1. Internationale Holzbrückentage 2010 Bauherren entscheiden sich für Holz als Baumaterial!? | R. Wulf 1 Bauherren entscheiden sich für Holz als Baumaterial!? Ralf Wulf Landeshauptstadt München, Baureferat Hauptabteilungsleiter Ingenieurbau und Michael Götschl, Meral Tekdas, Ulrich Schönemann München, Deutschland
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Bauherren entscheiden sich für Holz als Baumaterial!? · Ralf Wulf Landeshauptstadt München, Baureferat Hauptabteilungsleiter Ingenieurbau und Michael Götschl, Meral Tekdas, Ulrich
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1. Internationale Holzbrückentage 2010
Bauherren entscheiden sich für Holz als Baumaterial!? | R. Wulf
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Bauherren entscheiden sich für Holz als Baumaterial!?
Ralf Wulf
Landeshauptstadt München, Baureferat
Hauptabteilungsleiter Ingenieurbau
und Michael Götschl, Meral Tekdas, Ulrich Schönemann
München, Deutschland
1. Internationale Holzbrückentage 2010
Bauherren entscheiden sich für Holz als Baumaterial!? | R. Wulf
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1. Internationale Holzbrückentage 2010
Bauherren entscheiden sich für Holz als Baumaterial!? | R. Wulf
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Bauherren entscheiden sich für Holz als Baumaterial!?
1. Was bedeutet Holz für die Stadt München?
1.1 Eine Holzbrücke und die Stadtgründung Münchens
Abbildung 1: Spätmittelalterliche Stadtansicht 1493 mit hölzernem Steg über die Isar
Abbildung 2: Die unteren Isarüberfälle bei der Praterinsel mit hölzernem Steg um 1800
Aus Überlieferungen ist bekannt, dass es bereits vor der Stadtgründung Münchens einen
alten Handelsweg - die Salzstraße - gab, der am heutigen nördlichen Stadtrand die Isar
querte. Im Jahre 1158 wurde der Legende nach die dort vorhandene Holzbrücke im Auf-
trag von Herzog Heinrich dem Löwen zerstört. Unterstützung hatte er dabei von Kaiser
Friedrich I. Barbarossa, der zugleich erklärte, dass die zerstörte Brücke nicht wieder auf-
gebaut werden soll. Hintergrund dieser Tat waren wirtschaftliche Interessen. Nach der
Zerstörung wurde die Salzstraße über eine neue Holzbrücke geleitet, die im Bereich der
heutigen Ludwigsbrücke am Deutschen Museum über die Isar führte. Damit konnte nun
Heinrich der Löwe Brückenzoll einnehmen und einen Markt gründen. In Folge dessen
wurde die Entwicklung Münchens enorm beschleunigt. Auf der Stadtansicht aus dem spä-
ten Mittelalter sieht man, dass sich die Marktgründung als Erfolgsmodell bewiesen hat
(Abbildung 1). Die Isarbrücke besteht aus Holz. Zwar hatten die Römer schon 1000 Jahr
früher die „ars cementium“ entdeckt und ihre Via- und Aquädukte aus diesem Material
erstellt. Aber München war eben keine Römerstadt.
Wie zum Beispiel bei der Praterinsel waren bis ins ausgehende Mittelalter die allermeisten
Brücken einfachste Stege aus Holz und noch nicht barrierefrei (Abbildung 2).
Das änderte sich erst, als München im 17. Jahrhundert zur kurfürstlichen Residenzstadt
aufsteigt (1623). Der Aufstieg war mit einem höheren Anspruch an Repräsentanz ver-
bunden. Ab 1750 wurden im städtischen Brückenverzeichnis die ersten steinernen, ge-
wölbten Brücken benannt.
1.2. Flößerei
Seit der Zeit der Stadtgründung Münchens ist die Flößerei nachweisbar. Damals wurden
zu Bauzwecken große Mengen von Holz in jeder Form benötigt, was das waldreiche
Oberland gut ins Geschäft mit der Stadt brachte (Abbildung 3). Der rege Holzhandel und
die Baulust ließ sogar um die Waldbestände im Oberland fürchten. Allein beim Bau der
Münchner Frauenkirche benötigten die Zimmerermeister für den gewaltigen Dachstuhl
150 schwer beladene Bauholzflöße. Weitere Belebung erfuhr das Flößereigewerbe, als
venezianische Kaufleute ihren Markt in Mittenwald abhielten. Südfrüchte, Gewürze, Ballen
mit Baumwolle, Pfeffersäcke, Samt und Seide wurden dort verkauft.
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Für den Weitertransport der teuren Ware sorgten auf dem Wasserweg die Flößer
(Abbildung 4). Persönlich hafteten die Floßmeister für das Frachtgut. Ging Ware beim
Floßtransport zugrunde, musste der Eigentümer entschädigt werden, widrigenfalls drohte
ein Fahrverbot.
An der Unteren Lände in München, beim heutigen Deutschen Museum, herrschte emsiges
Treiben durch die ankommenden Flöße. War die Ladung übergeben und das Floß ver-
kauft, wanderten die Flößer den langen Weg zurück in ihren Heimatort. Vom Frühjahr bis
spät in den Herbst waren die Flößer unterwegs, so oft es Wetter und Wasserstand zulie-
ßen.
Abbildung 3: Flösserei im 19. Jahrhundert mit Blick auf die Stadt
Abbildung 4: Flösserei im 19. Jahrhundert Transport eines Braukessels
Ab Scharnitz war die Isar floßbar, hinunter bis zur Donaumündung bei Plattling.
Eine 265 km lange Wasserstrecke mit teils gefährlichen Abschnitten. Viele Flößer trans-
portierten ihr Frachtgut jedoch weiter zu den Donaustädten bis Wien oder Budapest.
Auch ein Reisefloß, das Ordinari, verkehrte einmal wöchentlich von München nach Wien –
one way only. Etwa sieben Tage dauerte die feuchte Reise auf dem Wasser, die pro Per-
son drei Gulden kostete. Kinder waren frei. Das Floß galt als schnellstes und billigstes
Transportmittel, bevor in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die modernen Beförde-
rungsarten das jahrhundertealte Floß zu überholen begannen. Im Transportwesen von
heute spielt das Floß keine Rolle mehr. So verschwand ein gewohntes Bild durch die In-
dustrialisierung und den Bau der Eisenbahn. Das Rad der Zeit lässt sich eben nicht auf-
halten. Doch erhalten blieben die Ausflugsfloßfahrten, die seit mehr als 100 Jahren mit
Eröffnung der Isartalbahn München-Wolfratshausen viele Freunde fanden. Auch heute
noch ist es ein unvergeßliches Erlebnis, auf dem gemütlichen Floß in munterer Gesell-
schaft durch die naturgeschützte Pupplinger Au zu treiben, unter Brücken hindurch, über
"Floßrutschen" hinunter, an Ufern mit herrlichen Mischwäldern entlang, an Nagelfluhfel-
sen und steilen Hochufern mit Burgen und Kirchen vorbei. Eine 25 km lange Flußstrecke
von Wolfratshausen bis München wie im Bilderbuch.
2. Warum nutzen wir Holz als Baumaterial?
Wir verwenden bei unseren Bauwerken unterschiedliche Materialien, unter denen Holz als
Baustoff eine besondere Stellung einnimmt. Holz hat seine Eignung über Jahrtausende
hinweg unter Beweis gestellt - als organischer Werkstoff mit seiner besonderen Kombina-
tion aus geringem Gewicht, hoher Festigkeit und guter Wärmedämmung.
Schön
Nachhaltig
Einheimisch
Leicht
Variabel
Energetisch günstig
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2.1. Holz hat Seele
Kein anderer Baustoff ist so warm und lebendig. Jedes Stück erzählt eine Geschichte, ist
in Farbe und Maserung ein Unikat. Holz ist ein natürlicher Baustoff. Das unterscheidet ihn
von anderen Materialien, die wir beim Bauen verwenden.
2.2. Holz ist nachhaltig und aus heimischen Wäldern
Abbildung 5: Panorama vom Taubenberg und vom Stadtwald
Seine Ökobilanz kann sich sehen lassen. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der über-
dies das Treibhausgas CO2 bindet. Wälder sind neben den Weltmeeren die wichtigsten
CO2-Speicher. Die Landeshauptstadt München besitzt am Taubenberg im Mangfalltal ei-
nen eigenen Stadtwald (Abbildung 5). Damit werden gleich zwei Ziele erreicht, zum einen
der Schutz der Grundwasserreservoirs für die Trinkwasserversorgung der Stadt und eine
ökologische Waldbewirtschaftung. Der Stadtwald weist große Tannenbestände aus, die
sich wegen ihrer starken Dimensionen besonders für die Verwendung als Vollholz und
damit auch für den Brückenbau eignen. Die Tanne ist wichtig für diese Waldbestände, da
sie - ähnlich wie Laubhölzer - extreme Trockenperioden gut übersteht. In Zeiten des Kli-
mawandels ist diese Eigenschaft von besonderer Bedeutung. Holznutzende Eingriffe er-
folgen streng nachhaltig, in der Regel werden reife Stämme bei passender Marktlage ge-
erntet und so eine hohe Qualität sichergestellt. Ziel sind dauerhaft bestockte Waldbe-