Neurodermitis (Atopische Dermatitis) Basiskurs für Apotheker: Kostenfreie zertifizierte Fortbildung im Gesundheitswesen Redaktionelle Leitung Kerstin Depmer CGC - Cramer-Gesundheits-Consulting GmbH Rathausplatz 12 - 14 65760 Eschborn [email protected]Ansprechpartner Technik Dennis Fenchel health&media GmbH Fraunhoferstraße 5 64283 Darmstadt www.my-cme.de/apotheker Akkreditiert von der Bundesapothekerkammer QR-Code zu den Prüfungsfragen Bitte scannen Sie den Code mit einem QR-Reader auf Ihrem Mobilgerät. Einen geeigneten QR-Reader finden Sie unter www.barcoo.com
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PathogeneseAtopische Dermatitis ist eine erbliche, chronisch rezidivie-rende Hautkrankheit. Häufig kommt es im Kleinkindalter (ca. 3. – 4. Lebensjahr) zur Erstmanifestation.Der Erbgang der Atopischen Dermatitis erfolgt nicht über ein einzelnes Gen, sondern polygen mit Schwellenwert. Dabei wird nicht die Krankheit an sich vererbt, sondern lediglich die Krankheitsdisposition. Erst, wenn zu der vererbten Disposition bestimmte Provokationsfaktoren hinzukommen, wird die Krankheit manifest (abhängig vom individuellen Schwellenwert).
Unter Provokationsfaktoren versteht man• Klima (Klimawechsel, kalte Jahreszeit, geringe Luft-
Neurodermitiker leiden häufig zusätzlich an anderenKrankheitendesatopischenFormenkreises(z.B.Asthmabronchiale, Rhinitis allergica, Conjunctivitis allergica,Heuschnupfen). Signifikant häufig ist die Atopische Der-matitismitIchthyosisvulgaris(„Fischhaut“aufgrundvonVerhornungsstörungen)assoziiert.
Merkmale, die auf eine Atopie hindeuten:• familiärauftretendeNeigungzuÜberempfindlichkeits-
reaktionen von Haut und Schleimhäuten gegenüber Umweltstoffen
DieErkrankunghatindenletztenJahrenstarkzugenom-men.Während1960 lediglich jedesdreißigsteVorschul-kind von Atopischer Dermatitis betroffen war, ist es heute fast jedes sechste. Eine mögliche Ursache für diesensprunghaften Anstieg sind paradoxerweise verbesserte Lebensumstände und steigende Hygiene. Atopische Er-krankungen scheinen häufig Stadtkinder aus sozial bes-ser gestellten Schichten zu treffen.
Die Atopische Dermatitis gehört zu den häufigsten Hauterkrankungen überhaupt. Insgesamt leiden in Deutschland zwischen zwei und zehn Prozent der Bevölkerung in unterschiedlichem Ausmaß an dieser chronischen Hautentzündung.Kinder sind dabei überdurchschnittlich häufig betroffen: Bis zu 12 Prozent der Vorschulkinder sind an Atopischer Dermatitis erkrankt. Insgesamt geht man von rund drei Millionen Betroffenen in Deutschland aus. (Quellen: J. Ring: „Neurodermitis“, C.H.Beck, München, 2000; Informationsportal Dermatologie, www.dermis.net)
• nässende,mitschuppigenKrusten(„vonderFarbe einerüberdemFeuereingetrockenetenMilch“) bedeckte Erytheme am behaarten Kopf, der Stirn und den seitlichen Gesichtspartien • Späterim1.Lebensjahrentwickelnsichdaraus nässende Erytheme mit Papulovesikeln und Krusten an der Streckseite der Extremitäten
• ab3.Lebensjahr:Eczemaflexuarum • nässendeDermatitismitPapelnundBläschenin den Ellenbeugen und (seltener) in den Kniekehlen • allmählicherÜbergangineinchronischesEkzem: trockene, schuppende, verdickte Herde mit der typischenLichenifikation(Vergröberungder Hautlinien)
Anhand der beschriebenen typischen Klinik der Atopischen Dermatitis lässt sichdasVollbildderErkrankungleichtdiagnostizieren.ZusätzlicheHinweiseauf eine vorliegende Atopie – auch bei nur minimal ausgeprägter Atopischer Dermatitis – geben die so genannten Stigmata:
TherapieFür die Behandlung der Atopischen Dermatitis ist einpolypragmatischesVorgehenentscheidend.DabeiistesvonbesondererBedeutung,dieMaßnahmenindividuellauf den jeweiligen Patienten abzustimmen. Basis derTherapie sollte, wenn möglich, eine Reduktion undVermeidung der jeweiligen Provokationsfaktoren sein.Darauf aufbauend schließt sich die Basis-Hautpflegesowie die spezielle Ekzemtherapie an.DieheutebeiAtopischerDermatitisangewendetenThe-rapeutika schließen sowohl äußerlich anwendbare als auch systemisch anwendbare Medikamente ein. Die spezielleTherapie wird durch eine Pflegetherapieergänzt. Neurodermitiker-Pflegeprodukte sind speziellauf die gestörte Hautbarriere beiAtopischer Dermatitisabgestimmt.
• topischeMakrolide(z.B.Tacrolimus,Pimecrolimus,seit April 2002 in Deutschland auf dem Markt), werden aus einer Pilzart (Streptomyces tsukukaensis) gewon-nen
• therapeutische Alternative zu Steroiden: wirken wie Steroide immunsuppressiv, jedoch ohne die typi-schen Steroid-Nebenwirkungen (kein atrophogenesPotenzial),bislangbekannteNebenwirkungen:LokaleEntzündungsreaktionen, Infektionen der behandeltenHautstellen; aufgrund von möglichen fototoxischenEffekten (Tierexperimente) sollten die Hautpartien,diemitTacrolimusbehandeltwerden,nichtderSonneausgesetzt werden
prägung,AnwendungalsStoßtherapieüber2bis4Tageohne schrittweise Reduktion der Dosis oder als 2- bis 4-wöchigeTherapiemitschrittweiserDosisreduktion
• beischwerster, therapieresistenterForm:CyclosporinA; empfohlen über maximal 6 Monate in der niedrigs-ten therapeutisch wirksamen Dosis mit anschließender ReduktionübereinenZeitraumvonca.3Monaten
• eventuell Leukotrienantagonisten, allerdings liegt keineoffizielleZulassungfürdieseIndikationvor
Phototherapie/KlimatherapieBeideTherapieformen können ajuvant in Kombinationmit Kortikosteroiden oder – bei mäßig ausgeprägter Atopischer Dermatitis – auch allein eingesetzt werden.
Wirkstoff,spezifisch/Handelsname
Wirkung/spez.Indikation
Warnhinweise/Kontraindikation (KI)
Polidocanol Juckreizminderungdurch Senkung der Sensibilität von Hautnerven (Lokalan-ästhetikum).
KI:Unverträglichkeit/Überempfindlichkeitbe-züglich des Wirkstoffes
KI:Unverträglichkeit/Überempfindlichkeitbe-züglich des Wirkstoffes;Anwendung im Auge
Lokale Anti-septika
z.B.Chlorhe-xidin
Lokale Desinfektion KI:Unverträglichkeit/Überempfindlichkeitbe-züglich des Wirkstoffes;Keine Anwendung auf Schleimhäuten,imBereichvon Auge und Ohr, auf tiefenbzw.großflächigenWunden/Verletzungen,Ulzerationen, bei Säuglin-gen, schlecht durchblute-tem Gewebe
CAVE:Schwangerschaft,Stillzeit
Antibiotische Salben
Fusidinsäure, Erythromycin
Antibiotisch (anti-entzündlich);BeiImpetiginisierung(Staphylococcus aur.) der Ekzemherde
KI:Unverträglichkeit/Überempfindlichkeitbe-züglich des Wirkstoffes;
KI:Unverträglichkeit/Überempfindlichkeitbe-züglich des Wirkstoffes;Erythrodermie, Anwen-dung im Gesicht oder Augesowieintertriginö-sen Räumen, Schwanger-schaft, Stillzeit
KI:Unverträglichkeit/Überempfindlichkeitbe-züglich des Wirkstoffes;Chronisch-stationärePsoriasis, Akne, Pruritis anogenit., Rosacea, periorale Dermatitis, spezif. Hautprozesse wie Hauttuberkulose, virale, bakterielle, mykotische Hauterkrankungen
CAVE:LängereAnwen-dung im Gesicht bzw. bei Kindern, Schwanger-schaft, Stillzeit
Topische Makrolide (top. Immunmodula-toren, TIM)
PimecrolimusTacrolimus
Selekt.Calcineurin-hemmer:Bindenanspezifische Rezepto-ren (Makrophilin) im CytosolvonT-Lym-phozyten. Dieser Komplex inhibiert dieCalcineurin-Phosphatase-Ak-tivität. So wird die Signalübertragung inaktiviertenT-Lym-phozyten und da-durch die Synthese von Entzündungs-mediatoren(Zy-tokine) gehemmt. Antientzündlich, immunsuppressiv; kein atrophogenes Potenzial; Intervalltherapie
KI:Unverträglichkeit/Überempfindlichkeitbe-züglich des Wirkstoffes; Keine Anwendung bei vi-ralen Hauterkrankungen, im Auge, auf Schleimhäu-ten, bei Erythrodermie, Netherton-Syndrom
Entzündungshem-mungsowieJuck-reizminderung und Hemmung einer Hautverdickung
KI:Unverträglichkeit/Überempfindlichkeitbe-züglich des Wirkstoffes;Akute, nässende Derma-tosen, Xeroderma pigm., Nävus-Dysplasie-Synd-rom,Basalzellnävussyn-drom, akutes Stadium der Neurodermitis,Anwen-dung auf Kopfhaut oder im Auge, Schwanger-schaft,Stillzeit,<12Jahre,Nierenerkrankungen,Schleimhäute
CAVE:Sonnenlicht(Lichtsensibilisierung), Anwendung in Anogeni-tal-, AxillarregionFraglich/umstritten:Kan-zerogenität
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
Wirkstoff,spezifisch/Handelsname
Häufigste Nebenwir-kungen (NW)
Wechselwirkungen (WW)
Polidocanol Überempfindlichkeits-reaktionen
Keine
Synthet. Gerb-stoffe (tannin-artig)
Leichte lokale Haut-reizungen, allergische Hautreaktionen, Aus-trocknen der Haut
Keine(Kondome, Diaphrag-menkönnendurchHilfsstoffe in Funktion beeinträchtigt sein)
Antiseptika
z.B.Chlorhexidin
Allergische Reaktio-nen,lokal:Brennen;Kontakt- und Foto-sensibilisierung bei häufiger Anwendung
Seife und andere an-ionische Substanzen, Kaliumjodid; Saccha-rose, Polysorbat-80, unlösl.Magnesium-,Calcium-,Zinksalze
Antibiotische Salben
Fusidinsäure, Erythromycin
Lokale Hautreizungen (Brennen,Rötung),Überempfindlichkeits-reaktionen; Erythr.: Resistenzen bei lang-fristiger Anwendung
Keine
Antimykotika
Imidazolderivate(Ketoconazol)
Lokale Hautreizungen, (Brennen,Jucken,Rötung),lokaleallergi-sche Reaktionen
Keine
Salicylsäure Lokale Hautreizungen, BraunfärbungderHaut, allergische Haut-reaktionen
Andere Hautpräpara-te(z.B.top.Kortikos-teroide)(Kondome, Diaphrag-menkönnendurchHilfsstoffe in Funktion beeinträchtigt sein)
Wirkstoff,antientzündlich
Häufigste Nebenwirkun-gen (NW)
Wechselwirkun-gen (WW)
Topische Kortisonpräpa-rate (Klasse I-III, meist II)
Lokale Hautreaktionen (Brennen,Jucken),lokaleHautatrophien(Zerstö-rung von Kollagenfasern; Folge:dünne,sprödeHaut),Teleangiektasien,periorale Dermatitis, Pigmentverschiebungen, Purpura, Follikulitis, al-lergische Reaktionen; bei großflächigerAnwendungsystemischeNWmöglich(s.NWsystemischeKorti-kosteroide)
Keine
Topische Makro-lide (top. Immun-modulatoren)
Lokale Reaktionen (meist nurzuBeginnderBe-handlung): Entzündungs-reaktionen,Infektionen,Brennen,Jucken,Rötung,Hitzegefühl, Schmerz
Alkohol, Son-nenlicht, evtl. andere topische antientzündliche Präparate
Teerpräparate Fotosensibilisierung, lokale Hautreizung, Folli-kulitiden
2. Systemische Therapie Eine systemische Therapie bleibt schweren Formen/Verläufen bzw. demschweren Schub vorbehalten und bedarf einer regelmäßigen Kontrolle.
KI:Unverträglichkeit/ÜberempfindlichkeitgegenWirkstoff;AkuteVirusinfektionen,HBsAG-pos.chronisch-aktiveHepatitis,8.Wo vor und 2.Wo nach Schutzimpfung, Lymphadenitis nach BCG-Impfung