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Archäologische Forschungen bei Landersdorf, Gde. Thalmässing. Heimatkundliche Streifzüge. Schriftenr. Lkr. Roth 26, 2007, 12-23.

Jan 26, 2023

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Stefan Schnell
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Markus Schußmann

Archäologische Forschungen bei Landersdorf, Markt Thalmässing

Seit dem Jahr 2004 werden im süd­lichen Landkreis Roth und dem be­nachbarten Landkreis Eichstätt archäologische Forschungen ange­stellt, die Teil eines großräumig ange­legten Schwerpunktprogramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit dem Titel "Frühe Zentral i­sierungs- und Urbanisierungspro­zesse. Zur Genese und Entwicklung früh keltischer Fürstensitze und ihres territorialen Umlandes" sind.' Dabei werden in der Hauptsache die spät­hallstatt- bzw. frühlaiEmezeitlichen Zentralsiedlungen wie etwa die Heu­neburg an der oberen Donau, der Hohenasperg bei Ludwigsburg, der Glauberg bei Büdingen oder auch die Ehrenbürg bei Forchheim unter­sucht und zu ihrem Umfeld in Bezie­hung gesetzt.

Obwohl die Südliche Frankenalb au­ßerhalb dieser sich v. a. über Baden­Württemberg, Ostfrankreich und die Schweiz erstreckenden Fürstensitz­zone liegt, konnte hier doch ein Teil­projekt verankert werden, welches die gleichzeitigen Besiedlungsver­hältnisse und -entwicklungen un­tersuchF Dies liegt zum einen da­rin begründet, dass auf diese Weise auch Aufschlüsse aus dem Bereich "normaler" Siedlungsstrukturen als Vergleichsgrundlage gewonnen wer­den, die erst die Besonderheiten der Fürstensitze hervortreten lassen; zum anderen ist der archäologische Forschungsstand durch Großbau­

projekte wie Rhein-Main-Donau-Ka­nal und ICE-Neubaustrecke mit ihren zahlreichen Ausgrabungen als relativ günstig zu bezeichnen. Ein Teil die­ser Grabungen wird auch durch un­ser Teilprojekt ausgewertet, sozusa­gen als repräsentativer Querschnitt durch die unterschiedlichen Sied­lungsformen. Es würde jedoch den Rahmen sprengen, an dieser Stelle näher darauf einzugehen.

Ein Siedlungstyp wurde durch die Rettungsgrabungen jedoch nicht erfasst, nämlich die befestigten Höhensiedlungen, welche als auf­wändige Gemeinschaftsleistungen, situiert an topographisch herausra­genden Plätzen, gewissermaßen an der Spitze der regionalen Siedlungs­hierarchie stehen. Ohne die Kennt­nis der Strukturen in ihrem Innern und ihrer Befestigungswerke wäre das Siedlungsbild jedoch äußerst unvollständig, sodass dort gezielte Forschungsgrabungen durchgeführt werden mussten. Die dabei gewon­nenen Erkenntnisse sollen im Fol­genden kurz skizziert werden.

Der Hintere Berg

Der Hintere Berg ragt als Sporn west­lich von Landersdorf aus dem nörd­lichen Trauf der Frankenalb hervor und war seit dem späten Neolithi­kum zu verschiedenen Zeiten durch Abschnittsbefestigungen gesichert. Ein Teil dieser Anlagen ist noch heu­

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te im Gelände sichtbar. Zwischen 1989 und 1991 wurde diese Abfol­ge von Befestigungen durch eine Ausgrabung der Naturhistorischen Gesellschaft (NHG) Nürnberg unter­sucht, allerdings ohne nennenswert den Innenraum der urnenfelderzeitli­chen Anlage aufdecken zu können. 3

Jedoch führte die NHG vor wenigen Jahren eine geophysikalische Pros­pektion durch, die auch diesen In­nenraum erfasste und dort Hinwei­se auf weitere, obertägig gänzlich verschwundene Befestigungswerke

lieferte.4 Da jene auf den verschleif­ten Verlauf des urnenfelderzeitlichen Walles Rücksicht zu nehmen schei­nen, waren sie von besonderem In­teresse und gaben Anlass, in diesem Bereich Grabungsflächen anzulegen und auch die bereits bekannte ur­nenfelderzeitliche Befestigung noch einmal detailliert zu untersuchen.

Am klarsten und aussagefähigsten waren die Ergebnisse in dem 32 m langen und 5 m breiten Schnitt 1, der unmittelbar nördlich an den Gra­

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Hinterer Berg: Übersicht über den Grabungsschnitt 1.

bungsschnitt der Naturhistorischen Gesellschaft anschloss und die An­bindung in den urnenfelderzeitlichen Innenraum lieferte.

Ganz im Westen liegt der im obe­ren Bereich 3 m und unten noch 2 m breite Graben, der rund einen Meter tief aus dem anstehenden Platten­kalk gebrochen ist. Seine Verfüllung ist gut erkennbar von Osten her, also aus dem Bereich der zerstörten Mau­er, eingebracht und besteht vorwie­gend aus Kalksteinen, die teilweise locker und mit wenig Erde in den Zwi­schenräumen geschichtet sind. Nach einer 4 m breiten Berme (Verebnung zwischen Graben und Mauer) beglei­tete den Graben im Osten eine kom­plex aus mehreren Komponenten aufgebaute Mauer. Ihr Grundgerüst bestand aus vertikalen Holzpfosten in einer Doppelreihe mit Abständen

Fotos: Markus Schußmann

von etwa 2,5 m. Die Gruben für die Pfosten waren ebenfalls in den Fels gehauen, die Pfosten teilweise mit Steinen darin verkeilt. In Längs- und Querrichtung waren sie durch weite­re Hölzer untereinander verbunden und besaßen zusätzlich zahlreiche weitere Querriegel, die eine rost­artige Konstruktion des Bauwerkes ergaben. Nachzuweisen waren sie nur mehr indirekt über streifenartige Spuren verbrannten Kalkes. Auf der Frontseite war die Mauer mit gro­ßen Kalkplatten verblendet und un­mittelbar dahinter folgte eine weitere Reihe, während der Rest mit klei­nerem Steinmaterial ausgefüllt war. Obwohl der Wall dieser Mauerruine aus unterschiedlichen Gründen heu­te sehr verflacht und im Gelände nur mehr schwer zu erkennen ist, dürf­te für die einstige Befestigungsanla­ge doch eine Höhe von mindestens

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2,5 m zu rekonstruieren sein, wo­bei die sicherlich vorhandene Brust­wehr noch nicht berücksichtigt ist. Die Mauer war aufgrund ihres hohen Durchsatzes mit Holz natürlich sehr feuergefährdet und wurde in der Tat auch durch einen Brand zerstört. Al­lerdings ist es nicht möglich, dieses Ereignis mit einer kriegerischen Aus­einandersetzung in Zusammenhang zu bringen, da Waffenfunde dieser Zeit vom Hinteren Berg - zumindest bislang - gänzlich fehlen.

Durch die neuen Beobachtungen muss auch die durch die NHG ge­lieferte Rekonstruktion revidiert wer-

Hinterer Berg: Grabungssituation im Bereich der Pfos­tenstellungen der verbrannten umenfelderzeitlichen Mauer.

den, die nicht von einer doppelten, sondern einer dreifachen Pfosten­reihe als Grundgerüst ausging.5 Die dritte, innerste Pfostenreihe, die im Grabungsschnitt der NHG noch re­gelhaft zu den Pfosten der Befesti­gung angeordnet schien, verließ in der Grabung von 2007 diese Ord­nung, war auch anders ausgeführt und dürfte daher wohl eher zu ei­ner an die Befestigung angelehnten Innenbebauung gehört haben. Be­stätigt wird dies u. a. dadurch, dass sich just in diesem Bereich, gewis­sermaßen im "Schatten" des Wall­restes, eine ca. 20 cm mächtige Kul­turschicht mit zahlreichen Funden

der Urnenfelderzeit erhal­ten hatte.

Zur genauen Datierung dieser Befestigungspha­se können noch keine ab­schließenden Angaben gemacht werden, da die Mauer selbst kaum Fund­

~ material freigab und sich das Spektrum des Platzes durch die neuen Grabun­gen nun von der späten Bronzezeit bis zur späten Urnenfelderzeit (ca. 1300 - 900/800 v. Chr.) erweitert hat. Voraussichtlich wird also erst die C-14-Datie­rung der aus den Pfosten­gruben geborgenen Holz­kohlen in diesem Punkt Gewissheit bringen.

Einige Meter östlich der eben beschriebenen Be­festigung konnte ein wei­terer, ebenfalls ca. 1 m tie­fer, allerdings diesmal 4 m breiter Graben aufgedeckt

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gereinigt vorliegt. Eine größere Menge urnen­felderzeitlicher Funde in den oberen Schichten des Wehrgrabens sowie zahlreiche durchglühte Kalksteine in allen drei Befunden, die eigent­lich nur von der ver­brannten Mauer stam­men können, sind indes Hinweise, dass diese Anlage jünger ist.

Abschließend sei zum Hinteren Berg noch be­merkt, dass trotz eines umfangreichen Fund­niederschlages Pfos­tengruben fast aus­schließlich im Bereich von Mauer 1 aufge­deckt werden konnten und nur wenige weitere auf die daran angelehn­te Bebauung hinweisen. Ansonsten muss von Gebäuden ausgegan­

Hinterer Berg: Grabungssituation im Bereich der sich gen werden, die nicht überschneidenden Palisadengräben.

werden, der eine ganz ähnliche Ein­füllung wie der erste aufwies. Zu ihm gehören, abermals nach einer Ber­me von einigen Metern Breite, zwei einander überschneidende Palisa­dengräbchen, von denen das ältere etwa einen halben, das jüngere etwa einen Meter in den Fels eingetieft ist. Einem deutlich mächtigeren Graben ist hier also eine deutlich einfachere Wehranlage in Form einer hölzernen Palisade zugehörig. Leider ist dieses Befestigungswerk bisher nicht ab­schließend zu datieren, da das ent­sprechende Fundmaterial noch nicht

mit Pfosten gegründet, sondern vielleicht als

Block- oder Schwellriegelbauten ge­arbeitet waren.

Die Göllersreuther Platte

Die Höhensiedlung auf der Göllers­reuther Platte liegt nur 1 km östlich des Hinteren Berges auf einem wei­teren Ausläufer des Juras. Anders als die zuvor vorgestellte Anlage besitzt sie mit ihrem erhöhten, ebenen 0,6 ha umfassenden Plateau aus Platten­kalk, das durch einen Geländesattel von der Hochfläche getrennt ist, bei­nahe zeugenbergartigen Charakter.

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Die Hochfläche selbst war - abgese­hen von sporadischen Hinweisen auf menschliche Anwesenheit im Meso­lithikum und der späten römischen Kaiserzeit - ausschließlich während der späten Hallstattzeit (Ha, ca. 600 bis 450 v. ehr.) besiedelt und auch befestigt.

Auf der schmalsten Stelle des zu ihr führenden Geländesattels ist ein zwi­schen 1982 und 1986 vollständig er­grabenes Gräberfeld mit insgesamt 138 Bestattungen der Stufen Ha D und Latene (Lt) A situiert6 , an dessen Nordrand sich eine offene Siedlung der frühen Latenezeit anschließt.

Heute ist die Göllersreuther Platte durch die den ganzen Albtrauf säu­mende Bewaldung kaum als beson­ders auffälliger Platz in ihrer Umge­bung auszumachen. Eine genauere Betrachtung der Topographie zeigt indes, dass die einst unbewaldete

Anhöhe sehr wohl ihre Umgebung überragte und mit ihrem Mauerbe­ring weithin zu sehen gewesen sein muss - beispielsweise bis zum etwa 2 km östlich gelegenen Schwarzach­tal hin, das schon in vorgeschichtli­cher Zeit einen sehr bedeutenden Verkehrsweg aufgenommen hat. Die­ser Umstand und die vorhandenen Ausgrabungen im Gräberfeld mach­ten die Göllersreuther Platte zum ge­eigneten Ausgangspunkt zur Unter­suchung der Fragestellungen des Teilprojektes, wobei zwischen 2004 und 2007 geophysikalische Messun­gen und darauf basierende Grabun­gen durchgeführt wurden.?

Die geophysikalischen Messun­gen, die in allen zugänglichen Berei­chen der teilweise mit Bäumen und Sträuchern bestandenen Hochflä­che durchgeführt worden waren, lie­ferten erste Hinweise auf die Struk­tur der Innenbesiedlung sowie der

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,-­Göllersreuther Platte: Topographischer Plan mit Eintragung der Ergebnisse der Geo­physik sowie der Grabungsschnitte von 2004 bis 2007 (gelb, orange, grün) und Hervor­hebung der Grabenstrukturen (rot).

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heute weitgehend durch Steinbruch­arbeiten zerstörten Ringmauer. So konnten beispielsweise drei annä­hernd parallele Gräben unterschied­licher Breite festgestellt werden, die den Westteil des Plateaus abtren­nen, oder auch eine leicht einbiegen­de Torwange, die belegt, dass man noch heute den Berg über den an­tiken Zugang betritt. Darauf fußend wurden zielgerichtet mehrere Gra­bungsschnitte angelegt, um die Be­fundsituation zu erhellen.

Fast alle Bebauungsspuren in Form von Pfostengruben fanden sich aus­schließlich im Areal westlich des Grabenwerkes (siehe Plan S. 60), während in allen Grabungsschnit­ten östlich davon insgesamt ledig­

lich eine Pfostengrube nachzuwei­sen war. Der größte Teil der Anlage blieb also frei von Bebauung und konnte vermutlich der umliegenden Bevölkerung als Zufluchtsort in Not­zeiten dienen. Die Innenfläche des Grabenwerkes ist allerdings gerade groß genug, eine kleine Gruppe von Gebäuden - wahrscheinlich nur ein einzelnes Mehrhausgehöft -aufzu­nehmen. Dies fügt sich gut zur sta­tistischen Auswertung des Gräber­feldes, wonach hier gleichzeitig nicht mehr als zwischen 17 und 19 Perso­nen lebten, also vermutlich nur ein größerer Familienverband mit meh­reren Generationen und abhängigen Personen. Schon allein diese Tatsa­che ist Hinweis auf den elitären Sozi­alstatus dieser Gruppe.

Göllersreuther Platte: Grabungssituatian im Bereich der Zugangssituatian des Sah/gra­bens mit erkennbaren Pfastenstellungen des Tarbaus.

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Größere Bereiche des Gehöftes, dar­unter auch der mutmaßliche Standort des Hauptgebäudes, sind wiederum bereits durch den Steinabbau zer­stört. In den ergrabenen Teilen des Restareals ließen sich aber noch zwei Gebäudegrundrisse aus verschiede­nen Bauphasen nachweisen. Als sig­nifikanter Unterschied zum Hinteren Berg handelt es sich hier aber um Pfostenbauten, deren Gruben in den Fels gehauen sind. Die Verfügbar­keit von effektiven Eisenwerkzeugen wird dabei den entscheidenden Aus­schlag gegeben haben.

Die Umwehrung dieses Siedlungs­areals bestand zunächst aus einer hölzernen Palisade, die in einem aus dem anstehenden Malm gebroche­nen schmalen Graben gegründet war. In unterschiedlichen Abständen wies dieser Verbreiterungen auf, in denen größere Pfosten mit Querriegeln zur

Aussteifung eingelassen waren. Die Zwischenräume waren entweder mit Spaltbohlen oder schwächerem Stammholz gefüllt und wahrschein­lich durch Flechtwerk verbunden. Den Graben begleitete innen im Abstand von wenigen Metern eine Pfostenreihe, die sehr wahrschein­lich die Stützkonstruktion für einen Wehrgang zu tragen hatte. Der Tor­bereich war so konstruiert, dass die Palisade eine schmale Lücke ließ und an beiden Enden rechtwinklig nach außen bog. Sie wird im weite­ren Verlauf durch zwei Pfostenreihen abgelöst, die an einen Überbau in Art einer Torhalle oder vielleicht auch eine Stellung mehrerer Bildsäulen denken lässt. Genau in diesem Be­reich ist auch der vorgelagerte Sohl­graben unterbrochen, der mit einiger Sicherheit erst später hinzugefügt worden war. Ein abermals weiter öst­lich gelegener Graben ist im Verlauf

Göllersreuther Platte: Rekonstruktionsversuch des Grabenwerkes im Innern der Hö­hensiedlung.

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Je:

Göllersreuther Platte: Grabungssituation im Bereich der nördlichen Randbefestigung. In der Bildmitte ist der erhaltene Abschnitt der inneren Mauerschale zu erkennen.

deutlich unregelmäßiger und zeigt auch keine Unterbrechung, sodass es fraglich ist, ob es sich nicht über­haupt um eine geologische Erschei­nung handelt.

Trotz denkbar ungünstiger Erhal­tungsbedingungen, die auf spät­mittelalterlichen Steinraub und neuzeitlichen Steinbruchbetrieb zu­rückzuführen sind, können auch ver­lässliche Aussagen zur Bauweise der Randbefestigung getroffen werden. Lediglich auf ca. 2 m Breite waren die untersten Lagen der Innenschale erhalten, ansonsten nur die kleinstei­nige Mauerfüllung - und in manchen Bereichen nicht einmal diese. Die er­haltenen Mauerteile sowie die Grä­ben der Steinräuber erlauben es, eine

Trockenmauer aus Kalksteinplatten ohne Holzeinbauten von ca. 1,2 m Basisbreite und einer geschätzten Höhe von 2,5 bis 3 m zu rekonstruie­ren. Entlang der Innenschale fanden sich in gewissem Abstand Pfosten­gruben, die einer stützenden Holz­konstruktion zuzurechnen sind. Da Entsprechendes auf der Außenseite fehlt, sollte sich die Mauer hier nach oben hin verjüngt haben, sodass oben ein nur relativ schmaler Raum übrig bleibt, welcher für einen Wehr­gang nicht ausreichend gewesen sein dürfte, zumal keine einleuch­tende Möglichkeit zur Anbringung einer Brustwehr vorhanden ist. Da eine solche Mauer nur sehr geringen fortifikatorischen Wert besitzt, dürfte sie mehr oder weniger ausschließlich

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repräsentative Zwecke erfüllt ha­ben. Etwas problematisch gestaltet sich wegen des Fehlens charakte­ristischen Fundmaterials ihre Datie­rung, zumal von diesem einphasigen Bauwerk nicht anzunehmen ist, dass es über den gesamten Nutzungszeit­raum der Höhensiedlung - also Ha D1 bis D3 - bestand. Da eine dün­ne Kulturschicht unter ihr hinweg­zog, ist anzunehmen, dass sie nicht mit Gründung der Siedlung errich­tet wurde, sondern vielleicht erst im Zuge der Umbauarbeiten am Gra­benwerk.

Das Fundmaterial der Göllersreuther Platte zeigt kaum Außergewöhnli­ches und erweckt nicht zuletzt we­gen seiner Kleinstückigkeit den Ein­druck, gewöhnlicher Siedlungsabfall zu sein, dem alles Brauchbare und Wertvolle entnommen ist. Zumeist handelt es sich um die regional- und zeittypische Keramik der späten Hallstattzeit, um wenige Bronzefun­de, die stets beschädigt oder un­

vollständig sind, sowie um wenige Eisengegenstände, von denen ledig­lich ein kleines beilförmiges Skalpell hervorzuheben ist, weil es zu den äl­testen medizinischen Instrumenten im keltischen Bereich überhaupt ge­hört und damit ein zwar unscheinba­rer, aber wichtiger weiterer Hinweis auf die Sonderstellung der Bewoh­ner der Höhensiedlung ist. Entspre­chend der Zahl von Spinnwirtelfun­den wird auch die Textilerzeugung eine größere Rolle gespielt haben. Das ungewöhnliche Ubergewicht von Schafen im Tierknochenspek­trum unterstreicht dies und zeigt, dass hauptsächlich Wolle verarbei­tet wurde. Zusammen mit mehreren Nachweisen von Hasen lässt sich eine Landschaft in der Umgebung der Göllersreuther Platte rekonst­ruieren, die bereits weitgehend ge­öffnet ist und den heute noch vor­handenen Trockenrasen des Juras sehr ähnlich gewesen und auch in vergleichbarer Weise bewirtschaf­tet worden sein dürfte. Die Gewin­nung und Erzeugung von Eisen aber hatte keine größere Bedeutung. Die geborgenen Schlacken, deren Un­tersuchung nach Verhüttungs- oder Schmiedeschlacken noch aussteht, reichen bei weitem nicht aus, mehr als eine Produktion für den lokalen Bedarf abzuleiten - wie übrigens in der gesamten Region.

Einige Indizien deuten auf ein Auflas­sen der Höhensiedlung am Ende

der Hallstattzeit hin. So etwa das Fundmaterial, das

ausschließlich der späten Hallstatt­zeit angehört, oder auch derGöllersreuther Platte:

Rekonstruktionsversuch der Befestigungsmauer. Sohlgraben, in

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dem sich große horizontal gelager­te Kalksteine fanden, die für eine schnelle und intentionelle Verfüllung sprechen. Das Ende der Göllers­reuther Platte kann als symptoma­tisch für das südliche Mittelfranken gelten, denn bis zum Rand des Nördlinger Rieses blieb keine der be­festigten Höhensiedlungen bis in die Frühlatemezeit bestehen. Unmittelbar in der östlich angrenzenden Ober­pfalz und im Nördlinger Ries selbst gibt es solche Plätze aber sehr wohl. Worin liegen die Gründe dafür? Um dies herauszufinden, muss man et­was weiter ausgreifen.

Während der Stufen Ha C und 01 ist an der Schnittstelle von Schwä­bischer und Fränkischer Alb eine Keramik verbreitet, die in der For­schung als Keramik im Ostalb-Stil bezeichnet wird. Zwar streut die Ver­breitung mit einzelnen Gefäßen auch darüber hinaus, doch die Verbreitung geschlossener Geschirrsätze dieses Typs in Gräbern beschränkt sich just auf diesen Bereich, der im Osten etwa auf der Höhe von Weißenburg endet. Diese Verbreitung scheint ge­eignet, eine Kulturgruppe innerhalb der Hallstattzeit abzugrenzen, in de­ren Zentrum sich der seit der Stufe Ha 01 aufstrebende Fürstensitz auf dem Ipf bei Bopfingen, am Westrand des Rieses, befindet. Am Übergang zur Frühlatemezeit findet sich dann östlich des ursprünglichen Kernge­bietes eine frühe auf der Drehscheibe hergestellte Keramik, die ansonsten für die Fürstensitze typisch ist. Die Gefäße aus unserem Arbeitsgebiet sind dabei nach Ware und Machart augenscheinlich mit Stücken iden­tisch, die am Fuße des Ipf gefunden wurden. Dies spricht für eine Aus­

weitung des Einflussbereiches des Fürstensitzes auf dem Ipf nach Os­ten, wobei das schon erwähnte Ende aller Höhensiedlungen in diesem Be­reich auf ein militärisches Vorgehen schließen lässt. Über die bloße Aus­weitung des Machtbereiches hinaus könnte die Kontrolle über den - ja noch heute - wichtigen Nord-Süd­Verkehrsweg durch das Schwarz­achtal eine gewichtige Rolle gespielt haben, denn genau hier endet dann auch diese Expansion. Besondere Bedeutung kommt dem Verkehrs­weg auch durch den Umstand zu, dass er als eine mit Steinaufschüt­tungen befestigte Wegetrasse stra­ßenartig ausgebaut war und mehr­fach Abzweigungen in Seitentäler oder auf die Albhochfläche besaß.

Doch zurück zur Göllersreuther Plat­te. Nachdem diese also aufgegeben worden war, siedelte sich die dortige Bevölkerung in einer offenen Sied­lung im Hangbereich am nördlichen Rand des Gräberfeldes an, wo noch die jüngsten Bestattungen der Hall­stattzeit zu liegen gekommen wa­ren. Die frühlatenezeitlichen Gräber wurden dann jedoch in einem südli­cheren Teil des Areals angelegt. Die Platzwahl scheint einem Bedürfnis nach Schutz zu entsprechen, denn immerhin war die offene Siedlung hinter der Kuppe des Berges verbor­gen und damit vom Tal aus nicht ein­sehbar. Ein Ausschnitt der Siedlung war bereits im Zuge der Ausgrabung des Gräberfeldes aufgedeckt wor­den, wurde jedoch damals nicht als solcher erkannt. Das dabei gebor­gene Fundgut gehört weitgehend schon der frühen Latenezeit (ca. 450-400 v. Chr.) an. Bemerkenswert ist auch hier wieder ein beilförmiges

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Eisengerät, das als Trepanationssä­ge, also als chirurgisches Instrument zur Schädelöffnung, angesprochen werden kann. Es ist damit ein au­genfälliger Beleg für die Kontinuität der Bevölkerung, ebenso wie etwa die weiterhin zahlreichen Spinnwir­tel, Webgewichte und Knochen von Schafen.

Um die Ausdehnung dieser Siedlung erfassen zu können, wurden auch in diesem Bereich geophysikalische Messungen durchgeführt, wobei sich an mehreren Stellen ein dünner Niederschlag von Siedlungsbefun­den zeigte. Um zu überprüfen, ob es sich tatsächlich um ein ausschließ­lich frühlatenezeitliches Areal han­delt und nicht etwa um eine schon in der Späthallstattzeit beginnende Au­ßensiedlung, wurde ein kleines Are­al von 100 m2 ausgewählt, um dort eine weitere Stichprobe zu erlangen. Tatsächlich konnten in dieser Fläche neben den Resten eines kleinen Vier-

Göllersreuther Platte - Siedlung am Grä­betfeld. Frühlatenezeitlicher Armring aus Bronze.

pfostenbaus drei Vorratsgruben auf­gedeckt werden, die ausschließlich Fundmaterial der frühen Latenezeit erbracht haben, darunter beispiels­weise ein Bronzearmring in einer Form, die mehrfach auch im Gräber­feld belegt ist.

Auch die jüngste Bestattung aus dem Gräberfeld gehört in die Zeit um 400 v. ehr. und markiert damit die Auflassung der Siedlung zu die­sem Zeitpunkt. Sie wird in Beziehung mit den nun allgemein einsetzenden, historisch zu fassenden Keltenwan­derungen zu setzen sein, im Zuge derer weite Teile Nordostbayerns na­hezu entvölkert wurden.

1 Weitere Informationen zum Schwerpunkt­programm unter www.fuerstensitze.de.

2 Antragsteller des Teilprojektes "Siedlungs­hierarchien und Zentralisierungsprozesse in der südlichen Frankenalb zwischen dem 9. und 4. Jhd. v. ehr." ist Prof. W. Schier vom In­stitut für Prähistorische Archäologie der Frei­en Universität Berlin. Die Durchführung erfolgt von Würzburg aus, unter der Mitwirkung dor­tiger Studenten der Vor- und Frühgeschichtli­chen Archäologie. 3 Zu den Ergebnissen dieser Ausgrabungen vgl. K.-D. Dollhopf, Der Hintere Berg bei Lan­dersdorf. Beiträge zur Vorgeschichte Nordost­bayerns 4 (Nürnberg 2006).

4 Vgl. dazu auch P. Honig, Die Ergebnisse der geomagnetischen Prospektion auf dem Hinte­ren Berg bei Landersdorf, Gde. Thalmässing, Lkr. Roth, Natur und Mensch 2005, 55 ff. 5 Vgl. dazu J. P. Zeitler, Frühe Bauern auf dem Fränkischen Jura (Hilpoltstein 1992) Abb. 21. - So auch Dollhopf (Anm. 3) 83 ff. m. Abb. 38. 6 Vgl. dazu Museumsführer Vor- und frühge­schichtliches Museum Thalmässing (Hilpolt­stein 1989) 56 ff. 7 Dazu als kurze Vorberichte: S. Kas, Ausgra­bungen in einer befestigten späthallstattzeit­lichen Höhensiedlung auf der Göllersreuther Platte. Das archäologische Jahr in Bayern 2007,66 ff. - N. Buthmann/M. Schußmann, Ausgrabungen und Prospektionen auf der Göl­lersreuther Platte und in ihrem Umfeld. Das Archäologische Jahr in Bayern 2006, 65 ff.

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