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IN: TEAM Das Magazin der Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe
Ausgabe 10 | 2013
GruppeNorddeutsche Gesellschaft für Diakonie
Schwerpunkt: Altern in der Werkstatt
Altersbilder
Selbstständigkeit im Alter?
Mehr als Geldverdienen – Nie zu alt für die Werkstatt!
Das haben wir geschafft!
Rumsitzen geht nicht …
Schwerpunkt: Schwerpunkt:
Wenn die Rente ruft ...
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Liebe Leserinnen und Leser!
Menschen mit Behinderung werden älter – auch Menschen mit
schweren Behinderungen, schwerstmehrfach-behinderte Menschen.
Nachdem im Nationalsozialismus nahezu eine ganze Generation von
Menschen mit Behinderungen ermordet wurde, erreichen seit ein paar
Jahren die direkt nach dem Krieg geborenen Menschen mit Behinderung
das Rentenalter.
Gleichzeitig gewährleistet eine medi-zinische und soziale
Versorgung der Menschen auf einem hohen und sich immer weiter
entwickelnden Niveau eine Angleichung ihrer Lebenser-wartung an die
allgemeine Lebens-erwartung. Darauf können wir stolz sein!
Wenn die Rente ruft – für jeden Arbeit-nehmer selbstverständlich
irgendwann zwischen dem 63. und dem 67. Lebens-jahr! – ist der Tag
gekommen: der letz-te Arbeitstag. Was für Kollegen ohne Handicap
gilt, ist inzwischen selbstver-ständlich auch für unsere Kollegen
mit Handicap. Einmal ist immer das erste Mal, und ich hatte das
(zweifelhafte!) Vergnügen, die ersten beiden Kollegin-nen mit
Handicap, Frau Kolzer und Frau Goerke an ihrem letzten Arbeitstag
aus dem aktiven Berufsleben zu verab-schieden. Zu erleben, wie die
beiden nun ihre aktive Rentenzeit planen und sich auf die Zeit nach
der Werkstatt freuen, hat Spaß gemacht! Bei aller Wehmut,
langjährige,ans Herz gewach-sene Kolleginnen ins Rentnerdasein zu
verabschieden, hat es mich doch auch
stolz gemacht, wie selbstbewusst die „Neurentner“ sich den guten
Wünschen der Kolleginnen und Kollegen, aber auch ihren besorgten
Fragen, wie es denn nun weitergehe, stellten und be-tonten: genug
gearbeitet – wir freuen uns darauf, endlich lange schlafen und den
Tag so gestalten zu können, wie wir wollen – das haben wir uns doch
echt verdient! Was hier auch anklingt: Arbeit hat für die
Kolleginnen einen ganz anderen Stellenwert als zur Gründungszeit
der ehemals beschützenden Werkstätten – sie ist längst nicht mehr
einfache Beschäftigung, womöglich noch mit einem hauptsächlich
therapeutischen Wert, sondern sie ist der Normalzustand wie bei
allen anderen Menschen auch, und wenn man genug gearbeitet hat,
„darf“ man in Rente...
An dieser Stelle muss aber auch betont werden: nicht allen
Kolleginnen und Kollegen mit Handicap in unserer Einrichtung geht
es so, dass sie sich uneingeschränkt auf die „ewige“ Frei-zeit
freuen, ganz einfach auch deshalb, weil sie – sehr banal
ausgedrückt – nichts mit ihr anfangen können: für manche war der
Werkstattalltag der einzige soziale Kontakt, der sich über
Jahrzehnte kontinuierlich ergeben hat. Teilhabe am Arbeitsleben war
für sie oftmals die einzige Möglichkeit der Teilhabe am Leben in
Gemeinschaft. Soziale Kontakte wurden hier gepfl egt, Bildungs- und
Freizeitmöglichkeiten ergaben sich besonders oder manchmal auch nur
in diesem Umfeld. Beson-ders galt und gilt dieser Umstand für
behinderte Menschen, die alleine und ohne(ambulante) Betreuung
leben. Die große Befürchtung: wenn die liebgewonnenen Kontakte und
die gewohnte Tagesstruktur fehlen, werde ich einsam und gehe
unter...
Dieses alles waren für uns Gründe genug, als Schwerpunkt für
diese IN:Team-Ausgabe das Thema „Altern“ zu wählen: wie denken die
Kollegen mit und ohne Handicap über dieses Thema, wo sind die
Herausforderungen für die Werkstatt, welche Angebote halten wir
auch für den Personenkreis der Senioren vor und wie sind wir auf
den demographischen Wandel vorbereitet? Auch unsere Kollegen mit
und ohne Handicap werden älter – Zeit einmal dieses Thema in den
Fokus zu rücken und zu refl ektieren. Auch Sie, liebe Le-serinnen
und Leser, werden irgendwann Ihren letzten Arbeitstag haben oder
haben diesen Tag schon erlebt – viel-leicht fi nden Sie sich auf
den folgenden Seiten mit Ihren Gedanken und Ihren persönlichen
Wünschen wieder. Lassen Sie es mich wissen.
Sie ist noch nicht so alt, um an Rente denken zu können, und
trotzdem geht sie – Christiane Kurka verlässt unsere Einrichtung am
Ende des Jahres, um sich einer anderen Aufgabe in der NGD-Gruppe zu
widmen: ab dem ersten Januar übernimmt sie die Leitung der
integrativen Kindertagesstätte Nortorf. Sie werden in dieser
Ausgabe ihren letzten Beitrag als Redaktionsmitglied von IN:TEAM
lesen. Wir danken Frau Kurka für ihre Arbeit als Leitung des
begleitenden Dienstes, des Förderberei-ches und der Tagesgruppe für
Senioren, besonders auch für ihre Mitarbeit im Redaktions team und
wünschen ihr für ihre neue Tätigkeit alles Gute und viel
Erfolg!
Ihnen, liebe Leserinnen und Leser wünsche ich eine gesegnete
Weihnacht und einen guten Start in das neue Jahr. Viel Freude beim
Lesen. Stephan Bruns, Bad Oldesloe, im Dezember 2013
Liebe Leserinnen und Leser!
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Rumsitzen geht nicht …Interview mit Lothar Käckmeister
Lothar wann hast du angefangen zu arbeiten?Das war 1965, ich war
gerade 16 Jahre alt. Gelernt habe ich hier in Bad Oldes-loe mit 10
anderen Lehrlingen. Zu der Zeit war alles noch anders; wir mussten
noch richtig reparieren und haben 35 DM im Monat verdient.
Was hast du nach deiner Lehre gemacht bevor du zu uns gekommen
bist?Als erstes musste ich zur Bundeswehr. Zwei Jahre war ich da,
dort habe ich Brücken gebaut und Schlosserarbeiten gemacht. Nach
der Bundeswehr habe ich noch eine Weile beim Ottover-sand als
Schlosser gearbeitet. Später wechselte ich in den Tiefbau, zu den
Steinsetzern. Leider ging diese Firma pleite und ich bewarb mich im
Garten- und Landschaftsbau. Das habe ich dann 30 Jahre gemacht.
Leider waren dann meine Knie kaputt und ich musste eine Umschulung
machen. Während dieser Umschulung habe ich dann ein Prakti-kum in
der Werkstatt gemacht.
Woher kanntest du die Werkstatt?Ein Kollege hat mir von der
Werkstatt erzählt. Die Lehrer aus der Umschulung sagten damals zu
mir: „Das ist nichts für Sie Herr Käckmeister, das schaffen Sie
nicht mit diesen Menschen zu arbei-ten.“ Ich hatte während des
Praktikums keine Probleme mit unseren Kollegen, also bewarb ich
mich.
Du hast ja dann 2002 bei mir in der Montage angefangen. Wie war
das für dich, wenn man unseren Altersunter-schied betrachtet,
könnte ich ja dein Sohn sein?Das haben mich auch einige Bekannte im
privaten Umfeld gefragt. Aber ich hatte von Anfang an keine
Schwierig-keiten mit dir. Nur wegen der langen Haare war ich am
Anfang skeptisch. Ich bin hier richtig schön reingewach-sen und
komme gerne in die Werkstatt. Aber abschalten kann ich auch, das
habe ich hier gelernt.
Hat dich die Arbeit in der Werkstatt verändert?Ja, ich bin
ruhiger geworden und mache mir mehr Gedanken darüber, warum
Menschen so sind wie sie sind.
Was bedeutet Arbeit für dich?Dass ich eine Aufgabe habe,
gebraucht werde und das ich etwas schaffe. Wenn das alles passt,
fühle ich mich gut!
Fällt es dir schwer älter zu werden?Ja, ich wäre gerne 20 Jahre
jünger, dann könnte ich ganz normal weiter arbeiten. Ich fühle mich
nicht wie 64.
Nächstes Jahr gehst du in Rente, wie wird das für dich?Ich werde
weniger Geld haben. Aber viel schlimmer ist es, keine Arbeit mehr
zu haben. Ich muss mir dann was suchen. Rumsitzen geht nicht, das
passt nicht zu mir. Ich mache mir auch Sorgen darüber, wie es
unserer Arbeitsgruppe weitergeht oder ob ein neuer Mitarbei-ter
meine Aufgaben auch alle überneh-men kann.Am liebsten würde ich
weiter ganz nor-mal zur Arbeit kommen oder wenigstens zwei bis drei
Tage in der Woche.Die Arbeit in der Werkstatt und die
Flippermontage werden mir fehlen!
Das Interview führte Torben Zacharias.
Lothar KäckmeisterProduktionshelfer Flipper
Torben ZachariasFachkraft für Arbeits- und Berufs-
förderung
Winterzeit ist Spendenzeit...
Möchten auch Sie uns unterstützen?Unser Spendenkonto für
laufende und zukünftige Projekte führen wir bei der Volksbank
Stormarn, BLZ 201 901 09 unter der Kontonummer 80 228 870Herzlichen
Dank.
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Das gesellschaftliche Altersbild bewegt sich zwischen den
sogenann-ten „Silveragern“, einer von der Werbung be- und
umworbenen Bevöl-kerungsgruppe und von Altersarmut betroffenen
Menschen, insbesondere Frauen die wenig oder gar nicht
versicherungspfl ichtig berufstätig waren.Das individuelle
Altersbild entsteht aus einer Vermischung von Wünschen, Vorbildern,
Eindrücken und vorhandenen Möglichkeiten.
Das Bild vom (eigenen) Alter birgt eine facettenreiche Palette
unterschied-
lichster Vorstellungen, Mög-lichkeiten und Wünsche.
Menschen mit Handicap haben wie alle genau-
so unterschiedliche Voraussetzungen und Erfahrungen, auf deren
Grundlage das eigene Altersbild entsteht. Sich selbst im Alter zu
sehen, altern zu sehen,
fällt vielen Men-schen schwer, unabhängig vom Lebensal-ter oder
einer
diagnostizierten Behinderung.
Auffällig in der Werkstatt ist, dass Men-schen mit Handicap ihr
eigenes Alter und die damit verbundenen Äußerlich-keiten viel
weniger kritisch betrach-ten. Das sogenannte gesellschaftliche
Altersbild und die Werbung mit ihren „Silveragern“ hat hier
offensichtlich weniger Einfl uss. Kollegen ohne Handicap gehen viel
kritischer mit dem Thema Alter um. Insbesondere das eigene Alter
wird überwiegend problembelastet wahrge-nommen.Unabhängig von Alter
und Behinderung haben Menschen eine Vorstellung vom Alter oder eben
nicht. Jeder kennt alte oder ältere Menschen, die in der
sub-jektiven Wahrnehmung nicht zwangs-läufi g alt sind.
Wahrgenommenes Alter wird nicht nur durch eine gelebte Anzahl an
Jahren defi niert, sondern von Faktoren wie Mimik, Gestik,
Bewegungsmuster, Lebenseinstellung, Gewohnheiten, Selbstgefühl,
eigener Lebenswirklichkeit im Verhältnis zur Umwelt beeinfl
usst.
Katharina, 42 J., MmH ist vor kurzem von zu Hause ausgezogen,
erobert sich ihren ersten eigenen Lebensraum im Rahmen einer
Wohn-stätte. Das bedeutet für sie Freiheit, Aufbruch, sich
ausprobieren wie ein Teenager. Alter ist nur eine Zahl, völlig
nebensächlich, und so hat sie nun einen 21 jährigen Freund, der
sich in einer ähnlichen Lebensphase, nämlich im Teenageralter befi
ndet. Was uns das gesellschaftliche Altersbild vermittelt, spielt
hier überhaupt keine Rolle.
Konventionen, traditionelle Rollenbil-der, Erwartungen der
Umwelt – alles zweitrangig. Beide leben das was ihrem derzeitig
gefühlten Alter entspricht.In meinem eigenen Altersbild gibt es
Menschen mit wehenden Haaren und Kleidern die barfuß auf einer
Wiese stehen und fl ießende Bewegungen ausführen genauso wie
Menschen in beigefarbenen Popelinejacken mit Betonfrisuren. Ohne
Konkurrenz – nebeneinander sich freundlich betrach-tend – mit oder
ohne diagnostizierte Behinderung.
Christiane Kurka
Altersbilder ...
Christiane Kurka ist Sozialpädagogin
im Begleitenden Dienst
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... von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit und ohne
Handicap:
Gabi, 51 Jahre, Mitarbeiterin mit Handicap (MmH): „Ich fühle
mich nicht so alt, ich könnte so bleiben, fühle mich wohl.“
Manuela, 43 Jahre, MmH: „Im Schaukelstuhl sitzen, Kaffee trinken
und Socken stricken, das möchte ich. Heutzutage ist nicht mehr so
viel Geld da, manche Rentner müssen noch arbeiten.“
Daniel, 27 Jahre, Mitarbeiter ohne Handicap (MoH): „Schön auf
den Kanaren sein… wo es angefangen hat soll es auch aufhören. Ich
möchte immer etwas um die Ohren haben.“
Reinhard, 60 Jahre, MmH: „Weiß ich nicht wie das ist.“
Gabi, 54 Jahre, MoH: „Altersbild? Ein neues Wort? Ich stelle mir
alte Leutchen auf einer Bank vor, Gesichter. Nicht mich.“
Ingrid, 49 Jahre, MmH: „Wenn ich 56 bin dann höre ich auf zu
arbeiten, habe schön viel Zeit. Ich möchte fi t bleiben.“
Hans-Werner, 64 Jahre, MmH: „Immer im Haus rumliegen ist auch
nicht gut, dann lieber arbeiten. Man wird tüdeliger.“
Karin, 65 Jahre, MmH: „Dann hab ich nichts mehr zu tun, nur die
Spülmaschine ausräumen. Dann möchte ich ausschlafen, Kaffee trinken
gehen. Man sieht erholt aus, hat keinen Stress mehr.“
Jan, 45 Jahre, MoH: „Ich habe von mir ein anderes Bild als das
was ich bei meinen Eltern sehe. Die großen Themen des Alters sind
gesundheitliche Einschränkun-gen, Beziehungen zu Kindern und zum
Partner.
Jasper, 23 Jahre, MmH: „Alter? Weiß ich nicht.“
Gabi, 54 J., MmH: „Man ist so jung wie man sich fühlt. Die Seele
ist doch sowieso un-sterblich. Manchmal würde ich gern in der
Sandkiste sein und spielen.“
Holger, 68 Jahre, MmH: „Keine Ahnung!“
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Magdalena MaibaumMitarbeiterin in der
Tagesgruppe für Senioren der Stormarner Werkstätten
Bad Oldesloe
Frau Maibaum, können Sie einen kurzen Überblick zur Arbeit in
der Tagesgruppe für Senioren geben? Welche Angebote sind hier
speziell auf das Alter bezo-gen?Hier in der Tagesgruppe für
Senioren geht es vor allem um die Begleitung während des
Alterungsprozesses im Kon-text Arbeitsleben. Die Besucher unserer
Gruppe waren aufgrund des steigenden Alters und den damit
verbundenen Begleiterscheinungen mit den Abläufen bzw. dem
Arbeitsprozess in den Arbeits-gruppen überfordert, aus diesem Grund
sind sie in die Gruppe gewechselt.Unsere Hauptaufgaben sind es, die
vorhandenen sozialen Kontakte hier zu erhalten und die Suche nach
neuen Kon-takten zu unterstützen. Wir konzentrie-ren uns darauf
vorhandene Ressourcen zu fördern und zu stärken, die Mobilität so
lange wie möglich zu erhalten. Für uns ist aber auch wichtig, das
vorhan-dene Potential zu erkennen und auch Lernanstöße zu geben.
Lernen hört im Alter nicht auf.Wir machen sehr viel biographische
Ar-beit. Wir sprechen über alte Zeiten, wie z.B. über Schauspieler,
alte Musik und schauen uns auch dazu Filme an. Oft sprechen
Kolleginnen und Kollegen mit Handicap auch über ihre Jugend- und
Kinderzeit.
Um die Eigenständigkeit der Gruppen-teilnehmerinnen und
-teilnehmer zu erhalten üben wir sehr viel im lebens-praktischen
Bereich. Dazu gehört z.B. Backen, Kochen, Putzen aber auch die
selbständige Körperpfl ege.Ab und zu unternehmen wir gemeinsam mit
der Gruppe kleine Ausfl üge und Spaziergänge. Die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer sollen ihre Umwelt wahrneh-men – aber auch sie
sollen wahrgenom-men werden. Damit seien nur ein paar von vielen
Angeboten genannt.
Welche Veränderungen erkennen Sie bei den Menschen, gerade in
Bezug auf den fortschreitenden Alterungsprozess?Das ist
unterschiedlich, die Konzentrati-onsfähigkeit und die Ausdauer
nehmen stark ab. Die Kolleginnen und Kollegen passen sich nach
einem Wechsel sehr schnell an das langsamere Tempo in der Gruppe an
und benötigen Ruhephasen in kürzeren Zeitabständen.Oft steigt das
Aufmerksamkeitsbedürf-nis im Zusammenhang mit sinkenden geistigen
Aufnahmeleistungen. Hier ist verstärkt Zuwendung wichtig. Die
Kolleginnen und Kollegen merken, ob sie wahrgenommen werden.Ganz
deutlich bemerkbar macht sich auch der steigende Bedarf im Bereich
Körperhygiene. Hier nimmt die Selbst-ständigkeit mit
fortschreitendem Alter stark ab.
Welche Verbindungen gibt es zum Arbeitsbereich und wo sind
Unter-schiede zu erkennen?Viele der Kolleginnen und Kollegen mit
Handicap wollen nach dem Wechsel in die Gruppe noch arbeiten. Dies
geschieht aber ohne Leistungsdruck. Als Medium nutzen wir Aufträge
aus den verschie-denen Arbeitsbereichen und bearbei-ten hiervon
Teilaufgaben oder kleine Mengen. Das Leistungsniveau orientiert
sich an den individuellen Fähigkeiten der Teilnehmerinnen und
Teilnehmer. Als Ausgleich dienen längere Ruhephasen oder Angebote,
die ich zuvor genannt habe. Arbeit ist in der Gruppe allerdings nur
eines von vielen Medien. Andere habe ich bereits im Vorfeld
benannt.
Welche Herausforderungen begegnen Ihnen täglich in Ihrer
Arbeit?Es ist immer wichtig, sich selber gut zu strukturieren, um
den Bedürfnissen aller Klienten gerecht zu werden, dabei aber immer
kreativ, fl exibel und spontan zu bleiben.Ich muss die Menschen
immer genau beobachten, um einschätzen zu können, wie viel
Begleitung sie tatsächlich be-nötigen. Ihre Selbständigkeit
verändert sich altersbedingt manchmal rapide. Es ist wichtig so
viel Selbständigkeit wie möglich zu erhalten und so viel
Unter-stützung wie nötig bereitzustellen.
Selbstständigkeit im Alter?Interview mit Frau Magdalena
Maibaum
Tagesgruppe für Senioren der Stormarner Werkstätten
Bad Oldesloe
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Mehr als Geldverdienen – Nie zu alt für die Werkstatt!
Neben den verschiedenen Aspekten des Alterns in der Werkstatt
wird uns immer häufi ger die Frage gestellt:„Ich bin schon älter,
kann ich noch in die Werkstatt aufgenommen werden?“In die
Informationsgespräche mit Interessierten kommen zunehmend ältere
Menschen, die erst im Verlauf ihres Berufslebens durch Krankheit,
Unfall, Belastungen oder Arbeits-marktbedingungen behindert wurden
und werden. Es kommen Menschen nach Burn-out oder mit
schwerwie-genden Unfallfolgen, nach längerer Krankheitsgeschichte
oder vielen kurzzeitigen Beschäftigungen. Einige waren auf dem
allgemeinen Arbeits-markt sehr erfolgreich, andere haben es trotz
schwieriger Bedingungen vorher immer irgendwie geschafft – und
plötzlich geht nichts mehr.
An dieser Stelle setzt dann ein Ab-schieds- und Trauerprozeß
ein: „Ich schaff es nicht mehr.“ Oder „Ich kann so nicht
weitermachen.“ Oder „ Jetzt gibt es keine passende Arbeit mehr für
mich auf dem allgemeinen Arbeits-markt.“ Oder „Ich bin nun
behindert.“Es folgt, neben den Behördengängen, eine Phase des
Überlegens: „Was will ich in Zukunft machen?“, „ Arbeit oder
Rente?“, „Was bringt es mir zu arbeiten?“
Nicht unerwähnt bleiben sollen Be-rührungsängste. In vielen
Köpfen gibt es ein veraltetes Bild von Werkstätten für behinderte
Menschen. So mancher Besucher ist überrascht: hier wird tatsächlich
gearbeitet, wenn auch im persönlichen Tempo und mit allerlei
individuell angepassten Hilfsmitteln. Es werden Vorprodukte und
Produkte für bekannte Industrieunternehmen hergestellt,
Dienstleistungsunterneh-men mit Teilarbeiten unterstützt, für
Handelsunternehmen Verpackungs-arbeiten geleistet, handwerkliche
Leistungen für Privatkunden erbracht und Eigenprodukte wie z.B.
Honig oder Laptoptaschen hergestellt. Es ist ein beruhigend gutes
Gefühl, daran mitzu-arbeiten.
Wer dann zum Informationsgespräch kommt, hat sich für Arbeit
entschie-den. Dazu passen Aussagen wie. „Ich brau-che was zu tun.“
„Ich will nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen.“ Dahinter steckt
die Erkenntnis, dass Arbeit:• einen Tag einteilt• auch Begegnung
mit anderen
Menschen bedeutet• mich vor geistige Herausforderun-
gen stellt• Anlass bietet fi t zu bleiben• Abwechselung bringt•
Stolz macht, auf das, was man
schafft• Lohn und spätere Rente bringt• Spaß machen kann• meine
Fähigkeiten zeigt und erhält.
Der Gesetzgeber nennt das „das Recht auf Teilhabe am
Arbeitsleben“.Dabei geht es um das persönliche Recht arbeiten zu
dürfen bis zur Alters-rente. Einige unserer Mitarbeiter haben sehr
darum gekämpft, eben deshalb, weil Arbeit mehr ist als
Geldverdienen.
Petra Sippel, Dipl. Sozialpädagogin begleit. Dienst
in Elmenhorst/ Werkstatt 4,Werkstatt für psychisch behinderte
Menschen
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Früher gab es in vielen großen Firmen Arbeitsplätze für ältere
und behinderte Mitarbeiter z.B. fi rmeninterne Postzu-stellung,
Lagertätigkeiten, Telefonzen-tralen, Pförtnerdienste. Durch
Ratio-nalisierungen und Outsourcing fi elen diese Tätigkeiten
zunehmend weg.
Im gesellschaftlichen Diskurs hat es einen Paradigmenwechsel
gegeben. Während vor 15 bis 20 Jahren ältere Arbeitnehmer als zu
teuer galten und eine frühe Verrentung und der Vor-ruhestand als
Steuerungsmöglichkeit gegen Arbeitslosigkeit galten, wird
inzwischen auf politischer Ebene für eine Beschäftigung älterer
Fach-kräfte geworben. Unternehmen sollen gesellschaftlich
vorhandene Ressourcen besser nutzen.
Es sind vor allem sehr gut ausgebildete Fachkräfte gemeint,
deren Fachwissen genutzt werden soll. Menschen mit geringer Qualifi
zierung, gebrochenen Berufsbiographien, großen Lücken in der
Berufstätigkeit, Migrationsge-schichte werden nicht umworben, für
sie verstärkt sich ein Ausgrenzungspro-zess.
So wird auch der gesamtgesellschaft-liche Prozess weiterhin dazu
führen, dass ältere Menschen bei uns anfra-gen, ob sie in die
Werkstatt kommen können. Ältere behinderte Arbeitnehmer sind in
Deutschland ein relativ „neues“ Problem.
Durch die in der Zeit des Nationalso-zialismus in Deutschland
radikale Vernichtung behinderter Menschen, gab es jahrzehntelang
nur eine beson-dere „Sorte“ Behinderter: die durch Krieg oder
Unfälle und Erkrankungen Behinderten. Die inzwischen höhere
Lebenserwartung aller Menschen durch eine gute medizinische
Versorgung hat auch für die Werkstätten die neue Herausforderung
des Arbeitens behin-derter Menschen bis zur Rente mit sich
gebracht.
Petra Sippel
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Das haben wir geschafft!Interview mit Karin Kolzer und Rosi
Goerke
Wann sind Sie in die Tagesgruppe für Senioren
gewechselt?Karin:Ich weiß nicht mehr, wann das war. (Anm.: Frühjahr
2010)Rosi: Kann mich auch nicht mehr erinnern. (Anm.: Herbst
2009)
In welchem Arbeitsbereich haben Sie vorher gearbeitet?Karin: Ich
war in der Besteckgruppe. Rosi war in der Honiggruppe.Rosi:(Anm.:
nickt und stimmt dem zu.)
Warum haben Sie in die Tagesgruppe für Senioren
gewechselt?Karin: In der Gruppe war es zu laut, die Arbeit und der
Stress war zu viel. Für Rosi war das auch so.
Sie arbeiten ja nun schon viele Jahre in den Stormarnern
Werkstätten Bad Oldesloe und gehen ja übermorgen beide in den
Ruhestand. Wie hat sich bei Ihnen das steigende Alter bemerk-bar
gemacht?Karin: Ich komme schneller aus der Puste und kann nicht
mehr so schwere Sachen heben. Das machen jetzt andere. Die Männer
müssen ran! Der Stress wurde auch mehr und ich bin nicht mehr
hinterher gekommen. Die Augen bei mir sind noch gut, aber Rosi kann
nicht mehr so gut sehen und auch nicht mehr so schwer heben.Rosi:
Lächelt und nickt.
Was ist anders in der Tagesgruppe für Senioren im Vergleich zur
Honig-gruppe?Karin: Hier ist es ruhiger und der Stress hier ist
auch weniger. Morgens trinken wir hier unseren Kaffee zur Stärkung,
dann lesen wir Zeitung. Danach arbeiten wir, aber nicht mehr so
viel wie früher.
Übermorgen haben Sie Ihren letzten Arbeitstag. Was möchten sie
den Kol-leginnen und Kollegen in der Werkstatt sagen?Karin: Sie
sollen immer fl eißig sein und sich untereinander vertragen!Rosi:
lacht
Was haben Sie beide für sich in Zukunft geplant?Karin: Wir
wohnen ja zusammen. Wir können dann lange ausschlafen und immer mal
spazieren gehen, aber nicht zu weit. Manchmal fahren wir auch mit
der Wohnstätte weg.
Das Interview führte Falko Wildgrube.
Karin Kolzer (links) und Rosi Goerke sind die ersten
Rentnerinnen, die die Werkstatt als „Altersrentner“ verlassen
haben!
Falko WildgrubeAbteilungsleiter
Werkstatt 4
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Leserbrief zum Thema: Erfahrungen mit Inklusionvon Peter Bock,
Behindertenbeauftragter Kreis Stormarn
Zunächst halte ich ein Wort, das so viele Defi
nitionsmöglichkeiten bietet (mindestens 7) für wenig geeignet eine
so wichtige Botschaft zu transportieren.Ein Thema, wie es die
Aufforderung an die Gesellschaft zur Ein-beziehung von Menschen mit
Handicap in a l l e Lebensbereiche ist, muss klar und für jeden
verständlich ausgedrückt werden, um auch das Verständnis für deren
Lebenssituation, in den Köpfen und Herzen aller Bürger gedeihen zu
lassen. Es kommt mit diesem Wort immer wieder zu folgenschweren
Missverständnissen, hier nur einige Beispiele aus meiner täglichen
Praxis:Ein Journalist erklärt mir, dass er nicht will, dass seine
Kinder mit geistig behinderten Kindern beschult werden sollen, eine
KITA-Leiterin erklärt auf die Frage, ob die Inklusion schon in
zarten Versuchen gelebt wird: „Ja natürlich, wir haben schon zwei
auffällige Kinder …”Ein anderer Diskussionsteilnehmer meint, er
sehe überhaupt keinen Handlungsbedarf für eine Veränderung, es
beschwert sich doch keiner usw. Für mich ist die Sachlage ganz
einfach: Wenn Menschen mit Handicap nirgendwo ausgeschlossen werden
– in allen Lebensbe-reichen der Gesellschaft – muss es auch keine
(zumeist halbher-zigen) Versuche geben, sie wieder
einzubeziehen.Für mich haben bisher die Macher von Filmen wie
„Ziemlich beste Freunde“ oder des Fernsehfi lms „Inklusion“ mehr
Ver-dienste in der Vermittlung dieses Themas an die so genannten
„Normalos“ erworben, als alle Politiker zusammen. Durch die
Darstellung einer gefühl- und humorvollen Geschichte einer
Freundschaft wuchs in der nicht behinderten Bevölkerung das
Mitgefühl und das Verständnis für die Schwierigkeiten von Menschen
mit den unterschiedlichen Handicaps.Leider war die fi nanzielle
Ausstattung des Betroffenen im Kinofi lm nun aber ganz weit von den
Einkünften der Mehrheit der betroffenen Menschen in Stormarn
entfernt und so hat ein hiesiger WtbM-Beschäftigter weit mehr
Schwierigkeiten, nicht sich Luxus zu leisten, sondern sich nur eine
ganz normale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu verwirklichen.
Die in der UN-Behindertenkonvention genannten Ansprüche sind in
vielen Fällen bisher nicht realisiert. Es wird daher von allen
Behindertenbeauftragten in Stormarn und in vielen anderen Kreisen
in Schleswig-Holstein gegenüber der Politik weiter auf die
Aufstellung von Aktionsplänen und deren Umsetzung gedrängt
werden.Trotzdem bin ich optimistisch, dass bei ausdauerndem
Verhalten aller Betroffenen und „Unterstützer“ schon bald
erhebliche Verbesserungen in vielen Lebensbereichen zu er zielen
sind.In diesem Sinn wünsche ich allen Beschäftigten der Stormarner
Werkstätten eine schöne Advents- und Weihnachtszeit und schon jetzt
ein tolles Jahr 2014.
Liebe GrüßePeter Bock
Nachlese ...
von Peter Bock, Behindertenbeauftragter Kreis Stormarn
Zunächst halte ich ein Wort, das so viele Defi
nitionsmöglichkeiten bietet (mindestens 7) für wenig geeignet eine
so wichtige Botschaft
Ein Thema, wie es die Aufforderung an die Gesellschaft zur
Ein-beziehung von Menschen mit Handicap in a l l e Lebensbereiche
ist, muss klar und für jeden verständlich ausgedrückt werden, um
auch das Verständnis für deren Lebenssituation, in den Köpfen
und
Missverständnissen, hier nur einige Beispiele aus meiner
täglichen
Ein Journalist erklärt mir, dass er nicht will, dass seine
Kinder mit geistig behinderten Kindern beschult werden sollen, eine
KITA-Leiterin erklärt auf die Frage, ob die Inklusion schon in
zarten
keinen Handlungsbedarf für eine Veränderung, es beschwert
sich
Handicap nirgendwo ausgeschlossen werden – in allen
Lebensbe-reichen der Gesellschaft – muss es auch keine (zumeist
halbher-
dienste in der Vermittlung dieses Themas an die so genannten
der betroffenen Menschen in Stormarn entfernt und so hat ein
Bericht aus dem Stormarner Tageblatt
vom 20.11.2013
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Kurz & Gut
IMPRESSUM
KontaktStormarner Werkstätten Bad OldesloeRögen 56–58 | 23843
Bad Oldesloe www.stormarner-werkstaetten-bad-oldesloe.de
Redaktion Stephan Bruns und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Gestaltung www.conrat.org
Fotos Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe;Fotolia.com
Dezember 2013
Fußballturnier Am 31.08.2013 fuhren unsere Kicker mit ihrem
Coach, Cherno Kah zum zwei-ten Spielverlauf der Punkterunde nach
Norderstedt. Die Stimmung war wie immer gut und der Wille zum Sieg
war da. Auf dem Turnier traten 11 Mann-schaften aus verschiedenen
Einrichtun-gen gegeneinander an. Am Ende des Tunieres reichte es
für einen respektablen fünften Platz, was mit einem Pokal belohnt
wurde.
Neun neue Montagehelfer Am 18. Oktober 2013 erhielten die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen einer kleinen Feierstunde
ihre Zertifi kate. Im Vorwege absolvierten die neun Mitarbeiter mit
Handicap über 12 Monate eine hausinterne Ausbildung mit sieben
Unterrichtsfächern: Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsrecht,
Arbeitssicherheit, Fachkunde, Qualitätssicherung, Sozial-kunde,
Werkzeugkunde. Am Ende der Ausbildung stand eine zweitägige
Prüfung, in der das Erlernte abgefragt und überprüft
wurde.Glückwunsch an alle!
Von links: Stephan Knorr, Martin Schönberger, Christian Lebens,
Steven Burmeister, Christian Schacht, Peter Haarländer. Auf dem
Foto fehlen: Maike Hassenklöver, Stephan Paschen, Frank
Bienefeld
Wahl des WerkstattratesAm 07.11.13 wurde im Haupthaus Rögen
56/58 und in der Abteilung Werkstatt 4, jeweils ein neue Werk
stattrat gewählt.Im Rögen 56/58 wurden Dagmar Ehret, Sina Jessen
und Steven Burmeister gewählt. Den Vorsitz wird hier Frau Ehret
übernehmen. In Werkstatt 4 wurden Jasmin Wagner, Susanne Schacht
und Kim Arnold in die Interessenvertretung gewählt. Den Vorsitz
übernimmt hier Herr Arnold.
hinten stehend: Dagmar Ehret, Steven Burmester und Kim Arnold
vorne sitzend: Susanne Schacht, Sina Jessen und Jasmin Wagner