0 BACHELORARBEIT Keith Johnstones Statuslehre und ihr Potential für den Unterricht in der Schule. Verfasserin Silvia Hagler in den Fächern Humanwissenschaften Fachwissenschaften angestrebter akademischer Grad Bachelor of Education (BEd) Betreuer/in 1: Dr. Markus Vorauer Betreuer/in 2: Maximilian Egger, MA Studienkennzahl: e121333594 Studienrichtung: BachStud LA Neue Mittelschulen; Deutsch; Technisches und textiles Werken Matrikelnummer: 1287342 Linz, am 24. Juni 2015
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BA 24.Juni 2015 - sc2763acc6ab7aa16.jimcontent.com · IQ-Test) absolvieren. Keith gelingt nicht nur dies mit Auszeichnung, sondern er Keith gelingt nicht nur dies mit Auszeichnung,
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Transcript
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 0+
BACHELORARBEIT
Keith Johnstones Statuslehre und ihr Potential für den Unterricht in der Schule.
Obwohl viele Lehrkräfte intensiv um gelingende Beziehungen zu ihren
Schülerinnen und Schülern bemüht sind, gestaltet sich der Aufbau ebendieser in
Verbindung mit der Vermittlung von Lehrinhalten zunehmend schwieriger.
Da die Jugendlichen den früher geltenden gesellschaftlichen Hochstatus von
Lehrkräften nicht mehr akzeptieren, stellt sich die Frage, wie Lehrerinnen und
Lehrer im gegenwärtigen, hochkomplexen Berufsalltag einerseits vertrauensvolle
Beziehungen zu den Schülerinnen und Schülern aufbauen und trotzdem das
Unterrichtsgeschehen professionell leiten können.
Diese Arbeit versucht einen neuen Weg hinsichtlich dieser Fragestellung zu finden
und beschäftigt sich daher intensiv mit Keith Johnstone, dem Begründer des
Theatersports, der in seinem Buch „Improvisation und Theater“ beschreibt, wie wir
mittels verbaler und nonverbaler Signale permanent unseren Status an unserem
Gegenüber ausrichtend zu scheinbar instinktiven Reaktionen gezwungen werden,
aus denen wir uns allerdings befreien können, um folglich Kommunikation bewusst
zu steuern.
Maike Plath, Expertin für Status im Unterricht, zeigt, wie die Regeln der
Statuslehre auf Unterricht und Schule zu übertragen sind und damit einhergehend
eine neue Kultur des Unterrichtens etabliert werden kann: die Kommunikation der
Begegnung.
++
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Abstract
Despite the fact that many teachers are intensely trying to build and maintain
successful relationships with their students and pupils, keeping up and
establishing a stable rapport and at the same time conveying learning content
seems increasingly challenging.
As adolescents do not accept teachers’ high status in society any more, the
question arises, how teachers can on the one hand establish trust-based
relationships with students and at the other hand guide and teach classes
professionally. This is specifically relevant against the background of the current
highly complex daily working life situation.
This paper suggests a new way of answering this question and consequently
intensely deals with Keith Johnstone, the founder of theatre sports. In his book
‘Impro – Improvisation and the Theatre’ he describes how we are forced into
instinctive reactions via verbal and non-verbal signals, permanently adjusting our
status to our counterparts. However, we can free ourselves and thus consciously
regulate communication.
Maike Plath, expert on ‘status’ in the classroom, shows how rules from
‘Statuslehre’ (status teachings) can be implemented in schools and teaching.
Hence, a new culture of teaching can be created: ‘The Communication of
Encounter’.
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Inhaltsverzeichnis
+Was beabsichtige ich mit dieser Arbeit? ...................................................................... 1 Forschungsfrage .......................................................................................................... 2 Einleitung ..................................................................................................................... 3 1 Keith Johnstone ..................................................................................................... 5
1.2.1 Definition .................................................................................................. 16 1.2.2 Die Statuslehre und ihre Regeln .............................................................. 19
2 Maike Plath .......................................................................................................... 40 2.1 Ihr Weg .......................................................................................................... 40 2.2 Status im Unterricht ....................................................................................... 43
2.2.1 Die Wippe im Unterricht ............................................................................. 43 2.2.2 Lehrer-Statustypologie ............................................................................... 49 2.2.3 Statuskomfortzone ..................................................................................... 52 2.2.4 Statusexperte ............................................................................................. 54 2.2.5 Status und das Klassenzimmer .................................................................. 60
Die Gesellschaft fordert Veränderungen im Schulsystem, die Politik kürzt
beständig die Ausgaben für Bildung, die Medien übertreffen sich gegenseitig im
Lehrer-Bashing. Scheinbar wissen alle, worum und wie es geht. Nur die Gruppe
der Lehrkräfte wird kaum zu Rate gezogen.
Die vorliegende Arbeit soll allerdings nicht die aktuelle Bildungsdebatte mit ihren
Kern- und Randthemen erörtern, vielmehr habe ich nach einem Konzept gesucht,
welches die heutige Lehrkraft im Schulalltag in der Kommunikation mit den
Schülerinnen und Schülern unterstützt und ihr dadurch zu Beziehungen, deren
Basis Kooperation ist, verhilft. Denn letztlich, so konnte auch John Hattie (2015)1
in seiner aktuellen Studie nachweisen, ist erfolgreicher Unterricht nicht so sehr
abhängig von der Größe der Schülerzahl, auch nicht, ob Schülerinnen und Schüler
eine Reformschule besuchen oder nicht, wohl aber von der Lehrkraft, die nach wie
vor die zentrale Figur des Unterrichts ist. Erfolgreicher Unterricht steht und fällt mit
den Lehrerinnen und Lehrern.
Viele Lehrkräfte fühlen sich aufgrund unzähliger neuer Aufgabenfelder auf
verlorenem Posten. Dazu gehören unter anderem wesentliche erzieherische und
psychologische Aufgaben zu leisten, jedes einzelne Kind individuell zu fördern und
viele Kinder und Jugendliche mit größeren Verhaltensauffälligkeiten als noch vor
einigen Jahrzehnten zu unterrichten.
Burn-out ist kein Modewort im Leben vieler Lehrerinnen und Lehrer, sondern
bittere Realität.
Diese Arbeit soll einen konstruktiven Beitrag für Lehrerinnen und Lehrer in der
Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern darstellen und in weiterer Folge
den Aufbau gelingender Beziehungen zu diesen unterstützen, um letztendlich
fernab von Sparprogrammen und politischen Machterhaltungskämpfen innerhalb
eines undurchsichtigen Proporzsystems den „Pessimismus-Modus“ zu
durchbrechen und weiterführend die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern
wieder als bereichernd empfinden zu können.
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++1 Hattie hat in 15-jähriger Forschungsarbeit Untersuchungen von mehr als 80 Millionen Menschen zusammengetragen, ausgewertet und basierend auf diesen Ergebnissen 138 Einflussfaktoren für den schulischen Lernerfolg bestimmt. Die Studie wurde 2009 unter dem Titel „Visible Learning“ veröffentlicht.
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Forschungsfrage
Kann die nach Keith Johnstone entwickelte Statuslehre Lehrerinnen und Lehrer in
der Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern befähigen, gelingende
Beziehungen zu diesen aufzubauen?
Ist dies auch Lehrerinnen und Lehrern möglich, die bisher noch keine
Theatererfahrungen gemacht haben?
Wenn dieses Konzept der Statuslehre die kommunikativen Fähigkeiten von
Lehrerinnen und Lehrern in großem Maß erweitern würde, inwieweit wäre dieses
Konzept, außer im Sinne einer guten Beziehung zwischen Lehrkraft und
Lernendem, für die Schülerinnen und Schüler im Deutschunterricht profitabel?
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Einleitung
„Die Bühne ist ein Ort äußerster verbaler Präsenz
und äußerster körperlich-realer Präsenz.“
(Beckett in einem Brief an Keith Johnstone)
(Johnstone, 1998, S. 33)
Beckett sprach in seinem Schreiben natürlich von der Theaterbühne, das
Klassenzimmer als Bühne des Lehrers ist dieser aber nicht unähnlich:
Sie ist der Raum, wo Lehrkräfte in Erscheinung treten, unter Beobachtung stehen,
verbal mehr oder weniger wahrgenommen werden und sich körperlich nicht
verstecken können. Alles ist vorhanden: Requisiten, Bühnenbild, Publikum. Nur
eines fällt bei näherer Betrachtung ins Auge: Das Publikum ist nicht freiwillig in der
Vorstellung und muss dieser auch bei Nichtgefallen beiwohnen. Applaus für
gelungene Aufführungen gibt es nicht, wohl aber bösartige Einfälle, wie die fünfzig
Minuten etwas vergnüglicher gestaltet werden können.
Warum einige Lehrkräfte absolute Disziplin und Respekt erhalten, einige wenige
wirkliche Sympathie gekoppelt mit Lernmotivation ernten und viele Tag für Tag
scheitern, soll im ersten Kapitel beleuchtet werden. Hierfür richten wir unseren
Blick auf Keith Johnstone, der nicht nur am Theater arbeitete, sondern zuvor auch
Erfahrungen als Lehrer gesammelt hatte und im Laufe seiner Karriere seine in
durch Pult, Tafel und die Tischanordnung. [...] In dem Moment, wo ich die Möbel
wegstelle, begeben wir uns alle in einen komplett neuen Raum“ (S. 44). Weiters
erklärt sie, dass dadurch die Rollen neu definiert werden müssen. Das
Wegschieben der Tische ist wie bei einem technischen Gerät, den Reset-Knopf zu
drücken. Nun kann eine neue Kultur mit neuen Rollenzuschreibungen etabliert
werden. Sie sagt: „[...] wenn ich in einen Raum reinkomm´, wie der normalerweise
ist, dann ist man ja nicht bei null, dann hat man ja schon so viel Schreckliches auf
dem Konto, gegen das man erst mal anarbeiten muss“ (Plath, 2015, S. 45).
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Lehrerinnen und Lehrer, die das lesen, werden sofort entgegenhalten, wie denn
das bei einer Unterrichtsdauer von fünfzig Minuten zu bewerkstelligen sei. Jedes
Mal die Tische wegzuschieben und dann anschließend den Raum wieder zu
richten, könne nicht ihr Ernst sein. Auf meine Frage hin, wie sie diesbezüglich mit
ihren Lehrerkolleginnen und Lehrerkollegen umgegangen sei, antwortet Plath,
dass man das natürlich mit den Schülerinnen und Schülern einüben muss, damit
das ganz schnell geht. Natürlich, so erzählt sie weiter, gibt es Kollegen, die das
strikt abgelehnt hätten, wieder andere seien offen und neugierig gewesen und
diese hätten auch begonnen, es ihr gleichzutun.
Ich glaube, am besten ist es, im Kollegium sich mit denen zu verkoppeln,
die auch was machen, damit man nicht allein ist und damit man das eben
auch vertreten kann und dass das nicht eben Hokuspokus von mir ist, weil
ich grad Bock hab, das zu tun, sondern, dass man das transparent macht.
[...] Und es ist natürlich schwierig und einige regen sich immer auf, [...] das
ist, glaub´ ich, überall so (Plath, 2015, S. 39).
Dies als pädagogisches Konzept zu vertreten und nicht als kleine Macke, ist Plath
sehr wichtig (vgl. Plath, 2015, S. 39).
Ein traditionell eingerichtetes Klassenzimmer führt dazu, dass Schülerinnen und
Schüler sich gegenüber der Lehrkraft immer im Tiefstatus befinden.
Einige Beispiele:
• Die Lehrkraft nimmt mehr Raum ein, als jeder Schüler. Dazu Johnstone:
Hochstatus-Spieler [...] lassen es zu, daß ihr Raum in andere hineinströmt
(Johnstone, 1998, S. 98).
• Die Lehrperson geht freier und selbstbewusster mit dem Raum um als die
Schülerinnen und Schüler – einerseits durch ihre Bewegungen,
andererseits benutzt sie Gegenstände im Raum, während die Jugendlichen
erst fragen müssen.
• Die Lehrkraft steht meistens, die Schülerinnen und Schüler sitzen und
schauen fast ständig zur Lehrkraft auf.
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• Weiters kann die Lehrkraft jederzeit in den privaten Raum eines
Jugendlichen eindringen, was leider auch permanent geschieht: Das ist
zum Beispiel dann der Fall, wenn die Lehrkraft sich schreibenden
Jugendlichen von hinten nähert, ohne dass diese es merken (vgl. Plath,
2010, S. 77).
Die Jugendlichen versuchen aus der traditionellen Raumordnung heraus, ihren
Raum doch noch abzusichern, indem sie sich anderweitig beschäftigen und auch
danach trachten die Lehrkraft in ihrem Status herabzusenken, um selbst höher zu
steigen, denn durch das Eindringen der Lehrkraft in deren Raum, tritt zutage, was
auch schon bei Johnstone zu lesen ist:
Johnstone schreibt: „Wer einen Tiefstatus-Spieler demütigen und herabsetzen will,
greift ihn an und läßt ihm keine Möglichkeit, seinen Raum abzusichern“
(Johnstone, 1998, S. 98).
Der Raum, der oft auch als dritter Pädagoge beschrieben wird, verhindert durch
die traditionelle Raumordnung den Aufbau einer positiven Beziehungsebene
zwischen Lehrkräften und den Jugendlichen. Die Schülerinnen und Schüler
kämpfen nun innerhalb der Gruppe um den besten Platz in der Hierarchie, der
durch den gesellschaftlich definierten und vom Raum unterstützten Lehrer-
Hochstatus vorgegeben ist: Sie müssen sich entscheiden: Rebelliere ich gegen
die Lehrkraft, ordne ich mich unter, halte ich zur Gruppe oder zur Lehrkraft? Dies
führt zu permanentem Stress unter den Jugendlichen, der sie auch davon abhält,
sich für die Inhalte zu interessieren. Dadurch wird Lernen im Allgemeinen
ineffektiv, in manchen Fällen sogar unmöglich gemacht.
Eine neue Raumgestaltung führt zu einem produktiven Aufbrechen von erstarrtem
Rollenverhalten. Die Qualität der Kommunikation verbessert sich entscheidend
(vgl. Plath, 2010, S. 78f.).
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2.3 Status lehren
„Die Jahre lehren viel, was die Tage niemals wissen.“
(Emerson, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Die Statuslehre umfasst alle Bereiche des beruflichen wie auch privaten Lebens,
da Status immer und überall ist (vgl. Johnstone, 1998, S. 52). Und, wie wir
gesehen haben, nicht nur auf Personen begrenzt ist, sondern auch gegenüber
Raum und Gegenständen eingenommen wird. Eine Verankerung der Statuslehre
in Studienplänen für angehende Lehrerinnen und Lehrer ist nach wie vor nicht
Realität. Um sowohl dem großen, inhaltlichen Rahmen als auch der körperlichen
Erfahrung, die es braucht, damit Status begriffen werden kann, gerecht zu werden,
plädiert Plath für eine intensive Auseinandersetzung während der Ausbildung zur
Lehrperson.
Definitiv müssten in der Lehrerausbildung große Anteile der Statuslehre
oder vergleichbarer – ich weiß noch nicht, was vergleichbar ist – ich würde
sagen, man müsste definitiv mindestens ein halbes Jahr regelmäßig mit der
Statuslehre arbeiten. Nicht nur ein Buch lesen, sondern tatsächlich richtig
arbeiten. Mit andern Leuten arbeiten, mit ´ner Gruppe, die geschützt ist
Situationen durchspielen, Elternabende durchspielen, Kommunikation mit
der Schulleitung (Plath, 2015, S. 22).
2.3.1 Statusseminare
„Wir lehren nicht bloß durch Worte,
wir lehren auch weit eindringlicher durch unser Beispiel.“
(Fichte, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Um ihr Wissen und ihre Erfahrungen anderen zugänglich zu machen, hat Plath
einerseits ihr Buch „Spielend unterrichten“ geschrieben, andererseits hält sie auch
Statusseminare, die sie speziell für Lehrerinnen und Lehrer konzipiert hat.
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Sie beginnt stets mit einer theoretischen Einführung, danach arbeitet sie mit den
Lehrkräften auf der körperlichen Ebene, sanft und niedrigschwellig, da es gerade
zu Beginn große Hemmungen zu überwinden gilt. Hierfür hat Plath ein Konzept
entwickelt, das den Lehrpersonen das Gefühl gibt, ähnlich wie bei ihrem
partizipativen Unterricht mit den Jugendlichen auch, dass man alles darf, aber
nichts muss. Das heißt, man kann sich jederzeit zurücknehmen und sagen: „Das
ist mir jetzt zu viel.“
In ihren Seminaren geht es vorrangig um das Erleben der eigenen Status-
Komfortzone. Dabei wird es den Teilnehmenden ermöglicht, sich in einem
geschützten Rahmen immer einen Schritt weiter hinaus zu bewegen. Die Übungen
sind schrittweise aufgebaut, erlauben immer sozusagen ein Stück mehr, bis im
letzten Teil der Seminare individuelle Statussettings entwickelt werden.
Stichwortartig schreibt man eine Situation auf, bei der man tatsächlich einmal eine
Niederlage erhalten oder sich gedemütigt gefühlt hat. Danach wird von der Gruppe
dafür eine Überschrift gefunden und es werden alle Karten mit den Überschriften
im Raum aufgelegt. Alle Lehrpersonen ordnen sich einem Thema zu, danach
erarbeiten die einzelnen Gruppen jeweils zu ihrem Kärtchen ein Statussetting, das
heißt, die Gruppe entwickelt zum vorhin Gehörten eine Szene, die danach von der
Gruppe gespielt wird. Im Anschluss daran wird die Hauptperson ausgetauscht und
eine andere Person spielt nun verschiedene Statusvarianten dieser Geschichte
durch. Diese unterschiedlichen Szenen werden schlussendlich vor der gesamten
Gruppe vorgespielt. Die Person, die diese Geschichte erlebt hat, darf sich das
zunächst ansehen und mitreflektieren, der letzte Schritt ist aber, dass man selbst
die Position der Hauptperson einnimmt. Das heißt, man geht in sein eigenes
Statussetting hinein. Diese Form, so Plath, sei ein Gewinn für alle Beteiligten, da
man viele Situationen mit unterschiedlich eingenommenen Status ansehen könne
(vgl. Plath, S. 29f.).
Plath ergänzt:
Und dann kann man das jetzt spielen und da gibt es verschiedene
Möglichkeiten wie bei Keith Johnstone, also wenn man dann sozusagen in
sein altes Muster verfällt, dann machen alle „wääääh“ und das ist halt alles
auch so ein bisschen lustig, wie auch in der Improvisation und das ist halt
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Wahnsinn. Danach macht man das nie wieder. Danach ist einem das so
was von klar (Plath, 2015, S. 30).
Besonders Anfang und Ende eines Statusseminares, das prinzipiell zwei Tage
lang dauert, sind spannend, denn am ersten Tag, so erzählt sie, würden sich die
Lehrkräfte nur hinter ihren Tischen verstecken wollen und darauf hoffen, nur ja
nichts im Raum machen zu müssen (vgl. Plath, 2015, S. 29).
Plath erzählt:
[...] als Lehrer denken wir uns ja auch immer nur bis hier, also bis zum Hals
und sind ganz überrascht, dass die Schüler uns aber die ganze Zeit
vollständig wahrnehmen. Gutes Beispiel dafür ist auch, wenn man als
Lehrer gefilmt wird, dann beobachtet man ja ganz oft, wenn die Lehrer sich
selber sehen, sich so wegdrehen [...] Dann denk ich immer: „Ja, aber die
andern sehen dich die ganze Zeit so.“ Also die Frage ist: Will man sich
damit auseinandersetzen und sich das auch bewusst machen und sich
auch bewusst vornehmen, anders im Raum zu agieren oder will man das
einfach wegblenden. Das ist also sozusagen die Bewusstmachung der
Körpersprache, [...] (Plath, 2015, S. 9).
Am Ende eines solchen Seminars, so Plath, seien alle fast albern und total
kindisch, da das Ganze auch großen Spaß mache und durch dieses Spielerische
merkten die Teilnehmenden auch, dass man seine Situationen mit Abstand und
Humor betrachten könne (vgl. Plath, 2015, S. 30).
2.3.2 Feedback +
„Aufrichtigkeit ist die erste Pflicht des Kritikers.“
(Reich-Ranicki, o.E., zit. n. Melzer, 2014)
Plath selbst hat noch keine Feedbackbögen zu ihren Seminaren ausgeteilt, wohl
aber ihr Verlag, der ihre Bücher vertreibt. Auf die Frage, welche Rückmeldungen
sie darüber erhalten habe, antwortet Plath:
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Ja, dass die halt sich selber ganz anders wahrnehmen, nicht nur im
Schulkontext, auch im Alltag und auch lustige Sachen, dass sie halt im
Lehrerzimmer sitzen und dass sie das jetzt alles sehen und das es halt
super interessant ist, dass man so eine gewisse Leichtigkeit im Alltag
gewinnt, weil wenn einen dann der Hausmeister anbrüllt: „Hier findet heute
gar nichts statt“, dann weiß man halt, das ist jetzt ein Kläffer, da müssen wir
mal eine kleine Statusübung machen, [...] das ist für Lehrer sehr
ermächtigend. Und diese Rückmeldung gibt es total, denn es gibt keinen
Einzigen, der jetzt gesagt hätte, er hätte damit nichts anfangen können,
sondern die Rückmeldung ist immer die, dass man danach mit anderen
Augen auf den Schulalltag schaut und dass man sich besser fühlt, weil man
das Gefühl hat, mehr zu verstehen und natürlich auch bewusster agieren zu
können (Plath, 2015, S. 31).
3 Die Statuslehre im Deutschunterricht ++3.1 Missbräuchliche Anwendung +
„Gebrauch schließt Missbrauch nicht aus.“
(Hopfensberger, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
+Die Statuslehre kann missbraucht werden und dessen muss man sich bewusst
sein, gerade im Einsatz mit Schülerinnen und Schülern.
Plath weiß darum und erklärt ihren Umgang damit:
[...], wofür setzt man das denn ein, weil jemand, der das extrem gut kann,
kann auch das extremst furchtbar einsetzen. Bei Schülern geht´s mir eben
um den Aspekt der Selbstermächtigung und deswegen kann man dann
auch in dem Bereich thematisieren: Wie gehen wir miteinander um in der
Klasse, denn das könnte auch ein Machtinstrument sein, das zu Mobbing
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führt, logischerweise, also Hierarchien in der Klasse und so und deswegen
ist auch ganz klar, dass das nicht losgelöst vermittelt werden darf, [...],
sondern sie muss eingebettet sein in eine totale Kultur der Wertschätzung
und da komme ich wieder zu diesem Vorbildcharakter: Nicht Regeln an die
Wand schreiben, sondern die ganze Zeit leben, wie sich das anfühlt, dass
man halt Rücksicht in der Gruppe auf andere nimmt, wie das eben ist, wenn
man zusammen etwas erarbeitet, [...] also, dass man im Grunde
genommen auch zu einem besseren und qualitativen Ergebnis kommt,
wenn man zusammenarbeitet, als wenn man gegen die anderen arbeitet
und das ist aber eben eine richtige Kultur, die man eben installieren muss,
um dann die Statuslehre [...] innerhalb dieses Raumes der Wertschätzung
zu erproben. Sonst kann es auch nach hinten losgehen (Plath, 2015, S.
27f.).
Obwohl die Gefahr des Missbrauchs besteht, kann gerade die bewusste
Auseinandersetzung mit dieser Thematik zu einer Kultur der Wertschätzung
führen, besonders, wenn auch Lehrkräfte als Vorbild vorangehen.
Auch im Lehrplan ist dies als Zielsetzung formuliert:
Der Deutschunterricht soll Urteils- und Kritikfähigkeit, Entscheidungs- und
Handlungskompetenzen weiterentwickeln. Er soll die Auseinandersetzung
mit Werten im Hinblick auf ein ethisch vertretbares Menschen- und Weltbild
fördern (BMBF, 2012, S. 25).
Nachdem dieser Punkt in der Klasse klar thematisiert worden ist, stellt sich nun die
Frage, wie die Statuslehre den Jugendlichen vermittelt werden kann und welche
Zielvorgaben des Lehrplans damit angestrebt werden können.
Plaths Einführung der Statuslehre beginnt zunächst mit einem kurzen,
theoretischen Input. Damit die Jugendlichen dieses Wissen emotional abspeichern
können, verknüpft sie die Theorie mit praktischen Übungen.
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3.2 Statusübung mit Spielfeld +
„Lernen ist Erfahrung. Alles andere ist einfach nur Information.“
(Einstein, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
+Die erste Übung, die von der ersten bis zur vierten Klasse eingesetzt werden
kann, stammt nicht von Maike Plath, sondern aus meiner eigenen
Schauspielausbildung. Hierzu werden die Tische an die Seite gestellt und der
Raum mit breitem Klebeband in ein „Statusspielfeld“ verwandelt.
Es gibt in der Regel zwei Personen, die das Spielfeld betreten. Jede Person
positioniert sich auf einem Kreuzungspunkt. Es wird weder eine Situation, noch
eine Geschichte vorgegeben. Es geht darum zu fühlen, wie nonverbale
Botschaften vermittelt und entziffert werden.
Person A beginnt und darf sich nun von ihrem Startpunkt auf einer von dort
ausgehenden Linie bis zum nächsten Kreuzungspunkt weiterbewegen und eine
neue Haltung einnehmen. (Zum Beispiel: Der anderen Person zugewandt, der
anderen Person abgewandt, sitzend, kniend, stehend, die Hände vor sich haltend,
et cetera).
Nun passieren zwei Dinge:
Person B, die noch keinen Zug gesetzt hat, reagiert auf Person A mit ihrem
Körper, danach setzt Person B ihren Zug. Dann reagiert Person A zuerst wieder
auf B, erst danach setzt Person A ihren zweiten Zug. Dabei ist es besonders
wichtig, dass alles ohne Worte geschieht. Im Anschluss daran teilen die beiden
Personen der Gruppe mit, wie es ihnen dabei ergangen ist und welche
Beobachtungen sie gemacht haben. Nun erzählt die Gruppe, was sie wahrnehmen
konnte.
Waren es einzelne emotionale Bilder, hat sich eine Geschichte entwickelt oder ist
nichts passiert?
Danach werden die zwei Personen ausgewechselt und zwei neue Spieler dürfen
das Spielfeld betreten.
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Abbildung 2: Statusspielfeld
Nach dem bewussten Setzen eines Spielzuges muss die andere Person zunächst
reagieren und darf erst dann einen neuen Zug machen. Einerseits wird den
Kindern dadurch Orientierung gegeben und andererseits wird hier etwas
Entscheidendes verhindert, das sehr oft beim Improvisieren ohne Spielfeld
geschieht, nämlich, dass einem der Kopf in die Quere kommt und man dadurch
handelt, ohne die vorhergehenden Gedanken wahrzunehmen, die eigentlich die
Handlung bedingen. Zum Beispiel: Ich kenne mich bei meiner Hausübung nicht
aus und deswegen gehe ich ins Zimmer zu meiner Schwester. Meine Schwester
hört mich und denkt: „Nicht schon wieder!“ Dabei ignoriert die Schwester nun das
Eintreten der anderen. Die einfach unterstrichenen Satzteile sind die Gedanken,
Empfindungen und Gefühle, die Ausgangspunkt für die körperliche Handlung sind.
Die wellenförmig unterstrichenen Teile sind die körperliche Handlung darauf. Beim
Improvisieren wird oft auf die vorhergehenden Wahrnehmungen vergessen.
Dadurch wirkt das Spiel nicht authentisch und es kommt zu keiner emotionalen
Änderung im Befinden. Das hat aber nichts damit zu tun, dass eine Wahrnehmung
nun groß dargestellt werden soll. Denn eine Wahrnehmung ist eine Wahrnehmung
und führt zu einer bestimmten Reaktion. Ist keine Wahrnehmung im Innern
vorhanden, kann es zu keiner authentischen Handlung kommen. Das Spielfeld
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splittet die einzelnen Schritte auf und hilft dadurch Empfindungen im Innern
wahrzunehmen, um sie anschließend körperlich umsetzen zu können.
Mithilfe des Statusspielfeldes ist es leichter, körperliche Haltungen emotional zu
empfinden. Haben die Kinder erste Erfahrungen damit gesammelt, wären weitere
mögliche Schritte:
• Die Lehrkraft gibt die Startpunkte, die körperliche Haltung oder beides vor.
• Die Lehrkraft gibt eine Situation vor und die Kinder suchen
dementsprechend ihre Startpositionen und ihre körperlichen Haltungen.
• Die Kinder erarbeiten selbst Ideen, die anschließend umgesetzt werden.
• Die Klasse teilt sich in zwei Gruppen, von jeder Gruppe betritt ein Kind das
Spielfeld. Die Gruppe gibt dem Spieler Anweisungen, welche Haltung und
welcher Punkt eingenommen werden soll.
• Was passiert, wenn eine dritte Person das Spielfeld betritt?
• Der Rest der Klasse notiert Beobachtungen.
Ab der 2. Klasse
• Den Kindern sind mittlerweile Begriffe wie Hoch- und Tiefstatus vertraut:
• Die Klasse verwendet diese Begriffe, um die Tendenz des nächsten
Spielzuges vorzugeben. Die Spieler müssen die Begriffe körperlich
umsetzen.
• Nun können einzelne Szenen oder kurze Geschichten vorgegeben
werden. Die zwei Spieler sollen versuchen die Geschichte nonverbal auf
dem Spielfeld darzustellen. Es kann auch erlaubt werden, dass bei
jedem Zug ein Wort gesagt werden darf.
Ab der 3. Klasse
• Mögliche Streitsituationen werden auf dem Spielfeld umgesetzt.
• Schreiben einfacher Dialoge mit Kennzeichnung der einzelnen
Statuswechsel. Dialoge werden mit grafischen Elementen (↑,↓) in einen
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Status-Fahrplan übersetzt. Der Fahrplan wird an die Tafel geschrieben.
Person A und B nehmen die Fahrt auf dem Spielfeld auf.
• Der Beginn einer Geschichte wird vorgegeben, es wird weitergespielt.
• Umsetzen eines Bildimpulses
• Filmanalyse: Eine Szene wird bezüglich von Hoch- und Tiefstatus
analysiert: nachspielen, eventuell auch bereits mit Worten
Anschließende Diskussion darüber: Welche Fragen ergeben sich?
• Thema: Zeitungsbericht; Darstellen eines Unfalls auf dem Spielfeld, ein
Arzt kommt, viele Schaulustige stehen und schauen zu. (Die
Schaulustigen stehen hierbei neben dem Spielfeld und blicken alle
gemeinsam zum Unfall hin. Wie fühlt sich der Verunglückte?)
• Eigene kreative Umsetzungen zwischenmenschlicher Beziehungen
Ab der 4. Klasse Arbeitet man seit der ersten Klasse zu diesem Thema, empfiehlt es sich, das
Spielfeld zu verlassen und in die freie Improvisation zu gehen. Ansonsten kann
auch in der vierten Klasse mit dem Spielfeld gearbeitet werden.
3.3 Statusübungen ohne Spielfeld +
„Die Quelle alles Guten liegt im Spiel.“
(Fröbel, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Ab der 2. Klasse
Übung: Wie Sprache verändert (vgl. Johnstone, 1998, S. 69):
• Die Lehrkraft beginnt jeden ihrer Sätze mit einem sehr zögerlichen „Äh“. Die
Schülerinnen und Schüler erfahren dazu am Anfang nichts. Nachdem sie
gesprochen hat, befragt sie die Klasse, ob diese eine Veränderung an ihr
wahrnehmen konnten.
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• Danach verlegt sie das „Äh“ in die Mitte der Sätze. Wie wirkt sie nun?
• Daraufhin dehnt sie das „Äh“ und stellt es an den Anfang zurück. Was
können die Schülerinnen und Schüler für Veränderungen erkennen?
Partnerarbeit (nachdem die Kinder wissen, was die Lehrkraft zuvor verändert hat):
• Experimentiert zu zweit: Eine Person erzählt ein Erlebnis. Zunächst beginnt
sie jeden Satz mit einem zögerlichen „Äh“ – Wie wirkt das? Austausch
untereinander.
• Danach erzählt die Person dieselbe Geschichte noch einmal und versucht
nun die „Ähs“ in die Mitte der Sätze zu verlegen. – Wie ist nun die Wirkung?
Austausch untereinander.
• Noch einmal erzählt die Person ihre Geschichte und dehnt nun die „Ähs“
und stellt sie an den Anfang zurück. Wie ist die Wirkung? Austausch
untereinander. Danach erzählt die andere Person eine Geschichte in allen
drei Variationen.
Erklärung: Johnstone erläutert, dass ein kurzes „Äh“ zu Beginn eine Art Einladung
für andere Menschen ist, einen zu unterbrechen, hingegen das gedehnte „Äh“
bedeutet, dass, auch wenn jemand noch nicht weiß, was er sagen will, darauf
hinweist, ihn nicht zu unterbrechen.
Variation 1 der Übung: Wie Sprache verändert +Die Lehrkraft verändert nun wieder ihr Verhalten. Sie spricht über ein Thema ihrer
Wahl. Das Einzige, worauf sie nun achtet, ist, ihren Kopf stillzuhalten.
Die Schülerinnen und Schüler werden eine Veränderung wahrnehmen können.
Aber woran liegt es? Können sie den Grund ausfindig machen? Es ist nicht
einfach, denn hält man beim Sprechen den Kopf still, ergeben sich wie von selbst
viele andere Dinge, die ebenso zum Hochstatus gehören. Man beginnt in ganzen
Sätzen zu sprechen, den Blickkontakt zu halten, die Bewegungen werden
gleichmäßiger und man nimmt mehr Raum ein.
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Variation 2 der Übung: Wie Sprache verändert +Die Lehrkraft spricht wieder über etwas. Nun konzentriert sie sich darauf, dass ihre
Füße nach innen gedreht sind. Dadurch wird sich wieder vieles mitverändern,
auch die Sprechweise wird allein dadurch beeinflusst.
Es sei sehr wahrscheinlich, so Johnstone, dass jeder Satz dann mit einem
zögerlichen und kurzen „Äh“ beginnen werde (vgl. Johnstone 1998, S 71f.).
Erklärung: Scheinbar unzusammenhängende Dinge beeinflussen sich
gegenseitig, obwohl nicht erkennbar ist, warum die Fußstellung einen Einfluss auf
den Satzbau und den Blickkontakt haben könnte; doch genau so verhält es sich
(vgl. Johnstone, 1998, S. 72).
Ab 3. Klasse
Übung: Blickkontakte +Die Schülerinnen und Schüler bewegen sich im Raum. Dabei sollen sie sich mit
„Hallo“ begrüßen. Die Situation wird wahrscheinlich unecht wirken und
möglicherweise fühlen sich einige Schülerinnen und Schüler nicht wohl.
Die Lehrkraft teilt die Gruppe in 2 kleinere Gruppen auf:
• Eine Gruppe, die alle Blickkontakte hält.
• Eine Gruppe, die Blickkontakte herstellt, unterbricht und kurz darauf noch
einmal zurückschielt.
Danach erfolgt ein Austausch darüber, wie es den Beteiligten dabei ergangen ist.
Experimentelles Ausprobieren (vgl. Johnstone, 1998, S. 71):
Die Schülerinnen und Schüler werden aufgefordert, Gespräche miteinander zu
führen und hierbei unterschiedlichste Methoden, die ihren Status heben oder
senken, auszuprobieren. Es arbeiten immer zwei Jugendliche zusammen.
• Eine Person bewegt sich geschmeidig (Hochstatus), die andere Person
bewegt sich ruckartig (Tiefstatus). Danach werden die Rollen getauscht.
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• Eine Person hält sich die Hände vor das Gesicht, während sie spricht
(Tiefstatus), die andere Person bemüht sich, die Hände vom Gesicht
fernzuhalten (Hochstatus). Danach werden die Rollen getauscht.
• Eine Person dreht die Füße nach innen (Tiefstatus), während die andere
Person sich zurücklehnt und auf dem Sessel breitmacht (Hochstatus).
Danach werden die Rollen getauscht.
• Gespräch im Anschluss: Beobachtung, Reflexion
Status gegenüber Gegenständen (vgl. Johnstone, 1998, S. 83):
Eine Schülerin oder ein Schüler soll gegenüber einem im Raum befindlichen Stuhl
Tiefstatus spielen.
Das Ziel ist eine weitere Sensibilisierung der Jugendlichen für Status.
Status gegenüber Schularbeiten
Die Augen schließen und bewusst ein- und ausatmen. Dabei an eine
bevorstehende Schularbeit denken. Wie fühle ich mich dabei? Fühle ich
Sicherheit? Freue ich mich darauf, mein Wissen zu zeigen? Dann befinde ich mich
innerlich in einem Hochstatus gegenüber der Schularbeit.
Macht mir diese Vorstellung jedoch Angst und Sorge? Dann versetzt mich dies
sofort in einen inneren Tiefstatus.
Stell dir nun vor, du bekommst die Schularbeit zurück und darauf steht die Note
Sehr gut. Nun steigt dein innerer Status.
Ergebnis: Allein mit Gedanken lässt sich ein bestimmter innerer Status verändern.
Status gegenüber Raum (vgl. Johnstone, 1998, S. 98):
+Zwei Schülerinnen oder Schüler stehen im Abstand von dreißig Zentimeter
einander gegenüber. (Unbedingt zwei auswählen, die sich gut verstehen!)
• Zunächst müssen sie dort stehenbleiben, ihre Position dürfen sie nicht
verändern. Wie fühlt sich das an?
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 75+
• Nach einiger Zeit dürfen sie ihre Position verändern. Treten sie näher
zusammen, wird ihr Raum miteinander verschmelzen, weichen sie zurück,
möchte jeder dem Einfluss des anderen weniger ausgesetzt sein.
Status gegenüber Raum: Café (vgl. Johnstone, 1998, S. 105):
Die Schülerinnen und Schüler werden aufgefordert, Menschen in einem Café zu
beobachten und dabei die Veränderung in deren Haltung wahrzunehmen, wenn
zum Beispiel eine Person weggeht oder jemand neu dazukommt.
Ab der 4. Klasse:
• Witze und Texte nach Status hin analysieren
• Filmszenen analysieren und nachspielen, Status verändern und so den
Ausgang einer Szene abwandeln
• Komplexe Dialoggestaltung mit zusätzlicher emotionaler Statuslandkarte
• Berufsorientierung: Rollenspiele: Chef und Lehrlingsanwärter/in
o In unterschiedlichsten Variationen: Chef: Hochstatus, Lehrling:
Tiefstatus, umgekehrt, beide im Hochstatus, beide im Tiefstatus
Die Möglichkeiten, wie Status im Unterricht eingesetzt werden kann, sind
mannigfaltig und können vielfältig variiert werden. Grundsätzlich eignet sich zu
Beginn ein nonverbaler Weg, wie beschrieben mittels des beschriebenen
Statusspielfeldes, danach oder auch abwechselnd erprobt man, wie sich die
Körper aneinander im Raum ausrichten. Nun wird der Raum verkleinert und man
geht über zu Improvisationen mit Fantasiesprache, freier Rede und später auch zu
textgebundenen Formen. Dadurch werden die Schülerinnen und Schüler in
zunehmendem Maße für Status sensibilisiert und können dieses Wissen in das
Schreiben von Dialogen, analysieren von Medien wie Bild, Text und Film
einfließen lassen. Die Übungen werden über lange Zeiträume hinweg
durchgeführt, wobei Plath anführt, dass sie dazwischen auch immer wieder
zusätzliches theoretisches Wissen vermittelt. Danach werden diese neu
erworbenen Informationen in Übungen umgesetzt, um so das Wissen mit einer
Erfahrung abzuspeichern.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 76+
Plath sagt hierzu:
[...], wenn sie zum ersten Mal Hochstatus durchgesetzt haben, dann rennen
die erst mal so durch den Raum. Und dann sag ich, jetzt hast du grad das
Gefühl von Macht. So fühlt sich das nämlich an [...] das führt natürlich zu
einem viel diffizileren Reflexionsverhalten, was die eigene Person angeht
und die eigenen Handlungsmöglichkeiten und das ist natürlich dann super
interessant (Plath, 2015, S. 25).
Zum Abschluss in der vierten Klasse steht das Üben von realen
Bewerbungsgesprächen im Vordergrund.
Plath dazu:
Das kann man [...] wochenlang machen von morgens bis abends, also weil
die wertvolle Erfahrung dabei ist ja, es ist ein riesiger Unterschied, ob ich
das theoretisch verstehe oder ob ich jemandem gegenübersitze der mich
wirklich in so eine Situation verfrachtet, weil man fühlt sich ja wirklich
tatsächlich gedemütigt, wenn jemand im Hochstatus so mit einem spricht.
Und dem nachzugehen und das zu thematisieren, das ist jetzt ganz normal,
was du da gerade empfindest, das ist jetzt Folgendes: Jetzt passiert gerade
dies. Und alleine der Gedanke, dass das zu analysieren ist und dass man
das auf einer Reflexionsebene ganz klar erklären kann und ändern kann,
das ist eben das, was sich nur im tatsächlichen Üben herstellen lässt. [...]
Traut man sich das wirklich? Und deswegen glaube ich, man muss das
machen, und erst mal im geschützten Raum, dass man das dann wirklich
einsetzen kann [...] (Plath, 2015, S. 27).
Das heißt, man muss das Verlassen der eigenen Statuskomfortzone verinnerlicht
haben, um in Stresssituationen, wie dies eben Bewerbungsgespräche für
Jugendliche darstellen, das Wissen abrufen und umsetzen zu können.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 77+
3.4 Lehrplanbezug
„Nicht der Plan ist der Stolz des Betriebes, sondern seine Erfüllung.“
(unbekannt, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Der Lehrplan für NMS im Unterrichtsfach Deutsch unterstreicht den Einsatz der
Statuslehre. Folgende Lehrinhalte werden durch die Vermittlung und Übung damit
umgesetzt:
• Der Deutschunterricht hat die Aufgabe, die Kommunikations- und
Handlungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler durch Lernen mit und
über Sprache zu fördern. [...]
• Die Schülerinnen und Schüler sollen Einblicke in Struktur und Funktion von
Sprache gewinnen. [...]
• Beiträge zu den Bildungsbereichen:
o Sprache und Kommunikation:
Der Deutschunterricht soll beitragen, die Schülerinnen und Schüler zu
befähigen, ihre kognitiven, emotionalen und kreativen Möglichkeiten zu
nutzen und zu erweitern. Der kritische Umgang mit und die konstruktive
Nutzung von Medien ist eine wichtige Aufgabe. [...]
o Kreativität und Gestaltung:
Die Schülerinnen und Schüler sollen Gestaltungserfahrungen mit Sprache
machen und sinnliche Zugänge mit kognitiven Erkenntniswegen verbinden.
Sprechen: In geeigneten Gesprächs- (Partner-, Kleingruppen-,
Klassengespräch) und Redeformen (spontanes, vorbereitetes und
textgebundenes Sprechen) sollen die Schülerinnen und Schüler die
Wirkungsweise verschiedener verbaler und nonverbaler Ausdrucksmittel
erleben. [...]
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 78+
Einfache Methoden der Beobachtung und Aufzeichnung sollen helfen das
Gesprächsverhalten zu beschreiben und damit bewusst zu machen.
Das Verfassen von Texten ist als mehrschichtiger Prozess zu sehen, der
vom Schreibvorhaben bis zum fertigen Text reicht. Je nach der
Schreibentwicklung und den Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler sind
geeignete Methoden und technische Hilfsmittel (zB [sic!] Computer) gezielt
einzusetzen, um diesen Schreibprozess zu unterstützen. (Plath tippt wie
Johnstone die Texte der Jugendlichen ab, damit diese mit fehlerfreien
Texten arbeiten. Anm.) (vgl. Plath, 2015, S. 23) Durch die regelmäßige
Beschäftigung mit eigenen und fremden schriftlichen Arbeiten sollen die
Schülerinnen und Schüler lernen, Texte einzuschätzen, zu beurteilen und
zu optimieren. [...]
o Hörverstehen:
Hören soll dabei kein passiver Vorgang sein, sondern eingebunden werden
in kommunikative Situationen, die es den Schülerinnen und Schülern
ermöglichen, verbal oder nonverbal zu reagieren. [...]
o 1. bis 4. Klasse
Sprache als Gestaltungsmittel: Ausdrucksformen in verschiedenen Medien
kennen lernen: Verstehen, wie in Medien Themen und Inhalte gezielt
aufbereitet und gestaltet werden (auch durch eigenes Erproben).
Kreative sprachliche Gestaltungsmittel kennen lernen: Schriftlich und
mündlich erzählen; erzählerische Mittel einsetzen, um Texte bewusst zu
gestalten. [...]
o 1. und 2. Klasse:
Ausdrucksformen in verschiedenen Medien kennen lernen: Einfache
Möglichkeiten kennen lernen, wie in Medien Themen und Inhalte gezielt
aufbereitet und gestaltet werden (auch durch eigenes Erproben). Deren
Wirkung auf sich und andere wahrnehmen und beschreiben. [...]
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 79+
o 3. und 4. Klasse
Beziehungen aufnehmen, ausbauen und gemeinsames Handeln
ermöglichen: Den Gesprächsverlauf bewusst wahrnehmen und zunehmend
eigenständig auf Partner/innen und Situationen eingehen. In verschiedenen
Gesprächsformen den Gesprächsverlauf beobachten und beschreiben um
ihn beeinflussen zu können. In vielfältigen Situationen und unter
verschiedenen Bedingungen ausdrucksvoll und verständlich sprechen. [...]
o 4. Klasse:
Interessen wahrnehmen: Verschiedene, auch versteckte Absichten
erkennen und zuordnen; entsprechend reagieren. Anliegen sprachlich
differenziert vorbringen; auch mit Anforderungen im öffentlichen und
institutionellen Bereich vertraut werden.
Informationen für bestimmte Zwecke bearbeiten sowie schriftlich und
mündlich vermitteln: Das Wesentliche aus Gehörtem, Gesehenem und
Gelesenem wirkungsvoll und anschaulich mündlich und schriftlich
präsentieren und erklären [...] (BMBF, 2012, S. 24-33).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 80+
4 Ausblick ++4.1 Teamteaching
„Ein Team ist so gut wie sein schwächster Individualist,
vielleicht aber auch wie der fähigste.“
(Walden, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Im Zuge der Umstellung von der Hauptschule zur Neuen Mittelschule hat sich
auch die Arbeit der Lehrkraft verändert. Ist eine Lehrperson in den
Hauptgegenständen zuvor alleine in der Klasse mit der jeweiligen
Leistungsgruppe gewesen, so stellt das Unterrichten in der NMS viele Lehrerinnen
und Lehrer vor ganz neue Herausforderungen. Auf der einen Seite gibt es keine
Leistungsgruppen mehr und es muss in der Klasse stark differenziert werden und
auf der anderen Seite darf beziehungsweise muss der Unterricht nun mit einer
zweiten Lehrperson gestaltet und durchgeführt werden. Das kann bereichernd,
aber auch als erschwerend empfunden werden.
Kann Johnstones Statuslehre auch hier dienlich sein?
Es gibt zwei Punkte, die es zu betrachten gilt: Mittels der Statuslehre ist es
einerseits wahrscheinlich einfacher mit einer zweiten Lehrkraft umzugehen, da
man ein besseres Verständnis für Menschen entwickelt, Gespräche besser
gestalten und eine gelingende Beziehungsebene aufbauen kann. Andererseits
aber kann es in der Klasse in der Anwendung der Statuslehre zu Konflikten
kommen. Im Interview frage ich Maike Plath, ob sie sich das Ansingen und
Hinknien vor den Schüler auch getraut hätte, wäre eine zweite Lehrperson in der
Klasse gewesen.
Ihre Antwort dazu:
Das ist auch oft so gewesen. In vielen Deutschstunden sind wir ja auch
doppelt gesteckt gewesen, aber natürlich muss man im Team das vorher
kommunizieren. Also ich kann nicht selber irgendwas machen, das sorgt
dann für Irritation, außerdem geht es ja auch oft darum, dass das dann
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 81+
irgend so eine Eifersucht ist, wer bei den Schülern beliebter ist und so. Also
muss man [...] sehr transparent vorher darüber sprechen und dann hat man
erst mal ein Gespräch mit jemandem, der einen roten Kopf hat und sagt:
„Das stimmt gar nicht!“ Da muss man halt durch und sagen: „Doch, doch.
Das ist schon irgendwie so, dass wir darüber reden sollten.“ Dann hab ich
das natürlich offen gelegt, was ich da mache. Was nicht jetzt unbedingt
heißt, dass das bei allen Kollegen funktioniert. Ich hatte eine Kollegin bei
der das sehr gut funktioniert hat und eine andere dann später auch, aber es
ist irgendwie so, dass das natürlich nicht mit allen funktioniert und natürlich
gibt’s total Ärger, wenn man mit jemandem anderen zusammen unterrichtet,
der ein ganz anderes Konzept fährt, der die halt gerne auch mal
zusammenscheißt, dann funktioniert das überhaupt nicht. „So what?“ Das
wäre dann in einem anderen Kontext genau dasselbe, da wären nur die
Konflikte nicht ausgesprochen, aber sie hätten genauso eine destruktive
Wirkung. Das geht dann einfach nicht (Plath, 2015, S. 18).
Plath ergänzt zum Thema Statuslehre und Teamteaching:
[...] im schlechtesten Fall würde es mir natürlich helfen, mich
durchzusetzen, aber der beste Fall wäre ja [...] dass beide dasselbe Wissen
haben und uns im Grunde fast coachen, [...] dass wir uns im Grunde auch
gegenseitig helfen, besser zu werden, also im Team würde das eine riesige
Qualität aufmachen (Plath, 2015, S. 39).
Weiters sagt sie, dass es einen großen Unterschied mache, ob es im Rahmen der
Statuslehre um die Lernenden oder die Lehrenden gehe.
Hierzu meint sie:
[...], weil bei Schülern ist auch das Rollenfeld auch noch ein anderes, weil
ich auch noch die Verantwortung hab und ich kann halt, also wenn ich das
so sehe, dass ich sie an die Hand nehme die Kinder und Jugendlichen und
dann versuche, ihnen die Situation zu geben, die sie zum Lernen brauchen,
ist das was ganz Anderes, als wenn ich einem Kollegen eben halt erklären
will, wie er vielleicht auch besser klar kommt. Das ist auch gefährlich. Das
geht nur bei jemandem, der offen ist (Plath, 2015, S. 19).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 82+
Lehrerkonferenzen seien für sie eine besonders große Herausforderung gewesen.
Bei dauerhaften Konflikten, Plath bezieht sich hier wieder auf Johnstone, gewinnt
immer der Charismatiker, weil er die Rampensau „niederkuschelt“. Der
Charismatiker kann nämlich auch eine Niederlage aushalten, da es ihm nicht um
das eigene Ego geht. Allerdings kann dies sehr lange dauern und es stellt sich die
Frage, ob man das will (vgl. Plath, 2015, S. 20).
Für Lehrerseminare, so Plath, werde sie sehr oft von der Schweiz angefordert, wo
im Rahmen der individuellen Statussettings Konflikte der Lehrkräfte untereinander
behandelt werden würden. Im Gegensatz dazu, erzählt sie, werde sie in Berlin
kaum wegen Statusseminaren, vielmehr wegen ihres zweiten Programms, dem
„partizipativen Theaterunterricht“ zu Seminaren angefragt (vgl. Plath, 2015, S. 21).
Maike Plath erklärt:
Die Kontexte in der Schule sind sehr hierarchisch, also auf
gesellschaftlichen Status bezogen und grundsätzlich auch das Ganze, was
ich überhaupt gemacht habe, also eigenmächtig auch Unterricht
umzustellen und Dinge zu entwickeln. Ich wurde ja mehrfach sozusagen
herzitiert [...]: „Wenn Sie Karriere machen wollen, dann bewerben Sie sich
doch auf eine Funktionsstelle.“ Also, dass man [...] inhaltlich an der Sache
arbeiten möchte und sich professionalisieren möchte, das ist halt auf ganz
starke Widerstände gestoßen, wobei man aber auch sagen muss, dass ich
natürlich das Herz auch hatte für die bildungsbenachteiligten Jugendlichen
und ich glaube, das ist ja das nächste Drama, dass die Schulbedingungen
und die Kommunikation schlechter werden, je schlechter auch die
Voraussetzungen der Schüler sind. Also, wenn ich jetzt zum Beispiel an ein
Elitegymnasium gegangen wäre, hätte ich es besser gehabt, weil da auch
der Grad der Reflexion viel höher ist, auch im Kollegium und auch die
Schulleitung ist dann auch ausgebildeter. Aber dann, dann hab ich eben
überlegt, wenn ich halt dableibe, wo die Jugendlichen sind, die es am
nötigsten haben, dann bin ich halt mit einem System und einer Struktur
konfrontiert, die mich total klein macht. Und je stärker ich werde, umso
schlimmer wird’s, weil ich dann, das wird dann nämlich erwartet, dass man
dann Schulleitung ist oder eine Leitungsposition hat. [...] aber ich hatte
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 83+
irgendwie gedacht: „Ich kann die Zeit nicht mehr zurückdrehen. Die ganzen
Erlebnisse, die ich habe, das geht nicht. Ich möchte irgendwie an der Stelle
weiter wirksam sein und was bewegen und wie kann ich denn weiter was
bewegen?“ Jedenfalls nicht in diesem Kollegium und auch nicht an
vergleichbaren Kollegien, sondern ich muss auf ´ne andere Ebene und auf
´ner anderen Ebene versuchen ´ne Wirkung zu entfalten. Denn je mehr
Menschen sozusagen denken: „Ich hab Bock was zu lernen. Das ist ja
irgendwie eine sinnvolle Sache“, desto mehr verändert sich halt. Aber das
ist halt eben so flächendeckend und das passiert ja auch total. Deshalb
denke ich, das war genau der richtige Schritt. Ich hätte mich dort tot
gemacht (Plath, 2015, S. 21f.).
Maike Plath ist seit 2013 freiberufliche Theaterpädagogin und Autorin. Sie hält Workshops, Seminare und Vorträge zum Biografischen und Partizipativen Theaterunterricht und zur Statuslehre (nach Keith Johnstone). Seit 2014: Konzeption und Durchführung des BMBF Weiterbildungsprogramms „LernKünste“ in Kooperation mit der Alice Salomon Hochschule Berlin für Künstler_innen und Kulturschaffende. Seit 2013: Im Vorstand von „Mitspielgelegenheit e.V.“. Seit 2011: Künstlerische Leitung der Jugendtheaterprojekte am Heimathafen Neukölln. 2008-2012: Vorstandsmitglied im Bundesverband Theater in Schulen (BVTS). Seit 2008 in der Jury für das Theatertreffen der Jugend (ttj, Berliner Festspiele). Seit 2004 Entwicklung und Realisierung zahlreicher Theaterproduktionen in Schulen und außerschulischen Kontexten. 1998-2013: Lehrerin für Deutsch und Darstellendes Spiel. Publikationen: »Biografisches Theater in der Schule«, Beltz 2009. »Spielend unterrichten und Kommunikation gestalten”«, Beltz 2010. »Freeze & Blick ins Publikum – Das Methodenrepertoire für den Theaterunterricht«, Beltz 2011, „Freak out mit Engel-Stopp – Das Erweiterungsset zum Methodenrepertoire für Theaterunterricht“. Beltz 2014, „Schreibwerkstatt – Vom biografischen Text zum Theaterstück“, Beltz 2014. „Partizipativer Theaterunterricht mit Jugendlichen“, Beltz 2014 (Plath, 2015, S. 46).
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4.2 Resümee +
„Unser Leben ist ein Spiel mit ganz bestimmten Regeln.
Alle spielen das Spiel mit, aber wer die Regeln kennt, hat klare Vorteile.“+(Herdt, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Die intensive Beschäftigung mit der Statuslehre im Allgemeinen, übertragen auf
den Schulalltag im Besonderen, ließ mich erkennen, wie tief das Wissen darum in
uns allen verankert ist. Daher verstehen wir die Gesetzmäßigkeiten und
Zusammenhänge sehr schnell. Dies mag als erster Schritt hilfreich sein,
Beziehungssituationen unterschiedlichster Art mit einer gewissen Leichtigkeit zu
betrachten, dennoch, um langfristige Auswirkungen zu erzielen, ist es von
entscheidender Bedeutung fokussiert bleiben zu können, um nicht mit dem Strudel
der Unbewusstheit mitgerissen zu werden. Die alten Verhaltensmuster lauern
hinter jeder Ecke, sich daher mit anderen im Kollegium zu verbinden, sich
auszutauschen, gemeinsam Verhaltensmuster reflektierend zu betrachten, mit
dem Ziel, Schule neu zu gestalten, nicht nur um die eigene psychische
Gesundheit zu erhalten, sondern die Schule als fruchtbaren Ort des Wachsens
neu zu schaffen, muss angestrebt werden. Blockierer wird es immer geben und
auch das Jammern mag Kennzeichen einiger Lehrkräfte sein. Orientieren wir uns
nicht daran, sondern entscheiden wir uns, ein Leuchtturm auf menschlicher Ebene
zu sein: Verbindungsglied zwischen Festland und Meer. Wenn wir es wagen,
unsere Komfortzone zu verlassen, erste Schritte, wie Segel zu setzen, steuern wir
unserem Ziel entgegen.
S: Ist es daher richtig zu sagen, dass Johnstones Statuslehre Lehrerinnen
und Lehrer befähigen kann, gelingende Beziehungen zu den Schülerinnen
und Schülern aufzubauen?
M: Definitiv, denn es geht ja um das Errichten einer Kommunikation der
Begegnung (Plath, 2015, S. 26).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 85+
5 Literaturverzeichnis
AZQuotes. (2015). AZQuotes. Abgerufen von:
http://www.azquotes.com/quote/164754
Bauer, J. (2008). Lob der Schule. Sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und
Eltern. München: Wilhelm Heyne Verlag.
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. (Hrsg). (o.J.). Digitales