Aus dem Institut für Physiologie der Universität zu Lübeck Direktor: Prof. Dr. Wolfgang Jelkmann Gelelektrophoretisch bestimmte Verteilung schwerkettiger Myosin-Isoformen in der Skelettmuskulatur des Menschen - Implikationen für Sport und Medizin - Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Universität zu Lübeck - Aus der Sektion Medizin - vorgelegt von Caroline Anna Guldner aus Ulm Lübeck 2015
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Aus dem Institut für Physiologie
der Universität zu Lübeck
Direktor: Prof. Dr. Wolfgang Jelkmann
Gelelektrophoretisch bestimmte Verteilung schwerkettiger Myosin-Isoformen in der Skelettmuskulatur des Menschen
- Implikationen für Sport und Medizin -
Inauguraldissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
der Universität zu Lübeck
- Aus der Sektion Medizin -
vorgelegt von
Caroline Anna Guldner
aus Ulm
Lübeck
2015
1. Berichterstatter/-in: Prof. Dr. rer. nat. Horst Pagel
2. Berichterstatter/-in: Prof. Dr. med. Joachim Weil
ANOVA Varianzanalyse (englisch: analysis of variance)APS Ammoniumperoxodisulfat dd H2O doppelt destilliertes WasserDTT DithiothreitolEDTA EthylendiamintetraessigsäureEGTA Ethylenglykolbis (2-aminoethyl-) tetraacetatFT schnell kontrahierend (englisch: Fast Twitch)MHC schwerkettiges Myosin (englisch: Myosin Heavy Chain)MLD M. latissimus dorsi MWW-Test Mann-Whitney-Wilcoxon-TestSDS -PAGE Natriumdodecylsulfat-Polyacrylamidgelelektrophorese
(englisch: Sodium Dodecyl Sulfate Polyacrylamide Gel Electrophoresis)
ST langsam kontrahierend (englisch: Slow Twitch)TEMED Tetramethylethylendiamin
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1. Einleitung
1.1 Allgemeine Vorbemerkungen
Als der Jamaikaner Usain Bolt im Jahre 2009 in Berlin die 100 m in 9,58
Sekunden (Kelland 2012 und Weinreich 2009) lief und somit seinen bestehenden
Weltrekord vom Vorjahr um 0,11 Sekunden unterbot, stellte sich vor allem bei
Sprintern die Frage, welche Faktoren dazu beitragen können, sportliche Höchst-
leistungen beim Sprinten immer weiter zu verbessern. Sind es bei Ausnahme-
sprintern vor allem trainingsbedingte Einflüsse, oder sind es angeborene Faktoren
wie die Zusammensetzung der Myosin-Isoformen (Trumpf 2012)? Könnte man die
sportliche Leistung durch die Kenntnisse molekularer biologischer Mechanismen
noch weiter optimieren? Zur Beantwortung solcher Fragen ist es eine
Grundvoraussetzung, die molekularen Grundlagen einer Muskelkontraktion und
insbesondere auch die Zusammensetzung der Myosin-Isoformen im menschlichen
Organismus zu kennen. Auch für medizinische Fragestellungen im Rahmen
muskulärer Rehabilitationsmaßnahmen und besonders bei muskulären
Herzunterstützungssystemen ist die Zusammensetzung der Myosin-Isoformen für
eine schnelle, kräftige und ausdauernde Muskelkontraktion von grundlegender
Bedeutung.
1.2 Skelettmuskulatur, Muskelfasern, Sarkomere und Myosine
Bei der Muskulatur der Säugetiere einschließlich der des Menschen unterscheidet
man quergestreifte und glatte Muskulatur sowie Herzmuskulatur. Während glatte
und Herzmuskulatur bei den Inneren Organen vorkommen und unwillkürlich sind,
dient die quergestreifte oder Skelettmuskulatur vor allem der aktiven willkürlichen
Fortbewegung des Individuums (Lokomotion).
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Abbildung 1: Schematischer Aufbau der Skelettmuskulatur (Winkler 2009)
Die Skelettmuskulatur besteht aus Muskelfaserbündeln und diese aus Muskel-
fasern. Muskelfasern sind Zellen, die im Verhältnis zu ihrem Durchmesser von
maximal 0,1 mm eine z.T. erhebliche Länge erreichen können (bis zu 30 cm). Bei
der Entwicklung des Skelettmuskels ordnen sich einkernige Vorläuferzellen
(Myoblasten) in Ketten an. Diese fusionieren, bilden somit ein Synzytium mit bis zu
50 Kernen/mm und differenzieren schließlich zu Muskelfasern aus. Die Fasern
enthalten eine Vielzahl von parallelen Myofibrillen, die ihrerseits aus zahlreichen,
hintereinander geschalteten Sarkomeren zusammengesetzt sind. McArdle et al.
kalkulieren für eine Myofibrille im Durchschnitt 4500 Sarkomere. Für sämtliche
Myofibrillen einer Muskelfaser wird ein durchschnittlicher Wert von 16 Milliarden
dicken Filamenten (Myosin) und 64 Milliarden dünnen Filamenten (Aktin)
angegeben (McArdle et al. 1996).
1.3 Muskel- und Fasertypen
Skelettmuskulatur wird erstmalig im Jahre 1678 vom florentinischen Arzt Stefano
Lorenzini bei Fischen differenziert und in rote und weiße Muskeln eingeteilt. 1870
berichtet der französische Anatom Louis-Antoine Ranvier, dass die roten kapillar-
reichen Muskeln langsam kontrahieren (Typ I- oder ST-Fasern) und die weißen
kapillararmen Muskeln schnell kontrahieren (Typ II- oder FT- Fasern).
Morphologische, histochemische und biochemische Eigenschaften der
Muskelfasern sowie deren Funktion und Kontraktion sind in der folgenden Tabelle
zusammengefasst (Knechtle 2009).
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Ein Muskel wird hinsichtlich seiner funktionellen Eigenschaften definiert durch den
überwiegenden enthaltenen Fasertyp und dessen Myosine (Myosin-Isoformen).
Die Heterogenität der individuellen Fasern ermöglicht eine große funktionelle
Vielfalt beim Ausüben komplexer Bewegungsmuster (Baldwin und Haddad 2001
und Colling 1997).
1.4 Schwerkettige Myosine und Myosin-Isoformen
Die Myosin-Isoformen eines Muskels können mit Hilfe einer Gelelektrophorese
bestimmt werden (Biral et al. 1988). Sie haben grundsätzlich dieselbe Funktion,
sind jedoch unterschiedlich molekular aufgebaut. Neben den bei Erwachsenen
auftretenden Myosin-Isoformen werden undifferenzierte während der Schwanger-
schaft (embryonale Isoformen) und differenzierte Isoformen, kurz nach der Geburt
(neonatale Isoformen) beschrieben (Baldwin und Haddad 2001, Hollmann und
Strüder 2009, Maso et al. 2000 und Pette und Staron 1990). In der vorliegenden
Arbeit wird lediglich auf die Gruppen der schwerkettigen Myosine bei
Erwachsenen eingegangen (MHC I, MHC IIA sowie MHC IIX). Die schwerkettigen
Myosine bestimmen die Kontraktionskraft und die Kontraktionsgeschwindigkeit
eines Muskels (Steinacker et al. 2002). Man unterscheidet die schwerkettigen
Myosine II, die beim untrainierten Muskel schnell kontrahieren aber schnell
ermüden und die schwerkettigen Myosine I, die langsam kontrahieren und über
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Tabelle 1: Morphologie, Funktion und Kontraktion der Muskelfasertypen (modifiziert
nach Knechtle 2009)
einen längeren Zeitraum ermüdungsresistent sind. MHC II lässt sich in MHC IIX
(auch, je nach Spezies, MHC IIB oder MHC IIC genannt) und MHC IIA
differenzieren. Die Myosinköpfchen des MHC IIX haben eine höhere Enzym-
Aktivität als die des MHC I und durchlaufen den Kontraktionszyklus entsprechend
rund 10mal schneller; die Kinetik des MHC IIA ist 3- bis 5mal schneller als die des
MHC I (Bottinelli et al. 1999 und Hollmann und Strüder 2009). MHC IIB kommt
lediglich bei kleinen Säugetieren z.B. Ratten vor und weist eine noch höhere
Kontraktionsgeschwindigkeit auf als das Typ IIX-Myosin (Bottinelli et al. 1996 und
Pette 1999). Neben den reinen Fasertypen (mit ausschließlich MHC I-, MHC IIA-
oder MHC IIX-Isoformen) gibt es Mischfasern (Hybridfasern), die sowohl langsame
MHC I-Myosine als auch schnelle MHC IIA bzw. MHC IIX beinhalten (Baldwin und
Haddad 2001, Biral et al. 1988, Larsson et al. 1993 und Pette 1999).
1.5 Morphologische und funktionelle Grundlagen einer MuskelkontraktionEin Sarkomer (Abb. 2) ist die kleinste kontraktile Einheit der Muskulatur und
besteht aus Aktinfilamenten, die in Z-Streifen verankert sind, und aus den
Myosinfilamenten. Die aktivierten Myosinköpfchen des Myosinfilaments bewegen
die Aktinfilamente aufeinander zu, sodass sich das Sarkomer verkürzt.
Das Aktinfilament ist in erster Linie aus globulärem Aktin (G-Aktin) zusammen
gesetzt und mit zwei sich umeinander windenden Perlenketten zu vergleichen
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Abbildung 2: Das Sarkomer als kleinste kontraktile Einheit eines Muskels besteht aus
den begrenzenden Z- Streifen mit darin verankerten Aktinfilamenten und den dazwischen
gelagerten Myosinfilamenten (modifiziert nach Hadel 2003).
(Abb. 3). Die regulatorische Einheit des Aktins bestehen jeweils aus dem
Troponin-Komplex (Troponin-T, -I und -C) und dem fadenförmigen Tropomyosin
(vgl. auch Abb.3). Nach Erregung des Muskels und konsekutiver Bindung von
freigesetztem Kalzium aus intrazellulären Speichern an das Troponin-C schiebt
der so „aktivierte“ Tropomyosin-Komplex den Tropomyosinfaden zur Seite und legt
so die Kontaktstelle des Aktins für die benachbarten Myosinköpfchen der
Schwerketten frei.
Abbildung 3: Das Aktinfilament besteht aus zwei perlenkettenartigen G-Aktinsträngen mit
angelagertem Tropomyosin und Troponin (modifiziert nach Fischer 2009).
Die einzelnen Abschnitte des Myosinmoleküls werden als Myosinschwanz,
Myosinhals und als Myosinköpfchen bezeichnet (Abb.4). Die Myosinköpfchen
werden unter Energieverbrauch in eine 90°-Stellung aufgerichtet, heften sich an
die entsprechenden Bindungsstellen des Aktins und ziehen es nach Abknickung in
eine 45°-Stellung zum Zentrum des Sarkomers. Das Sarkomer verkürzt sich nach
einem einmaligen Durchlauf des Kontraktionszyklus um rund 10 nm; der Zyklus
kann je nach Faserzusammensetzung 10- bis 100mal pro Sekunde durchlaufen
werden. Die Interaktion mehrerer Milliarden von Myosin- und Aktinfilamenten eines
Muskels ist die Grundlage einer Muskelkontraktion und wird als Gleitfilament-
theorie (Huxley und Hanson 1954 und Huxley 1969) bezeichnet, da die Aktin- an
den Myosinfilamenten „vorbei gleiten“, die Myosinfilamente treten dabei
gewissermaßen „auf der Stelle“.
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Abbildung 4: Ein Myosinhexamer besteht aus zwei ineinander gedrehten Schwerketten
und vier Leichtketten in den Myosinköpfen (modifiziert nach Sigma Aldrich 2013).
Das Myosinmolekül (Abb. 4) ist ein hexameres Protein und besteht aus zwei
schweren Ketten (MHC, Myosin heavy chains), zwei regulatorischen (regulatory
light chains) und zwei essentiellen Leichtketten (essential light chains) (Hoppeler
und Billeter 2003). Die Funktion der Leichtketten ist noch nicht ausreichend
bekannt. Man vermutet jedoch, dass die Leichtketten eine regulierende Funktion
bei der Interaktion zwischen Myosin und Aktin haben (Pette 1990).
Abbildung 5: Der molekulare Mechanismus der Muskel-kontraktion: Die Myosinköpfchen
knicken im Myosinhals ab. Sie haben Kontakt mit dem Aktin und schieben es zum
Zentrum des Sarkomers. Somit verkürzt sich das Sarkomer (Sigma Aldrich 2013).
Je schneller sich die Myosinköpfchen aufrichten, desto schneller zieht sich das
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Sarkomer zusammen und löst eine umso schnellere Muskelkontraktion aus. Damit
der Kontraktionszyklus ablaufen kann, muss Energie bereitgestellt werden. Diese
stammt aus der Spaltung von Adenosintriphosphat (ATP); verbrauchtes ATP kann
aus Kreatinphosphat (KrP) über die so genannte Lohmann-Reaktion rasch
regeneriert werden. Der weitaus größte Teil der Energiegewinnung erfolgt
innerhalb der Mitochondrien durch oxidative Phosphorylierung; dabei wird
zunächst molekular in den Nährstoffen gebundener Wasserstoff freigesetzt
(Citratzyklus) und durch kaskadenförmigen Elektrotransport an respirierten
Sauerstoff gebunden (Atmungskette; aerober Stoffwechsel). Bei schnellen und
kraftvollen Bewegungen kann allerdings auch unter Sauerstoffmangelbedingungen
für eine gewisse Zeit ATP synthetisiert werden (anaerober Stoffwechsel).
1.6 Plastizität der Skelettmuskulatur
Das Interesse an der Muskelfaserzusammensetzung und die Möglichkeit, einen
Fasertypen in einen anderen zu überführen (Muskelfasertransformation), reicht bis
in die 60iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück (Buller et al.1960) und
ist auch heute noch aktuell (Andersen et al. 2001, Pette 1999 und 2002 und Pette
und Staron 2000, Spurway 2006 und Staron 1997). Das adaptive Potential der
Muskelfaser wird erstmalig durch das Kreuzinnervationsexperiment von Buller et
al. (1960) demonstriert. Dabei transplantierten Buller et al. mikrochirurgisch den
Nerven des schnell kontrahierenden M. tibialis anterior an die Stelle des Nerven
des langsam kontrahierenden M. soleus. Der umgesetzte Nerv des M. tibialis
anterior transformiert den langsam kontrahierenden M. soleus in einen schnell und
kräftig kontrahierenden Muskel. Umgekehrt wurde der schnelle Muskel durch den
Nervenaustausch in einen langsamen kontrahierenden Muskel verwandelt. Durch
dieses Experiment lag die Vermutung nahe, dass der Muskelfasertyp durch das
elektrische Reizmuster des jeweiligen Nerven definiert worden war. Wie in einem
der folgenden Kapitel noch gezeigt wird (Kap. 5.10), kann die im Bullerschen
Versuch durch Nerventransplantation geänderte nervale Innervation auch durch
ein künstlich moduliertes elektrisches Stimulationsmuster imitiert werden. Es
konnte gezeigt werden, dass ein elektrisches Impulsmuster eines
Muskelstimulators, welches einer „Ausdauerinnervation“ entspricht, einen schnell
ermüdbaren Muskel mit Typ II-Fasern in einen unermüdbaren Muskel mit 100%
Typ I-Fasern umwandeln kann (Pette 1999 und Salmons 1994). Zum einen wurde
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damit das Interesse geweckt, unermüdbare Muskulatur als muskuläre
Herzunterstützungssysteme experimentell zu erzeugen (Salmons 1999). Zum
anderen stellte sich auch die Frage, ob eine trainingsbedingte Transformation der
langsam kontrahierenden Muskeln in schnell kontrahierende Muskeln durch
Sprinttraining möglich ist. Verschiedene Arbeitsgruppen haben experimentelle
Evidenzen dazu erarbeitet (Andersen et al. 1994, Pette 1999, Steinacker et al.
2002). Andersen et al. bezeichnen die Möglichkeit der Fasertransformation in
beide Richtungen als „bidirektionale“- Transformation.
1.7 Muskulatur von Menschen und Ziegen im Vergleich
Aus ethischen Gründen sind Grundlagenuntersuchungen mit Muskelbiopsien aus
der Muskulatur des Menschen in vivo wegen Auslösung starker Schmerzen sowie
Gefäß-, Nerven- und Muskelschäden mit muskulären Funktionseinschränkungen
nur sehr eingeschränkt möglich (Coggan 1995). Deshalb ist ein Großtiermodell,
das eine dem Menschen vergleichbare Muskulatur aufweist, wünschenswert.
In der vorliegenden Arbeit wurde das Großtiermodell der Ziege genutzt, weil sich
die Muskulatur von Menschen und Ziegen histologisch und biochemisch kaum
unterscheidet. Sowohl ihre Zusammensetzung bezüglich der Typ I- und Typ II-
Fasern wie auch ihre Faserdurchmesser und Myosin-Komposition sind nahezu
identisch (Ianuzzo et al. 1996). Deshalb bot es sich zunächst an in einer Pilot-
studie beim M. latissimus dorsi der Ziege die Konstanz der Myosin-Schwerketten
post mortem bei längerer Lagerung zu evaluieren.
1.8 Strukturerhalt schwerkettiger Myosine post mortem
Um die Verteilung der Myosin-Isoformen in den verschiedenen Muskeln des
Menschen und von unterschiedlichen Menschen vergleichen zu können, wären
zahlreiche Muskelbiopsien von verschiedenen Muskeln am Lebenden erforderlich.
Solche Mehrfachbiopsien an einem Menschen sind aus praktischen wie auch
ethischen Gründen nicht vertretbar (Johnson et al. 1973). Biopsien sind
schmerzhaft und können mit Gefäß- und Nervenläsionen, Hämatomen und
Narben verbunden sein. Wären solche Biopsien post mortem möglich und deren
Ergebnisse genauso verwertbar wie die von Lebenden, wären diese Schwierig-
keiten überwunden. Dabei stellt sich jedoch die Frage, in wieweit post mortem die
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molekulare Struktur der Myosine über bestimmte Zeiträume erhalten bleibt, zumal
eine Gewebeprobe aus der Leiche aus juristischen Gründen nicht unmittelbar post
mortem entnommen werden darf.
Bereits 1973 untersuchen Johnson et al. post mortem 36 humane Skelettmuskeln
(Johnson et al. 1973). Sjöström et al. analysieren humane Muskelfasern des M.
vastus lateralis post mortem (Sjöström et al. 1986). Die möglichen Veränderungen
der Proteine nach dem Eintreten des Todes sind in beiden Publikationen weder
diskutiert noch evaluiert worden. Es galt zu überprüfen, ob bei einer Lagerung des
Muskelgewebes in einem Zeitraum von mehreren Tagen eine konstante relative
Zusammensetzung der Myosin-Isoformen aufrecht erhalten bleibt.
15
2. Problemstellung
Die Verteilung schwerkettiger Myosine (Typ I, IIA, IIX) in der Skelettmuskulatur
beeinflusst in den verschiedenen Muskeln des Körpers deren Kontraktions-
geschwindigkeit, Kontraktionskraft sowie den gesamten Bewegungsablauf des
Individuums. Dieses Wissen ist für die Sportphysiologie (Harridge et al. 1998 und
Trappe et al. 2006) und die Medizin (muskuläre Herzunterstützungssysteme und
Rehabilitationsmaßnahmen) von grundlegender Bedeutung und bisher nicht
ausreichend bekannt (Ianuzzo et al. 1996, Scott et al. 2001). Nach eingehender
Literaturrecherche gibt es lediglich eine geringe Anzahl von Studien, die die
Faserverteilung sowie die MHC-Verteilung in der menschlichen Muskulatur
multilokulär und am gleichen Individuum evaluieren (Johnson et al. 1973, Sjöström
et al. 1986, Lovering und Russ 2008 und Srinivasan et al. 2007). Eine
systematische Studie zur Verteilung der schwerkettigen Myosin-Isoformen ist
deshalb wünschenswert.
Die Entnahme mehrerer Muskelproben aus einer größeren Anzahl verschiedener
Skelettmuskeln ist am Menschen in vivo aus ethischen Gründen nicht durch-
führbar. Post mortem können jedoch multilokuläre Proben gewonnen werden, die
die Bestimmung der prozentualen Zusammensetzung der schwerkettigen
Myosine I und II am selben Individuum ermöglichen. Es ist zunächst jedoch
erforderlich eine Konstanz der prozentualen MHC I- und MHC II-Konzentration
über mehrere Tage post mortem nachzuweisen, da Muskelproben an der
humanen Leiche nicht unmittelbar post mortem aus juristischen Gründen
entnommen werden dürfen. Deshalb wurden zunächst in einer Pilotstudie anhand
von Muskelproben eines höheren Säugetiers (Ziege) untersucht, ob eine Konstanz
der prozentualen MHC I- und MHC II-Konzentration über mehrere Tage gegeben
ist. Die Muskelproben wurden vor der Analyse unter den gleichen Bedingungen
von 4°C, wie bei humanen Leichen, gelagert und evaluiert. Zur Bestimmung der
Myosinzusammensetzung der Skelettmuskeln des Menschen (M. trizeps, M.
bizeps, M. vastus lateralis, M. erector spinae, M. latissimus dorsi proximal und
distal) wurden Muskelproben einer Leiche entnommen, elektrophoretisch
analysiert und miteinander verglichen. Intra- und intermuskuläre wie alters- und
geschlechtsspezifische Unterschiede in der relativen schwerkettigen Myosin-
zusammensetzung sollen untersucht und diskutiert werden.
16
Außerdem sollen die Implikationen der Ergebnisse für Sport und Medizin
aufgezeigt werden.
17
3. Material und Methoden
3.1 Muskelproben und Lagerung
3.1.1 Gewinnung und Lagerung von Muskelgewebe aus ZiegenFür die Entnahme des MLD standen 5 weibliche Burenziegen zur Verfügung; die
Tiere hatten ein Alter zwischen 3 und 7 Jahren, und ihr Körpergewicht betrug 46
bis 65 kg. Die Unterbringung und Muskelentnahmen erfolgten in der allgemeinen
Tierhaltung der Universität zu Lübeck. Die Anästhesie wurde durch die intra-
muskuläre Gabe eines körpergewichtsabhängigen Gemischs von Xylazin-
hydrochlorid (Rompun®, Bayer Vital GmbH, Leverkusen, Deutschland) und
Ketamin (Ursotamin®, Serumwerk Bernburg AG, Bernburg, Deutschland) in den
M. gluteus maximus eingeleitet. Über einen längsgestellten Hautschnitt wurde
etwa 25% des rechten MLD entnommen. Als Entnahmestelle wurde der mittlere
Bereich des MLD bei der größten Muskeldicke gewählt. Das asservierte
Muskelgewebe wurde dann bis zu 24 Tage bei 4°C im Kühlschrank gelagert. Zu
definierten Zeitpunkten wurden Muskelproben von 5x5x5 mm zur Analyse
exstirpiert. Sie wurden in flüssigem Stickstoff eingefroren und bei -80°C gelagert.
Die Entnahme des Muskelgewebes bei Burenziegen stand unter der Aufsicht des
Tierschutzbeauftragten des Landes Schleswig Holstein, dem Leiter der
allgemeinen Tierhaltung Herr Dr. med. vet. R. Noël und wurde vom Ministerium für
Landwirtschaft Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig Holstein unter
dem Aktenzeichen V312-72241.122-25 (107-8/09) genehmigt.
3.1.2 Gewinnung und Lagerung aus humanen LeichenDie humanen Muskelproben wurden post mortem im Institut für Pathologie aus 30
Leichen entnommen. Sie waren bei 4°C gelagert. Es wurden Muskelproben mit
einer Kantenlänge von 5x5x5 mm des M. trizeps, M. bizeps, M. vastus lateralis, M.
latissimus dorsi proximal und distal sowie aus dem M. erector spinae (Abb. 6)
innerhalb von 72 Stunden nach dem jeweiligen Tod asserviert und anschließend in
flüssigem Stickstoff eingefroren und im Anschluß bei -80° C gelagert. Die
Entnahme der humanen Muskelbiopsien wurde durch die Ethikkomission der
Universität zu Lübeck unter dem Aktenzeichen 12-131 genehmigt.
18
Abbildung 6: Entnahmestellen der Muskelproben (modifiziert nach microstim® 2004).
3.2 Probenaufbereitung und -analyse
3.2.1 Proteinextraktion 10 bis 100 mg des gefrorenen Muskelgewebes eines jeden Muskels wurden mit
Hilfe einer Feinwaage (Scaltec SBC 31) abgewogen und anschließend im
Dismembrator (Qiagen Tissue Lyser LT) pulverisiert. Das dismembrierte
Probenmaterial wurde mit einem Extraktionspuffer (Tab. 2) im Mischverhältnis 1:10
(Probe : Puffer) aufgenommen und ca. 30 min auf Eis vermischt. Es wurde ein
Extraktionspuffer nach Steinacker (2002) verwendet (modifiziert nach Keding
2011: MgCl2 statt MgCl2 x 6H2O).
Extraktionspuffer 100 ml pH 8,54,46 g (100mM) Na4P2O7
0,19 g (5mM) EGTA0,102 g (5mM) MgCl2
2,24 g (0,3mM) KCl0,0155 g (1mM) DTT
100 ml H2OTabelle 2: Extraktionspuffer nach Steinacker 2002 (modifiziert nach Keding 2011)
Der Extraktionspuffer war 1-2 Monate im Kühlschrank lagerbar. Vor dem Gebrauch
wurde pro 10 ml Puffer 1 Tablette Protease Inhibitor complete Mini frisch
hinzugegeben, welche den Abbau von Proteinen verhinderte bzw. verzögerte.
19
3.2.2 Proteinbestimmung Im Anschluss wurden die Proben bei maximaler Drehzahl (ca. 16.000 x g) 10 min
zentrifugiert. Der Überstand wurde vorsichtig abgenommen und im Verhältnis 1:1
mit Glycerin verdünnt und gut vermischt. Es folgte eine Proteinbestimmung mittels
Bicinchoninsäure (BCA-Reaktion, 562 nm). Im nächsten Schritt wurde das
Probenmaterial mit einem Lyse-Puffer (Tab. 3) auf 0,1 bis 0,3 µg/µl verdünnt und
bis zur weiteren Verwendung bei -20°C gelagert.
Laemmli-Lyse-Puffer 5 ml Glycerin2,5 ml Mercaptoethanol
1,15 g SDS0,4925 g Tris-HCl
50 ml pH 6,8Tabelle 3: Laemmli-Lyse-Puffer (Laemmli 1970)
2.2.3 GelelektrophoreseDie Gelelektrophorese-Kammer (Abb.7) bestand aus zwei Glasplatten, die
aufeinander gelegt und miteinander verschraubt wurden. Zwischen die Glasplatten
wurde ein Abstandhalter mit einer Dicke von 1 mm eingefügt. In den durch den
Abstandhalter entstandenen Zwischenraum wurden die Elektrophoresegele
(Sammel- und Trenngel) gefüllt. Im oberen Teil des Gels befanden sich Gel-
taschen, in die das Probenmaterial eingefüllt wurde. Die zusammengeschraubten
Glasplatten wurden in ein Behältnis mit Pufferlösung gestellt, an die eine
Spannung (150V) angelegt wurde. Die Proteine wanderten je nach Größe in einer
spezifischen Geschwindigkeit durch das Gel von der Kathode zur Anode und
wurden somit von einander getrennt.
20
Abbildung 7: Schematische Darstellung der Gelelektrophorese-Kammer (Universität
Leipzig 2011)
Arbeitsschritte der Gelelektrophorese(1) Die Glasplatten wurden gereinigt und mit einem Abstandshalter von 1 mm
zusammen in das System (Hoefer Pharmacia Biotec) geschraubt.
(2) Das hier verwendete Elektrophoresegel setzte sich aus zwei Gelen zusammen.
Im oberen Teil befand sich das Sammelgel (grobporig) mit Probentaschen. Den
Hauptteil nahm im unteren Teil das Trenngel (feinporig) ein.
(3) Der Raum zwischen den Glasplatten wurde zu einem großen Teil (zu etwa 4/5)
mit dem Trenngel gefüllt, dem unmittelbar zuvor der Polymerisierungskatalysator
N,N,N`,N`-Tetramethylethylendiamin (TEMED) zugefügt worden ist.
7,5% Trenngel 3,29 ml H2Oca. 37ml für 2 Gele 10 ml 1,5 M Tris-HCl pH 8,6
7,5 ml Acrylamid-Lsg. 40%1,5 ml Bisacrylamid-Lsg. 2%
13,95 ml Glycerin-Lsg. 86%0,4 ml SDS-Lsg. 10%40 µl TEMED*80 µl APS-Lsg. 10%
Tabelle 4: Trenngel für 2 Gele (*TEMED wurde unmittelbar vor Gebrauch zugefügt)
(4) Die obere Kante des Trenngels wurde mit Isopropanol oder 70%igem Ethanol
geglättet.
(5) Das Trenngel härtete 60 min bei Raumtemperatur aus. Im Anschluss wurde
das Isopropanol bzw. Ethanol abgegossen.
(6) Das Sammelgel mit TEMED (Tab.5) wurde hinzugefügt. Ein Kamm zur Bildung
von Probentaschen („slots“) wurde in das Sammelgel geführt.
21
Sammelgel 6,08 ml H2O10 ml für 2 Gele 2,5 ml Tris- HCl 1,5 M pH 6,7
1 ml Acrylamid-Lsg. 40%0,375 ml Bisacrylamid-Lsg. 2%
0,1 ml SDS10 µl TEMED*
100 µl APS-Lsg 10,00%
(7) Das Sammelgel härtete 45 min bei Raumtemperatur aus. Nach dem aushärten
wurde der Kamm entfernt.
(8) Die Probentaschen wurden mit Reservoirpuffer (Tab. 6) gespült.
Reservoirpuffer (10x) 30 g Tris144 g Glycin
1000 ml H2O
Tabelle 6: Reservoirpuffer
(9) Das Probenmaterial wurde mit dem Lyse-Puffer im Verhältnis 1:1 verdünnt
(Endkonzentration: 0,05 bis 0,15 µg Protein/µl) und zwecks Denaturierung der
Proteine für 5 min bei 95°C erhitzt.
Bevor die Proben in die Elektrophorese-Kammer gegeben wurden, wurden sie mit
Proben-/Loadingpuffer im Verhältnis 1:1 nochmals verdünnt (Endkonzentration
0,05 bis 0,15 µg Protein/µl) und zwecks Denaturierung der Proteine für 5 min bei
95°C erhitzt.
Proben-/Loadingpuffer 10 ml Laemmli-Lyse-Puffer
2 ml BromphenolblauBromphenolblaulösung 8,8 g Sucrose
20 ml H2O
Tabelle 7: Proben-/Loadingpuffer
22
Tabelle 5: Sammelgel für 2 Gele (*TEMED wurde unmittelbar vor Gebrauch zugefügt)
(10) Die Elektrophorese-Apparatur wurde mit dem Reservoirpuffer bis hin zum
oberen Rand des Sammelgels aufgefüllt. Die Glasplatten waren vollständig von
Pufferlösung umgeben.
(11) Im Anschluss wurden 3 µl/slot der Probe aufgetragen und liefen bei
150 V und 8°C für 21 Stunden durch die Elektrophorese-Kammer.
Gelfixierung und SilberfärbungDas Gel wurde jeweils 30 min in der Fixierlösung (1) und im Sensibilisierer (2) auf
einem Taumelschüttler leicht geschwenkt. Nach der Fixierung des Gels wurde es
in doppelt destilliertem Wasser (3) mehrfach gespült.
Die aufgetrennten Moleküle wurden im Anschluss mit Silbernitrat gefärbt (4) und
entwickelt (6). Die Färbereaktion wurde mit Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA)
gestoppt (7).
Arbeitsschritte und Lösungen:
Auswertung der Gelelektrophorese
23
EK(1) 30 min Fixieren 600 ml Ethanol 30%
200 ml Eisessig 10%
(2) 30 min Sensibilisieren 75 ml Ethanol 30%10,25 g Natriumacetat 0,5 M1,25 ml Glutaraldehyd 0,5%0,5 g Natriumthiosulfat 0,2%
(4) 20 min Färben 0,25 g Silbernitrat 0,2%Formaldehyd 37% 0,02%
(6) Entwickeln 7,5 g Natriumcarbonat 3%Formaldehyd 37% 0,01%
(7) Stoppen 4,65 g EDTA 0,05 M
/dd H2O ad 2 l
/dd H2O ad 250 ml
(3) 3 x 10 min Spülen in dd H2O
50 µl /dd H2O ad 125 ml
(5) 2 x 1 min Spülen in dd H2O
50 µl /dd H2O ad 250 ml
/dd H2O ad 250 ml
Die aus der Gelelektrophorese gewonnenen Daten wurden mit Hilfe eines
Gelanalyse-Programms (Media Cybernetics, Gel-Pro-Analyzer) ausgewertet. Die
relative MHC-Zusammensetzung wurde mit Hilfe dieses Computerprogramms
densitometrisch bestimmt.
3.3 Statistische Auswertungen
3.3.1 Statistische Beschreibungen der Konstanz der Myosin-Fraktion von MHC II über 24 TageMit dem Statistikprogramm WinStat 3.0 (Kalmia Co. Cambridge, MA, USA) wurde
über die Berechnung des Standardfehlers das Konfidenzintervall berechnet. Es
enthielt den wahren Mittelwert für jeden Analysetag mit einer Wahrscheinlichkeit
von 95%. Bei allen anderen Auswertungen (3.3.2 und 3.3.3) wurde der Mittelwert
mit der Standardabweichung angegeben.
3.3.2 Intra- und intermuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine zweier Gruppen Vor dem Vergleich der Myosinfraktionen zweier Gruppen auf signifikante
Unterschiede wurden die Messwerte auf Normalverteilung mit dem Kolmogorow-
Smirnow-Test geprüft. Da bei keiner der geprüften Gruppen eine Normalverteilung
vorlag, wurden die Unterschiede mit dem Wilcoxon- (Mann-Whitney-) Test auf
Signifikanz geprüft (Signifikanzniveau p < 0,05%).
3.3.3 Intermuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine mehrerer Gruppen Bezüglich signifikanter Unterschiede mehrerer Gruppen wurde eine Multi-
varianzanalyse zwischen Gruppen einer Variablen mit der Multivarianz-Software
ANVOVA in WinStat durchgeführt.
3.3.4 Myosinzusammensetzung in Abhängigkeit vom LebensalterMit der Software SPSS wurde der Einfluss des Lebensalters auf MHC II in einer
linearen Regression modelliert, und es wurde geprüft, ob die Steigung signifikant
verschieden von 0 war (Signifikanzniveau p < 0,05%).
24
4. Ergebnisse
4.1 Einfluss der Lagerungsdauer auf die Zusammensetzung schwerkettiger Myosin-Isoformen beim MLD der Ziege
Zur Validierung der Konstanz der relativen Myosinzusammensetzung von MHC II
zu MHC I im MLD wurden exemplarisch Muskelproben aus dem proximalen Anteil
des MLD aus der Ziege entnommen, aus denen eine Gelelektrophorese
angefertigt wurde (vgl. Abb. 8a).
(a)
(b)
Abbildung 8: (a) Gelelektrophorese einer Muskelprobe einer Ziege zur Bestimmung des
relativen Anteils von MHC II und MHC I des proximalen MLD. (b) Der MHC II-Anteil blieb
bei einer Kühlung (4°C) über 24 Tage konstant (n=5). Das Konfidenzintervall (CI) lag am
24. Tag in den Grenzen von 50,8 und 60,6%.
Die Muskelproben wurden zum einen unmittelbar nach der Teilexstirpation des
MLD (Tag 0) asserviert; die übrigen Proben wurden an den Tagen 3, 9, 12, und 24
25
aus dem in einem Kühlschrank bei 4 °C gelagerten Material gewonnen. Selbst
über 24 Tage konnten keine signifikanten Veränderungen in der relativen
MHC II-Konzentration festgestellt werden. In Abbildung 8b sind für die
MHC II-Konzentrationen keine Standardabweichungen sondern Konfidenz-
intervalle eingezeichnet, die den wahren Mittelwert mit einer Wahrscheinlichkeit
von 95% enthalten. Das Konfidenzintervall am 24. Tag lag in den Grenzen von
50,8 und 60,6%. Durch die in Abbildung in 8b graphisch gezeigte Überlappung
aller Konfidenzintervalle über 24 Tage wird die Konstanz der relativen
MHC II-Konzentration belegt.
4.2 Intramuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine im MLD des Menschen
Beim breiten Rückenmuskel (MLD) des Menschen bestand zwischen proximalem
und distalem Anteil kein signifikanter Unterschied in dem relativen MHC II-Anteil
(Abb. 9).
Abbildung 9: Der intramuskuläre MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD (n= 30)
zum distalen MLD (n = 30). Der relative MHC II-Anteil wurde beim proximalen MLD mit
55,1 ± 14,4% und dem distalen MLD bei 54,7 ± 13,2% gemessen. Dieser Unterschied ist
statistisch nicht signifikant (p>0,05, Wilcoxon-Test).
26
4.3 Intermuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine verschiedener Skelettmuskeln des Menschen
Im Folgenden wird der relative MHC II-Anteil verschiedener Muskeln verglichen:
Sowohl der MHC II-Anteil des MLD im Verhältnis zu einem Haltemuskel (M.
erector spinae) als auch zu einem schnell kontrahierenden Muskel (M. bizeps)
wurden analysiert. Weiterhin wurden der relative MHC II-Anteil des M. erector
spinae mit dem des M. vastus lateralis verglichen. Dabei war es von besonderem
Interesse, ob der M. vastus lateralis eher einem schnellen oder einem Halte-
muskel zuzuordnen ist.
4.3.1 MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD und dem M. erector spinae
Der relative MHC II-Anteil des breiten Rückenmuskels MLD und des Haltemuskels
M. erector spinae unterschieden sich signifikant voneinander.
Abbildung 10: Der MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD (n= 30) und dem M.
erector spinae (n=30). Der relative MHC II-Anteil wurde beim proximalen MLD mit 55,1 ±
14,4% und beim M. erector spinae mit 41,5 ± 19% gemessen. Dieser Unterschied ist
0,05) unterschieden werden. Die Gruppe der schnell kontrahierenden Muskeln
besaß 13,6% (p < 0,05) mehr MHC II als die Gruppe der langsam kontrahierenden
Muskeln.
Bei 70% der analysierten Leichenmuskulatur konnte bei mindestens einem Muskel
pro Leiche der auf Myosin-Isoformen untersuchten Muskeln MHC IIX nach-
gewiesen werden. Die Verteilung von MHC IIX war interindividuell sehr
unterschiedlich. Kam jedoch in einem Muskel MHC IIX vor, lag der Anteil in einer
vergleichbaren Größenordnung von 28,4 ± 10,4%.
Der MHC II-Anteil nahm mit steigendem Lebensalter signifikant ab. Diese
Reduktion fand sowohl bei den schnellen als auch bei den langsamen Muskeln
(Haltemuskeln) statt. Beispielsweise lag der MHC II-Anteil in der schnell
kontrahierenden Muskulatur bei einem 80-Jährigen um 14,0% (p < 0,05) niedriger
als beim 18-Jährigen.
54
Geschlechtsspezifische Unterschiede in der relativen Zusammensetzung der
Myosin-Isoformen bestanden weder bei den schnellen noch bei den langsamen
Muskeln. Auf die höhere Muskelleistungsfähigkeit bei Männern in Abhängigkeit
des größeren Muskelfaserquerschnitt wurde hingewiesen.
Die Implikationen dieser Ergebnisse für den Sport und die Medizin werden
eingehend diskutiert.
55
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8. Verzeichnisse der Abbildungen und Tabellen
Abbildung 1: Schematischer Aufbau der Skelettmuskulatur (Winkler 2009)............8
Abbildung 2: Das Sarkomer als kleinste kontraktile Einheit eines Muskels besteht
aus den begrenzenden Z- Streifen mit darin verankerten Aktinfilamenten und den
dazwischen gelagerten Myosinfilamenten (modifiziert nach Hadel 2003)..............10
Abbildung 3: Das Aktinfilament besteht aus zwei perlen-kettenartigen G-
Aktinsträngen mit angelagertem Tropomyosin und Troponin (modifiziert nach