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2004-1985 2415
05.028
Botschaft zur Bahnreform 2
vom 23. Februar 2005
Sehr geehrte Herren Prsidenten, sehr geehrte Damen und
Herren,
wir unterbreiten Ihnen die Botschaft zur Bahnreform 2 und die
nachstehenden Erlassentwrfe mit dem Antrag auf Zustimmung:
Personenbefrderungsgesetz (PBG), Bundesgesetz ber den
Sicherheitsdienst der Transportunternehmen
(BGST), Bundesgesetz ber den Gtertransport der Bahnen und
Schifffahrtsunter-
nehmen (GTG), nderung, Bundesgesetz ber die Zulassung als
Strassentransportunternehmen (STUG),
nderung, Eisenbahngesetz (EBG), nderung, Gesetz ber die nderung
von Erlassen auf Grund der Bahnreform.
Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, folgende parlamentarische
Vorstsse abzuschrei-ben: 2000 P 00.3218 Weitere Liberalisierung und
Privatisierung bei Swisscom,
Post und Bahn (N 20.6.00 Spezialkommission NR 00.016) 2001 P
01.3139 Gesetz ber den ffentlichen Verkehr
(Vollmer; N 22.03.01) 2001 P 01.3284 Gesetzliche
Datenschutzregelungen im Bereich personen-
bezogener Mobilittsdaten (Vollmer; N 07.06.01) 2002 P 01.3710
Gleichbehandlung aller Transportunternehmungen des
ffentlichen Verkehrs (N 05.6.02, Bezzola) 2003 M 01.3753
Harmonisierung der Finanzierung im ffentlichen Verkehr
(S 6.3.02, Brndli; N 5.3.03) 2001 M 00.3513 bergriffe auf
Angestellte des ffentlichen Verkehrs.
Ergnzung des Schweizerischen Strafgesetzbuches oder
Spezialgesetzgebung (N 20.3.01, Jutzet; S 2.10.01)
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2416
Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Prsidenten, sehr geehrte
Damen und Her-ren, unserer vorzglichen Hochachtung.
23. Februar 2005 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates
Der Bundesprsident: Samuel Schmid Die Bundeskanzlerin: Annemarie
Huber-Hotz
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2417
bersicht
Die Bahnreform 2 legt ihr Schwergewicht auf die Neuordnung und
Harmonisierung der Infrastrukturfinanzierung. Weitere Themen sind
die Revision des Sicherheits-dienstes, die Garantie des
diskriminierungsfreien Netzzugangs, die Gleichstellung der
Transportunternehmen sowie Anpassungen frherer Reformen. Hauptziele
der Bahnreform 2 sind die Effizienzsteigerung im ffentlichen
Verkehr und die Sicherung eines leistungsfhigen Bahnsystems durch
ein verbessertes Kos-ten-Nutzen-Verhltnis beim Einsatz ffentlicher
Mittel. Ihre Stossrichtung liegt im Einklang mit der Entwicklung in
der Europischen Union, wo die Liberalisierung des Gterverkehrs im
Vordergrund steht (Bahnpakete 1 und 2). Die EU legt im
Infrastrukturbereich vorab Gewicht auf einheitliche Regeln zu
Gunsten eines siche-ren und durchgehenden Zugverkehrs im
europischen Bahnsystem (Interoperabili-tt). Was die Finanzierung
des Schweizer Schienennetzes betrifft, hat man es weitgehend mit
historisch gewachsenen Zusammenhngen zu tun: Der Bund ist allein fr
die Strecken von nationaler Bedeutung verantwortlich (u.a. gesamtes
SBB-Netz). Die Finanzierung der meisten Privatbahnstrecken erfolgt
hingegen gemeinsam mit den Kantonen im Rahmen der Abgeltung fr den
Regionalverkehr. Die Finanzierung der Tramstrecken ist schliesslich
alleine den Kantonen berlassen. Diese bisher dreige-teilte
Finanzierungsverantwortung soll neu nach funktionalen Kriterien
aufgeteilt werden, was die Transparenz erhht. Im Sinne des Neuen
Finanzausgleichs sollen doppelte Zustndigkeiten verschwin-den: Mit
der Zweiteilung in ein Grund- und ein Ergnzungsnetz kommt die
Finan-zierung des Grundnetzes (Grossteil aller Strecken inklusive
des ganzen Transit- und Fernverkehrsnetzes) in die Verantwortung
des Bundes, whrend den Kantonen und Gemeinden die
Finanzierungsverantwortung fr das Ergnzungsnetz bertragen wird, mit
einem wesentlich kleineren Teil der Strecken von ausschliesslich
regiona-ler oder lokaler Bedeutung. Die neue Aufteilung hat
haushaltneutral zu erfolgen. Das mit der Bahnreform 1 eingefhrte
Instrument der vierjhrigen Leistungsverein-barung mit der SBB hat
sich bewhrt und soll in Zukunft bei allen vom Bund mit-finanzierten
Bahnen angewendet werden. Die Wahrung der ffentlichen Sicherheit
ist durch das Bahnpolizeigesetz von 1878 nicht mehr zu
gewhrleisten. Die Bahnreform 2 will deshalb die Gesetzgebung den
heutigen Anforderungen anpassen. Ziel ist eine verbesserte
Sicherheit fr Reisende, Angestellte und den Bahnbetrieb. Der
zuknftige Sicherheitsdienst soll im gesamten ffentlichen Verkehr
agieren, er kann auch einer privaten Organisation in der Schweiz
bertragen werden. Die Aufgaben der Kantons- und der Gemeindepolizei
bleiben bei verstrkter Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsdienst
unverndert. Mit der Bahnreform 1 hat die Schweiz 1999 den
diskriminierungsfreien Netzzugang eingefhrt. Um die Sicherstellung
der Diskriminierungsfreiheit zu verbessern, soll nun die
Schiedskommission mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden: Von
Amtes wegen kann sie Untersuchungen einleiten bei blosser Vermutung
von diskriminie-
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2418
rendem Verhalten im Netzzugang. Diese Anpassung entspricht der
Rechtsentwick-lung in der EU und steht im Zusammenhang mit der
Harmonisierung der schweize-rischen Gesetzgebung im
Eisenbahnbereich mit derjenigen der EU. Zusammen mit weiteren
Gesetzesanpassungen wird damit die rechtliche Grundlage geschaffen,
um die beiden so genannten Bahnpakete der EU in den Acquis des
Landverkehrsab-kommens zu bernehmen. Ebenfalls vorbereitet wird die
Anpassung an die europischen Interoperabilitts-richtlinien. Diese
sollen durch ein europaweit technisch einheitliches
Eisenbahnsys-tem den freien und sicheren Verkehr durch den ganzen
Kontinent ermglichen. Die Interoperabilitt schafft einheitliche und
leistungsfhige Bahnstrecken und verbes-sert so den Warenaustausch
mit unserem wichtigsten Handelspartner, der Europi-schen Union. Sie
erleichtert auch die Aufgabe, den Transitverkehr auf der
NordSd-Achse auf dem direktesten Weg und mit der Bahn zu bewltigen.
Somit trgt sie zur Auslastung der NEAT-Basistunnel bei. Das ist von
elementarer Bedeutung fr die Wirtschaftlichkeit dieser
Jahrhundertbauwerke. Auf Grund ihrer Verlagerungs-politik und des
Zieles einer koordinierten Verkehrspolitik hat die Schweiz grosses
Interesse an einem bezglich Sicherheit einheitlichen
Eisenbahnsystem in Europa. Durch die Anpassung an die
Interoperabilittsrichtlinien und die ersten beiden Bahnpakete der
EU wird die Leistung der Bahnsysteme bei gleich bleibender
Sicherheit massgeblich gesteigert und die Marktffnung wird weiter
vorangetrieben. Damit wird die schweizerische Verlagerungspolitik
gestrkt, und fr die Schweizer Bahnen erffnen sich neue
unternehmerische Chancen. Die in der EU mit den Bahnpaketen
angestrebte weitere Marktffnung im Schienenverkehr ist mit der
schweizerischen Gesetzgebung vereinbar. Weiter gehende gesetzliche
Anpassungen sind nicht notwendig. Ein weiteres zentrales Anliegen
der Bahnreform 2 ist die Angleichung der gesetzli-chen
Rahmenbedingungen fr alle Unternehmen. Im Vordergrund steht die
Harmo-nisierung der Investitionsfinanzierung, das heisst die
Gleichbehandlung bei der Finanzierung von Fahrzeugen, Schiffen,
Werksttten und anderen Investitionen in den Verkehrsbereich. Um den
Verkehrsbereich mglichst marktkonform auszuges-talten, aber auch
aus budgetren Grnden empfiehlt sich eine Finanzierung ohne direkten
Einsatz staatlicher Mittel. Umgekehrt zeigt aber das Beispiel der
SBB, dass die Bonitt des Staates im Hintergrund genutzt werden
kann, um merklich tiefere Kapitalkosten zu erreichen. Weitere
Angleichungen betreffen das Pfandrecht und einige Sonderregelungen
im SBB-Gesetz. Die Bahnreform 2 beinhaltet keine weite-ren
Beschlsse zur Bahnlandschaft Schweiz. Der Bundesrat hat die
entsprechenden Weichen bereits gestellt und den
Konsolidierungsprozess ins Rollen gebracht. Der Bund wird gemeinsam
mit den Kantonen im Rahmen seiner Funktion als Eigner diese
Entwicklung aktiv untersttzen. Hierfr sind keine zustzlichen
Gesetzesan-passungen notwendig. Mit der Bahnreform 2 sollen
schliesslich Regelungslcken geschlossen werden. Hervorzuheben sind
die Ausschreibung und die Entschuldung: Bei den Ausschrei-bungen,
die heute freiwillig sind, soll eine erhhte Rechtssicherheit
geschaffen werden. Fortan muss bei ungengenden Offerten oder
Leistungen eine Ausschrei-bung erfolgen, die durch ein
Bewertungssystem untermauert wird. Im brigen soll
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2419
es nur noch bei Ablauf der Konzession eine Ausschreibung geben,
womit die Kon-zession zur entscheidenden Sicherheit fr die
Unternehmen wird. Nachdem mit der Bahnreform 1 die SBB entschuldet
wurde, soll mit dem zweiten Reformschritt auch fr Privatbahnen eine
Entschuldung mglich werden. Allerdings soll dies nur bei
Unternehmen geschehen, die bereit sind, sich einem
Konsolidie-rungsprozess zu unterziehen. Wenn die Kantone fr ihren
Teil mitwirken, wandelt der Bund zinslose Darlehen fr die
Infrastruktur in Eigenkapital um. Dadurch erhlt das Eigenkapital im
Verhltnis zum Fremdkapital wieder eine angemessene Hhe, und die
Unternehmen knnen die notwendigen Rckstellungen bilden.
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2420
Inhaltsverzeichnis
bersicht 2417 Abkrzungsverzeichnis 2425 1 Grundzge der Vorlage
2426
1.1 Grundlagen und Ziele der Bahnreform 2 2426 1.1.1 Umfeld
2426
1.1.1.1 Zeitliche Einbettung der Bahnreform 2426 1.1.1.2
Verkehrspolitische Einbettung der Bahnreform in
der Schweiz 2427 1.1.1.3 Europische Entwicklung 2429 1.1.1.4
Anlass fr die Bahnreform 2 2434
1.1.2 Ziele der Bahnreform 2 2434 1.1.3 Schwerpunkte der
Bahnreform 2 2435 1.1.4 Bahnlandschaft 2436
1.2 Inhalte der Bahnreform 2 2436 1.2.1 Neuordnung der
Infrastrukturfinanzierung 2437
1.2.1.1 Rolle des Staates 2437 1.2.1.2 Finanzierungsinstrumente
Leistungsvereinbarung 2439 1.2.1.3 Aufgabenteilung Bund Kantone:
Aufteilung
der Eisenbahn-Infrastruktur in ein Grundnetz und ein
Ergnzungsnetz 2441
1.2.1.4 Leistungsvereinbarungen fr die Finanzierung des
Grundnetzes 2446
1.2.1.5 Abgrenzung der Finanzierungsinstrumente im Grundnetz
2448 1.2.1.6 Finanzierung des Ergnzungsnetzes 2449 1.2.1.7
Trassenpreis 2450
1.2.2 Sicherheitsdienst (Bahnpolizei) 2451 1.2.2.1 Bahnpolizei
und Bahnpolizeigesetz 2451 1.2.2.2 Gegenwrtige Ausbung der
Bahnpolizei 2451 1.2.2.3 Bedrohung im ffentlichen Verkehr 2452
1.2.2.4 Der Weg zur neuen Lsung 2453 1.2.2.5 Vorgeschlagene Lsung
fr einen Sicherheitsdienst 2453 1.2.2.6 Sicherheitsdienstliche
Aufgaben der Transportunternehmen 2454
1.2.3 Sicherstellung des diskriminierungsfreien Netzzugangs 2455
1.2.3.1 Ausgangslage 2455 1.2.3.2 Trassenvergabestelle 2455 1.2.3.3
Rolle der Schiedskommission 2457
1.2.4 Interoperabilitt des europischen Schienennetzes 2458
1.2.4.1 Notwendigkeit einer Regelung 2458 1.2.4.2 Heutige
schweizerische Genehmigungsverfahren 2459 1.2.4.3
Interoperabilittsrichtlinien der EU 2460 1.2.4.4 Stand der
Umsetzung in der Schweiz 2460 1.2.4.5 Neue Regelung im
Eisenbahngesetz 2461
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2421
1.2.4.6 Grundzge des vorliegenden Gesetzesentwurfs 2461
1.2.4.6.1 Europische Anforderungen 2461 1.2.4.6.2 Nachweis der
Einhaltung der europischen
technischen Spezifikationen 2463 1.2.4.6.3 Weg zur Anerkennung
der schweizerischen
Bescheinigungen durch die EG 2464 1.2.4.6.4 Auswirkungen auf
Plangenehmigungs-,
Betriebsbewilligungs- und Typenzulassungsverfahren 2465
1.2.5 Gesetzliche Gleichstellung der Verkehrsunternehmen 2467
1.2.5.1 Investitionen des Verkehrsbereichs,
Rollmaterialfinanzierung 2467 1.2.5.2 Sonderregelungen im
SBB-Gesetz 2469
1.2.5.2.1 Infrastrukturkonzession fr die SBB 2469 1.2.5.2.2
Genehmigung von Rechnung und Budget
der SBB 2469 1.2.5.3 Steuerpflicht 2470
1.2.6 Ergnzungen zu frheren Reformen 2470 1.2.6.1 ffentlicher
Personenverkehr 2471
1.2.6.1.1 Anforderungen an Unternehmen des Linienverkehrs
2471
1.2.6.1.2 Unabhngigkeit der Unternehmen von den Bestellern
2472
1.2.6.1.3 Bestellverfahren im Regionalverkehr 2473 1.2.6.1.4
Ausschreibungsregeln 2474
1.2.6.2 Anreize im finanziellen Ergebnis 2475 1.2.6.3
Entschuldung 2476 1.2.6.4 Angriff gegen Angestellte des ffentlichen
Verkehrs 2477 1.2.6.5 berarbeitung der Vorschriften betreffend
die Genehmigungsverfahren 2478 1.2.6.5.1 Risikoorientierte
Beurteilung 2478 1.2.6.5.2 Betriebsbewilligung 2478 1.2.6.5.3
Typenzulassung 2479
1.3 Ergebnisse der Vernehmlassungen 2479 1.3.1 Vernehmlassung
der Vorlage Bahnreform 2 2479 1.3.2 Gesonderte Vernehmlassung zur
Interoperabilitt 2480 1.3.3 Informelle Konsultation zur bernahme
des 2. Bahnpakets 2481
1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 2481 1.5
Rechtsvergleich und Verhltnis zum europischen Recht 2481 1.6
Umsetzung 2482 1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstsse 2482 1.8
Perspektiven 2483
2 Kommentar zu den Gesetzestexten 2483 2.1 Gesetzessystematik
2483 2.2 Personenbefrderungsgesetz (PBG) (neu) 2484
2.2.1 1. Abschnitt: Geltungsbereich, Aufsicht 2484
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2422
2.2.2 2. Abschnitt: Personenbefrderungsregal 2485 2.2.3 3.
Abschnitt: Grundpflichten der Unternehmen 2487 2.2.4 4. Abschnitt:
Personentransportvertrag 2488 2.2.5 5. Abschnitt; Transport von
Reisegepck 2488 2.2.6 6. Abschnitt: Bestelltes Verkehrsangebot 2489
2.2.7 7. Abschnitt: Rechnungswesen 2492 2.2.8 8. Abschnitt:
Besondere Leistungen fr ffentliche Verwaltungen 2493 2.2.9 9.
Abschnitt: Bestimmungen ber die vertragliche Haftung 2494 2.2.10
10.Abschnitt: Aufsicht 2495 2.2.11 11. Abschnitt: Rechtspflege,
Strafbestimmungen und
Verwaltungsmassnahmen 2496 2.2.12 12. Abschnitt:
Schlussbestimmungen 2497
2.3 Bundesgesetz ber den Sicherheitsdienst der
Transportunternehmen (BGST) 2498
2.4 Bundesgesetz ber den Gtertransport der Bahn- und
Schifffahrtsunternehmen (GTG) 2501
2.5 Bundesgesetz ber die Zulassung als
Strassentransportunternehmung (STUG) 2502
2.6 Eisenbahngesetz (EBG) 2503 2.6.1 Erstes Kapitel: Allgemeine
Bestimmungen 2503 2.6.2 Zweites Kapitel: Eisenbahnunternehmen 2504
2.6.3 Drittes Kapitel: Aufsicht 2507 2.6.4 Viertes Kapitel:
Planung, Bau und Betrieb 2508 2.6.5 Fnftes Kapitel: Besondere
Leistungen fr ffentliche
Verwaltungen 2514 2.6.6 Sechstes Kapitel: Finanzierung der
Infrastruktur 2515 2.6.7 Siebentes Kapitel: Hilfe bei grossen
Naturschden 2517 2.6.8 Achtes Kapitel: Trennung von Verkehr und
Infrastruktur 2518 2.6.9 Neuntes Kapitel: Rechnungswesen 2519
2.6.10 Zehntes Kapitel: Kaufrecht der Gemeinwesen 2519 2.6.11
Elftes Kapitel: Sicherheitsrelevante Ttigkeiten
im Eisenbahnbereich 2520 2.6.12 Zwlftes Kapitel:
Strafbestimmungen und
Verwaltungsmassnahmen 2522 2.6.13 Dreizehntes Kapitel: bergangs-
und Schlussbestimmungen 2524
2.7 Gesetz ber die Aufhebung und nderung von Gesetzen aufgrund
der Bahnreform 2525 2.7.1 Verantwortlichkeitsgesetz 2525 2.7.2
Obligationenrecht (OR) 2526 2.7.3 Schweizerisches Strafgesetzbuch
(StGB) 2526 2.7.4 Bundesstatistikgesetz (BstatG) 2526 2.7.5
Bundesgesetz ber den Natur- und Heimatschutz (NHG) 2526 2.7.6
Militrgesetz (MG) 2526 2.7.7 Finanzhaushaltsgesetz (FHG) 2526 2.7.8
Zollgesetz (ZG) 2527 2.7.9 Bundesgesetz ber die Stempelabgaben
(StG) 2527 2.7.10 Strassenverkehrsgesetz (SVG) 2527
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2423
2.7.11 Anschlussgleisgesetz 2528 2.7.12 Bundesgesetz ber
Verpfndung und Zwangsliquidation
von Eisenbahn- und Schifffahrtunternehmungen 2528 2.7.13
SBB-Gesetz (SBBG) 2528 2.7.14 Seilbahngesetz (SeBG) 2529 2.7.15
Trolleybusgesetz (TrG) 2529 2.7.16 Bundesgesetz ber die
Binnenschifffahrt (BSG) 2530 2.7.17 Arbeitszeitgesetz (AZG)
2530
2.7.17.1 Allgemeines 2530 2.7.17.2 Erluterung der einzelnen
nderungen 2530
2.7.18 Bundesgesetz ber die Schweizerische Verkehrszentrale 2532
2.7.19 Geldwschereigesetz (GwG) 2532
2.8 Bundesbeschluss ber die Umwandlung des der BLS gewhrten
Baukredits in bedingt rckzahlbare Darlehen 2533
3 Auswirkungen 2533 3.1 Auf den Bund 2533
3.1.1 Finanzielle Auswirkungen 2533 3.1.2 Personelle
Auswirkungen 2534 3.1.3 Auf die Haushaltneutralitt 2535 3.1.4
Sonstige Auswirkungen 2535
3.2 Auf die Kantone und Gemeinden 2535 3.2.1 Finanzielle
Auswirkungen 2535 3.2.2 Personelle Auswirkungen 2536 3.2.3 Sonstige
Auswirkungen 2536
3.3 Volkswirtschaftliche Auswirkungen 2536 3.3.1 Notwendigkeit
und Mglichkeit staatlicher Intervention 2536 3.3.2
Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen 2537 3.3.3 Auswirkungen auf
verschiedene Gesellschaftsgruppen 2537 3.3.4 Andere in Frage
kommende Regelungen 2539 3.3.5 Aspekte der Anwendung 2539
3.4 Andere Auswirkungen 2539 3.4.1 Auswirkungen auf die Umwelt
2539 3.4.2 Raumordnungspolitische und regionalpolitische
Auswirkungen 2539 3.4.3 Weitere Bereiche 2540
4 Verhltnis zur Legislaturplanung 2540 5 Rechtliche Aspekte
2541
5.1 Verfassungsmssigkeit 2541 5.2 Vereinbarkeit mit
internationalen Verpflichtungen der Schweiz 2541 5.3 Erlassform
2542 5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 2542 5.5
Vereinbarkeit mit dem Subventionsgesetz 2542
Anhang: Inhalt der Infrastrukturkonzession SBB 2543
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2424
Bundesgesetz ber die Personenbefrderung (Entwurf) 2547
Bundesgesetz ber den Sicherheitsdienst der Transportunternehmen
(Entwurf) 2569 Bundesgesetz ber den Transport im ffentlichen
Verkehr (Entwurf) 2573 Bundesgesetz ber die Zulassung als
Strassentransportunternehmen
(Entwurf) 2579 Eisenbahngesetz (Entwurf) 2583 Bundesgesetz ber
die nderung von Erlassen auf Grund
der Bahnreform 2 (Entwurf) 2613 Bundesbeschluss ber die
Umwandlung des der BLS Ltschbergbahn
gewhrten Baukredits in ein bedingt rckzahlbares Darlehen
(Entwurf) 2625
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2425
Abkrzungsverzeichnis
BLS BLS Ltschbergbahn AG, BLS Chemin de fer du Loetschberg SA
BLS Ferrovia del Loetschberg SA, BLS Loetschberg Railway Ltd.
BSU Busbetrieb Solothurn und Umgebung GSM-R Global System for
Mobile Communications Railways Hupac Hupac SA MOB Compagnie du
Chemin de fer Montreux-Oberland bernois,
Montreux-Berner Oberland-Bahn RBS Regionalverkehr Bern-Solothurn
RhB Rhtische Bahn (RhB) Ferrovia retica (FR) Viafier retica (VR) RM
Regionalverkehr Mittelland AG SBB Schweizerische Bundesbahnen
SBB
Chemins de fer fdraux suisses CFF Ferrovie federali svizzere FFS
Viafiers federalas svizras VFS, Swiss federal railways SFR
SOB Schweizerische Sdostbahn AG SZU Sihltal Zrich Uetliberg Bahn
SZU THURBO Thurbo AG TRN TRN SA (Transports rgionaux neuchtelois)
VBZ Verkehrsbetriebe Zrich ZVB Zugerland Verkehrsbetriebe AG ZVV
Zrcher Verkehrsverbund
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2426
Botschaft
1 Grundzge der Vorlage 1.1 Grundlagen und Ziele der Bahnreform 2
1.1.1 Umfeld 1.1.1.1 Zeitliche Einbettung der Bahnreform
Die Bahnreform ist ein wichtiges Element der Verkehrspolitik.
Sie ist als Prozess zu verstehen, der darauf abzielt, den
ffentlichen Verkehr und insbesondere den Schie-nenverkehr den
heutigen Gegebenheiten anzupassen. Das historisch gewachsene System
wurde mit der Revision des Eisenbahngesetzes (1.1.1996) und der
Bahnre-form 11 (1.1.1999) schrittweise umgestaltet. Dieser
Reformprozess wird nun mit der Bahnreform 2 fortgesetzt.
Revision Eisenbahngesetz 1996 Am 1. Januar 1996 ist die
Neuordnung der Regionalverkehrsfinanzierung mit der Revision des
Eisenbahngesetzes (Art. 49 ff EBG; SR 742.101) in Kraft getreten.
Wesentliche Punkte waren die Einfhrung des Bestellprinzips, zudem
wurden fr den Regionalverkehr die Unterschiede in der Behandlung
der verschiedenen Ver-kehrsmittel und Verkehrsunternehmen
beseitigt. Das heisst, die Bestellung des Regionalverkehrs erfolgt
nun stets gemeinsam durch Bund und Kantone, unabhn-gig davon,
welches Unternehmen die Leistung erbringt. Das Bestellprinzip
bedeutet, dass Defizite nicht mehr nachtrglich abgedeckt wer-den.
Bund und Kantone bestellen die Angebote der SBB, der Post und der
brigen Transportunternehmen zu einem auf Grund einer Planrechnung
im Voraus verein-barten Preis. Durch dieses System der Abgeltung
der geplanten ungedeckten Kosten wird die Unternehmensverantwortung
gestrkt. Voraussetzung fr diesen System-wechsel war der bergang zu
einem Spartenmodell (Unterteilung der Betriebskos-ten- und
Leistungsrechnung in bestimmte Sparten, z.B. Infrastruktur,
regionaler Personenverkehr, Wagenladungsverkehr).
Bahnreform 1 1999 Die erste Stufe der Bahnreform wurde am 1.
Januar 1999 Wirklichkeit. Sie enthielt vier Massnahmen fr alle
Bahnen, nmlich
die rechnerische und organisatorische Trennung von Infrastruktur
und Ver-kehr,
den Netzzugang, die Ausdehnung des Bestellprinzips auf alle
Abgeltungen und die Liberalisierung des Gterverkehrs.
Folgende drei Massnahmen zielten auf die Verselbstndigung der
SBB ab: Die Bezie-hung zwischen Staat und Unternehmen wurde neu
geregelt, die SBB erhielt eine neue Rechtsform (spezialgesetzliche
Aktiengesellschaft) und wurde entschuldet.
1 BBl 1997 I 909
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2427
Auf EU-Ebene befasst sich die EU-Richtlinie 91/4402 mit diesem
Themenkomplex. Die Massnahmen der Bahnreform 1 entsprechen
weitgehend den Punkten, welche diese EU-Richtlinie von den
Mitgliedstaaten fordert. Sie bezweckt, die Staatsbahnen aus der
staatlichen Verwaltung herauszulsen und auf dem Schienennetz
Wettbe-werb vor allem im Gterverkehr zu ermglichen. Das EU-Recht
wurde seit der Bahnreform 1 und seit dem Abschluss der bilateralen
Vertrge Schweiz-EU weiter-entwickelt. Darauf geht Ziffer 1.1.1.3
nher ein.
1.1.1.2 Verkehrspolitische Einbettung der Bahnreform in der
Schweiz
Verhltnis zur Strasse Die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen
bei der Weiterfhrung der Bahnreform sind durch die
Konkurrenzsituation zwischen Schiene und Strasse geprgt. Zwar
konnte die Schiene in den letzten Jahren ihre Qualitt weiter
steigern; dennoch hat die Strasse ihre Vorzge weiterhin ausspielen
knnen. Die Einfhrung der Leis-tungsabhngigen Schwerverkehrsabgabe
(LSVA) hat im Gterverkehr eine Annhe-rung der Kostensituation von
Schiene und Strasse bewirkt, eine vollstndige Anlas-tung aller
externen Kosten ist aber noch nicht realisiert. Auf Grund der
Konkurrenzsituation im Verkehrsmarkt haben sich die Preise im
Gterverkehr fortwhrend nach unten entwickelt. Das
Strassenverkehrsgewerbe hat seine Effi-zienz als Reaktion auf die
LSVA noch gesteigert. Im alpenquerenden Gterverkehr konnte die
Schiene zwar nach Jahren des Verlusts und der Stagnation ihren
Markt-anteil seit dem Jahr 2000 wieder geringfgig ausbauen. Im
Personen- und im restli-chen Gterverkehr jedoch hat der Marktanteil
der Schiene stagniert bzw. leicht abgenommen. Ziel der Bahnreform 2
ist es daher, die Effizienz und die Qualitt des ffentlichen
Verkehrs, insbesondere des Schienenverkehrs weiter zu
verbessern.
Service Public Die Grundversorgung im ffentlichen Verkehr
(service public) sicherzustellen, ist eine ffentliche Aufgabe. Ziel
ist es, die Mobilittsbedrfnisse der Bevlkerung nachhaltig ber eine
regional ausgewogene Versorgung zu befriedigen. Ein gut ausgebautes
ffentliches Verkehrsnetz ist zudem ein wichtiger
wirtschaftspolitischer Standortfaktor. Aufgabe des Staates ist es,
die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich die Unternehmen im
Markt behaupten und entwickeln knnen. Bezge zur Bahnreform 2
ergeben sich in der Infrastrukturfinanzierung (Bereitstellung des
Schienennetzes), bei den Ausschreibungsregeln und bei den
Anforderungen an den Linienverkehr.
Volksentscheide Die Bahnreform 1 und die Verankerung des
Verlagerungsziels fr den alpenqueren-den Gterverkehr in der
Verfassung haben die Schweizer Verkehrspolitik entschei-dend
beeinflusst. Neben der pragmatischen Weiterentwicklung der
Verkehrspolitik haben verschiedene Volksentscheide (z.B.
Alpeninitiative, Bundesbeschluss zu
2 Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur
Entwicklung der Eisenbahnun-ternehmen in der Gemeinschaft.
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2428
Bahn 2000, FinV-Fonds fr Eisenbahngrossprojekte) dabei
richtungweisend gewirkt.
Weitere verkehrspolitische Massnahmen Neben der Bahnreform
beeinflussen folgende wichtige Massnahmen die Rahmen-bedingungen im
Verkehrssektor:
die Einfhrung der Leistungsabhngigen Schwerverkehrsabgabe, die
Alpeninitiative, die beiden neuen Eisenbahn-Alpentransversalen
Gotthard und Ltschberg, das Konzept Bahn 2000, der Anschluss der
Schweiz an die auslndischen Hochgeschwindigkeits-
strecken.
Internationalisierung und Einfluss der EU Die internationale
Verflechtung des Personen- und Gterverkehrs nimmt weiter zu.
Deshalb ist die Koordination der schweizerischen Verkehrspolitik
mit jener Europas notwendig. Das am 21. Juni 1999 unterzeichnete,
am 21. Mai 2000 vom Schweizer-volk genehmigte und am 1. Juni 2002
in Kraft getretene Landverkehrsabkommen mit der EU soll die
Fortfhrung der Zusammenarbeit im Verkehrsbereich sichern. Das
Landverkehrsabkommen ist zudem, als aussenpolitischer Pfeiler der
schweizeri-schen Verkehrspolitik, fr die Erfllung des
Alpenschutzartikels in der Bundesver-fassung unverzichtbar. Mit dem
1. Bahnpaket (Infrastrukturpaket) und dem 2. Bahnpaket sowie dem
Weissbuch von 2001 hat die EU die wichtigsten Pfeiler ihrer
Verkehrspolitik errich-tet. Die EU-Verkehrspolitik will die
Modernisierung der Bahnen mit hoher Prioritt vorantreiben, sie
setzt dabei primr auf die Frderung des Wettbewerbs und auf die
Verbesserung der Interoperabilitt.
Finanzielle Rahmenbedingungen Das Verkehrssystem muss
finanzierbar bleiben. Die Neugestaltung des Finanzaus-gleichs und
der Aufgabenteilung (NFA) wird auch Auswirkungen auf die
Finanzie-rung des Verkehrs haben. Die Aufgabenteilung zwischen Bund
und Kantonen soll vereinfacht werden. Nach Mglichkeit sollen sich
entweder der Bund oder die Kantone um die Finanzierung einer
Aufgabe oder eines Aufgabenbereichs km-mern. Eine gemeinsame
Verantwortung wird nur noch im Regionalverkehr als einer so
genannten Verbundaufgabe bestehen. Die Zustndigkeiten fr die
Infrastruktur werden klar abgegrenzt. Die bereits absehbaren
Auswirkungen der NFA werden daher in die Bahnreform einbezogen.
-
2429
1.1.1.3 Europische Entwicklung
Der Wandel hin zu mehr Wettbewerb im ffentlichen Verkehr und
namentlich im Schienenverkehr wird durch die EU weiter
vorangetrieben. Im Jahr 2001 beschloss die EU im 1. Bahnpaket
wichtige Ergnzungen3 zur ursprnglichen Bahnreform-Richtlinie
91/440, die unter anderem auch die Regelung des Netzzugangs
beinhaltet. Diese Richtlinie ist Bestandteil von Anhang 1 des
Landverkehrsabkommens zwi-schen der Schweiz und der Europischen
Gemeinschaft. Somit wendet die Schweiz gleichwertige Massnahmen an.
Am 15. Mrz 2003 ist das 1. Bahnpaket in Kraft getreten. Die
Richtlinien sehen u.a. folgendes vor:
Der Marktzugang respektive Netzzugang im Gterverkehr wird
ausgeweitet. In einem ersten Schritt wird ein transeuropisches Netz
fr den grenzber-schreitenden Gterverkehr (TERNF) geffnet. In einem
zweiten Schritt wird ab 15. Mrz 2008 der Zugang im Gterverkehr
grundstzlich auf dem gesamten europischen Eisenbahnnetz mglich.
Um die Diskriminierungsfreiheit zu gewhrleisten, verlangt die EU
eine strikte Abtrennung der Trassenvergabe und
Trassenpreisfestlegung von den Unternehmen oder den
Unternehmensgruppen (Konzerne), welche auch im Verkehrsbereich ttig
sind. Die bestehende gemeinsame Trassenvergabestel-le von SBB, BLS
und RM gengt den Anforderungen der EU-Richtlinien nicht. Um die
EU-Kompatibilitt sicherzustellen, soll eine ausgelagerte,
unabhngige Trassenvergabestelle errichtet werden. Diese neue Stelle
wird diejenigen Funktionen bernehmen, welche fr die Garantie des
diskriminie-rungsfreien Netzzugangs unabdingbar sind
(Trassenvergabe, Trassenpla-nung, Engpassanalyse, Trassenpreis und
Netzfahrplan).
Grosses Gewicht wird auf die schrittweise Umsetzung der
Interoperabilitt in allen Lndern gelegt und dies im Gegensatz zu
den anfnglichen Bestre-bungen nicht mehr beschrnkt auf die
Hochgeschwindigkeitsnetze.
Die Regelungen fr den Netzzugang, die Zulassung der Unternehmen
und die Trassenpreisfestsetzung werden in vielen Detailpunkten
verfeinert.
3 Richtlinie (RL) 2001/12/EG des Europischen Parlaments und des
Rates vom 26. Februar 2001 zur nderung der Richtlinie 91/440/EWG
des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen in der
Gemeinschaft.
Richtlinie 2001/13/EG des Europischen Parlaments und des Rates
vom 26. Februar 2001 zur nderung der Richtlinie 95/18EG des Rates
ber die Erteilung von Geneh-migungen an Eisenbahnunternehmen.
Richtlinie 2001/14/EG des Europischen Parlaments und des Rates
vom 26. Februar 2001 ber die Zuweisung von Fahrwegkapazitt der
Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten fr die Nutzung von
Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheini-gung.
-
2430
Die EU will den Aufbau eines integrierten europischen
Eisenbahnraums beschleu-nigen und hat das 2. Bahnpaket4 auf den 30.
April 2004 in Kraft gesetzt. Dieses ist die konsequente
Weiterentwicklung des 1. Bahnpakets. Hierbei geht es insbesondere
um die Verbesserung der Sicherheit und der Interoperabilitt sowie
um die Beschleunigung der Marktffnung fr den Schienengterverkehr
(Einfhrung der Kabotage und Marktffnung bereits 2006 anstatt 2008).
Derzeit noch in Diskussion ist ein weiterer Liberalisierungsschritt
fr den Personenverkehr im Rahmen eines 3. Bahnpaketes. Im Einzelnen
weisen die Erlasse des 2. Bahnpakets die folgenden Inhalte auf:
Richtlinie ber die Eisenbahnsicherheit (RL 2004/49/EG) Diese
Richtlinie regelt die Verantwortlichkeiten und die
Aufgabenverteilung
betreffend die Sicherheit im europischen Eisenbahnraum. Neu wird
das Erfordernis einer Sicherheitsgenehmigung fr den Betrieb der
Infrastruktur statuiert. Die Genehmigung wird von demjenigen
Mitgliedstaat ausgestellt, in dem der Fahrwegbetreiber
niedergelassen ist. Die ntige Bescheinigung ber das
Sicherheitsmanagement ist durch die Sicherheitsbehrde desjenigen
Mitgliedstaates zu erteilen, in dem das Eisenbahnunternehmen seinen
Betrieb zuerst aufnimmt. Sie ist in der ganzen Gemeinschaft gltig.
Die zustzlich erforderliche streckenbezogene
Sicherheitsbescheinigung hat nationalen Charakter und wird von der
Sicherheitsbehrde des Mitgliedstaa-tes erteilt, in dem das
Eisenbahnunternehmen die Aufnahme zustzlicher
Verkehrsdienstleistungen beabsichtigt. Schliesslich schreibt die
Richtlinie vor, dass die Unabhngigkeit der nationalen
Sicherheitsbehrde und der Unfalluntersuchungsbehrde garantiert sein
mssen.
Richtlinie zur nderung der Interoperabilittsrichtlinien (RL
2004/50/EG) Mit der nderungsrichtlinie wird im Wesentlichen die
Richtlinie 96/48/EG
(Hochgeschwindigkeit) an die Systematik der aktuelleren
Richtlinie 2001/16/EG (konventioneller Bahnbetrieb) angeglichen.
Der Geltungsbe-reich wird nun schrittweise auf das gesamte
konventionelle Eisenbahnsys-tem ausgeweitet.
Fr die Schweiz besteht insgesamt nur geringer Anpassungsbedarf,
da fr die Umsetzung der Interoperabilittsrichtlinien jeweils die
aktuellsten Versi-onen bercksichtigt wurden und die nun durch RL
2004/50/EG vorzuneh-
4 Verordnung (EG) Nr. 881/2004 des Europischen Parlaments und
des Rates vom 29. April 2004 zur Errichtung einer europischen
Eisenbahnagentur (Agenturverordnung).
Richtlinie 2004/49/EG des Europischen Parlaments und des Rates
vom 29. April 2004 ber Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und
zur nderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates ber die Erteilung von
Genehmigungen an Eisenbahnunterneh-men und der Richtlinie
2001/14/EG ber die Zuweisung von Fahrwegkapazitt der Eisenbahn, die
Erhebung von Entgelten fr die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur
und die Sicherheitsbescheinigung (Richtlinie ber die
Eisenbahnsicherheit).
Richtlinie 2004/50/EG des Europischen Parlaments und des Rates
vom 29. April 2004 zur nderung der Richtlinie 96/48/EG des Rates
ber die Interoperabilitt des transeuropischen
Hochgeschwindigkeitsbahnsystems und der Richtlinie 2001/16/EG des
Europischen Parlaments und des Rates ber die Interoperabilitt des
konventio-nellen transeuropischen Eisenbahnsystems.
Richtlinie 2004/51/EG des Europischen Parlaments und des Rates
vom 29. April 2004 zur nderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates
zur Entwicklung der Eisen-bahnunternehmen der Gemeinschaft.
-
2431
menden, eher marginalen nderungen in den laufenden Prozess
miteinbezo-gen werden knnen.
nderung der RL 91/440/EWG (RL 2004/51/EG) Mit der
nderungsrichtlinie erhalten Eisenbahnunternehmen ab dem
1. Januar 2006 fr den grenzberschreitenden Gterverkehr zu
angemesse-nen Bedingungen Zugang zur gesamten
Eisenbahninfrastruktur der Gemein-schaft. Ab dem 1. Januar 2007
erhalten die Eisenbahnunternehmen fr alle Arten von
Schienenfrachtdiensten Zugang zur Infrastruktur aller
Mitglied-staaten, was bedeutet, dass auch die nationale Kabotage
ermglicht wird. Dies wrde zum Beispiel der BLS Cargo ermglichen,
Transporte in Deutschland zu bernehmen und umgekehrt auch
Gterverkehrsoperateuren aus den Mitgliedstaaten erlauben, in der
Schweiz Transportleistungen anzu-bieten. Das EBG entspricht bereits
der Richtlinie 2004/51/EG, zustzliche Rechtsanpassungen sind
deshalb nicht ntig.
Agenturverordnung (Verordnung EG Nr. 881/2004) Die
Agenturverordnung beinhaltet die Vorgaben zum Aufbau der
Europi-
schen Eisenbahnagentur (ERA) mit Sitz in Valenciennes (F). Die
ERA wird ab April 2006 in vollem Umfang die Aspekte der Sicherheit
und der Intero-perabilitt des europischen Eisenbahnsystems
koordinieren. Sie prft im Auftrag der EU-Kommission die
Vereinbarkeit von nationalen Sicherheits-vorschriften mit der
Eisenbahnsicherheitsrichtlinie (RL 2004/49/EG).
Ent-scheidbefugnisse hat die ERA keine. Sie richtet Empfehlungen
und Stel-lungnahmen an die EU-Kommission. Die ERA hat einen
Verwaltungsrat, dessen Zusammensetzung durch die EU-Kommission
bestimmt wird. An der Agentur knnen sich auch Drittstaaten wie die
Schweiz beteiligen. Die Beteiligung an der ERA ist fr die Schweiz
die einzige wirksame Mglich-keit, die schweizerischen Interessen im
eisenbahntechnischen Regelungspro-zess der EU einzubringen. Gemss
der EU-Kommission (DG TREN) wre die Schweiz als Mitglied auch sehr
erwnscht.
Mit dem Abschluss der bilateralen Vertrge mit der EU hat sich
die Schweiz ver-pflichtet, die Rechtsentwicklung der EU im
Eisenbahnbereich und im ffentlichen Verkehr zu bercksichtigen. Nach
Artikel 52 des Landverkehrsabkommens sieht das Verfahren zur
Entwicklung des Rechts wie folgt aus:
Sobald eine Vertragspartei neue Rechtsvorschriften in einem
Bereich ausge-arbeitet hat, fr den dieses Abkommen gilt, muss sie
auf informellem Weg die Stellungnahme der anderen Vertragspartei
einholen.
Ist eine nderung der Rechtsvorschriften verabschiedet, muss
diese der an-deren Vertragspartei mitgeteilt werden. Auf Verlangen
einer der Vertrags-parteien erfolgt im Gemischten Ausschuss ein
Meinungsaustausch ber die Auswirkungen der nderungen. (Der
Gemischte Ausschuss setzt sich aus Vertretern der Vertragsparteien
(EU, Schweiz) zusammen und ist fr die Verwaltung und ordnungsgemsse
Anwendung des Landverkehrsabkom-mens zustndig.)
Wird das neue Recht als nderung gegenber dem Abkommen angesehen,
dann mssen entweder die Anhnge dem neuen Recht entsprechend
ange-passt oder das Abkommen selbst gendert werden. Als dritte
Mglichkeit
-
2432
kommt in Betracht, andere Massnahmen zu beschliessen, die das
Funktionie-ren des Abkommens gewhrleisten.
Bei Vertragsverletzungen oder wenn ein Beschluss des Gemischten
Ausschusses nicht ausgefhrt wird, kann die geschdigte
Vertragspartei Massnahmen ergreifen, um das Gleichgewicht des
Abkommens aufrechtzuerhalten. Gegenwrtig verhandelt die Schweiz mit
der EU die bernahme der ersten beiden Bahnpakete in das
Landverkehrsabkommen. Daraus ergibt sich Handlungsbedarf,
insbesondere sind die Regelungen im Bereich des
diskriminierungsfreien Netzzu-gangs anzupassen. Im Gegensatz dazu,
erfordern die durch die beiden Bahnpakete angestrebten weiteren
Liberalisierungsschritte der EU keine zustzlichen
Gesetzes-anpassungen, da die notwendigen Regelungen bereits
vorhanden sind. Die ber-nahme der Bahnpakete wrde fr die Schweizer
Bahnunternehmen einen weiter gehenden und einfacheren Marktzugang
in der EU ermglichen, als dies heute auf Grund der Richtlinie
91/440 der Fall ist. Bezogen auf die fr die Schweiz wichtigsten
Lnder prsentiert sich die bisherige Umsetzung der EU-Richtlinien
wie folgt.
Deutschland Nachdem in einem ersten Schritt die Zusammenfhrung
von Reichs- und Bundes-bahn sowie die Grndung einer nunmehr
privatrechtlich organisierten Deutschen Bahn AG auf den 1. Januar
1994 erfolgte, wurde am 1. Januar 1999 ein weiterer Schritt
vollzogen. Die Deutsche Bahn AG bildet seitdem ein Holdingdach
(Konzern) ber sechs Einzelaktiengesellschaften. Damit wurden die
Anforderungen der EU-Richtlinie 91/440 (organisatorische und
rechnerische Trennung) erfllt. Auf Grund der direkten Fhrung durch
die Holding haben diese formell selbstndigen Unter-nehmen kaum
eigene Entscheidungsspielrume. Der Netzzugang im Gterverkehr wird
gewhrt. Grsster Anbieter im Gterverkehr ist DB Cargo. Daneben sind
einige kleinere Privatbahnen in den Markt eingetreten. Der
Wettbewerb im Schienenverkehr hat sich intensiviert. Im regionalen
Personen-nahverkehr werden Leistungen zum Teil ber Ausschreibungen
vergeben. Dadurch konnten Privatbahnen ihren Anteil am
Regionalverkehr steigern, auch wenn die Deutsche Bahn AG mit ber 90
% der Verkehrsleistung im Regionalverkehr immer noch die
dominierende Anbieterin ist. Um die neuen Anforderungen aus dem 1.
Bahnpaket der EU, insbesondere die Unabhngigkeit der
Trassenvergabe, umzusetzen, ist das Verhltnis zwischen der DB Netz
AG und der Deutschen Bahn AG transparenter gestaltet worden (eigene
Erfolgsrechnung, partielles Weisungsverbot fr Konzernvorstand).
Eine neu beim Eisenbahnbundesamt eingerichtete unabhngige
Trassenagentur genehmigt das Trassenpreissystem der DB Netz AG und
kontrolliert die Trassenvergabe. Ob diese Massnahmen ausreichen, um
den Vorgaben des ab 2003 geltenden europischen Rechts gerecht zu
werden, ist noch offen.
Grossbritannien Im Vereinigten Knigreich wurde die am weitesten
gehende Reform umgesetzt. Die ehemalige British Rail (BR) wurde in
25 Betreibergesellschaften fr den Personen-verkehr, 13
Unterhaltsfirmen, drei Rollmaterialgesellschaften und mehrere
kleinere Firmen fr Dienstleistungen, Zulieferung und anderes
aufgeteilt. Ab 1994 hat zudem
-
2433
die Infrastrukturgesellschaft Railtrack, die 1996 vollstndig
privatisiert wurde, das gesamte Schienennetz bernommen. Damit wurde
eine vollstndige Trennung zwischen Infrastruktur und Verkehr
vollzogen. Doch bereits im Oktober 2001 rum-te das einst
erfolgreiche Unternehmen den drohenden Bankrott ein, und die
private Aktiengesellschaft Railtrack wurde unter die Kontrolle von
Ausgleichsverwaltern gestellt. Somit wurde die Privatisierung der
britischen Eisenbahn zu einem wesentli-chen Teil de facto rckgngig
gemacht. Als Hauptgrund fr das Scheitern von Railtrack wird die zu
lange vernachlssigte Wartung des Schienennetzes bezeichnet. Eine
Reihe von Eisenbahnunglcken deckte die schweren Versumnisse auf und
erhhte den Druck auf das Infrastrukturunternehmen, so dass die
lngst flligen Gleisarbeiten in Angriff genommen wurden. Die
anfnglichen Gewinne verwandel-ten sich in der Folge rasch in einen
Verlust, der nicht mehr aufgefangen werden konnte. Im Oktober 2002
wurde das Privatunternehmen Railtrack aus der Zwangs-verwaltung
entlassen. Es wurde ein nicht gewinnorientiertes ffentliches
Unterneh-men Company Limited by Guarantee namens Network Rail
geschaffen, das nun fr den Unterhalt der Geleise-, Signal- und
Bahnanlagen zustndig ist. Network Rail ist vollstndig durch
Fremdkapital finanziert und anfallende Gewinne werden lau-fend in
das Unternehmen reinvestiert. Mitglieder wie die Aufsichtsbehrde
Strategic Rail Authority (SRA), die Bahnbetriebsgesellschaften
sowie Interessengruppen ersetzen die Aktionre. Durch den
Trassenpreis, Einnahmen aus dem Immobilien-portfolio und staatliche
Zuschsse werden die laufenden Ausgaben gedeckt. In Grossbritannien
erhalten die Betreibergesellschaften fr den Personenverkehr ber
mindestens sieben Jahre laufende Konzessionen, so genannte
Franchisen, welche auch eine Abgeltung fr diese Zeitperiode
definieren knnen. Die britische Gesetzgebung hat den Wettbewerb im
Personenverkehr praktisch ausschliesslich auf den periodischen
Wettbewerb um diese Franchisen-Vergabe beschrnkt.
Frankreich Ziel der franzsischen Bahnreform war es, das
staatliche Eisenbahnunternehmen SNCF (Socit Nationale des Chemins
de fer Franais) nicht in Einzelgesellschaften aufzuteilen
respektive im gegebenen europischen Gesetzesrahmen fr die
Erhal-tung der SNCF als integriertes Eisenbahnunternehmen zu
sorgen. Mit der Grndung der Infrastrukturgesellschaft Rseau Ferr de
France (RFF) wurde zwar die Mini-malvorgabe der EU zur Trennung von
Verkehr und Infrastruktur erfllt, durch den exakt geregelten
bilateralen Vertrag mit der SNCF geht die Trennung allerdings nicht
wesentlich ber das rein Rechnerische hinaus. Obwohl es sich formell
um eine organisatorische Trennung von Infrastruktur und Verkehr
handelt, gehrt die Auto-nomie des Infrastrukturmanagers nicht zu
den anvisierten Zielen. Der Schwerpunkt der Bahnreform in
Frankreich liegt bei der Effizienzsteigerung der SNCF. Die von der
EU-Kommission verfolgten Konzepte im Wettbewerbsbereich (z.B.
Kabotage) werden weitgehend abgelehnt. Um den freien Netzzugang zu
gewhren, wurden in Frankreich die dafr notwendi-gen Strukturen
geschaffen. Fr die Zulassung zeichnen drei Stellen verantwortlich:
Fr die Erteilung der Lizenzen, Sicherheitsbescheinigungen und
Bewilligung neuer Systeme ist das Verkehrsministerium zustndig. Die
Zuteilung der Trassen auf den verschiedenen Strecken wird durch die
RFF vollzogen, und die SNCF verwaltet nach Weisung der RFF diese
Trassen diskriminierungsfrei. Bis anhin fhrt in Frank-reich nur ein
Unternehmen im Netzzugang.
-
2434
Italien Die EU-Richtlinie 91/440 wurde in Italien gegenber den
anderen EU-Mitglied-staaten zeitlich verzgert umgesetzt. Italien
hat die Staatsbahn FS in eine Aktienge-sellschaft umgewandelt und
die Divisionen verselbstndigt. Auf den 1. Juli 2001 nahm die Rete
Ferroviaria Italiana (RFI) als neue Infrastrukturgesellschaft der
FS ihren Betrieb auf. Damit ist die Trennung zwischen Infrastruktur
und Verkehr voll-zogen, allerdings unter einem gemeinsamen
Holding-Dach. Seit 2001 erbringen in Italien einige Unternehmen
bestehende italienische Privatbahnen ebenso wie neu gegrndete
Unternehmen Gterverkehrsleistungen auf Staatsbahngleisen.
1.1.1.4 Anlass fr die Bahnreform 2
Whrend der Behandlung der Bahnreform 1 haben alle Beteiligten
betont, die Bahn-reform sei als eine laufende Reform in mehreren
Schritten zu verstehen. Einzelne wichtige Fragen blieben deshalb
unbehandelt, insbesondere die Harmonisierung der
Investitionsfinanzierung und die Neuordnung der Bahnpolizei.
Entsprechende Vor-stsse im Parlament, insbesondere die Motion
97.3395 der Kommission fr Verkehr und Fernmeldewesen des
Stnderates, verpflichten den Bundesrat, ein weiteres Reformpaket zu
prsentieren. Die Motion lautet: Der Bundesrat wird beauftragt, bis
sptestens drei Jahre nach Inkrafttreten der [ersten] Bahnreform den
eidgenssi-schen Rten eine Vorlage zu unterbreiten mit den
erforderlichen Gesetzesnderun-gen zur Erreichung einer vollstndigen
Harmonisierung der Finanzierung im ffent-lichen Verkehr, namentlich
auch der Investitionen.
1.1.2 Ziele der Bahnreform 2
Oberstes verkehrspolitisches Ziel ist die Sicherung eines
attraktiven und leistungsf-higen Bahnsystems. Dieses Ziel kann nur
erreicht werden, wenn schrittweise die Effizienz im ffentlichen
Verkehr verbessert und das Kosten-Nutzen-Verhltnis optimiert
werden. Die Reformschritte von 1996 und 1999 haben einen
wesentlichen Beitrag zum Erreichen dieser Ziele geleistet. Fr die
Bahnreform 2 gelten dieselben verkehrs- und finanzpolitischen
Ziele. Es hat sich gezeigt, dass ein pragmatisches Vorgehen in
Schritten letztlich erfolg-reich ist. Auslndische Beispiele zeigen
demgegenber, dass sehr schnelle und weit gehende Reformen oft
wieder rckgngig gemacht werden mussten. Die Umsetz-barkeit soll
deshalb weiterhin ein wesentlicher Massstab fr die Reformschritte
bleiben. Eine weitere Steigerung der Effizienz soll vor allem eine
Verbesserung der Wettbe-werbsposition der Schiene bewirken. Mit der
Verbesserung des Kosten-Nutzen-Verhltnisses fr die ffentliche Hand
strebt der Staat an, mit den bedeutenden Summen, die dem System
ffentlicher Verkehr und dem System Schienenverkehr zukommen,
deutlich hheren Nutzen zu erhalten: Fr denselben Aufwand soll mehr
Schienenverkehr realisiert werden, beziehungsweise dasselbe
Verkehrsvolumen soll mit weniger Abgeltung erhltlich sein. Die
klare Trennung von politischen und unternehmerischen Funktionen
sowie Verantwortlichkeiten von Bund und Kantonen sind dafr eine
wichtige Voraussetzung.
-
2435
Die wesentlichen Schritte in diese Richtung sind mit der
Bahnreform 1 gemacht worden. Die erste Reform stand im Zeichen der
Verselbstndigung und Entschul-dung der SBB sowie der Einfhrung des
Netzzugangs. Die zweite Reform soll nun in erster Linie die
Verantwortlichkeiten von Bund und Kantonen fr die Finanzie-rung der
Infrastruktur vereinfachen. Die Gleichbehandlung der Bahnen soll
soweit mglich sichergestellt werden und frhere Reformschritte
sollen nachgebessert werden.
1.1.3 Schwerpunkte der Bahnreform 2
Fr die Bahnreform 2 ergeben sich folgende inhaltliche
Schwerpunkte: Harmonisierung der Infrastrukturfinanzierung:
Vereinfachung des Systems
und Anpassung der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen an
die neuen Gegebenheiten, insbesondere an die NFA (z.B. Entflechtung
der Auf-gaben zwischen Bund und Kantonen,
Programmfinanzierung);
Gleichbehandlung der Transportunternehmen; Anbringen von
Korrekturen, die sich aus der Bahnreform 1 ergeben; Aufarbeitung
von Pendenzen der Bahnreform 1; Umsetzung des EU-Rechts unter
Bercksichtigung seiner Entwicklung seit
dem Abschluss des Landverkehrsabkommens, insbesondere der
Interopera-bilittsrichtlinien und der ersten beiden Bahnpakete, in
Schweizer Recht. Zentrales Anliegen ist die Sicherstellung des
diskriminierungsfreien Netzzu-gangs.
Nicht Gegenstand dieser Vorlage sind (mit Hinweis auf den
Grund): die Privatisierung (kein Handlungsbedarf); die
Liberalisierung (Infrastruktur: nicht zweckmssig; Gterverkehr
und
Ausschreibung im bestellten Verkehr, insbesondere im
Regionalverkehr: bereits erfolgt);
die Entschuldung der Pensionskassen (Lsungen sind auf genereller
Ebene notwendig, bahnspezifische Probleme mssten allenfalls in eine
separate Vorlage eingebracht werden);
die Finanzierung der Eisenbahn-Grossprojekte (separate Vorlage);
die Seilbahnen (separate Vorlage).
Die relativ offene Gesetzgebung lsst jedoch notwendige und
sinnvolle Entwicklun-gen in den erstgenannten Bereichen zu. Daher
besteht kein Grund, diese Themen auf dem Gesetzesweg zu forcieren.
Mit der Revision von 1995 des Eisenbahngesetzes, der Umsetzung der
Bahnre-form 1 und der Bahnreform 2 werden nunmehr alle wichtigen
Themenbereiche (Personenverkehr, Gterverkehr, Infrastruktur) in
diesem Rahmen behandelt. Da die Bahnreform jedoch als Prozess zu
verstehen ist, ist es auch insknftig notwendig, die
Marktentwicklung zu beobachten. Periodisch werden Wirkungsberichte
erstellt, wobei sowohl die Bahnreform als Ganzes als auch die
einzelnen Instrumente auf ihre Wirksamkeit geprft werden.
-
2436
1.1.4 Bahnlandschaft
Die Struktur der heutigen Unternehmenslandschaft der
konzessionierten Unterneh-men ist historisch zu erklren. Zsuren in
dieser Entwicklung waren die Verstaatli-chung der Hauptbahnen
190209 und dann ab 1940 die Privatbahnhilfe des Bundes, welche
Bundesleistungen an die Bedingung knpfte, die Unternehmen zu
grsseren Einheiten zusammenzufassen. Auch das revidierte
Eisenbahngesetz setzte ab 1996 Anreize fr Fusionen und
Kooperationen, so dass seither die Zahl der abgeltungsbe-rechtigten
Unternehmen um 26 % reduziert werden konnte. Weiterer
Konsolidierungsbedarf besteht hauptschlich in den Bereichen
regionaler Personenverkehr (RPV) und im Betrieb der
Schieneninfrastruktur. Bei der Infra-struktur knnen
Effizienzgewinne vor allem durch den Abbau von Doppelspurigkei-ten,
d.h. durch die Zusammenlegung wichtiger Infrastrukturfunktionen
(berregiona-le Betriebsfhrung, GSM-R, Energieversorgung,
Trassenvergabe etc.), erreicht werden. Im RPV werden knftig
vermehrt auch Wettbewerbsanreize zum Tragen kommen und gewisse
Synergiepotenziale genutzt werden knnen, vor allem dann, wenn
unausgelastete Kapazitten vorhanden sind. Viele Privatbahnen der
Schweiz sind zweifellos zu klein, um insbesondere im Hin-blick auf
Ausschreibungen von regionalen Liniennetzen bestehen zu knnen.
Ebenso gilt aber, dass die Wettbewerbsfhigkeit eines Unternehmens
nicht allein von seiner Grsse abhngt. Dies zeigt etwa die
Entwicklung in Deutschland, wo die im Ver-gleich zu ihren
Mitbewerbern sehr grosse Deutsche Bahn AG seit 1996 nur 14 von 54
Vergabeverfahren (Ausschreibungen und Offertanfragen) fr sich
entscheiden konnte. Der Bundesrat hat sich 2004 fr das Modell SBB+X
entschieden. Dabei sollen auf dem Normalspurnetz neben der SBB und
ihren Beteiligungsfirmen wenige, jedoch konkurrenzfhige
Privatbahnen aktiv sein, die im regionalen Personenverkehr
unter-einander und der SBB im (virtuellen oder realen) Wettbewerb
stehen. Dieser Prozess ist in vollem Gange. Diese Bahnen sollen auf
Grund der heutigen Erfahrungen wie die SBB integrierte Bahnen
bleiben, also neben dem Regional- und allenfalls Gter-verkehr auch
Infrastrukturen betreiben. Einige weitere Unternehmen sind fr den
Betrieb der Schmalspurnetze erforderlich. Dabei sollte auch die
Bildung von gemischten Bahn-Bus-Unternehmen mglich bleiben. Soweit
der Bund an den Unternehmen beteiligt ist, untersttzt er die
geschilderte Entwicklung, bleibt aber als Minderheitsaktionr auf
die Mitwirkung der Kantone angewiesen.
1.2 Inhalte der Bahnreform 2
Inhaltlich liegen die Schwerpunkte der Bahnreform 2 in sechs
Themenfeldern, die in den folgenden Abschnitten ausfhrlich
dargestellt werden:
1. Neuordnung der Infrastrukturfinanzierung mit
Leistungsvereinbarungen, neue Aufgabenteilung Bund Kantone,
2. Sicherheitsdienst (Bahnpolizei), 3. Sicherung des
diskriminierungsfreien Netzzugangs,
-
2437
4. Interoperabilitt des europischen Schienennetzes, 5.
gesetzliche Gleichstellung der Verkehrsunternehmen, 6. Ergnzungen
zu frheren Reformen.
1.2.1 Neuordnung der Infrastrukturfinanzierung
Mit der Bahnreform 2 sollen: die Finanzierungsinstrumente auf
die langfristige Erhaltung und Entwick-
lung der Infrastruktur (Unterhalt, Erneuerung, Investitionen)
ausgerichtet und mit den strategischen Vorgaben der ffentlichen
Hand gekoppelt wer-den;
die Unternehmen bei der Infrastrukturfinanzierung gleichgestellt
werden; doppelte Zustndigkeiten so weit wie mglich abgebaut und die
Aufgaben-
teilung zwischen Bund und Kantonen nach funktionalen Kriterien
vorge-nommen werden. Dies entspricht auch den Grundstzen der NFA,
wonach Aufgaben wenn immer mglich einer Ebene allein zugeordnet
werden sol-len.
Diese Ziele sollen mglichst haushaltneutral erreicht werden.
1.2.1.1 Rolle des Staates
Die Finanzierung der Infrastruktur erfolgt durch die ffentliche
Hand (Bund und Kantone). Der Betrieb der Infrastruktur von SBB und
Privatbahnen sowie der nor-male Erneuerungsbedarf werden von der
ffentlichen Hand bestellt und aus dem ordentlichen Budget
abgegolten. Jener Bedarf, der den Betrieb und die laufende
Erneuerung bersteigt, wird heute ber den Fonds fr
Eisenbahngrossprojekte (FinV) oder ber kantonale Sonderkredite
finanziert. Bereits mit der Bahnreform 1 (Ziff. 124.22) wurde der
Rahmen fr die knftige Infrastrukturfinanzierung festgelegt. Die
Reform sieht vor, dass:
Investitionen im Verkehrsbereich nach Finanzmarktbedingungen zu
finan-zieren sind,
Investitionen im Infrastrukturbereich zu finanzieren sind mit
zinslosen, bedingt rckzahlbaren Darlehen, soweit die
Abschreibungsmittel nicht aus-reichen, und
Sonderfinanzierungen fr Grossprojekte und wichtige
Erweiterungsinvesti-tionen sorgen sollen.
Dies ist weitgehend umgesetzt (eine jetzt zu bereinigende
Ausnahme siehe Ziff. 2.8.). Die Ordnung basiert darauf, dass die
ffentliche Hand auch die geplanten ungedeckten Kosten von Betrieb
und Unterhalt der Infrastruktur abgilt. Somit wird die
Infrastrukturfinanzierung vollstndig von der ffentlichen Hand
getragen. Dies ermglicht es, den Trassenpreis tief zu halten, da
aus dem Betrieb der Infrastruktur kein Gewinn resultieren muss. Die
derzeitige Organisation der Infrastrukturfinanzie-rung ist aus
Tabelle 1 ersichtlich.
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km
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km
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2439
1.2.1.2 Finanzierungsinstrumente Leistungsvereinbarung
Aus Tabelle 1 ist ersichtlich, dass der Bund die
Hauptverantwortung fr die Finan-zierung des Schienennetzes trgt.
Mit der Finanzierung untrennbar verbunden ist die strategische
Steuerung der Infrastrukturentwicklung. Als Hauptverantwortlicher
fr die Finanzierung muss der Bund demzufolge auch formulieren,
welche verkehrspoli-tischen Ziele mit dem Mitteleinsatz zu
erreichen sind. Die heutige Regelung beinhaltet verschiedene
Probleme:
Der Abschluss von Investitionsvereinbarungen fr die Privatbahnen
mit Zustimmung aller Kantone zu Einzelvorhaben gestaltet sich
teilweise sehr schwierig und aufwndig. Es befassen sich immer zwei
bis vier Stellen bei Bund und Kantonen mit denselben Fragen.
Erschwerend wirken auch die zahlreichen Schnittstellen zwischen
Anlagen, die der Bund allein finanziert, Anlagen, die von Bund und
Kantonen gemeinsam finanziert werden, sowie Anlagen, welche die
Kantone allein finanzieren.
Auch die Vielzahl von Finanzierungsinstrumenten erschwert eine
sinnvolle Steuerung in einzelnen Bereichen.
Daneben gibt es eine Ungleichbehandlung der Unternehmen: Die SBB
wird durch Leistungsvereinbarungen fr vier Jahre global gesteuert,
mit den Pri-vatbahnen bestehen Einzelprojekte fr die
Investitionsfinanzierung und jhr-liche Abgeltungsvereinbarungen.
Selbst dort, wo der Bund allein verant-wortlich wre, liegen
einzelne Verantwortlichkeiten bei den Kantonen (z.B. Ausbauten fr
S-Bahnen).
Weiter werden einige Finanzierungsinstrumente der
Langfristigkeit der Inf-rastrukturinvestitionen nicht gerecht und
verletzen die Rollenteilung zwi-schen Unternehmen (operative
Entscheide) und ffentlicher Hand (strategi-sche Vorgaben).
Ziel ist es, die Finanzierungsinstrumente auf die langfristige
Erhaltung und Entwick-lung der Infrastruktur (Unterhalt,
Erneuerung, Investitionen) auszurichten und mit den strategischen
Vorgaben der ffentlichen Hand zu koppeln. Das erstmals zwi-schen
Bund und SBB fr die Periode 19992002 angewendete Instrument der
Leis-tungsvereinbarung hat sich bewhrt. Es wird deshalb
vorgeschlagen, knftig auch mit anderen Infrastrukturbetreiberinnen
Leistungsvereinbarungen abzuschliessen. Damit wird auch eine
formelle Harmonisierung erreicht. Um sinnvoll und effizient
arbeiten zu knnen, soll auch die Zahl der an Verhandlun-gen
beteiligten Partner beschrnkt werden. Als Grundregel soll gelten,
dass nur eine staatliche Ebene an einer Vereinbarung beteiligt ist.
Die heute teilweise betrchtli-chen Zeitspannen, die sich ergeben,
bis die Finanzierungsmglichkeiten von Bund und Kantonen aufeinander
abgestimmt sind und eine Vereinbarung von allen Betei-ligten
unterzeichnet ist, sind fr Privatbahnen nachteilig. Das neue
Vorgehen ent-spricht auch neueren Grundstzen, wie sie insbesondere
mit der NFA angestrebt werden, wonach jede staatliche Ebene eine
mglichst klar abgegrenzte, eingestndi-ge Aufgabe haben soll.
Grundstzlich soll der Bund mit jedem in Frage kommenden
Bahnunternehmen eine Leistungsvereinbarung ber vier Jahre
abschliessen. Diese umfasst die Abgeltung
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2440
der geplanten ungedeckten Kosten des Infrastrukturbetriebs
(einschliesslich Unter-halt), die Abgeltung des
Abschreibungsaufwandes (sog. Substanzerhaltung) sowie die
Finanzierung der die Abschreibungsmittel bersteigenden
Investitionen (sog. Grundbedarf), also den gesamten Geldfluss fr
die betreffende Zeitperiode. Die Einfhrung der
Leistungsvereinbarung gibt beiden Seiten Planungssicherheit und
Flexibilitt: Planungssicherheit wird insofern gewhrleistet, als der
fr vier Jahre gltige finanzielle Rahmen festgelegt ist; die
Flexibilitt wird erhht, weil Verschie-bungen innerhalb des
festgelegten Rahmens mglich bleiben. Die Unternehmen sollen dazu
angehalten werden, die Mittel mglichst effizient einzusetzen. Es
kann heute beispielsweise vorkommen, dass eine Anlage zwar nochmals
saniert werden knnte, aber auf Grund der unterschiedlichen
Verfgbar-keit der Mittel dennoch in eine neue Anlage investiert
wird. Die Unternehmen sollen dies in Zukunft verhindern knnen,
indem sie als Investitionsmittel vorgesehene Gelder auch fr den
Unterhalt einsetzen knnen (und umgekehrt), wenn dies die
wirtschaftlichere Lsung ist. Im Bereich Infrastruktur ist so eine
Gesamtoptimierung durch das Unternehmen mglich. Damit verbunden ist
auch der Verzicht, die Bundesgelder an bestimmte Projekte zu knpfen
(so genannte Objektfinanzierung). Vielmehr werden fr die vierjhrige
Periode die zu erreichenden Ziele festgehalten und der dafr in
dieser Zeitspanne notwendige Finanzrahmen festgelegt. Ein
bestimmtes Objekt kann also, wenn der Bau z.B. sechs Jahre dauert,
aus zwei bis drei Leistungsvereinbarungen finanziert werden. Der
Verzicht auf Objektvereinbarungen (aus dem Rahmenkredit nach Art.
56 EBG) strkt die operative Verantwortung der Unternehmen und fhrt
zu einem stufengerechten Fhren ber strategische Ziele. Nach
Mglichkeit soll der Bund zuknftig wieder einen Teil seiner
Investitionsdar-lehen in Eigenkapital des betreffenden
Bahnunternehmens umwandeln (wie dies in den 60er Jahren bei vielen
Privatbahnen und mit der Bahnreform 1 bei der SBB erfolgt ist).
Damit sichert sich der Bund den Einfluss auf die Unternehmen,
welche die ihn direkt interessierenden Strecken betreiben. Wenn ein
Teil der Investitionsmittel der Infrastruktur in Eigenkapital
umgewandelt wird, werden die Privatbahnen die Bereiche Verkehr und
Infrastruktur mindestens bilanziell trennen mssen, damit das
Eigenkapital nicht in das Gesamtunternehmen fliesst. Die SBB AG hat
diese Trennung schon vollzogen, ebenso ist bei der Matter-horn
Gotthard Bahn (ehemals FO und BVZ) die Bildung einer separaten,
fhrungs-mssig aber voll integrierten, Gesellschaft abgeschlossen,
und bei der BLS ist ein hnlicher Schritt vorgesehen. Fr die brigen
am Grundnetz beteiligten Unterneh-men wird die Umstellung noch
vorzunehmen sein. Mittel- bis langfristig verndern sich eventuell
die Eigentmerstrukturen fr die Unternehmen, wenn das Eigenkapi-tal
z.B. einseitig durch den Bund aufgestockt wird. Der Bund wrde dann
nach und nach im Bereich Infrastruktur grssere Anteile an den
Transportunternehmen erwer-ben. Die Finanzierung eines wesentlichen
Teils des Schienennetzes durch den Bund allein und die Gewhrung von
Investitionsmitteln als Eigenkapital widerspiegeln das grosse
Interesse des Bundes an diesem Netz.
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2441
1.2.1.3 Aufgabenteilung Bund Kantone: Aufteilung der
Eisenbahn-Infrastruktur in ein Grundnetz und ein Ergnzungsnetz
Ausgangslage Das heutige Schienennetz umfasst 5390 Kilometer.
Der grssere Teil des Netzes gehrt der SBB AG und damit dem Bund als
deren Alleinaktionr. Das Netz der Privatbahnen umfasst insgesamt
2510 km, bei den meisten Unternehmen haben die Kantone die
Aktienmehrheit. Meist ist der Bund als Minderheitsaktionr
beteiligt. Die nachfolgende bersicht zeigt die Anteile von Normal-
und Schmalspurstrecken am schweizerischen Schienennetz und die
entsprechenden Besitzverhltnisse:
Tabelle 2
Netzlnge der schweizerischen Eisenbahnen (ohne
Standseilbahnen)
Normalspur SBB 2880 km 53,6 %
Andere 797 km 14,6 % 68 %
Meterspur Andere 1639 km 30,4 %
Schmalspur Andere 73 km 1,4 % 32 %
Total SBB + andere 5390 km 100,0 % 100 %
Quelle: Erhebung BAV
Die Art der Finanzierung dieses Schienennetzes ist historisch
gewachsen. Der Bund ist allein fr die Strecken nationaler Bedeutung
zustndig; dazu gehren das ganze SBB-Netz sowie das Kernnetz der BLS
und einige Strecken in den Rumen Basel und Schaffhausen. Die
Finanzierung der brigen Privatbahnstrecken erfolgt gemein-sam mit
den Kantonen im Rahmen der Abgeltung fr den Regionalverkehr. Die
Finanzierung von Tramstrecken auf dem Gebiet grosser Stdte ist den
Kantonen (bzw. Stdten) berlassen. Die Infrastruktur wird somit auf
eine der drei folgenden Arten finanziert:
durch den Bund nach Artikel 8 SBBG (Leistungsvereinbarung) und
nach den Artikeln 49 und 56 des EBG fr die brigen Unternehmen,
durch Bund und Kantone gemeinsam nach den Artikeln 49 und 56
EBG, durch die Kantone und gegebenenfalls Gemeinden nach Artikel 8
TG.
Daneben sind noch die Finanzierung nach FinV und die diversen
Frderzwecke der zweckgebundenen Minerallsteuer zu erwhnen.
Ausserdem finanziert der Bund aus dem Rahmenkredit nach Artikel 56
EBG im Sinne einer bergangslsung verschie-dene
Agglomerationsverkehrsprojekte (Stadtbahn, Metro) mit. Definitive
Lsungen in diesem Bereich werden unabhngig von dieser Vorlage
erarbeitet.
-
2442
Nachteile des heutigen Systems Das heutige System leidet
hauptschlich darunter, dass die Aufgabenzuteilungen auf Bund und
Kantone kaum funktionalen Kriterien, sondern hauptschlich
historischen Zuflligkeiten folgen. Die Verantwortlichkeiten
entsprechen teilweise nicht mehr der Bedeutung der jeweiligen
Strecken. So gilt beispielsweise die Strecke Le DayLe Pont, da sie
der SBB gehrt, als nationale Infrastruktur, fr welche der Bund
allein zustndig ist. Dabei handelt es sich bei ihr ausgesprochen um
eine Strecke des Regionalverkehrs. Die Strecke BernNeuenburg
hingegen, ber welche auch inter-nationaler Verkehr abgewickelt
wird, gilt als Regionalverkehrsstrecke. Diese Situa-tion fhrt dazu,
dass die Verantwortung fr eine bestimmte Strecke hufig nicht von
der Stelle wahrgenommen wird, welche primr daran interessiert ist.
Um bei den angefhrten Beispielen zu bleiben: Der Kanton Waadt hat
an der Strecke Le DayLe Pont zweifellos ein grsseres Interesse als
der Bund; er kann aber, da er an der Finanzierung nicht beteiligt
ist, nicht gestalterisch daran mitwirken. Es ergeben sich immer
wieder Schwierigkeiten, weil sich verschiedene Ebenen an der
Finanzierung ein- und derselben Aufgabe (z.B. Streckensanierung,
mehrspuriger Ausbau, Einrich-tung eines neuen Haltepunkts etc.)
beteiligen und weil womglich verschiedene Subventionsgrundlagen
massgebend sind.
Zielsetzung fr die Neuordnung Mit der Bahnreform 2 sollen
deshalb Doppelzustndigkeiten so weit wie mglich abgebaut und die
Aufgabenzuteilung auf Bund und Kantone nach funktionalen Kriterien
vorgenommen werden. Dies entspricht auch den Grundstzen der NFA,
wonach Aufgaben wenn immer mglich einer Ebene allein zugeordnet
werden sollen. Insgesamt soll eine Vereinfachung fr Bund, Kantone
und Transportunter-nehmen resultieren.
Aufteilung der Infrastrukturfinanzierung auf Bund und Kantone
Vertiefte Abklrungen fhrten zum Schluss, dass eine Aufteilung der
Infrastruktur-verantwortung zwischen Bund und Kantonen die meisten
Vorteile aufweist:
Doppelzustndigkeiten knnen reduziert werden. Die Zahl der
Schnittstellen zwischen unterschiedlich finanzierten Netzteilen
kann gegenber heute halbiert werden. Die Entflechtung zwischen
Bund und Kantonen wird die Arbeit der Unter-
nehmen erleichtern. Der Bund ist nur noch involviert, wo ein
bergeordnetes Interesse vorliegt;
dort ist er alleiniger Verhandlungspartner. In finanzieller
Hinsicht lsst sich eine solche Lsung fr Bund und Kantone
haushaltneutral gestalten. Nhere Angaben dazu finden sich in
Ziffer 4. Die eingangs erwhnte Problematik kann mit einer
Neuaufteilung des
schweizerischen Schienennetzes gelst werden. Statt drei gibt es
nur noch zwei Verantwortungsbereiche.
Heute werden 56 Prozent des Netzes durch den Bund allein, rund
39 Prozent durch Bund und Kantone gemeinsam und etwa 3 Prozent
durch die Kantone allein finan-ziert (2 % der Strecken erhalten
keine Beitrge der ffentlichen Hand). In Zukunft msste der Bund nach
der vorgeschlagenen Ausgestaltung des Grundnetzes etwa 80 Prozent
des Schienennetzes finanzieren, der Anteil der Kantone wrde
rund
-
2443
20 Prozent betragen. Dabei ist zu beachten, dass nicht jeder
Streckenkilometer dieselben Kosten verursacht.
Grund- und Ergnzungsnetz Bund und Kantone sind neu je fr einen
genau definierten Teil des Schienennetzes allein verantwortlich.
Diese Zweiteilung des Netzes in ein Grund- und ein Ergn-zungsnetz
ist rein finanziell zu verstehen, Eigentum und Aufsicht werden
davon nicht berhrt. Fr das Grundnetz ist der Bund allein zustndig;
das Ergnzungsnetz fllt in die Zustndigkeit der Kantone oder einer
von den Kantonen definierten Ebene (Gemeinden, inner- oder
interkantonale Zweckverbnde). Bei der Zuteilung einer Strecke zu
einem der beiden Netze muss das Interesse des Bundes und der
Kantone bercksichtigt werden. Zudem muss auch die Vorgabe beachtet
werden, dass die Aufteilung weder auf Bundes- noch Kantonsebene zu
finanziellen Mehrbe-lastungen fhren darf. Die Kantone (und
Gemeinden) sind nach dem vorliegenden Entwurf (siehe Abb. 1) nur fr
einen kleineren Teil des Netzes verantwortlich.
Kriterien fr die Zuordnung zum Grund- oder Ergnzungsnetz Um die
Zuordnung einzelner Strecken zu den beiden Netzteilen zu
ermglichen, sind die Funktionen zu definieren, die die Netzteile
erfllen sollen. Das Grundnetz muss mindestens folgende Funktionen
abdecken:
Internationaler Verkehr (Personen- und Gterverkehr, inkl.
Anschlsse an das HGV-Netz),
Personenfernverkehr (dieser soll neben den Agglomerationen von
internati-onaler und nationaler Bedeutung zumindest die
mittelstdtischen Agglome-rationen von regionaler Bedeutung
erschliessen),
definierte Zulaufstrecken zur NEAT und zum HGV-Netz,
Rangierbahnhfe und deren Anbindung (Liste gemss AB-NZV5),
Erschliessung wesentlicher Gteraufkommen.
Ein solches Netz wrde weit weniger als 80 Prozent der
Streckenlnge umfassen und den Bund weniger kosten als seine
heutigen Aufgaben. Die Differenz msste als zweckgebundene
Transferzahlung den Kantonen zur Verfgung gestellt werden Eine
solche Lsung wird von den Kantonen aber abgelehnt. Deshalb werden
weitere Kriterien definiert, die ein nationales Interesse an einer
Eisenbahninfrastruktur begrnden knnen:
Basiserschliessung peripherer Regionen (d.h. Regionszentrum bzw.
touristi-sches Zentrum ist mehr als eine Stunde vom definierten
Grundnetz entfernt, wie z.B. Engadin, Obergoms, Zermatt) und
Verbindung ins Ausland (Cento-vallibahn, MartignyChamonix),
Anbindung aller Kantonshauptorte (Appenzell, Glarus, Sarnen,
Stans), Strecken, welche die Netzfunktion verstrken, indem sie als
Umleitungs-
und Entlastungsstrecke dienen knnen, oder die wesentliche
Verkehre vom und zum Hauptnetz aufweisen (z.B. Bestandteile von
S-Bahn-Netzen) und fr Mischverkehr (z.B. regionaler Personenverkehr
und Gterzustellung) geeignet sind.
5 SR 742.122.4
-
2444
Zum Ergnzungsnetz gehren somit Strecken, die ausschliesslich
lokale oder regio-nale Bedeutung haben und die weder fr den
Gterverkehr noch den Netzzugang eine wesentliche Rolle spielen. Das
sind:
a) Strecken, die ausschliesslich dem regionalen oder lokalen
Personenverkehr dienen und auf Grund der Spurweite oder des
Lichtraumprofils nicht anders genutzt werden knnen;
b) Strecken mit nur geringem Gterverkehrsaufkommen und ohne
Entlastungs-funktion fr Hauptstrecken.
Damit wechseln nur wenige SBB-Strecken (die vier Strecken Le
DayLe Pont, MontheySt-Gingolph, GlarusLinthal und
EmmenbrckeLenzburg mit insgesamt 86 km Lnge) in kantonale
Verantwortung (5 Kantone), aber relativ viele Privat-bahnstrecken
in die alleinige Verantwortung des Bundes (siehe Abb. 1).
-
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-
2446
Spielrume bei der Ausgestaltung Zwar wurde bei der Aufteilung in
ein Grund- und ein Ergnzungsnetz darauf geach-tet, die oben
erwhnten Kriterien so einheitlich wie mglich anzuwenden. Es gab
aber einzelne Grenzflle. In diesen Fllen wurde so entschieden, dass
dem Bund keine finanzielle Mehrbelastung entsteht. Die Auswirkungen
auf die Kantone sind in Ziffer 3.2 dargelegt. Es bleibt die Frage,
wie flexibel die Zuteilung zu Grund- und Ergnzungsnetz in der
Zukunft sein soll. Einerseits sollen die Finanzierungsverhltnisse
eine gewisse Stabilitt aufweisen, andererseits muss notwendigen
Vernderungen Rechnung getragen werden. Das Aufstellen von
Zuordnungskriterien soll gerade diese Flexibi-litt schaffen. Zwar
wird im Eisenbahngesetz das Grundnetz konkret festgeschrie-ben,
aber der Bundesrat soll die Kompetenz erhalten, auf Grund der
Entwicklung Strecken die mit neuen Funktionen bedacht werden,
nachtrglich in das Grundnetz aufzunehmen. Die vorgeschlagene
Aufteilung des Schienennetzes soll zum Ziel beitragen, das
Kosten-Nutzen-Verhltnis fr die ffentliche Hand zu verbessern, indem
durch die klare Abgrenzung der Aufgaben der Aufwand minimiert wird.
Schnittstellen sind leichter zu handhaben, wenn ihre absolute Zahl
gering ist und ihre Anordnung den Beteiligten logisch erscheint.
Dafr sind objektive, nachvollziehbare Kriterien wichtig. Das
vorgeschlagene Grundnetz reduziert die Zahl der Schnittstellen
gegenber heute auf die Hlfte und vermeidet reine Transferzahlungen
weitgehend. Da das Ergn-zungsnetz relativ klein ist, besteht auf
Grund der geringen Anzahl von Strecken, welche die Kantonsgrenzen
berschreiten, nur wenig Koordinationsaufwand zwi-schen den
Kantonen. Dies hat den Vorteil, dass die Kantone die Bestellung,
soweit es um Tram- und Vorortsbahnen geht, gegebenenfalls
zuknftigen Agglomerations-Trgerschaften bertragen knnen.
1.2.1.4 Leistungsvereinbarungen fr die Finanzierung des
Grundnetzes
Wie oben (1.2.1.2) dargelegt, soll die Infrastruktur des
Grundnetzes grundstzlich ber Leistungsvereinbarungen finanziert
werden. Besonders bewhrt hat sich an diesem Instrument, wie es
zwischen Bund und SBB seit 1999 besteht, die Herleitung der
Zielsetzungen und Prioritten aus einer Gesamtsicht der
verkehrlichen Anforde-rungen (Fernverkehr, Regionalverkehr,
Gterverkehr). Damit wird betont, dass die Infrastruktur nicht einem
Selbstzweck dient sondern optimal auf den Verkehr abge-stimmt
werden muss, der auf ihr abgewickelt werden soll. Mit der
Ausweitung des Instruments Leistungsvereinbarung auf das ganze
Grundnetz soll auch dieses ver-kehrspolitische Dach entsprechend
ausgeweitet zur Anwendung kommen. Die verkehrspolitischen
Zielsetzungen, die sich aus dieser integrierenden Sicht auf Verkehr
und Infrastruktur ergeben, sollen vom Parlament zusammen mit den
finan-ziellen Mitteln beschlossen werden. Das Zustandekommen der
Leistungsvereinba-rung gliedert sich somit in drei Phasen, gezeigt
am Beispiel der nchsten Vereinba-rungsperiode 20072010:
-
2447
1. Aushandeln der anzustrebenden inhaltlichen und finanziellen
Festsetzungen mit den Eisenbahnunternehmen. Die Kantone sind dabei
anzuhren. Zusammenfassung des Verhandlungsresultats in eine
Botschaft.
2. Behandlung der Botschaft ber Angebot und Finanzierung der
Eisenbahninf-rastruktur fr die Jahre 20072010 im Parlament und
Beschlussfassung dar-ber.
3. Abschluss der einzelnen Vereinbarungen zur konkreten
Umsetzung des Bun-desbeschlusses mit den einzelnen Unternehmen
durch den Bundesrat.
Die Ausweitung des Instrumentes Leistungsvereinbarung erfordert
einige Anpas-sungen. Denn die heute geltende Leistungsvereinbarung
zwischen der Schweizeri-schen Eidgenossenschaft und der
Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen enthlt neben der
Bestellung fr die Infrastruktur auch Elemente der Eignerstrategie.
Diese beiden Dinge sind nur schon deshalb zu trennen, weil die
Forderung besteht, Eignerrolle und Bestellerrolle klar auseinender
zu halten. Analog zu Post und Swiss-com ist bei der SBB die
Festlegung einer Eignerstrategie explizit im Gesetz vorzu-sehen. Es
wurde auch geprft, die Leistungsvereinbarung mit der SBB mehr oder
weniger in der bisherigen Form weiterzufhren und fr die brigen
Bahnen ein neues Instrument zu definieren. Da aber das Schienennetz
immer mehr ber die Unter-nehmensgrenzen hinweg als eine Einheit
betrachtet werden muss (siehe z.B. die Fhrung des Fernverkehrs auf
dem BLS-Netz durch die SBB), berzeugt eine Lsung mehr, bei der auch
das ganze Schienennetz gemeinsam behandelt wird. In der Botschaft
ber Angebot und Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur an das
Parlament werden die folgenden Elemente der Leistungsvereinbarungen
zum Beschluss unterbreitet:
1. Verkehrspolitische Zielsetzungen fr das Eisenbahnnetz, vor
dem Hinter-grund Fr welches Angebot brauchen wir das Eisenbahnnetz?
(Investiti-onsprioritten, z.B. Agglomerationsverkehr oder
Gtertransit, angestrebte Leistungsfhigkeit, Sicherheit, Netzkarten,
Koordinationsfragen zwischen den Unternehmen und mit den
Grossprojekten usw.). Diese Zielsetzungen basieren auf der
Grundlagenarbeit der Eisenbahnunternehmen und der
Tras-senvergabestelle.
2. Zahlungsrahmen ber 4 Jahre zur Abdeckung der
Leistungsvereinbarungen und allflliger Investitionsbeitrge an
Fahrzeugbesitzer, wenn damit Einspa-rungen bei der Infrastruktur
mglich sind (mobile Infrastruktur). Diese durch die
Bundesversammlung beschlossenen Mittel dienen dem durch die SBB und
die brigen Unternehmen betriebenen Teil des Grundnetzes,
ein-schliesslich der fr das Eisenbahnnetz zentralen Funktionen
(z.B. Betrieb der nationalen GSM-R Digitalfunkzentrale).
3. Aufteilung des Kredits auf die Unternehmen (SBB, RhB, BLS,
brige) oder Verwendungszwecke (Mittel fr die ETCS-Umrstung von
Fahrzeugen). Zudem wird festgelegt, unter welchen Bedingungen, wie
z.B. Strukturberei-nigungen, Fusionen oder Vernderungen im Netz,
das Departement Ver-schiebungen vornehmen kann.
4. Auflistung der konkreten Investitionsprojekte zur
Leistungssteigerung. Der Grossteil der Mittel des Zahlungsrahmens
dient dem Betrieb und dem Sub-stanzerhalt des Netzes. Wie bisher
sollen damit mit dem Unterhalt verbun-
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2448
dene Leistungssteigerungen mglich sein. Weitergehende
Leistungssteige-rungen sollen in der Regel ber Sonderfinanzierungen
(z.B. FinV-Fonds, Agglomerationsverkehrsfinanzierung) ermglicht
werden. Einzelprojekte zur Leistungssteigerung knnen unter
entsprechender Aufstockung des Zah-lungsrahmens in die
Leistungsvereinbarungen aufgenommen werden. Derar-tige Projekte
sind aber explizit zu nennen.
Zu ergnzen sind diese Beschlsse in der Botschaft durch
Darlegungen zum Cont-rollingkonzept fr die Leistungsvereinbarungen
und Resultate aus den bisherigen Leistungsvereinbarungen. Auch die
vorgesehenen Texte der Leistungsvereinbarun-gen bilden Bestandteil
der Materialien. Insgesamt resultiert mit der Botschaft zu den
Leistungsvereinbarungen eine Darle-gung der verkehrspolitischen
Ziele nun aber ber die SBB hinausgehend fr das gesamte betroffene
Eisenbahnnetz. Die Leistungsvereinbarungen im engeren Sinne, also
die Vertrge mit den Unternehmen, stellen an sich nur noch die
Ausfhrungs-stufe fr den Zahlungsrahmen mit den zugehrigen
Zielsetzungen beziehungsweise deren Aufteilung auf die betroffenen
Bahnunternehmen dar. Fnf Vorteile sprechen fr die dargestellte
Lsung:
Das Parlament erhlt regelmssig (alle vier Jahre) Gelegenheit,
aktiv die Entwicklung des schweizerischen Eisenbahnnetzes
mitzubestimmen.
Mit den Instrumenten Leistungsvereinbarung und Zahlungsrahmen
kann der Langfristigkeit der Infrastrukturerhaltung und
-entwicklung besser Rech-nung getragen werden.
Die Zielerarbeitung gemeinsam mit den Unternehmen sichert die
integrierte Sicht auf die Eisenbahnen.
Fr die Privatbahnen wesentlich ist der bergang von jhrlichen
Abgel-tungsvereinbarungen der Sparte Infrastruktur und
objektbezogenen Investiti-onsvereinbarungen zu vierjhrigen
Leistungsvereinbarungen, welche eine effizientere Arbeit und eine
sachgerechte Rollenteilung erlauben. Die Anzahl der beteiligten
Partner wird reduziert.
Die Effizienz der eingesetzten Mittel kann ber die Ausrichtung
an den ver-kehrspolitischen Zielen gesteigert werden.
1.2.1.5 Abgrenzung der Finanzierungsinstrumente im Grundnetz
Derzeit wird die Eisenbahninfrastruktur ber zwei Wege
finanziert. Die Mittel der ordentlichen Finanzierung dienen in
erster Linie dazu, die Eisenbahninfrastruktur in gutem Zustand zu
erhalten und sie den Erfordernissen des Verkehrs und dem Stand der
Technik anzupassen, wobei die Besteller den erwnschten Umfang
definieren. Fr weiter gehende Investitionen sorgen
Sonderfinanzierungen des Bundes (z.B. FinV-Fonds, zweckgebundene
Minerallsteuergelder, geplante Infrastrukturfonds fr den
Agglomerationsverkehr) oder der Kantone (z.B. Verkehrsfonds des
Kantons Zrich). Voraussetzung dafr ist, dass die fr die
Betriebsfinanzierung zustndigen Besteller sich damit einverstanden
erklren, die Folgekosten der sonderfinanzierten Infrastruktur zu
tragen.
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2449
Es ist nicht Sache der Unternehmen zu bestimmen, aus welcher
Quelle der Bund einen Investitionsbeitrag leistet, indem sie
Projekte einem bestimmten Gefss (z.B. Leistungsvereinbarung,
FinV-Fonds) zuordnen. Vielmehr muss der Bund (oder gegebenenfalls
der Kanton) auf Grund nachvollziehbarer Kriterien eine Zuordnung
vornehmen. Die wichtigsten Grundstze mssen auf Gesetzesstufe
festgeschrieben sein. Um keine falschen Anreize zu setzen, ist es
erforderlich, dass fr alle Finanzie-rungswege vergleichbare
Konditionen gelten. Beispielsweise erfolgen heute nach dem
Bundesgesetz ber die Verwendung der zweckgebundenen Minerallsteuer
(MinVG, SR 725.116.2) noch einige Finanzierungen auch solche fr
aktivierbare Investitionen ausschliesslich fonds perdu, was zu
einer Verzerrung fhrt. Des-halb soll in Zukunft fr alle
Finanzierungen einschliesslich kantonaler Sonderfinan-zierungen der
Grundsatz gelten, dass nur fr nicht aktivierbare Bauten und Anlagen
A-Fonds-perdu-Beitrge gewhrt werden, fr aktivierbare Bauten und
Anlagen hingegen zinslose, bedingt rckzahlbare Darlehen. Das Gesetz
lsst die Mglichkeit offen, dass einzelne Projekte, die der
Netzerweite-rung dienen oder wesentliche Leistungssteigerungen
bringen, in die Leistungsver-einbarung aufgenommen werden. Dies
muss aber mit dem Beschluss ber den Zahlungsrahmen ausdrcklich
festgehalten werden. Das heisst, dass die einzelnen Projekte im
Bundesbeschluss aufzulisten sind.
Finanzierung der Publikumsanlagen In der Vernehmlassung wurde
die Frage errtert, ob bei Publikumsanlagen (Bahnh-fe, Stationen)
auf dem Grundnetz das Interesse des Bundes anders gelagert sein
knnte als bei den Gleisanlagen selbst. Im Interesse einer
einheitlichen, alle funktio-nalen Aspekte abdeckenden Finanzierung
haben sich indessen Kantone wie Trans-portunternehmen klar dafr
ausgesprochen, keine Sonderregelung fr Publikumsan-lagen
einzufhren. Vielmehr soll eine sinnvolle Mindestausstattung durch
den Bund definiert werden. Hingegen wird breit akzeptiert, dass
darber hinausgehende Kom-fortansprche (z.B. weitere Zugnge zu den
Perrons) von den daran Interessierten zu finanzieren sind.
1.2.1.6 Finanzierung des Ergnzungsnetzes
Fr die Finanzierung des Ergnzungsnetzes sind die Kantone allein
verantwortlich. Dies widerspiegelt deren Interesse an den
betroffenen Strecken. Die Finanzierung ermglicht es den Kantonen,
ohne Mitwirkung des Bundes ber diese Strecken zu bestimmen. Da der
Bund in Zukunft das Grundnetz allein finanziert, entsteht fr die
Kantone durch das Ergnzungsnetz keine Mehrbelastung
(Haushaltneutralitt). Es handelt sich nicht um eine neue Aufgabe
der Kantone, sondern um eine Aufgabenverlage-rung. Die Wahl der
Instrumente zur Steuerung bzw. Bestellung ist den Kantonen
berlas-sen. Die Steuerung sollte aus Sicht des Bundes jedoch wie
beim Grundnetz mit Leistungsvereinbarungen erfolgen, mindestens bei
jenen Unternehmen, die an bei-den Netzen beteiligt sind. Fr
kleinere Unternehmen, deren Strecken vollstndig dem Ergnzungsnetz
zugeordnet sind, wird das Steuerungsinstrument offen gelas-sen.
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2450
Die NFA sieht vor, dass der Bund jenen Teil des Ergnzungsnetzes,
der dem Agglomerationsverkehr dient, auch in Zukunft mit
Investitionsbeitrgen untersttzt. Dabei geht es um eine subsidire
Finanzierung (weniger als 50 %) von neuen Pro-jekten.
1.2.1.7 Trassenpreis
Trassenpreise aus Betreibersicht Ein Trassenpreissystem hat zwei
Hauptfunktionen: Erwirtschaften von Erlsen und Untersttzung eines
konomischen Trassenmanagements. Aus bergeordneten Grnden,
insbesondere der Verlagerungspolitik, verzichtet die Schweiz auf
kosten-deckende Trassenpreise. Mit den Trassenpreiserlsen knnen
durchschnittlich 50 Prozent der direkten Betriebskosten (ohne
Abschreibungen) der schweizerischen Schieneninfrastruktur gedeckt
werden. Die geringe Kostendeckung der Trassenpreise verhindert,
dass mit dem Trassen-preissystem Investitionsanreize gesetzt werden
knnen. Hhere Trassenpreise htten aber neben den negativen
Auswirkungen auf die Verlagerung auch zur Folge, dass die
Abgeltungen im Regionalverkehr entsprechend angehoben werden
mssten, die Belastung der ffentlichen Hand wrde hoch bleiben. Eine
hhere Kostendeckung ist nicht erreichbar. Es gibt somit keinen
Anlass, die Grundausrichtung des Trassen-preissystems zu ndern. Die
fehlenden Anreize mssen mit Vorgaben zur Mittel-verwendung und
deren Kontrolle (unter anderem Benchmarking) wettgemacht
werden.
Trassenpreise aus Nutzersicht Um eine detaillierte Beurteilung
des Trassenpreissystems zu erhalten, wurde eine Umfrage bei den
Nutzern gemacht. Als ein Ergebnis dieser Umfrage wurde der
gewichtsbezogene Unterhaltsbeitrag zur Entlastung des Gterverkehrs
gesenkt. Das Bundesamt fr Verkehr (BAV) hat sodann mit einem
externen Gutachten abkl-ren lassen, inwiefern das
Trassenpreissystem verbessert werden knnte und ob es den
Anforderungen der EU entspricht. Das Gutachten besttigte, dass die
Grundaus-richtung des Systems zweckmssig ist. Allerdings wurde der
Mindestpreis im Ver-gleich mit europischen
Infrastrukturkostenerhebungen als eher knapp kalkuliert und
keineswegs zu hoch bezeichnet. Insbesondere wurde festgestellt,
dass der Gterver-kehr heute gegenber dem Personenverkehr im Vorteil
ist. Eine weitere Absenkung der bruttotonnenkilometrischen
Komponente wurde als nicht angebracht bezeichnet. Die grundstzlich
positive Beurteilung des Systems basiert auch darauf, dass es in
der Detailgestaltung eine gewisse Flexibilitt zulsst. Ausnahme ist
der Personen-verkehr, wo diese Flexibilitt nun auch geschaffen
werden soll. Das soll aber nicht dazu dienen, die Trassenpreise
hufiger oder kurzfristiger anzupassen. Auf Gesetzesstufe ist dafr
lediglich eine Bestimmung abzundern: Der Deckungs-beitrag fr den
konzessionierten Personenverkehr soll nicht ausschliesslich in
Pro-zenten des Verkehrserlses festgelegt werden, sondern soll auch
den in Artikel 9c des EBG fr andere Verkehrsarten festgehaltenen
Kriterien (unterschiedliche Kos-tenverursachung der Verkehre im
Netz, Umweltbelastung der Fahrzeuge, Nachfra-ge) Rechnung tragen.
Der Mindestpreis ist weiterhin als Durchschnittspreis
festzule-gen.
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1.2.2 Sicherheitsdienst (Bahnpolizei)
Mit der Bahnreform 2 soll die Bahnpolizei auf eine zeitgemsse
rechtliche Basis gestellt werden. Der Schutz der Reisenden wird als
Aufgabe (neben dem Schutz des ordnungsgemssen Betriebs) hinzugefgt
und der Geltungsbereich auf alle ffentli-chen Verkehrsmittel
ausgedehnt. Die Verbesserung der Sicherheit der Fahrgste kann den
ffentlichen Verkehr attraktiver machen. Daneben hat der
Sicherheits-dienst die wichtige Aufgabe, das generelle
Gefahrenpotenzial zu senken, das der Bahnbetrieb an sich fr
Reisende und Dritte birgt.
1.2.2.1 Bahnpolizei und Bahnpolizeigesetz
Gemss dem geltenden Bundesgesetz vom 18. Februar 18786
betreffend Handha-bung der Bahnpolizei (nachstehend:
Bahnpolizeigesetz) sind die Bahnen zur Aus-bung der Bahnpolizei
ermchtigt. Ausserdem enthlt das Gesetz verschiedene spezifisch auf
den Bahnbetrieb bezogene Straftatbestnde. Die Bahnen drfen
indes-sen keine Strafen aussprechen. Als ein Teil der
Bahnverwaltung sorgt die Bahnpoli-zei vorab im Bahnbereich fr die
Sicherheit des Bahnbetriebs und der Bahnkunden. Sodann ist sie zur
Abmahnung (verbunden mit Strafandrohung), zum Ergreifen dringender
Massnahmen sowie zur Erstellung des Bahnpolizeirapports ermchtigt.
Sie leitet die Rapporte an die kantonale Strafverfolgungsbehrde zur
Aufnahme der Strafuntersuchung weiter. Die verfassungsrechtlich den
Kantonen zustehende Straf-prozesshoheit bleibt unangetastet.
1.2.2.2 Gegenwrtige Ausbung der Bahnpolizei
Die Bahnpolizei ist in der Schweiz im Gegensatz zu anderen
Lndern nicht zu einer Sonderpolizei geworden. Das Bahnpolizeigesetz
(Art. 12 Abs. 1) bestimmt, dass die Bahnunternehmen ihre Beamten
bzw. Bahnangestellten, die zur Ausbung der Bahnpolizei berechtigt
sind, bezeichnen. Die Kantone nehmen sie wie die eigenen
Polizeiorgane in Pflicht. Hinsichtlich des amtlichen Charakters ist
das Personal den staatlichen und kommunalen Polizeiangehrigen
gleichgestellt (Art. 12 Abs. 2). Der kantonalen Polizei bleiben die
ihr inhrenten Funktionen vorbehalten (Art. 12 Abs. 3). Auf Grund
dieser Regelung haben die beiden Kategorien von Poli