Aus der Anästhesiologischen Klinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c. J. Schüttler Untersuchung zur Qualitätssicherung des intraoperativen Recurrensmonitorings bei operativen Eingriffen an der Schilddrüse Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegt von Christina Saalfrank-Schardt aus Münchberg
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Aus der Anästhesiologischen Klinik Direktor ... - OPUS 4 · 6.2 Parese des Nervus laryngeus recurrens 43 6.2.1 Pareseraten innerhalb der Studiengruppen 43 6.2.2 Pareseraten in Abhängigkeit
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Aus der Anästhesiologischen Klinik
der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c. J. Schüttler
Untersuchung zur Qualitätssicherung des intraoperativen
Recurrensmonitorings bei operativen Eingriffen an der Schilddrüse
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde
der Medizinischen Fakultät
der
Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
vorgelegt von
Christina Saalfrank-Schardt
aus Münchberg
Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität
3. Grundlagen 6 3.1 Das Organ Schilddrüse 6 3.1.1 Geschichte der Schilddrüsenchirurgie 6 3.1.2 Anatomie von Schilddrüse und Kehlkopf 8 3.2 Die Schilddrüsenoperation 11 3.2.1 Operationsindikation 11 3.2.2 Operativer Zugang 12 3.2.3 Resektionsverfahren 13 3.3 Recurrensmonitoring 15
4. Fragestellung und Zielsetzung 20
5. Patienten und Methoden 21 5.1 Patienten 21 5.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien 21 5.1.2 Retrospektive Hauptgruppeneinteilung 21 5.2 Narkoseeinleitung und Narkoseaufrechterhaltung 22 5.3 Präoperative Vorbereitungen 24 5.4 Chirurgisches Vorgehen 24 5.5 Durchführung des IRM 25 5.6 Postoperativer Verlauf 26 5.6.1 Versorgung im Aufwachraum 26 5.6.2 Postoperatives HNO-Konsil 26
5.7 Material und Geräte 27 5.7.1 Die Tubusoberflächenelektrode 27 5.7.2 Der Xomed®-Tubus 30 5.7.3 IRM / Neurosign® 100 32 5.8 Definitionen 33 5.8.1 Definition der Recurrensparese 33 5.8.2 Der Bodymass-Index 33 5.8.3 Der Cormack-Lehane-Score 34 5.8.4 Muskelrelaxantien 34 5.9 Datenauswertung, Datenerfassung und Statistik 35 5.9.1 Auswertung der HNO-Befunde gemäß dem Score von Chilla 35 5.9.2 Statistik 37
6. Ergebnisse 38 6.1 Beschreibende Statistik 38 6.1.1 Patientenkollektiv 38 6.1.2 Alter und Geschlecht des Gesamtkollektivs 39 6.1.3 Gruppenbildung aus dem Gesamtkollektiv 40 6.1.4 Demographische Daten der Studiengruppen 41 6.1.5 Postoperative Diagnosen und Resektionsverfahren 42 6.2 Parese des Nervus laryngeus recurrens 43 6.2.1 Pareseraten innerhalb der Studiengruppen 43 6.2.2 Pareseraten in Abhängigkeit vom Einsatz verschiedener Muskelrelaxantien 47 6.2.3 Pareseraten in Abhängigkeit von Resektionsverfahren und postoperativen
Diagnosen 48 6.2.4 Pareseraten in Abhängigkeit von demographischen Merkmalen 49 6.3 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich 52 6.3.1 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich innerhalb der
Studiengruppen 53 6.3.2 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich in Abhängigkeit von
der Tubuskategorie 55 6.3.3 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich in Abhängigkeit von
demographischen Merkmalen 56 6.3.4 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich in Abhängigkeit vom
Cormack-Lehane-Score 57
7. Diskussion 58 7.1 Recurrensparese 58 7.1.1 Recurrensparese im Gesamtkollektiv 59 7.1.2 Anästhesie- und monitoringbedingte Einflüsse auf die Pareserate 61 7.1.3 Chirurgisch und demographisch bedingte Einflüsse auf die Pareserate 65
7.2 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich 67 7.2.1 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich innerhalb des
Gesamtkollektivs 68 7.2.2 Einflüsse der Tubusart auf die Schwere der postoperativen Veränderungen /
Läsionen im Kehlkopfbereich 72
8. Anhang 74 8.1 Der ASA-Score 74
9. Literaturverzeichnis 75
10. Abkürzungsverzeichnis 86
11. Abbildungsverzeichnis 89
12. Tabellenverzeichnis 89
13. Danksagung 91
14. Lebenslauf 92
1
1. Zusammenfassung 1.1 Zusammenfassung
1.1.1 Hintergrund und Ziele
Intraoperatives Recurrensmonitoring (IRM) ist ein Standardverfahren zur
Überwachung des Nervus laryngeus recurrens und trägt zur Senkung der
Pareserate bei. Ziel dieser Arbeit war der retrospektive Vergleich der Rate an
Recurrensparesen und Läsionen im Kehlkopfbereich beim intraoperativen
Reccurrensmonitoring mittels separater Magstim®-Oberflächenelektrode und
Xomed®-Tubus, sowie die Untersuchung von Faktoren, die ein erfolgreiches
und nebenwirkungsarmes Neuromonitoring beeinflussen könnten.
1.1.2 Patienten und Methoden
In eine retrospektiven Analyse konnten die Daten von 188 Patienten
eingeschlossen werden, die sich einer Schilddrüsenoperation unterziehen
mussten. Alle Patienten waren sowohl präoperativ als auch postoperativ zur
Erhebung eines morphologischen und funktionellen Stimmbandbefundes
einer laryngoskopischen und stroboskopischen Kontrolle durch einen HNO-
Arzt unterzogen worden. Aus diesen Befunden wurden die Rate der
postoperativen Recurrensparesen und das Auftreten von postoperativen
Kehlkopfveränderungen nach Chilla ermittelt und mit dem durchgeführten
Recurrensmonitoring korreliert.
1.1.3 Ergebnisse
Die Rate an postoperativen Recurrensparesen betrug im Gesamtkollektiv der
vorliegenden Arbeit 2,74% bezogen auf 329 gefährdete Nerven (NAR:
„Nerves at risk“), ohne dass anästhesiologische oder operative
Risikofaktoren statistisch signifikant abzugrenzen waren. Die Wahl der
Tubusgröße hatte keinen Einfluss auf die postoperative
Recurrenspareserate. Beide Elektrodensysteme waren vergleichbar
zuverlässig. Mehr als 95% aller Nerves at risk konnten detektiert werden. Der
Xomed®-Tubus war jedoch im Vergleich zur separaten Magstim®-
Tubusoberflächenelektrode signifikant häufiger mit keinen bis lediglich
Da die Tubusgrösse im Regelfall durch den Innendurchmesser angegeben
wird, in unserer Studie jedoch der Aussendurchmesser von Interesse ist,
wurden die Tuben nach ihrem Aussendurchmesser in 5 Gruppen eingeteilt:
Tubusgrösse 1: 8,4 mm OD Tubusgrösse 2: 8,8 mm OD + 8,9 mm OD Tubusgrösse 3: 9,7 mm OD Tubusgrösse 4: 10,2 mm OD Tubusgrösse 5: 11,0 mm OD + 11,3 mm OD
32
5.7.3 IRM / Neurosign® 100
Das intraoperative Monitoring des Nervus laryngeus recurrens wurde mit
Hilfe des 2-Kanal-EMG-Nervenmonitors Neurosign® 100 (Fa. Magstim Ltd.,
Carmartheshire, UK; Vertrieb Inomed GmbH, 79331 Teningen) mit
integriertem Stimulator zur direkten Nervenstimulation durchgeführt (Abb. 8).
Abb. 8: Neurosign® 100
Die Reizintensität der konzentrischen, bipolaren Stimulationssonde (Fa.
Inomed, Teningen) kann zwischen 0,05 mA bis 5 mA variiert werden
(35)(Abb. 8-a), die Impulsfrequenz kann auf 3 oder 30 Hz eingestellt werden
(Abb. 8-b); die Impulsbreite beträgt 200 µs. Das von den Kehlkopfmuskeln
abgeleitete Summenaktionspotential wird am Nervenmonitor über ein
Balkendisplay (20 mV – 30 mV) (Abb. 8-c) für jede Seite optisch dargestellt;
zudem ermöglichen akustische Signale den Operateuren die Überprüfung
der Reizantwort ohne den Blick vom Operationsfeld abwenden zu müssen.
c
c
a b
33
5.8 Definitionen
5.8.1 Definition der Recurrensparese
Als Recurrensparese wurden in dieser Studie Stimmlippenfunktions-
störungen bewertet, die in der postoperativen HNO-Kontrolle definitiv als
„Recurrensparese“ bezeichnet wurden. Wie in zahlreichen Vergleichsstudien
reichten diese von Minderbeweglichkeiten der Stimmlippen bis hin zum
vollständigen Stimmlippenstillstand.
Da in der vorliegenden Arbeit nur die erste postoperative HNO-Kontrolle des
1. bis 5. postoperativen Tages vorlag, konnten ausschließlich Aussagen über
primäre Recurrensparesen getroffen werden. Eine Unterscheidung zwischen
passageren / temporären (Restitutio ad Integrum innerhalb der ersten 6
Monate nach OP) und permanenten Recurrensparesen konnte aufgrund
fehlender Nachuntersuchungen nicht getroffen werden.
5.8.2 Der Bodymass-Index
Der Bodymass-Index (Körpermassenindex) ist eine allgemein anerkannte
Maßzahl für die Bewertung der Körpermasse eines Menschen. Er wird wie
folgt berechnet:
BMI = Körpergewicht [kg] / (Körpergröße [m])²
Zur Beurteilung des BMI wurde von der „World Health Organisation“ (WHO)
eine Gewichtsklassifikation für Erwachsene erstellt (Tab. 5):
Adipositas Grad I 30 – 35 Adipositas Grad II 35 – 40 Adipositas Grad III ≥ 40
Adipositas ≥ 30
Tab. 5: Gewichtsklassifikation bei Erwachsenen anhand des BMI (nach WHO, Stand 2008)
34
5.8.3 Der Cormack-Lehane-Score
Der Cormack-Lehane-Score ist eine Gradeinteilung zur Beurteilung der
Intubationsbedingungen, die bei der direkten Laryngoskopie erhoben wird
(Tab. 6). Bei Grad III und Grad IV ist mit einer schwierigen Intubation zu
rechnen.
Grad I Larynxeingang vollständig sichtbar Grad II Nur hinterer Anteil des Larynxeingangs sichtbar Grad III Nur Epiglottis sichtbar Grad IV Nur weicher Gaumen sichtbar
Tab. 6: Gradeinteilung des Cormack-Lehane-Scores
5.8.4 Muskelrelaxantien
Da die verschiedenen Muskelrelaxantien, die in unserer Studie verwendet
worden waren, unterschiedliche Anschlagszeiten und Wirkdauer aufweisen
(Tab. 7), wurde im Rahmen der Studie untersucht, ob sich Unterschiede
bezüglich der Anzahl und Schwere der postoperativen Kehlkopf-
veränderungen / Läsionen in Abhängigkeit vom Muskelrelaxans ergaben.
5.9.1 Auswertung der HNO-Befunde gemäß dem Score von Chilla
Die Befunde, die in den postoperativen HNO-Untersuchungen lupen-
laryngoskopisch, stroboskopisch und durch Stimmanalyse erhoben worden
waren, wurden nach einem Punktesystem von Chilla et al. (10) bewertet, das
in der Literatur als Score für Kehlkopfveränderungen allgemein anerkannt ist
(63,9).
Die Punktevergabe erfolgte gemäß dem Score nach Chilla et al. (10)
eskalierend nach
- der Schwere der organischen Schäden innerhalb
und außerhalb des Glottisbereiches (Tab. 8-a+b), sowie
- Störungen der Stimmbandfunktion (Tab. 8-c) und
- Pathologien des Stimmbefundes (Tab. 8-d)
Organische Veränderungen innerhalb des Glottisbereichs
Leicht Leichtes Ödem der Stellknorpelschleimhaut 2 Punkte Stimmbandödem und Stimmbandrötung 2 Punkte Schwer Stimmbandulzera und –granulome 16 Punkte Ulzera im Bereich der hinteren Kommissur 16 Punkte Ulzera im Bereich der vorderen Kommissur 36 Punkte Deutliche Stimmband- und Stellknorpelhämatome 16 Punkte Lumeneinengendes „Stellknorpelödem“ 16 Punkte Luxation oder Subluxation im Krikoarytänoidgelenk 36 Punkte
Tab. 8a: Organische Veränderungen innerhalb des Glottisbereichs [modifiziert nach (10)]
Organische Veränderungen außerhalb des Glottisbereichs
Leicht Kleine Hämatome 1 Punkt Kleine Schleimhauterosionen 1 Punkt Rötung und ödematöse Auflockerung der Schleimhaut 1 Punkt
Schwer Große Hämatome außerhalb des Glottisbereiches mit Schleimhauterosionen und Ödembildung
10 Punkte
Ulzera am Zungengrund, an der Epiglottis und im Trachealbereich (ebenso Granulome)
16 Punkte
Tab. 8b: Organische Veränderungen ausserhalb des Glottisbereichs [modifiziert nach (10)]
36
Störungen der Stimmbandfunktion
Leicht Geringe Bewegungseinschränkung eines Stimmbandes 1 Punkt
Geringer phoniatrischer Restspalt (bzw. auch deutliches „hinteres Dreieck“) bei mehreren Frequenzen oder wechselnder Restspalt, der nicht bei allen Frequenzen vorhanden ist
1 Punkt
Geringe oder wechselnde Schwingungsanomalien 1 Punkt
Mittelgradig Deutliche Bewegungseinschränkung (Ab- und Adduktion) eines Stimmbandes
3 Punkte
Deutlicher phonatorischer Restspalt bei mehreren Frequenzen (den größeren Teil der Glottis einnehmend)
3 Punkte
Randkantenverschiebung eines Stimmbandes aufgehoben
3 Punkte
Ständige, deutliche Schwingungseinschränkungen oder –anomalien der Stimmbänder (Amplitudenverkürzung, ungleichmäßige, ungleichzeitige und „durchschlagende“ Schwingungen
jeweils 3 Punkte
Schwer Phonatorischer Stillstand eines Stimmbandes 16 Punkte
Stillstand eines Stimmbandes in Paramedian- oder Intermediärstellung
36 Punkte
Tab. 8c: Störungen der Stimmbandfunktion [modifiziert nach (10)]
Stimmbefund
Tonhaltedauer um mehr als 20 % eingeschränkt 1 Punkt Sprechtonlage um mehr als 2 Töne verändert 2 Punkte Leichte Veränderungen des Stimmklanges 1 Punkt Deutliche Veränderungen des Stimmklanges
(deutliche Dysphonie und Aphonie) 4 Punkte
Tab. 8d: Stimmbefund [modifiziert nach (10)]
Die Patienten wurden nach Chilla et al. (10) entsprechend der Gesamt-
punktzahl, die sich aus den morphologischen und stimmlichen
Veränderungen ergeben hatte, in fünf Gruppen eingeteilt (Tab. 9):
Gruppe
Punkte
Ausmaß der Schädigung
I 0 Kein Schaden II 1-2 Geringer Schaden III 3-15 Leichter Schaden IV 16-35 Mittelgradiger Schaden V > 36 Schwerer Schaden
Tab. 9: Gruppeneinteilung nach Chilla [modifiziert nach (10)]
37
Bei der Erstellung des Scores hatten Chilla et al. darauf geachtet, dass „die
Addition mehrerer leichter funktioneller und organischer Schäden nicht einen
mittelgradigen oder sogar schweren Schaden ergeben konnte.“ (10)
Allerdings hatten sie „schwere Schäden sehr hoch bewertet, um so eine
unmittelbare Einordnung in die Gruppen IV und V zu erreichen.“(10)
Dies erklärt die nicht-linear eskalierende Punktezuordnung zu den
Pathologien in den Tabellen 8 a-d.
Spätere Nachsorgeuntersuchungen, die nach kontrollbedürftigen Befunden in
der ersten postoperativen HNO-Diagnostik vorgenommen worden waren,
konnten nicht in die vorliegende Arbeit einbezogen werden, da diese
Untersuchungen meist im niedergelassenen Bereich stattgefunden hatten,
und die Ergebnisse daher nicht vorlagen.
5.9.2 Statistik
Die aus den HNO-Untersuchungen und aus den Narkoseprotokollen
erhobenen Daten wurden mit Hilfe des Statistikprogramms „Statistica® 6.0“
(StatSoft, Inc. [2001]; STATISTICA für Windows, Tulsa, OK; USA)
ausgewertet. Die Daten wurden zunächst auf Normalverteilung untersucht
und anschließend je nach Fragestellung und Subgruppenanalyse mittels t-
Test, MWU-Test bzw. mit dem Kruskal-Wallis-Test (mehrfaktorieller ANOVA-
Test) verglichen.
Die Ergebnisse sind als Median (1. – 3. Quartile) dargestellt, als
Signifikanzniveau wurde p < 0,05 angenommen. (* = p < 0,05).
Normalverteilte Daten wurden als Mittelwert und Standardabweichung
angegeben.
38
6. Ergebnisse 6.1 Beschreibende Statistik
6.1.1 Patientenkollektiv
Im Rahmen unserer Studie wurden retrospektiv die anonymisierten
Datensätze von 236 Patienten untersucht, die sich zwischen November 2001
und August 2008 einer Schilddrüsenoperation am Universitätsklinikum
Erlangen unterzogen hatten. Davon konnten 188 vollständige Datensätze mit
prä- und postoperativer HNO-Untersuchung ausgewertet werden (Abb. 9).
48 Patientendatensätze mussten aus folgenden Gründen von der
Auswertung ausgeschlossen werden:
In 27 Fällen lagen fehlende oder unvollständige Unterlagen vor. Desweiteren
wurden 15 Patientendatensätze ausgeschlossen, die fälschlicherweise unter
der Rubrik „Schilddrüsenoperation“ gelistet waren, sich jedoch anderen
Eingriffen im Halsbereich unterziehen mussten. Wegen vorbestehender
Recurrensparesen wurden insgesamt 5 Patientendatensätze aus-
geschlossen. Eine Patientin konnte aufgrund starken Würgereizes nicht
HNO-ärztlich untersucht werden und wurde daher ausgeschlossen (Abb. 9).
39
Abb. 9: Übersicht über das Patientenkollektiv
¹ Die Patientin musste aufgrund von Intubationsschwierigkeiten mit einer Larynxmaske versorgt werden, so dass ein Recurrensmonitoring nicht möglich war
6.1.2 Alter und Geschlecht des Gesamtkollektivs
Bei den untersuchten Patienten handelte es sich um 188 erwachsene
Patienten (140 Frauen und 48 Männer), deren Alter zum Zeitpunkt der
Operation zwischen 20 und 81 Jahren betrug. Der Altersdurchschnitt lag bei
51 Jahren (Standardabweichung 14,5). Im Gesamtkollektiv zeigte das Alter
eine Normalverteilung.
236 gesichtete
Patientenakten
329 Nerves at risk
(NAR)
48 Patientenakten ausgeschlossen
27 fehlende /
unvoll-ständige
Patienten-akten
15 andere
Eingriffe
5 vorbe-
stehende Re-
currens-paresen
1 nicht
durch-führbare
post-operative
HNO- Kontrolle (starker
Würgereiz)
11 Tracheo-tomien
2 Ösophagus-
eingriffe
1 Isthmus-resektion ohne IRM
9 Laryngeal
nerve injury (LRNI)
188 Patientenakten eingeschlossen
314 intakte Nerven
6 nicht
beurteilbare Nerven
1 Schilddrüsen
-eingriff ohne IRM ¹
40
6.1.3 Gruppenbildung aus dem Gesamtkollektiv
Die eingeschlossenen 188 Datensätze der Patienten wurden je nach Art des
durchgeführten Recurrensmonitorings (Tubusoberflächenelektrode vs.
Xomed®-Tubus), sowie nach der Art der Narkoseeinleitung (Intubation mit
oder ohne Muskelrelaxans) retrospektiv in 3 Hauptgruppen eingeteilt:
- TOR (Tubusoberflächenelektrode + Relaxans)
- TOO (Tubusoberflächenelektrode ohne Relaxans)
- Xomed (Xomed®-Tubus mit Relaxans)
Die erste Gruppe (TOR) von 57 Patienten hatte im Rahmen der
Schilddrüsenoperation einen Tubus mit aufgeklebter Tubusoberflächen-
elektrode erhalten und war im normalen OP-Betrieb nach den Standard-
Operating-Procedures (SOP) der Anästhesiologischen Klinik der Universität
Erlangen-Nürnberg eingeleitet worden. Die Patienten dieser Gruppe erhielten
ein Muskelrelaxans zur Intubation. Die Gruppe bestand aus 38 Frauen und
19 Männern im Alter von 21 bis 81 Jahren mit einem ASA-Score von I bis III.
Die zweite Gruppe von Patienten (TOO), war ebenfalls gemäß der SOP
eingeleitet, aber ohne Einsatz eines Muskelrelaxans intubiert worden, um
eine sofortige Lage- und Funktionskontrolle der Tubusoberflächenelektrode
zu ermöglichen. Sie umfasste 70 Patienten; davon 63 Frauen und 7 Männer
zwischen 20 und 80 Jahren, die einem ASA-Score von I bis III zugeordnet
worden waren.
Die dritte Gruppe (Xomed) umfasste 61 Patienten, davon 39 Frauen und 22
Männer zwischen 24 und 79 Jahren. Auch sie waren nach SOP eingeleitet
worden und hatten ein Muskelrelaxans zur ITN erhalten. Zum
Neuromonitoring waren sie mit dem Xomed®-Tubus intubiert worden, der ab
Februar 2008 die Tubusoberflächenelektrode an der Anästhesiologischen
Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg vollständig abgelöst hatte.
41
6.1.4 Demographische Daten der Studiengruppen
Die demographischen Daten der 188 untersuchten Patienten sind in Tabelle
10 dargestellt. Die drei Gruppen unterscheiden sich hinsichtlich Alter,
Gewicht, Größe BMI, OP-Dauer und Anästhesiedauer nicht signifikant
voneinander. In der TOO-Studiengruppe war der Anteil von Frauen
signifikant größer, als in den beiden anderen Gruppen TOR und Xomed.
Tab. 12: Verteilung der Resektionsverfahren innerhalb der einzelnen Gruppen n = Patientenzahl ¹ Eine Halsexploration, eine Isthmusresektion mit einseitiger Knotenexploration und eine Thymomresektion
43
6.2 Parese des Nervus laryngeus recurrens
6.2.1 Pareseraten innerhalb der Studiengruppen
In Tabelle 13 werden die Pareseraten des Nervus laryngeus recurrens
bezogen auf die Anzahl der Patienten in den verschiedenen Gruppen
dargestellt. Dabei wird unterschieden zwischen definitiv keinem post-
operativen Nervenschaden, gesicherter ein- oder beidseitiger Parese und
nicht sicher beurteilbaren Befunden, bei nicht eindeutigem HNO-
Kontrollbefund (Tab. 17 und 18).
Hinsichtlich des temporären oder dauerhaften Charakters einer Parese kann
in dieser Studie keine Aussage getroffen werden, da in der Regel nur die
erste postoperative HNO-Kontrolle am Haus durchgeführt wurde und keine
Verlaufsbefunde vorlagen. Aus diesem Grund werden die Recurrensparesen
in dieser Arbeit als „Laryngeal nerve injury (LRNI)“ bzw. „primärer
Nervenschaden“ bezeichnet.
Gesamt- Gruppe (n = 188)
TOR-
Gruppe (n = 57)
TOO-
Gruppe (n = 70)
Xomed-Gruppe (n = 61)
Kein Nerven-schaden
178 (94,68%)
55 (96,49%)
66 (94,29%)
57 (93,44%)
LRNI ¹ gesamt davon
7 (3,72%)
2 (3,51%)
2 (2,86%)
3 (4,92%)
einseitiger Schaden
5 (2,66%)
1 (1,75%)
2 (2,86%)
2 (3,28%)
beidseitiger Schaden
2 (1,06%)
1 (1,75%)
0 (0,00%)
1 (1,64%)
nicht sicher beurteilbarer Befund
3 (1,60%)
0 (0,00%)
2 (2,86%)
1 (1,64)
Tab. 13: Nervenschäden innerhalb der Studiengruppen bezogen auf die Patientenzahl = n
¹ LRNI: „Laryngeal nerve Injury“
Um eine sinnvolle Beurteilung hinsichtlich der Anzahl der verletzten Nerven
zu ermöglichen, ist das Konzept des „Nerve at risk“ (NAR) eingeführt worden.
Dieses Konzept beschreibt die Zahl der intraoperativ gefährdeten Nerven.
So sind beispielsweise bei einer Thyreoidektomie beide Nerven gefährdet
(NAR = 2), während bei einem einseitigen Eingriff, wie z.B. einer
44
Hemithyreoidektomie, nur ein Nerv gefährdet ist (NAR = 1). Im Gesamt-
kollektiv ergab sich dabei eine Anzahl von 329 gefährdeten Nerven. In sieben
Fällen konnten die „nerves at risk“ aufgrund verschiedener Ursachen (Tab.
14) mittels IRM nicht vollständig stimuliert werden, so dass von den
insgesamt 329 NAR nur bei 319 Nerven ein intraoperatives EMG-Signal
abgeleitet werden konnte. Dies entspricht einer Identifikationsrate von 97% in
der Gesamtgruppe durch das Recurrensmonitoring.
Gruppe
NAR¹
Stimulierte Nerven
Grund für
unvollständige Stimulation
Postoperativer Nervenschaden
(LRNI²)
Fall 1 TOR 2 1
rechter NLR stark verschwielt, so dass IRM
nur links ableitbar nein
Fall 2 TOR 2 0 Elektrodendislokation nein
Fall 3 TOR 2 1
rechter NLR von Knoten umfasst, so dass IRM nur
links ableitbar nein
Fall 4 TOO 2 1
IRM links negativ aufgrund straffen
Berryl`schen Ligaments nein
Fall 5 Xomed 2 0 unbekannt nein
Fall 6 Xomed 2 1
rechter NLR stark verschwielt, so dass IRM
nur links ableitbar nein
Fall 7 Xomed 2 0 IRM bds. negativ wg.
Kabeldefekt Recurrensparese
links
Tab. 14: Ursachen fehlender Stimulationsantwort des intraoperativen Recurrensmonitorings in sieben Fällen ¹ NAR = Nerve at risk ² LRNI = Laryngeal nerve injury
TOR-
Gruppe NAR¹ = 102
TOO-
Gruppe NAR¹ = 122
Xomed- Gruppe
NAR¹ = 105
Separate Tubusoberflächenelektrode
NAR¹ = 224
Integrierte
Tubuselektrode NAR¹ = 105
Identifizierbare Nerven 98 121 100
Nicht-identifizierbare Nerven 4 1 5
Tab. 15: Nervenidentifikation innerhalb der Studiengruppen ¹ NAR = Nerve at risk
45
Betrachtet man die mithilfe IRM identifizierbaren Nerven innerhalb der
Gruppen mit separater Oberflächenelektrode (TOR und TOO) und die der
Xomed-Gruppe, bei der die Elektrode in den Tubus integriert war (Tab. 15),
so ergeben sich die in Tabelle 16 dargestellten Nervenidentifikationsraten.
Zwischen beiden Gruppen waren die Nervenidentifikationsraten vergleichbar.
Ableittechnik
Rate der mittels IRM stimulierten Nerven
Separate Tubusoberflächenelektrode
97,76 %
Integrierte Tubuselektrode
95,24 %
Tab. 16: Nervenidentifikationsraten bei IRM mit separater bzw. integrierter Tubusoberflächen- elektrode
In der folgenden Tabelle (Tab. 17) wird die absolute Anzahl der verletzten
Nerven (LRNI = „laryngeal nerve injury“) bezogen auf die bei der OP
gefährdeten Nerven (NAR = „nerves at risk“) der einzelnen Gruppen
dargestellt. Bei den insgesamt drei Patienten, bei denen in der
postoperativen Kontrolle die Stimmlippenfunktion nicht sicher zu beurteilen
war (Tab. 18), waren intraoperativ jeweils beide Recurrensnerven gefährdet,
so dass sich die Anzahl der nicht beurteilbaren Nervenfunktionen auf
insgesamt sechs beläuft (Tab.17).
Gesamt- Gruppe NAR¹ =
329
TOR-
Gruppe NAR¹ =
102
TOO-
Gruppe NAR¹ =
122
Xomed- Gruppe NAR¹ =
105
Kein Nervenschaden
314 (95,44%)
99 (97,06%)
116 (95,08%)
99 (94,29%
LRNI² gesamt
9 (2,74%)
3 (2,94%)
2 (1,64%)
4 (3,81%)
nicht sicher beurteilbarer Befund
6 (1,82%) - 4
(3,28%) 2
(1,90%)
Tab. 17: Nervenschäden innerhalb der Studiengruppen bezogen auf NAR ¹ NAR = Nerve at risk ² LRNI = Laryngeal nerve injury
46
NAR¹
Geschlecht
Alter
Grund für
unzureichende Beurteilbarkeit in der postoperativen HNO-Kontrolle
Fall 1 2 m 72 supraglottisches Hämatom mit massivem Larynxödem
Fall 2 2 w 51 grosse Intubationsgranulome
Fall 3 2 w 51 Schweres Kehlkopftrauma mit massivem Stimmlippenhämatom
Tab. 18: Gründe für unzureichende Beurteilbarkeit der Recurrensfunktion in der postoperativen Kontrolle ¹ NAR = Nerve at risk
Schließt man die nicht sicher beurteilbaren Befunde aus, so ergeben sich
folgende Raten an postoperativen Schädigungen (Tab.19):
Gesamt- gruppe NAR¹ =
323
TOR-
Gruppe NAR¹ =
102
TOO-
Gruppe NAR¹ =
118
Xomed- Gruppe NAR¹ =
103 Kein Nervenschaden
314 (97,21%)
99 (97,06%)
116 (98,31%)
99 (96,12%)
LRNI²
9 (2,79%)
3 (2,94%)
2 (1,69%)
4 (3,88%)
Tab. 19: Nervenschäden nach Ausschluss der „nicht sicher beurteilbaren“ Befunde
Tab. 21: Nervenschäden in der Gruppe der an benignen Schilddrüsenerkrankungen leidenden und in der Gruppe der an Malignomen und Rezidiven leidenden Patienten ¹ NAR = Nerve at risk ² n = Patientenzahl ³ LRNI = Laryngeal nerve injury
Acht der neun postoperativ geschädigten Nerven traten in der Gruppe der
Patienten auf, die an einer Struma multinodosa operiert worden waren. Ein
Nervenschaden findet sich in der Gruppe der Resektionen bei Morbus
Basedow. Sowohl in der Gruppe der Karzinome, als auch in der Gruppe der
Rezidivstrumen traten in unserem Patientenkollektiv keine postoperativen
Recurrensparesen auf.
Auch in Abhängigkeit vom Resektionsverfahren ergaben sich in unserem
Gesamtkollektiv keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Recurrens-
pareserate.
49
Zur Auswertung des Zusammenhangs zwischen der Dauer des operativen
Eingriffes und der Pareserate wurde die Operationsdauer gemäß OP-
Protokoll mit der Inzidenz von Paresen korreliert.
Die mittlere OP-Dauer aller Eingriffe betrug 117,5 Minuten. Der kürzeste
Eingriff erfolgte in 39 Minuten, der längste dauerte 256 Minuten.
Die meisten Eingriffe dauerten zwischen 90 und 180 Minuten. In dieser
Gruppe traten die meisten Schäden auf.
Es ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede bezüglich der
Recurrenspareseraten in Abhängigkeit von der Operationsdauer.
6.2.4 Pareseraten in Abhängigkeit von demographischen
Merkmalen
In der Gesamtgruppe (n = 188) befanden sich 25,53% Männer (n = 48) und
74,47% Frauen (n = 140). Eine Subgruppenanalyse zeigte dass die Inzidenz
von Recurrensparesen zwischen männlichen und weiblichen Patienten
vergleichbar war (Tab. 22).
Männlich NAR¹ = 87
weiblich
NAR¹ = 242
LRNI² 4 (4,60%)
5 (2,07%)
Kein Nervenschaden 81 (93,10%)
233 (96,28%)
nicht sicher beurteilbarer Befund
2 (2,30%)
4 (1,65%)
Tab. 22: Nervenschäden in Abhängigkeit vom Geschlecht
BMI (kg/m²): 26,0 ± 5,5 25,3 ± 4,0 26,6 ± 5,6 ASA-Klassifikation: I II III
17 (30,9%) 32 (58,2%)
6 (10,9%)
20 (29,4%) 45 (66,2%) 3 (4,4%)
17 (29,3%) 35 (60,3%)
6 (10,3%)
Tab. 25: Demographische Daten der Studiengruppen zur Auswertung der postoperativen Kehlkopf- veränderungen bzw. –läsionen, * = p < 0,05
¹ zur Auswertung der Recurrenspareseraten ² mit postoperativer Recurrensparese ³ zur Auswertung der postoperativen Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich
53
6.3.1 Postoperative Veränderungen / Läsionen im
Kehlkopfbereich innerhalb der Studiengruppen
Abbildung 10 zeigt die Schwere der postoperativen Veränderungen bzw.
Läsionen im Kehlkopfbereich des Gesamtkollektivs (n = 181) ohne Patienten
mit postoperativer Recurrensparese.
Schweregrad 1-5 der Veränderungen im Kehlkopfbereich
Abb. 10: Übersicht über die postoperativen Veränderungen bzw. Läsionen im Kehlkopfbereich in der Gesamtgruppe¹
¹ Patienten ohne postoperative Recurrensparese
Die y-Achse zeigt dabei die Patientenzahl n; auf der x-Achse sind die
postoperativen Veränderungen bzw. Läsionen im Kehlkopfbereich als
Balkendiagramm dargestellt. Der Prozentsatz bezieht sich auf den Anteil von
n = 181 Fällen; die Ziffern 1 bis 5 geben den Schweregrad der
Veränderungen bzw. Läsionen im Kehlkopfbereich an:
1 = keine Veränderungen
2 = geringe Veränderungen
3 = leichter Schaden
4 = mittelgradiger Schaden
5 = schwerer Schaden
Anz
ahl d
er P
atie
nten
[n]
54
Fasst man die Fälle fehlender und geringstgradiger Veränderungen, sowie
die klinisch relevanten Fälle von leichten und mittelgradigen Läsionen
gegenüber schweren Schäden zusammen (Tab. 26), zeigt sich, dass in der
Xomed-Gruppe signifikant mehr Patienten keine bis höchstens
geringstgradige Veränderungen aufweisen, als in den Gruppen mit
aufgeklebter Larynxoberflächenelektrode (TOR und TOO).
Keine signifikanten Unterschiede ergaben sich im Vergleich der drei Gruppen
hinsichtlich schwerer Kehlkopfschäden.
TOR-Gruppe
TOO-Gruppe
Xomed-Gruppe
Keine bzw. geringst- gradige Veränderungen
16,36 % 17,65 % 39,66 % *
Leichte bis mittel- gradige Läsionen
83,64 % 79,41 % 58,62 %
Schwere Schäden
0,00 % 2,94 % 1,72 %
Tab. 26: Übersicht über die postoperativen Veränderungen bzw. Läsionen im Kehlkopfbereich (zusammengefasst nach klinischer Relevanz) innerhalb der Studiengruppen , * =p < 0,05
In der Gruppe TOO, die ohne Muskelrelaxans intubiert wurde, traten sowohl
die leicht- bis mittelgradigen Schäden, als auch die schweren Schäden nicht
signifikant häufiger auf, als in der TOR-Gruppe, die mit Muskelrelaxation
intubiert worden war.
55
6.3.2 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich
in Abhängigkeit von der Tubuskategorie
Tabelle 27 gibt eine Übersicht über die Tubuskategorien (eingeteilt nach
Tubusaussendurchmesser) innerhalb der untersuchten Gruppen.
Tubusgrösse 1: 8,4 mm OD Tubusgrösse 2: 8,8 mm OD + 8,9 mm OD Tubusgrösse 3: 9,7 mm OD Tubusgrösse 4: 10,2 mm OD Tubusgrösse 5: 11,0 mm OD + 11,3 mm OD
Tubusgrösse
TOR
n = 55
TOO
n = 68
Xomed n = 58
Tubusgrösse 1 - 5 (7,35%) -
Tubusgrösse 2 6 (10,91%)
12 (17,65%)
28 (48,28%)
Tubusgrösse 3 36 (65,45%)
47 (69,12%) -
Tubusgrösse 4 4 (7,27%) - 28
(48,28%)
Tubusgrösse 5 9 (16,36%)
4 (5,88%)
2 (3,45%)
Tab. 27: Verteilung der Tubuskategorien innerhalb der 3 Gruppen (TOR/TOO/Xomed)
Die Tabellen 28 und 28a zeigen die postoperativen Veränderungen bzw.
Läsionen im Kehlkopfbereich in Abhängigkeit von der Tubuskategorie.
Tubusgrösse
1 n = 5
Tubusgrösse
2 n = 46
Tubusgrösse
3 n = 83
Tubusgrösse
4 n = 32
Tubusgrösse
5 n = 15
I kein Schaden
1 (20,00%)
11 (23,91%)
6 (7,23%)
5 (15,63%)
1 (6,67%)
II geringer Schaden
1 (20,00%)
5 (10,87%)
8 (9,64%)
5 (15,63%)
1 (6,67%)
III leichter Schaden
3 (60,00%)
28 (60,87%)
65 (78,31%)
20 (62,50%)
12 (80,00%)
IV mittlerer Schaden
- 1 (2,17%)
3 (3,61%)
2 (6,25%) -
V schwerer Schaden
- 1 (2,17%)
1 (1,20%) - 1
(6,67%)
Tab. 28: Postoperative Veränderungen im Kehlkopfbereich in Abhängigkeit von der Tubuskategorie
56
Tubusgrösse
1 n = 5
Tubusgrösse
2 n = 46
Tubusgrösse
3 n = 83
Tubusgrösse
4 n = 32
Tubusgrösse
5 n = 15
Keine bzw. geringst- gradige Schäden
2 (40,00%)
16 (34,78%)
14 (16,87%)
10 (31,25%)
2 (13,33%)
Leichte bis mittel- gradige Schäden
3 (60,00%)
29 (63,04%)
68 (81,93%)
22 (68,75%)
12 (80,00%)
Schwere Schäden
- 1 (2,17%)
1 (1,20%) - 1
(6,67%)
Tab. 28a: Postoperative Veränderungen bzw. Läsionen im Kehlkopfbereich in Abhängigkeit von der Tubuskategorie (zusammengefasst nach klinischer Relevanz) Tubusgrösse 1: 8,4 mm OD Tubusgrösse 2: 8,8 mm OD + 8,9 mm OD Tubusgrösse 3: 9,7 mm OD Tubusgrösse 4: 10,2 mm OD Tubusgrösse 5: 11,0 mm OD + 11,3 mm OD
Hinsichtlich der Tubusgrösse konnten bei der statistischen Auswertung keine
signifikanten Unterschiede in Bezug auf die postoperativen Veränderungen /
Läsionen im Kehlkopfbereich festgestellt werden.
6.3.3 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich
in Abhängigkeit von demographischen Merkmalen
Hinsichtlich der Merkmale Alter und postoperativer Veränderungen /
Läsionen im Kehlkopfbereich konnte kein signifikanter statistischer
Zusammenhang festgestellt werden.
Ebenfalls kein signifikanter Zusammenhang bestand in unserer Studie
zwischen dem Bodymass-Index und postoperativen Veränderungen /
Läsionen im Kehlkopfbereich.
57
6.3.4 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich
in Abhängigkeit vom Cormack-Lehane-Score
Da mit steigendem Cormack-Lehane-Score eine zunehmend schwierige
Intubation zu erwarten ist, die möglicherweise das Risiko von
Intubationsschäden erhöht, wurde der Zusammenhang zwischen Cormack-
Lehane-Score und postoperativen Veränderungen / Läsionen im Kehlkopf-
bereich getestet.
Ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Cormack-Lehane-
Score und postoperativen Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich
konnte in unserem Studienkollektiv nicht festgestellt werden.
58
7. Diskussion 7.1 Recurrensparese
Die Verletzung des Nervus laryngeus recurrens stellt nach wie vor eine
gefürchtete Komplikation nach Schilddrüsenoperationen dar (55). Die
Angaben der Literatur zur Häufigkeit permanenter Recurrensparesen nach
Schilddrüsenoperation schwanken zwischen 0,5 und 2%, sofern der Nerv
intraoperativ identifiziert werden konnte; ohne Nervendarstellung werden
bleibende Pareseraten bis zu 9% beschrieben (37,67). Passagere
Recurrensparesen, die sich innerhalb der ersten sechs Monate nach
Schilddrüsenoperation zurückbilden, werden sogar noch häufiger angegeben
(24). Besonders bei Operationen an Schilddrüsenkarzinomen oder Rezidiv-
strumen steigt die Rate an temporären Paresen bis auf 20% (20).
Verschiedene Studien konnten in der Vergangenheit aufzeigen, dass mit
Einführung des Recurrensmonitorings die Identifikationsraten des NLR
stiegen und einen konsekutiven Abfall der Pareseraten nach sich zogen
(24,49,39,44). Da Schilddrüsenresektionen mit über 120.000 Eingriffen pro
Jahr (87) zu den am häufigsten elektiv durchgeführten Operationen in
Deutschland gehören, wird der Stellenwert eines zuverlässigen
Recurrensmonitorings zur Vermeidung von Nervenschäden deutlich.
Einfluss auf die Anzahl der postoperativen Paresen haben sowohl patienten-
bzw. organbedingte, aber auch operationsbedingte Faktoren. 1984 konnten
Hermann und Kollegen (26) die Hauptfaktoren herausarbeiten, die das
Auftreten von Recurrensschädigungen begünstigen:
Den ersten großen Einflussfaktor stellt die Struma selbst dar. Hier spielen vor
allem die Größe des Befundes, seine Lokalisation, sowie seine Ausdehnung
eine wichtige Rolle. Von weiter Bedeutung ist die verbleibende Restfunktion
des erkrankten Organs.
Ein weiterer entscheidender Einflussfaktor ist die Operationstechnik. Das
Ausmaß der Resektion, die Art der Ligatur der A. thyreoidea inferior, sowie
die Darstellung oder Nicht-Darstellung des Nervus laryngeus inferior im
Operations-Situs können die Zahl der postoperativen Recurrensparesen
beeinflussen. Auch der Ausbildungsstand des Operateurs zählt zu den
Einflussfaktoren. Als patientenbedingte Faktoren sind Alter und Geschlecht
59
von Bedeutung.
Die genannten Einflussfaktoren auf die Pareseraten des N. laryngeus
recurrens, die eher dem Gebiet der chirurgischen Versorgung zugehören,
wurden bisher in zahlreichen Arbeiten kontrovers diskutiert
Welchen Einfluss die Anästhesie, sowie die Art und Durchführung des
Recurrensmonitorings auf das Auftreten von Recurrenspareseraten hat, wird
seit der Entwicklung verschiedener elektromyographischer Ableitsysteme
ebenfalls kontrovers diskutiert.
7.1.1 Recurrensparese im Gesamtkollektiv
Im Gesamtkollektiv von 188 Patienten wurde bei sieben Patienten (3,72%)
eine postoperative Recurrensparese beobachtet. Fünf Patienten hatten dabei
einen einseitigen Nervenschaden erlitten; in zwei Fällen waren beide
Recurrensnerven betroffen. Bezogen auf die Anzahl der operierten
Schilddrüsenlappen und damit 329 Nerves at risk ergab sich eine
Recurrenspareserate von 2,74%. Im Vergleich mit den Zahlen der Literatur
ist die in der vorliegenden Untersuchung erhobene Pareserate als im
niedrigen Erwartungsbereich liegend anzusehen:
Hermann und Kollegen ermittelten 1991 in einer Studie (26) mit 12768
Nerves at risk eine Pareserate von 3,2%, eine ebenfalls sehr umfangreiche
Arbeit mit 6264 Nerves at risk von Bay und Kollegen (3) erbrachte eine
Pareserate von 3,1%. Mit 1,8% ermittelten Horch und Kollegen 1989 eine
niedrigere Pareserate bei 749 gefährdeten Nerven (31). Allerdings existieren
auch neuere Arbeiten, wie z.B. die Untersuchung von Steigerwald (19) aus
dem Jahr 1994, in der deutlich höhere Pareseraten (7,2% bei 706 NAR)
gefunden wurden.
Nicht immer entsteht die Recurrensparese durch eine vollständige
Durchtrennung des Nervus laryngeus recurrens. Häufiger sind intraoperative
Schädigungen durch Zug und Druck auf den Nerv. Weiterhin ist der Nerv
durch Quetschungen, Ligaturen, Klemmen, Hitzeschädigung durch
Thermokoagulation und postoperativ durch Hämatome, Ödeme und narbige
Verziehungen gefährdet (88,19). In diesen Fällen bilden sich viele der
60
primären Paresen innerhalb der ersten 6 Monate zurück (5) und man spricht
von einer temporären Recurrensparese.
Wie auch in Untersuchungen von Bay (3), Horch (31), Hermann (26) oder
Steigerwald (19), konnten in dieser Arbeit temporäre und permanente
Recurrensparesen nicht differenziert werden. In der vorliegenden Studie
wurde in der Regel nur die erste postoperative HNO-Kontrolle während des
stationären Aufenthalts durchgeführt. Somit konnte aus Mangel an späteren
Kontrollbefunden keine Aussage über den weiteren Verlauf der Paresen
getroffen werden. Daher werden die Recurrensparesen unter dem Begriff
„Laryngeal nerve injury“ (LRNI) subsummiert. Als LRNI wurden alle
postoperativen Veränderungen der Stimmbandbeweglichkeit bis zum totalen
Stimmlippenstillstand zusammengefasst.
In Studien, in denen zwischen temporären und permanenten Nervenschäden
unterschieden wurde, waren deutlich höhere Raten an transienten Paresen
als an permanenten Nervenschädigungen zu verzeichnen:
So lag die Rate an transienten Recurrensparesen bei 1834 gefährdeten
Nerven 1995 bei Miller und Kollegen (59) bei 2,3%; die bleibenden
Nervenschädigungen betrugen 0,9%. Ähnliche Zahlen ermittelten Zoll und
Kollegen (19) 1996 bei 2111 Nerves at risk. In ihrer Studie lag die temporäre
Pareserate bei 2,2%, die permanente nur bei 0,5%. Wentrup und Kollegen
(89) ermittelten in einer größeren Studie im Jahre 1999 mit 3258 gefährdeten
Nerven eine Rate von 2,8% transienten Paresen und lediglich 0,5%
dauerhaften Paresen. Zahlreiche kleinere und neuere Studien
(27,37,48,19,85,36) zeigen ähnliche Ergebnisse.
Daher ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon
auszugehen, dass die in der vorliegenden Untersuchung gefundene Rate
von 2,74% LRNI sich ebenfalls sowohl aus temporären als auch aus
permanenten Schäden zusammensetzt.
61
7.1.2 Anästhesie- und monitoringbedingte Einflüsse auf die
Pareserate
Generell kann das Neuromonitoring nur verlässlich durchgeführt werden,
wenn die Muskelrelaxation hinreichend abgeklungen ist, da nur dann ein
elektromyographisches Signal als Reizantwort erfasst werden kann. Das der
vorliegenden Untersuchung zugrunde liegende System zur Qualitäts-
sicherung des Recurrensmonitorings beinhaltet einen präoperativen
transcutanen Testreiz nach Ausschluss einer Restrelaxation durch das zur
Intubation applizierte Muskelrelaxans. Dabei wird der Kontakt der Ableit-
elektrode mit beiden Stimmbändern überprüft. Die Intubation ohne Relaxans
ermöglicht dagegen die sofortige Kontrolle der korrekten EMG-Elektroden-
lage.
Das Gesamtkollektiv wurde retrospektiv in drei Hauptgruppen (TOR-, TOO-
und Xomed-Gruppe) unterteilt, die unterschiedliche Monitoring- bzw.
Relaxans-Regime repräsentieren.
Zum einen wurde die Gruppe von Patienten, die standardmässig ein
Muskelrelaxans zur Intubation erhalten hatte (TOR- und Xomed-Gruppe),
den Patienten gegenübergestellt, die ohne Muskelrelaxans intubiert worden
waren (TOO-Gruppe). Die Pareserate der Patienten, die mit Muskelrelaxans
intubiert worden waren (TOR-Gruppe und Xomed-Gruppe) betrug 2,94%,
während die Patienten, die ohne Muskelrelaxans intubiert worden waren
(TOO-Gruppe) eine Pareserate von 1,64% zeigten. Es bestand hinsichtlich
der Recurrenspareserate kein statistisch signifikanter Unterschied (2 LRNI
von 122 NAR in der Gruppe ohne Relaxans; 7 LRNI von 207 NAR in der
Gruppe mit Muskelrelaxans). Trotz appliziertem Muskelrelaxans war die
präoperative transcutane Testreiz bei allen Patienten des Gesamtkollektivs
möglich, so dass zum Zeitpunkt der Präparation im OP-Gebiet von einem
funktionsfähigem Monitoringsystem mit abgeklungener Relaxanswirkung
ausgegangen werden konnte. Wir fanden in unserer Studie keine
signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Auftretens von postoperativen
Veränderungen und Läsionen des Kehlkopfs zwischen den beiden Gruppen.
In der Literatur finden sich jedoch Hinweise darauf, dass nach Intubation
ohne Muskelrelaxans Kehlkopfschäden wie Stimmbandhämatome oder
postoperative Stimmveränderungen häufiger auftreten können (58). Diese
62
Daten beziehen sich allerdings auf Patienten, die sich einer
Routineintubation ohne intraoperatives Recurrensmonitoring unterzogen
hatten und andere Einleitungsregime aus Hypnotikum und Relaxans erhalten
hatten. Somit können in ihrem Fall Kehlkopfschäden ausgeschlossen
werden, die möglicherweise durch das wiederholte Anschlagen der
Stimmbänder an den Tubus während des Monitorings hervorgerufen werden,
wie es bei unserem Kollektiv vorstellbar wäre. Ob die Kehlkopfver-
änderungen durch dieses Anschlagen in beiden Gruppen unserer Studie
mögliche Schäden überlagern, die sonst nur durch den Intubationsvorgang
selbst auftreten könnten, müsste durch weitere Untersuchungen geklärt
werden.
Hinsichtlich der Art der elektromyographischen Ableitung konnten
Hemmerling und Kollegen bereits in den Jahren 2000 und 2001 in
verschiedenen Arbeiten (24,23,22) zeigen, dass die nicht-invasive
Tubusoberflächenelektrode im Vergleich zu den bis dato haupsächlich in
Deutschland verwendeten invasiven Nadelstichelektroden eine ebenso
zuverlässige Methode darstellt, um den N. laryngeus intraoperativ zu
überwachen (23). In ihren Studien ermittelten sie passagere Pareseraten von
2% bis 4%, sowie permanenente Recurrenspareseraten (RPR) zwischen 0%
und 0,6% für die nicht-invasive Tubusoberflächenelektrode. Diese
Pareseraten liegen im Rahmen der in der Literatur ermittelten Pareseraten
für Nadelstichelektroden: Jatzko und Kollegen (37) beschreiben bei 797
gefährdeten Nerven eine temporäre Pareserate von 3,6% und 0,5%
permanente Lähmungen; Herranz-Gonzales und Mitarbeiter (27) berichten
von 4,4% passageren Recurrenslähmungen und 2,3% dauerhaften Schäden
bei 513 Nerves at risk.
Eine weitere Fragestellung der vorliegenden Arbeit war der Vergleich des
Xomed®-Tubus mit der Magstim®-Tubusoberflächenelektrode hinsichtlich
der Zuverlässigkeit der Nervenidentifikation.
Verschiedene publizierte Vergleichsstudien konnten in der Vergangenheit
bereits aufzeigen, dass die mit Einführung des Recurrensmonitorings
einhergehenden Identifikationsraten des NLR einen konsekutiven Abfall der
Pareseraten nach sich zogen (83). In einem historischen Vergleich zwischen
Patienten des Würzburger Krankengutes, die sich zwischen 1992 und 1997
63
einer Schilddrüsenoperation unterzogen hatten, und den Patienten einer
multizentrischen Studie zum Neuromonitoring zeigte sich, dass bereits mit
der Einführung der optischen Identifikation des Nerven 1992
(Identifikationsrate 70%) die RPR bei benignen Erkrankungen und Erst-
eingriffen von 4,1% auf 2% gesenkt werden konnte.
Durch die Verwendung des Neuromonitorings seit 1997 erhöhte sich die
Nervenidentifikationsrate auf 99,5% und die Recurrenspareserate fiel weiter
bis auf 1,7% (83).
Die Daten der Studie zur Qualitätssicherung der benignen und malignen
Struma der Ostdeutschen Arbeitsgruppe Qualitätssicherung und
Leistungserfassung in der Chirurgie zeigten niedrigere Recurrenspareseraten
bei Nervenidentifikation mithilfe IRM als bei alleiniger optischer Identifizierung
des Nerven (83).
Auch andere Studien zeigen bei hohen Identifikationraten des Nerven
vergleichsweise niedrige Recurrenspareseraten bei Einsatz des
Neuromonitorings (24,39,44).
Diese Zahlen lassen vermuten, dass eine hohe Nervenidentifikationsrate
erheblich zur Senkung der Recurrenspareseraten beiträgt.
In neueren Studien, in denen das Recurrensmonitoring mithilfe von invasiven
Nadelstichelektroden durchgeführt wurde, erreichten Jonas und Kollegen
Nervenidentifikationsraten zwischen 97,4% und 99,2% (39,40). Bei
Verwendung von separaten Tubusoberflächenelektroden berichten die
Arbeitsgruppen um Sirinvasan und Hemmerling unabhängig sogar von
Identifikationsraten von 100% (24,79).
Es bleibt in den erwähnten Arbeiten teilweise unklar, in wie weit die
Nervenidentifikation auch rein optisch ohne Nervenmonitoring möglich
gewesen wäre, bzw. ob ein Anteil der Nerven im Falle eines Versagens des
IRM ohne Recurrensmonitoring dargestellt wurde. Aus diesem Grund ist die
„Identifikationsrate“ immer eine sich überlagernde Größe aus optischer und
technischer Identifikation des Nervs.
Hemmerling et al. (24) konnten im Jahr 2000 darstellen, dass gerade bei
schwierigen Eingriffen an Karzinomen oder Rezidivstrumen das
Neuromonitoring von den Chirurgen zum Auffinden des Nervs als besonders
hilfreich empfunden wurde. Generell kann bei einer hohen Rate an
64
Nervenidentifikation durch IRM auch von einer hohen
Gesamtidentifikationsrate des Nervs - bestehend aus optischer und
elektrischer Identifikation - ausgegangen werden. Ein Vorzug der
vorliegenden Studie ist die Differenzierung zwischen chirurgischer und
technischer Identifikation des Nervs.
In der vorliegenden Untersuchung konnten von 329 NAR im Gesamtkollektiv
319 Nerven (97%) mittels IRM intraoperativ identifiziert werden. Präoperativ
waren alle 329 NAR transcutan zu stimulieren. Diese Daten sind vergleichbar
mit den Angaben von Jonas, Sirinvasan und Hemmerling (24,39,40,79).
Mit einer Identifikationsrate von 95,24% unterscheidet sich die in den
Xomed®-Tubus integrierte Elektrode in unserer Studie nicht signifikant von
der separaten Tubusoberflächenelektrode (TOR und TOO-Gruppe) die eine
Identifikationsrate von 97,76% aufweist. Beide Gruppen liegen dabei im
Rahmen der in der Literatur angegeben Identifikationsraten und auch die
Raten an postoperativen Recurrensparesen unterschieden sich nicht
signifikant (5 Paresen bei 224 NAR bei Verwendung eines Woodbridge®-
Tubus mit aufgeklebter Tubusoberflächenelektrode (Pareserate 2,23%)
gegenüber 4 Recurrensschäden von 105 NAR bei Anwendung des Xomed®-
Tubus (Pareserate 3,81%)). Die Pareseraten liegen im Rahmen der in der
Literatur beschriebenen Nervenschäden. Somit erscheint das IRM mittels
integrierter Tubusoberflächenelektrode im Vergleich zur Tubusoberflächen-
elektrode und zu Nadelstichelektroden als gleichermaßen zuverlässig.
65
7.1.3 Chirurgisch und demographisch bedingte Einflüsse
auf die Pareserate
Entgegen den Zahlen der Literatur (20) fand sich in unserem
Patientenkollektiv bei Patienten mit malignen Schilddrüsenerkrankungen
bzw. Rezidivstrumen keine erhöhte Recurrenspareserate im Vergleich zu
Patienten mit benignen Schilddrüsenerkrankungen.
Während in der Subgruppe der Patienten mit Malignomen in unserem
Kollektiv keine Recurrensparesen (RP) auftraten, fanden Zornig et al. (92)
nach Eingriffen an Malignomen eine Pareserate von 18,2%, Sailer und
Hockauf (75) berichten von 14% postoperativen Nervenschäden. Auch in der
Patientengruppe, die an Rezidiverkrankungen operiert worden war, traten in
der vorliegenden Arbeit keine RP auf, wohingegen Steiner (80) bei der
Operation von Rezidivstrumen eine Recurrenspareserate von 20% angibt;
Zornig et al. (92) sogar von 22,5% postoperativer Nervenschäden sprechen.
Auch hinsichtlich des Ausmaßes der Resektion zeigten sich in der
vorliegenden Studie keine signifikant unterschiedlichen Raten an
Recurrensparesen, obwohl in der Literatur (26) von einem erhöhten RP-
Risiko bei ausgedehnten Eingriffen wie der Hemithyreoidektomie oder der
Thyreoidektomie gesprochen wird.
Möglicher Grund für die im Gegensatz zur Literatur niedrigen
Recurrenspareseraten (RPR) in der Malignom / Rezidiv-Subgruppe könnte
die niedrige Fallzahl sein (Verhältnis zur Benignom-Gruppe 1:5,6). Ein
Zusammenhang zwischen Grunderkrankung und RPR kann somit in der
vorliegenden Studie nicht statistisch abgesichert werden. Als weiterer
Einflussfaktor könnte der Ausbildungsstand des Operateurs eine Rolle
spielen. Lamadé et al. (54) berichten von einer Lernkurve der Operateure,
die von niedrigen Pareseraten ausgehend nach etwa 50 Operationen einen
Anstieg der RP zeigt, um nach circa 150 Operationen wieder auf niedrige
Werte abzufallen. Da ausgedehnte und schwierige Eingriffe wie Malignom-
oder Rezidivoperationen an der Universitätsklinik Erlangen-Nürnberg in der
Regel von sehr erfahrenen Operateuren entweder selbst, oder zumindest
unter deren Aufsicht, durchgeführt werden, wäre in weiteren Untersuchungen
zu prüfen, ob diese Selektion einen Grund für die auffallend niedrige
Pareserate darstellen könnte.
66
In ihrer Studie zu den „Risikofaktoren der Recurrensparese“ (26) fanden
Hermann et al. eine signifikant erhöhte RPR bei Frauen. In der vorliegenden
Untersuchung konnten diese Daten nicht bestätigt werden und es zeigte sich
kein statistisch signifikanter Unterschied bezüglich der postoperativen
Nervenschäden zwischen den Geschlechtern. Entsprechend Hermanns
Ergebnissen bezüglich des Einflussfaktors Alter fand sich auch in unserer
Studie kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Lebensalter und der
Rate an postoperativen Recurrensparesen.
67
7.2 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich
Häufig klagen Patienten nach kurzzeitiger endotrachealer Intubation über
stimmliche Veränderungen, Heiserkeit, Schluckstörungen oder
Missempfindungen im Kehlkopfbereich. Viele dieser Symptome sind
konservativ gut zu therapieren und reversibel. Jedoch können nach
Intubationsnarkose auch schwerwiegendere Schäden entstehen, wie
beispielsweise Aryknorpelluxationen oder Trachealverletzungen. Diese
müssen operativ versorgt werden und gelangen nicht immer zur Restitutio ad
Integrum.
Verschiedene Untersuchungen konnten bereits den Einfluss der
endotrachealen Intubation auf postoperative Veränderungen im
Kehlkopfbereich beschreiben (42,10,1).
Problematisch hinsichtlich dieser Untersuchungen ist zum einen, dass
Beschwerden wie Schluckstörungen oder Halsschmerzen sehr subjektiv und
somit schwer quantifizierbar sind; zum anderen, dass den durch
Stimmanalyse und Lupenlaryngoskopie erhobenen Diagnosen meist kein
präoperativer Kehlkopf- und Stimmbefund als Vergleichsbefund vorausgeht.
Da im Rahmen des in dieser Studie untersuchten Regimes zur
Schilddrüsenoperation sowohl präoperativ, als auch postoperativ eine HNO-
ärztliche lupenlaryngoskopische, stroboskopische und phoniatrische
Untersuchung des Kehlkopfes stattfand, ist dieses Patientenkollektiv gut zur
Untersuchung von postoperativen Kehlkopfveränderungen geeignet.
Bereits 1976 untersuchten Chilla und Mitarbeiter (10) funktionelle und
organische Kehlkopfschäden nach Kurzzeitintubation mit Hilfe eines eigens
von ihnen entwickelten Punktescores zur Bewertung von Stimm- und
Kehlkopfveränderungen. Dieser Score diente in den darauffolgenden Jahren
zahlreichen weiteren Studien zur Gewichtung von Kehlkopf- und
Stimmbandläsionen (10,63,9,17,8).
68
7.2.1 Postoperative Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich
innerhalb des Gesamtkollektivs
Im Vergleich zu den Vorbefunden aus der Literatur stellen sich die
Ergebnisse in der vorliegenden Untersuchung wie folgt dar:
13% der Patienten in unserer Studie wiesen keinerlei Veränderungen im
Bereich des Kehlkopfes oder hinsichtlich der Stimmfunktion auf.
Vergleichsweise höhere Zahlen an Patienten ohne pathologische Befunde
beschreiben sowohl Chilla und Kollegen (10) mit 31%, als auch die
Arbeitsgruppe um Pröschel und Eysholdt (63) mit 25%. Gabriel et al. (17)
beschreiben sogar einen Anteil von 72% Patienten ohne morphologische
Veränderungen im Kehlkopfbereich oder funktionelle Beschwerden
hinsichtlich der Stimmqualität.
Geringradige Veränderungen im Kehlkopfbereich oder des Stimmklanges
konnten in der vorliegenden Arbeit bei 11,5% der Patienten festgestellt
werden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um minimale morphologische
Veränderungen wie Rötungen, leichte Ödeme oder Erosionen der
Schleimhaut im Kehlkopf- und Stimmbandbereich, sowie minimale
Änderungen der Schwingungsamplituden der Stimmbänder im
stroboskopischen Befund. Diese Veränderungen bedürfen keiner Therapie
und heilen in der Regel folgenlos aus. Die Untersuchungen von Chilla und
Kollegen (10) zeigen auch im Bereich der geringstgradigen Veränderungen
mit 26% einen höheren Anteil an Patienten. Pröschel und Eysholdt (63)
ermittelten 29% an Patienten mit den beschriebenen klinisch irrelevanten
Veränderungen. Die Daten von Gabriel et al. (17) sind mit 10% mit unseren
Zahlen vergleichbar.
Leichte Schäden, bestehend aus Stimmlippenhämatomen, Ulzerationen der
Schleimhaut, besonders an den Stimmbändern selbst, sowie Ein-
schränkungen der Stimmbandfunktion (aufgehobene Randkanten-
verschiebungen; phonatorischer Restspalt bei mehreren Frequenzen) mit
konsekutiv leicht verändertem Stimmklang, fanden sich im vorliegenden
Gesamtkollektiv mit 71% der Patienten am häufigsten. Dies stellt im
Vergleich zur Literatur eine deutlich höhere Rate dar. Pröschel und Eysholdt
(63) ermittelten in ihrer Arbeit nur 44% an Patienten mit leichtgradigen
Schäden; Chilla et. al. (10) 24% und Gabriel (17) mit seiner Arbeitsgruppe
69
sogar nur 2%. Patienten mit diesen Veränderungen im Kehlkopfbereich sind
im Allgemeinen durch Stimmschonung und konservative Maßnahmen gut
therapierbar, so dass die Schäden in der Regel folgenlos abheilen.
An mittelgradigen Veränderungen im Kehlkopfbereich und in der
Stimmfunktion litten lediglich 3% der Patienten unseres Kollektivs. Als
Schäden treten hier häufig größere Hämatome, Ödeme und Ulzerationen
auf, die die Stellknorpel mit betreffen können oder sich weiter über den
Glottisbereich hinweg ausdehnen. Unter Umständen kann ein solcher Befund
bereits zur Einengung des Kehlkopflumens führen; in den meisten Fällen
verursacht er zumindest deutliche Bewegungseinschränkungen und
Schwingungsanomalien der Stimmbänder – folglich mit deutlichen Einbußen
in der Stimmqualität des Patienten. Mittels konsequenter – meist
konservativer – Therapie sind auch hier gute Ergebnisse zu erzielen, die die
Patienten meist zur Restitutio ad Integrum führt. Mit unseren Zahlen
vergleichbar sind die Ergebnisse von Pröschel und Kollegen (63), die in
ihrem Patientenkollektiv 2% mittelgradige Schäden finden; die
Arbeitsgruppen um Gabriel (17) und um Chilla (10) ermitteln hier mit 16%
bzw. 19% einen deutlich höheren Anteil.
Schwere Schäden wie massive Hämatome oder Ödeme,
Aryknorpelluxationen, Trachealverletzungen oder Intubationsgranulome, die
meist einer operativen Intervention bedürfen und nicht immer zur Restitutio
ad Integrum führen, werden in der Literatur bei Intubationsnarkosen mit
kurzer Liegedauer des Tubus selten beschrieben (2,60,43,9,73,14,21). Auch
in unserem Patientenkollektiv traten nur 2% (3 von 181 Fällen) schwere
Kehlkopfschäden auf. Bei Chilla (10), Gabriel (17), sowie Pröschel (63) und
Kollegen sind in keinem Fall schwere Schäden im Kehlkopfbereich
beschrieben.
Zum Vergleich mit der genannten Literatur ist zu erwähnen, dass Pröschel
(63) und Kollegen in ihrer Arbeit ausschließlich Patienten untersuchten, die
zwar im Hals-Nasen-Ohren-Berich operiert worden waren, jedoch nicht im
Bereich des Kehlkopfes, des Hypopharynx und der Halsweichteile, so dass
ein Recurrensmonitoring nicht durchgeführt wurde. Chilla et al. (10) machen
keine Angaben über die Operationsindikation ihrer Patienten, so dass davon
auszugehen ist, dass es sich zumindest nicht um ein reines Strumakollektiv
70
mit Recurrensmonitoring handelt. Lediglich bei der Untersuchung von Gabriel
(17) und Kollegen handelt es sich um ein Kollektiv von Patienten, die sich
einer Strumektomie unterzogen hatten.
Hinsichtlich der vorliegenden Daten fällt auf, dass in unserer Studie die Fälle
in denen keine oder nur geringgradige Veränderungen im Kehlkopfbereich
auftraten, deutlich seltener sind, als in den Vergleichsstudien (10,63,17).
Grund für unterschiedliche Zahlen bei diesen minimalen Veränderungen
kann der Zeitabstand zwischen Intubationsnarkose und Kontrolltermin sein.
In unserer, wie auch in den meisten Vergleichsarbeiten wurde zwar die
postoperative HNO-ärztliche Kontrolle jeweils zwischen dem 1. und dem 5.
postoperativen Tag durchgeführt. Jedoch beschreibt Kaller (41), dass am
ersten postoperativen Tag noch Schäden erfasst werden können, die sich
bereits innerhalb der zwei darauf folgenden Tage wieder zurückbilden. Somit
wäre zum direkten Vergleich geringstgradiger Veränderungen eine genauere
Aufschlüsselung der postoperativen Kontrolltermine notwendig.
Dagegen treten in unserem Kollektiv die klinisch relevanten leicht- bis
mittelgradigen Schäden, die gezielter konservativer Therapie bedürfen,
häufiger auf, als zum Teil in der Literatur beschrieben (10,63,17).
Als Erklärung für diese Art von Schäden wird in der Literatur fast
ausschließlich die endotracheale Intubation als Ursache genannt. In unserer
Studie zeigte der Schwierigkeitsgrad der endotrachealen Intubation,
quantifiziert durch den Cormack-Lehane-Score, keinen statistisch
signifikanten Einfluss auf die Schwere der Schäden im Kehlkopfbereich.
Auch die Anwendung eines Muskelrelaxans zur Erleichterung der
endotrachealen Intubation und zur Erweiterung der Stimmlippenöffnung
zeigte hinsichtlich der Schäden im Kehlkopfbereich keinen statistischen
Unterschied zu den Patienten, die ohne Relaxans intubiert worden waren.
Ein Missverhältnis zwischen Kehlkopf und Tubusaussendurchmesser kann
bei der Anwendung eines relativ zu großen Tubus ebenfalls zu
Schädigungen im Bereich des Kehlkopfes führen, wie immer wieder in der
Literatur beschrieben wird (90,2,14,91,21). Da das Größenverhältnis des
Tubus zum Kehlkopf in der vorliegenden Arbeit – wie auch in
Vergleichstudien (77,10,63) – unbekannt ist, da präoperativ keine
Vermessung des Kehlkopfes zur Tubusgrössenwahl durchgeführt wird,
71
können keine genauen Angaben hinsichtlich dieses Einflussfaktors gemacht
werden. Der Tubusaussendurchmesser allein hatte – wie auch bei den
Vergleichsstudien - keinen statistisch signifikanten Einfluss auf den
Schweregrad der Schäden. Andere mögliche Einflussfaktoren auf
Veränderungen im Kehlkopfbereich wurden dagegen bisher kaum
untersucht. So ist es beispielsweise vorstellbar, dass neben dem eigentlichen
Intubationsvorgang mit Laryngoskopie und Einführen des Tubus in die
Trachea auch die Lagerung des Patienten, die manuelle Manipulation im
Kehlkopfbereich während der Operation oder auch das Anschlagen der
Stimmbänder an den Tubus während der Aufwachphase oder während des
Recurrensmonitorings eine Rolle spielen.
Somit ist in der vorliegenden Arbeit nicht davon auszugehen, dass der Grund
für das vermehrte Auftreten von Kehlkopfschäden durch den Intubations-
vorgang selbst begründet ist.
Vielmehr sind einige Besonderheiten zu bedenken, die bei einer
Strumaoperation charakteristisch sind und eine Erklärung für das vermehrte
Auftreten leicht- bis mittelgradiger Schäden im Kehlkopfbereich liefern
könnten:
Da die Patienten für die Strumaoperation in ausgeprägter Reklinationstellung
gelagert werden, ist es vorstellbar, dass der Tubus in dieser Position durch
sein Anliegen mehr Druck auf den Kehlkopfbereich ausübt und dadurch
mehr leicht- bis mittelgradige Schäden, wie kleine Hämatome, Erosionen und
Ödeme, im Kehlkopfbereich hervorruft. Dieser Sachverhalt müsste im
Rahmen weiterer Studien geprüft werden.
Hinsichtlich der Manipulation im Bereich des Kehlkopfes durch den
Operateur ist zu bemerken, dass eine Quantifizierung dieser Manipulation
technisch schwierig ist. Sicher ist jedoch, dass im Rahmen einer
Strumaoperation aufgrund der anatomischen Nähe zum Kehlkopf größere
Zug- und Druckkräfte auf diesen einwirken, als es bei einer Operation an
anderer Stelle der Fall ist und dies zu vermehrten Affektionen in diesem
Bereich führen könnte.
Frühwald und Schmiedl fanden heraus, dass die Stimmbänder durch Husten
und Pressen in der Aufwachphase nach einer Intubationsnarkose hohen
Belastungen ausgesetzt sind, da sie wiederholt an den Tubus anschlagen
72
(16). Ein ähnlicher Mechanismus findet durch wiederholte Nervenstimulation
während einer Strumaoperation statt, wenn die Stimmbänder durch Reizung
des NLR adduzieren und an den Tubus schlagen. Es ist nicht aus-
zuschließen, dass Stimmbandhämatome und Ödeme, wie wir sie in unserem
Patientenkollektiv gehäuft gefunden haben, durch den vermehrten Kontakt
mit der Tubusoberfläche entstehen.
Schwere Schäden im Bereich des Kehlkopfes fanden sich in unserem
Patientenkollektiv nicht signifikant häufiger als in den Vergleichsstudien, so
dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Strumaoperation und
die speziell damit einhergehenden Lagerungs- und Monitoringtechniken
damit in Verbindung stehen.
7.2.2 Einflüsse der Tubusart auf die Schwere der postoperativen
Veränderungen / Läsionen im Kehlkopfbereich
Die Autoren der Arbeiten zur Untersuchung von Schäden im Kehlkopfbereich
erwähnen zwar meist die Tubusgrösse, nur selten jedoch werden Angaben
zur Art des Tubus gemacht. Daher ist davon auszugehen, dass es sich bei
diesen Untersuchungen nicht um Patientenkollektive handelt, bei denen
ausschließlich Spezialtuben zum Einsatz kamen, wie es in der vorliegenden
Arbeit bei Strumaoperationen der Fall ist.
Zur Klärung der Frage, ob die Art des Tubus Einfluss auf den Schweregrad
der Intubationsschäden hat, wurde die Gruppe von Patienten, die zum
Recurrensmonitoring einen Tubus mit aufgeklebter Tubusoberflächen-
elektrode erhalten hatte (TOO und TOR), mit den Patienten verglichen, die
zur Strumaoperation mit einem Xomed®-Tubus mit integrierter Elektrode
intubiert worden waren (Xomed-Gruppe).
Die postoperativen Schäden im Kehlkopfbereich wurden für diese
Untersuchung nach klinischer Relevanz in 3 Subgruppen unterteilt. Eine
Gruppe beinhaltete Patienten ohne, bzw. mit lediglich geringstgradigen
Kehlkopfveränderungen, die zweite Gruppe setzte sich aus den Patienten mit
leicht- bis mittelgradigen postoperativen Schäden zusammen. Die schweren
Schäden wurden als selbständige Gruppe geführt
73
Beim Vergleich der beiden Tuben zeigt sich, dass die Gruppe mit Xomed®-
Tubus signifikant häufiger keine oder lediglich geringstgradige Schäden
aufwies. Leichte bis mittelgradige Schäden traten in den Gruppen mit
Tubusoberflächenelektrode häufiger auf als in der Xomed-Gruppe.
Hinsichtlich schwerer Intubationsschäden zeigte sich zwischen den drei
Gruppen kein signifikanter Unterschied.
Eine mögliche Erklärung für das häufigere Auftreten leicht- bis mittelgradiger
Läsionen bei Intubationen mit aufgeklebter Larynxoberflächenelektrode
könnte darin liegen, dass trotz des Umwickelns der Oberflächenelektrode mit
Steristrips nicht verhindert werden kann, dass die Elektrode zu einer
Unebenheit auf der ansonsten glatten Oberfläche führt, die zu
Schleimhautaffektionen prädisponiert. Der Xomed®-Tubus wies in der
vorliegenden Untersuchung bei vergleichbarer Zuverlässigkeit bezüglich der
Rate der detektierten Nerven, bzw. der Rate der Recurrensparesen deutliche
Vorteile bei der Inzidenz von postoperativen Kehlkopfschäden auf.
Bei der Anwendung des Woodbridge®-Tubus mit Oberflächenelektrode, wie
sie in der Anästhesiologischen Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg
gehandhabt wird, belaufen sich die Kosten für das Material auf rund 37€. Ein
Xomed®-Tubus mit bereits integrierter Elektrode kostet etwa 68€ pro Stück.
Obwohl die Kosten für den Xomed®-Tubus primär höher sind als für das
Monitoringsystem mittels Tubusoberflächenelektrode, stellt sich die Frage, ob
durch die Reduktion von postoperativen Veränderungen bzw. Läsionen im
Kehlkopfbereich bei der Anwendung des Xomed®-Tubus neben dem Nutzen
für den Patienten auch noch Folgekosten reduziert werden könnten, die u. U.
im Falle therapiebedürftiger Kehlkopfschäden durch weitere HNO-Kontrollen
oder logopädische Therapie auftreten.
74
8. Anhang
8.1 Der ASA-Score
Der „ASA-Score“, der 1963 von der „American Society of Anesthesiologists“
eingeführt wurde, teilt Patienten aufgrund der Schwere ihrer Grund-
erkrankungen in 6 Risikogruppen ein:
ASA 1: Gesunder Patient
ASA 2: Patient mit leichter Allgemeinerkrankung
ASA 3: Patient mit schwerer Allgemeinerkrankung
ASA 4: Patient mit schwerer Allgemeinerkrankung, die eine ständige
Lebensbedrohung darstellt
ASA 5: moribunder Patient, der ohne Operation voraussichtlich nicht
überleben wird
ASA 6: hirntoter Patient, dessen Organe zur Organspende entnommen
werden
75
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92 Zornig C, De Heer K, Koenecke S, Engel U, Bay U Darstellung des Nervus recurrens bei Schilddrüsenoperationen. Chirurg (1989) 60: 44-48
Abb. 9: Übersicht über das Patientenkollektiv ………………………………………………………..39
Abb. 10: Übersicht über die postoperativen Veränderungen bzw. Läsionen im Kehlkopfbereich
in der Gesamtgruppe ………………………………………………………………………….. 53
12. Tabellenverzeichnis Tab. 1: Kennmuskeln des N. laryngeus recurrens [modifiziert nach (47)] ……………………….. 10 Tab. 2: Operative Resektionsverfahren an der Schilddrüse [modifiziert nach (47) ……………... 14 Tab. 3: Verfahren zur Nervendedektion und –überwachung [modifiziert nach Lamadé (52)]….. 16 Tab. 4: Maße von „Woodbridge®“ – und „Xomed®-Tuben hinsichtlich Innen- und Aussen-
Tab. 5: Gewichtsklassifikation bei Erwachsenen anhand des BMI (nach WHO, Stand 2008) …. 33 Tab. 6: Gradeinteilung des Cormack-Lehane-Scores ………………………………………………. 34 Tab. 7: Anschlagszeit und Wirkdauer verschiedener Muskelrelaxantien ……………………..….. 34 Tab. 8a: Organische Veränderungen innerhalb des Glottisbereichs [modifiziert nach (10)] …….. 35
Tab. 8b: Organische Veränderungen ausserhalb des Glottisbereichs [modifiziert nach (10)] …... 35 Tab. 8c: Störungen der Stimmbandfunktion [modifiziert nach (10)] ………………………………… 36 Tab. 8d: Stimmbefund [modifiziert nach (10)] …………………………………………………….…… 36 Tab. 9: Gruppeneinteilung nach Chilla [modifiziert nach (10)] ……………………………………... 36 Tab. 10: Demographische Daten der Studiengruppen zur Auswertung der Recurrens
Pareseraten …………………………………………………………………………………..... 41 Tab. 11: Verteilung der postoperativen Diagnosen innerhalb der einzelnen Gruppen …………... 42 Tab. 12: Verteilung der Resektionsverfahren innerhalb der einzelnen Gruppen …………………. 42 Tab. 13: Nervenschäden innerhalb der Studiengruppen bezogen auf die Patientenzahl………… 43 Tab. 14: Ursachen fehlender Stimulationsantwort des intraoperativen Recurrensmonitorings in
sieben Fällen……………………………………………………………………………………. 44 Tab. 15: Nervenidentifikation innerhalb der Studiengruppen ……………………………………….. 44 Tab. 16: Nervenidentifikationsraten bei IRM mit separater bzw. integrierter Tubusoberflächen-
elektrode ………………………………………………………………………………………... 45 Tab. 17: Nervenschäden innerhalb der Studiengruppen bezogen auf NAR ………………………. 45
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Tab. 18: Gründe für unzureichende Beurteilbarkeit der Recurrensfunktion in der postoperativen
Kontrolle ………………………………………………………………………………………… 46
Tab. 19: Nervenschäden nach Ausschluss der „nicht sicher beurteilbaren“ Befunde ……………. 46 Tab. 20: Nervenschäden in Abhängigkeit von der Anwendung verschiedener
Muskelrelaxantien ……………………………………………………………………………... 47 Tab. 21: Nervenschäden in der Gruppe der an benignen Schilddrüsenerkrankungen leidenden
und in der Gruppe der an Malignomen und Rezidiven leidenden Patienten ……………. 48 Tab. 22: Nervenschäden in Abhängigkeit vom Geschlecht …………………………………………. 49 Tab. 23: Nervenschäden in Abhängigkeit vom Alter ………………………………………………… 50 Tab. 24: Nervenschäden in Abhängigkeit vom BMI (Bodymass-Index) …………………………... 51 Tab. 25: Demographische Daten der Studiengruppen zur Auswertung der postoperativen
Kehlkopfveränderungen bzw. –läsionen ……………………………………………………. 52 Tab. 26: Übersicht über die postoperativen Veränderungen bzw. Läsionen im Kehlkopfbereich
(zusammengefasst nach klinischer Relevanz) innerhalb der Studiengruppen …………. 54 Tab. 27: Verteilung der Tubuskategorien innerhalb der 3 Gruppen (TOR / TOO / Xomed) ……... 55 Tab. 28: Postoperative Veränderungen im Kehlkopfbereich in Abhängigkeit von der
Tubuskategorie ………………………………………………………………………………… 55 Tab. 28a: Postoperative Veränderungen bzw. Läsionen im Kehlkopfbereich in Abhängigkeit
von der Tubuskategorie (zusammengefasst nach klinischer Relevanz)……………….... 56
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13. Danksagung Meinen herzlichen Dank im Zusammenhang mit der Verfassung dieser Arbeit
möchte ich aussprechen:
Herrn Prof. Dr. med. S. Albrecht und Herrn PD Dr. med. J. Schmidt für die
Überlassung des Themas und die freundliche Betreuung.
Herrn Dr. T. med. Birkholz und Frau Dr. med. A. Irouschek für ihre stetige
Hilfsbereitschaft und Unterstützung bei der Datensammlung, Statistik und der
Ausarbeitung der Dissertation.
Herrn Prof. Dr. med. Dr. h. c. J. Schüttler für die Arbeitsmöglichkeiten an
seiner Klinik.
und nicht zuletzt meinem Mann für die unermüdliche seelische Unterstützung
WS 1997– SS 2004 Studium der Humanmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Famulaturen:
April 2000: Prof. Dr. med. H.-U. Schwenk, Abteilung für
Pädiatrie, Städt. Krankenhaus Konstanz September 2000: Prof. Dr. med. H. Rupprecht, Abteilung für
Allgemeinchirurgie, Städt. Krankenhaus Hof August 2001: Prof. Dr. med. P. Betz, Institut für Rechtsmedizin,
Universität Erlangen-Nürnberg September 2001: Dr. med. H. Gärtner, Facharztpraxis für Innere
Medizin, Münchberg
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Praktisches Jahr:
April - August 2003: Prof. Dr. med. R. Bötticher, Chirurgische Klinik I,
Klinikum Fürth August - November Prof. G. Nenci, Abteilung für Innere Medizin, 2003: Universitätsklinikum Perugia, Italien Dezember 2003 - Prof. Dr. med. Dr. h. c. J. Schüttler, März 2004: Anästhesiologische Klinik,
FAU Erlangen-Nürnberg Examina:
September 1999 Ärztliche Vorprüfung
März 2001 I. Staatsexamen
April 2003 II. Staatsexamen
Mai 2004 III. Staatsexamen
Beruflicher Werdegang:
seit 01.08. 2004 Weiterbildungsassistentin an der
Anästhesiologischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen-Nürnberg