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4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
4.1.1. Das "keynesianische Kreuz"4.1.2. Das keynesianische Modell mit Kapitalmarkt
4.2. Nachfrageschocks 4.2.1. Rückgang der Konsumneigung4.2.2. Rückgang der Investitionsneigung4.2.3. Konsequenzen für den Arbeitsmarkt
4.3. Fiskal- und Geldpolitik im keynesianischen Modell 4.3.1. Geldpolitik4.3.2. Fiskalpolitik
4.4. Das keynesianische Modell in der langen Frist4.5. Wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen
4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunkturpolitik4.5.2. Fallstudie: Fiskalpolitik in Deutschland4.5.3. Grenzen der Staatsverschuldung4.5.4. Fallstudie: Dt. Wirtschaftspolitik in der Großen Rezession
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
➤ Die Weltwirtschaftskrise
■ Die Weltwirtschaftskrise setzte nach dem Zusammenbruch der New Yorker Börse am 23. Oktober 1929 ein.
■ Die Ursache für den Börsencrash war eine von neuenTechnologien getriebene Überbewertung der Aktien, ähnlich wie beim „New-Economy-Crash“ Anfang 2000.
■ Das erstaunliche war nicht der Börsencrash, sondern die starke und nachhaltige Auswirkung des Crashs auf die reale Wirtschaft.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
Wie die Analyse einesNachfrageschocks imneoklassischen Modell gezeigt hat,sollte bei einem Rückgang desKonsums eigentlich die Ersparnissteigen, so dass aufgrund derniedrigeren Zinsen dieInvestitionsgüternachfrage steigtso und den Rückgang derKonsumnachfrage ausgleicht(u.u.). Dieser Mechanismusfunktionierte in derWeltwirtschaftskrise aber nicht.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
➤ Ein derart starker und lang anhaltender Einbruch der wirtschaftlichen Entwicklung widersprach den Aussagen der neoklassischen Theorie:■ Wie in Kapitel 2 gesehen, sollte es nach der neoklassischen
Theorie bei einem Rückgang der Konsumnachfrage zu einem Anstieg der Ersparnisse kommen, der einen Zinsrückgang bewirkt, so dass die Investitionsnachfrage steigt.
■ Während der Weltwirtschaftskrise sank jedoch nicht nur die Kon-sumnachfrage sondern auch die Investitionsnachfrage, weil die Firmen ebenfalls eine Verschlechterung der ökonomischen Ent-wicklung erwarteten. Dies führte dazu, dass das gesparte Geldnicht investiert sondern „gehortet“ wurde.
■ Für diesen Fall prognostiziert das neoklassische Modell eine Nachfragelücke, die zu einem Preisrückgang (Deflation) führt.
■ Der Rückgang der Güterpreise würde dann das reale Kreditan-gebot erhöhen (M/P↓) ↑ , so dass der Kapitalmarktzins sinkt i↓ und die Investitionsgüternachfrage I(i↓) ↑ und Konsumgüternachfrage C(i↓) ↑ wieder steigen.
➤ Dieser Mechanismus („Pigou-Effekt“ genannt) sollte also nach der neoklassischen Theorie bei einem Nachfragerückgang über die Re-aktion der Güterpreise wieder zu einem Anstieg der Nachfrage führen.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
➤ Die „Selbstheilungskräfte des Marktes“ sind also nach der neoklassischen Theorie in der Lage, aus eigener Kraft nach kurzer Zeit einen plötzlichen Rückgang der Nachfrage zu überwinden.
➤ Offensichtlich funktionierten diese Selbstheilungskräfte aber nicht während der Weltwirtschaftkrise:
■ Von Ende 1929 bis Ende 1932 sank die Produktion von Gütern und Dienstleistungen über einen Zeitraum von drei Jahren mit einer jährlichen Rate von mehr als 10 %.
■ Die Güterpreise sanken (Deflation) zwar, aber die Nachfrage stieg nicht, weil die Haushalte und Unternehmen einen noch stärkeren Rückgang der Güterpreise abwarten wollten.
■ Das Ergebnis war eine sich selbstverstärkende „Deflationsspirale“: Der Güterpreisrückgang führte zu einem weiteren Rückgang der Güternachfrage.
■ Die Selbstheilungskräfte des neoklassischen Modells versagten.
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➤ Die keynesianische Theorie■ Vor diesem Hintergrund entwickelte John Maynard Keynes
eine neue Makrotheorie, die eine theoretische Erklärung für Weltwirtschaftskrise liefern sollte und gleichzeitig wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen für den Umgang mit zukünftigen Krisen.
■ Diese wurde 1936 unter dem Titel „Die Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“ veröffentlicht.
■ Keynes widersprach darin u.a. zwei wichtigen Annahmen der neoklassischen Theorie:1. Die Güterpreise sind kurzfristig starr, so dass sie bei einem
Nachfrageeinbruch nicht sinken – mit der Folge, dass die nachgefragte Gütermenge und damit auch die produzierte Gütermenge sinken muss = „Keynesianische Preisstarrheit“
2. Der Konsum der privaten Haushalte wird vor allem vom Einkom-men beeinflusst C(Y ↑)↑ > 0. Der Einfluss des Zinssatzes (C(i↓)↑) ist aber vernachlässigbar =„Keynesianische Konsumfunktion“
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
➤ Die keynesianische Konsumfunktion: C(Y↑)↑ entsprichtauf den ersten Blick empirischen Beobachtungen sehr viel besser als die neoklassische Konsumfunktion C(i↑)↓.
➤ Es zeigt sich ein sehr viel stärkerer Zusammenhangzwischen Konsum und Einkommen als zwischen Konsum und Realzinsen, wie die folgenden Grafiken zeigen:
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
➤ Die zweite Annahme durch die sich die keynesianische Theorie wesentlich von der neoklassischen Theorie unterscheidet, ist die „keynesianische Preisstarrheit“:
■ In der neoklassischen Theorie steigen bei Mehrproduktiondie Grenzkosten, so dass die Unternehmen ihre Güter-preise erhöhen, wenn ihre Produktionsmengen steigen.
◆ Steigt (sinkt) die Güternachfrage, so führt dies zu einem Anstieg (Rückgang) des Preisniveaus.
■ Keynes unterstellt in seiner Theorie, dass die Unternehmen ihre Preise unverändert lassen und stattdessen ihre Angebotsmengen an die Güternachfrage anpassen.
◆ Steigt (sinkt) die Güternachfrage also, so führt dies in gleichem Umfang zu einem Anstieg (Rückgang) des Güteran-gebotes. Die Güterpreise bleiben deshalb unverändert.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
➤ Aus diesen und weiteren Studien folgt:
■ Reale Unternehmen geben nicht, wie von der neoklas-sischen Theorie unterstellt, jede Veränderung ihrer Produktionskosten über veränderte Preise an ihre Nachfrager weiter.
■ Sie halten, wie von Keynes unterstellt, über einen längerenZeitraum ihre Güterpreise konstant.
➤ Wenn Unternehmen ihre Gewinne maximieren möchten, müssten Sie doch eigentlich bei einer Veränderung ihrer Produktionskosten auch ihre Preise verändern.
➤ Warum finden Preisanpassungen nicht häufiger statt?
➤ Warum finden Preisanpassungen nicht häufiger statt?
■ Preisanpassungen verursachen Kosten:
◆ Interne Organisationskosten: Information von Mitarbeitern, Distributionsketten, Verkaufsvertretern…
◆ Externe Kommunikationskosten: Erklärung und Rechtfertigung der Preisänderungen gegenüber Kunden…
◆ Technische Kosten: Druckkosten von Preislisten, Versandkosten…
■ Wenn die Kosten einer Preisänderung höher sind als der Ertrag einer Preisänderung, ist eine kontinuierliche Anpassung von Preisen nicht gewinnmaximierend, wie das folgende Diagramm zeigt:
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
Der Ertrag pro Preisanpassung sinkt normalerweise, wenn die Anzahl der Preisanpassungen pro Jahr steigt.
Return per Price Change
€
Der Ertrag einer Preisänderung alle 2 Jahre wird normalerweise recht hoch sein, da es sehr wahrscheinlich ist, dass es innerhalb von 2 Jahren zu stärkeren Veränderungen der Produktionskosten oder der Nachfrage kommt.
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Der Ertrag von 4 Preis-änderungen pro Jahr wird normalerweise niedriger sein, da es nicht so wahrscheinlichist, dass starke Verän-derungen der Produk-tionskosten oder der Nachfrage in jedem Quartal stattfinden…
Übung: Angenommen der Ertrag einer Preisänderung ist durch die folgende Kurve gegeben. Bestimmen Sie die Höhe der Kosten einer Preisänderung, bei der nur eine Preisänderung pro Jahr gewinnmaximierend ist.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
■ Es ist möglich mit dem mikroökonomischen Prinzip der Gewinnmaximierung zu erklären, warum Unternehmen ihre Preise im Durchschnitt nicht öfter ändern als einmal pro Jahr.
■ Abhängig von der Relation zwischen den Kosten und den Erträgen einer Preisänderung kann es gewinnmaximierend sein, die Preis ein Jahr unverändert zu lassen!
■ Unflexible Preise und Gewinnmaximierung sind kompatibel!
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
➤ Die Keynesianische Theorie unterstellt deshalb, dass die Unternehmen “kurzfristig” (= innerhalb der Spanne eines Jahres) die Preise unverändert lassen:
P = konstant innerhalb eines Jahres
➤ Wenn die Güternachfrage sich kurzfristig ändert, passen die Unternehmen statt der Preise ihre Produktion an die Nachfragenach Gütern an.
➤ Deshalb ist die Güterproduktion der Unternehmen Y kurzfristig identisch mit der Summe aus dem Konsum der Haushalte Cplus der Investitionsgüternachfrage der Unternehmen I plus der Güternachfrage des Staates G:
Y = C + I + G
➤ Folglich bestimmt kurzfristig die Nachfrage das Angebot von Gütern!
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
➤ Wenn wir nun die Keynesianische Konsumfunktion C(Y) in diese Beziehung einsetzen erhalten wir:
Y = C(Y) + I + G
➤ Offensichtlich ist das ein Zirkelbezug:
■ Das BIP Y bestimmt den Konsum C(Y) und der Konsum C(Y) bestimmt das BIP Y und so weiter…
➤ Wie die folgende Untersuchung zeigen wird, kann dieser Zirkelbezug wirtschaftspolitische Eingriffe erheblich verstärken (und die grafische Analyse etwas komplizierter machen…).
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1.1. Das "keynesianische Kreuz"
➤ Löst man diese Gleichung nach dem BIP auf, so zeigt sich, dass das BIP unter den gemachten Annahmen lediglich eine positive Funktion von Investitionen und Staatsnachfrage ist:
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
Exkurs: Was passiert, wenn das Güterangebot größer i st als die Güternachfrage = wenn Überschussangebot herrscht?
Die folgenden Schaubilder zeigen, dass dann ein Anpassungsprozess in Gang kommt.
Da unter den Annahmen des Keynesianischen Modells sich das Güterangebot immer der Güternachfrage anpasst, fällt das Güterangebot, bis ein Gleichgewicht herrscht.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
Exkurs: Was passiert, wenn das Güterangebot kleiner i st als die Güternachfrage = wenn Übernachfrage herrscht?
Die folgenden Schaubilder zeigen, dass dann ein Anpassungsprozess in Gang kommt.
Da unter den Annahmen des Keynesianischen Modells sich das Güterangebot immer der Güternachfrage anpasst, steigt das Güterangebot, bis ein Gleichgewicht herrscht.
4. Das keynesianische Modell der VolkswirtschaftExkurs: Stabilitätseigenschaften des Marktgleichgew ichtes
C(Y)= 0,5 * Y
C(Y) + G = 0,5*Y+G
YD = 0,5*Y+G+I
YD= 0,5*Y+G+I+∆I
Anstieg der Investi-tionen um 5
Wie vom Investitionsmultiplikator (1/(1-c) vorhergesagt, führt bei einer Konsumquote von c = 50% ein Anstieg der Investitionen um 5 zu einem Anstieg des BIP um 10 = 5 * (1/(1-0,5)) = 5 * 2 .
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1.1. Das "keynesianische Kreuz"
➤ Verbale Beschreibung des Multiplikatorprozesses■ Durch den Anstieg der Investitionsnachfrage um 5 steigt das gesamt-
wirtschaftliche Angebot (das sich ja stets der Nachfrage anpasst) eben-falls um 5 .
■ Dadurch steigt auch das gesamtwirtschaftliche Einkommen der Haus-halte um 5 .
■ Der Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Einkommens um 5 führt bei einer Konsumquote von 50 % zu einem Anstieg der Konsumnachfrage in Höhe von 0,5 * 5 = 2,5 .
■ Durch den Anstieg der Konsumnachfrage um 2,5 steigt das gesamt-wirtschaftliche Angebot wiederum um 2,5 .
■ Dadurch steigt das gesamtwirtschaftliche Einkommen wieder um 2,5 .■ Der Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Einkommens um 2,5 führt bei
einer Konsumquote von 50 % zu einem Anstieg der Konsumnachfrage in Höhe von 0,5 * 2,5 = 1,25 .
■ Durch den Anstieg der Konsumnachfrage um 1,25 steigt das gesamt-wirtschaftliche Angebot wiederum um 1,25 .
■ Dadurch steigt das gesamtwirtschaftliche Einkommen wieder um 1,25 .■ Der Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Einkommens um 1,25 führt bei
einer Konsumquote von 50 % zu einem Anstieg der Konsumnachfrage in Höhe von 0,5 * 1,25 = 0,625 , u.s.w. ...
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
Exkurs: Kann das BIP explodieren?In der grafischen Darstellung sieht es so aus, als ob das BIP immer weiterwächst, da die Haushalte ihren Konsum bei jedem Anstieg des BIPs nocheinmal etwas erhöhen. Man kann aber mathematisch zeigen, dass dieseIntuition falsch ist. Zunächst folgt dies aus der bereits gemachten Rechnung aufBasis der Niveaus:
Man kann dies aber auch auf schrittweise auf Basis der ersten Differenzenzeigen:
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1.1. Das "keynesianische Kreuz"
➤ Das Beispiel zeigt also:■ Wenn es gelingt die Investitionen zu erhöhen, steigt das BIP
um einen Betrag der 1/(1-c) so groß ist, wie die Erhöhung der Investitionen.
■ Das gleiche gilt natürlich für den Staatsverbrauch: Wenn der Staatsverbrauch (kreditfinanziert) steigt, so steigt das BIP ebenfalls um einen Betrag der 1/(1-c) so groß ist, wie die Erhöhung des Staatsverbrauches.
■ Wenn also die Konsumquote wie die Schätzung für Deutschland gezeigt hat bei c = 0,89 liegt, dann beträgt der Multiplikator 1/(1-0,89) = 9,09.
■ Unter den gemachten Annahmen, kann der Staat also das BIP beliebig erhöhen.
■ Da zur Produktion von BIP (unter anderem) Arbeitskräfte benötigt werden, kann der der Staat durch eine Erhöhung des Staatsverbrauches die Nachfrage nach Arbeitskräften beliebig erhöhen – im keynesianischen Modell.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1.2. Das keynesianische Modell mit Kapitalmarkt
➤ Das keynesianische Modell mit Kapitalmarkt■ Das "keynesianische Kreuz" demonstriert die wichtigsten
Eigenheiten der keynesianischen Theorie.■ Es unterstellt jedoch, dass die Investitionen der Unternehmen
konstant sind.■ Keynes ging jedoch davon aus, dass „normalerweise“ die
Investitionen der Unternehmen von zwei Faktoren abhängen:1. dem Realzins (i), zu dem die Unternehmen Kredite für die
Durchführung von Investitionen erhalten können und2. der erwarteten Rendite der Investitionen (E(r)).
■ Wie im neoklassischen Modell gilt: Wenn der Realzins steigt, sinkt die Investitionsnachfrage der Unternehmen, weil sich die Finanzierung der Investitionen verteuert.
■ Wenn die erwartete Rendite der Investitionen steigt (sinkt), so steigt (sinkt) die Investitionsnachfrage der Unternehmen, weil bei einer höheren Rendite der Investitionen mehr Investitionen zum gleichen Realzins rentabel werden.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells
Exkurs: Der Unterschied zwischen keynesianischer und neoklassischer Investitionsfunktion1. Die keynesianische Investitionsfunktion: I(i, E(r))Die Investitionen hängen negativ vom Realzins ab, weil ein Anstieg d. Realzinsesdie Finanzierung von Investitionen verteuert. Die Investitionen hängen positiv vonder erwarteten Investitionsrendite ab, weil ein Anstieg der erwartetenInvestitionsrendite (bei Konstanz des Realzinses) mehr Investitionsprojekterentabel macht. Die Investitionsrendite ist anders als im neoklassischen Modellunsicher, weil sie je nach Entwicklung der Güternachfrage(=Konsumgüternachfrage der Haushalte + Investitionsgüternachfrage derUnternehmen) unterschiedlich hoch sein kann. Die Ungewissheit über dieNachfrageentwicklung erzeugt im keynesianischen Modell also die Unsicherheitüber die Investitionsrendite (E(r))2. Die neoklassische Investitionsfunktion: I(i, L)Die Investitionen hängen aus den gleichen Gründen wie bei der keynesianischenKonsumfunktion negativ v. Realzins ab. Sie hängen positiv von der eingesetztenArbeitsmenge (L), ab weil die Produktivität der Maschinen steigt, wenn mehrArbeitskräfte eingesetzt werden. In der neoklassischen Investitionsfunktion spielenErwartungen über die Zukunft keine Rolle. Da die Märkte immer sofort insGleichgewicht finden, kann es keine bösen Überraschungen geben – dieökonomische Zukunft liegt gewissermaßen fest. Es gibt deshalb keine Unsicherheitüber die Investitionsrendite (E(r)).
Da der Konsum der Haushalte C(Y) vom Einkommen Y abhängt, hängen auch die Ersparnisse, die gleich Einkommen minus Konsum sind, vom Einkommen ab: Y – C(Y) = S(Y). Wenn z.B. das Einkommen gleich Y =
30 und die Konsumquote gleich c = 50% dann sind die Haushaltsersparnisse gleich S(Y) = Y – C(Y) = 30 – 0,5*30 = 15
I(i, E(r1))
Folglich hängen die Ersparnisse wie der Konsum nicht vom Realzins ab!
C(Y)+I(i, E(r1))
S= 15 = 0,5*30
S(Y) = 0,5*Y
Y = 30
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.1.2. Das keynesianische Modell mit Kapitalmarkt
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft3.1. The Keynesian Theory
Exkurs: Walras Gesetz“Walras Gesetz” wurde von dem französischen Ökonomen Léon Walrasentdeckt und 1874 in seinem Buch “Éléments d’èconomie politique pure”veröffentlicht. Es besagt:“Wenn die Anzahl aller Märkte in einer Volkswirtschaft gleich N ist und N-1 Märkteim Gleichgewicht sind (d.h. die Nachfrage ist auf N-1 Märkten gleich dem Angebot)und alle Haushalte ihre Budgets einhalten (d.h. nicht mehr und nicht weniger Geldfür Konsum und Ersparnis ausgeben als ihrem Einkommen entspricht), dann ist derNte Markt automatisch auch im Gleichgewicht (d.h. die Nachfrage ist auch auf demNten Markt gleich dem Angebot).”
In der hier behandelten Version eines keynesiansischen Modells gibt es nur zweiMärkte: Den Gütermarkt und den Kapitalmarkt. Daher ist N=2. Daher folgt nachWalras Gesetz, wenn der Gütermarkt im Gleichgewicht ist, so dass gilt:
Y = C(Y) + I(i, E(r))und die Haushalte ihre Budgets einhalten, so dass gilt:
Y = C(Y) + S(Y)dann, muss der Kapitalmarkt auch im Gleichgewicht sein, d.h. die Ersparnisse S(Y)müssen gleich der Investitionsnachfrage I(i, E(r)) sein, so das gilt:
S(Y)= I(i, E(r))Man kann leicht sehen, dass dies stimmt, wenn man das Haushaltsbudget von derGütermarktgleichung abzieht:
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.2.1. Rückgang der Konsumneigung
➤ Da im keynesianischen Modell das Angebot sich immer der Nachfrage anpasst, führt ein Rückgang der Nachfrage immer sofort zu einem Rückgang des BIP:
■ Erwarten die Haushalte eine Verschlechterung der Wirtschaftslage, so dass sie ihre Ersparnisse erhöhen, um Vorsorge zu treffen, sinkt ihre Konsumnachfrage und das, was sie erwartet haben, tritt tatsächlich ein.
■ Man spricht von „Sich-selbst-erfüllenden-Erwartungen“: Das was man erwartet tritt ein, weil man es erwartet.
1) Alle Modellvariablen ändern sich simultan. Deshalb darf die Ersparnis nicht aus demAusgangseinkommen (= 30) berechnet werden. Das Einkommen der betrachteten Periode steht erst amEnde aller Anpassungsprozesse fest und beträgt somit im obigen Fall 20.
➤ Zusammenfassung:■ Bei einer Verschlechterung der Zukunftserwartungen der
Haushalte sinkt also die Konsumquote bzw. steigt die Sparquote.
■ Der Rückgang der Konsumnachfrage (C(Y)↓) führt zu einem Rückgang des Güterangebotes und damit auch zu einem Rückgang des BIPs (Y↓), welches gleich dem Einkommen der Haushalte ist (Y↓).
■ Dadurch wird nun wieder ein negativer Multiplikatorprozess in Gang gesetzt:◆ Aufgrund ihres gesunkenen Einkommens sinkt der Konsum der
Haushalte C(Y↓)↓.
◆ Die Nachfrage sinkt also noch einmal, so dass auch das Güterangebot und damit das Einkommen sinkt Y↓, so dass der Konsum abermals sinkt C(Y↓)↓ usw….
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.2.1. Rückgang der Konsumneigung
■ Dieser negative Multiplikatorprozess hält solange an, bis die gesunkene Konsumnachfrage plus der unveränderten Investitionsnachfrage wieder gleich dem Einkommen ist:
C(Y) + I(i, E(r)) = Y■ Wie die Grafiken zeigen, führt Rückgang der Konsumquote auf
0,25 aufgrund des negativen Multiplikatorprozesses zu einem Rückgang des BIPs auf 15 * (1/(1-0,25) = 20.
■ Die Ersparnis der Haushalte ändert sich trotz des Anstiegs der Sparquote von 0,5 auf 0,75 nicht, weil das niedrigere Einkom-men genau entgegengesetzt wirkt: 0,5 * 30 = 0,75 * 20 = 15. Deshalb ändert sich der Realzins und damit auch die Investitionen nicht!
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.2.1. Rückgang der Konsumneigung
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.2.2. Rückgang der Investitionsneigung
➤ Da im keynesianischen Modell das Angebot sich immer der Nachfrage anpasst, führt ein Rückgang der Nachfrage immer sofort zu einem Rückgang des BIP:
■ Erwarten die Unternehmen eine Verschlechterung der Wirtschaftslage, so dass die Investitionsrendite sinkt, senken sie ihre Investitionsnachfrage und das was sie erwartet haben tritt tatsächlich ein.
■ Man spricht von „Sich-selbst-erfüllenden-Erwartungen“: Das, was man erwartet, tritt ein, weil man es erwartet.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.2.2. Rückgang der Investitionsneigung
1) Alle Modellvariablen ändern sich simultan. Deshalb müssen beide Nachfragekurven gleichzeitigverschoben werden (Würde sich nur die Kapitalnachfrage verschieben, würde der sinkende Zinssatz dieInvestitionsgüternachfrage wieder auf das Ausgangsniveau erhöhen).
Die Nachfrage nach Investitionsgütern und die Kapitalnachfrage zur Finanzierung des Kaufes dieser Güter sinken.1)
➤ Zusammenfassung:■ Bei einer Verschlechterung der Zukunftserwartungen der
Unternehmen sinkt also die Investitionsnachfrage.
■ Der Rückgang der Investitionsnachfrage (I(i, E(r)↓)↓) führt zu einem Rückgang des Güterangebotes und damit auch zu einem Rückgang des BIPs (Y↓), welches gleich dem Einkommen der Haushalte ist (Y↓).
■ Dadurch wird nun ein negativer Multiplikatorprozess in Gang gesetzt:◆ Aufgrund ihres gesunkenen Einkommens sinkt der Konsum der
Haushalte C(Y↓)↓.
◆ Die Nachfrage sinkt also noch einmal, so dass auch das Güterangebot und damit das Einkommen sinkt Y↓, so dass der Konsum abermals sinkt C(Y↓)↓ usw….
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.2.2. Rückgang der Investitionsneigung
■ Dieser negative Multiplikatorprozess hält solange an, bis die gesunkene Investitionsnachfrage plus dem gesunkenemKonsum der Haushalte wieder gleich dem Güterangebot ist:
C(Y) + I(i, E(r)) = Y
■ Wie die Grafiken zeigen, führt Rückgang der Investitions-nachfrage um 10 aufgrund des negativen Multiplikator-prozesses zu einem Rückgang des BIPs um 10 * (1/(1-0,5) = 20 .
■ Da das Einkommen der Haushalte von 30 auf 10 sinkt, sinkt auch die Ersparnis von 0,5 * 30 = 15 auf 0,5 *10 =5. Die Ersparnis sinkt also auf das gleiche Niveau, wie die Investitionen, so dass der Zinssatz unverändert bleibt.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.2.2. Rückgang der Investitionsneigung
➤ Zusammenfassung des empirischen Befundes:■ Die Anlageinvestitionen (=Bruttoinvestitionen ./. Lagerbestands-
investitionen = Investitionen in Produktionsanlagen und Immobilien) schwanken sehr stark prozyklisch:◆ In Aufschwungsphasen wachsen die Anlageinvestitionen
schneller als das BIP.◆ In Abschwungsphasen schrumpfen die Anlageinvestitionen
schneller als das BIP.
■ Der private Konsum ist sehr viel schwächer mit dem Konjunkturzyklus korreliert.◆ Es zeigt sich in Abschwungsphasen lediglich eine leichte
Abschwächung des Konsumwachstums.◆ Die Konsumquote ist dagegen nicht eindeutig positiv mit dem
Konjunkturzyklus korreliert.■ Dieser empirische Befund ist kein Einzelfall: Er zeigt sich seit
Beginn der 50er Jahre in allen Industrieländern.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.2.2. Rückgang der Investitionsneigung
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.2.3. Konsequenzen für den Arbeitsmarkt
➤ Die vorangegangene Untersuchung zeigt, dass eine „Stimmungsverschlechterung“ bei Konsumenten und/oder Unternehmen tatsächlich zu einer Rezession führen kann:
➤ Wenn das BIP durch einen Rückgang der Güternachfrage sinkt, benötigen die Unternehmen natürlich auch weniger Arbeitskräftezur Herstellung des BIPs.
■ Die Nachfrage nach Arbeitskräften sinkt deshalb.■ Wenn die Reallöhne nicht flexibel sind, sondern durch
Tarifverträge fixiert werden, bleibt das Arbeitsangebot unverändert.
■ Wenn das Arbeitsangebot unverändert bleibt, die Arbeitsnachfrage aber sinkt, kommt es zu Arbeitslosigkeit.
■ Diese Arbeitslosigkeit ist also letztlich von einem Rückgang der Güternachfrage verursacht.
■ Man nennt sie „keynesianische Arbeitslosigkeit“.
Der Effekt der Güternachfrage auf den Arbeitsmarkt
L
Y
L
Y(LD1,K1)
LD1(w1/P1,K1)
Y(L,K1)
LS(w/p)
Unter den Annahmen des neoklassischen Modells (s. Kapitel 2.1.) hängt das Güterangebot von der gleichgewichtigen Arbeits-einsatzmenge LD(w1/P1,K1)und dem Kapitalstock K1 ab.
Das dabei resultierende BIP-Niveau wird "Normalkapazitäts-BIP” oder (weil es dann keine Arbeitslosigkeit gibt) „Vollbeschäftigungs-BIP“ genannt.
LD (w/p,K1)
"Normalkapazitäts-BIP" oder "Vollbeschäftigungs-BIP"
Der Effekt der Güternachfrage auf den Arbeitsmarkt
L
Y
L
Y(LD1,K1)
LD1(w1/P1,K1)
Y(L,K1)
LS(w/p)
Unter den Annahmen des keynesianischen Modells, passen Firmen in der kurzen Frist ihre Güterproduktionimmer an die Güternachfrage an. Deshalb passen sie auch ihre Arbeitsnachfrage an die Güternachfrage an! Folglich ist die keynesianische Ar-beitsnachfrage in der kurzen Frist nicht vom Reallohn w/P und dem Kapitalstock K1, d.h. LD(w/P,K1), bestimmt, sondern von der Güternach-frage YD.
Die „kurzfristige"Arbeitsnach-frage ist deshalb gleich LD(YD).
LD (w/p,K1)
LD1(w1/P1,K1)
"Normalkapazitäts-BIP" oder "Vollbeschäftigungs-BIP"
Der Effekt der Güternachfrage auf den Arbeitsmarkt
L
Y
L
YD,1
LD1(w1/P1,K1)
Y(L,K1)
LS(w/p)
Wenn die Nachfrage nach Gütern gleich dem Vollbeschäftigungs-BIP ist, d.h. YD= Y(LD1,K1), ist die keynesianische Arbeitsnachfrage gleich dem Vollbeschäftigungsniveau LD(YD) = LD(w1/P1,K1).
LD (w/p,K1)
Keynesianische Arbeitsnachfrage
LD(YD,1)
"Normalkapazitäts-BIP" oder "Vollbeschäftigungs-BIP"
Der Effekt der Güternachfrage auf den Arbeitsmarkt
L
Y
L L1
L1
Y(L,K1)
LD(YD,2)
Wenn die Güternachfrage (aus den in 3.2. genannten Gründen) unter das Vollbeschäftigungs-BIP fällt, d.h. YD< Y(LD1,K1), ist die Keynesianische Arbeitsnach-frage niedriger als das Vollbeschäftigungsniveau: LD(YD) < LD(w1/P1,K1).
Wenn der Reallohn aufgrund von Tarifverträgen nicht unter das alte Niveau w1/P1 sinken darf, resultiert “Keynesianische Arbeitslosigkeit”
Der Effekt der Güternachfrage auf den Arbeitsmarkt
L
Y
L L1
L1
Y(L,K1)
LD(YD,2)
Wir wissen von 3.2., dass auch das Umgekehrte passieren kann: Die Nachfrage nach Gütern kann über das Vollbeschäftigungs-BIP steigen, d.h. YD > Y(LD1,K1). Dann ist die Keynesianische Arbeitsnach-frage höher als das Vollbe-schäftigungsniveau: LD(YD) > LD(w1/P1,K1).
Da Tarifverträge normaler-weise einen Anstieg der Löhne erlauben, steigen die Löhne dann (auch wg. Über-stundenzuschlägen). Das Ergebnis ist dann “Keynesia-nische Überbeschäftigung”
YD,2
Anstieg der Arbeitsnachfrage
LS(w/p)
Keynesianische Überbeschäftigung
Anstieg des BIPs über sein Vollbeschäftigungsniveau in
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.2.3. Konsequenzen für den Arbeitsmarkt
➤ Die Analyse zeigt also:
■ Nachfrageseitige Rezessionen gehen, wie vom keynesianischen Modell impliziert, normalerweise mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosenquote einher.
■ Damit stellt sich die Frage, ob der Staat in einer Rezession nicht eingreifen sollte, um das Entstehen von keynesianischer Arbeitslosigkeit zu verhindern.
■ Im neoklassischen Modell (AU 2.2) haben wir gesehen, dass sowohl Fiskal- als auch Geldpolitik wirkungslos sind.
■ Im Folgenden soll untersucht werden, ob dies auch unter den Bedingungen des keynesianischen Modells so ist.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.1. Fiskalpolitik
➤Man unterscheidet staatliche Fiskalpolitik nach der Art ihrer Finanzierung.■ Schuldenfinanzierte Fiskalpolitik
■ Steuerfinanzierte Fiskalpolitik➤Wenn der Staat seinen Verbrauch (G) durch Steuern (T)
und durch Schulden (DG) finanziert gilt die folgende Budgetgleichung:■ G = T + DG
➤ Zur Vereinfachung werden wir im Folgenden nur schuldenfinanzierte Fiskalpolitik untersuchen:■ G = DG | Schuldenfinanzierte Fiskalpolitik
➤ Steuerfinanzierte Fiskalpolitik wirkt unter keynes-ianischen Annahmen ähnlich wie schuldenfinanzierte, allerdings nicht ganz so stark, weil es nicht zu einem Multiplikatoreffekt kommt (Haavelmo-Theorem).
Ausgangspunkt ist eine Situation, in der durch eine nachfrageseitige Rezes-sion das BIP auf ein Niveau von Y°D gesunken ist, das unter dem Vollbe-schäftigungs-BIP Y#
D liegt, so dass Keynesianische Arbeitslosigkeitentstanden ist.
Was passiert, wenn in dieser Situation der Staat den Staatsverbrauch von Null auf G=5 erhöht, und sich dazu in Höhe von DG=G=5 auf dem Kapitalmarkt
verschuldet?
Y#D
Vollbeschäf-tigungs-BIP
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.1. Fiskalpolitik
Da von dem um 10 erhöhten Einkommen bei einer Sparquote von 50% die Hälfte gespart wird, steigt das Kreditangebot um den gleichen Betrag wie die Kreditnachfrage.
Y#D
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.1. Fiskalpolitik
D, verursacht durch den Anstieg des Staatsver-brauches, führt zu einem An-stieg der kurzfristigen Arbeits-nachfrage von LD(Y°D) auf LD(Y#
D). Folglich verschwindet die von der Rezession verursachte Keynesianische Arbeitslosigkeit. Falls der Anstieg des Staatsverbrauch-es geringer ausfällt als G=5, verschwindet die Keynesia-nische Arbeitslosigkeit nicht ganz. Falls der Anstieg des Staatsverbrauches größer ist als G=5, steigt das GDP auf ein höheres Niveau als Y#
D. In diesem Fall kommt es zu einer "Überhitzung" der Volks-
D, verursacht durch den Anstieg des Staatsver-brauches, führt zu einem An-stieg der kurzfristigen Arbeits-nachfrage von LD(Y°D) auf LD(Y#
D). Folglich verschwindet die von der Rezession verursachte Keynesianische Arbeitslosigkeit. Falls der Anstieg des Staatsverbrauch-es geringer ausfällt als G=5, verschwindet die Keynesia-nische Arbeitslosigkeit nicht ganz. Falls der Anstieg des Staatsverbrauches größer ist als G=5, steigt das GDP auf ein höheres Niveau als Y#
D. In diesem Fall kommt es zu einer "Überhitzung" der Volks-
wirtschaft.
Y°D
LD(Y#D) LS(w/p)
Verschwinden der Keynes-ianischen Arbeitslosigkeit
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.1. Fiskalpolitik
➤ Zusammenfassung: Was passiert wenn der Staat den Staatsverbrauch von Null auf G=5 erhöht und den Staatsverbrauch mit Schulden finanziert G=5=DG?
■ Durch die Erhöhung der Nachfrage um die Höhe des Staats-verbrauches G=5 wird ein positiver Multiplikatorprozess in Gang gesetzt (vgl. Abschnitt 3.1.1).
■ Das BIP steigt deshalb um G*(1/(1-c)) = 5*(1/(1-0,5))=10 von 20 auf 30 an.
■ Bei einem BIP von 30 beträgt die Ersparnis der Haushalte Y*(1-c) = 30*(1-0,5) = 15.
■ Aufgrund des Einkommensanstiegs steigt also die Ersparnis auf ein Niveau, das ausreicht, um die Neuverschuldung des Staates in Höhe von DG=5 zu finanzieren, ohne dass der Realzins steigt.
■ Es kommt also nicht wie in der neoklassischen Theorie zu einem „Crowding-Out“ ,
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.1. Fiskalpolitik
■ Die Erhöhung des Staatsverbrauches finanziert sich selbstdurch ihre expansive Wirkung auf das Einkommen der Haushalte.
■ Zur Produktion des höheren BIPs benötigen die Unternehmen mehr Arbeitskräfte.
■ Also steigt auch die Nachfrage nach Arbeitskräften.■ Die durch die Verschlechterung des Investitionsneigung
entstandene Arbeitslosigkeit baut sich also wieder ab.■ Achtung:◆Bei einem Anstieg des Staatsverbrauches auf G = 5 steigt
hier das BIP und die Arbeitsnachfrage um genau den Betrag der notwendig ist, um den Verschlechterung der Investitions-neigung wieder rückgängig zu machen.◆Wenn der Staatsverbrauch auf ein höheres (niedrigeres)
Niveau als G = 5 steigt, steigt die Arbeitsnachfrage stärker(schwächer) an, als notwendig um wieder Vollbeschäftigung zu erreichen.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.1. Fiskalpolitik
➤Warum funktioniert eine „Wirtschaftsbelebung“ durch Fiskalpolitik im keynesianischen Modell aber nicht im neoklassischen Modell?
■ Im neoklassischen Modell liegt das Güterangebot der Unternehmen fest. Ein Anstieg der Güternachfrage kann also nicht zu einer Erhöhung des Güterangebotes führen.
◆Durch die Schuldenfinanzierung des Staates steigt die Kreditnachfrage.
◆Da das Kreditangebot aber nicht steigt, resultiert ein Anstiegdes Realzinses, so dass die Investitionen der Unternehmen (I(i↑)↓) und die Konsumnachfrage der Hauhalte sinken (C(i↑)↓): Es kommt also zu einem vollständigen „Crowding-Out“
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.1. Fiskalpolitik
➤Warum funktioniert eine „Wirtschaftsbelebung“ durch Fiskalpolitik im keynesianischen Modell aber nicht im neoklassischen Modell?
■ Im keynesianischen Modell passt sich das Güterangebotder vom Staat erhöhten Nachfrage an, so dass das BIPund damit auch die Einkommen der Haushalte steigen.
◆Durch die Schuldenfinanzierung des Staates kommt es zu einem Anstieg der Kreditnachfrage.◆Durch den Einkommensanstieg steigt auch die Ersparnis der
Haushalte, so dass das Kreditangebot steigt.◆Der Anstieg des Kreditangebotes der Haushalte reicht aus,
um den Anstieg d. Kreditnachfrage d. Staates auszugleichen.◆Es kommt also nicht zu einem Anstieg des Kapitalmarkt-
zinses, so dass die Investitionen der Unternehmen nicht verdrängt werden.◆Die schuldenfinanzierte Ausdehnung der Staatsausgaben
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
➤ Bei der Analyse der Fiskalpolitik haben wir die Existenz von Geld zur Vereinfachung vernachlässigt und eine reine Tauschwirtschaft unterstellt.■ Bei der Berücksichtigung von Geld wird die Wirkung der
Fiskalpolitik etwas gedämpft, weil ein Anstieg des BIPs die transaktionskassenbedingte Geldnachfrage und damit den Zinssatz erhöht, so dass die Investitionsnachfrage und damit das BIP wieder etwas sinkt.
■ Der Nettoeffekt der Fiskalpolitik bleibt jedoch unverändert positiv.
■ Die Vernachlässigung der Existenz von Geld ist also relativ harmlos.
➤ Bei der Analyse der Geldpolitik kann die Existenz von Geld jedoch nicht mehr vernachlässigt werden ☺.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
➤Die Bestimmungsfaktoren des Geldangebotes:
■ Wie im neoklassischen Modell legt die Notenbank das Angebot an Geld fest: MS
■ Wie wir bei der Besprechung der Geldtheorie (AU 6. Geld-theorie und Geldpolitik) noch sehen werden, bietet die Notenbank normalerweise diese Geldmenge mit Hilfe der Geschäftsbanken auf dem Kapitalmarkt als Kredit an.
■ Wir können deshalb das Geldangebot der Notenbank zu dem Kreditangebot der Haushalte hinzuaddieren.
■ Das gesamte reale Kreditangebot ist dann gleich der Summe der realen Ersparnisse der Haushalte plus dem realen Geldangebot der Notenbank (=nominales Geldan-gebot (MS) dividiert durch das Preisniveau (P)):
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
➤Die Bestimmungsfaktoren der Geldnachfrage:
■ Wie im neoklassischen fragen Unternehmen Bargeld nach, um damit ihre Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital zu bezahlen.
■ Die reale Geldnachfrage hängt also von den realen Lohn-und Zinszahlungen ab, die der Höhe des realen BIP (Y) entsprechen.
■ Im keynesianischen Originalmodell wird darüber hinaus noch berücksichtigt , dass die Haushalte und Unternehmen bei einem Anstieg der Opportunitätskostender Geldhaltung (= Realzins = i) versuchen, mit weniger Geld auszukommen. Dieser Effekt wird im Folgenden vernachlässigt, da er keinen wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse hat.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
➤ Die Bestimmungsfaktoren der Geldnachfrage:
■ Folglich hängt die reale Geldnachfrage wie im neoklassischen Modell positiv vom BIP (Y) ab:
reale Geldnachfrage = RD(Y)
■ Die gesamte reale Kreditnachfrage ist deshalb gleich der realen Kreditnachfrage für den Kauf von Investitions-gütern I(i, E(r)) plus der realen Geldnachfrage RD(Y):
Ausgangspunkt ist eine Situation, in der durch eine nachfrageseitige Rezes-sion das BIP auf ein Niveau von Y°D gesunken ist, das unter dem Vollbe-schäftigungs-BIP Y#
D liegt, so dass Keynesianische Arbeitslosigkeitentstanden ist.
Y°D Y#D
Vollbeschäf-tigungs-BIP
S(Y°) S(Y°)+M/P
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
Durch den Anstieg der Investitionen um 5 steigt die Güternachfrage auch um 5 an. Aufgrund des Multiplikatoreffektes steigt das BIP dann um 10 Einheiten.
Y°D Y#D
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
Zur Produktion eines um 10 höheren BIPs fragen die Unternehmen jetzt mehr Ar-beit nach, so dass die nachgefragte Arbeitsmenge steigt und die Arbeitslosigkeit
verschwindet.
Y°D Y#D
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
Da das BIP um 10 gestiegen ist, steigt auch die Ersparnis der Haushalte um 10 multipliziert mit der Sparquote: 10*(1-c) = 10*0,5 = 5. Dadurch verschiebt sich das
Kreditangebot um 5 nach rechts.
Y°D Y#D
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
Zur Vereinfachung unterstellen wir hier, dass die Geldnachfrage RD(Y) um den gleichen Betrag nach rechts wandert wie die Ersparnis der Haushalte. Dadurch
bleibt der Realzins auf seinem neuen Niveau i# liegen und es resultiert ein neues allgemeines Marktgleichgewicht ohne Arbeitslosigkeit. Wenn der Anstieg der
Geldnachfrage kleiner ausfällt, als hier unterstellt, kommt es zu einer weiteren Zinssenkung und das BIP wächst noch stärker an.
Y°D Y#D
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
➤ Zusammenfassung: Die Wirkungsweise der Geldpolitik
■ Durch eine Ausdehnung der realen Geldmenge um ∆MS /P= 5 durch die Notenbank steigt das reale Kreditangebot um den gleichen Betrag.
■ Dadurch sinkt zunächst der Realzins, solange bis die Investitionen um den Betrag des Anstiegs der realen Geldmenge gestiegen sind: I(i↓)↑ = I(i#) = I(i°) + 5.
■ Das bewirkt nun einen Anstieg der Güternachfrage(= Konsumgüter + Investitionsnachfrage) um ebenfalls 5.
■ Aufgrund des Multiplikatoreffektes kommt es nun bei einer Konsumquote von c = 0,5 zu einem Anstieg des BIPs um 5 * (1/(1-c)) = 5 * (1/(1-0,5)) = 5 * 2 = 10.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
■ Zur Produktion eines des höheren BIPs werden nun mehr Arbeitskräfte gebraucht, so dass die Arbeitsnachfrage von L° auf L# steigt.
■ Im obigen grafischen Beispiel, ist die Geldmengenerhö-hung durch die Notenbank genau so gewählt, dass sie ein BIP-Wachstum erzeugt, das ausreicht, um die nachgefra-gte Arbeitsmenge auf die Menge zu erhöhen, die dem lang-fristigen Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt entspricht.
■ Das ist natürlich nicht notwendigerweise der Fall:◆Wenn die Notenbank die Geldmenge nicht stark genug
ausdehnt, steigt zwar das BIP und damit auch die Arbeitsnachfrage. Es wird aber nicht das langfristige Arbeitsmarktgleichgewicht erreicht.◆Wenn die Notenbank die Geldmenge zu stark ausdehnt, kann
die Arbeitsnachfrage auch über das langfristige Arbeitsmarktgleichgewicht steigen.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
■ Das muss natürlich nicht auch notwendigerweise der Fall sein.
■ Es kann auch sein, dass der Anstieg der Geldnachfrage zu gering (zu stark) ist, um die höhere Ersparnis zu aufzunehmen. In diesem Fall würde der Zins sinken(steigen).
■ Die Investitionen würden dann weiter ansteigen (sinken), solange bis das BIP-Wachstum (die BIP-Schrumpfung) zu einer Geldnachfrage führt, die zusammen mit der Investitionsnachfrage gleich dem Kreditangebot ist.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
➤Warum funktioniert eine „Wirtschaftsbelebung“ durch Geldpolitik im keynesianischen Modell aber nicht im neoklassischen Modell?
■ Im neoklassischen Modell liegt das Güterangebot der Unternehmen fest.
■ Wenn die Notenbank die Geldmenge erhöht, so dass die Haushalte mehr Güter nachfragen kann also das Güteran-gebot diese höhere Güternachfrage nicht befriedigen.
■ Es resultiert also eine Überschussnachfrage nach Gütern, so dass letztendlich nur das Güterpreisniveau steigt.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.3.2. Geldpolitik
➤Warum funktioniert eine „Wirtschaftsbelebung“ durch Geldpolitik im keynesianischen Modell aber nicht im neoklassischen Modell?
■ Im keynesianischen Modell passt sich das Güterangebotder durch die Geldmengenausdehnung bewirkten erhöhten Güternachfrage an, so dass das BIP steigt.
■ Zur Produktion des höheren BIPs fragen die Unterneh-men dann mehr Arbeit nach, so dass die Arbeitslosigkeitsinkt.
➤ Wie in Abschnitt 3.1. gesehen, dauert der Zeitraum, bis Unternehmen ihre Preise anpassen im Durchschnitt 1 Jahr.■ Wenn es dann nach einem Jahr zu einer Preisanpassung kommt,
werden die Preise in Abhängigkeit von der jeweiligen Produktionssituation angepasst:
◆Wenn die Produktion über dem Vollbeschäftigungs-BIP liegt, weil die Wirtschaft sich in einem Aufschwung befindet, so kann der Produktionsgewinn in der Regel gesteigert werden, indem die Preise erhöht werden.
◆Wenn die Produktion unter dem Vollbeschäftigungs-BIP liegt, weil sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet, so kann der Produktionsgewinn in der Regel gesteigert werden, indem die Preise gesenkt werden.
➤ Im Folgenden soll nun untersucht werden, was passiert, wenn in der Ausgangslage die Wirtschaft in eine Rezession mit keynesianischer Arbeitslosigkeit abgerutscht war und die Unternehmen ihre Preise senken.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.4. Das keynesianische Modell in der langen Frist
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft3.1. The Keynesian Theory
Exkurs: Warum führt eine Preisanpassung in Rezessione n oder Boomphasen zu Gewinnanstieg?
Unternehmen, die unter vollkommenem Wettbewerb operieren, maximieren ihreGewinne, indem sie ihre Preise gleich ihren Grenzkosten setzen. In einemBoom passen sich die Unternehmen an die höhere Nachfrage an undproduzieren mehr. Deshalb steigen ihre Grenzkosten, so dass sie, wenn sielangfristig ihre Preise anpassen, ihre Preise erhöhen müssen. In einerRezession passen sich die Unternehmen an die niedrigere Nachfrage an undproduzieren weniger. Deshalb sinken ihre Grenzkosten, so dass sie, wenn sielangfristig ihre Preise anpassen, die Preise senken müssen.
In der Realität operieren heute viele Unternehmen unter monopolistischemWettbewerb. Sie haben deshalb etwas Marktmacht und könnenmonopolistische Preisaufschläge über ihre Grenzkosten (mark-up pricing)durchsetzen. In einem Boom steigt die Güternachfrage, so dass sie, wenn sielangfristig ihre Preise anpassen, höhere Preisaufschläge durchsetzen können.In einer Rezession wird die Güternachfrage schwächer, so dass man durcheine Reduzierung des Preisaufschlags die Nachfrage wieder etwas stabilisierenkann.
➤ Eine Preisänderung beeinflusst die Volkswirtschaft in der gleichen Weise wie im neoklassischen Modell (s. Kapitel 2.2.1):■ Über den Kapitalmarkt:■ Ausgangsituation ist ein Kapitalmarktgleichgewicht:
S(Y) + M / P° = I(i°, E(r)) + RD(Y)
■ In einer Rezession werden die Firmen ihre Preise von P° auf P# < P° senken. Dies wird einen Anstieg der realen Geldwertes von M / P° auf M / P# > M / P°. Daraus resultiert Überschussangebot an Krediten:
■ S(Y) + (M / P# )■ Das Überschussangebot führt zu einem Rückgang des Zinses
von i° auf i# < i°, so dass die Investitionsnachfrage v. I(i°, E(r)) auf I(i#, E(r)) steigt, bis ein neues Gleichgewicht erreicht ist:
S(Y) + (M / P# )
■ Höhere Investitionen erhöhen dann die Güternachfrage..
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.4. Das keynesianische Modell in der langen Frist
➤ Zusammenfassung: ■ Ausgangslage ist eine Situation, in der die Unternehmen auf
einen Rückgang der Güternachfrage kurzfristig mit einer Reduzierung der Produktionsmengen aber nicht mit einer Senkung der Preise reagiert haben.
■ Durch den Rückgang der Produktionsmenge sinken bei den Unternehmen die Produktionskosten unter den jeweiligen Güterpreis. Um Gewinnmaximierung bemühte Unternehmen haben deshalb einen Anreiz zur Preissenkung.
■ Dadurch beginnt das allgemeine Güterpreisniveau beginnt zu sinken.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.4. Das keynesianische Modell in der langen Frist
■ Das bewirkt nun einen Anstieg des realen Wertes, der von der Notenbank verliehenen Bargeldkredite:1)
(M / P↓ )↑
■ Das bedeutet aber nichts anderes, als dass das reale Kreditangebot auf dem Kapitalmarkt insgesamt steigt.
■ Durch diesen Anstieg des realen Kreditangebotes beginnt der Realzins zu sinken, so dass die Investitionen steigen.
■ Der Anstieg der Investitionen bewirkt aber einen Anstieg der Investitionsgüternachfrage, so dass die Güternach-frage insgesamt steigt.
1 ) Bei nominaler Darstellung des Kreditmarktes würde diese Preissenkung dazu führen, dass die nominale Kreditnachfrage stärker sinkt als das nominale Kreditangebot, so dass der Realzins sinkt. Beide Darstellungsweisen sind ergebnisäquivalent. Die reale Darstellung dient hier lediglich der Vereinfachung der grafischen Darstellung (vgl. dazu auch AU 2).
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.4. Das keynesianische Modell in der langen Frist
■ Die Unternehmen passen nun ihr Güterangebot wieder der gestiegenen Nachfrage an, so dass sie zur Produk-tion mehr Arbeitskräfte (und andere Produktions-faktoren…) nachfragen.
■ Dadurch steigt aber die Entlohnung der Produktionsfak-toren, so dass auch das Einkommen der Haushalte steigt.
■ Die Haushalte fragen aufgrund des höheren Einkommens mehr Konsumgüter nach, so dass die Güternachfrage abermals steigt und ein Multiplikatoreffekt entsteht (vgl. dazu oben Abschnitt 3.1.1.).
■ Die Güterproduktion steigt also weiter an und damit auch die Nachfrage nach Arbeitskräften.
■ Wenn die Güterproduktion dann wieder das Niveau des Vollbeschäftigungs-BIP erreicht hat haben die Unternehmen keinen Preissenkungsspielraum mehr und die Preissenkungen hören auf.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.4. Das keynesianische Modell in der langen Frist
■ Dann befindet sich auch der Arbeitsmarkt wieder in seinem langfristigen Gleichgewicht.
■ Nun muss noch berücksichtigt werden, dass durch das BIP-Wachstum
◆ einerseits die Ersparnis der Haushalte steigt um ∆S = ∆Y * (1-c).
◆ und andererseits die Transaktionskassennachfrage nach Bargeld steigt: RD(Y↑)↑
■ Dies führt dann auf dem Kapitalmarkt noch einmal zu einem Anstieg des Kreditangebotes (wg. Anstieg der Ersparnisbildung der Haushalte) und gleichzeitig zu einem Anstieg der Kreditnachfrage (wg. Anstieg der Transaktionskassennachfrage).
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.4. Das keynesianische Modell in der langen Frist
■ Sollte der Anstieg der Kreditnachfrage nicht (wie in obiger Grafik unterstellt) ausreichen, um den Anstieg des Kredit-angebotes aufzunehmen, so kommt es noch einmal zu einer Senkung des Realzinses mit einem entsprechenden Anstieg der Investitionen.
■ Der Prozess wiederholt sich dann solange, bis der Anstieg der Geldnachfrage ausreicht, um den Anstieg der Ersparnisbildung aufzunehmen.
➤ Nach all diesen Anpassungsprozessen befindet sich die Volkswirtschaft dann wieder in einem allgemeinen Marktgleichgewicht ohne Arbeitslosigkeit.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.4. Das keynesianische Modell in der langen Frist
➤ Wie die obige Analyse gezeigt hat, findet eine Volkswirtschaft „langfristig“ (=sobald die Preise zu reagieren beginnen) aus einer Rezession auch ohne staatliche Konjunkturpolitik wieder heraus.
➤ Langfristig wirken also die „Selbstheilungskräfte“ des Marktes
➤ Aus der keynesianischen Theorie folgt also nichtnotwendigerweise, dass staatliche Konjunkturpolitik auf jeden Fall durchgeführt werden muss.
➤ Aus der keynesianischen Theorie folgt lediglich, dass staatliche Konjunkturpolitik dann sinnvoll ist, wenn durch sie der marktwirtschaftliche Anpassungsprozess beschleunigt werden kann.
➤ Die Regierung bzw. Notenbank müssen also in der Lage sein, auf konjunkturelle Veränderungen mit Fiskal- und/oder Geldpolitik schneller zu reagieren, als die Unternehmen ihre Preisanpassungen vornehmen.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
➤ Das zeitliche Fenster für eine staatliche Konjunktursteuerung entspricht also dem einen Jahr, in dem die Unternehmen ihre Preise normalerweise unverändert lassen.
➤ Nur dann, wenn es der Regierung bzw. Notenbank gelingt, die Güternachfrage zu erhöhen, noch bevor die Unternehmen ihre Preise senken, kommt es zu einer Verkürzung des normalen marktwirtschaftlichen Anpassungsprozesses.
➤ Wenn die Maßnahmen der Fiskal- oder Geldpolitik erst dann zu wirken beginnen, wenn die Unternehmen bereits mit einer Preissenkung reagieren, kann es zu einer Überhitzung der Wirtschaft kommen.
➤ Das veranschaulichen die folgenden Graphiken:
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
➤ Die Grafiken zeigen die vom Problem der Wirkungsver-zögerung ausgehende Gefahr der Überhitzung anhand der Fiskalpolitik:■ Überhitzung durch Fiskalpolitik:◆ Die von der Preissenkung der Unternehmen ausgehende
Steigerung der Güternachfrage wird durch den Anstieg der staatlichen Güternachfrage so verstärkt, dass die Gesamtgüternachfrage über die normale Kapazitätsgrenze steigt.
➤ Natürlich kann bei der Geldpolitik das gleiche Problem auftreten, wenn eine Wirkungsverzögerung vorliegt:■ Überhitzung durch Geldpolitik:◆ Die von der Preissenkung der Unternehmen ausgehende
Zinssenkung wird durch die Geldpolitik noch verstärkt.◆ Die Investitionsgüternachfrage steigt dann so stark an, dass die
Gesamtgüternachfrage über die normale Kapazitätsgrenze steigt.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
➤ Der Anstieg der Gesamtgüternachfrage über das Vollbeschäftigungs-BIP, führt dann langfristig (wenn die Unternehmen mit ihrer Preisanpassung beginnen) zu einer Preiserhöhung, die dann wieder einen Rückgang der Güternachfrage erzeugt.
■ In diesem Fall würde die Fiskal- oder Geldpolitik Konjunk-turschwankungen nicht verkleinern sondern vergrößern.
➤ Damit stellt sich die also Frage, ob die Regierung bzw. Noten-bank tatsächlich in der Lage ist, so schnell zu reagieren, dass sie den normalen marktwirtschaftlichen Anpassungsprozess verkürzen kann und keine Überhitzung verursacht.
➤ Das soll im Folgenden diskutiert werden.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
➤ Praktische Erfahrungen mit antizyklischer Fiskalpolitik haben gezeigt, dass verschiedene Ursachen für Wirkungsverzöger-ungen existieren, die man nach folgendem Schema klassifizieren kann:
Wirkungsverzögerunginsgesamt
Innenverzögerung Außenverzögerung
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
Zeit, die zwischen dem Eintreffen einer Rezession
und der wirtschaftspoli-tischen Reaktion darauf,
vergeht
Zeit, die zwischen der wirtschaftspolitischen
Reaktion und dem Wirksamwerden der wirtschaftspolitischen Maßnahmen, vergeht.
➤ Die Innenverzögerung bei Fiskalpolitik hat zwei Gründe:
1. Die Regierung braucht Zeit, um die Gründe der Rezession zu erkennen (Diagnoseverzögerung): Nur wenn es sich um eine nachfrageseitige Rezession (s. Abschnitt 3.2.1. und 3.2.2. ) handelt, ist eine keynesianische Fiskalpolitik sinnvoll - bei einer angebotsseitigen Rezession führt keynesianische Fiskalpolitik lediglich zu einer Überhitzung.
2. Die Regierung braucht Zeit, um ihre Budgetpolitik zu ändern:
■ Auf der Ausgabenseite müssen Gesetze geändert werden, um den Staatsverbrauch zu erhöhen.
■ Auf der Einnahmenseite müssen Gesetze geändert werden, um den erhöhten Staatsverbrauch zu finanzieren: Steuer und/oder Kreditaufnahme muss erhöht werden.
Das Ändern von Gesetzen kann Wochen oder Monate dauern (Aktionsverzögerung).
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
◆ Nach Umsetzung der fiskalpolitischen Maßnahmen vergeht i.d.R. Zeit, bis sie ihre volle Wirkung entfalten:
• In keynesianischen Lehrbuchmodell tritt ihre Wirkung immer sofort ein: Ein Anstieg der Nachfrage verursacht sofort einen Anstieg der Produktion, der dann sofort zu einem Anstieg der Haushaltseinkommen führt, der dann sofort zu einem Anstieg der Güternachfrage der Haushalte führt. Der Multiplikatoreffektwirkt sofort.
• In der Realität braucht es aber i.d.R. einige Zeit, bis die Haushalte den Anstieg ihrer Einkommen wahrnehmen und darauf mit einem Anstieg ihrer Konsumausgaben reagieren.
• Deshalb muss man davon ausgehen, dass der Multiplikator in der Realität nur mit Verzögerung wirkt.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
➤ Zusammengenommen können sich die verschieden Verzögerungs-gründe der Fiskalpolitik über einen Zeitraum hinziehen, der durchaus auch 1 Jahr umfassen kann - also genau solange, wie der Zeitraum, bis die Unternehmen normalerweise ihre Güterpreise auch ohne staatliche Eingriffe anzupassen beginnen.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
Wirkungsverzögerunginsgesamt
Innenverzögerung Außenverzögerung
Zeit, die zwischen dem Eintreffen einer Rezession
und der wirtschaftspoli-tischen Reaktion darauf,
vergeht
Zeit, die zwischen der wirtschaftspolitischen
Reaktion und dem Wirksamwerden der wirtschaftspolitischen Maßnahmen, vergeht.
➤ Das Prognoseproblem:■ Um das Problem der Wirkungsverzögerung zu reduzieren,
kann man natürlich versuchen, die Konjunkturentwicklung zu prognostizieren.
■ Bei zutreffenden Prognosen könnte das Problem der Diagnoseverzögerung und der Aktionsverzögerung auf Seiten der Regierung deutlich reduziert werden:◆ Wenn man das Entstehen einer Rezession rechtzeitig
prognostizieren kann, kann man die fiskalpolitischen Maßnahmen bereits früher einleiten, so dass sie dann bereits zu wirken beginnen, wenn die Rezession eintritt.
■ Allerdings sind Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung mit großer Unsicherheit behaftet, da die wirtschaftliche Entwick-lung einer modernen, in die Weltwirtschaft eingebetteten Volkswirtschaft ein ähnlich komplexes Phänomen ist wie die Entwicklung des Wetters oder eines Ökosystems.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
➤ Das Politikproblem:■ Bislang beruhte die wirtschaftspolitische Analyse immer auf
der impliziten Annahme, dass die Regierung mit ihrer Wirt-schaftspolitik tatsächlich Konjunkturschwankungen glätten will, um dem Allgemeinwohl zu dienen.
■ Wenn man aber unterstellt, dass Regierungen wie alle anderen Wirtschaftssubjekte „rationale Eigennutzmaxi-mierer“ (homo oeconomicus) sind, dann ◆ ist es ihr vorrangiges Ziel, wiedergewählt zu werden und nicht
für das langfristige ( = wenn sie nicht mehr regieren) wirt-schaftliche Wohlergehen ihres Landes zu sorgen.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
■ Auf dieser Überlegung beruht die Theorie des politischen Konjunkturzyklus:◆ Einige Zeit vor einer anstehenden Wahl erhöht die Regie-
rung den Staatsverbrauch, um das Einkommenswachstum zu erhöhen und die Arbeitslosigkeit zu senken, um auf diese Weise Wähler zu gewinnen.
◆ Nach einer gewonnenen Wahl betreibt die Regierung eine restriktive Fiskalpolitik, um die Inflation zu senken und die Staatsverschuldung zur reduzieren, damit sie vor der nächsten Wahl wieder ein Konjunkturprogramm auflegen kann usw.
■ Nach der Theorie des politischen Konjunkturzyklus werden also Konjunkturzyklen von der Politik verursacht.
■ Wenn diese Theorie stimmt, kann man nicht erwarten, dass eine Regierung in der Lage ist, durch antizyklische Fiskal-politik Konjunkturzyklen zu glätten.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
➤ Auch bei der antizyklischen Geldpolitik existieren Probleme, die zu einer Wirkungsverzögerung führen:■ Allerdings dürfte die Innenverzögerung sehr viel kürzer sein
als bei Fiskalpolitik, da die meisten Notenbanken über Refinanzierungs- bzw. Offenmarktgeschäfte jederzeit und ohne Änderung von Gesetzen zusätzliches Geld anbieten können (vgl. AU 6 Geldtheorie und Geldpolitik).
■ Die Außenverzögerung der Geldpolitik kann aber groß sein:◆ Auch wenn die Geldpolitik kurzfristig die Zinsen senken kann,
führt ein Zinsrückgang noch nicht sofort zu einem Anstieg derUnternehmensnachfrage nach Investitionsgütern.
◆ Der Grund hierfür ist die Dauer der Investitionsplanung von Unternehmen, die erfahrungsgemäß mindestens ein halbes Jahr braucht. Vom Zeitpunkt einer Zinssenkung bis zu einem Anstieg der Investitionsnachfrage vergeht also i.d.R. mindestens ein halbes Jahr.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
➤ Das Prognoseproblem ist natürlich bei der Geldpolitik genau so gravierend wie bei der Fiskalpolitik.
➤ Das Politikproblem dürfte dagegen bei regierungsab-hängigen Notenbanken genauso gegeben sei wie bei der Fiskalpolitik. Bei unabhängigen Notenbanken existiert es dagegen nicht.
➤ Bei der praktischen Umsetzung der Geldpolitik zum Zweck der Konjunktursteuerung treten also ähnliche Probleme auf, wie bei der Fiskalpolitik. Das Aktionsproblem und das Politikproblem fallen jedoch aus den genannten Gründen weniger stark ins Gewicht wie bei der Fiskalpolitik.
➤ Viele Wirtschaftswissenschaftler halten die Geldpolitikdeshalb besser zur antizyklischen Konjunkturpolitik geeignetals die Fiskalpolitik.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunktur politik
➤ In Deutschland wurde auf der Grundlage dieser Konzeption Ende der 60er Jahre auf Betreiben von Wirtschaftsminister Karl Schiller das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (SWG; 08.06.1967) in Kraft gesetzt.
➤ Es entstand nachdem die erste „Konjunkturkrise“ der Nachkriegszeit (1966-67) von Wirtschaftsminister Karl Schiller mit nachfragepolitischen Instrumenten anscheinend erfolgreich bewältigt worden war.
➤ Ziel des Gesetzes: Verringerung des Problems der „Innenverzögerung“.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.5.2. Fallstudie: Fiskalpolitik in Deutschland
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.5.2. Fallstudie: Fiskalpolitik in Deutschland
➤ Die wirtschaftspolitischen Instrumente des SWG
■ Ermächtigung (aber kein Zwang) der Bundesregierung im Falle eines „Ungleichgewichtes am Gütermarkt“ (Rezession oder Überhitzung) die geplanten öffentlichen Ausgaben kurzfristig zu ändern.
◆ Bei Einschränkung der Ausgaben ist eine Tilgung von Staatsschulden oder Einzahlung in „Konjunktur-ausgleichsrücklage“ vorgeschrieben.
◆ Bei Ausweitung der Ausgaben ist Finanzierung über die „Konjunkturausgleichsrücklage“ oder zusätzliche Schuldenaufnahme bis maximal 5 Mrd. vorgesehen.
➤ Wie das Schaubild zeigt, haben die deutschen Regierungen seit 1970 ihre Haushaltspolitik nicht am Konzept der anti-zyklischen Fiskalpolitik ausgerichtet.
➤ Wenn man die jährlichen Haushaltsdefizite (= DG,t) über die Vergangenheit aufaddiert, erhält man den akkumulierten Schuldenstand:
LADG,t = DG,t + DG,t-1 + DG,t-2 + DG,t-3 +…➤ Wenn man den Schuldenstand eines Jahres durch das BIP
dieses Jahres dividiert, erhält man die Schuldenstandsquote:LADG,t / BIPt
➤ Wenn der Schuldenstand schneller wächst als das BIP, wächst die Schuldenstandquote.
➤ Nach der Übernahme der Treuhandschulden im Jahr 1995 überschritt sie erstmals das 60% Limit das vom Maastricht Vertrag vorgeschrieben wird.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.5.2. Fallstudie: Fiskalpolitik in Deutschland
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft3.1. The Keynesian Theory
Exkurs: Gründe für den Anstieg der Schuldenstandsquo te in Deutschl.
■ Ausbau wohlfahrtsstaatlicher Leistungen Anfang der 70er Jahre nach skandinavischem Vorbild durch die Regierung Brandt (Erweiterung der Rentenansprüche, Ausbau der Arbeitsförderungsgesetze, Ausweitung des sozialen Wohnu-ngsbaus, Erhöhung des Wohngeldes, staatliche Bezuschus-sung der Vermögensbildung).
■ Rückgang des BIP-Wachstums und der Staatseinnahmen während der Ölkrise 1973.
■ Trendmäßiger Anstieg der Sockelarbeitslosigkeit seit Beginn der 70er Jahre und daraus resultierender Anstieg der Ausgaben für Arbeitslosen-und Sozialhilfe.
■ Ausbau der Arbeitsförderungsgesetze durch die Regierung Schmidt und finanzielles Nachwirken der Brandt'schen Reformen.
■ Rückgang des BIP-Wachstums/der Staatseinnahmen während der Ölkrise Anfang der 80er Jahre.
■ Zerschlagung der Konsolidierungserfolge der Regierung Kohl durch die wirtschaftliche Gestaltung der deutschen Vereinigung der selben Regierung.
➤Um den stetigen Anstieg der Staatsverschuldung zu bekämpfen hat das deutsche Parlament im Mai 2009 die so genannte “Schuldenbremse” in die Verfassung (Artikel 115) eingebaut.➤Danach muss,■ die Bundesregierung muss ein ausgeglichenes Budget, d.h. G = T,
ab dem Jahr 2016 erreichen.■ die Bundesländer müssen ein ausgeglichenes Budget ab dem Jahr
2020 erreichen.➤Es gibt aber Ausnahmen:■ In einer Rezession ist auf Bundesebene Neuverschuldung möglich,
wenn sichergestellt wird, dass die Neuschulden im nächsten Aufschwung wieder abgebaut werden = antizyklische Fiskalpolitik.
■ Im Falle von “Naturkatastrophen” oder “außerordentlichen Notfällen” ist Neuverschuldung auch möglich, wenn sichergestellt wird, dass die Neuschulden wieder später abgebaut werden.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.5.2. Fallstudie: Fiskalpolitik in Deutschland
Wie wirkt die „Schuldenbremse“ langfristig auf die Schuldenstandsquote?
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.5.3. Grenzen der Staatsverschuldung
➤ Gibt es eine ökonomische Grenze für Staatsschulden?■ Rein rechnerisch ist die Obergrenze der Gegenwartswert der maximal
möglichen jährlichen Steuerzahlungen die vom politisch maximal durchsetzbaren Steuersatz und dem BIP abhängen (τmax * Yt):
■ Wenn der Gegenwartswert der Zinszahlungen auf die Staatsschuld größer als der Gegenwartswert der maximal möglichen Steuerzahlungenwird, kann der Staat definitiv seine Schulden nicht mehr bedienen und muss Bankrott anmelden.
Gegenwartswert des zukünftigen
Steueraufkommens
Gegenwartswert zukünftiger
Zinszahlungen≤
Die Gleichungzeigt, dass die“Schuldenquote”LADt / Yt einsinnvollesempirischesMaß für dieTragbarkeit derStaatsver-schuldung ist.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.5.3. Grenzen der Staatsverschuldung
➤ Gibt es eine ökonomische Grenze für Staatsschulden?
■ Natürlich werden Regierungen schon bevor diese Grenze erreicht ist, versuchen, ihre Schuldenrückzahlungen ganz oder teilweise zu reduzieren – „umzustrukturieren“, denn sie brauchen das Steueraufkommen ja zum größten Teil zur Finanzierung ihrer Staatsaufgaben.
■ Weil dies ein Risiko für die Kapitalgeber darstellt, reagieren die Finanzmärkte in der Regel schon lange bevor diese Grenze erreicht ist, und verlangen in Abhängigkeit von der Verschuldungsquote eines Staates eine Risikoprämie (=Zinsaufschlag).
■ Die Erfahrung zeigt aber, dass die Reputation von Regierungen bei der Höhe dieser Risikoprämie eine entscheidende Rolle spielt, wie die folgenden Schaubilder zeigen:
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.5.3. Grenzen der Staatsverschuldung
➤ Wichtig:
■ Es gibt historische Beispiele dafür, dass Staaten in der Lage waren eine Schuldenlast von mehr als 200% des BIP zurückzufahren, ohne den Schuldendienst ganz oder teilweise einzustellen, wie das folgende Schaubild zeigt.
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.5.3. Grenzen der Staatsverschuldung
➤ Gibt es eine ökonomische Grenze für Staatsschulden?
■ Multipliziert man beide Seiten der Gleichung mit dem Zinssatz it folgt:
■ Das bedeutet, dass – da normalerweise der Zinssatz it größer ist als das BIP-Wachstum ∆Yt/Yt so dass it / (∆Yt/Yt) >1, Zinszahlungen größer sindals der mögliche Anstieg des Defizits. Mit anderen Worten:
■ Mit anderen Worten:
Zinszahlungen können langfristig nicht mit neuen Schulden bezahlt werden, wenn die Schuldenquote konstant bleiben soll!
Um die Schuldenquote konstant zu halten, muss ein Teil des Steuereinkommens immer dazu verwendet werden, Zinsen zu zahlen!
<=> Das Steuereinkommen kann nicht vollständig konsumiert werden!
<=> Schulden können nicht vollständig finanziert werden mit neuen Schulden !
4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft 4.5.3. Grenzen der Staatsverschuldung
➤ Gibt es eine „moralische“ Grenze für Staatsschulden?
1. Nicht zukünftige Generationen zahlen heutige Schulden, sondern zukünftige (Netto-)Steuerzahler:◆ Zinsen für heute angehäufte Staatsschulden werden nicht von
zukünftigen Generationen gezahlt, sondern von zukünftigen Steuerzahlern an die zukünftigen Besitzer der Staatsanleihen.
◆ Das Geld bleibt also „innerhalb der Generation“.
2. Jede Generation erbt nicht nur Schulden ◆ …sondern auch Vermögenswerte wie Infrastruktur, Sachkapital
(Maschinen und Gebäude), technisches Wissen, Institutionen, Humankapital…
◆ Der jährliche (monetäre & nicht-monetäre) Ertrag den diese Ver-mögenswerte abwerfen, steht also den jährlichen Zinszahlungen gegenüber, die an Besitzer der Anleihen gezahlt werden müssen.
◆ Ist der jährliche Ertrag gleich den jährlichen Zinskosten, werden die zukünftigen Steuerzahler nicht netto belastet!
Makroökonomik4. Das keynesianische Modell der Volkswirtschaft
4.1. Die Struktur des keynesianischen Modells4.1.1. Das "keynesianische Kreuz"4.1.2. Das keynesianische Modell mit Kapitalmarkt
4.2. Nachfrageschocks 4.2.1. Rückgang der Investitionsneigung4.2.2. Rückgang der Konsumneigung4.2.3. Konsequenzen für den Arbeitsmarkt
4.3. Fiskal- und Geldpolitik im keynesianischen Modell4.3.1. Fiskalpolitik4.3.2. Geldpolitik
4.4. Das keynesianische Modell in der langen Frist4.5. Wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen
4.5.1. Praktische Probleme antizyklischer Konjunkturpolitik3.5.2. Fiskalpolitik in Deutschland4.5.3. Grenzen der Staatsverschuldung3.5.4. Fallstudie: Wirtschaftspolitik in der Großen Rezession
➤ Die Kontrollfragen bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihr Verständnis der Lerninhalte dieses Kapitels zu überprüfen. Alle Fragen können mit Hilfe dieses Vorlesungsskriptes beantwortet werden. Sollten Sie Schwierigkeiten haben, wenden Sie sich nach den Vorlesungen an mich oder besuchen Sie mein Kolloquium oder senden Sie mir eine E-Mail.
10. Gehen Sie von den Annahmen des "keynesianischen Kreuzes" aus und bestimmen Sie das BIP bei einer Investitionsnachfrage in Höhe von I = 5 , einer Staatsnachfrage in Höhe von G = 5 und der folgenden Konsumfunktion: C(Y) = (1/3)*Y. Wie verändert sich das BIP, wenn die Staatsnachfrage um 10 ansteigt.
11. Wieso steigt im "keynesianische Kreuz" bei einer Erhöhung der Investitionsnachfrage das BIP immer stärker als die Investitionsnachfrage?
12. Was kann der Staat im "keynesianische Kreuz" tun, um das BIP zu erhöhen?
13. Diskutieren Sie den Unterschied zwischen der neoklassischen und der keynesianischen Konsumfunktion vor dem Hintergrund Ihres eigenen Konsumverhaltens. Haben Sie eine eher neoklassische oder eine eher keynesianische Konsumfunktion? Begründen Sie Ihre Aussagen.
14. Was ändert sich im „keynesianischen Kreuz“ wenn man die Existenz eines Kapitalmarktes berücksichtigt?
15. Von welchen zwei Faktoren hängt die Geldnachfrage der Haushalte und Unternehmen im keynesianischen Modell ab und wie lautet die Begründung dafür?
16. Aufgrund einer Verschlechterung ihrer Einkommenserwartungen senken die Haushalte ihre Konsumquote auf 1/3 ihres Einkom-mens. Wie wirkt sich diese Senkung der Konsumquote auf das BIP aus, wenn in der Ausgangsituation das in obiger Grafik dargestellte Gleichgewicht gilt?
17. Aufgrund einer erwarteten Verbesserung der wirtschaftlichen Lage erhöhen die Haushalte ihre Konsumquote von 1/3 auf 1/2 ihre Einkommens. Wie wirkt sich das auf das BIP aus, wenn in der Ausgangsituation das in obiger Grafik dargestellte Gleichgewicht gilt?
18. Die Unternehmen erwarten einen Rückgang der Investitions-renditen und senken deshalb ihre Nachfrage nach Investitionsgütern auf dem Gütermarkt um 5 Einheiten. Wie wirkt sich das auf das BIP aus, wenn in der Ausgangsituation das in obiger Grafik dargestellte Gleichgewicht gilt?
19. Aufgrund einer erwarteten Verbesserung der wirtschaftlichen Lage erwarten die Unternehmen eine höhere Investitionsrendite und erhöhen ihr Investitionsvolumen um 10 Einheiten. Wie wirkt sich das auf das BIP aus, wenn in der Ausgangsituation das in obiger Grafik dargestellte Gleichgewicht gilt?
20. Die hier beschriebene Volkswirtschaft befindet sich in einer Rezession. Um wieder Vollbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt herzustellen, müsste das BIP auf ein Niveau von Y# = 30 erhöht werden. Der Staatsverbrauch beträgt zur Zeit noch G = 0. Um wie viel müsste der Staat seinen Verbrauch erhöhen, um Vollbeschäf-tigung herzustellen, wenn er seinen Verbrauch ausschließlich über Kreditaufnahme finanzieren würde?
21. Die hier beschriebene Volkswirtschaft befindet sich in einer Rezession. Um wieder Vollbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt herzustellen, müsste das BIP auf ein Niveau von Y# = 30 erhöht werden. Um wie viel müsste die Notenbank die reale Geldmenge MS/P erhöhen, um wieder für Vollbeschäftigung zu sorgen? Unterstellen Sie zur Vereinfachung, dass ein eventueller geldpolitisch verursachter Anstieg der Ersparnis vom Anstieg der Geldnachfrage gerade aufgenommen wird.
22. Beschreiben Sie ausgehend von einer Rezession Schritt für Schritt die Wirkung von Fiskal- und Geldpolitik im keynesianischen Modell.
23. Erklären Sie Schritt für Schritt, wie es im keynesianischen Modell der langen Frist zu einer Überwindung von Rezessionen ohne aktive Fiskal- oder Geldpolitik kommen kann.
24. Erläutern Sie die Folgen einer konjunkturellen Überhitzung durch Geldpolitik im keynesianischen Modell der langen Frist.
heim27. Diese Volkswirtschaft befindet sich in einem Boom, bei dem das aktuelle
BIP Y1 über das Vollbeschäftigungs-BIP Y# gestiegen ist. Untersuchen Sie was langfristig passiert, wenn die Unternehmen beginnen ihre Preise anzupassen.
28. Die hier beschriebene Volkswirtschaft befindet sich in einer Rezession. Um wieder Vollbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt herzustellen, müsste das BIP auf ein Niveau von Y# = 20 erhöht werden. Der Staatsverbrauch beträgt zur Zeit noch G = 0. Um wie viel müsste der Staat seinen Verbrauch erhöhen, um Vollbeschäf-tigung herzustellen, wenn er seinen Verbrauch ausschließlich über Steuern auf das Einkommen der Haushalte finanzieren würde?