Gesundheitsförderung, Umwelt- und Konsumentenbildung im Biologieunterricht der Sekundarstufe I am Beispiel heimischen, saisonalen Gemüses Bachelorarbeit zur Erlangung des Lehramtes für Hauptschulen und Neuen Mittelschulen Pädagogische Hochschule Tirol Betreuer: OStR Prof. Mag. Dr. Hans Hofer Betreuer: Prof. Mag. Dr. Norbert Waldner Eingereicht von: Maria Plank Innsbruck, 22.03.2013
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Gesundheitsförderung, Umwelt- und Konsumentenbildung im Biologieunterricht
der Sekundarstufe I am Beispiel heimischen, saisonalen Gemüses
Bachelorarbeit zur Erlangung des Lehramtes für Hauptschulen und Neuen
Mittelschulen
Pädagogische Hochschule Tirol
Betreuer: OStR Prof. Mag. Dr. Hans Hofer
Betreuer: Prof. Mag. Dr. Norbert Waldner
Eingereicht von: Maria Plank
Innsbruck, 22.03.2013
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen II
Abstract
Immer mehr Kinder wissen immer weniger über heimisches und saisonales Ge-
müse. Diese Aussage bekam ich von vielen Lehrpersonen zu hören. In meiner
Forschung wollte ich dem genauer auf den Grund gehen. In dieser Arbeit wurde
untersucht, was Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren über Gemüse wissen. Die
Kernfragen waren, welche Gemüsearten die Kinder kennen, und wann welches
Gemüse Saison hat. Für die Untersuchung wurden in drei Schulen ca. 290 Fra-
gebögen verteilt. Der Rücklauf betrug über 95%. Insbesondere interessierte
mich ob es einen Unterschied zwischen Kindern, die auf dem Land aufwachsen
und solchen, die ihren Lebensmittelpunkt in einer Stadt wie Innsbruck haben,
gibt. Wie viele Gemüsesorten kennen die Kinder der Sekundarstufe I aus städ-
tischem und ländlichem Einzugsgebiet? Die Ergebnisse meiner Forschung zei-
gen eindeutig, dass Kinder, die in einer ländlichen Umgebung aufwachsen,
ihren Altersgenossen gegenüber diesbezüglich einen deutlichen Wissensvor-
sprung haben. Noch eine weitere Frage zieht sich durch meine Bachelorarbeit:
Wissen die Kinder wann welches Gemüse Saison hat? Durch das Angebot in
den Supermärkten, das unabhängig vom jahreszeitlichen Rhythmus existiert,
können die befragten SchülerInnen der Sekundarstufe I nicht mehr einschätzen,
wann ein bestimmtes Gemüse wächst und wann es geerntet werden kann.
Zusammenfassend ergab die Auswertung der Antworten, dass Landkinder über
heimisches Gemüse zwar mehr wissen als Stadtkindern, insgesamt aber das
Wissen darüber ausbaufähig ist. Besonders schwach entwickelt war das
Wissen darüber, wann welches Gemüse Saison hat. Aufgrund der Ergebnisse
meiner Forschung habe ich Vorschläge erarbeitet, wie man die Gesundheitsför-
derung, Umwelt- und Konsumentenbildung im Biologieunterricht der Sekundar-
stufe I am Beispiel heimischen, saisonalen Gemüses umsetzen kann. Als Kon-
sequenz daraus wurde ein Gemüsekalender entwickelt, der ab der ersten
Klasse NMS eingesetzt werden kann. Zusätzlich wird ein Jahresprojekt für dritte
NMS-Klassen vorgeschlagen, mit dem das Bewusstsein für den Wert von regi-
onalem und saisonalem gehoben werden kann. Es wird empfohlen, dieses
Projekt im Rahmen der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) durch-
zuführen.
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen III
Die meistgebrauchte Definition stammt aus dem Brundtland-Bericht der Ver-
einten Nationen aus dem Jahr 1987. „Nachhaltigkeit oder dauerhaft ist laut
Brundtland-Bericht eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befrie-
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 5
digt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse
nicht befriedigen können.“ (Luks 2002, S.8)
3.2 Gemüseeinkauf
Der aktuelle Lebensmittelbericht 2011 zeigt, dass die KonsumentInnen immer
weniger Geld für die Ernährung ausgeben. Während 1964 noch über die Hälfte
der Haushaltsausgaben für den Einkauf von Nahrungsmitteln aufgebracht
wurde, waren es 2010 nur noch 18%. ( Vgl. Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Sektion III Landwirtschaft und
Ernährung 2012, S. 9)
Schaut man sich nun die durchschnittlichen Ausgaben für Lebensmittel genauer
an, fällt auf, dass die Ausgaben für Fleisch dominieren. Fast ein Viertel der
durchschnittlichen monatlichen Ernährungsausgaben gibt ein Privathaushalt für
Fleisch aus. Diese Position wird gefolgt von Brot und Getreideprodukten sowie
Milchprodukten und Eiern. Erst an vierter Stelle, mit nur 10%, findet man
schließlich Gemüse. (Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft, Sektion III Landwirtschaft und Ernährung 2012,
S. 9)
Für die Ernährung des Menschen und ebenso wie für alle höherentwickelten
Tiere sind in erster Linie pflanzliche Lebensmittel wichtig. Wenn wir komplett auf
Abbildung 1: Haushaltsausgaben 1964-2010 (Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Sektion III Landwirtschaft und Ernährung 2012, S. 10)
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 6
Pflanzliches verzichten würden, wären wir nicht überlebensfähig. Das heißt
wiederum, dass pflanzliche Nahrung die Grundlage der Nahrungskette auf der
Erde bildet. Und so sollte Gemüse nicht nur als reine Beilage zu Fleischgerich-
ten gesehen werden, sondern als Grundlage der Ernährungspyramide.
Gemeinsam mit Getreideprodukten, Hülsenfrüchten und Obst sollte Gemüse
den Hauptbestandteil unserer Ernährung bilden. (Vgl. Pamploma Roger 2009,
S. 92 f.)
Obwohl die Ausgaben für Ernährung insgesamt gesunken sind, werden immer
mehr Lebensmittel konsumiert. Während 1955 unter 50 kg Fleisch pro Person
verzehrt wurde, ist der Wert bis 2010 auf über das Doppelte, nämlich 100 kg
gestiegen. Erfreulicherweise ist auch der Konsum von Obst und Gemüse
deutlich - von 116 kg auf 207 kg - gestigen. Es ist nicht näher ersichtlich, wie
sich der Konsum von Gemüse ohne Obst entwickelt hat. Insgesamt ist die
Menge der verzehrten Lebensmittel pro Person jedoch als sehr kritisch zu
sehen. Das immer steigende Einkommen und die ganzjährliche Verfügbarkeit
von Lebensmitteln haben das Konsumverhalten stark verändert. Um 1950
waren besonders Fisch, Fleisch und Obst noch viel teurer als heute. Tropische
Früchte aus weit entfernten Ländern hätte man sich einfach nicht leisten
können. Im gleichen Zeitraum sind beispielsweise die Kosten für Treibstoff stark
gestiegen. Daraus lässt sich schließen, dass der Preis für Gemüse heutzutage
nicht mehr adäqat ist. Während die Ausgaben für Gemüse stark gesunken sind,
Abbildung 2: Verteilung der durchschnittlichen monatlichen Ernährungsausgaben der Privathaushalte (Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Sektion III
Landwirtschaft und Ernährung 2012, S. 10)
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 7
ist der Konsum in Kilogramm pro Kopf stark gestiegen. Diese negative
Entwicklung geht zu Lasten aller in der Gemüseproduktion beschäftigten
Personen sowie der gemüseverarbeitenden Betriebe. (Vgl. Bundesministerium
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Sektion III
Landwirtschaft und Ernährung 2012, S. 12)
Obwohl die Anbaufläche im Jahr 2010 um 1,5 % zurückging, stieg die Marktpro-
duktion um ca. 3,8%. Während es im Großteil von Österreich keine Verände-
rung der Anbaufläche gab, musste man in Niederösterreich und der Steiermark
einen Rückgang verzeichnen. Sowohl der Import als auch der Export von
Gemüse stieg 2010 an. Beim Import um beträchtliche 12,5%auf über 660.000
Tonnen pro Wirtschaftsjahr. Man kann feststellen, dass der Import von Gemüse
mengenmäßig fast dreimal so viel wie der Export ausmacht. Wertmäßig wird in
Österreich sogar nahezu viermal mehr Gemüse importiert als exportiert. (Vgl.
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt-
schaft, Sektion III Landwirtschaft und Ernährung 2012, S. 21)
Wie in der nachfolgenden Statistik ersichtlich wird, wurden im Lebensmittel-
einzelhandel 2010 am liebsten Tomaten (Paradeiser) gekauft. Gefolgt werden
sie von Zwiebeln, Karotten, Gurken und Paprika. Im Gegensatz dazu ist das in
Österreich mengenmäßig am meisten angebaute und geerntete Gemüse
Abbildung 3: Ernährungsverbrauch pro Kopf in Kilo (Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Sektion III Landwirtschaft und Ernährung 2012, S. 12)
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 8
Zwiebeln, gefolgt von Karotten und Kraut. (Vgl. Bundesministerium für Land-
und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Sektion III Landwirtschaft
und Ernährung 2012, S. 23)
Abbildung 4: Top 10 Gemüsesorten im Lebensmitteleinzelhandel 2010 (Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Sektion III
Landwirtschaft und Ernährung 2012, S. 23)
3.3 Nachhaltigkeit von Gemüse
Wer hätte es noch vor 50 Jahren für möglich gehalten, dass man irgendwann
einmal auch im tiefsten Winter Tomaten, Spargel und anderes Gemüse billig
kaufen könnte? Spanische Tomaten werden teilweise unter fragwürdigen
Arbeitsbedingungen von afrikanischen Immigranten gepflanzt und geerntet.
Durch die dort herrschenden Klimabedingungen muss das Gemüse in riesigen
Glashäusern angebaut werden. Durch diesen intensiven und naturfernen Anbau
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 9
wird sehr viel Wasser verbraucht, wodurch der Grundwasserspiegel sinkt und
es zu Wassermangel kommt. Dieses Problem tritt auch in anderen Teilen der
Welt auf. Da in Israel Orangen, Erdbeeren und Bananen produziert werden ver-
ursacht man dort ebenfalls eine Wasserknappheit. Unsere Generation verzehrt
Nahrungsmittel, deren Geschichte man gar nicht kennt, bzw. lieber nicht ken-
nen möchte. Häufig wissen wir wenig über die Erzeugung, Verarbeitung und
Herkunft sowie den Handel und Transport von Gemüse. (Vgl. Hohler und
Koerber 2012, S. 16 ff.)
Wenn wir uns auf die jahreszeitlichen Angebote an Gemüsearten einlassen
würden, hätten wir eine breit gefächerte Vielfalt, die unser Klima schont, die
Wirtschaft stärkt, unsere Gesundheit fördert und sozialverträglich ist.
Eine Untersuchung des Instituts für Markt-, Meinungs- und Mediaforschung und
der Linzer Johannes Kepler-Universität beleuchtete das Einkaufsverhalten der
ÖsterreicherInnen bei Lebensmitteln und dessen volkswirtschaftlichen Effektes.
Die im Auftrag der Österreichischen Hagelversicherung getätigte Studie zeigt
erfreulicherweise das wachsende Wissen der VerbraucherInnen um die positi-
ven Auswirkungen österreichischer Produkte auf Klima, Umwelt und Wirtschaft:
Ein Drittel der Konsumenten kauft mehr heimische Lebensmittel als vor fünf
Jahren
66 Prozent legen großen Wert auf klimafreundliche Produkte die mit
kurzen Transportwegen die Umwelt schonen
91 Prozent sind davon überzeugt, dass der Kauf von heimischen
Lebensmitteln Arbeitsplätze sichert
78 Prozent bevorzugen heimische Produkte, auch wenn sie teurer sind
Durch diese zusätzliche Zahlungsbereitschaft der ÖsterreicherInnen würde sich
das BIP um 1,7 Mrd. Euro erhöhen. In weiterer Folge könnten auch rund 15.000
Arbeitsplätze neu geschaffen werden. (Vgl. Österreichische Hagelversicherung
VVaG o.J.a, o.S.)
Bei einem Symposium in Wien haben sich Experten getroffen und über „Bio“
oder „Nicht Bio“ diskutiert. Es hat sich gezeigt, dass sich auch Experten auf die-
sem Gebiet nicht einig sind. Allein in Deutschland werden jährlich 100 Millionen
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 10
Bio-Eier verkauft. Es stellt sich die Frage, ob diese Mengen überhaupt noch
etwas mit Bio zu tun haben können. Unweigerlich werden die Hühner in
Massentierhaltung gehalten. Also, egal ob Bio oder nicht, Nachhaltigkeit in der
Produktion heißt das Zauberwort. Allein das würde viele Probleme lösen. Doch
dazu muss jeder einzelne Konsument und jede einzelne Konsumentin das Ein-
kaufsverhalten überdenken. Die Konsumenten geben den Ausschlag, denn nur
durch die Nachfrage nach natürlichen und nachhaltig produzierten Lebensmit-
teln wird sie der Handel auch liefern. Natürlich wird das den KonsumentInnen
manchmal mehr kosten. Doch nur wenn man sich Gedanken darüber macht, wo
die Lebensmittel herkommen, kann man auch selbst entscheiden, was im Kör-
per landet und was nicht. (Vgl. ORF Online und Teletext GmbH & Co KG o.J.,
o.S.)
3.4 Gemüse und Umwelt
Die Umwelt ist die natürliche Lebensgrundlage aller Lebewesen. Durch den
sehr aufwendigen Lebensstiel in den Industrieländern wird diese Lebensgrund-
lage oftmals überbeansprucht. Durch Schadstoffe wird die Luft, der Boden, das
Wasser und dadurch in weiterer Folge auch unsere Nahrung belastet. Ver-
mehrte Treibhausgase und andere, nicht in die Luft gehörende Schadstoffe be-
wirken steigende Temperaturen. Dadurch wird der weltweite Klimawandel be-
schleunigt und die Ozonschicht geschädigt. Die Auswirkungen davon sind
Dürren, das Abschmelzen der Gletscher, Stürme, Waldbrände, Überflutungen
sowie der Meeresspiegel-anstieg. Unserem Boden schaden wir durch Erosion,
Verdichtung, übermäßige Versalzung und Versiegelung. Durch die Abholzung
der Wälder, um zum Beispiel die Anbaufläche für Soja als Futtermittel zu ver-
größern, entsteht ein Artenschwund bei Tieren und Pflanzen. Durch den stei-
genden Fischkonsum wird das Meer überfischt und wiederum sterben einige
Arten aus. Die Kulturlandschaft verändert sich immer mehr, wodurch Lebens-
räume für viele Arten verschwinden. Leider kann man heutzutage in manchen
Regionen keine natürlichen Hecken mehr finden. In den Industrieländern pfle-
gen wir einen verschwenderischen Umgang mit Wasser, wogegen in vielen
anderen Regionen der Welt diese Grundlage des Lebens immer knapper wird.
Durch die eigene Ernährungsweise kann jeder Einzelne einen Beitrag zur
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 11
Schonung der Umwelt und der Ressourcen leisten. (Vgl. Hohler und Koerber
2012, S. 17)
3.4.1 Anbauarten im Vergleich
Das Nordtiroler Gemüse wächst großteils im Tiroler Inntal. Dieses Tal ist einge-
bettet zwischen dem Alpenhauptkamm und dem Karwendelgebirge. In diesem
Gebiet herrschen die optimalen Voraussetzungen für den Anbau von Gemüse.
Einige Faktoren sind dafür notwendig. Für den Anbau von Frühgemüse eignet
sich das Schwemmland des Inns sehr gut. Deshalb kann je nach Wetterlage
teilweise bereits ab Mitte Februar der Anbau auf der Sonnenseite des Inntals
beginnen. Im Gegensatz zum Anbau in Gewächshäusern kann man mit der
eben beschriebenen Methode nicht das ganze Jahr über Gemüse ernten. Doch
der naturnahe Anbau hat unverzichtbare Vorteile. Der ausgeprägte Tempera-
turunterschied zwischen Tag und Nacht ist verantwortlich für die Anlagerung
von vielen wertvollen Inhaltsstoffen bei Gemüse. Reichlich Licht sorgt für ein
gesundes Wachstum. (Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft o.J.c, S. 1 ff.)
Ein weiterer, wichtiger Qualitätsaspekt des Nordtiroler Gemüsebaus ist die Ver-
wendung von klarem, sauberem Bergwasser für die Bewässerung. Der Gemü-
sebau in Tirol ist mit über 60 verschiedenen Gemüsearten sehr vielfältig. Ange-
boten werden Gemüsearten von A, wie Artischocken bis Z, wie Zwiebeln.
Neben den typischen, nordtiroler Gemüsesorten wachsen an besonders günsti-
gen Standorten sogar wärmeliebendes Gemüse, wie Paprika oder Melonen.
Auch Neuheiten findet man in dieser Anbauregion immer öfter. Ursprünglich
italienische Sorten wie Radicchio und Rucola werden ebenso angebaut wie
Romanesco, blaue Karotten oder gelbe Zucchini. Ein seit Jahren durchgeführ-
tes Qualitätssicherungsprogramm bestätigt die Qualität und Sicherheit vom
Nordtiroler Gemüse. (Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft o.J.c, S. 1 ff.)
Im Vergleich dazu wird Gemüse in anderen Teilen der Welt nicht so naturnah
produziert. Hunderte Flugzeuge transportieren Urlauber in den Süden von
Spanien. Ein Blick aus dem Flugzeug offenbart Erstaunliches. Riesige Ge-
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wächshäuser mit Glas- oder Plastikdächern dominieren die Erwerbsfläche in
Andalusien. Wo früher auf die herkömmlichen Art Gemüse und Getreide ange-
baut wurde, findet man nun rund 30.000 Gewächshäuser auf einer Fläche von
ca. 35.000 Hektar. Für die Erweiterung der bestehenden Anlagen werden in
den Bergen bereits neue Terrassen planiert. In diese Region findet so gut wie
kein einziger Urlauber den Weg, da diese Landschaft nichts Attraktives bietet.
Doch was man in den Anlagen sieht wäre sehr interessant. Vielleicht würden
sich einige Menschen den Einkauf von spanischem Gemüse noch einmal gut
überlegen, wenn sie sehen würden, wie dort das Gemüse wächst. Man findet
keinen natürlichen, fruchtbaren Boden sondern nur eine betonierte, ebene
Fläche. Man könnte dieses Gemüseanbaugebiet fast mit einer Fabrikshalle
verwechseln. Die Tomatenpflanzen wachsen in einer endlosen Reihe aus
Kästen. Diese sind gefüllt mit Steinwolle, ein Material das in Österreich über-
wiegend für die Dämmung von Häusern verwendet wird. Steinwolle enthält - im
Gegensatz zur fruchtbaren Erde - natürlich keinerlei für die Pflanzen notwen-
dige Mineralien. Aus dem Humus nimmt sich die Pflanze genau die Mineral-
stoffe, die sie gerade benötigt. Diese, für jede Pflanze lebenswichtigen Stoffe,
werden automatisch in die Steinwolle gepumpt. Ebenso die Wasserabfuhr wird
computergesteuert überwacht. (Vgl. Wagenhofer und Annas 2006, S. 19 ff.)
Abbildung 5: Fleischkonsum in Österreich, Europa und der Welt (Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft o.J.a., o.S.)
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 13
Laut aktuellen Hochrechnungen werden 2050 ca. 9,2 Milliarden Menschen auf
der Erde leben. Durch den Bevölkerungsanstieg werden immer mehr Nahrungs-
und Futtermittel benötigt. Damit beginnt ein Wettlauf auf die immer knapper
werdenden Boden- und Wasserressourcen. Doch auch die Ernährungsge-
wohnheiten verändern sich. Weltweit werden immer mehr verarbeitete Lebens-
mittel konsumiert und gleichzeitig werden traditionelle Zubereitungsformen ver-
ändert. Der Fleischkonsum ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Dieser
Trend wird sich auch in den weiteren Jahren fortsetzen. Bis 2050 wird so der
Konsum von Fleisch in Europa um ein Viertel und in den Entwicklungsländern
um 150% steigen. So wird sich insgesamt die Produktion um 90% steigern
müssen. Doch was hat das alles mit unserer Umwelt zu tun? Der Tierhaltungs-
sektor verursacht weltweit 18% der Treibhausgas-Emissionen. Die Ernährung
trägt somit entlang ihrer Wertschöpfungskette erheblich zu den Treibhausgas-
Emissionen bei. Durch unseren Ernährungsstil können wir die Entwicklung
steuern. Lebensmittel haben in der Produktion eine unter-schiedliche Klima-
relevanz: Pflanzliche Lebensmittel haben durchschnittlich nur 1/10 des Treib-
hausgas-Potentials von tierischen Lebensmitteln. Einen weiteren klimarele-
vanten Aspekt haben Saisonalität und Regionalität von Nahrungsmitteln. Der
Anbau von Gemüse außerhalb der Saison entsprechenden Jahreszeit in be-
heizten Treibhäusern ist klimaschädlich. Deutlich günstiger für das Klima ist der
saisonale Freilandanbau. Abhängig von den Distanzen und den verwendeten
Transportmitteln hat auch der Transport eine große Klimarelevanz. Bei Flug-
transporten werden so ungefähr 200-mal mehr Treibhausgase pro Tonnenkilo-
meter ausgestoßen als bei einem Transport mit Hochseeschiffen. Und noch viel
wichtiger ist die Verkürzung der Transportwege. Regionale Lebensmittel haben
das Potential Energie und damit CO2-Emissionen zu sparen. In der Region er-
zeugte Gemüse sind grundsätzlich immer vorteilhaft für das Klima. (Vgl.
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
o.J.a, o.S.)
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 14
Abbildung 6: Treibhausgasemmisionen in EU-27 (Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft o.J.a, o.S.)
3.5 Gemüse und Gesundheit
Jeder Mensch nimmt täglich mehrmals Nahrung zu sich. Die Nahrungsauf-
nahme ist nicht nur die Befriedigung des Hungers sondern auch lebensnot-
wendig und besitzt auch eine soziale Seite. Durch die vielfältige Funktion des
Essens zeigt sich wie wichtig dieser Tagesbestandteil für uns alle ist, also soll-
ten wir uns auch alle gut damit auskennen. Doch leider ist das oft nicht der Fall.
Wenn wir uns die Herkunft eines jeden Lebensmittels vorstellen, kommen wir
am Ende oft zu einem idyllischen landwirtschaftlichen Betrieb. Doch das trifft
leider oft nicht mehr zu, so hat zum Beispiel die in vielen Produkten enthaltene
Zitronensäure nicht viel mit Zitronen zu tun. Es werden schon lange keine
Zitronen mehr ausgepresst, um aus dem Saft die Zitronensäure zu gewinnen.
Man hat einen billigeren Weg gefunden. Heutzutage produziert ein Schimmel-
pilz - Aspergillus Niger - ein Vorprodukt für die spätere Zitronensäure. Dabei
wird dann praktischerweise noch Gips als Nebenprodukt der Lebensmittelher-
stellung gewonnen. Und wozu das Ganze? Damit ein möglichst billiges Produkt
entsteht, das zwar nicht mehr natürlich ist, aber immer dieselbe Qualität auf-
weist. Leider ist der Preis immer noch das ausschlaggebende Kaufkriterium bei
den meisten Konsumenten. In der industriellen Parallelwelt hat eine 5-Minuten-
Terrine leider nicht mehr viel mit den „echten“ Nahrungsmitteln wie Karotten,
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 15
Brokkoli und Huhn zu tun. Bei vielen Nahrungsmitteln ist die Liste der E-Num-
mern länger als die der natürlichen Bestandteile. Nur beim Gemüse gibt es
noch keine Zusatzstoffe, Geschmacksverstärker oder zugesetzte Farbstoffe.
Die Agrarmarkting Austria (AMA) überprüft bei Lebensmitteln den gesamten
Produktionsprozess mit strengen Regeln. Das ist zwar für den Landwirt eine
große, zusätzliche Belastung wenn jeder einzelne Sack Saatgut mit einer Num-
mer versehen, registriert, dokumentiert und kontrolliert werden muss. Doch
dieser Aufwand muss sein, um das AMA-Gütesiegel zu erhalten. Gleichzeitig
muss man sich aber auch von der idyllischen Vorstellung über das Leben eines
Landwirts verabschieden. Anstatt den ganzen Tag auf dem Feld zu sein, muss
ein moderner Landwirt viele Stunden im Büro verbringen, um die notwendige
Dokumentation zu erstellen. Ein landwirtschaftlicher Betrieb muss auch den
immer wachsenden Anforderungen der Industrie und Konsumenten gerecht
werden. (Vgl. ORF Online und Teletext GmbH & Co KG o.J., o.S.)
Im Folgenden werden die wichtigsten Gemüsearten und deren Bedeutung für
unsere Gesundheit aufgezeigt:
3.5.1 Kohlgemüse
Zu dieser Gemüseart zählen unter anderem Weiß- und Blaukraut, Kohlrabi,
Kohl, Karfiol, Brokkoli, Romanesco und Chinakohl. Diese Gemüse sind vor al-
lem durch den hohen Ballast- und Mineralstoffgehalt sehr wertvoll und fördern
dadurch unsere Verdauung. Einige Vertreter dieser Gemüseart kann man als
wahre Vitaminbomben bezeichnen. So haben Brokkoli, Kohl und Sprossenkohl
den höchsten Vitamin C-Gehalt von über 100 mg/je 100 g Frischgemüse. (Vgl.
Schweighofer und Lintner 1997, S. 181)
3.5.2 Fruchtgemüse
Als Fruchtgemüse werden sowohl Nachtschatten- als auch Kürbisgewächse
bezeichnet. Als Vertreter der Nachtschattengewächse sind Tomaten und Pap-
rika mit einem hohen Vitamingehalt sehr gut für den Kreislauf. Weiters enthalten
sie viele Mineralstoffe und Spurenelemente. Der Paprika regt die Magen- und
Darmtätigkeit an und hat eine desinfizierende Wirkung. Gurken und Kürbisse,
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 16
als Vertreter der Kürbisgewächse, sind harntreibend und entgiftend. Sie wirken
somit Nierenerkrankungen entgegen. (Vgl. Schweighofer und Lintner 1997, S.
183)
Besonders bei Fruchtgemüse ist der optimale Erntezeitpunkt von besonderer
Bedeutung. Denn nur, wenn dieses Gemüse vollreif geerntet wird, kann sich
das volle Aroma entfalten. Das kann nur durch einen kurzen Transportweg von
der Produktion zum Konsumenten gewährleistet werden. Diese, dadurch
günstigere Energiebilanz, kann nur durch den Kauf von heimischem, saisona-
lem Gemüse unterstützt werden. (Vgl. Wild-Obermayr u.a. 2004, S. 6)
3.5.3 Blattgemüse
Zum Blattgemüse zählen alle Salate sowie Spinat und Mangold. Diese Gemü-
seart ist zwar arm an Hauptnährstoffen aber reich an Chlorophyll (grüner Farb-
stoff), Mineralsalzen, Spurenelementen, Vitaminen und anderen Wirkstoffen.
(Vgl. Schweighofer und Lintner 1997, S. 185)
3.5.4 Wurzel- und Knollengemüse
Zu dieser Gemüseart zählen Doldenblütler (Karotten, Petersilie, Sellerie, Pasti-
naken,…), Korbblütler (Schwarzwurzeln), Gänsefußgewächse (Rohnen) und
Kreuzblütler (Rettiche, Radieschen,…). Karotten haben eine wachstumsför-
dernde und blutbildende Wirkung und sind gut für die Schleimhäute und die
Haut. Der hohe Karotingehalt (Vorstufe von Vitamin A) ist auch für die Augen
sehr wertvoll. Rettiche hingegen regen die Galle an und wirken schleimlösend.
Rohnen sind bekannt für ihre blutbildende, harntreibende und fiebersenkende
Wirkung. Gegen Blähungen wird oftmals Fenchel eingesetzt, der auch den
Darm stärkt. (Vgl. Schweighofer und Lintner 1997, S. 186 f.)
Das Abwehrsystem im menschlichen Verdauungssystem wird durch ganz be-
sondere Bestandteile von Kreuzblütlern, zu denen auch die Radieschen gehö-
ren, gefördert. So genannte Carbazole, die beispielsweise auch in Karfiol, Chi-
nakohl, Brokkoli, Kraut und Kohlrabi enthalten sind, können im Verdauungstrakt
direkt das Immunsystem beeinflussen. Diese Inhaltsstoffe erzeugen eine
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 17
Barriere, die uns vor Keimen schützt und verhindert, dass Entzündungen ent-
stehen. (Vgl. Starck 2012, S. 22)
3.5.5 Hülsenfrüchte
Erbsen und Bohnen zählen zu den Hülsenfrüchten und sind große Nährstoff-
lieferanten. Bohnen fördern den Eiweiß- und Fettstoffwechsel, während Erbsen
sehr vitamin- und mineralstoffreich sind. Weiters haben sie einen auffallend
hohen Proteingehalt, der durch die Symbiose von Hülsenfrüchten und
Rhizobien (Knöllchenbakterien) bedingt ist. Stickstoff ist für alle Organismen
essentiell und ein wesentlicher Bestandteil von Aminosäuren und damit von
Proteinen. Der für Pflanzen verfügbare, gebundene Stickstoff kommt unter na-
türlichen Bedingungen nur begrenzt vor. Durch die Symbiose mit Rhizobien
wird für die Pflanzen indirekt ungebundener Stickstoff verfügbar. (Vgl.
Schweighofer und Lintner 1997, S. 188)
3.5.6 Zwiebel- und Lauchgewächse
Zwiebel, Lauch, Knoblauch und Schnittlauch sind einige Vertreter dieser
Gemüseart, die zu den Liliengewächsen gehören. Knoblauch regt unsere Ver-
dauung an und desinfiziert den Darm. Zwiebel hat dieselbe, eben beschriebene,
Wirkung wie Knoblauch und ist weiters blutbildend, harntreibend und krampflö-
send. Knoblauch hat auch eine blutdrucksenkende Wirkung und ist gut gegen
Arterienverkalkungen. (Vgl. Schweighofer und Lintner 1997, S. 190)
3.5.7 Nährwert von Gemüse
Obwohl Gemüse meist zu 90-95% aus Wasser besteht, ist es reich an Nähr-
stoffen. In den 5-10% festen Stoffen befinden sich viele wertvolle Substanzen.
Die häufigsten Vitamine sind Beta-Karotin, Vitamin K, B1, B6, Folsäure und vor
allem Vitamin C. Zu den wichtigsten Mineralstoffen, die vor allem Gemüse ent-
halten, gehören Magnesium, Eisen, Zink, Kalzium und Kalium. Einige
Kohlgemüse enthalten bis zu 77 mg Kalzium pro 100 g. Das in diesem Gemüse
vorkommende Kalzium kann vom Organismus sehr gut absorbiert werden. Zu
den größten Eisenlieferanten zählen neben Spinat auch Salat, Bohnen und
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 18
Erbsen. Für die verbesserte Absorption von pflanzlichem Eisen sorgt Vitamin C,
das ebenfalls in vielen Gemüsesorten enthalten ist. Folsäure kommt in allen
Blattgemüsearten, insbesondere im Spinat, aber auch in Radieschen, Karotten
und Brokkoli sehr reichlich vor. Folsäure, die auch Vitamin B9 genannt wird,
spielt in der Schwangerschaft eine wichtige Rolle. (Vgl. Pamploma Roger 2009,
S. 100)
Einen weiteren wichtigen Bestandteil von Gemüse bilden die Ballaststoffe. Sie
sind für den Körper sehr wichtig, da sie die Darmtätigkeit fördern und Choles-
terin binden können. Unsere tägliche Aufnahme von etwa elf Gramm Ballast-
stoffe durch Gemüse und Obst ist insgesamt viel zu wenig. (Vgl. Schlieper
2002, S.214)
Gemüse enthält zwar weniger Eiweiß als Getreide, allerdings mehr als bei-
spielsweise Obst. Lysin, eine essentielle Aminosäure, ist im Gemüse enthalten,
die im Getreide fehlt. Knollen, wie zum Beispiel Kartoffeln, enthalten größere
Mengen Kohlenhydrate. Fette sind in eher geringeren Mengen in Gemüse ent-
halten. (Vgl. Pamploma Roger 2009, S. 100)
3.5.8 Sekundäre Pflanzenstoffe
„Primäre Pflanzenstoffe sind Kohlenstoffe (einschließlich Ballaststoffe), Proteine
und Fette. Sie sind am Energiestoffwechsel und am Aufbau der Zellen beteiligt.
Beim Menschen wirken sie, mit Ausnahme der Ballaststoffe, als Nährstoffe.
Sekundäre Pflanzenstoffe kommen im Gegensatz zu den primären Pflanzen-
stoffen nur in geringen Mengen vor. Sie bestehen aus zahlreichen, chemisch
sehr unterschiedlichen Verbindungen und üben in der Regel pharmakologische
Wirkungen aus. Sekundäre Pflanzenstoffe werden von der Pflanze u.a. als Ab-
wehrstoffe gegen Schädlinge und Krankheiten, als Wachstumsregulatoren, als
Allelopathine (chemische Abwehrstoffe gegen pflanzliche Konkurrenten) und als
Farbstoffe synthetisiert. Als Duft- und Geschmacksstoffe beeinflussen sekun-
däre Pflanzenstoffe die Nahrungsauswahl des Menschen, in der Pharmazie
dienen sie als Basis für zahlreiche Arzneimittel.“ (FH Erfurt o.J., S. 2)
Wie der Name schon sagt werden diese Stoffe im sekundären Stoffwechsel
gebildet. Sie bestehen aus zahlreichen, unterschiedlichen, chemischen Verbin-
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 19
dungen und werden als Begleitsubstanz nicht nährender Substanzen bezeich-
net. Diese Stoffe kommen ausschließlich in pflanzlichen Nahrungsmitteln vor,
weshalb der Konsum von Gemüse neben dem von Obst und Getreide sehr ge-
sund ist. Obwohl bisher die Wirkung von nur einigen Dutzend dieser Stoffe er-
forscht ist wird angenommen, dass es etwa 5.000-10.000 solcher Substanzen
gibt. Sekundäre Pflanzenstoffe kommen zwar nur in geringen Mengen vor, sind
aber für den Menschen von großer Bedeutung, da sie zu den gesundheitsför-
dernden Stoffen zählen. Sie haben eine antioxidative Wirkung und fangen somit
freie Radikale ab und können dadurch die Zellen und die Zellstruktur schützen.
Weiters wirken sie antimikrobiell und können somit Viren und Bakterien abtöten.
Neben der entzündungshemmenden Wirkung senken sekundäre Pflanzenstoffe
den Cholesterinspiegel und bieten einen Schutz vor der Bildung von Blut-
gerinnseln. Dieser Vorgang wird als antithrombotische Wirkung bezeichnet.
(Vgl. Ekmekcioglu 2008, S. 30)
Zu den wichtigsten sekundären Pflanzenstoffen gehören die Flavonoide,
Carotinoide, Phytosterine und Saponine. Flavonoide werden in den Rand-
schichten sowie den äußeren Blättern von Gemüse gelagert und kommen vor
allem in roten, violetten, blauen und orangen Sorten vor. Besonders reich an
Flavonoide sind demnach Blaukraut, rote Salate, Melanzani, Zwiebel aber auch
Brokkoli. (Vgl. Scharpf 2011, S. 5)
Es wurde nun bei Lungenkrebs bewiesen, dass sie durch ihre antioxidative Wir-
kung der Krebsentstehung entgegensteuern können. Das Institut für Epidemio-
logie und Biostatistik, das Institut für Pharmakologie der Medizinischen Univer-
sität von Nanjing/China und das Nationale Shanghai Zentrum für Medikamen-
tenforschung führte eine so genannte Meta-Analyse durch. In einer solchen
Analyse werden die Methoden und Ergebnisse verschiedener, bereits vorlie-
gender Studien nachgeprüft und miteinander verglichen. Das Ergebnis der
Untersuchung von 12 unterschiedlichen Studien war eindeutig. Personen, die
den Verzehr von Flavonoiden erhöhen, verringern das Risiko an Lungenkrebs
zu erkranken. Durchschnittlich ging das Risiko um 24 % zurück. Schon eine
Erhöhung der Flavonoidaufnahme pro Tag um 20 mg lässt das Lungenkrebs-
risiko um 10 % zurückgehen. (Vgl. Scharpf 2009, S. 352-359)
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 20
Da zur Bildung von Flavonoiden Licht notwendig ist, enthält Salat der im August
geerntet wird, drei- bis fünfmal mehr Flavonoide als Salat der im April geerntet
wird. Saponine kommen vor allem in Spinat und Spargel vor, werden allerdings
in nur sehr geringen Mengen aufgenommen. (Vgl. Smidt 2008, S. 1 ff.)
Carotiniode kommen, wie schon der Name vermuten lässt, vorwiegend in gel-
ben und roten Gemüsesorten vor. Am häufigsten kommen sie in Karotten, Pap-
rika, Kürbis aber auch in Küchenkräutern vor. Es sind inzwischen über 700 ver-
schiedene Carotinoide bekannt. Davon können zirka 50 in unterschiedlichem
Ausmaß in Vitamin A umgewandelt werden. Im menschlichen Körper überneh-
men sie mit der antikanzerogenen Wirkung eine wichtige Aufgabe. (Vgl.
Ekmekcioglu 2008, S. 31 f.)
3.5.9 Brauchen wir im Winter Tomaten?
Mit den Jahreszeiten sollte sich auch unser Essverhalten ändern. Dies fällt uns
am leichtesten, wenn wir auf heimisches und saisonales Gemüse zurückgrei-
fen. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist davon überzeugt, dass wir
unserem Körper etwas Gutes tun, wenn wir uns dem Lauf der Jahreszeiten an-
gepasst ernähren. Aber durch unsere Konsumwelt haben wir verlernt, die
heimischen und regionalen Produkte für unsere Gesundheit zu nutzen. Dabei
wäre es sehr einfach. Wir müssten uns nur regional und saisonal ernähren.
Doch im Winter kann man durch das Klima in unseren Breitengraden bekann-
termaßen nicht viele Gemüsesorten ernten. Haben wir trotzdem eine Möglich-
keit auch in dieser Jahreszeit ohne importiertes Gemüse auszukommen?
Natürlich, denn die Gemüsebauern denken schon im Herbst an den Winter und
lagern Kraut, verschiedene Rübensorten, Kartoffeln und anderes Wurzelge-
müse ein. Einige Gemüsesorten können bis zu 6 Monaten gelagert werden und
beinhalten trotzdem noch viel Vitamin C. Gerade das braucht unser Körper in
der kalten Jahreszeit. Tomaten und Gurken beispielweise sind hingegen ein-
deutiges Sommergemüse. Dieses Gemüse tut uns daher im Winter auch nicht
gut, denn aufgrund ihrer thermischen Wirkung kühlen sie den Organismus. (Vgl.
AUVA 2012, S. 10 f.)
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 21
Viele Konsumenten verfügen leider über kein oder unzureichendes Wissen da-
rüber, wann welches Gemüse in Österreich wächst und geerntet werden kann.
Dies zeigt eine Klage wegen Irreführung des Vereins für Konsumenteninforma-
tion. Der Grund dafür waren beispielsweise Pfirsiche, die im April mit einem
rotweißrotem Banner oder Paprika die im November mit der Aufschrift „aus
Österreich“ angeboten wurden. Leider müssen wir beim Gemüseeinkauf im
Supermarkt auch immer mehr das Kleingedruckte lesen. Denn dort wurde die
tatsächliche Herkunft (Ägypten und Spanien) in einer kleinen Schrift angege-
ben. Man sollte doch eigentlich wissen, dass es im November keinen Paprika
aus österreichischem Anbau geben kann. Dies ist nur ein Hinweis darauf, dass
das Wissen über heimisches und saisonales Gemüse immer mehr verloren
geht. (Vgl. LG Salzburg 2012, S. 1 ff.)
3.5.10 Ist Bio besser?
Konsumenten wurden nach den Kaufkriterien von Bio-Produkten befragt. Das
Ergebnis zeigte, dass die Hälfte der befragten Personen „gesunde Ernährung“
und „keine chemischen Zusatzstoffe“ als Grund für den Griff zum Bio-Produkt
angaben. Doch die Frage, ob Bio-Lebensmittel gesünder sind als konventionell
produzierte, hat sich inzwischen erledigt. Vor kurzem wurde eine Untersuchung
der US-Universität Stanford veröffentlicht, in der die Wissenschaftler zahlreiche
Studien unter die Lupe nahmen. Das Ergebnis war eindeutig. Durch den Kon-
sum von Produkten, die biologisch produziert wurden, entstehen keine gesund-
heitlichen Vorteile. Untersuchungen zeigen, dass der Gehalt von Nährstoffen
und Vitaminen bei konventionell und biologisch produziertem Gemüse gleich
hoch ist. Wobei diese Ergebnisse auch umstritten sind. Weiters gibt es auch
keinen Unterschied bezüglich der Bakterienbelastung. Bio-Lebensmittel sind
auch nicht zu 100 Prozent frei von Pflanzenschutzmittel, allerdings war die
Belastung in der Untersuchung geringer als bei konventionell erzeugtem
Gemüse. (Vgl. Verein für Konsumenteninformation 2012, S.42 ff.)
Doch die Belastung mit Pestiziden muss generell sehr kritisch betrachtet
werden. Aufgrund der Anhebung der zulässigen Pestiztidhöchstmengen durch
die EU-Harmonisierung wurde 2008 bei nur 4% die Höchstmenge der Wirk-
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 22
stoffe heruntergesetzt. Bei 66% der Wirkstoffe werden die zulässigen
Höchstmengen angehoben. Das heißt, dass es in Österreich bereits vor 2008
deutlich strengere Richtlinien gab als in den anderen EU-Staaten. Durch diese
EU-Harmonisierung kann nun in Österreich spanischer Salat verkauft werden,
der unsere bisherigen Grenzwerte bei weitem überschritten hätte. (Vgl.
Global2000 o.J., o.S.)
Doch wie schaut es mit den bunten BIO-Aufschriften auf vielen Produkten aus?
„In Österreich gibt es […] nur ein einziges staatlich anerkanntes Gütesiegel -
und zwar das AMA-Gütesiegel. Das garantiert, dass höhere als die gesetzlich
geforderten Qualitätsansprüche gelten und dass zumindest zwei Drittel der ent-
haltenen Rohstoffe aus dem Inland stammen.“ (ORF Online und Teletext GmbH
& Co KG o.J., o.S.)
Die Produktionsrichtlinien von BIO AUSTRIA - Stand Jänner 2013 besagen
auszugsweise folgendes:
Durch die Art der Bewirtschaftung muss eine positive Humusbilanz er-
zielt werden.
Vor jedem Zugang von organischen Düngemitteln ist eine Genehmigung
von BIO AUSTRIA notwendig. Beim Zugang organischer Dünger kon-
ventioneller Herkunft ist die Menge so zu bemessen dass die Gesamt-
stickstoffmenge von 170 kg/ha landwirtschaftliche Nutzfläche – den hof-
eigenen Dünger mit eingeschlossen – nicht überschritten wird. Die
genehmigbare Menge beträgt bei Gemüse pro ha und Jahr: Freiland-
gemüsebau: maximal 80 kg Njw/Hektar und Jahr, geschützter Anbau:
maximal 170 kg Njw/Hektar und Jahr
Im Winter (Dezember bis Februar) dürfen die Kulturflächen lediglich
frostfrei (höchstens 10 °C) gehalten werden. Jung- und Topfpflanzen-
produktion bzw. die ausschließliche Beheizung mit nachweislich erneu-
erbarer Energie (nachwachsende Rohstoffe, Hackschnitzel, Sonnen-
energie) und Abwärmenutzung (Agrogasanlagen etc.) sind davon aus-
genommen. Auf eine gute Wärmedämmung der Glashäuser ist zu
achten.
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 23
Die Gemüseverpackung ist so zu wählen, dass einerseits die Erhaltung
von Qualität und Frische gewährleistet und andererseits hinsichtlich Auf-
wand und Material der Verpackung die Umweltverträglichkeit beachtet
wird.
Der Einsatz von Betriebsmitteln jeglicher Art, die aus oder durch Zuhilfe-
nahme der Gentechnik hergestellt wurden, ist verboten.
Unzulässige Betriebsmittel wie z.B. chemisch-synthetische Dünge- und
Pflanzenschutzmittel und verbotene Futtermittel dürfen auf dem Betrieb
weder gelagert noch eingesetzt werden. Landwirtschaftliche Hilfsmittel,
die in diesen Richtlinien nicht namentlich genannt sind, dürfen nur dann
verwendet werden, wenn sie im aktuellen Betriebsmittelkatalog angeführt
sind oder vor Anwendung ein Nachweis der Richtlinienkonformität (EU-
VO 834/2007 und Richtlinien von BIO AUSTRIA) erbracht werden kann.
Ein generelles Ausbringungsverbot für stickstoffhältige Düngemittel gilt
bei wassergesättigten, überschwemmten, schneebedeckten oder durch-
gefrorenen Böden.
Beim Zugang organischer Dünger biologischer Herkunft ist die zuge-
kaufte Menge so zu bemessen, dass die Gesamtstickstoffmenge von
170 kg/ha und Jahr landwirtschaftliche Nutzfläche – den hofeigenen
Dünger mit eingeschlossen – nicht überschritten wird. Bei Spezialkultu-
gärtnerische Kulturen, Heil- und Gewürzpflanzen – außer Druschge-
würze) kann diese Begrenzung überschritten werden.
Es müssen für den Anbau Arten und Sorten verwendet werden, die dem
Standort angepasst und möglichst vital und widerstandsfähig sind.
Es dürfen nur Pflanzenschutz- bzw. Pflanzenhilfsmittel mit den nachfol-
gend genannten Wirkstoffen verwendet werden. (es werden 25 Pflan-
zenschutz- bzw. Pflanzenhilfsmittel aufgezählt, darunter Akarizide,
Fungizide, Insektizide, Bakterizide, usw.)
Die Verwendung von Herbiziden ist untersagt. (BIO AUSTRIA 2013, S.
1ff)
Wie man erkennen kann, folgt auf fast jede Richtlinie eine Ausnahme. Weiters
ist anzumerken, dass auch im nichtbiologischen Gemüseanbau diverse nach-
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 24
haltigkeitsfördernde Maßnahmen wie zum Beispiel Beachtung der Fruchtfolge,
Einsatz natürlicher Feinde von Schadinsekten (Raubmilben, Schlupfwespen
und dgl.), mechanische Maßnahmen der Unkrautregulierung wie Striegeln,
Hacken, Bürsten, Mulchfolien oder Vliese gesetzt werden.
Abbildung 7: AMA-Biozeichen mit und ohne Ursprungsangaben, EU-Biologo (Quelle: http://www.lebensministerium.at/lebensmittel/biolebensmittel/Bio_Kontrolle.html)
Von der Agrarmarketing Austria (AMA) gibt es auch ein BIO-Gütesiegel. Hier
wird der gesamte Produktionsprozess nach strengen Regeln überprüft. Das ist
neben dem EU-Biozeichen das einzige Gütesiegel mit einer staatlichen
Kontrollstelle. Leider gibt es auch eine Unzahl von Zeichen oder Aussagen, die
von Produktanbietern zur Verkaufsförderung selbst erfunden wurden. Beispiele
dafür sind: „aus naturbelassenen Rohstoffen hergestellt“, „aus kontrolliertem
Anbau“, „aus naturnahem Anbau“, „umweltgerecht“, „naturnah“ oder „umwelt-
schonend“. In diesen Fällen gibt es allerdings keine staatlichen, unabhängigen
Kontrollstellen und deshalb ist die Aussagekraft sehr gering. (Vgl. Jäger o.J., S.
2 ff.)
„Bio-Landwirtschaft verzichtet auf Pestizide, Kunstdünger, Gentechnik - aber
etwa auch auf beheizte Glashäuser. Umgekehrt hat Bio auch Nachteile: Ein
höheres Risiko von Schädlingsbefall, weniger Ertrag auf gleicher Fläche und
eine kürzere Saison reduzieren den Ertrag. Die Lösung: Bio-Gemüse aus
Spanien! Dann wäre Bio aufgrund des hohen CO2-Austosses aber auch nicht
mehr sehr umweltfreundlich.“ (ORF Online und Teletext GmbH & Co KG o.J.,
o.S.)
3.5.11 Grenzwerte
„Die Europäische Union (EU) legt Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten
fest, um das Vorkommen dieser Kontaminanten in Lebensmitteln auf ein bei
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 25
Anwendung guter Herstellungs- bzw. Landwirtschaftspraxis vernünftigerweise
erreichbares Mindestmaß zu reduzieren. Ziel ist ein hohes Schutzniveau für die
öffentliche Gesundheit, insbesondere für gefährdete Bevölkerungsgruppen wie
Kinder, Allergiker usw.“ (Europa Zusammenfassung der EU-Gesetzgebung
2010, o.S.)
„Kontaminanten sind unerwünschte Stoffe in Lebensmitteln, die nicht bewusst
eingesetzt werden, sondern unabsichtlich in das Lebensmittel gelangen.
Kontaminanten können aus der Umwelt (Luft, Wasser, Boden) stammen (z. B.
Dioxine, Schwermetalle) oder während des Herstellungsprozesses in das Le-
bensmittel gelangen […] oder auch bei der Verarbeitung im Lebensmittel direkt
entstehen […].“ (Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. o.J.,
o.S.)
Es werden in vielen Bereichen von Ländern oder internationalen Organisatio-
nen Grenz- und Höchstwerte festgelegt. Doch diese werden immer wieder an-
gepasst und das auch oftmals nach oben, was zur Verunsicherungen bei Kon-
sumentInnen führt. Gentechnikfrei in der Obst- und Gemüse-Freilandwirtschaft
heißt nicht 0 Prozent sondern 0,9 Prozent. Der Grund dafür ist, dass ansonsten
Verunreinigungen, beispielsweise durch Nachbarfelder, einen Betrieb daran
hindern würde, das Gütesiegel zu erhalten. Die Erhöhung der Grenzwerte für
Pestizidrückstände ist auch oft missverständlich. Wird ein neuer Stoff unter-
sucht für den es in Österreich noch keinen Grenzwert gab, wurde der Wert ein-
fach auf 0,05 Milligramm festgelegt. Dies war damals die kleinste messbare
Größe. Durch die EU-Harmonisierung der Grenzwerte wurden viele Werte ein-
fach erhöht. (Vgl. Global2000 o.J., o.S.)
„Produkte aus der EU waren weniger belastet als vergleichbare Ware aus der
Türkei. Die in der EU gültigen Pestizid-Höchstwerte überschritten vor allem
Tafeltrauben, Paprika, Birnen, Zucchini und Grapefruit aus der Türkei. […] Hohe
Giftgehalte fanden sich nach wie vor im Kopfsalat aus Belgien, den Niederlan-
den und Italien. Knapp ein Drittel aller Produkte bewertete Greenpeace als nicht
empfehlenswert.“ (ORF Online und Teletext GmbH & Co KG 2012, o.S.)
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 26
Besonders belastet sind Lebensmittel aus den Ländern Indien, Kolumbien und
Kenia. Gemüse aus deren Anbaugebieten sollten laut der deutschen Lebens-
mittelüberwachung und Greenpeace nicht konsumiert werden.
Abbildung 8: Pestizidbelastung nach Herkunftsländern in % der untersuchten Fruchtarten (Quelle: Greenpeace 2012, S. 20)
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 27
Folgende Punkte können helfen, pestizidbelastete Lebensmittel zu vermeiden:
Herkunftsland beachten: Lebensmittel aus Südeuropa sind stärker mit Pestizi-
den belastet als solche die in Mitteleuropa produziert werden. Mit dem
Pestizideinsatz wird also je nach Herkunftsland großzügiger oder sparsamen
umgegangen. Das hat unter anderem den Grund, dass in manchen Mittel-
meerländern höhere Grenzwerte gelten. Saison beachten: Gemüse sollte nur
dann gekauft werden, wenn es auch bei uns Saison hat. Die Pestizidbelastung
schwankt nämlich bei bestimmten Produkten stark - je nach Saison. So enthal-
ten einige Sorten, die nicht in der heimischen Hauptsaison gekauft werden und
nicht aus regionalem Anbau stammen sondern aus dem Ausland, meist mehr
Pestizide. (Vgl. Greenpeace 2005, o.S.)
In österreichischen Supermärkten wurde im Vergleich zu deutschen weniger
pestizidbelastetes Gemüse und Obst gefunden. (Vgl. Greenpeace 2007, o.S.)
3.6 Gemüse und Wirtschaft
Viele Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt damit, dass sie für andere
Menschen Nahrung produzieren, verarbeiten, transportieren, zubereiten oder
handeln. Dieser Wirtschaftsbereich ist in vielen Ländern der wichtigste Wirt-
schaftszweig. Doch durch sinkende Lebensmittelpreise können vor allem viele
Bauern und Landwirte nicht mehr kostendeckend arbeiten. Auch die ver-
arbeitenden Betriebe und Händler sind davon teilweise betroffen. (Vgl. Hohler
und Koerber 2012, S. 16 ff.)
Während eine durchschnittliche Familie immer mehr Geld für Wohnung und
Treibstoff aufbringt geben die Lebensmittelpreise die zur Herstellung notwendi-
gen Kosten nicht wieder. Sie beinhalten weder die sozialen noch die ökologi-
schen Folgekosten. Berücksichtigt man bei den Preisen auch die Kaufkraft sind
die Lebensmittelpreise in den vergangenen Jahren nicht gestiegen sondern
eher gesunken. (Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft 2012, o.S.)
Der Einkauf von heimischen Lebensmitteln schont mit den kurzen Transport-
wegen nicht nur das Klima sondern schafft auch Arbeitsplätze.
Die Österreichische Hagelversicherung befasst sich seit Jahren mit dem Thema
Klimaschutz. Aber nicht nur der Klimaschutz, auch die Förderung der Wirtschaft
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 28
in Österreich sind zentrale Themen der Hagelversicherung. So gab sie der
Johannes-Kepler-Universität in Linz eine Studie in Auftrag. Der Studie zufolge
hat die verstärkte Nachfrage nach regionalen Produkten einen positiven Effekt
auf die österreichische Wirtschaft. Die jährlichen Lebensmittelimporte nach
Österreich verursachen Kosten für den Umwelt- und Klimaschutz. Die Höhe
dieser Aufwendungen ist mit Kosten von rund 100 Mio. Euro nicht unbe-
trächtlich. Eine Lösung dieses Problems wäre die Erhöhung des Konsums von
inländischem Gemüse. Bei einer Steigerung um 10% des Konsums von heimi-
schen Lebensmitteln und einem 5%igen Zuwachs der nachwachsenden Roh-
stoffe, würde das Bruttoinlandsprodukt um 2,7 Mrd. Euro steigen. Ein weiterer
sehr positiver Effekt für die österreichische Wirtschaft wäre die Entstehung von
23.000 neuen Arbeitsplätzen. (Vgl. Österreichische Hagelversicherung VVaG
o.J.b, o.S.)
„Im internationalen Vergleich ist die Türkei eines der gefährlichsten Länder, was
die Arbeitsbedingungen angeht. Nur in Algerien und El Salvador ereignen sich
mehr tödliche Arbeitsunfälle.“ (Haufe 2012, o.S.) Wenn man die Arbeitsbedin-
gungen international betrachtet kann man feststellen, dass für die Arbeitnehmer
in Österreich bessere Bedingungen herrschen als in den meisten anderen Län-
dern. Durch den Konsum von in Österreich produzierten Waren können wir ei-
nen Beitrag dazu leisten, dass sie unter guten Arbeitsbedingungen hergestellt
werden. (Vgl. Haufe 2012, o.S.)
3.7 Gemüse und Gesellschaft
„Die Nahrungsmittelbeschaffung und –versorgung dient der Befriedigung eines
elementaren Grundbedürfnisses der Menschen und besitzt daher einen hohen
ökonomischen Stellenwert. Sie ist gleichzeitig von größter ökologischer Be-
deutung, weil Nahrung nur mittels mehr oder weniger starker Eingriffe in die
natürliche Umwelt gewonnen werden kann. Die Tatsache, dass die Landwirt-
schaft sowohl den ökonomischen als auch den ökologischen Ansprüchen der
Nahrungsversorgung gerecht werden muss, bedingt grundsätzlich eine Sonder-
stellung der Landwirtschaft innerhalb der menschlichen Gesellschaft, wie sie
keine andere Berufsgruppe für sich beanspruchen kann.“ (Deutsches
Innenministerium 1985, S. 12 ff.)
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 29
Diese Sätze zeigen die bedeutungsvolle Verantwortung die Landwirte und
Bauern tragen müssen. Denn welche andere berufliche Tätigkeit ist für jeden
einzelnen Menschen auf der Welt tagtäglich so wichtig wie die Erzeugung aus-
reichender Mengen von Lebensmitteln? Wir denken wohl sehr selten darüber
nach, da wir immer Lebensmittel im Überfluss zur Verfügung haben und das als
Selbstverständlichkeit ansehen. Doch in anderen Teilen der Welt zeigt sich ein
anderes Bild: hungernde Menschen, die sterben, da in diesen Regionen ein
chronischer Mangel von Lebensmitteln herrscht. Die moderne Agrarentwick-
lung, die in beinahe jedem Industriestaat zu spüren ist, bringt mit ihrer von der
Wirtschaft geforderten Technisierung, Rationalisierung und Intensivierung eine
Reihe negativer Auswirkungen mit sich. Die ökologische Aufgabe der Landwirt-
schaft verlangt es, die Produkte immer billiger anzubieten. Die Lebensmitteler-
zeugung soll möglich effizient gestaltet sein, damit die Preise möglichst gering
gehalten werden können. Daneben hat die Landwirtschaft auch eine ökologi-
sche Aufgabe. Um Lebensmittel zu produzieren muss die Natur genutzt wer-
den. Dies hat die Folge, dass jeder Bauer Tier-, Umwelt- und Naturschützer
sein muss, um auch in Zukunft Lebensmittel produzieren zu können. Die Qua-
lität der Produkte hängt von der Art ab wie sie erzeugt wurden. Auf der einen
Seite muss man möglichst wirtschaftlich denken, um in der heutigen Marktsitu-
ation wettbewerbsfähig zu sein. Doch auf der anderen Seite sollen auch Le-
bensmittel produziert werden, die von großem gesundheitlichem Wert sind und
die Natur nicht beeinträchtigen. Die Erfüllung dieser beiden Aufgaben bringt
Probleme mit sich. Es zählt zur vorrangigen, gemeinsamen Aufgabe der Agrar-,
Wirtschafts-, Umwelt- und Gesundheitspolitik Rahmenbedingungen zu schaffen,
die es den Bauern wirtschaftlich möglich machen, bei ihrer Produktion den öko-
nomischen als auch den ökologischen Ansprüchen der Lebensmittelerzeugung
gerecht zu werden. So gibt es im Rahmen des Österreichischen Programms für
eine umweltgerechte Landwirtschaft (kurz ÖPUL genannt) öffentliche Abgeltun-
gen für bestimmte Umweltleistungen der Landwirtschaft. Dadurch wird zum
Beispiel die Pflege ökologisch wertvoller Flächen gefördert. (Vgl. Universität für
Bodenkultur o.J., o.S.)
Die Leistungen der österreichischen Bauern und Bäuerinnen sowie der lebens-
mittelverarbeitenden Betriebe sind für viele KonsumentInnen leider nicht sicht-
Bachelorstudium für das Lehramt an Hauptschulen und Neuen Mittelschulen 30
bar. Auch das Bewusstsein, dass Kulturlandschaft und die darin produzierten
qualitativ hochwertigen Lebensmittel eine Einheit bilden und der Region ihren
Charakter geben, muss noch gestärkt werden. (Vgl. Bundesministerium für
Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft III/4 o.J., o.S.)