung
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Um mit einhergehender Umfangserweiterung des Stammes den cambialen Ring nicht
unterbrechen zu müssen sind die Initialzellen auch in der Lage, sich antiklin zu teilen und
somit durch in tangentialer Richtung neu eingefügte Initialzellen einen durchgehenden
cambialen Ring zu erhalten.
1.4 Zielsetzung
Ziel der vorliegenden Arbeit war es zum einen, die Bedeutung der Calciumversorgung für die
Entwicklung und das Wachstum der Pappel herauszuarbeiten. Ein besonderes Augenmerk
sollte in diesem Zusammenhang auf der Entwicklung des cambialen und des Xylemgewebes
liegen; besonders holzanatomische und holzchemische Veränderungen in Abhängigkeit der
Calcium-Ernährung galt es hierbei zu untersuchen. Die für diese Arbeit untersuchten
Pappelarten versprachen aufgrund ihrer Wüchsigkeit und ihrer relativ unkomplizierten
Anzucht, sei es in Hydrokultur oder im Stecklingsverfahren, das geeignete Pflanzenmaterial
zu sein.
Ein zweites Ziel dieser Arbeit lag darin, Charakteristika und Funktionen möglicher
elektrischer Signale an Bäumen zu untersuchen. Auch hier sollten die Untersuchungen in
einem Zusammenhang mit der bestehenden Calcium-Ernährung dargestellt werden. Bisher
durchgeführte Versuche auf diesem wissenschaftlichen Gebiet fanden bis auf wenige
Ausnahmen an niederen oder krautigen Pflanzen statt. Diese Arbeit sollte bisher gewonnene
Erkenntnisse der Signalleitung sowie deren Auswirkungen auf die Photosyntheserate nun
auch für Bäume, in diesem Fall die Pappel, verifizieren.
Material und Methoden
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2 Material und Methoden
2.1 Pflanzenanzucht
2.1.1 Anzucht von Populus tremula L. x Populus tremuloides Michx.
2.1.1.1 Agarkultur
Der Hybrid-Pappel-Klon Populus tremula L. x Populus tremuloides Michx. T89, welcher
freundlicherweise von Prof. Hedrich, Universität Würzburg, zur Verfügung gestellt wurde,
wurde über Kallusbildung mit Hilfe von Hormonen aus dem Sprossgewebe steril vermehrt.
Das erste Anzuchtstadium erfolgte in Petrischalen, dauerte etwa drei bis vier Wochen und
bewirkte eine Kallusbildung mit einsetzender Sprossbildung (in Medium I). Nach Umsetzen
der Sprosse in mit Medium II beschickte Magenta-Gefäße entwickelten sich die Sprosse für
weitere drei bis vier Wochen, bevor sie in Weckgläser mit Medium III überführt wurden, in
welchem sie für die Dauer von vier bis sechs Wochen Wurzeln ausbilden konnten (Abb. 2.1).
Abb. 2.1: Sterilkultur P. tremula L. x P. tremuloides Michx.;
Bewurzelung in Weckgläsern.
Die Sprossinduktion in den Medien I und II erfolgte im Licht/Dunkel-Wechsel von 8 h : 16 h
(25 W, 230 V OSRAM; TL70, F32T8/TL741, Philips) unter Temperaturen von 22°C während
der Licht- und 16°C während der Dunkel-Phase. Für die Spross und Wurzelbildung im
Medium III wurden die Pappeln unter 16 h Licht bei 22°C (TLD 58W/840 Super 80, Philips)
und 8 h Dunkelheit bei 17°C kultiviert.
Material und Methoden
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Nährmedien für die Agarkulturen (pro 1 l)
Agarkultur Medium I: 4,4 g MS-Medium (Murashige and Skoog, Makro- und
Mikroelemente, Duchefa)
0,2 mg BAP (6-Benzylaminopurin, Sigma)
0,1 mg IBA (Indolbuttersäure, Duchefa)
0,01 mg TDZ (Thidiazuron, Duchefa)
20 g Sacharose
pH 5,8 (1 M KOH)
7g Agar (Roth, # 4508.1), autoklavieren
Agarkultur Medium II: 4,4 g MS-Medium
0,2 mg BAP
0,1 mg IBA
20 g Sacharose
pH 5,8 (1M KOH)
7g Agar, autoklavieren
Agarkultur Medium III: 4,4 g MS-Medium
10 g Sacharose
pH 5,8 (1 M KOH)
7 g Agar, autoklavieren
Die Anzucht der Pappeln in Agarkultur fand mit freundlicher Unterstützung der AG Hedrich,
Julius-von-Sachs Institut für Biowissenschaften, Universität Würzburg, statt.
Material und Methoden
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2.1.1.2 Hydrokultur
Um die bewurzelten Pappeln der Sterilkultur in ein Raumklima zu überführen, wurden die
Pflanzen in mit Flüssigmedium gefüllte, abgedunkelte Kolbengläschen gegeben. Der
beblätterte Spross war dabei in der ersten Woche noch von einer kleinen Klarsichtbedeckung
umgeben, welche im Lauf der zweiten Woche Schritt für Schritt angehoben und schließlich
ganz entfernt wurde.
Hydrokultur Medium: 1,5 mM KH2PO4
2,0 mM KNO3
1,0 mM CaCl2
1,0 mM MgSO4
18 µM FeNaEDTA
8,1 µM H3BO3
1,5 µM MnCl2
pH 6,0
2.1.1.3 Anzucht der Pappeln unter unterschiedlicher Nährstoffversorgung
Um den Einfluss von Calcium auf verschiedene Prozesse der Holzbildung zu untersuchen,
wurden die aus dem Kallusgewebe gewonnenen Pappeln unter verschiedener
Calciumversorgung in Hydrokulturen angezogen. Dazu wurden sie in zehn Liter
Nährstofflösung fassende Curver-Boxen gegeben und über Tetratec®AP50 Luftpumpen (Tetra
Werke, 49324 Melle, Deutschland) mit Sauerstoff versorgt (Abb. 2.2). Um eine Veralgung
der Nährlösungen zu vermeiden und gleichzeitig den Pflanzen Stabilität zu gewährleisten
wurde die Lösungsoberfläche mit einer Styroporplatte abgedeckt.
Material und Methoden
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Abb. 2.2: Anzucht von P. tremula x P. tremuloides unter verschiedenen
Ca2+-Regimen in Hydrokultur
Als Ausgangsnährlösung für die Hydrokulturen wurde sich an der Hoagland’schen
Nährlösung orientiert, die in ihrer Rezeptur 5 mM Ca2+ vorsieht (Hoagland and Arnon, 1950).
Diese Nährlösung wurde in zwei von insgesamt drei Versuchsreihen zum Vergleich auf
Calcium-Gehalte von 0 mM und 10 mM modifiziert (Tab 2.1), im dritten Durchlauf wurden
die Calciumgehalte der Nährlösungen von 5mM Ca2+ der Optimalversorgung auf 1 mM Ca2+
reduziert und auf 0,1 mM Ca2+ minimiert (Tab. 2.2). Zur Erhöhung des Calciumgehaltes der
Ausgangslösung wurde die Ca(NO3)2 -Konzentration erhöht, wobei die Mg(NO3)2-
Konzentration entsprechend erniedrigt wurde. Zur Reduktion von Calcium wurde der
Ca(NO3)2 -Anteil der Ausgangslösung durch entsprechende Anteile von Mg(NO3)2 ersetzt
(Tab. 2.1 und 2.2); der pH-Wert der Nährlösungen wurde auf 5,8 eingestellt. Durch
elementanalytische Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Magnesium nicht in der
Holzbildungszone akkumuliert wird und daher davon ausgegangen werden kann, dass es bei
der Holzbildung keine bedeutende Rolle einnimmt. Ein erhöhter Gehalt dieses Ions in den
modifizierten Nährlösungen hat somit auf Interpretationen zur calciumabhängigen
Holzbildung keinen Einfluss.
Die Nährlösungen wurden wöchentlich ausgetauscht.
Material und Methoden
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Ca-Entzug
0 mM Calcium
Ca-normal
5 mM Calcium
Ca-Überfluss
10 mM Calcium
KNO3 5 mM 5 mM 5 mM
Ca(NO3)2 - 5 mM 10 mM
Mg(NO3)2 10 mM 5 mM -
MgSO4 2 mM 2 mM 2 mM
KH2PO4 1 mM 1 mM 1 mM
KCl 50 µM 50 µM 50 µM
Fe-EDTA 40 µM 40 µM 40 µM
H3BO3 25 µM 25 µM 25 µM
MnSO4 5 µM 5 µM 5 µM
ZnSO4 2 µM 2 µM 2 µM
CuSO4 0,5 µM 0,5 µM 0,5 µM
Tab. 2.1: Zusammensetzung der in ihrem Ca2+-Gehalt modifizierten Nährlösungen
der ersten beiden Versuchsreihen der Pappelanzucht in Hydrokultur
Ca-minimiert
0,1 mM Calcium
Ca-reduziert
1 mM Calcium
Ca-normal
5 mM Calcium
KNO3 5 mM 5 mM 5 mM
Ca(NO3)2 0,1 mM 1 mM 5 mM
Mg(NO3)2 4,9 mM 4 mM -
MgSO4 2 mM 2 mM 2 mM
KH2PO4 1 mM 1 mM 1 mM
KCl 50 µM 50 µM 50 µM
Fe-EDTA 40 µM 40 µM 40 µM
H3BO3 25 µM 25 µM 25 µM
MnSO4 5 µM 5 µM 5 µM
ZnSO4 2 µM 2 µM 2 µM
CuSO4 0,5 µM 0,5 µM 0,5 µM
Tab. 2.2: Zusammensetzung der in ihrem Ca2+-Gehalt modifizierten Nährlösungen
der dritten Versuchsreihe der Pappelanzucht in Hydrokultur
Material und Methoden
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2.1.2 Anzucht von Populus trichocarpa
Stecklinge eines intraspezifischen Hybrids von Populus trichocarpa x Populus trichocarpa
(cv Trichobel) wurden vom Bayerischen Amt für forstliche Saat- und Pflanzenanzucht,
Teisendorf, bezogen. Dabei handelte es sich um einjährige, unverzweigte Apikaltriebe von
80 cm Länge mit einem Mitteldurchmesser von etwa 5 mm. Die Stecklinge wurden vor
Knospenaustrieb in ein möglichst nährstoffarmes Bodensubstrat gegeben, welches aus einem
Gemisch aus Quarzsand (2,0–2,5 mm Körnung) und einem handelsüblichen Weißmoostorf
(Europlant®, Fa. Euroflor GmbH, Raubersried, Deutschland) bestand. Dieses Gemisch wurde
vor dem Überführen der Stecklinge zweimal mit destilliertem Wasser durchgespült und in
Pflanztöpfe mit einem Fassungsvolumen von 25 Litern gegeben. In jeden Pflanztopf wurden
sieben Apikaltriebe je ca. 20 cm tief gesteckt (Abb. 2.3); die Töpfe wurden im Freiland
aufgestellt und stets von Verunreinigungen (Laub etc.) freigehalten.
Abb. 2.3: Im Freiland angezogene Populus trichocarpa - Pflanzen
während der Wachstumsperiode
Um den Einfluss von Ca2+ auf die Holzbildung der im Freiland gewachsenen Pappeln zu
bestimmen, wurden pro Nährstoffvariante zwei Töpfe regelmäßig mit den entsprechenden
Lösungen gegossen, so dass die gebildeten Wurzeln stets mit ausreichend Nährlösung
versorgt waren. Die Nährlösungen entsprachen den in Tab. 2.2 beschriebenen Lösungen einer
Optimalversorgung, einer Ca2+ reduzierten- und einer Ca2+ minimierten Variante. Für
anatomische Untersuchungen wurden die Pappeln in einem vierwöchigen Turnus beerntet.
Material und Methoden
17
2.2 Zuwachsmessungen
Um den Einfluss von Ca2+ auf die phänotypische Entwicklung der Pappeln über eine
Wachstumsperiode hinweg zu beobachten, wurden zu Beginn der Versuchsreihe fünf getopfte
Populus trichocarpa Stecklinge pro Variante ausgewählt; den Pappeln war allen eine Höhe
von 60 cm und ein Stammfußdurchmesser von ca. 5,8 mm gemeinsam. Sie wurden im
einwöchigen Turnus hinsichtlich ihres Blattflächenzuwachses, ihres Trieblängenzuwachses
und ihres Durchmesserzuwachses in 30 cm Höhe vermessen.
Da die jungen Triebe von P. trichocarpa Korkleisten aufweisen, wurde der Durchmesser
jeweils zweimal um 90° versetzt aufgenommen und der daraus resultierende Mittelwert als
Mitteldurchmesser gewählt. Bei den Messungen des Trieblängenzuwachses wurden der
zugewachsenen Länge des Terminaltriebes die der Seitentriebe zuaddiert. Um den
Blattflächenzuwachs innerhalb der verschiedenen Varianten zu bestimmen, wurde die
Blattanzahl der einzelnen Bäume wöchentlich aufgenommen. Die Blätter wurden am Ende
der Wachstumsperiode geerntet und den einzelnen Bäumen zugewiesen; aus dem Gewicht
und der Blattfläche einer Mischprobe aus zehn Blättern jeder Variante wurde der
Blattflächenzuwachs der einzelnen Messtermine rückwirkend berechnet.
2.3 Anatomische Untersuchungen
2.3.1 Anfertigung von Gewebeschnitten für lichtmikroskopische Untersuchungen
Für die Anfertigung von Gewebeschnitten für die Lichtmikroskopie wurden 1 cm lange
Proben in einer Fixierlösung mit 1% Formaldehyd, 1 mM EGTA, 50 mM Cacodylat-Puffer
und 5% Glutaraldehyd im Exicator infiltriert und für 2 Stunden bei Raumtemperatur fixiert.
Anschließend wurden die Proben mehrmals mit Cacodylat-Puffer gespült und in einer
ansteigenden Ethanolreihe (25% / 50% / 75% / 100%) entwässert. Die Proben wurden sodann
mit LR-White Acrylharz infiltriert und in Gelatinekapseln eingebettet. Die Polymerisation in
den Kapseln erfolgte für 24 Stunden bei 60°C in einem Trockenschrank.
Aus den eingebetteten Gewebeproben wurden mittels eines Mikrotoms (MT-X, RMC Inc.)
Semidünnschnitte von 1 µm Schnittdicke angefertigt, auf Objektträger übertragen und mit
Toluidin O angefärbt. Die solchermaßen präparierten Schnitte konnten nun im
Material und Methoden
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Lichtmikroskop (Axiophot, Zeiss) betrachtet und mittels einer digitalen Camera (Axiocam,
Zeiss) fotographisch festgehalten werden.
2.3.2 Mazeration
Um die Länge der Libriformfasern bestimmen zu können, wurde der Zellverband des
Holzgewebes zunächst aufgelöst. Dazu wurde von ca. 1,5 cm langen Sprosstücken zunächst
die Rinde entfernt, sodann wurden mittels einer Rasierklinge Späne aus dem Holzkörper
abgeschabt, welche in eine Mazerationslösung gegeben wurden. Bei dieser Lösung handelt es
sich um das so genannte „Jeffrey’sche Gemisch“, welches aus 10%iger Salpetersäure (HNO3)
und Chromsäureanhydrid (CrO3) in einer 10%igen Lösung im Verhältnis 1:1
zusammengesetzt ist. Die Xylemspäne wurden in der Lösung in einem Wärmeschrank
(Memmert U30) für ca. 50 Minuten bei 60°C mazeriert. Anschließend wurden die weitgehend
aus dem Faserverband gelösten Libriformfasern durch einen Filter dekantiert und mit H2O
(bidest.) säurefrei gespült. Die Fasern konnten nun in einem Tropfen Glycerin eingeschlossen
auf dem Objektträger fixiert, im Lichtmikroskop (Axiophot, Zeiss) betrachtet und mit einer
digitalen Camera (Axiocam, Zeiss) fotografiert werden (Abb. 2.4).
Abb. 2.4: Für die Faserlängenmessung mazerierte Holzfasern
Material und Methoden
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2.3.3 Histometrische Auswertung
Die histometrische Auswertung erfolgte an den digitalen Aufnahmen der Gewebeschnitte,
sowie an den Aufnahmen der mazerierten Fasern unter Verwendung der digitalen
Messfunktionen der Kamerasoftware Axio Vision 3.1 von Zeiss. Dabei wurden neben der
Länge der mazerierten Fasern auch der Holzzuwachs und die Gefäßgrößen anhand der
Stammquerschnitte gemessen.
2.3.4 Transmissionselektronenmikroskopie (TEM)
Sprossproben von 1 cm Länge wurden axial geviertelt und für zwei Stunden bei
Raumtemperatur in Fixierlösung gegeben (Lösung vgl. Kapitel 2.3.1). Nachdem sie mehrmals
in Cacodylat-Puffer gespült wurden, wurden sie über Nacht bei 4°C in einer Lösung mit 2%
Osmiumtetroxid in Puffer nachfixiert. Die Proben wurden sodann zweimal mit H2O (bidest.)
gespült und in 3 % Uranylacetat in 20% Ethanol für eine Stunde nachkontrastiert. Danach
erfolgte eine Entwässerung durch eine ansteigende Ethanolreihe (50% / 75% / 2x 100%) und
eine 1 : 1 Tränkung der Proben mit 100% Ethanol und einem Epoxydharz, dem Spurr’s
Gemisch (Spurr, 1969). Im Anschluss daran fand die Einbettung in reines Epoxydharz mit
einer zwölfstündigen Polymerisation bei 70°C statt. Für TEM-Untersuchungen wurden aus
den polymerisierten Proben an einem Ultramikrotom (Ultratome Nova, LKB)
Ultradünnschnitte von 80 - 100 nm angefertigt; diese wurden auf mit Formvar beschichtete
Kupfergrids (100 mesh) übertragen und mit alkalischer Bleicitratlösung (Reynolds, 1963) für
zehn Minuten unter CO2-Ausschluss bei Raumtemperatur nachkontrastiert. Die Beobachtung
der Ultradünnschnitte erfolgte am Transmissionselektronenmikroskop (EM 10 C, Zeiss) bei
einer Beschleunigungsspannung von 80 kV und 2.500 bis 100.000facher Vergrößerung. Für
die photographischen Aufnahmen wurde ein AGFA SCIENTIA EM Planfilm verwendet.
Abb. 2.6: Schematische Darstellung der Membranpotentialmessungen im Phloem des Blattleitbündels
unter Anwendung der Aphidentechnik. A: Skizzierte Darstellung einer im Phloem saugenden Blattlaus; zur besseren Darstellung wurde die Skizze um 180° gedreht. B: Photographische
Darstellung eines vom Laser abgetrennten Blattlausrüssels; der Rüssel befindet sich mit dem einen Ende noch im Phloem, die Mikroelektrode kontaktiert das andere Rüsselende mit dem austretenden
Phloemsaft.
Material und Methoden
26
2.7 Blattgaswechselmessungen
Die Messungen des Blattgaswechsels erfolgten an triebspitzennahen Pappelblättern, die ihr
Blattflächenwachstum im Wesentlichen abgeschlossen hatten.
Als Messgerät zur Erfassung der Photosyntheseleistung und der Transpiration wurde das
Kompakt-CO2/H2O-Porometer CQP 130 der Firma Walz in Effeltrich, Deutschland,
eingesetzt, welches sich aus folgenden Teilen zusammensetzt:
dem Porometermesskopf (inkl. Küvette) (Abb. 2.7),
dem externen Luftfeuchte- und Temperatursensor,
dem Infrarot-Gasanalysator (Binos 100) und
der Zentraleinheit CQP 130 mit mikroprozessorgesteuerter Datenerfassungseinheit.
Die Küvette besteht aus Plexiglas und ermöglicht so eine Beleuchtung des eingeschlossenen
Blattteils. Am Porometermesskopf misst ein Quantum Sensor (LI-190S, LiCor) die
einfallende photosynthetisch aktive Strahlung. Die Küvettentemperatur wird über einen
Pt100-Meßwiderstand und die Blatttemperatur über ein Thermoelement erfasst; mittels einer
kapazitiven Messzelle wird ebenfalls innerhalb der Küvette die relative Luftfeuchte erfasst.
Durch ein Peltieraggregat und einen Ventilator ist eine begrenzte Klimatisierung der
Messküvette möglich, so dass der eingeschlossene Blattteil bei hoher Lichtintensität keiner
Überhitzung ausgesetzt ist.
Abb 2.7: Pappelblatt, in die Küvette des Porometermeßkopfs
von CQP130 eingesetzt
Material und Methoden
27
Das Messprinzip des CQP 130 gibt vor, dass die dem System zugeführte Luft zunächst in ein
Puffergefäß gelangt, um kurzfristige Luftfeuchtigkeits- und CO2-Schwankungen
auszugleichen. Nach dem Puffergefäß teilt sich der Gasstrom in eine Referenzgasleitung und
in eine Messgasleitung. Das Referenzgas wird über ein Ausgleichsgefäß direkt, das Messgas
über die Küvette in den Gasanalysator geleitet, welcher dann im so genannten
Differenzmessverfahren die Veränderung der Gaszusammensetzung des Messgases relativ
zum Referenzgas bestimmt (Gaswegeplan: siehe Anhang). Zuerst wird die Veränderung des
Wasserdampfgehaltes in einem separaten Kanal gemessen. Danach wird in einem zweiten
Kanal der CO2-Gehalt analysiert. Die bis zu einem Volumenanteil von 1/1000000 (ppm)
genaue Gasanalyse basiert auf der Infrarotabsorption des Wasserdampfes, bzw. der CO2-
Moleküle.
Während der Messungen betrug die CO2-Konzentration der zugeführten Luft etwa 360 µl l-1
(Außenluft). Da die Messungen in einer Klimakammer stattfanden (York GmbH, Mannheim,
Deutschland) konnte von konstanten ca. 65% rel. Luftfeuchte, ca. 27°C und einer PPFD von
ca. 100 µmol m-2 s-1 ausgegangen werden. Mit Hilfe einer Kältefalle konnte die relative
Luftfeuchtigkeit in der Küvette der Umgebung angepasst werden. Die zeitliche Verzögerung
zwischen Veränderungen innerhalb der Küvette und deren Registrierung am Binos ist
abhängig von der Durchflussgeschwindigkeit des Messgases und wurde in den Berechnungen
berücksichtigt.
Die vom Porometer ermittelten Daten der Netto-Photosyntheserate (JCO2; µmol m-2 s-1) und
der stomatären Leitfähigkeit (g H2O; mmol m-2s-1) wurden über das Diagas Programm für CQP
130 folgendermaßen berechnet:
eOHee
CO cJCww
BFu
J **11
*22
0
−∆−−
=
ALVPDwJg OHOH
−−=
122
ue: molarer Gasstrom am Küvetteneingang [µmol s-1]
BF: projizierte Blattfläche [cm²]
we: molare Feuchtekonzentration vor der Küvette (≡ im Referenzgas)
Material und Methoden
28
w0: molare Feuchtekonzentration hinter der Küvette (≡ im Messgas)
∆C: Differenz der CO2-Konzentration zwischen Referenzgas und Messgas; korrigiert um
Nullpunktverschiebung und Verzerrung des Infrarotgasanalysators (IRGA)
ce: molare CO2-Konzentration vor der Küvette (≡ im Referenzgas); korrigiert um
Nullpunktverschiebung und Verzerrung des Infrarotgasanalysators (IRGA)
JH2O: Transpirationsrate [mmol m-2 s-1]
0
0
1*
2 www
BFu
J eeOH −
−=
ALVPD = wi-wa
wi : Molenbruch des Wasserdampfes in den Interzellularen des Mesophylls
pTsvpw L
i)(
=
svp: Sättigungsdampfdruck (saturated vapor pressure) bei angegebener
Temperatur [mbar]
TL: Blatttemperatur [°C]
wa: Molenbruch des Wasserdampfes in der Küvette
2.8 Messung der Chlorophyll-Fluoreszenz
Die Messungen der Chlorophyll-Fluoreszenz erfolgten, vergleichbar mit den
Gaswechselmessungen, an triebspitzennahen Blättern, die ihre Blattflächenentwicklung
bereits abgeschlossen hatten. Auch hier fanden die Messungen unter konstanten
Klimabedingungen von ca. 22°C, ca. 65% rel. Luftfeuchte und einer PPFD von
100 µmol m-2 s-1 statt.
Um die räumlichen und zeitlichen Veränderungen der Quantenausbeute der
Energieumwandlung im Photosystem II (PS II) visuell darzustellen, wurde das IMAGING-
PAM Chlorophyll Fluorometer der Firma Walz GmbH, Effeltrich, Deutschland verwendet.
Mit diesem System ist auf nichtinvasivem Weg möglich, die Quantenausbeute des PSII
mittels sättigender Lichtblitze (Genty et al., 1989; Schreiber et al., 1986) zu bestimmen. Als
gepulstes Messlicht sowie für die aktinische Ausleuchtung und für die sättigenden Lichtblitze
wird bei der Chlorophyll-Fluoreszenz-Messung mit der IMAGING-PAM blaues Licht des
Wellenbereichs 470 nm verwendet. Durch einen hochspezifischen Pulsverstärker ist
Material und Methoden
29
gewährleistet, dass nur das gepulste Fluoreszenzsignal weiterverarbeitet wird und die
aktinische Lichtintensität ohne Einflussnahme auf die Fluoreszenzmessung verändert werden
kann.
Das zu messende Blatt wurde in einen Probenhalter (IMAGE-USH, Walz GmbH, Effeltrich,
Deutschland) eingespannt (Messfläche 17 x 22 mm) und vor der Reizung für etwa zehn
Minuten an eine PPFD von 100 µmol m-2 s-1 adaptiert. Direkt vor den sättigenden Lichtblitzen
(alle 20 s) wurde jeweils die aktuelle Fluoreszenzausbeute, F, und am Ende der Lichtblitze die
maximale Fluoreszenzausbeute, F´m, erfasst. Hieraus wurde die Quantenausbeute des PSII,
∆F/F´m = (F´m - F) (Nomenklatur nach van Kooten und Snel, 1990), berechnet.
Abb. 2.8: IMAGING-PAM Versuchsaufbau zur Messung der
Chlorophyll-Fluoreszenz an mit Feuer gereizten Pappelblättern
Bereits während der laufenden Messungen können die oben genannten Parameter mittels einer
speziell entwickelten Windows Software (ImagingWin) ermittelt und sowohl in der
Darstellung der gemessenen Blattfläche, als auch in graphischer Form (Abb. 2.8) abgerufen
werden.
Ergebnisse
30
3 Ergebnisse
3.1 Bedeutung der Calciumernährung für den Phänotyp der Pappel
3.1.1 In Hydrokultur
Bereits erste Untersuchungen zum Einfluss der Calciumernährung auf die Holzbildung ließen
eindeutig erkennen, dass sich auch das phänotypische Erscheinungsbild der Pappel bei
Calciummangel verändert. Schon nach sechs Wochen Anzucht von P. tremula x P.
tremuloides in Hydrokultur unter konstanten Bedingungen ließen sich deutliche Unterschiede
in der Biomasseproduktion innerhalb der einzelnen Varianten erkennen (Abb.3.1 A).
B
■■ Wurzel ■ Spross
Abb. 3.1: A: P. tremula x P. tremuloides in Hydrokultur unter verschiedener Ca2+-Versorgung angezogen ; Variante1: 0mM Ca2+, Variante 2: 5mM Ca2+, Variante 3: 10mM Ca2+ .
B: Biomassewerte beziehen sich auf das Frischgewicht der Wurzel (Grob- und Feinwurzeln) und des Sprosses (Spross und Blätter); n=4
0
10
20
30
40
50
60
0 mM Ca 5 mM Ca 10 mM Ca
Bio
mas
se (
FG in
g)
A
Ergebnisse
31
Während die Pappeln, die unter Calciumabstinenz angezogen wurden, kaum Biomasse-
produktion erkennen ließen und bereits nach wenigen Wochen eingingen, erwiesen sich die
Zuwachsunterschiede zwischen der Ca2+-Optimalversorgung und der Ca2+-Überversorgung
als relativ gering (Abb. 3.1 B).
Um zu vermeiden, dass die Pappeln unter völliger Calciumabstinenz noch während der
laufenden Versuchsreihe absterben, wurde eine weitere Versuchsreihe mit leicht veränderten
Nährlösungen gestartet: die minimale Ca2+-Ernährung lag nun bei 0,1 mM Ca2+, eine
reduzierte Variante beinhaltete 1 mM Ca2+ in der Nährlösung, und die optimale Calcium-
Versorgung lag weiterhin bei den in der Hoagland’schen Nährlösung vorgegebenen 5 mM
Ca2+ (vgl. Tab. 2.2). Auch bei dieser Versuchsanordnung konnten schon nach kurzer Zeit
morphologische Unterschiede festgestellt werden. Hatten die Pappeln zu Beginn der
Versuchsreihe alle ein homogenes Erscheinungsbild (Abb. 3.2 A), so konnten bereits nach
zwei Wochen Wachstum in den Hydrokulturen Veränderungen in der Blattausbildung
festgestellt werden: die Blätter der Ca2+-Minimalversorgung zeigten eine deutlich geringere
Blattflächenausbildung und zudem ein Einrollen der Blattränder nach unten (Abb. 3.2 C);
zwischen den verschiedenen Varianten konnte zu diesem Zeitpunkt noch kein Unterschied im
Trieblängenwachstum festgestellt werden (Abb. 3.2 B). Nach einer sechswöchigen
Wachstumsperiode in den modifizierten Nährlösungen war jedoch ein deutlich reduziertes
Trieblängenwachstum bei der minimal Ca2+-versorgten Variante zu erkennen; zwischen der
optimal und der reduziert versorgten Variante hingegen ließ sich zu diesem Zeitpunkt nur ein
geringer Unterschied im Höhenwachstum beobachten (Abb. 3.2 D).
Abbildungen 3.2 A - D:
A
Abb. 3.2 A: P. tremula x P. tremuloides in verschiedenen Nährlösungen am Anfang der Versuchsreihe; homogenes Erscheinungsbild der Pappeln
Ergebnisse
32
B
Abb. 3.2 B: P. tremula x P. tremuloides nach zwei Wochen Wachstum in Hydrokultur;
kein Unterschied im Trieblängenwachstum, jedoch in der Blattausformung der Ca2+-minimierten Variante
C
Abb. 3.2 C: Ca2+-minimierte Pappeln nach zwei Wochen in Hydrokultur;
reduzierte Blattflächen und Wölbung der Blattränder nach unten
Ergebnisse
33
D
Abb. 3.2 D: P. tremula x P. tremuloides nach sechs Wochen Wachstum in Hydrokultur; deutlich reduziertes Trieblängenwachstum unter Ca2+-Minimierung (rechts), leichter Rückgang unter Ca2+-
Reduzierung (mitte) im Vergleich zur Ca2+-Normalversorgung (links). Gleichbleibende Abnormalitäten in der Blattausformung der Minimalvariante.
3.1.2 Im Freiland
Da die Anzucht von Pappeln in Hydrokultur in ihrer zeitlichen Ausdehnung begrenzt ist und
die klimatischen Bedingungen standardisiert sind, lässt sich bei diesem Versuchsaufbau keine
Aussage über eine jahreszeitliche Entwicklung unter verschiedenen Ernährungsvarianten
treffen. Um eine solche Fragestellung zu beantworten wurden Populus trichocarpa - Klone
vor dem Beginn der Vegetationsperiode als Stecklinge in ein nährstoffarmes Bodensubstrat
gebracht und im Freiland unter Ca2+-Minimierung, Ca2+-Reduzierung und Ca2+-
Normalversorgung angezogen. Alle Pflanzen hatten zu Versuchsbeginn ein homogenes
Äußeres. Die Bewurzelung der Stecklinge zum einen, aber auch der kühle und sonnenarme
Frühling 2004 könnten der Grund für einen relativ späten Blattaustrieb der Stecklinge im Juni
sein.
Die optischen Eindrücke (Abb. 3.6 A-C) eines mit steigender Ca2+-Versorgung in der
Nährlösung ebenfalls ansteigenden Zuwachses konnten durch diverse Messungen bestätigt
werden. Der Holzzuwachs, der sich im Zuwachs des Triebdurchmessers widerspiegelt, stieg
während der Vegetationsperiode in direkter Abhängigkeit zur steigenden Ca2+-Versorgung in
den Nährlösungen (Abb. 3.3) an. Die leichten Rückgänge in den Werten der reduzierten und
der optimierten Variante Anfang September sind nicht biologisch zu erklären, sondern
ergeben sich vielmehr aus der Tatsache der Korkleisten an der Rinde der Triebe, die eine
exakte Wiederholbarkeit der Durchmessermessungen erheblich erschwerten; der Mittelwert
Ergebnisse
34
aus zwei Messungen, mit welchem versucht wurde, diese Schwierigkeit zu überwinden,
konnte in diesem Fall die Abweichungen offensichtlich nicht ausreichend bereinigen.
Mitt
eldu
rchm
esse
r in
mm
Juli August September
0
2
4
6
8
10M
ittel
durc
hmes
ser i
n m
m
Juli August September
0
2
4
6
8
10
5 mM Ca1 mM Ca
0,1 mM Ca
5 mM Ca1 mM Ca5 mM Ca1 mM Ca
0,1 mM Ca Abb. 3.3: Durchmesserzuwachs von P. trichocarpa während einer
Vegetationsperiode unter verschiedener Ca2+-Versorgung
Auch bei dem Trieblängenwachstum konnte man zwischen den verschiedenen Ca2+-
versorgten Varianten Wachstumsunterschiede erkennen; ähnlich wie beim
Durchmesserzuwachs wurde auch beim Trieblängenzuwachs ein mit ansteigendem Ca2+-
Gehalt in den Nährlösungen ansteigendes Trieblängenwachstum deutlich. Während der
Zuwachs der Trieblängen bei der optimal mit Calcium versorgten Variante kontinuierlich
anstieg, konnten die reduzierte Variante mit 1 mM Ca2+ in der Nährlösung und die minimierte
Variante mit 0,1 mM Ca2+ in der Nährlösung eine deutliche Zuwachssteigerung erst Mitte
August aufweisen (Abb. 3.4).
Trie
blän
genw
achs
tum
in c
m
Juli August September
0
40
80
120
160
200
Trie
blän
genw
achs
tum
in c
m
Juli August September
0
40
80
120
160
200
5 mM Ca1 mM Ca
0,1 mM Ca
5 mM Ca1 mM Ca5 mM Ca1 mM Ca
0,1 mM Ca Abb. 3.4: Trieblängenzuwachs von P. trichocarpa während einer
Vegetationsperiode unter verschiedener Ca2+-Versorgung
Ergebnisse
35
Der Blattflächenzuwachs, welcher am Ende der Wachstumsperiode rückwirkend über eine
Mischprobe für die Anzahl der während der Vegetationsperiode gemessenen Blätter ermittelt
wurde, zeigte den deutlichsten Unterschied zwischen der Ca2+-Minimalvariante und den Ca2+-
optimal- und Ca2+-reduzierten Varianten; bei nur 0,1 mM Ca2+ in der Nährlösung ergab sich
ein sehr geringer Blattflächenzuwachs während der gesamten Vegetationsperiode. Einen
bedeutend höheren Blattflächenzuwachs konnten die Pappeln der Ca2+-reduzierten Variante
aufweisen, den höchsten jedoch die optimal mit Calcium versorgten Pflanzen. Zwischen den
beiden letztgenannten fand gegen Ende der Vegetationsperiode eine starke Annäherung der
Blattflächenausprägung statt (Abb. 3.5).
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Bla
ttflä
che
in c
m²
Juli August September
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Bla
ttflä
che
in c
m²
Juli August September
5 mM Ca1 mM Ca
0,1 mM Ca
5 mM Ca1 mM Ca5 mM Ca1 mM Ca
0,1 mM Ca Abb. 3.5: Blattflächenzuwachs von P. trichocarpa während einer
Vegetationsperiode unter verschiedener Ca2+-Versorgung
Die Standardabweichungen zu den Mittelwerten der oben abgebildeten Grafiken wurden aus
Gründen der Übersichtlichkeit nicht in die jeweilige Grafik integriert, sondern sind im
Anhang in Tabellenform ihren entsprechenden Werten zugeordnet.
Ergebnisse
36
Abbildungen 3.6 A - C:
A
Abb. 3.6 A: P. trichocarpa - Stecklinge im Juli
B
Abb. 3.6 B: P. trichocarpa - Stecklinge im August
Ergebnisse
37
C
Abb. 3.6 C: P. trichocarpa - Stecklinge im September
3.2 Bedeutung der Calciumernährung für den Calciumhaushalt der
Pappel
Der Einfluss der Calciumernährung auf die Calciumgehalte der unterschiedlichen
Pappelgewebetypen wurde mittels energiedispersiver Röntgenanalyse (EDXA) untersucht.
Die dazu durchgeführten Analysen erfolgten auf mikroskopischer Ebene in Kombination mit
der Rasterelektronenmikroskopie (REM) und ermöglichten so eine ortsgenaue Zuordnung von
einzelnen Messwerten zu den entsprechenden Zellen und Gewebebereichen. Zudem konnte
durch die EDX - Methode ein Überblick über die Elementzusammensetzung der
Gewebetypen gewonnen werden; davon ausgenommen waren jedoch Elemente unterhalb der
Ordnungszahl 9 (=Fluor), die durch die verwendete Methode nicht erfasst werden können.
Um die Auswirkungen der unterschiedlichen Calciumernährung auf den Ionenhaushalt der
Pappel zu untersuchen wurden verschiedene Gewebe der Organe Blatt (Leitbündel), Stamm
(Phloem, Cambium, Xylem-Differenzierungszone) und Wurzel (Zentralzylinder, Cortex) auf
ihre Ca2+-Konzentration in Abhängigkeit zur Nährstoffversorgung untersucht. Als
Ergebnisse
38
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Xylem Phloem
rel.
Calc
ium
geha
lt
Pflanzenmaterial dienten aus Zellkultur gewonnene Populus tremula x Populus tremuloides,
welche unter Calciumabstinenz (0 mM Ca2+), unter normaler Calciumversorgung (5 mM
Ca2+) sowie unter Calciumüberversorgung (10 mM Ca2+) für sechs Wochen in Hydrokulturen
angezogen worden waren.
Bei der Röntgenanalyse der Blattleitbündel konnte zwischen dem Xylem- und dem
Phloemgewebe unterschieden werden; in beiden Geweben des Leitbündels wurde eine
parallel zur Nährstoffversorgung ansteigende Calciumkonzentration festgestellt (Abb. 3.7).
Abb. 3.7: Relativer Gehalt an Calciumionen im Leitbündel von Pappelblättern bei unterschiedlicher Ca-Konzentration in den Nährlösungen; Werte ermittelt durch
Peak:Background [P:B]-Verhältnisse von EDX-Analysen des jeweiligen Gewebes (n=5).
Der nahezu lineare Anstieg im Ca2+-Gehalt mit steigender Ca2+-Versorgung war im Phloem
sogar noch deutlicher ausprägt (P:B 5,0 bei 10 mM Ca2+) als im Xylem (P:B 2,9 bei 10 mM
Ca2+).
Der im Xylem und im Phloem des Blattleitbündels zu findende Calciumanstieg unter
verbesserter Ca2+-Versorgung ließ sich auch in den Transportgeweben des Stammes wieder
finden (Abb. 3.8). Auch hier konnte man im Phloem den deutlichsten Anstieg im P:B-
Verhältnis von ca. 0,4 über 1,0 auf 2,2 beobachten. Etwas verhaltener, aber immer noch
deutlich wirkte sich die in der Nährlösung erhöhte Ca2+-Konzentration auf die
Differenzierungszone des Xylems aus; die Calciumionenkonzentration unter völliger Ca2+-
Abstinenz in der Nährlösung hatte auch in der Differenzierungszone, ebenso wie in der
10 mM Ca 5 mM Ca 0 mM Ca
Ergebnisse
39
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
Phloem Cambium Differenzierungszone
rel.
Calc
ium
geha
lt
Cambiumzone, einen P:B-Wert von 0,4 , stieg unter optimaler Ca2+-Versorgung auf 0,8 ,
unter Ca2+-Überfluss jedoch nur weiter auf einen Wert von 1,0 an. Im Cambium des Stammes
zeigte sich auch ein im Vergleich zum Phloem mit zunehmender Ca2+-Versorgung der
Pflanzen geringerer Ca2+-Anstieg (Abb. 3.8).
Abb. 3.8: Relativer Gehalt an Calciumionen im Phloem, im Cambium und in der Differenzierungszone des Xylems im Stammbereich der Pappel bei unterschiedlicher Ca2+-Konzentration in den Nährlösungen; Werte ermittelt durch Peak:Background-Verhältnisse
von EDX-Analysen des jeweiligen Gewebes (n=5).
Anders als bei den Transportgeweben im Blattleitbündel und im Spross der Pappel konnte
man in der Wurzel keine lineare Kausalität der Ionenkonzentration zur Calciumversorgung
der Nährlösungen feststellen. Die Röntgenanalyse der untersuchten Feinwurzeln ergab hierbei
im Zentralzylinder keine signifikante Veränderung des Calciumgehaltes unter
unterschiedlicher Calciumernährung (Abb. 3.9). Sowohl unter Calciumabstinenz in der
Nährlösung, als auch unter optimaler Calciumversorgung wie unter einem
Calciumüberangebot beliefen sich die im Zentralzylinder gemessenen Ionenwerte für Calcium
zwischen 1,2 und 1,5.
10 mM Ca 5 mM Ca 0 mM Ca
Ergebnisse
40
00,5
11,5
2
2,53
3,54
Zentralzylinder Cortex
rel.
Calc
ium
geha
lt
Abb. 3.9: Relativer Gehalt an Calciumionen im Zentralzylinder und im Cortex der Feinwurzel von Pappeln bei unterschiedlicher Ca2+-Konzentration in den Nährlösungen; Werte ermittelt
durch Peak:Background-Verhältnisse von EDX-Analysen des jeweiligen Gewebes (n=5).
Im Wurzelcortex hingegen war ein deutlicher Anstieg der Calciumkonzentration zwischen der
Ca2+-Nullvariante mit ca. 0,5 hin zur Ca2+-Normalversorgung auf ca. 2,7 festzustellen (Abb.
3.9). Bei einem Überangebot in der Nährlösung änderte sich die Konzentration innerhalb des
Cortexgewebes im Vergleich zu der Optimalversorgung jedoch nicht mehr nennenswert.
10 mM Ca 5 mM Ca 0 mM Ca
Ergebnisse
41
3.3 Bedeutung der Calciumernährung für die Anatomie der Pappel
3.3.1 In Hydrokultur
Um einen möglichen Einfluss der Calciumernährung auf die Gewebeanatomie der Pappel zu
überprüfen, wurden verschiedene Gewebetypen von Populus tremula x Populus tremuloides,
welche für sechs Wochen unter verschiedenen Ca2+-Konzentrationen in den Nährlösungen in
Hydrokultur angezogen worden waren, lichtmikroskopisch analysiert und auf ihre
Unterschiede hin verglichen.
Wurzelgewebe:
Das Wurzelgewebe zeigte deutliche Unterschiede in Aufbau und Struktur zwischen der mit
0 mM Ca2+ versorgten Variante und der optimal mit 5 mM Ca2+ versorgten Variante (Abb.
3.10 A und B). Während sich das Cortexgewebe unter Optimalversorgung als ein fest
gebündeltes Gewebe mit nur geringen oder keinen Interzellularen zwischen den Cortexzellen
zeigte und einen klar begrenzten Zentralzylinder aufwies, konnte man in der unter
Calciumabstinenz angezogenen Variante eine sehr lockere Zellstruktur mit ausgeprägten
Interzellularen und einem kaum abgegrenzten Zentralzylinder beobachten. Diese
Unterschiede zeigten sich weitgehend unabhängig von der Art der Wurzelzone.
A B
Abb. 3.10: A: Wurzelquerschnitt einer Pappel aus Hydrokultur unter 0 mM Ca2+-Versorgung; typisch
ausgeprägte Interzellularen und kaum abgegrenzter Zentralzylinder. B: Wurzelquerschnitt einer Pappel aus Hydrokultur unter 5 mM Ca2+-Versorgung;
typische kompakte Gewebestruktur mit deutlich ausgeprägtem Zentralzylinder.
Ergebnisse
42
Blattgewebe:
Auch im Blattgewebe zeigten sich bei der Pappelanzucht ohne Calcium in der Nährlösung im
Vergleich zu Pappeln, die optimal mit Calcium versorgt waren, deutliche Unterschiede in der
Anatomie. Wieder konnten im Grundgewebe des Leitbündels zahlreiche deutlich ausgeprägte
Interzellularen und ein tendenziell lockerer Gewebeverband beobachtet werden (Abb. 3.11
A); die auch hier als Kontrolle dienende Optimalvariante hingegen zeigte wiederum einen
kompakten Zellverband im Grundgewebe des Leitbündels und dadurch kaum Interzellularen
(Abb. 3.11 B).
A B
Abb. 3.11: A: Blattquerschnitt einer Pappel aus Hydrokultur unter 0 mM Ca2+-Versorgung mit
ausgeprägten Interzellularen im Grundgewebe des Leitbündels. B: Blattquerschnitt einer Pappel aus Hydrokultur unter 5 mM Ca2+-Versorgung;
kompakte Gewebestruktur mit kaum Interzellularen im Grundgewebe des Leitbündels.
Cambiales Gewebe und seine Derivate:
Um den Einfluss der Calciumernährung auf das Cambium und seine Derivate zu untersuchen,
wurden die cambiale Zone sowie die Gefäße und Fasern des Xylems an den
Sprossquerschnitten der unter unterschiedlicher Ca2+-Ernährung angezogenen Pappeln
lichtmikroskopisch analysiert (Abb. 3.12, 3.13, 3.14). Dabei konnten deutliche Unterschiede
in der Ausprägung der cambialen Zone und der Zellexpansionszone des Xylems festgestellt
werden. Nach sechs Wochen Wachstum in Hydrokultur unter Calciumabstinenz war die
cambiale Zone dieser Pappeln sehr gering ausgeprägt; sie betrug nur etwa drei Zellreihen in
radialer Richtung (Abb. 3.12 A, Doppelpfeil). Eine Expansionszone des Xylems war in
Ergebnisse
43
diesem Zellverband nicht mehr deutlich abzugrenzen, vielmehr konnte im Anschluss an die
cambiale Zone eine rasch einsetzende Verholzung der Faserzellen durch die
Sekundärwandbildung beobachtet werden (Abb. 3.12 A).
Im Gegensatz zur Nullvariante zeigte die Kontrollvariante mit 5 mM Ca2+ in der Nährlösung
eine deutlich andere Ausprägung des cambialen Meristems und der Expansionszone; die
cambiale Zone umfasste hier etwa sieben bis acht Zellreihen in radialer Richtung (Abb. 3.12
B) und repräsentierte damit eine aktives Cambium, wie es in der Pappel im Frühjahr zu finden
ist. Die Expansionszone, in der die Gefäße und Fasern ihre Länge, ihren Durchmesser und ihr
Volumen festlegen, betrug in der Kontrollvariante etwa sieben im Anschluss an die cambiale
Zone radial aufeinander folgende Zellreihen (Abb. 3.12 B, lang gezogener Doppelpfeil), an
die sich zentripetal die Sekundärwandbildung anschloss.
A B
Abb. 3.12: Querschnitt durch Pappelstamm A: unter Ca2+-Abstinenz in der Nährlösung Reduktion der
cambialen Zone auf ca. drei Zellreihen in radialer Richtung (Doppelpfeil); cambiumnahe Sekundärwandbildung. B: normal mit Ca2+ versorgte Pappel mit ausgeprägter cambialer Zone
(kurzer Doppelpfeil) und ausgeprägter Zellexpansionszone (langer Doppelpfeil) mit anschließender Sekundärwandbildung.
Die lichtmikroskopischen Untersuchungen des neu gebildeten Holzgewebes ergaben neben
einem generellen Rückgang der Holzbildung unter Ca2+-Abstinenz (Abb. 3.13 C) auch eine
Veränderung der Gefäßquerschnittsflächen (Abb. 3.13 A und B). Die Gefäße im Xylem der
Ca2+-Nullvariante waren in direkter Nachbarschaft zu den gehäuft auftretenden Holzstrahlen
zu finden und wiesen eine durchschnittliche Gefäßgröße von nur etwa 400 µm² im
Querschnitt auf, wohingegen die durchschnittliche Gefäßquerschnittsfläche unter normaler
Ca2+-Versorgung der Pappeln mehr als das Doppelte betrug (Abb. 3.13 C).
Ergebnisse
44
A B
C
Abb. 3.13: Veränderungen der Gefäßquerschnittsflächen in Abhängigkeit des Ca2+-Gehalts in der Nährlösung. A: unter 0 mM Ca2+ in der Nährlösung; Gefäßlumina deutlich reduziert. B: unter optimaler Ca2+-Versorgung (5 mM Ca2+). C: graphische Darstellung der Unterschiede in der
Gefäßgröße (n=170) und im Holzzuwachs (n=4) unter Ca2+-Abstinenz und Ca2+-Optimalversorgung.
Calcium-abhängige Veränderungen im Xylem beschränkten sich nicht nur auf die
Gefäßbildung und ~Ausformung, sondern ließen sich auch an den Fasern beobachten.
Mazerierte Libriformfasern aus dem Xylem von Pappeln, welche für sechs Wochen unter
0,1 mM Ca2+, 1 mM Ca2+ oder 5 mM Ca2+ in Hydrokultur angezogen worden waren, ließen
eine deutliche Abhängigkeit zwischen der Ca2+-Versorgung in der Nährlösung und dem
Faserlängenwachstum erkennen (Abb. 3.14). Von durchschnittlichen 0,52 mm Faserlänge der
jungen Libriformfasern unter optimalen Nährstoffbedingungen konnte unter reduzierter Ca2+-
Ernährung ein Rückgang auf 0,47 mm Faserlänge und unter minimierter Ca2+-Ernährung auf
nur durchschnittliche 0,38 mm festgestellt werden. Damit ließ sich ein Einfluss von Calcium
auf die Faserlänge nachweisen, da mit abnehmender Ca2+-Versorgung in der Nährlösung auch
die Faserlänge abnahm.
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Gefäßgröße Holzzuwachs
Gef
äßgr
öße
in µ
m²
Hol
zzuw
achs
in µ
m
■ 0 m M Ca
■ 5 mM Ca
Ergebnisse
45
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
5 mM Ca 1 mM Ca 0,1 mM Ca
Fase
rläng
e in
mm
Abb. 3.14: Abhängigkeit der Faserlänge von der Ca2+-Ernährung. Oben: Abnahme der durchschnittlichen Faserlänge mit Abnahme des Ca2+-Gehalts in der Nährlösung (n=120);
Student’scher T-Test: P≤0,1. Unten: Mazerierte Libriformfasern unter dem Lichtmikroskop.
3.3.2 Im Freiland
Vergleichende Untersuchungen zur Gefäßentwicklung an P. trichocarpa - Stecklingen, die
unter den gleichen Nährstoffbedingungen im Freiland angezogen worden waren, ergaben
hinsichtlich der Gefäßgröße ein ähnliches Verteilungsbild. Nachdem zwei Pappeln pro
Variante am Ende der Wachstumsperiode auf die Gefäßquerschnittsflächen im neu gebildeten
Jahrring hin vermessen wurden, jeweils ca. 1050 Gefäße pro Variante, konnte man ebenfalls
eine Tendenz zur reduzierten Gefäßquerschnittsfläche bei Ca2+-Abnahme in der Nährlösung
entdecken (Abb. 3.15). So lag die Querschnittsflächenklasse mit der größten absoluten
Häufigkeit bei der minimal mit Ca2+ versorgten Variante bei 400 µm², wohingegen sie bei der
reduzierten Variante auf 1000 µm² anstieg. Bei der Normalvariante (5 mM Ca2+) lag die
größte absolute Häufigkeit ebenfalls bei 400 µm², jedoch erstreckten sich hier die
Querschnittsflächenklassen mit absoluten Häufigkeiten > 130 auf die Klassen 400 µm² bis
5 mM Ca 1 mM Ca 0,1 mM Ca
Ergebnisse
46
1200 µm² , während sie sich bei der Ca2+-Minimalvariante auf die Klassen 400 µm² bis 800
µm² beschränkten und somit die Tendenz zu kleineren Gefäßgrößen bei abnehmender Ca2+-
Versorgung in der Nährlösung sich wieder bestätigt zeigt.
Abb. 3.15: Häufigkeitsverteilung der Gefäßquerschnittsfläche bei
unterschiedlicher Calciumernährung (n=1050).
Ergebnisse
47
3.4 Bedeutung der Calciumernährung für die Ultrastruktur und die
Zellwandchemie der Pappel
3.4.1 Ultrastruktur des Cambiums und des Blattes
In Ergänzung zu den anatomischen Untersuchungen der Lichtmikroskopie wurden
ultrastrukturelle Untersuchungen am Transmissionselektronenmikroskop (TEM)
durchgeführt. Zwischen den unter Ca2+-Abstinenz in Hydrokultur angezogenen P. tremula x
P. tremuloides und der entsprechenden Kontrollvariante (5 mM Calcium) ergaben sich dabei
in der Ultrastruktur der cambialen Zellen sowie in den verschiedenen Geweben der Blätter
bemerkenswerte Unterschiede.
Wie die lichtmikroskopischen Untersuchungen bereits andeuteten, war unter optimaler Ca2+-
Versorgung (5 mM) die cambiale Zone mit etwa 7-8 Zellreihen in radialer Richtung stark
entwickelt. Zudem konnte unter elektronenmikroskopischer Betrachtung auch eine
ausgeprägte Vakuolisierung des cambialen Cytoplasmas festgestellt werden (Abb. 3.16 A und
B). Das cambiale Gewebe entsprach mit dieser Ultrastruktur der typischen Erscheinungsform
eines aktiven Cambiums der Pappel (Arend und Fromm, 2003).
Im Gegensatz dazu war unter Ca2+-Abstinenz in der Nährlösung nur eine geringe Ausprägung
der cambialen Zone in radialer Richtung festzustellen; der cytoplasmatische Anteil in diesen
Zellen war deutlich erhöht, die Vakuolen waren zahlreich, aber nur in geringer Größe
vertreten (Abb. 3.16 C und D). Mit diesem Erscheinungsbild entsprach das unter Ca2+-
Abstinenz gebildete cambiale Gewebe eher der typischen Ausprägung eines Pappelcambiums
während der Dormanz (Arend und Fromm, 2003).
Ergebnisse
48
A B
C D
Abb. 3.16: Einfluss der Calciumernährung auf die Ultrastruktur cambialer Zellen. A. Ausgeprägte cambiale Zone unter optimaler Ca2+-Versorgung.
B. Unter optimaler Ca2+-Versorgung nimmt die Vakuole nahezu den gesamten Zellraum ein; das Cytoplasma bildet nur einen schmalen Saum an der Innenseite der Zellwände.
C. Reduzierte cambiale Zone unter Ca2+-Abstinenz in der Nährlösung. D. Unter Ca2+-Abstinenz nimmt das Cytoplasma nahezu den gesamten Zellraum ein und beinhaltet
viele kleine Vakuolen. Abkürzungen: CZ - cambiale Zone; Ph - Phloem; V - Vakuole; X - Xylem
Ergebnisse
49
Nicht nur in der Ultrastruktur der cambialen Zellen konnten unter Ca2+-Abstinenz
Veränderungen wahrgenommen werden, sondern auch in der Ultrastruktur der Blattgewebe.
In den primären Leitbündeln der Blätter konnten zwar in der Ausprägung des Phloems und
des Xylems keine signifikanten Veränderungen festgestellt werden, jedoch konnten unter
Ca2+-Abstinenz keine Calcium-Oxalat-Kristalle im Grundgewebe der Blattadern beobachtet
werden, wie sie im Gegensatz dazu in den optimal mit Calcium versorgten Blättern im
Grundgewebe der Blattadern häufig zu finden waren (Abb. 3.17).
A B
Abb. 3.17: Einfluss der Calciumernährung auf die Ultrastruktur der Blattadern. A. Querschnitt durch Phloem und Grundgewebe einer optimal mit Calcium (5 mM) versorgten
Blattader; deutliche Ansammlung von Ca2+-Oxalat-Kristallen im Grundgewebe (Pfeile). B. Querschnitt durch Phloem und Grundgewebe einer Blattader unter Ca2+-Abstinenz; im
Grundgewebe sind keine Ca2+-Oxalat-Kristalle festzustellen. Abkürzungen: GG - Grundgewebe der Blattadern; Ph - Phloem der Blattadern.
Ergebnisse
50
Weitere Veränderungen im Blattgewebe ließen sich unter Ca2+-Abstinenz an den
Mesophyllzellen beobachten. Einlagerungen von Stärkekörnern in den Chloroplasten, wie sie
unter optimaler Nährstoffversorgung gehäuft auftraten, waren in den Chloroplasten der unter
Ca2+-Abstinenz gebildeten Mesophyllzellen nicht, bzw. nur sehr selten, zu beobachten (Abb.
3.18).
A B
Abb. 3.18: Einfluss der Calciumernährung auf die Ultrastruktur der Mesophyllzellen. A. Typisches Bild der Mesophyllzellen unter optimaler Nährstoffversorgung; in den Chloroplasten
sind häufig Einlagerungen von Stärkekörnern (S) zu beobachten (Pfeile). B. Typisches Bild der Mesophyllzellen unter Ca2+-Abstinenz in der Nährlösung; in den Chloroplasten
sind keine Stärkeeinlagerungen festzustellen.
3.4.2 Chemie der Zellwand
Um einen möglichen Einfluss der Calciumversorgung auf die chemische Zusammensetzung
der Zellwände zu überprüfen, wurden die unter verschiedenen Ca2+-Regimen in Hydrokultur
angezogenen Pappeln (P. tremula x P. tremuloides) mittels FTIR-Spektroskopie untersucht.
Dabei wurde zwischen Proben des Xylemgewebes und der Rinde unterschieden; aus
technischen Gründen konnten Strahl- und Markzellen jedoch nicht aus den Holzproben
separiert werden, ebenso wie die Rindenproben auch das Phloem und Cambium umfassten.
Ergebnisse
51
Die Absorptionsbanden der Proben (n=5) wurden auf der Grundlage der Absorptionsintensität
von Kaliumthiocyanat, welches mit der Wellennummer 2050 cm-1 als interner Standard
fungierte, berechnet (Nakano und Miyazaki 2003, Wiberley et al. 1957, Fraser 1959).
Bei einer Betrachtung der Absorptionsspektren von Xylemproben konnte festgestellt werden,
dass es durchaus eine Abhängigkeit in der chemischen Zusammensetzung der Holzzellwand
von der Calciumversorgung über die Nährlösung gibt. Für den Spektrenbereich zwischen
4000 und 450 cm-1 konnte unter Calciumabstinenz in der Nährlösung im Vergleich zu der
optimal mit Ca2+ versorgten Variante ein Rückgang in der Absorption nahezu aller
funktioneller Gruppen des Xylems beobachtet werden (Abb. 3.19).
Abb. 3.19: Vergleichende Darstellung zweier FTIR-Spektren von Holzproben (n=5) im Wellenzahl-Bereich 4000 cm-1 bis 450 cm-1. Unter Calciumabstinenz in der Nährlösung (schwarze Linie) ist im
Vergleich zur Ca-Optimalversorgung (grüne Linie) ein allgemeiner Rückgang der Zellwandkomponenten zu beobachten. Interner Standard bei 2050 cm-1.
Um die Unterschiede in den funktionellen Gruppen der Holzzellwände besser ersichtlich zu
machen, ist in Abbildung 3.20 ein Ausschnitt (Wellenzahl-Bereich 1800 cm-1 bis 800 cm-1)
der obigen Darstellung gegeben.
Ergebnisse
52
Abb. 3.20: Vergleichende Darstellung zweier FTIR-Spektren von Holzproben (n=5) im Wellenzahl-Bereich 1800 cm-1 bis 800 cm-1. Unter Ca-Abstinenz deutliche Reduktion der Methoxy-Gruppen des
S-Lignins bei Wellenzahl 1330 cm-1 sowie verschiedener Acetylgruppen bei Wellenzahlen 1240 cm-1, 1380 cm-1 und 1740 cm-1.
Die Wellenzahl 1330 cm-1 repräsentiert eine S-Lignin - spezifische Methoxygruppe; der
Rückgang in dieser Bande deutet somit einen Rückgang des S-Ligningehalts in
Holzzellwänden unter Calciumabstinenz in der Nährlösung an. Des weiteren konnten unter
Ca2+-Abstinenz Rückgänge in C-O Doppelbindungen (1740 cm-1), in C-O Bindungen
(1240 cm-1) und in C-H Bindungen (1380 cm-1) von Acetylgruppen festgestellt werden.
Nachdem die Unterschiede im chemischen Aufbau der Holzzellwand zwischen den optimal
mit Ca2+ versorgten und den unter Ca2+-Abstinenz angezogenen Pappeln deutlich
hervortraten, sollte in einem weiteren Schritt untersucht werden, ob es für einen Rückgang der
beobachteten Absorption einen Schwellenwert bei der Calciumernährung gibt. Aus diesem
Grund wurden Holzproben aus minimal mit Ca2+ (0,1 mM) versorgten Pappeln denen aus
Calciumabstinenz gegenübergestellt (Abb. 3.21).
Ergebnisse
53
Abb. 3.21: Vergleichende Darstellung zweier FTIR-Spektren von Holzproben (n=5) im Wellenzahl-
Bereich 1800 cm-1 bis 800 cm-1. Im Vergleich zur minimal mit Ca versorgten Variante ist immer noch ein Rückgang fast aller funktioneller Gruppen unter Ca2+-Abstinenz festzustellen, insbesondere der Methoxy-Gruppen des S-Lignins bei der Wellenzahl 1330 cm-1 sowie verschiedener Acetylgruppen
bei den Wellenzahlen 1240 cm-1, 1380 cm-1 und 1740 cm-1.
Auch bei diesem Vergleich der Infrarotspektren beider Varianten zeigte sich ein Rückgang in
der Absorption zwischen der minimierten und der Abstinenzvariante, wenngleich dieser im S-
Lignin (1330 cm-1) und in der C-H Bindung (1380 cm-1) deutlich schwächer ausgeprägt war
als im Vergleich zur Optimalversorgung.
Jedoch nicht nur im Zellwandaufbau des Holzes ergaben sich calciumabhängige
Veränderungen; auch in der Rinde konnte bei unter Calciumabstinenz gewachsenen Pappeln
ein offensichtlicher Rückgang in der Absorption der Spektren festgestellt werden (Abb. 3.22).
Ergebnisse
54
Abb. 3.22: Vergleichende Darstellung zweier FTIR-Spektren von Rindenproben (n=5) im Wellenzahl-
Bereich 4000 cm-1 bis 450 cm-1. Unter Calciumabstinenz in der Nährlösung (punktierte Linie) ist im Vergleich zur optimal mit Calcium versorgten Variante deutlich ein allgemeiner Rückgang der
Absorption bei fast allen funktionellen Gruppen zu beobachten. Interner Standard bei 2050 cm-1.
Bei den vergleichenden Untersuchungen der Rindenspektren wurde eine signifikante
Reduktion bei der Wellenzahl 1640 cm-1 deutlich. Diese Bande repräsentiert in IR-Spektren
von Zellwänden eine C=O Doppelbindung im Lignin, wie sie beispielsweise in Aryl-Ketonen
vorzufinden ist. In direkter Nachbarschaft zu dieser Wellenzahl absorbiert Coniferylaldehyd
(1652 cm-1), welches somit ebenfalls als unter Ca2+-Abstinenz reduziert gelten kann.
Ergebnisse
55
3.5 Elektrische Signalleitung der Pappel
3.5.1 Signalleitung an Populus trichocarpa
Um die elektrische Signalleitung an der Pappel zu untersuchen, wurden junge Triebe von im
Freiland wachsenden Bäumen (Populus trichocarpa) geerntet und sogleich unter einem
Faraday’schen Käfig mit der Schnittstelle in ein Gefäß mit artificial pondwater (APW)
gestellt. Die für die Messungen geernteten oberen Triebbereiche waren etwa 20 cm lang und
mit mindestens sechs Blättern belaubt, an deren Blattunterseite reichlich für die
Aphidentechnik notwendige Blattläuse zu finden waren. Das oberste Messblatt war stets in
seiner Blattfläche ausgewachsen. Für die Messungen der Signalleitung wurde folgender
Versuchsaufbau eingehalten (Abb. 3.23):
Abb. 3.23: Experimenteller Versuchsaufbau zur Messung der elektrischen Potentiale in der Pappel. Hitzereizung erfolgte durch Stimulation mit einer Flamme an der Spitze von Blatt 1, sowie an der
Blattbasis von Blatt 4. Kältereizung erfolgte durch Stimulation mit Eiswasser an der Blattspitze von Blatt1, sowie an einem tiefer gelegenen Sprossabschnitt. Um die Reizleitung bei Distanzreizen zu
unterbrechen wurde am Spross ein mit Eiswasser gefüllter Trichter (Kälteblock) angebracht.
Ergebnisse
56
Bei Messungen im Mesophyll wurde die Spitze der Mikroelektrode in das Mesophyllgewebe
eingeführt. Das Ruhepotential der Mesophyllzellen lag stets bei den für diesen Gewebetyp
charakteristischen Werten von -80 mV bis -100 mV. Bei Messungen im Phloem wurde die
Mikroelektrodenspitze mit dem aus einem abgetrennten Lausrüssel austretenden Phloemsaft
kontaktiert; das Ruhepotential der Phloemzellen lag dabei stets bei Werten zwischen -116 mV
und -165 mV, was ebenfalls die für das Phloem charakteristische Größenordnung
widerspiegelt (Fromm 1991; Fromm und Bauer 1994).
3.5.1.1 Kältereizung mittels Eiswasser
Wie schon aus vielfachen Versuchen an verschiedenen Pflanzen bekannt ist, kann die
elektrische Erregbarkeit von Pflanzen generell durch Reizung mit Eiswasser überprüft
werden. Am Beispiel der Pappel konnte nun bei einer Stimulation der Blattspitze 1 mit
Eiswasser eine basipetale Signalleitung festgestellt werden (Abb. 3.24). Beide
Mikroelektroden verzeichneten auf die Reizung hin ein elektrisches Signal mit einer
hyperpolarisierenden Amplitude von etwa 25 mV in den Siebröhren des Phloems. Die
Signalleitungsgeschwindigkeit betrug bei diesen Untersuchungen 4 bis 8 mm s-1.
Abb. 3.24: Reizung der Blattspitze von Blatt 1 mit Eiswasser; basipetale Signalleitung
in den Siebröhren mit einer Geschwindigkeit von 4 - 8 mm s-1.
Im Gegensatz dazu konnten bei einer Reizung mit Eiswasser an einem tiefer gelegenen
Sprossabschnitt Aktionspotentiale gemessen werden, für die eine Depolarisation der
Zellmembran charakteristisch sind (Abb. 3.25). Diese bewegten sich über die
Plasmamembranen der Siebröhren mit einer ähnlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit acropetal
fort und wiesen dabei Amplituden zwischen 12 und 20 mV auf.
Ergebnisse
57
Abb. 3.25: Reizung am Spross mit Eiswasser; acropetale Signalleitung
in den Siebröhren mit einer Geschwindigkeit von 4 - 8 mm s-1.
Auch hier war drei bis vier Minuten nach der Reizinduktion das Ruhepotential in den
Membranen wiederhergestellt.
3.5.1.2 Hitzereizung mittels offener Flamme
Die Reizungen mit Feuer wurden mittels der offenen Flamme eines Gasfeuerzeugs
durchgeführt; dabei wurde die Flamme für ca. 3 Sekunden so nah an das Gewebe geführt, bis
die von ihr ausgehende Wärme die Zellstruktur sichtlich schädigte (Abb. 3.26).
Abb. 3.26: Beispielhafte Darstellung einer Membranpotentialmessung im Mesophyll bei Feuerreizung an der Blattspitze; Schädigung des Gewebes durch Hitze.
Ergebnisse
58
Bei einem Hitzereiz an der Blattspitze von Blatt 1 konnte sowohl an den beiden
Phloemmesspunkten, als auch im Mesophyll des gereizten Blattes ein basipetal fortlaufendes
elektrisches Signal festgestellt werden. Das Membranpotential hyperpolarisierte mit einer
Amplitude von etwa 25 mV, wobei sich das Signal mit einer Geschwindigkeit von etwa 1 bis
2 mm s-1 fortpflanzte (Abb. 3.27).
Abb. 3.27: Feuerreiz an der Blattspitze; basipetale Signaltransduktion eines hyperpolarisierenden elektrischen Signals im Phloem und im Mesophyll.
Ergebnisse
59
Bei einem Hitzereiz an der Blattbasis von Blatt 4 konnte sowohl an den beiden
Phloemmesspunkten, als auch im Mesophyll ein elektrisches Signal mit einer unregelmäßigen
Erscheinungsform und einer Amplitude von über 50 mV bei Depolarisation des
Membranpotentials aufgezeichnet werden (Abb. 3.28).
Abb. 3.28: Feuerreiz an der Blattbasis von Blatt 4; acropetale Signaltransduktion
eines depolarisierenden elektrischen Signals im Phloem wie im Mesophyll.
Die Leitungsgeschwindigkeit der Signale betrug auch hier 1 bis 2 mm s-1 und deckt sich somit
mit den basipetal gemessenen Leitungsgeschwindigkeiten nach Feuerreizung.
Bemerkenswert an den obigen Messungen ist unter anderem sicherlich, dass die sich basipetal
fortpflanzenden elektrischen Signale die Membranspannung hyperpolarisieren, wohingegen
sich acropetal fortpflanzende Signale die Plasmamembranen depolarisieren; diese Erkenntnis
gilt unabhängig von der Art der Reizung (Kälte- wie Hitzereiz).
Ergebnisse
60
3.5.1.3 Unterbrechung der elektrischen Signalleitung durch einen Kälteblock
Wie bereits an Mais gezeigt werden konnte, kann die Ausbreitung elektrischer Signale durch
das Anlegen eines Kälteblocks unterbunden werden (Koziolek et al., 2005). Um nach diesem
Prinzip die elektrische Signalleitung bei der Pappel zu unterbrechen wurde am Spross der
Versuchspflanzen oberhalb des zu reizenden Blattes ein Trichter befestigt, welcher mit
Eiswasser gefüllt wurde; somit konnte der jeweilige Sprossabschnitt auf konstante + 4°C
gekühlt werden (Abb. 3.29).
Abb. 3.29: Beispielhafte Darstellung des Versuchsaufbaus bei
Distanzsignalmessungen im Phloem mit angelegtem Kälteblock.
Nachdem die Blattbasis von Blatt 4 mit Feuer gereizt wurde, ergaben die Messungen im
oberhalb des Kälteblocks befindlichen Phloem nur eine leichte Membran-Depolarisierung an
beiden Messpositionen (Abb. 3.30).
Ergebnisse
61
Abb. 3.30: Acropetale Signalleitung nach Feuerreiz;
Messungen oberhalb eines Kälteblocks.
Zusätzlich zu diesen Versuchen an abgetrennten Trieben von P. trichocarpa wurden die oben
beschriebenen Messungen auch an intakten P. tremula x P. tremuloides durchgeführt; diese
unter optimaler Nährstoffversorgung in Hydrokultur angezogenen Pappeln wurden samt ihres
intakten Wurzelwerks in APW gestellt und wiesen bei der Signalleitung die gleichen
Resultate auf wie die oben gezeigten Triebspitzen aus P. trichocarpa.
3.5.1.4 Signalleitung an mit TEA+ behandelten Pappeln
Aufgrund der vom klassischen Signalleitungsmodell (vorübergehende Depolarisation des
Membranpotentials) abweichenden Hyperpolarisierung, wie sie bei basipetal fortlaufenden
elektrischen Signalen in der Pappel auftritt (s.o.), wurden P. trichocarpa - Triebe vor der
Feuerreizung für 24 Stunden mit Tetraethylamoniumchlorid (TEA+) behandelt; es wurde
dafür in 1 mM-Konzentration dem APW beigefügt. TEA+ ist ein Kaliumkanal-spezifischer
Blocker, der bei einem elektrischen Signal den K+-Ausstrom aus dem Cytoplasma unterbindet
(Thiel et al., 1996). Somit sollte getestet werden, ob die Hyperpolarisierung des
Membranpotentials durch einen K+-Ausstrom hervorgerufen wird.
Die mit TEA+ behandelten Pappeln zeigten nach einer basipetal gerichteten Signalinduktion
durch einen Feuerreiz an der Blattspitze 1 keine ausgeprägte Veränderung des
Membranpotentials im Phloemgewebe an den beiden Messpositionen Elektrode A und
Elektrode B (Abb. 3.31).
Ergebnisse
62
Abb. 3.31: Basipetale Signalleitung durch Feuerreizung an der Blattspitze 1 nach TEA+-Behandlung
des Sprosses; lediglich an der Elektrode A ist als Reaktion auf das elektrische Signal eine sehr schwache Hyperpolarisierung im Membranpotential festzustellen.
Mit dieser Versuchsreihe konnte auch für ein hyperpolarisierendes Membranpotential die
Abhängigkeit des elektrischen Signals von der Kaliumkanalaktivität belegt werden.
3.5.2 Signalleitung an Calcium-mangelversorgten Pappeln (P. tremula x P. tremuloides)
Über die Ionenabhängigkeit der pflanzlichen Erregbarkeit sind aus der Literatur zahlreiche
Arbeiten bekannt, z. B. bei Characeen (Tazawa et al. 1987) und der Korbweide (Fromm and
Spanswick, 1993).Um weitere Informationen über die am Aufbau der elektrischen Signale
beteiligten Ionenflüsse bei der Pappel zu bekommen wurden unter Ca2+-Mangel (0,1 mM) in
Abb. 3.36: Relative Kalium- und Chloridgehalte der Stomata im geöffneten und im geschlossenen
Zustand, berechnet aus den Peak-Werten von je fünf Spektren. Im geschlossenen Zustand senkte sich die Chloridkonzentration auf 70%, die Kaliumkonzentration auf 60% des Gehaltes im geöffneten
Zustand.
Beide Ionengehalte lagen in geschlossenen Stomata mit deutlich niedrigerer Konzentration
vor als in geöffneten Stomata. Der Kaliumgehalt in den offenen Schließzellen belichteter
Blätter betrug demnach die 1,6-fache Konzentration dessen der geschlossenen Schließzellen;
der Chloridgehalt in den Stomata betrug im geöffneten Zustand das 1,4-fache des
Chloridgehaltes bei Dunkelheit. Diese Unterschiede in den Ionenkonzentrationen zwischen
beiden Zuständen zeigen, dass K+ und Cl- eine große osmotische Bedeutung bei der
Schließzellenbewegung haben. Die schnelle Öffnungsgeschwindigkeit der Pappel-
schließzellen lässt sich durch die elektrischen Eigenschaften der K+-Aufnahmekanäle
erklären. Mikroelektrodenmessungen in Schließzellen von intakten Blättern zeigten, dass die
K+-Einwärtsströme eine hohe Stromdichte von 4,4 pA µm-2 Schließzellenoberfläche hatten.
Diese Stromdichte sowie die Zahl der aktiven K+-Kanäle ist wesentlich höher als in
Schließzellen anderer Pflanzenarten (Langer et al., 2004).
Ergebnisse
67
3.7 Der Einfluß der elektrischen Signalleitung auf den Blattgaswechsel
der Pappel: stomatäre Leitfähigkeit für Wasserdampf und
Dunkelreaktion der Photosynthese
3.7.1 Bei getopften Populus trichocarpa - Pflanzen
Um die Auswirkungen der elektrischen Signale auf den Blattgaswechsel der Pappel zu
untersuchen wurden triebspitzennahe, bereits vollständig ausdifferenzierte Blätter getopfter
Populus trichocarpa in einer Klimakammer gemessen. Auch hier wurde wieder zwischen
basipetal gerichteten Kurzstreckensignalen innerhalb desselben Blattes und zwischen
acropetalen, sich über den Spross hinweg fortpflanzenden Distanzsignalen unterschieden. Die
im Folgenden dargestellten Messungen stehen repräsentativ für alle im Anhang aufgeführten.
Bei einer Verwundung des Blattgewebes durch einen Hitzereiz an der Messblattspitze mit
einer Distanz von 3 cm zur Gaswechselküvette (Abb. 3.37 A) konnte 30 Sekunden nach
Stimulation ein starker Abfall der CO2 - Aufnahmerate (JCO2) festgestellt werden (Abb. 3.37
B); innerhalb von 200 Sekunden fiel JCO2 von etwa 1,6 µmol m-2 s-1 auf Werte um -0,4 µmol
m-2 s-1, bevor sie sich nach etwa einer Minute wieder in Richtung auf ihren Ausgangszustand
hin erholte. Die ursprünglichen Werte konnten im Laufe der Messung jedoch nicht wieder
erreicht werden. Weiteren Beobachtungen zufolge stellten sich diese jedoch nach etwa 30
Minuten wieder ein.
Im Gegensatz zu der CO2 - Aufnahmerate konnte für die stomatäre Leitfähigkeit für
Wasserdampf (g H2O) nach Stimulation der Blattspitze durch einen Hitzereiz keine signifikante
Änderung in den Gaswechselwerten festgestellt werden. Auch nach der Reizung bewegten
sich hier die Werte zwischen 110 und 125 mmol m-2 s-1 (Abb. 3.37 B).
Ergebnisse
68
A
B
Abb. 3.37: Einfluss von Kurzstreckensignalen aus Hitzereizung auf den Gaswechsel des gereizten Blattes. A: Versuchsaufbau; basipetale Signalleitung durch Hitzereiz an der Messblattspitze zum
Zeitpunkt 0. B: Gaswechselmessung; 30 s nach Stimulation deutlicher Abfall von JCO2.
Bei einer acropetalen Signalleitung über den Spross konnten ähnliche Reaktionen im
Gaswechsel des triebspitzennahen Messblattes festgehalten werden. Nach Verwundung der
Blattbasis des unteren Blattes in über 10 cm Entfernung durch einen Hitzereiz (Abb. 3.38 A)
konnte 140 Sekunden nach der Stimulation am oberen Messblatt ein starker Abfall der CO2 -
Aufnahmerate verzeichnet werden. Auch hier bewegte sich JCO2 gegen Null und verharrte für
etwa zwei Minuten auf diesem Tiefpunkt, bevor sich der Wert wieder langsam seinem
ursprünglichem Niveau von 1,4 µmol m-2 s-1 näherte (Abb. 3.38 B). Ähnlich wie bei der
Kurzstreckensignalleitung wurde auch hier im Gegensatz zur CO2 - Aufnahmerate keine
signifikante Änderung der stomatären Leitfähigkeit festgestellt; die Werteskala für gH2O
bewegte sich auch während dieses Versuchs unverändert zwischen 110 und 125 mmol m-2 s-1.
Ergebnisse
69
A
B
Abb. 3.38 : Einfluss von Distanzsignalen aus Hitzereizung auf den Gaswechsel des >10 cm entfernten Messblatts. A: Versuchsaufbau; acropetale Signalleitung durch Hitzereiz an der Blattbasis eines
unteren Blattes zum Zeitpunkt 0. B: Gaswechselmessung; 140 s nach Stimulation deutlicher Abfall von JCO2 des Messblatts.
Ergebnisse
70
Die interne CO2-Konzentration stieg während des Rückgangs in der CO2-Aufnahme sowohl
bei acropetal, wie auch bei basipetal gerichteter Signalleitung um circa 25 ppm
antiproportional zu JCO2 an (Abb. 3.39).
A B
Abb. 3.39: Interne CO2-Konzentration (ci) bei Kurzstreckensignalen (A) sowie bei Distanzsignalen (B) aus Hitzereizung. Werte resultieren aus den gleichen Messungen wie
Abb. 3.37 B, bzw. Abb. 3.38 B.
Um die Abhängigkeit des rapiden Abfalls von JCO2 von der elektrischen Signalleitung nach
Verwundung durch einen Hitzereiz zu überprüfen, wurde am Sprossabschnitt zwischen dem
zu verletzenden Blatt und dem Messblatt eine Kälteblock angelegt; hierfür wurde ein mit
Eiswasser gefüllter Trichter an dem Sprossabschnitt befestigt und dieser somit auf konstante
+ 4°C gekühlt (Abb. 3.40 A). Bei einer Hitzereizung der Blattbasis des unteren Blattes wurde
dadurch die elektrische Signalleitung in acropetale Richtung reduziert (Abb. 3.30); die CO2 -
Aufnahmerate sowie die stomatäre Leitfähigkeit für Wasserdampf des Messblattes zeigten
daraufhin keine Veränderung (Abb. 3.40 B). Damit konnte der kausale Zusammenhang des
Abfalls von JCO2 mit der elektrischen Signalleitung eindeutig in Verbindung gebracht werden.
Ergebnisse
71
A
B
Abb. 3.40: Auswirkung eines Kälteblocks auf den Gaswechsel bei acropetaler Signalleitung nach Reizinduktion durch Verwundung eines Blatts. A: Versuchsaufbau; Feuerreizung an der Blattbasis
des unteren Blattes. Das elektrische Signal wird durch einen Kälteblock am Spross gehemmt. B: Gaswechselmessung; keine signifikanten Veränderungen in JCO2 nach Stimulation
des unteren Blattes zum Zeitpunkt 0.
3.7.2 Bei unterschiedlicher Calciumernährung von Populus tremula x Populus
tremuloides
Um die Erkenntnisse der Auswirkungen der elektrischen Signalleitung auf den Gaswechsel
um den Einfluss der Calciumernährung zu erweitern, wurden unter verschiedenen Ca2+-
Regimen in Hydrokultur angezogene P. tremula x P. tremuloides untersucht. Bei den beiden
untersuchten Varianten handelte es sich um eine Calcium-Minimalversorgung (0,1 mM Ca2+)
und um eine Calcium-Normalversorgung (5 mM Ca2+). Da die Blätter bei diesen in
Hydrokultur angezogenen Pappeln unter Calciummangel sehr klein waren, musste auf eine
Ergebnisse
72
Gaswechselmessung bei basipetaler Signalleitung durch Hitzereiz an der Messblattspitze
verzichtet werden.
Die unter normaler Ca2+-Versorgung angezogenen Pappeln zeigten bei einer Hitzereizung an
der Blattbasis des unteren Blattes im Gaswechsel des Messblatts einen Abfall in der CO2-
Aufnahmerate von ursprünglichen 1,5 µmol m-2 s-1 auf nur mehr 0,7 µmol m-2 s-1 (Abb. 3.41
B). Diese Reaktion, ebenso wie die zeitliche Verzögerung von 120 Sekunden zwischen
Stimulation und Reaktion im Gaswechsel, korrelierten somit sehr gut mit den an getopften P.
trichocarpa beobachteten Reaktionen. Auch bei den in Hydrokultur angezogenen Pappeln
konnte eine Veränderung der stomatären Leitfähigkeit durch ein elektrisches Signal nicht
festgestellt werden. Die generell niedrigen Werte für g H2O von etwa 25 mmol m-2 s-1 lassen
sich durch die Anzucht in einem geschlossenen Raum unter Lichtbedingungen von
ca. 100 µmol m-2 s-1 PPFD erklären.
A
B
Abb. 3.41: Einfluss eines acropetalen Distanzsignals aus Hitzereizung auf den Gaswechsel von normal versorgten Pappeln aus einer Hydrokultur (5mM Ca2+). A: Versuchsaufbau; acropetale
Signalleitung durch Hitzereiz an der Blattbasis eines unteren Blattes zum Zeitpunkt 0. B: Gaswechselmessung; 120 s nach Stimulation deutlicher Abfall von JCO2 des Messblatts.
Ergebnisse
73
Im Gegensatz zu der obigen Reaktion zeigten Hydrokulturpflanzen, welche unter einer
minimalem Ca2+-Versorgung angezogen wurden, auf eine acropetales Distanzsignal über den
Spross hinweg keine Veränderungen im Blattgaswechsel (Abb. 3.42 B). Sowohl die CO2-
Aufnahmerate, als auch die stomatäre Leitfähigkeit zeigten nach der Stimulation zum
Zeitpunkt 0 keine signifikanten Änderungen und verblieben weiterhin in ihren
Wertebereichen von etwa 1,7 µmol m-2 s-1 (JCO2), bzw. 40 mmol m-2 s-1 (g H2O).
A
B
Abb. 3.42: Einfluss eines acropetalen Distanzsignals aus Hitzereizung auf den Gaswechsel von
minimal mit Calcium versorgten Pappeln aus einer Hydrokultur (0,1mM Ca2+). A: Versuchsaufbau; acropetale Signalleitung durch Hitzereiz an der Blattbasis eines unteren Blattes.
B: Gaswechselmessung; keine signifikante Änderung von JCO2 und g H2O nach Stimulation durch einen Hitzereiz an der Blattbasis eines unteren Blattes zum Zeitpunkt 0.
Ergebnisse
74
3.8 Auswirkung der elektrischen Signalleitung auf die Lichtreaktionen
der Photosynthese der Pappel
Der Einfluss von elektrischen Signalen auf verschiedene Prozesse der Pflanzenphysiologie ist
seit ihrer Entdeckung ein Forschungsbereich, der weltweit schon viele Botaniker faszinierte.
Jedoch erst in jüngster Vergangenheit gelang es anhand von Mimosa pudica einen
Zusammenhang zwischen elektrischen Signalen und der Photosynthese aufzudecken
(Koziolek et al., 2004).
Um mögliche Auswirkungen der elektrischen Signale auf die Lichtreaktionen der
Photosynthese der Pappel zu überprüfen, wurde ein Chlorophyll Fluorometer der Firma Walz
(Heinz Walz GmbH, Effeltrich, Deutschland), das Imaging-PAM, verwendet. Mit Hilfe dieses
Gerätes konnte die Quantenausbeute der Energieumwandlung des Photosystems II räumlich
wie zeitlich aufgelöst werden.
Die noninvasiven Messungen wurden an triebspitzennahen, ausdifferenzierten Blättern
intakter Pflanzen (Populus trichocarpa) durchgeführt, die in ihrer Position mit der Skizze
3.23 in Kapitel 3.5.1 vergleichbar waren.
Mittels einer Flamme wurde die Blattspitze des Messblattes (Blatt 1) gereizt. Die Distanz zur
gemessenen Blattfläche in der Messblattmitte betrug ca. 3 cm. Dort wurde 80 Sekunden nach
der Stimulation an der Blattspitze eine einsetzende Abnahme in der photosynthetischen
Quantenausbeute des PSII deutlich, welche sich innerhalb von 160 Sekunden von den
ursprünglichen Werten um 0,6 , in der Falschfarbendarstellung blau angezeigt, auf Werte um
0,2 , in der Falschfarbendarstellung gelb angezeigt, substanziell reduzierte (Abb. 3.43). Die
photosynthetische Reaktion auf das sich basipetal fortsetzende elektrische Signal zeigt somit
eine deutliche Verzögerung zu dem eigentlichen elektrischen Signal, welches an der
Elektrode A bereits zwei Sekunden, an der Elektrode B 60 Sekunden nach der Stimulation der
Blattspitze aufgezeichnet werden konnte. Nachdem die Quantenausbeute ihr Minimum nach
etwa 300 Sekunden erreicht hatte, begann sie wieder in Richtung auf ihren Ausgangswert
anzusteigen.
Ergebnisse
75
Abb. 3.43: Räumliche und zeitliche Veränderungen in der photosynthetischen Quantenausbeute des PSII; ∆F/F´m. Die Bildausschnitte (22 x 17 mm) zeigen die Blattmitte des Messblattes 1. Stimulation der Messblattspitze durch Hitzereiz zum Zeitpunkt 0s; Distanz 3 cm. Erste Veränderungen in ∆F/F´m
nach 80 Sekunden.
Die Abbildung 3.44 zeigt im Gegensatz dazu die photosynthetischen Reaktionen im
Pappelblatt auf ein Distanzsignal. Nachdem die Blattbasis von Blatt 4 mit einem Hitzereiz
stimuliert wurde, war 240 Sekunden später in der Blattmitte von Blatt 1 ein Rückgang der
photosynthetischen Quantenausbeute festzustellen. Dabei wurde beobachtet, dass die
Blattadern von Blatt 1 zuerst auf das Signal reagierten, die Intercostalfelder zeitlich verzögert
(Abb. 3.45 B), was darauf schließen lässt, dass sich das acropetal fortpflanzende elektrische
Signal über die Blattadern ins Mesophyll ausbreitet; dort konnte nach 360 Sekunden eine
Reduktion der Quantenausbeute von ca. 0,6 auf ca. 0,2 festgestellt werden. Auch bei diesem
Distanzsignal konnte eine deutliche Verzögerung der Reaktion in der Fluoreszenz im
Vergleich zum elektrischen Signal, welches bereits 80 Sekunden nach Stimulation an der
Elektrode A aufgezeichnet werden konnte (vgl. Kapitel 3.5.1.2, Abb. 3.28), gemessen werden.
Die Reaktion in der Fluoreszenz erreichte auf der einen Blattseite von Blatt 1 ihr Maximum
etwa 420 Sekunden nach der Stimulation (Abb. 3.44, offener Pfeil), bevor sie sich wieder
ihrem Ursprungswert annäherte.
Getrennt durch die Mittelrippe erreichte die gegenüberliegende Blattseite ihren minimalen
Wert in der photosynthetischen Quantenausbeute erst nach etwa 600 Sekunden, welcher dann
ebenfalls bei 0,1 bis 0,2 lag (Abb. 3.44, geschlossener Pfeil).
Ergebnisse
76
Abb. 3.44: Räumliche und zeitliche Veränderungen in der photosynthetischen Quantenausbeute des PSII; ∆F/F´m. Die Bildausschnitte (22 x 17 mm) zeigen die Blattmitte von Blatt 1. Stimulation der Blattbasis von Blatt 4 durch Hitzereiz zum Zeitpunkt 0 s; Distanz 11 cm. Erste Veränderungen in
∆F/F´m nach 240 Sekunden.
Bei näherer Betrachtung des basipetal laufenden Kurzstreckensignals und des acropetal
laufenden Distanzsignals wird hinsichtlich der zeitlichen Reaktion in der Fluoreszenz ein
weiterer Unterschied deutlich. Wie in Abbildung 3.45 A ersichtlich ist, löst das durch
Hitzereiz an der Messblattspitze induzierte elektrische Signal eine simultane Reaktion in der
Ergebnisse
77
Fluoreszenz, sowohl in der Blattnervatur, als auch in den Intercostalfeldern, aus; in beiden
Bereichen des Blattes wird in 4 cm Entfernung zum verwundeten Blattgewebe nach 160
Sekunden ein gleichzeitig einsetzender Rückgang der photosynthetischen Quantenausbeute
gemessen. Ein anderes Bild jedoch lässt sich bei genauerer Betrachtung des acropetal
laufenden Distanzsignals erkennen. Hier war nach Reizung der Blattbasis von Blatt 4 in der
Blattmitte von Messblatt 1 deutlich zu erkennen, dass die Reaktion in der Fluoreszenz zuerst
in den Blattadern erfolgte, bevor sie auf die benachbarten Intercostalfelder überging (Abb.
3.45 B, vergrößerter Ausschnitt). Sie trat dort mit einer ca. 60-sekündigen Verzögerung auf.
Abb. 3.45: Kinetik der Veränderungen in der photosynthetischen Quantenausbeute des PSII, ∆F/F´m,
gemessen mittels Fluoreszenz Imaging-PAM in der Blattmitte von Messblatt 1. Die Graphen repräsentieren in ihren Farben die Flächen von Adern und angrenzenden Intercostalfeldern, wie sie in
den unteren Darstellungen abgebildet sind. A Hitzereiz an der Messblattspitze zum Zeitpunkt 0. B Hitzereiz an der Blattbasis von Blatt 4 zum Zeitpunkt 0. Die Verzögerung der Reaktion zwischen Blattadern und Intercostalfeldern ist hier durch eine Vergrößerung der relevanten Zeitpunkte in der
Grafik hervorgehoben.
Der Unterschied in der Fluoreszenzreaktion auf das Distanzsignal und auf das im Messblatt
induzierte elektrische Signal zeigt damit eindeutig, dass bei einer Distanzsignalleitung die
elektrischen Signale über die Blattadern in die Intercostalfelder weitergeleitet werden,
während bei den basipetalen Kurzstreckensignalen die durch die Verwundung
hervorgerufenen Signale sowohl über das Mesophyll, als auch über die Blattadern mit der
selben Geschwindigkeit weitergeleitet zu werden scheinen.
Diskussion
78
4 Diskussion
4.1 Bedeutung der Calciumernährung für die Holzdifferenzierung
Obwohl die Bedeutung von Bäumen als Lieferanten eines der weltweit wichtigsten Rohstoffe,
dem Holz, immer stärker ins öffentliche Bewusstsein rückt, so war dennoch die cytologische
Erforschung des Cambiums in seiner Funktion als holzbildendes Meristem über lange Zeit
hinweg relativ unpopulär. Erst seit einigen Jahren, einhergehend mit technischen Fortschritten
in der Molekularbiologie, wird man sich bewusst, dass eine mögliche Modifizierung des
Holzwachstums auch von immensen wirtschaftlichen Vorteilen sein könnte. Pionierarbeiten
auf diesem Gebiet anhand der Modellbaumart Populus betrafen Untersuchungen zur
Ligninreduzierung sowie dessen leichtere Extrahierbarkeit. Lignine sind Zellwand-Polymere,
die in höheren Pflanzen für mechanische Festigkeiten, für den Wassertransport und für
Pathogenabwehr essentiell sind. Die Entfernung dieses Polymers aus den Holzfasern stellt den
entscheidenden Schritt bei der Zellstoff- und Papierherstellung dar. Wegen seiner
Wasserunlöslichkeit und der starken Vernetzung in den Fasern ist man bei der kostspieligen
Delignifizierung zudem auf den Einsatz von umweltschädigenden Chemikalien angewiesen.
Wissenschaftliche Untersuchungen stützten sich fortan vorwiegend auf genetische
Modifikationen der Ligninbiosynthese. Als problematisch stellt sich dabei nicht nur die
Ausbringung der genetisch veränderten Pflanzen unter ökologischen Gesichtspunkten, vor
allem Aspekte der Fertilität der Bäume betreffend, dar, sondern auch die eigentliche
Modifizierung an dem komplexen Polymer Lignin (Campbell und Sederoff, 1996; Lewis,
1999; Boerjan et al., 2003). Einhergehend mit einer immer tieferen Erkenntnis über die
Ligninbiosynthese wurde offenbar, um welch sensiblen und verzweigt arrangierten Vorgang
es sich dabei handelt. Heute ist man sich darüber einig, dass eine Vielzahl von Enzymen und
Substraten in enger Zusammenarbeit mit Regulatorproteinen nötig ist, um in einem
spezifischen Pflanzengewebe eines bestimmten Entwicklungsstadiums den erforderlichen
Lignintyp bereitzustellen (Ranocha et al., 2000).
Die in dieser Arbeit dargestellten Ergebnisse beruhen nicht auf genetischen Veränderungen
des untersuchten Organismus’, jedoch zeigen auch diese Pappeln Veränderungen in ihrem
Ligningehalt in den Holzzellwänden. So konnte durch FTIR-Spektroskopie gezeigt werden,
dass sich bei stark reduzierter Calcium-Ernährung eine deutliche Reduktion der Syringyl-
Einheiten ergab; da in Pappeln das G/S - Verhältnis recht stabil ist (Hu et al., 1999) kann
daraus geschlossen werden, dass sich die gesamte Ligninkonzentration in diesem Holzgewebe
Diskussion
79
im Vergleich zur Calcium-Optimalversorgung verändert. Die exakte Einflussnahme von
Calcium auf die Ligninbiosynthese ist bislang noch nicht vollständig bekannt, jedoch stimmen
die in der vorliegenden Arbeit gezeigten Ergebnisse mit Beobachtungen von Eklund und
Eliasson überein, die für die Ligninbiosynthese in jungen Bäumen eine notwendige
Versorgung mit Calcium feststellen konnten (Eklund und Eliasson, 1990). Eine
Erklärungsmöglichkeit für das Phänomen der Ligninreduktion unter Calciummangel gibt sich
auch aus Untersuchungen an apoplastischen Peroxidasen, welche über eine Ca2+-Pektat-
Bindungsstelle verfügen (Carpin et al., 2001). Nachdem die Mittellamelle und die
Zellwandecken die ersten Bereiche einer einsetzenden Lignifizierung darstellen und eben
diese Bereiche im Normalfall über eine hohe Ca2+-Pektat-Konzentration verfügen, ließe sich
daraus ableiten, dass diese Ca2+-Pektat - gebundenen Peroxidasen eine nicht zu
unterschätzende Auswirkung auf die räumliche Verteilung der Lignindeposition ausüben.
Änderungen in der apoplastischen Ca2+-Konzentration könnten damit Änderungen in der
Peroxidaselokalisation und dadurch in der Ligninsynthese nach sich ziehen (Carpin et al.,
2001).
Eine weitere Calciumabhängigkeit der Ligninbiosynthese wurde bereits in den 80er Jahren
von Westermark (1982) untersucht. In ihren Arbeiten hat sie in vitro einen möglichen
Oxidationsmechanismus für Coniferyl-Alkohol durch ein Superoxid-Radikal erforscht, eine
Reaktion, die bei einer apoplastischen Calcium-Konzentration von ≥ 50 mM gefördert wurde.
Mit abnehmender Ca2+-Versorgung ging auch eine Abnahme in der Reaktionsintensität
einher; unter Calcium-Abstinenz konnten nurmehr etwa 60% des Coniferyl-Alkohols mit
Superoxid reagieren. Durch diese Untersuchungen ergab sich auch eine zusätzliche
Erklärungsmöglichkeit für die erhöhten Calcium-Konzentrationen in den Wandbereichen
noch unlignifizierter Zellschichten verglichen mit bereits lignifizierten Zellwandschichten
(Wardrop, 1976); diese wären somit für die Bildung von Radikalen aus Coniferylalkohol
förderlich. Die im Rahmen dieser Arbeit vorliegenden Ergebnisse weisen ebenfalls auf eine
mit Rückgang der Ca2+-Versorgung rückgängige Lignin-Biosynthese hin; insofern lassen sich
durchaus Parallelen zu Westermarks Untersuchungen ziehen.
Neben calciumabhängigen Veränderungen des Ligningehaltes in den Zellwänden konnten die
FTIR - Untersuchungen auch noch Veränderungen anderer funktioneller Gruppen darlegen.
Besonders bemerkenswert erscheint hier ein unter Calcium-Mangel genereller Rückgang der
Absorptionsbanden in dem Wellenbereich 1300 cm-1 bis 900 cm-1, welcher für funktionelle
Gruppen der Carbohydrate steht (Williams und Fleming, 1980). Diese Wellenbereiche
gewinnen an Bedeutung, wenn man sie Ergebnissen einer Arbeitsgruppe gegenüberstellt, die
Diskussion
80
FTIR - Spektren an Zellsuspensionen der Karotte gemessen haben (McCann et al., 1993). In
dieser Arbeit gelang es den Autoren, gewichtige Veränderungen in der
Zellwandzusammensetzung während des Streckungswachstums der untersuchten Zellen
festzustellen. Demnach enthielten die Zellwände noch nicht gestreckter, runder Zellen
deutlich mehr Proteine, Ester und Phenole pro gemessenen Zellwandausschnitt als die
Zellwände bereits gestreckter Zellen, welche ihrerseits einen signifikant höheren Anteil an
Carbohydraten enthielten. In der vorliegenden Arbeit haben Untersuchungen zur
Xylemfaserlänge der Pappel in Abhängigkeit der Calciumernährung ergeben, dass mit
abnehmender Calcium-Versorgung ein Rückgang in der Faserlänge einhergeht. Ebenso
konnte mittels FTIR - Spektroskopie unter Calcium-Optimalversorgung ein im Vergleich zur
Ca2+-Abstinenz stark erhöhter Anteil an Carbohydraten festgestellt werden. Diese Korrelation
zwischen optimaler Calcium-Versorgung, dem Carbohydratanteil der Zellwand und der
Faserlänge ist demnach in einigen Punkten mit den Ergebnissen von McCann et al. an
Karottenzellen übereinstimmend und bekräftigt somit die Aussagen zum calciumabhängigen
Streckungswachstum der Faserzellen.
Dennoch darf bei allen Übereinstimmungen nicht außer Acht gelassen werden, aus welchem
Meristem die Faserzellen der Pappel entspringen und wieweit sie sich überhaupt longitudinal
entwickeln können. So liegt der erste große Unterschied in der Ausgangsform der Faserzellen
von Angiospermen; diese ist nach der Differenzierung aus den cambialen Mutterzellen bereits
lang gestreckt. Im Vergleich zu den oben genannten Karottenzellen tritt auch noch ein sog.
intrusives Spitzenwachstum auf. Dieses Längenwachstum der Libriformfasern kann wiederum
in verschiedenen Laubbaumarten unterschiedlich intensiv ausgeprägt sein (Tab. 4.1).
Diskussion
81
Baumart
Durchschnittslänge cambiale Initialen
(mm)
Durchschnittslänge Libriformfasern
(mm)
Acer rubrum 0,49 0,84
Alnus incana 0,6 1,89
Betula populifolia 0,94 1,31
Fraxinus americana 0,29 0,96
Populus sp. 0,49 0,9
Quercus alba 0,53 1,0
Robinia pseudoacacia 0,17 0,87
Tab. 4.1: Durchschnittliche Länge cambialer Initialzellen und Xylemfasern
ausgewählter Laubbaumarten; nach Bailey, 1920.
Neben einem baumartenspezifischen Faserlängenwachstum ist zudem noch eine
altersabhängige Veränderung in den jeweiligen Gewebeexpansionen festzustellen. Demnach
nimmt sowohl die Länge der cambialen Initialzellen, als auch die Länge der aus ihnen
hervorgehenden Xylemfaserzellen im juvenilen Holz (≤ 30 Jahre) mit steigendem Alter des
Baumes zu. Dieses Phänomen gilt für Gymnospermen genauso wie für Angiospermen, kann
jedoch wieder baumartenabhängig unterschiedlich stark ausgeprägt sein (Bailey und Shepard,
1915; Shimaji, 1950).
Neben der Zunahme der Faserlänge mit zunehmendem Baumalter lassen sich auch saisonale
Veränderungen des intrusiven Spitzenwachstums der Libriformfasern feststellen. Bissett und
Dadswell fanden bereits in den 50er Jahren heraus, dass in allen 28 von ihnen untersuchten
Laubbaumarten innerhalb eines Jahrrings deutliche Schwankungen der Faserlänge existieren
(Bissett und Dadswell, 1950): zwischen den ersten Fasern des Frühholzes und den
spätgebildeten des Spätholzes findet ein kontinuierlicher Anstieg in der Faserlänge statt; an
einer Spätholzgrenze zum nächsten Jahrring hin konnte ein steiler Abfall in der Faserlänge
gemessen werden.
Zieht man die altersabhängigen sowie die intrasaisonalen Abhängigkeiten des
Spitzenwachstums in Betracht, so lassen sich auch die relativ kurzen Faserlängen der in dieser
Arbeit vorgestellten mazerierten Pappelfasern erklären; die Proben stammten von einjährigen
Diskussion
82
Pappeln aus der Frühholzbildung und betrugen zwischen 0,35 mm und 0,6 mm. Trotz einer
möglichen biologischen Schwankung kann die calciumabhängige Reduzierung im
Spitzenwachstum aufgrund der hohen Stichprobenanzahl (n = 120) dennoch als signifikant
angesehen werden.
Im Gegensatz zu den Xylemfasern findet bei den Gefäßen der Angiospermen kaum ein
Spitzenwachstum statt; sie behalten demnach meist die Länge ihres Ursprungsmeristems, der
cambialen Initialzellen bei (Larson, 1994). Durch ihre perforierten stumpfen Enden können
Gefäße axial miteinander vernetzt sein und so Verbindungen bis zu mehreren Metern Länge
(z.B. Ringporer) bilden. Aufgrund ihrer Funktion des Wassertransports ist die radiale
Ausprägung der Gefäße von großer Bedeutung für den Baum. Eine Vergrößerung des
Gefäßdurchmessers vergrößert die Effizienz des Wassertransportes infolge eines rückläufigen
Wasserwiderstandes deutlich, vermindert jedoch gleichzeitig den Selbstschutz des Systems
vor z.B. Folgen von Kavitationen (Aloni, 1987). In der vorliegenden Arbeit kann bei dem
Gefäßweitenwachstum ein calciumabhängiger Trend von Gefäßen mit großem Durchmesser
bei Optimalversorgung hin zu Gefäßen mit reduziertem Durchmesser bei Minimalversorgung
festgestellt werden. Diese Beobachtung ließe sich erklären, wenn man die Auswirkungen
einer ebenfalls unter Calcium-Mangel rückläufigen Blattflächenentwicklung in Betracht zieht.
Wie sowohl Biomasseuntersuchungen der in Hydrokultur angezogenen Pappeln, als auch
Blattflächenmessungen im Freiland angezogener Pappeln zweifelsfrei zeigen konnten, sank
die Biomasseproduktion und damit auch die Blattflächenbildung mit abnehmender Calcium-
Versorgung im Nährmedium, bzw. Bodensubstrat. Parallel zur reduzierten Blattfläche sinkt
damit auch die Transpirationsrate der einzelnen Probebäume, womit auch die Notwendigkeit
für einen maximalen Gefäßdurchmesser nicht mehr gegeben ist.
Eine weitere Möglichkeit für das unter Calcium-Mangel reduzierte Gefäßweitenwachstum
könnte in einer allgemeinen Stressreaktion der Pappel auf Nährstoffmangel liegen. In der
vorliegenden Dissertation konnte anhand von ultrastrukturellen Untersuchungen gezeigt
werden, dass die cambiale Zone unter Calcium-Mangel in ihrer radialen Ausprägung
erheblich rückläufig ist; anstelle der ca. acht Zellreihen der Kontrolle war die cambiale Zone
auf etwa drei Zellreihen beschränkt. Das Cytoplasma wies auch nicht die typische starke
Vakuolisierung eines aktiven Cambiums auf, sondern zeigte ein sehr dichtes Cytoplasma mit
reduzierten Vakuolen. Mit diesem Erscheinungsbild ähnelten sie sehr einem typischen
angiospermen Cambium während der Winterruhe (Farrar und Evert, 1996; Krabel, 2000;
Diskussion
83
Arend und Fromm, 2003). Da Calciumstress auf das cambiale Meristem einen ebenso
gearteten Einfluss auszuüben scheint, könnte die beobachtete Gefäßflächenreduzierung auch
auf ein nahezu inaktives Cambium zurückzuführen sein. Einen weiteren, diese Theorie
unterstützenden Hinweis liefern die elektronenmikroskopischen Beobachtungen der
Chloroplasten. Auch hier ergaben sich im Vergleich zu der Kontrolle deutliche Unterschiede
in der Ultrastruktur. In der Kontrolle deutlich sichtbare Stärkeeinlagerungen, wie sie bereits
vielfach als chloroplastentypisch und ~notwendig charakterisiert wurden, fehlen in den unter
Calcium-Mangel gewachsenen Pappelblättern nahezu vollständig. Dieser Mangel an Stärke in
den Chloroplasten könnte ebenfalls auf eine Reaktion der Pappel auf Calciumstress hindeuten,
die in ihrer Ausprägung der Vorbereitung zur Seneszenz sehr ähnelt. Die zur Vorbereitung auf
den Laubfall typischen Vorgänge im Blatt beinhalten unter anderem eine Translokation
mobilisierbarer Nährelemente in den Stamm, in dessen Zug auch Stärke abgebaut wird (Mohr
und Schopfer, 1992). Ein Abbau von Chlorophyll, wie er ebenfalls bei der Blattalterung
auftritt, konnte bei den durchgeführten Versuchen jedoch nicht festgestellt werden. Wie in der
Arbeit gezeigt werden konnte, wurden in vergleichenden Gaswechselmessungen unter
Calcium-Mangel keine Unterschiede in der Photosyntheseleistung gemessen.
Als dritter Aspekt für die Tendenz eines rückläufigen Gefäßdurchmessers unter Calcium-
Mangel wäre die mit Calcium-Mangel einhergehende Reduktion der Phloembe- und
~entladung in Betracht zu ziehen. Wie mikroautoradiographische Untersuchungen an 14C-
markierten Photoassimilaten bereits zeigen konnten, fand bei unter Calcium-Abstinenz
angezogenen Pappeln eine drastisch reduzierte Phloembeladung in den Blättern und keine
Entladung von Photoassimilaten aus dem Phloem des Stamms in das Cambium statt (Schulte-
Baukloh und Fromm, 1993). Da dieser Effekt bei vergleichenden Untersuchungen unter
Kalium-, bzw. Magnesium-Mangel nicht gezeigt werden konnte, kann davon ausgegangen
werden, dass die Phloementladung im Stamm möglicherweise calciumspezifisch reguliert
wird. Da die cambialen Zellen unter Calcium-Mangel demnach nicht mehr mit Kohlenstoff
versorgt werden, könnte die Tendenz zu den geringer ausgeprägten Gefäßdurchmessern auf
den C-Mangel zurückgeführt werden. Ein weiteres Argument, das für eine Funktion des
Calciums bei der Phloementladung spricht sind die in dieser Dissertation dargestellten
Calciumgehalte in den verschiedenen Geweben des Stamms. Wie mittels energiedispersiver
Röntgenanalyse gezeigt werden konnte, steigt der Gehalt an Calcium im Phloem, im
Cambium und in der Differenzierungszone des Xylems mit steigender Calcium-Versorgung in
der Nährlösung ebenfalls an. In allen drei bemessenen Geweben bleibt die Ionenkonzentration
Diskussion
84
pro Ernährungsvariante dabei etwa gleich stark ausgeprägt, lediglich bei einem Überangebot
von Calcium steigt die Konzentration im Phloem überproportional an, was wiederum auf eine
phloemspezifische Funktion des Calciums hinweist. Da Calcium relativ Phloem-immobil ist,
muss es sich dabei um eine apoplastische Verlagerung über den Transpirationsstrom handeln.
Eine ähnliche Situation mit erhöhten Calcium-Vorkommen im Phloem lässt sich auch
während der „Prä-Aktivierungs-Phase“ des Cambiums im Frühjahr feststellen. Wie Follet-
Gueye et al. anhand von Untersuchungen an der Buche mittels sekundärer Ionen-
Massenspektronomie (SIMS) zeigen konnten, sind die Calciumgehalte insbesondere im
Phloem zu dieser Zeit außerordentlich erhöht (Follet-Gueye et al., 1998). Da diese
Beobachtungen jedoch vor Einsetzen des Transpirationsstroms gemacht wurden, wird das
benötigte Calcium in diesem Fall entweder aus in der Rinde lokalisierten Oxalatkristallen
oder durch basipetale Diffusion aus den calciumreichen Apikalmeristemen geliefert,
einhergehend mit der ebenfalls basipetal verlaufenden auxingesteuerten cambialen
Reaktivierung (Lachaud und Bonnemain, 1982).
4.1.1 Ausblick auf die Bestandesebene
Die Effektivität, mit der ein Baum auf die unterschiedlichsten auf ihn einwirkenden Kräfte
reagieren kann, ist die im Bestandesalltag unserer Waldbäume eigentlich relevante Größe. In
diesem Zusammenhang kann Calcium-Mangel die mechanischen Fähigkeiten von Holz
negativ beeinflussen; dies kann sich in einer reduzierten Zugfestigkeit, einer reduzierten
Bruchresistent sowie eines reduzierten Elastizitätsmoduls äußern (Brady, 1969; Panshin und
DeZeeuw, 1980; McLaughlin und Wimmer, 1999).
Über die rein mechanischen Auswirkungen auf den Rohstoff hinaus kann sich Calcium-
Mangel natürlich auch auf das Stützgewebe des biologischen Systems der Pflanze auswirken.
Das kann zum einen eine Lockerung des Zellverbandes nach sich ziehen, wie es bereits 1929
von Albrecht und Davis am Spross der Sojabohne beobachtet wurde und wie es in der
vorliegenden Arbeit auch an elektronenmikroskopischen Aufnahmen für Wurzel- und
Blattgewebe bestätigt werden konnte. Zum anderen kann Calcium-Mangel auch, wie an der
Kiefer gezeigt werden konnte, zu einer erhöhten Brüchigkeit des Stamms führen (Davies,
1949).
Eine geringe Calcium-Verfügbarkeit in stark sauren Böden kann als mögliche Konsequenz
einen Rückgang in der Lignifizierung des Holzgewebes zur Folge haben (Eklund und
Diskussion
85
Eliasson, 1990). Dieser Rückgang wäre aufgrund der ausgeprägten Bindungsmöglichkeiten
entlang des Transpirationsstroms im apoplastischen Raum vor allem in den Kronenbereichen
älterer Bestände vorstellbar, wenn man davon ausgeht, dass nur noch ein Bruchteil der im
Wurzelraum aufgenommenen Ionen den Kronenraum erreicht. Gerade bei
Nadelholzbeständen wäre im Kronenraum eine ausreichende Calciumversorgung jedoch
unbedingt nötig, da Lignin dort eine stützende Funktion bei der Astbildung innehat
(Druckholzbildung) und somit stark zur Stabilität des Baumes beiträgt (McLaughlin und
Wimmer, 1999). Im Stammbereich könnte Calcium-Mangel zu einem weniger stabilen und
damit brüchigen Xylem führen und damit zu einer höheren Anfälligkeit, mechanischen
Belastungen wie Wind oder Schnee nicht mehr standhalten zu können (McLaughlin und
Wimmer, 1999).
4.2 Signalleitung in der Pappel
Die Entwicklung molekularbiologischer Techniken ermöglichte eine über die deskriptive
Ebene hinausgehende Erforschung der elektrischen Signalleitung, insbesondere ihrer Rolle
bei inter- sowie in intrazellulären Vorgängen. Besonders die Entwicklung von Calcium-
spezifischen Farbstoffen hat es erlaubt, räumliche und zeitliche Abläufe bei der Signalleitung
aufzudecken (Webb et al., 1996). Dadurch wurde der Weg geebnet, den Prozess der
Signalentstehung, der Signalausbreitung und den pflanzenphysiologischen Reaktionen darauf
zu entschlüsseln (Trewavas und Malho, 1997; McAnish und Hetherington, 1998; Snedden
und Fromm, 1998; Plieth et al., 1998). Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts gelang
es beispielsweise Davies und Schuster (1981) an der Erbse, Auswirkungen von elektrischen
Signalen auf die Genexpression nachzuweisen. 1992 veröffentlichten Wildon et al. einen
wegweisenden Artikel, der die Aktivierung von Proteinaseinhibitor (PIN) - Genen durch
Wenn man die Reaktion einer Pflanze auf diverse Umwelteinflüsse betrachtet kann man
erkennen, dass auch unter ökophysiologischen Gesichtspunkten elektrischen Signalen eine
Schlüsselrolle zukommt. Ihr Aktionsradius erstreckt sich dabei von einzelnen Zellen bis hin
zu verschiedenen Organen der Pflanze (Volkov und Mwesigwa, 2001). So konnte
beispielsweise anhand von Untersuchungen an der Sojabohne festgestellt werden, dass 2,4-
Dinitrophenol (DNP), welches in seinen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt als durchaus
Diskussion
86
bedenklich eingestuft wird, in der Pflanze verstärkt Aktionspotentiale hervorruft und
gleichzeitig einen Rückgang im Variationspotential bewirkt (Mwesigwa et al., 2000).
Gleichermaßen wurde für Pentachlorphenol, ein weiteres Umweltgift, das die oxidative
Phosphorylierung entkoppelt, eine Induktion von Aktionspotentialen ebenfalls an der
Sojabohne nachgewiesen (Volkov et al., 2000).
Es sind sicherlich noch nicht annähernd alle einzelnen Auswirkungen von elektrischen
Signalen auf die unterschiedlichen Aspekte der Pflanzenphysiologie erforscht. So konnten
beispielsweise erst in jüngerer Vergangenheit Forschungsergebnisse zur Signalleitung an der
sensitiven Pflanze Mimosa pudica eine Einflussnahme der elektrischen Signale auf die
Photosyntheseleistung aufzeigen (Koziolek et al., 2004).
Die hier vorgestellte Arbeit bestätigt diese Erkenntnisse nun auch für die Gattung Populus;
darüber hinaus unterscheidet sie noch zwischen verschiedenen Arten und Positionen der
Signalinduktion und den dadurch hervorgerufenen Reaktionen in der Photosyntheseleistung.
Dabei wurde zwischen Veränderungen in der Lichtreaktion der Photosynthese, welche mittels
zweidimensionaler Bildanalyse der Chlorophyllfluoreszenz gemessen wurde, und
Veränderungen in der Dunkelreaktion der Photosynthese, welche durch Schwankungen von
JCO2 im Blattgaswechsel detektiert wurden, unterschieden.
Die elektrischen Signale, die in der vorliegenden Arbeit dargestellt sind, wurden überwiegend
mittels der sog. Aphidentechnik in Phloemzellen gemessen. Dieser Zelltyp stimmt in vielen
grundlegenden Eigenschaften mit Nervenzellen des tierischen Systems überein, wie z. B. der
elektrischen Erregbarkeit der Zellmembranen, durch die elektrische Signale von Zelle zu
Zelle weitergegeben werden können. Wenngleich es in tierischen Nervenzellen auch
Natrium- und Kaliumströme sind, die für die Entstehung eines Aktionspotentials
verantwortlich sind, so basieren die Mechanismen der Erregbarkeit in pflanzlichen
Zellemembranen auf einem Calciumeinstrom und auf einem Chlorid- und Kaliumausstrom
(Beilby und Coster, 1979; Kikuyama und Tazawa, 1983; Lunevsky et al., 1983; Tsutsui et al.,
1986; Fromm und Spanswick, 1993).
In der Pappel konnte nun bei den Veränderungen des Membranpotentials gezeigt werden, dass
die Art der Spannungsänderung des fortlaufenden Signals von der Richtung abhängig ist, in
der es sich fortbewegt. Sowohl bei Hitze- als auch bei Kältereiz zeigten basipetal laufende
Signale durch negative Spannungsänderungen an der Plasmamembran eine Hyperpolarisation
Diskussion
87
der Membranpotentiale, wohingegen sich acropetal fortpflanzende Signale durch eine
kurzzeitige Depolarisierung der Membran charakterisieren ließen.
Der Ionenmechanismus, der hinter einer Depolarisation der Membran steht, basiert auf einem
Calcium-Einstrom in das Cytoplasma, welcher einen Chlorid-Ausstrom in den Apoplasten
induziert, dem wiederum ein Kalium-Ausstrom folgt (Beilby und Coster, 1979; Kikuyama
und Tazawa, 1983; Kikuyama, 1987; Lunevsky et al., 1983; Tsutsui et al., 1986; Fromm und
Spanswick, 1993). Weniger genau definiert ist jedoch die Entstehung der Hyperpolarisation
der Zellmembran. Um die bei der basipetalen Signalleitung beobachtete Hyperpolarisation auf
ihre Kalium-Kanal - Abhängigkeit zu überprüfen, wurden daher die Kalium-Kanäle in den
Pappeltrieben mit Tetraethylammoniumchlorid (TEA+), einem K+-Kanal - spezifischen
Hemmstoff, geblockt. Da TEA+ in den meisten Fällen apoplastisch appliziert wird, hemmt
dieser Wirkstoff in den meisten Untersuchungen ausschließlich die einwärtsgerichteten
Kalium-Kanäle (z.B. Langer et al., 2002). Untersuchungen, bei denen TEA+ intrazellular
injiziert wurde konnten jedoch belegen, dass es im intrazellularem Raum auch
auswärtsgerichtete Kalium-Kanäle blockt (Wong und Adler, 1986; Ochi und Nishiye, 1974);
TEA+ wirkt demnach generell auf alle K+-Kanäle, die von der jeweiligen Position
transmembran gerichtet sind. In der vorliegenden Arbeit wurden abgetrennte Pappeltriebe für
einen Tag in eine mit TEA+ versetzte Nährlösung (APW + TEA+) gegeben. Der Hemmstoff
konnte sich somit nicht nur über den Transpirationsstrom im apoplastischen Raum
ausbreiten, sondern auch über die Schnittstelle in den intrazellularen Raum des
Phloemgewebes eindringen. Auf diese Weise konnten die K+-Kanäle auf beiden Seiten der
Membran geblockt werden. Ein sich durch einen Hitzereiz an der Blattspitze basipetal
ausbreitendes elektrisches Signal konnte nach einer TEA+-Behandlung nicht mehr detektiert
werden (Abb. 3.31). Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass auch bei einer Hyperpolarisation
der Plasmamembran das sich ausbreitende Signal über einen K+- Efflux aus den Phloemzellen
verursacht wird, insbesondere wenn weitere Arbeiten zum Mechanismus der
Hyperpolarisation herangezogen werden. So konnten Schönknecht et al. an der einzelligen
Grünalge Eremosphaera viridis eine vorübergehende Hyperpolarisation feststellen, nachdem
die photosynthetische Elektronenaufnahme durch kurzzeitiges Abdunkeln unterbrochen
wurde (Schönknecht et al., 1998). Mittels ionenspezifischer Farbstoffe gelang es den Autoren
nachzuweisen, dass die Hyperpolarisation durch einen intrazellulären Calcium-Anstieg
induziert wurde, welcher seinerseits einen K+-Efflux bewirkte. Dass dieser
Hyperpolarisationsmechanismus im Pflanzenreich jedoch nicht der einzige ist, konnten
jüngste Untersuchungen an einem Phytoplankton zeigen, bei welchem durch einen Chlorid-
Diskussion
88
Einstrom eine Hyperpolarisation ausgelöst wird (Taylor und Brownlee, 2003). An höheren
Pflanzen wurde bislang jedoch der Calcium-Kalium -Mechanismus bestätigt.
Die vorliegenden Ergebnisse an unter Calcium-Minimalversorgung angezogenen Pappeln
zeigen bei einer Hitzereizung der Blattspitze, dass die Erregbarkeit der Phloemzellen bei
einem basipetal laufenden elektrischen Signal gänzlich unterdrückt wurde. Daraus lässt sich
zum einen schließen, dass bei einer basipetalen Signalleitung Calcium-Kanäle involviert sind;
ein Schluss, der die bisher bekannte Funktion von Calcium-Kanälen und -Transportern als
Angelpunkt für ein vielseitiges Netzwerk intrazellularer Signalverarbeitung unterstützen
würde (Trewavas und Malho, 1997; Trewavas, 2000). Zum anderen lässt sich unter
Berücksichtigung der TEA+ geblockten K+-Kanäle schließen, dass unter optimaler
Nährstoffversorgung der Pappel ein K+-Efflux für das Entstehen der Hyperpolarisation
entlang der Phloemzellen verantwortlich ist. Dieser verläuft mit hoher Wahrscheinlichkeit
auch in Bäumen nach dem aus Eremosphaera bekannten Prinzip der Calcium-Induktion
(Schönknecht et al., 1998).
Die vorliegenden Ergebnisse zur Distanzsignalleitung erlauben eine weitere Unterscheidung
zwischen basipetal und acropetal gerichteten Signalen. Die Phloemmessungen an unter
Calcium-Mangel angezogenen Pappeln haben gezeigt, dass unter identischen Bedingungen
das in acropetaler Richtung laufende Signal trotz erheblichen Calcium-Mangels noch leicht
ausgeprägt war, wohingegen in basipetaler Richtung keine Amplitude mehr festgestellt
werden konnte (Abb. 3.32). Diese Beobachtung deutet auf eine Präferenz der Signalleitung
hin, die ihre Ursprünge in der Funktion der Informationsweiterleitung vom Wurzelsystem /
Stamm zum Kronenraum haben könnte. Anhand der Wasserpflanze Azolla konnte ein
ähnliches Phänomen festgestellt werden (Overall und Gunning, 1982); elektrophysiologische
Messungen in den Wurzeln haben auch hier gezeigt, dass über die Plasmodesmata die
elektrische Kopplung zwischen zwei Zellen in acropetaler Richtung deutlich ausgeprägter war
als in basipetaler. Die Signalweiterleitung im Phloem der Pappel findet durch die in diesem
Gewebetyp häufig auftretenden Siebporen von Siebelement zu Siebelement statt. Da die recht
großen Siebporen (bis zu 1 µm Durchmesser) an den Querwänden der Siebelemente bei der
Phloemdifferenzierung aus Plasmodesmata hervorgehen, scheinen sie bei der elektrischen
Signalleitung eine entscheidende Rolle zu spielen.
In dieser Arbeit wurden an der Pappel elektrische Signale durch zweierlei Reize induziert:
zum einen durch Kältereizung und zum anderen durch Hitzereizung. Die durch Kälte
induzierten, acropetal fortgeleiteten Signale wiesen in ihrer Geschwindigkeit ebenso wie in
Diskussion
89
ihrer Amplitude die für pflanzliche Aktionspotentiale typischen Merkmale auf und stimmen
in diesen Punkten mit bereits bekannten Reaktionen in Mais (Fromm und Fei, 1998) und in
Weide (Fromm und Spanswick, 1993) überein. Generell gilt, dass Aktionspotentiale sich mit
einer konstanten Geschwindigkeit fortbewegen. Bisherige Erkenntnisse lassen darauf
schließen, dass sie in ihrer Ausbreitung von spannungsabhängigen Ionenkanälen abhängig
sind und sich entlang der Plasmamembran durch Plasmodesmata lebender Zellen oder durch
Siebporen der Siebröhren fortpflanzen. Im Gegensatz dazu lösen Reizungen durch
Gewebeverwundung, insbesondere durch Hitzereizung, sich langsamer ausbreitende und
unregelmäßig verlaufende Variationspotentiale aus (Sibaoka, 1966; Sibaoka, 1969; Pickard,
1973). Sie galten bislang nicht als sich selbständig fortpflanzende Signale, sondern vielmehr
als lokale elektrische Reaktionen, die auf einen chemischen Reiz erfolgen, welcher wiederum
am Ort der Verletzung entsteht und sich hydraulisch über das Xylem fortpflanzt. Tinz-
Füchtmeier und Gradmann führten zur hydraulischen Signalleitung mittels Elektrometer und
Interferometer Messungen an der Mimose durch, welche dieser Theorie der hydraulischen
Signalleitung nach einer Hitzereizung jedoch entgegenstehen (Tinz-Füchtmeier und
Gradmann, 1990).
Grundsätzlich ist es durchaus möglich, dass hydraulische Signale bei der Erregbarkeit der
Pappel eine Rolle spielen. Nachdem die Messungen zu den hier vorgestellten Daten jedoch im
Phloem stattfanden und es dort gelang, die durch einen Hitzereiz induzierten Signale zu
messen, stellte sich die Frage, ob Druck- oder chemische Veränderungen im Xylem
Ionenkanäle des Phloems aktivieren können, und zwar in dem Ausmaß, dass daraufhin in
diesem Gewebe die Variationspotentiale hervorgerufen werden könnten. Zur Klärung dieser
Frage wurden Kontrollmessungen durchgeführt, die deutlich zeigen, dass durch das Anlegen
eines Kälteblocks am Spross sowohl die charakteristische Signalleitung unterbrochen ist, als
auch dass die Reaktion im Gaswechsel unterbleibt. Es erwies sich als ausschlaggebend, das
elektrische Signal von einem hydraulischen mittels eines Kälteblocks unterscheiden zu
können. Da auf das Anbringen eines Kälteblock hin keine Veränderung in der CO2-
Austauschrate oder in der stomatären Leitfähigkeit im Gaswechsel festzustellen war, konnte
das Distanzsignal eindeutig als elektrisches bestätigt werden, da es den gekühlten
Sprossabschnitt offensichtlich nicht passieren konnte. Für ein hydraulisches Signal würde ein
Kälteblock kein Hindernis darstellen, da die Transduktion über die toten Zellen des Xylems
hinweg erfolgen würde.
Diskussion
90
Somit konnte bei den an Pappel durchgeführten Messungen ausgeschlossen werden, dass bei
der Signalweiterleitung in acropetaler Richtung hydraulische Signale einen Einfluss auf den
Gaswechsel haben. Zudem gelten hydraulische Signale als stark abhängig vom
Bewässerungsstatus der Messpflanze. Dabei gilt, dass bei einem wassergesättigten Zustand
des Sprosses, wie er bei den in dieser Arbeit untersuchten Pappeln vorlag, die
Xylemspannung vernachlässigbar gering ist und damit hydraulische Signale sich kaum
ausbreiten könnten. Diese Punkte sprechen dafür, dass die hier gemessenen Wund-Signale im
Pappel-Phloem sich eigenständig fortbewegen und nicht von sich im Xylem fortpflanzenden
hydraulischen Signalen beeinflusst sind.
Es ist nicht auszuschließen, dass auch chemische Signale einen Einfluss beispielsweise auf die
Photosynthese haben können. Die Transportgeschwindigkeit für chemische Signale in
Pflanzen liegt jedoch bei Werten zwischen 50 und 100 cm h-1 (Canny, 1975) und erweist sich
damit als bei weitem zu langsam, um an den Reaktionen der vorliegenden Messungen
beteiligt zu sein.
Im Hinblick auf eine Beeinflussung der photosynthetischen Primärprozesse durch elektrische
Signale konnte die nicht-invasive Bildanalyse der Chlorophyllfluoreszenz zeigen, dass
innerhalb eines Blattes Kurzstreckensignale, welche durch einen Hitzereiz an der Blattspitze
hervorgerufen wurden und sich somit basipetal ausbreiteten, in den Blattadern und in den
Intercostalfeldern einen simultanen, deutlichen Rückgang der Quantenausbeute im
Photosystem II hervorrufen. Im Gegensatz dazu konnte bei Distanzsignalen, an einem unteren
Blatt hervorgerufen und sich somit acropetal zum Messblatt fortpflanzend, eine eindeutige
zeitliche Verzögerung im Rückgang der Quantenausbeute des PSII zwischen sekundären
Blattadern und den sich direkt anschließenden Intercostalfeldern beobachtet werden. Diese
Tatsache lässt darauf schließen, dass sich das Distanzsignal über das Phloem des Stammes
und der Blattadern, welche zuerst reagieren, in das Mesophyllgewebe des Blattes ausbreitet.
Diese Beobachtung unterstützt die mittels Aphidentechnik gemessene Signaltransduktion, die
ebenfalls eine Ausbreitung über das Phloem charakterisierte.
Bei der photosynthetischen Reaktion auf ein elektrisches Signal ist zu vermuten, dass dabei
Veränderungen der Ionenströme innerhalb der Chloroplasten eine beachtliche Rolle spielen
könnten. Für weiterführende Forschungen könnte es also als erfolgversprechend gelten, wenn
ein Hauptaugenmerk auf die Ionentranslokation in den Mesophyllzellen und ihren
Chloroplasten gelegt werden würde. Hinweise auf eine veränderte Enzymtätigkeit als
Reaktion auf signalverursachende Änderungen der Ionenkonzentrationen in der Zellwand, in
Diskussion
91
den Plasmodesmata sowie im Cytoplasma liegen bereits vor (Davies, 1987). Bulychev et al.
(1986, 1987) berichteten bereits in den 80er Jahren von Änderungen der
Chlorophyllfluoreszenz in intakten Chloroplasten als Reaktion auf ein verändertes
Membranpotential. Aus diesen Gründen scheint es wahrscheinlich zu sein, dass der schnellen
Reaktion in der CO2-Aufnahmerate und nachfolgend in der Chlorophyllfluoreszenz in den
Pappelblättern lokale Schwankungen der Ionenkonzentration zugrunde liegen.
Für die Reduktion der Quantenausbeute am PS II wären dabei jedoch Ionenkonzentrations-
änderungen über die Thylakoidmembran hinweg entscheidend. Zieht man dabei die
Membranständigkeit der Chloroplasten in Betracht, so scheint es durchaus möglich zu sein,
dass so deutliche Spannungsänderungen an der Plasmamembran, wie sie bei einem
elektrischen Signal auftreten können, auf die direkt benachbarten Chloroplasten und auch auf
deren Thylakoidmembranen übergreifen könnten.
Anhand von Messungen an isolierten Thylakoidmembranen von Spinat gelang es bereits, eine
direkte Calcium-Abhängigkeit der Photolyse im Photosystem II nachzuweisen (Vrettos et al.,
2001); die Autoren legten dabei die dringend notwendige Präsenz von Calcium für diesen
Vorgang dar. Durch Störungen des intrastromatären Calcium-Gehalts aufgrund von
eintreffenden und auf die Chloroplasten- und Thylakoidmembran überspringenden
elektrischen Signalen, wäre es denkbar, dass die O2 - Bildung aufgrund lokaler Calcium-
Flüsse kurzfristig unterbrochen ist. Dadurch würden der Elektronentransportkette des PS II
die bei der Photolyse freiwerdenden Elektronen fehlen, wodurch die Vorgänge in den
Primärprozessen der Photosynthese gehemmt werden würden. Im intakten System der
Pappelblätter muss dieser Möglichkeit jedoch eine untergeordnete Rolle zugewiesen werden,
da trotz einer Unterbrechung der Photolyse die Elektronen weiterhin auf das PS II eintreffen
würden und in dem Fall, dass sie nicht abtransportiert werden könnten, am Chlorophyll
Schäden anrichten würden. In den vorliegenden Ergebnissen konnte jedoch keine Schädigung
des Chlorophylls beobachtet werden, da es sich um reversible Reaktionen am PS II handelte.
Die ersten Veränderungen in der CO2-Aufnahmerate, und damit in der Dunkelreaktion der
Photosynthese, erfolgten bei einer Verwundung des Blattgewebes an der 3 bis 4 cm zur
Meßküvette entfernten Blattspitze bereits 30 s nach Feuerreizung. Als bemerkenswertes
Phänomen ist im Gaswechsel zu beobachten, dass die stomatäre Leitfähigkeit sich trotz des
transienten Rückgangs in JCO2 nicht verändert. Entgegen der an Mimose beobachteten
Reaktion, dass auf ein elektrisches Signal hin die stomatäre Leitfähigkeit einhergehend mit
dem Abfall in JCO2 rückläufig war (Koziolek et al., 2004), blieb sie in der Pappel trotz
Diskussion
92
ebenfalls rückläufigen JCO2 in etwa auf ihrem Ursprungsniveau. Der Grund, weshalb trotz
steigendem ci-Werte die Stomata nicht schlossen, konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht
untersucht werden. Aufgrund der generell hohen Öffnungs- und Schließgeschwindigkeit der
Pappel im Allgemeinen und des verwendeten Klons T89 im besonderen (Langer et al., 2003)
kann eine Trägheit des Schließzellenapparates als Ursache jedoch ausgeschlossen werden.
Nach Nobel (1991) sind die in wässriger Lösung vorkommenden Konzentrationen von CO2
temperaturabhängig und pH-sensitiv. Die Temperaturabhängigkeit bestimmt dabei vor allem
die Unterschiede der CO2-Konzentration zwischen der wässrigen Lösung und der
angrenzenden Gasphase, die Gleichgewichtskonzentration zwischen Bicarbonat und gelöstem
CO2 ist hingegen vorwiegend durch den pH-Wert beeinflusst. In der wässrigen Lösung
reagiert CO2 mit OH- und bildet so Bicarbonat, welches wiederum durch das Anhängen eines
Protons einen Kohlensäure-Komplex bilden kann. Die Umwandlung von CO2 zu H2CO3 wird
durch die Aktivität des Enzyms Carboanhydrase deutlich beschleunigt; da in diesem Prozess
Protonen involviert sind, gilt der pH-Wert als bedeutender Faktor der Katalysation (Nobel,
1991). Da die Gleichgewichtskonzentration für Kohlensäure nur etwa 1/400 des gelösten
Kohlendioxids entspricht, liegt bei diesem Vorgang der Schwerpunkt auf der Umwandlung
von CO2 zu Bicarbonat. Der Anstieg des ci-Wertes könnte nun aus Veränderungen des pH-Wertes im Cytoplasma
resultieren. Bei einem durch Hitze induziertem Signal, das wie bereits mehrfach erwähnt, in
seiner Repolarisation sehr träge ist und dadurch ein zeitlich lang anhaltendes Spitzenpotential
vorherrscht, welches seinerseits wiederum mit einem ansteigenden [Ca2+]cyt - Gehalt
einhergeht, könnte sich der intrazellulare pH-Wert deutlich ändern. Bush berichtete bereits
1995 von einer Vielzahl abiotischer und biotischer Stimuli, welche Veränderungen des
cytoplasmatischen Calciumgehaltes bewirkten und dadurch eine Veränderung des
cytoplasmatischen pH-Wertes nach sich zogen (Bush, 1995). Zieht man nun in Betracht, dass
die Aktivität des Enzyms Carboanhydrase stark pH-abhängig ist, könnte man daraus
schlussfolgern, dass die Enzymaktivität durch einen veränderten [Ca2+]cyt - Wert gehemmt
wird. Eine Hemmung der Carboanhydrase hätte zur Folge, dass an den Chloroplasten keine
Rückumwandlung von Bicarbonat in CO2 stattfinden kann. Geht man nun davon aus, dass die
Aufnahmefähigkeit von Bicarbonat im Cytoplasma begrenzt ist, würde sich demnach die
CO2-Konzentration in der Atemhöhle gleichfalls „zurückstauen“, was den Rückgang von JCO2
und damit auch den parallel dazu erhöhten ci-Wert erklären würde.
Diskussion
93
Der Rückgang der Quantenausbeute im PSII als Reaktion auf elektrische Signale ist bereits an
Mimose (Koziolek et al., 2004) und als Reaktion auf diverse abiotische Reize, wie z.B. das
Anlegen eines elektrischen Stroms, an Tomate (Herde et al., 1999) beobachtet worden; bei
den Untersuchungen an Tomate wurde dieser Rückgang jedoch erst nach fünf Stunden
gemessen. Dies steht im deutlichen Widerspruch zu den hier vorliegenden Beobachtungen
eines transienten Rückgangs im PS II, wie auch im JCO2 der Pappelblätter. Auch konnten die
Autoren bei Untersuchungen an der Tomate keinen zeitlichen Unterschied zwischen
Veränderungen im JCO2 und PS II feststellen; die Reaktionen, die mittels
Gaswechselmessungen ebenfalls einen Rückgang in JCO2 zeigten, wurden als zeitlich
übereinstimmend mit den Reaktionen im PS II erkannt.
In den hier dargestellten Ergebnissen an der Pappel wiesen die Photosynthesereaktionen
jedoch in ihrer Kinetik bemerkenswerte zeitliche Differenzen zwischen der Lichtreaktion und
der Dunkelreaktion auf. Im Vergleich zwischen den ersten auftretenden Reaktionen an JCO2
im Gaswechsel und denen der Chlorophyllfluoreszenz ist eindeutig zu beobachten, dass der
Rückgang in JCO2 um mindestens 120 Sekunden schneller einsetzte als der Rückgang der
Quantenausbeute im PS II. Diese Beobachtung konnte sowohl für basipetal gerichtete
Kurzstreckensignale, als auch für acropetal gerichtete Distanzsignale gezeigt werden. Beide
Systeme haben jedoch gemeinsam, dass sie nur für kurze Zeit in ihrem jeweiligen Minimum
verweilen, bevor sie sich wieder in Richtung auf ihren Ausgangswert erholen.
Die genauen Mechanismen, die bei dem Rückgang der Quantenausbeute im PS II über ein
elektrisches Signal ausgelöst werden, müssen erst noch aufgedeckt werden. Wenn man den
oben beschrittenen Gedankengang der Carboanhydrase-Blockierung weiterverfolgt, kommt
man zu der Schlussfolgerung, dass für das Enzym Rubisco im Stroma der Chloroplasten kein
CO2 mehr als Substrat zur Verfügung steht. Daraus folgt, dass im Calvin-Zyklus kein ADP
mehr frei wird. Durch ein Fehlen von ADP wiederum kann an der Thylakoidmembran der
sich ständig aufbauende Protonengradient nicht mehr abgebaut werden, es kommt zu einem
Anstieg des Protonengradienten. Als Reaktion auf einen daraus resultierenden niedrigen pH-
Wert im Thylakoidinnenraum tritt eine Veränderung im Xanthophyllzyklus auf (Schäfer und
Schmid, 1993).
Biotische und abiotische Stressfaktoren wie sehr starke Strahlungsintensität, aber auch
Verwundung und Stromfluss (Herde et al., 1999; Bergantino et al., 2003) konnten bereits als
ausschlaggebende Faktoren charakterisiert werden, die verschiedene Schutzmechanismen an
dem PS II hervorrufen. Ein solcher Schutzmechanismus ist der Xanthophyllzyklus, in
welchem daraufhin durch das Enzym Violaxanthin-Oxidase vermehrt Zeaxanthin über die
Diskussion
94
Zwischenstufe Antheraxanthin auf Kosten von Violaxanthin gebildet wird. Dieser
Mechanismus kann innerhalb weniger Minuten (ab 1,5 Minuten, nach Schäfer und Schmid,
1993) in Kraft treten, ist reversibel und einhergehend mit einem Anstieg des
nichtphotochemischen Quenchings der Chlorophyllfluoreszenz (Bergantino et al., 2003;
Schäfer und Schmid, 1993). Indirekt proportional zum nichtphotochemischen Quenching
verhält sich das photochemische Quenching, welches in den vorliegenden
Fluoreszenzmessungen an Pappelblättern entsprechend rückläufig war. Es resultiert ein
Rückgang der Quantenausbeute am PS II. Neben der zeitlichen Übereinstimmung dieser
Reaktion mit den gemessenen Daten und der beobachteten Reversibilität, sprechen für diese
Reaktion auf elektrische Signale auch Ergebnisse an Tomate, welche auf Verwundung einen
Anstieg von Zeaxanthin auf Kosten von Violaxanthin bestätigen konnten (Herde et al., 1999).
Die Autoren weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Zeaxanthin bei
Stressreaktionen mit Lipiden der Thylakoidmembran interagieren könnte und auf selbige
gleichsam stabilisieren und schützen wirken könnte.
4.2.1 Bedeutung elektrischer Signalleitung für den Baum
Bei der Frage nach den Ursprüngen der pflanzlichen Signalleitung weiß man heute, dass man
die Evolution sehr weit zurückverfolgen muss; bereits Bakterien, die als Vorläufer der
Pflanzen wie auch der Tiere gelten, zeigen auf bestimmte Reize hin präzise elektrische
Aktivitäten entlang ihrer Oberfläche ( Szmelcman und Adler, 1976). An der einzelligen
Grünalge Acetabularia konnten Aktionspotentiale gemessen werden, die vermutlich
osmotische Funktionen haben (Mummert und Gradmann, 1976). Bei den höheren Pflanzen
haben sich im Laufe der Evolution hochspezialisierte und hochsensitive Systeme entwickelt,
die selbst heute noch erstaunen. Eines der berühmtesten dieser Art ist wohl die
Klappbewegung der Venusfliegenfalle. Der lange Weg vom relativ einfachen System des
Bakteriums zu den komplexen höherer Pflanzen war stets geprägt von der bestmöglichen
Anpassung an den Lebensraum. Die ersten Pflanzen benutzten elektrische Signale unter
anderem als Antrieb für Schwimmbewegungen im Wasser und, wie bei Dinoflagellaten, zur
Biolumineszenz. Seit die Pflanzen das Land eroberten nutzen sie ihre latente Erregbarkeit auf
vielfältige Art und Weise, ihre Immobilität zu kompensieren, beispielsweise durch das Öffnen
und Schließen der Stomata oder durch Blattbewegungen, wie bei der Mimose zu sehen.
Diskussion
95
Durch ihr ausgeprägtes vertikales Wachstum mussten Bäume verschiedene Mechanismen
entwickeln, um ihren Wasser- und Nährstoffhaushalt an ihr Wuchsverhalten anzupassen. Die
Differenzierung des Xylem- und des Phloemgewebes aus den cambialen Initialzellen löste
dieses Problem meisterlich. Wie die Ergebnisse dieser Arbeit verdeutlichen, nutzen Bäume
das Phloemgewebe bei weitem nicht nur zum Assimilattransport; vielmehr ermöglicht ihnen
auch dieser spezielle Gewebetyp mit seinen langgestreckten, lebenden Zellen und seinen
typischen Siebporen in den Siebelementen, mittels elektrischer Signale Informationen
innerhalb kürzester Zeit über verschiedene Pflanzenorgane zu übermitteln. Die spezifischen
Reaktionen auf diese „Warnsignale“ sind bei Bäumen noch nicht ausschöpfend geklärt. Im
Rahmen der vorliegenden Dissertation konnten als baumphysiologische Antwort
Veränderungen in verschiedenen Prozessen der Photosynthese dargestellt werden.
Vergleichbare Untersuchungen an krautigen Pflanzen, wie beispielsweise die Proteinase-
Inhibitor (PIN) - Genaktivierung (Wildon et al., 1992; Rhodes et al., 1996; beide an Tomate),
die auf Phloem - weitergeleiteten elektrischen Signalen basiert, bieten jedoch eine reiche
Inspirationsquelle für weitergehende Untersuchungen der Reaktionen der Bäume auf
elektrische Distanzsignale.
Schlussfolgerung
96
5 Schlussfolgerung
Für die pflanzliche Entwicklung ist eine ausreichende Versorgung mit Calcium dringend
notwendig. Die dargelegten Ergebnisse konnten zeigen, dass sowohl der apoplastische, als
auch der symplastische Calciumgehalt für verschiedene Prozesse in der Pappel limitierend
sein kann. Die Größenordnungen der notwendigen Versorgung gehen dabei allerdings weit
auseinander. Wenn bei der apoplastischen Calciumversorgung in der vorliegenden Arbeit 5
mM Ca2+ als Optimalversorgung angesehen werden, betragen die Konzentrationen für freies
Ca2+ im Cytoplasma nur etwa 0,1 bis 0,2 µM. Bereits dieser Gradient deutet auf eine
grundsätzlich verschiedene Funktion des Nährelements in den verschiedenen Zellbereichen
hin. Wie in dieser Studie gezeigt werden konnte, kommen dem Calcium im apoplastischen
Raum diverse Funktionen zu:
- Es stabilisiert die Mittellamellen und übt somit auf den gesamten Zellverband der
jeweiligen Gewebe eine stützende Funktion aus
- Es nimmt Einfluss auf die Ligninbiosynthese; ob es dabei im Zellwandbereich oder an
der Außenseite der Plasmamembranen verfügbar sein muss, konnte jedoch nicht mit
Sicherheit prognostiziert werden.
- Bei dem intrusiven Spitzenwachstum von Fasern wirkt eine verbesserte
Calciumversorgung wachstumsfördernd.
Auch im Cytoplasma der cambialen Zellen hat die Konzentration an freiem Calcium einen
Einfluss auf die Strukturbildung des sekundären Xylems. Wie die vorliegenden Ergebnisse
zeigen, kann man unter minimierter Calciumversorgung einen allgemeinen Rückgang der
Teilungsrate der Xylemmutterzellen erkennen; der Holzzuwachs sinkt somit rapide. Auch die
unter reduzierter Calcium-Versorgung tendenzielle Rückläufigkeit im Gefäßdurchmesser
könnte auf einen reduzierten [Ca2+]cyt -Wert zurückführbar sein.
Die deutlichsten physiologischen Veränderungen auf einen Rückgang des [Ca2+]cyt -Werts
ließen sich jedoch bei der Signalweiterleitung in den Siebröhren des Phloems feststellen.
Gerade die Untersuchungen an Calcium-verarmten Pappeln ließen für die Signalweiterleitung
den Schluss zu, dass die Richtung, in die sich das Signal fortpflanzt, von entscheidender
Bedeutung für die elektrische Leitfähigkeit der Phloemzellen ist. Die Fähigkeit, elektrische
Schlussfolgerung
97
Signale in ihrer Ausbreitung zu unterstützen könnte durch sich schnell öffnende bzw.
schließende Plasmodesmata sowie Siebporen reguliert werden. Wo Calcium als limitierender
Faktor ins Spiel kommt, scheint die Informationsweiterleitung eines elektrischen Signals nur
noch acropetal zu funktionieren. In Anbetracht der strukturellen und der funktionellen
Übereinstimmungen zwischen Siebporen und Plasmodesmata ist zu vermuten, dass die
elektrische Signalleitung entlang des Phloems für Langstreckensignale optimiert wurde,
wobei in anderen Gewebetypen die elektrische Signalleitung zur Kommunikation über kurze
Strecken von Zelle zu Zelle über Plasmodesmata abläuft (Abb. 5.1).
Abb. 5.1: Schematische Darstellung der elektrischen Signalleitung über kurze und weite Distanzen im
Baum am Beispiel eines typischen Aktionspotentials. Ein Reiz wie z.B. Eiswasser (Stern) induziert einen Ca2+-Einstrom in eine Mesophyllzelle des Blattes (MC). Das Membranpotential depolarisiert
über den Schwellenwert hinaus, so dass sich zunächst Cl--Auswärtskanäle öffnen (Depolarisation) und anschließend K+-Auswärtskanäle (Repolarisation). Die Ausbreitung des induzierten Aktionspotentials erfolgt von Zelle zu Zelle über Plasmodesmata (P) im Rahmen einer Kurzstreckenleitung. Erreicht das
Signal das Phloem, kann es über die Geleitzellen (CC) und deren Plasmodesmata in eine Siebröhre (SE) gelangen und dort bidirektional über weite Distanzen fortgepflanzt werden.
Aufgrund des reich verzweigten Leitbündelsystems ist davon auszugehen, dass viele Reize, wie z. B. Hitze direkt vom Phloem aufgenommen werden und weitergeleitet werden.
Weitere Abkürzung: PA, Parenchymzelle
Schlussfolgerung
98
Im Rahmen dieser Arbeit zeigte sich, dass die Signalweiterleitung über das Phloem
schließlich im Mesophyllgewebe des Blattes endet. Die mit leichter zeitlicher Verzögerung
gemessenen transienten Rückgänge in der CO2-Aufnahmerate der Dunkelreaktion und der
Quantenausbeute des Photosystems II lassen darauf schließen, dass die über das Phloem
transportierte Information des Distanzsignals einen Schutzmechanismus des photosynthetisch
aktiven Gewebes in den Blattorganen der Pappel hervorrief. Der Anstieg des
nichtphotochemischen Quenchings, einhergehend mit dem Abfall des photosynthetischen
Quenchings deutet auf eine Veränderung in dem Xanthophyllzyklus als Schutzreaktion hin.
Zusammenfassung
99
6 Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurde die Bedeutung der Calcium-Versorgung für die
Holzdifferenzierung und die elektrische Signalleitung an der Pappel untersucht. Dafür
wurden zwei verschiedene Pappelklone, Populus tremula x Populus tremuloides T89 und ein
intraspezifischer Hybrid aus Populus trichocarpa x Populus trichocarpa cv Trichobel, in
Hydrokultur bzw. in Bodensubstrat unter verschiedener Calciumernährung angezogen.
Vergleichende Untersuchungen an unterschiedlich mit Calcium versorgten Pappeln (0 mM,
0,1 mM, 1 mM, 5 mM und 10 mM Calcium) haben gezeigt, dass die Calciumernährung
sowohl die Struktur, als auch die Chemie des gebildeten Holzes erheblich beeinflusst:
- Die cambiale Zone war unter Calcium-Mangel in ihrer radialen Ausprägung deutlich
reduziert; im Vergleich zur Optimalversorgung reduzierte sich die cambiale Zone um
etwa die Hälfte auf drei bis vier Zellreihen in radialer Richtung. Die Ausprägung der
Zellexpansionszone war ebenfalls deutlich rückläufig. Die cambialen Zellen selbst
zeigten unter Calciummangel eine deutliche Limitierung in der Ausprägung ihrer
großen Zentralvakuole; im Gegensatz zur Optimalversorgung konnte unter Calcium-
Mangel ein dichtes Cytoplasma mit vielen kleinen Vakuolen beobachtet werden.
- Die aus den cambialen Xylemmutterzellen sich ausdifferenzierenden Libriformfasern
zeigten einhergehend mit einer reduzierten Calciumversorgung einen signifikanten
Rückgang in der Faserlänge. Chemische Analysen der Holzzellwände konnten zudem
darlegen, dass unter minimierter Calciumversorgung der Anteil an S-Lignin rückläufig
ist; es kann somit von einer Reduktion der Ligninsynthese unter Calcium-Mangel
ausgegangen werden. Bei der Ausprägung der Gefäßquerschnittsflächen wurde unter
abnehmender Calciumversorgung eine Tendenz zu kleineren Durchmessern
deutlich.
- Elementanalysen zeigten eine Zunahme von Calcium im Phloem, Cambium und
Xylem des Stammes mit ansteigender Calcium-Versorgung. Diese Beobachtung zeigte
sich besonders deutlich im Phloem.
Zusammenfassung
100
- Bei saisonalen Untersuchungen im Verlauf einer Wachstumsperiode wurde deutlich,
dass mit abnehmender Calciumversorgung ein Rückgang im Trieblängenwachstum,
im Blattflächenzuwachs sowie im Holzzuwachs einhergeht. Demnach wird die
Biomasseproduktion mit abnehmender Calciumversorgung gehemmt.
Die Untersuchungen zur elektrischen Signalleitung sollten zeigen, ob calciumabhängige
Signale über weite Distanzen im Baum fortgeleitet werden, welches Gewebe dem
Ferntransport dient und ob elektrische Signale einen Einfluss auf die Photosynthese ausüben.
Die Durchführung der elektrophysiologischen Untersuchungen an der Pappel erfolgte mit der
Mikroelektrodentechnik im Mesophyll oder mittels der Aphidentechnik im Phloem. Durch die
Aphidentechnik konnte gezeigt werden, dass die gemessenen elektrischen
Spannungsänderungen über die Plasmamembran der Siebröhren über weite Distanzen
fortgeleitet werden. Bei den Untersuchungen wurde zwischen basipetaler und acropetaler
Signalleitung unterschieden. Dabei wiesen die Reaktionen auf die beiden Reiztypen Eiswasser
und Verwundung durch Hitzereizung sowohl Gemeinsamkeiten als auch signifikante
Unterschiede auf. Die wesentlichen Resultate lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Im Phloem konnten als Reaktion auf Kältereizung mittels Eiswasser in acropetaler
Richtung typische Aktionspotentiale, auf Verwundung von Blattgewebe mittels
H.M., O´Donnell, P.J., Bowles, D.J. (1992) Electrical Signalling and systemic
proteinase inhibitor induction in the wounded plant. Nature 360: 62-65
Williams, D.H., Fleming, I. (1980) Infrared spectroscopy. In: Spectroscopic Methods in
Organic Chemistry, 3. Auflage. McGraw Hill, New York. pp 35-73
Literatur
115
Wong, B.S., Adler, M. (1986) Tetraethylammonium blockade of calcium-activated potassium
channels in clonal anterior pituitary cells. European Journal of Physiology 407: 279-
284
Anhang
116
8 Anhang
8.1 Gaswegeplan der Porometers CQP 130:
Abb. 8.1: Gaswegeplan des Porometers CQP 130 zur Messung des Blattgaswechsels an Pappel.
8.2 Reaktion im Gaswechsel auf Hitzereiz an der Blattspitze (Populus trichocarpa) A)
Anhang
117
B)
C)
Anhang
118
D)
E)
Abb. 8.2: A - E Repräsentative Reaktionen der Netto-Photosyntheserate (JCO2) und der stomatären Leitfähigkeit (gH2O) in Pappelblättern auf einen Hitzereiz an der Blattspitze des Messblattes. Der
Zeitpunkt der Reizung ist durch Pfeile gekennzeichnet.
Anhang
119
8.3 Reaktion im Gaswechsel auf einen Hitzereiz an der Blattbasis eines unteren
Blattes (Populus trichocarpa)
A) Distanz 13,5 cm
B) Distanz 12 cm
Anhang
120
C) Distanz 9 cm
Abb. 8.3: A - C Repräsentative Reaktionen der Netto-Photosyntheserate (JCO2) und der stomatären Leitfähigkeit (gH2O) in Pappelblättern auf einen Hitzereiz an der Blattbasis eines unteren Blattes hin.
Der Zeitpunkt der Reizung ist durch Pfeile gekennzeichnet.
Anhang
121
8.4 Reaktion im Gaswechsel auf einen Hitzereiz an der Blattbasis eines unteren
Blattes bei unter Calcium-Mangel angezogenen Pappeln
(Populus tremula x Populus tremuloides)
A) Distanz 7,5 cm
B) Distanz 5 cm
Anhang
122
C) Distanz 10 cm
D) Distanz 5,5cm
Anhang
123
E) Distanz 6,5 cm
Abb. 8.4: A - E Repräsentative Reaktionen der Netto-Photosyntheserate (JCO2) und der stomatären Leitfähigkeit (gH2O) in Pappelblättern auf einen Hitzereiz an der Blattbasis eines unteren Blattes hin.
Die bemessenen Pappeln wurden in Hydrokultur unter minimaler Calciumversorgung (0,1 mM) angezogen. Der Zeitpunkt der Reizung ist durch Pfeile gekennzeichnet.
Anhang
124
8.5 Reaktionen in der Quantenausbeute des Photosystems II auf einen Hitzereiz an
der Blattspitze des Messblattes (Populus trichocarpa)
A)
Anhang
125
B)
Anhang
126
C)
Anhang
127
D)
Abb. 8.5: A - D Repräsentative Reaktionen der Quantenausbeute des PS II auf eine Hitzereizung an der Messblattspitze zum Zeitpunkt 0. Distanz jeweils ca. 4 cm. Gleichzeitiger Abfall im Yield-Wert der Adern und der direkt angrenzenden Intercostalfelder auf das basipetal gerichtete Signal hin. Die
unteren Bilder zeigen die Messflächen der oben dargestellten Graphen.
Anhang
128
8.6 Reaktionen in der Quantenausbeute des Photosystems II auf einen Hitzereiz an
der Blattbasis eines unteren Blattes (Populus trichocarpa)
A)
Anhang
129
B)
Anhang
130
C)
Anhang
131
D)
Abb. 8.6: A - D Repräsentative Reaktionen der Quantenausbeute des PS II auf eine Hitzereizung an der Blattbasis eines unteren Blattes zum Zeitpunkt 0. Distanz jeweils 9 - 13 cm. Reaktionen im Yield-Wert der Adern und der direkt angrenzenden Intercostalfelder auf das acropetal gerichtete Signal hin deutlich zeitlich verzögert (vgl. vergrößerte Darstellung). Die unteren Bilder zeigen die Messflächen
der oben dargestellten Graphen.
Anhang
132
8.4 Standardabweichungen zu den Mittelwerten der Zuwachsmessungen an P.
trichocarpa - Stecklingen während der Wachstumsperiode 2004. Für jede
Variante n = 5.
Calcium - minimiert Calcium - reduziert Calcium - normal
Mittelwerte STABWN Mittelwerte STABWN Mittelwerte STABWN in mm in mm in mm