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Wittenberg-Forschungen Band 1
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Am Anfang war die Residenz - Forschungen und Perspektiven

May 14, 2023

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Anke Neugebauer
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Page 1: Am Anfang war die Residenz - Forschungen und Perspektiven

Wittenberg-Forschungen Band 1

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Wittenberg-Forschungen

Im Auftrag der Stiftung LEUCOREA herausgegeben von Heiner Lück, Enno Bünz, Leonhard Helten, Dorothée Sack und Hans-Georg Stephan

Das ernestinische Wittenberg: Universität und Stadt (1486–1547)

Band 1

Michael Imhof Verlag

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Häufi g wird neben Genf Wittenberg das »Rom« der Protestanten genannt. Auf der Ratstagung des Lutheri-schen Weltbundes im September 2002 wurde selbst der Vergleich mit Jerusalem nicht gescheut. Auch wenn die Stadt jährlich von tausenden Touristen besucht wird, ist Wittenberg kein Wallfahrtsort. Aber ein Ort des kultu-rellen Gedächtnisses ist die Stadt schon und das zu Recht. Durch die Gründung der Universität 1502 sowie die Berufungen Martin Luthers 1512 und Philipp Melanchthons 1518 an die LEUCOREA wurde Witten-berg zum Ausgangspunkt und Zentrum der Reforma-tion. Deren Bedeutung für das Christentum und die Geschichte von der frühen Neuzeit bis heute ist unbe-stritten und immer wieder Gegenstand intensiver For-schung. Die Geschichte der Stadt selbst, deren prägende Silhouette des 16. Jahrhunderts noch gut erkennbar ist, bildet den Gegenstand des Forschungsprojektes: »Das ernestinische Wittenberg: Universität und Stadt (1486–1547)«.

Die Initiative, die Wittenberger Stadtgeschichte un-ter Einbeziehung aller dafür notwendigen Wissen-schaftsdisziplinen zu untersuchen, geht auf die Kunst-historikerin Dr. Insa Christiane Hennen (Wittenberg) zurück. Durch den Rechtshistoriker Prof. Dr. Heiner Lück (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) hat sie schnell tatkräftige Unterstützung erfahren. Zu-sammen mit den Professoren Dr. Dorothée Sack (Tech-nische Universität Berlin), Dr. Enno Bünz (Universität Leipzig), Dr. Leonhard Helten und Dr. Hans-Georg Stephan (beide Martin-Luther-Universität Halle-

Wittenberg) hat sich dann ein Kreis gefunden, von dem das Projekt getragen wird.

In dem vorliegenden Band sind die Beiträge des ers-ten Kolloquiums dokumentiert, das am 24. und 25. No-vember 2009 an der LEUCOREA zu Wittenberg statt-gefunden hat. Seitens der Stiftung LEUCOREA sind wir dankbar, dass dieses Projekt mit Unterstützung und in Zusammenarbeit mit unserer Einrichtung durchge-führt werden kann. Wir könnten dies nicht ohne die fi -nanziellen Zuwendungen des Landes Sachsen-Anhalt und das wohlwollende wissenschaftliche Interesse der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig sowie der Kooperationspartnerschaft des Landesamtes für Denkmalpfl ege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Lutherstadt Wittenberg. So ist diese Publika-tion zugleich mit der Hoff nung verbunden, dass diesem ersten Band weitere folgen werden. Die Entwicklung Wittenbergs als Universitätsstadt von der Archäologie über die Baugeschichte bis hin zur Kunst-, Kirchen- und Sozialgeschichte im Kontext von Humanismus und Reformation sowie deutscher und europäischer Ge-schichte umfassend darzustellen, ist ein großes Projekt. Aber Wittenberg hat auf Grund seiner historischen Be-deutung eine solche breite und diff erenzierte Untersu-chung in jedem Fall verdient.

Prof. Dr. Ernst-Joachim WaschkeVorstandsvorsitzender der Stiftung LEUCOREA

Zum Geleit

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9 Heiner LückDas ernestinische Wittenberg: Universität und Stadt (1486–1547). Ein Forschungsvorhaben der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Stiftung LEUCOREA

20 Heinz SchillingUrbanisierung und Reformation in termino civilitatis – Überlegungen zu einer welthistorischen Symbiose

27 Enno BünzStadt und Kirche – Stadtbild und Sakraltopographie von Wittenberg als Forschungsgegenstände

30 Elgin von GaisbergDie Stadt als Quelle: Bildliche Überlieferung und baulicher Bestand

49 Antje J. GornigStadt und Kirche im mittelalterlichen Wittenberg

64 Katja PürschelDie kirchlichen Ausstattungsensembles des Altkreises Wittenberg

74 Leonhard HeltenResidenz und Stadt – off ene Fragen

82 Anke NeugebauerAm Anfang war die Residenz – Forschungen und Perspektiven

93 Th omas LangDer Kurfürst zu Besuch in seiner Residenz: Nutzung und Ausbau der Wittenberger Residenz in der Zeit von 1485–1510

117 Heiner LückStadt und Universität Wittenberg. Überlegungen zu Ausgangspositionen und Aufgaben der Forschung

121 Ulrike LudwigDie Universitätsgebäude von der Gründung der Leucorea 1502 bis zum Jahr 1547

135 Insa Christiane HennenUniversität und Stadt: Einwohner, Verdichtungsprozesse, Wohnhäuser

146 Hans-Georg StephanArchäologie, Alltagskultur und Stadtforschung

154 Ralf Kluttig-AltmannBaukeramik aus Wittenberger Grabungen:Archäologisches Fundmaterial als interdisziplinärer Gegenstand

164 Dorothée SackBauforschung in der Stadt

Inhalt

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169 Antonia Brauchle, Isabelle FraseKeller als Quellen für die Stadtforschung – erste Ergebnisse aus Wittenberg

180 Diana Berger-Schmidt, Insa Christiane Hennen, Th omas Schmidt, Isabelle Frase Das Wohn- und Geschäftshaus Markt 3: Zeugnis der Glanzzeit der Universität und Stadt Wittenberg

191 Franz JägerDie Stube des gelehrten Bürgers.Zu den Wandinschriften im Haus Markt 3

198 Holger NiewischDachkonstruktionen in Wittenberg:Ergebnisse einer ersten dendrochronologischen Kampagne

205 Farbabbildungen

237 Glossar 242 Maße, Einheiten und Gewichte 245 Literaturverzeichnis 263 Verzeichnis der ungedruckten Quellen 266 Personenregister 270 Ortsregister 274 Abbildungsnachweise 275 Autorenverzeichnis

276 Impressum

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»Dir ist dein Sparta zugetheilt worden, das schmücke« – dieser Spruch Ciceros stand einst an der Wand des kur-fürstlichen Schlafgemachs.¹ Friedrich III. der Weise hat diesem Anspruch an fürstliches Handeln mehr als ent-sprochen und legte bereits in seinen ersten sechs Regie-rungsjahren das Fundament für die kulturelle, geistes-geschichtliche und städtebauliche Blüte seines neuen Herrschaftsmittelpunkts. Er bestimmte Wittenberg zur Residenz,² ließ ein Schloss errichten³ und gründete eine Universität,4 die zu europäischem Rang aufstieg. Dem Herrscherwillen unterworfen, konsolidieren sich in Wittenberg drei eng miteinander verwobene Struktu-ren: der Hof mit Bediensteten, die Hohe Schule mit Professoren und Studenten und die Stadt mit den durch Hofhaltung und Universität begünstigten Eliten.

Dieses Neben- und Miteinander brachte der Maler Peter Spitzer in einem Gemäldeepitaph für den 1565 ver-storbenen Franziskus Oldenhorst5 bildlich auf den Punkt (Abb. 1). Im Hintergrund liegt die Silhouette Hamburgs, die Heimatstadt des Jurastudenten. Die linke Bildhälfte zeigt Wittenberg mit den Türmen der Marienkirche und dem nordwestlichen Schlossturm. Das Giebelhaus davor ist vermutlich als Collegium Ju-ridicum zu identifi zieren, daneben erheben sich die Amtsmühle mit hohem Satteldach und eines der Wit-tenberger Stadttore.6 Dargestellt sind die biographi-schen Stationen des Studenten, wobei topographisch getrennte Gebäude räumlich verdichtet wurden. All

diese Bauten repräsentieren den komplexen Organis-mus von Residenz, Universität und Stadt,7 dessen Keimzelle das Schloss Friedrichs des Weisen war.

Das neue Residenzschloss Friedrichs des WeisenDer Schlossneubau (Abb. 2) entstand an einem traditi-onsreichen Ort im Südwesten der Stadt: dem Areal der askanischen Burg aus dem 14. Jahrhundert. Zwischen 1489 und 1497 wurde der Süd- und Westfl ügel errichtet. Diese beherbergten zwei Festsäle, eine Hofstube, die fürstlichen Privaträume und Gästezimmer, letztere wa-ren als Appartements gestaltet.8 Mit der 1496 bis 1506 er-richteten Schlosskirche im Norden war die Dreifl ügel-anlage fertiggestellt. Im Jahr 1506 stiftete Friedrich der Weise den sogenannten Kleinen Chor zu Ehren seiner Ahnen und als eigene Grablege; ausgeführt wurde dieser Westchor allerdings erst 1510.9 In einer letzten Bauetappe entstand im Osten ab 1515 das dreifl ügelige Vorschloss mit Amts- und Wirtschaftsgebäuden. Als Kurfürst Fried-rich 1525 verstarb, war der Schlossneubau nach 36jähri-ger Bauzeit vollendet (Plan Nr. 4 im Anhang).

Das auf Wehrhaftigkeit weitgehend verzichtende, regelmäßige Kernschloss markiert einen Wendepunkt im herrschaftlichen Profanbau Mitteldeutschlands: den Übergang von der Burg zum Schloss. Typologisch knüpfte die Anlage an die 1471 begonnene Meißner Al-brechtsburg an, wobei Bauformen der wettinischen Schlossarchitektur wie Vorhangbogenfenster und Zel-

Anke Neugebauer

Am Anfang war die Residenz – Forschungen und Perspektiven *

* Den Mitarbeitern des Forschungsprojektes: »Das ernestini-sche Wittenberg: Universität und Stadt (1486 –1547)« sowie des Landesamtes für Denkmalpfl ege und Archäolo-gie Sachsen-Anhalt, Halle sei für Hinweise und Unterstüt-zung bei der Recherche gedankt, insbesondere Antje J. Gornig (Leipzig), Insa Christiane Hennen (Wittenberg), Reinhard Schmitt und Andreas Stahl (beide LDASA Halle). Für die vielen Hinweise zur Familie Heff ner in und um Coburg danke ich Rainer Axmann (Coburg) und für zahlreiche Quellenhinweise aus den Wittenberger Amts-rechnungen Th omas Lang (Leipzig) herzlich.

1 Ludolphy, Friedrich 1984 (ND 2007), S. 101; Schadow, Denkmäler 1825, S. 48.

2 Bünz, Residenz und Hof 2003, S. 9 –36. Vgl. den Beitrag von Th omas Lang im vorliegenden Band.

3 Bellmann /Harksen /Werner, Denkmale 1979, S. 80–107; 235 –267; Harksen, Schloß 1977, S. 25–46; Harksen,

Schloß 1967, S. 341 –365.4 Lück, Luther und Universität 1998; Friedensburg,

Ur kun denbuch 1926 /27; Friedensburg, Universität 1917. Vgl. den Beitrag von Ulrike Ludwig im vorliegenden Band.

5 Wotschke, Kirchenbücher 1932, S. 176.6 Schulze, Lucas Cranach d. J. 2004, S. 184 f.; Zimmer-

mann, Peter Spitzer 1954, S. 289 f., Schellenberg, Hamburger Stadtansicht 1939.

7 Zu den Symbiosen von Stadt und Residenz in Mittel-deutschland vgl. Meinhardt /Ranft, Verhältnis 2002 /03.

8 Vgl. Hoppe, Hofstube 2010, S. 200; Ders., Raumtypus 2006, S. 229 –251; Ders., Appartement 2005, S. 413 –417; Ders., Frauenwohnräume 2000, S. 156 –159; Ders., Struktur 1996, S. 83 –129.

9 Bischoff, Kleiner Chor 2007, S. 147 –208; zuletzt Krause, Mariendienst 2008, S. 212 –215.

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lengewölbe rezipiert wurden. Dies verwundert kaum, wirkten doch die führenden Meister – Meister Claus, Konrad Pfl üger und Hans Meltwitz – allesamt zuvor am Meißner Burgberg.¹0 Neu im mitteldeutschen Schlossbau waren die hofseitigen über Eck gestellten loggienartigen Treppenhäuser mit Ahnenproben an den Brüstungsreliefs und die Welschen Giebel. Leitmotive im Schlossbau der mitteldeutschen Renaissance wurden fl ach gedeckte stützenlose Säle, deren Wände Bilder an-tiker Epen zierten und eine fürstliche Stammstube mit Ahnenporträts.

Die Schlosskirche mit ihren umlaufenden Emporen lieferte gar ein Grundschema für den künftigen protes-tantischen Kirchenbau. Mit dem Kleinen Chor der Schlosskirche hielten in Wittenberg bereits 1510 Baufor-men der Frührenaissance Einzug. Die Choranlage führte der Werkmeister Burkhard Engelberg aus, der mit der Augsburger Fuggerkapelle den ersten Renais-sancebau im Reich geschaff en hatte.¹¹

Für die Ausstattung des Schlosskomplexes ergingen Aufträge an die prominentesten Künstler der Zeit: ge-nannt seien Lucas Cranach d. Ä., Albrecht Dürer, Hans Burgkmaier, Conrad Meit, Tilman Riemenschneider, Jacopo de‘ Barbari und die Nürnberger Vischer-Werk-statt.¹² Eine vergleichbare Konzentration von Künstler-eliten erreichte im Reich seinerzeit nur noch Kaiser Ma-ximilian I.

Die Schlosskirche mit inkorporiertem Allerheiligen-stift verwahrte den von Kurfürst Friedrich stetig ver-mehrten Reliquienschatz, dessen Weisung mit Ablass verbunden war.¹³ Als das Stift 1507 in die Universität in-tegriert wurde, fungierte die Schlosskirche zugleich als Stifts-, Wallfahrts- und Universitätskirche.¹4 Die 1512 im Schloss eingerichtete fürstliche Bibliothek stand Profes-soren und Studenten der Hochschule off en,¹5 womit auch das Schloss Funktionen der Universität übernahm.

Forschungen und PerspektivenDas Wittenberger Schloss stand stets im Blickpunkt wissenschaftlicher Forschung,¹6 was dem Mäzenaten-

Abb. 1: Wittenberg, Marienkirche, Epitaph des Franziskus Oldenhorst, 1565 (Ausschnitt) (s. a. Farbteil S. 216)

Am Anfang war die Residenz

10 Zu Meister Claus s. Anm. 21. Zu Konrad Pfl üger und Hans Meltwitz vgl. die Artikel von Hans-Joachim Krause, in: Dictionary of Art, Bd. 24 (1996), S. 586, Bd. 21 (1996), S. 99. Zu Konrad Pfl üger s. zuletzt Bürger, Konrad Pfl üger 2010, S. 193–215 sowie Bischoff, Konrad Pfl üger 2006, S. 35–46.

11 Bischoff, Kleiner Chor 2007, S. 147 –208.12 Zur ursprünglichen Ausstattung vgl. Bellmann /Hark-

sen /Werner, Denkmale 1979, S. 236–239, 242–267.13 Cárdenas, Heiltumsbuch 2002; Bünz, Heiltum 1998,

S. 135 ff .14 Estler-Ziegler, Schlosskirche 1998, S. 11 –24; Krause,

Kirche 1994, S. 21–36; Bünger /Wentz, Bistum Branden-burg 1941, S. 75–164.

15 Hildebrandt, Universitätsbibliothek 1925, S. 34 –42; 109–129; 157–188.

16 Harksen, Schloß 1977; Dies., Schloß 1967; Heubner, Bau 1936; Bruck, Friedrich 1903; Gurlitt, Kunst 1897; Schadow, Denkmäler 1825.

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tum Kurfürst Friedrichs und vor allem der Reformati-onsgeschichte zu verdanken ist. Zentrale Fragen bilde-ten die Bau- und Ausstattungsgeschichte und die Re-konstruktion der ursprünglichen Baugestalt. Das Stan-dardwerk zu den Denkmälern Wittenbergs ist bis heute das Kunstdenkmalinventar, das den Kenntnisstand bis 1979 darlegt.¹7 Neuere Studien untersuchten Einzel-aspekte: die ursprünglichen Raumstrukturen und Bild-ausstattungen,¹8 die Nutzungsgeschichte der Schloss-kapelle und ihre Ausstattung¹9 sowie den Architektur-transfer süddeutscher Bauformen.²0 Eine Gesamtdar-stellung des Komplexes Schloss und Schlosskirche steht indes aus, selbst im Kunstdenkmalinventar unterblieb eine systematische Erfassung der Quellen. Die Archiva-

lien aus der Erbauungszeit sind nahezu vollständig überliefert. Neben Rechnungsbüchern des Baues, des Amtes, der Küche und der fürstlichen Schatulle haben sich Bestallungen, Ausgaben für Hofkleidung und In-ven tare erhalten. Erste systematische Recherchen brach-ten bereits umfangreiches Material zu Tage und man-cher Schatz bleibt noch zu heben.

So ist etwa die Herkunft und Identität des ersten Werkmeisters am Schloss namens Claus ungeklärt. Er wurde als Leipziger Meister Claus Roder identifi ziert, jüngst auch als Meißner Kirchenbaumeister Claus Kirchner, der in der Amtsnachfolge Arnolds von West-falen stand.²¹ Auf wen gehen die Entwürfe für das Wit-tenberger Schloss zurück, auf genannten Meister Claus

Abb. 2: Wittenberg, Schloss von Westen

Anke Neugebauer

17 Bellmann /Harksen /Werner, Denkmale 1979, S. 80–107; 235–267. Aufbauend auf die im Ldasa, Archiv für Bau- und Kunstdenkmalpfl ege, Signatur MS 2 Witt. verwahrte Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Wittenbergs, um 1895. Siehe zuletzt Findeisen, Denkmalbestand 1995, S. 67–77.

18 Müller, Ort und Bild 2007, S. 221–247; Borggrefe, Bildausstattung 2002; Hoppe, Struktur 1996, S. 79–126; Harksen, Gemäldeausstattung 1973.

19 Wimbröck, Glaube und Kunst 2010; Niehr, Memorial-

maßnahmen 2008; Streich, Frömmigkeit 2008; Ghermani, Grabmäler 2007; Estler-Ziegler, Schloss-kirche 1998.

20 Bischoff, Voraussetzungen 2010; ders., Kleiner Chor 2007.

21 Meister Claus wird in Wittenberger Bau- und Amtsrech-nungen stets ohne Nachname genannt. Wanckel /Gurlitt, Albrechtsburg 1895, S. 19 identifi zierten ihn erstmals als den Leipziger Werkmeister Claus Roder. Roder leitete seit 1485 den Bau der dreischiffi gen Halle der Leipziger Th omaskirche, die ab 1495 von Konrad Pfl üger

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oder doch auf den Landbaumeister Konrad Pfl üger,²² der seit 1496 für den Bau der Schlosskapelle verantwort-lich war?

Der Anteil namhafter Künstler wie Lucas Cranach d. Ä. und Albrecht Dürer wurde stets umfangreich gewürdigt,²³ die meisten am Wittenberger Schloss be-teiligten Bau- und Kunsthandwerker blieben hingegen anonym. Die erhaltenen Bau- und Amtsrechnungen²4 liefern nicht nur deren Namen und Gewerke, sie gestat-

ten sogar eine Rekonstruktion der Bauabfolge. Als Bei-spiel möge hier das Bauregister vom 9. Mai 1501 bis 24. April 1502 dienen, das minutiös alle ausgeführten Ar-beiten – u. a. die Errichtung des Dachstuhls der Schloss-kirche und deren Eindeckung mit Ziegeln – sowie Ma-terial- und Baukosten listet. In der Woche ab dem 6. Juni 1501 wurden über 70 Handwerker namentlich auf-geführt (Abb. 3).²5 Daneben liefern detailliert geführte Abrechnungen wertvolle Hinweise auf den Baufort-

Am Anfang war die Residenz

Abb. 3: Handwerker am Wittenberger Schloss nach dem Bauregister 1501 /02

Ziegeldecker & Gesellen

Tagelöhner & Helfer

Zimmermann & Gesellen

Steinmetze & Maurer

Baumeister & Parliere

80

50

20

70

40

10

60

30

0

9. 5.

1501

24. 1

0.1. 8.

16. 1

.

20. 6

.

5. 12

.

12. 9

.

27. 2

.

30. 5

.

14. 1

1.

22. 8

.

6. 2.

11. 7.

26. 1

2.

3. 10

.

20. 3

.

10. 4

.

16. 5

.

31. 1

0.

8. 8.

23. 1

.

27. 6

.

12. 1

2.

19. 9

.

6. 3.

6. 6.

21. 1

1.

29. 8

.

13. 2

.

18. 7

.

2. 1.

1502

10. 1

0.

27. 3

.

17. 4

.

23. 5

.

7. 11

.

15. 8

.

30. 1

.

4. 7.

19. 1

2.

26. 9

.

13. 3

.

13. 6

.

28. 1

1.

5. 9.

20. 2

.

25. 7

.

9. 1.

17. 1

0.

3. 4.

24. 4

.gewölbt wurde; s. Lemper, Th omaskirche 1954, S. 85 –87; zuletzt Bürger, Konrad Pfl üger 2010, S. 202 f. Auch Harksen sah in Meister Claus Clawßen Roder werckmeister czu liptzk, der in des hantwerkcks gescheff ten anno 1488 […] item gein wittenberg meister conrade [= Konrad Pfl üger?]1 brieff gesandt; vgl. SächsHStA Dresden, Cop. 288, Bl. 40r–40v, zitiert nach Harksen, Schloß 1977, S. 28 mit Anm. 8. Donath hingegen favorisierte den Bau- und Werkmeister Claus Kirchner, der vermutlich ein Verwand-ter Arnolds von Westfalen war und in dessen Amtsnachfol-ge das dritte Obergeschoss der Westturmanlage, den Kreuzgang des Meißner Domes und das Kapitelhaus errichtete. 1482 erhielt Meister Claus 30 Gulden zurück, die er Arnold von Westfalen (gest. 1481) geliehen hatte. Vermutlich nach einem Streitfall mit dem Meißner Bischof Johannes VI. von Saalhausen 1490 trat Meister Claus in die Dienste Kurfürst Friedrichs des Weisen und übernahm die Schlossbauten in Torgau und Wittenberg; s. Donath, »Kirchner, Klaus« 2009; Ders., Arnolds Familie 2007 /08, S. 103 –107, Ders., Wettinische Schlossbau 2004, S. 68 f.

22 Die Forschungsliteratur schreibt die Visierungen Konrad Pfl üger zu. So stützte sich u. a. Harksen, Schloß 1967, S. 356 auf einen Eintrag in den Küchenbüchern des Rechnungsjahres 1488 /89, wo ein Kurt Schwabe verköstigt und dessen Pferd verpfl egt wurde; vgl. Th ürHStA Weimar,

EGA, Reg. Bb 2728, Bl. 33v. Sie nahm zudem an, dass Konrad Pfl üger zwischen 1486 und 1488 in Wittenberg sesshaft war und Schoß zahlte. Bischoff, Anstellungsver-träge 2006, S. 36 mit Anm. 19 konnte indes nachweisen, dass der in den Wittenberger Schoßregistern genannte Meister Curd von Beruf Barbier war und nicht mit Konrad Pfl üger identisch ist. Allerdings lässt sich am Wittenberger Schlossbau tatsächlich bereits seit 1486 ein Meister Curd nachweisen; s. Amtsrechnung 1486 /87: Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2726, Bl. 52v, 56v, 66r–v sowie die Quellen-angabe in Anm. 21. Donath, Schlossbau 2004, S. 69 wies die Entwürfe Claus Kirchner zu.

23 Stellvertretend für die umfangreiche Sekundärliteratur zu Cranach d. Ä.: Müller, Lucas Cranach 2010; Hans-mann, Lucas Cranach 2010; Grimm u. a., Lucas Cranach 1994; Stievermann, Lucas Cranach 1994; Schade, Malerfamilie 1977; Koepplin /Falk, Lucas Cranach 1974; zu Dürer: Grebe, Albrecht Dürer 2006; Schröder /Sternath, Albrecht Dürer 2003; Anzelewsy, Albrecht Dürer 2000; ders., Albrecht Dürer 1991.

24 Bausachen: Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. S, fol. 23b Nr. 1 (1491 /92) – fol. 45b Nr. 1 (1546); Amtsrechnungen: Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2726 (1486 /87) – Reg. Bb 2835 (1546 /47).

25 Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. S fol. 23b (1501 /02),

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schritt und Zäsuren am Bau, wie das Ausgaberegister für das Kernschloss beweist (Abb. 4).²6

Die nunmehr begonnene systematische Erschlie-ßung der schriftlichen und bildlichen Quellen dient als Basis für eine Bau-, Ausstattungs- und Nutzungsge-schichte des Schlosses sowie der Ermittlung der daran beteiligten Bau- und Kunsthandwerker. Die Ergebnisse fl ießen in eine Datenbank, die nach Personen, Berufen, Orts- und Zeitangaben sowie weiteren Stichworten durchsucht werden kann. In Verknüpfung mit den pa-rallel erfassten Quellen zur Stadt und Universität kön-nen somit Aussagen zur Herkunft, dem sozialen Um-feld und zu Kontakten der am Schloss tätigen Bau- und Kunsthandwerker aufzeigt werden.

Gezielte Bauforschung am Schloss ist ein weiteres Desiderat. Erst ein fundiertes Bild liefert die Grundlage für Rekonstruktionen von Bauzuständen sowie eine Re-zeptionsgeschichte, die bis heute nicht geschrieben wer-den konnte. Wohl auch deshalb blieb dem Wittenber-ger Schloss die ihm gebührende Rolle in der deutschen Architekturgeschichte versagt. So ist etwa die Gestalt

der vermauerten Vorhangbogenfenster unbekannt, die Vergleiche mit Repräsentationsbauten von Stadt (Rat-haus) und Universität (Collegium) gestatten.²7 Selbst eine Verortung der oft zitierten Welschen Giebel am Schloss, ausgeführt nach einem Entwurf von Lucas Cra-nach d. Ä., gelang bisher nicht.²8

Personelle Wechselwirkungen zwischen Residenz, Universität und Stadt: Claus Heff ner

Exemplarisch soll im Folgenden der Steinmetz, Bild-hauer und Bildschnitzer Claus (Nikolaus) Heff ner vor-gestellt werden, der im Schatten anderer prominenter Hofkünstler bislang nur wenig Beachtung fand, aber in geradezu idealtypischer Weise die Wechselwirkungen zwischen Residenz, Universität und Stadt veranschau-licht. Im fl uktuierenden Heer der Bau- und Kunsthand-werker erweist sich Claus Heff ner als Konstante, er ist von 1491 bis 1539 in Wittenberg nachweisbar, am Schloss-bau kann er nicht weniger als 24 Jahre und im Stadtrat sogar 35 Jahre belegt werden.²9 Claus Heff ner gilt als ge-bürtiger Wittenberger.³0 In Heff ners Nachlass werden

Abb. 4: Baukosten des Wittenberger Kernschlosses, der Schlosskirche, des Schlossgrabens sowie Ausgaben für die Ziegelscheune (1490–1509). Die Rechnung schließt mit einer Gesamtausgabe von 11.363 Schock, 19 Groschen, 9 Pfennigen, 1 Heller (= 32.466 Gulden).

1.000

400

800

200

600

0

Schloss

Ziegelscheune

Schlosskirche

Schlossgraben

1490 14911494

1497 1501

1504

1507

14921495

1498150

2150

5150

81493

1496150

01499

1503

1506

1509

28 48

11177 73

116

50 69129

95 85 84 76 74 79 88107

85 88

5711

8943

130159

354

580

312

461507

545

687

939

814

565

375

593

403458

820

536

760

91

31 16*

***

*

118

*

Anke Neugebauer

Bl. 1r–42v. Die Bauabrechnung, die sich als Sammlung einzelner Wochenzettel ohne chronologische Ordnung erwies, wurde in einem schmalen Heft verzeichnet. Zu den Abrechnungszeiträumen s. Bl. 1r–14r: 09. Mai bis 06. Juni 1501; Bl. 14v–26r: 10. Oktober 1501 bis 06. März 1502; Bl. 26r–38r: 13. Juni 1501 bis 03. Oktober 1501; Bl. 38r–42v: 03. März bis 24. April 1502.

26 Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. S fol. 24a Nr. 1 (1533), Bl. 5r–8r.

27 Zur Vorbildwirkung herrschaftlicher Architektur auf den Kommunalbau vgl. besonders Müller, Rathaus 2006,

S. 281 –295.28 Harksen, Schloß 1977, S. 27 mit Anm. 5 vermutete diese

über den hofseitigen Treppenhäusern des Kernschlosses; Hoppe, Struktur 1996, S. 100 verortete die Giebel am Vorschloss; vgl. auch Borggrfe, Venezianische Rundgie-bel 2010, S. 151–196.

29 1491 /92: Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2730, Bl. 21v–37v. Letztmalig wird er bei der Bauberatung zum Vorschloss 1515 erwähnt; s. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. S fol. 24b Nr. 1, Bl. 19r.

30 Harksen, Schloß 1967, S. 358 vermutete, dass Heff ner um

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indes mehrere seiner Geschwister bedacht, die im Um-kreis von Coburg, Bad Rodach und Hildburghausen wohnhaft waren, womit seine Herkunft aus Südthürin-gen bzw. Oberfranken wahrscheinlich wird.³¹ Den frü-hesten Beleg für Heff ners Beteiligung am Wittenberger Schlossbau liefern die Rechnungen der Amtsküche von 1491 /92.³² Sein Jahressold betrug 1494 umgerechnet 17 Gulden.³³ Zum Vergleich: der Hofmaler Lucas Cranach d. Ä. erhielt bei seiner Bestallung 1505 ein Jahrgehalt von 40 Gulden zuzüglich Werk- oder Stücklohn.³4 Als Hof-künstler bekam Heff ner seit 1500 jährlich ein Sommer- und ein Winterhofkleid im Wert von über 11 Gulden.³5 Seit 1497 /98 verfügte Heff ner über eine eigene Stein-hütte am Schloss, off enbar als einziger der dort tätigen Steinmetze.³6 Sein umfangreiches Oeuvre lässt zudem auf eine Werkstatt mit Gesellen schließen.³7 Für das Schloss schuf Heff ner u. a. den Wappenfries des südli-chen Treppenhauses, die Kamine für die geschnitzte Stube und mehrere Wappenschilde; für die Schlosskir-che die beiden Statuen vom Hauptportal, das Chorge-stühl, die Wappenfriese der Emporen sowie Schnitzal-täre, Kruzifi xe, Holzfi guren und Leuchter³8 (Abb. 5).

Auch andernorts ist Claus Heff ner nachweisbar. Für die 1503 verstorbene Sophie von Mecklenburg, Gemah-lin Herzog Johanns von Sachsen, schuf Heff ner in der

Torgauer Marienkirche eine von steinernen Säulen um-gebene Tumba, in die eine Bronzegrabplatte der Nürn-berger Vischer-Werkstatt eingelassen war.³9 Am Merse-burger Dom war Heff ner für Bischof Th ilo von Trotha tätig, wo für ihn das 1503 geschaff ene Tympanon mit dem schlafenden Jakob am nördlichen Querhausportal gesichert ist (Abb. 6).40 Dieses Tympanon und der Wit-tenberger Wappenfries bezeugen eindrucksvoll die hohe Qualität seiner Bildhauerarbeiten.4¹ Weitere plas-tische Werke sind evident, denn off enbar wirkte der Bildhauer auch für Erzbischof Ernst, den Bruder Fried-richs des Weisen, an der Ausstattung des Magdeburger Domes und der Moritzburg in Halle mit.4² Über dem nördlichen Hauptportal der Moritzburg wurde im Au-gust 1504 ein repräsentativer Wappenfries mit einer heute verlorenen Figur des hl. Mauritius versetzt (Abb. 7).4³ Diese Bildhauerarbeiten sind sehr wahr-scheinlich Claus Heff ner zuzuweisen, der kurz zuvor von Halle nach Wittenberg zurück beordert wurde.44

1494 /95 heiratete Claus Heff ner. Für die Ausstat-tung der Hochzeitsfeier spendierte ihm der Kurfürst 13 Scheff el Korn für ca. 1.560 Brote, ein Rind und eine Seite Speck sowie drei Fässer Bier, zusammen etwa 1.200 Liter.45 Es muss ein großartiges Fest gewesen sein, denn der Verbrauch entsprach in etwa der Beköstigung eines

Am Anfang war die Residenz

1470 in Wittenberg geboren wurde.31 Erwähnt werden Mansis (= ?) und Groß Walber (= Groß-

walbur, Landkreis Coburg), Lamprechtshausen (= Lem-pertshausen, heute Bad Rodach, Landkreis Coburg) sowie Eselreith (= Häselrieth, heute Hildburghausen). Vgl. Claus Heff ners Testament vom 18. März 1537; RatsA Wittenberg, Urbarium 35 (Bc 24) 1536, Bl. 180r–183v. Im ältesten Coburger Stadtbuch (1388 –1453) lassen sich mehrere Mitglieder einer Familie Heff ner (Hefener, Hefner) nachweisen: Erhart, Folrat, Fritz, Hans, Hartung, Heinz, Heinz von Weischau, Heinz von Witzmannsberg, Hens-lein und Kathrein; s. Andrian-Werburg, Stadtbuch 1977, S. 404. Auch im 1497 begonnenen und ältere Abschriften enthaltenen Stadtbuch von Bad Rodach werden zahlreiche Heff ner (Hefner) erwähnt: darunter ein Namensvetter Claus sowie Erhart, Hans (Bürgermeister), Hans gen. d. Alte, Hans gen. d. Junge, Johann (Schulmeis-ter in Neustadt), Jorg, Peter (Bürgermeister) und Valten; s. Hambrecht, Stadtbuch 1988, S. 208.

32 Vgl. Anm. 29.33 1494 /95: Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2733, Bl. 54v

verzeichnet 6 Schock Groschen Jahressold für Claus Schnit-zer.

34 Siehe Gurlitt, Kunst 1897, S. 40 f.35 Der Landvogt orderte zwei hingestellige Hofgewandt für

Claus Bildschnitzer; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2739, Bl. 51 r. 1503 /04: 4 ß Claus Bildschnitzer für 2 Hofgewänder jährlich gegeben; vgl. ebd., Bl. 53r.

36 1497 /98 wird 1 nawe steinhutte czu gericht, dorin claus bildesnittzer die wopin hewt; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2736, Bl. 69v.

37 In der Woche vom 2. bis 8. Mai 1501 wurden von der Amtsküche neben einem Parlier, 18 Steinmetzen und Maurern, elf Zimmerleuten, zwei Tischlern, drei Glasern, zwei Schmieden und 27 Helferknechten auch Claus Heff ner mit zwei Gehilfen versorgt; vgl. Th ürHStA

Weimar, EGA, Reg. Bb 2741, Bl. 50v.38 Zu Heff ners Wirken s. besonders Harksen, Schloß 1967,

S. 358 –360; ein erstes Werkverzeichnis stammt von Bruck, Friedrich 1903, S. 67; Ergänzungen dazu von Buchwald, Wittenbergisches 1929, S. 56 –58.

39 Die Bronzeplatte mit dem Bildnis der Herzogin entstand nach einer Zeichnung Jacopo de’ Barbaris, vgl. Find-eisen /Magirius, Denkmale 1976, S. 249. Zu Barbari zuletzt Böckem 2010, S. 23 –33.

40 Winkler, Bauhütte 1930, S. 90; s. auch RatsA Wittenberg, KR 1503, Bl. 477r: 1 ß entpfangen von Claws Bildenhawer das ym des raths pferdt eynen stein geyn Merseburgk gefuret haben.

41 Heff ners Wappenfries am südlichen Treppenhaus des Wittenberger Schlosses war z. B. vorbildhaft für die Wandmalereien im Haus Pfarrstraße 3 in Torgau. Dazu ausführlich Dülberg, Wand- und Deckenmalereien 2003, S. 125.

42 1491 /92 fuhr Heff ner nach Magdeburg, um Steine für die Wappen zu kaufen; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2730 Bl. 64v.

43 Mock, Kunst 2007, S. 74.44 Am 15. Juli 1504 wurde ein Bote bezahlt, der nach Halle

geschickt worden war, um Claus Heff ner zum Versetzen der Wappen am Wittenberger Schlossbau zu holen; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2744, Bl. 81v. Die personellen Wechselwirkungen beim Bau der halleschen Moritzburg und dem Wittenberger Schloss verdeutlicht auch ein Eintrag in den Wittenberger Amtsrechnungen vom 9. Mai 1491, wo es heißt, das des Bißschoff von Magdeurg bawmeister hie [in Wittenberg] waren unnd sein warten [ihn erwarteten]; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2730, Bl. 67r.

45 1494 /95: Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb Nr. 2733, Bl. 105r, 110v, 121v, 130v, 144r. Die Einträge sind undatiert, der genaue Hochzeitstag bleibt off en.

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Fürsten mit einem Gefolge von mehr als 100 Reitern im Schloss (!).46 Heff ner gehörte inzwischen zu den privi-legierten Wittenberger Bürgern. Für den Kauf eines Hauses in der Schlossstraße gewährte ihm 1493 /94 Kur-fürst Friedrich 100 Gulden, 40 Gulden davon als Ge-schenk, das Übrige war vorgestreckt.47 Seit 1495 /96 war

der Bildhauer Besitzer eines Pferdes.48 Zwischen 1501 und 1503 kaufte Claus Heff ner von Dr. Valentin Mel-lerstadt und aus der städtischen Ziegelscheune wieder-holt mehrere Wagenladungen Mauer,- Ziegel- und Flursteine sowie Dachziegel, was auf Baumaßnahmen auf seinem Grundstück hindeutet.49 Bereits 1502, dem

Abb. 5: Wittenberg, Schloss, Hofseite, südliches Trep-penhaus, Wappenfries, 1497 /98

Anke Neugebauer

46 Vgl. hier den Verbrauch beim Besuch des Magdeburger Erzbischofs Ernst von Sachsen mit 84 Pferden vom 13. bis 14. Dezember 1494, wofür neun Scheff el Korn für 1.080 Brote verbacken wurden; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2733, Bl. 107r.

47 35 ß vor 1 huß claus bildesnitzer gekouff t, doran hat om m. g. h. 40 gulden geben, daz ander sal er sin gnaden von Jar zu Jar abe erbeiten; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2732, Bl. 58v. 1496 zahlte Heff ner erstmals dafür Schoß; s. RatsA Wittenberg, KR 1496, Bl. 344v. 1531 gab Heff ner für

das Gebäude und die Parzelle einen Grundstückswert von 265 Gulden an, womit der Bildhauer zum Kreis der wohlhabenderen Wittenberger Bürger zählte; vgl. Strau-be, Soziale Struktur 1985, S. 167.

48 1 cleyn pferdichen daz czu hergewete gefallen Claus Bildes-nittz vorkouff t; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2734, Bl. 118r.

49 RatsA Wittenberg, KR 1501 /02, Bl. 60r, 171r, 192v, 195r–v, 408v, 467v, 470r–v.

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Gründungsjahr der Universität, verfasste Claus Heff ner ein erstes Testament. Darin verfügte er, dass Getruden seyner ehlichen haußfrauwen die Hälfte seiner bewegli-chen und unbeweglichen Güter sowie ein Baumgarten vor dem Elstertor nach seinem Tode zufallen sollten.50 Der Bildhauer überlebte seine Gattin und heiratete nochmals, seine zweite Frau Katharina verstarb 1529.5¹

Als sich 1497 die Wittenberger Steinmetzbruder-schaft konstituierte, unterzeichnete Claus Heff ener Bil-

denhawert nach dem leitenden Werkmeister Konrad Pfl üger an zweiter Stelle (Abb. 8 a /b).5² Nach Pfl ügers Weggang agierte Heff ner als Vorsteher.5³ Daher wurde er auch als Zeuge bei Rechtsakten seiner Berufsgenos-sen berufen. So bezeugte Heff ner im Dezember 1503 ei-nen Vertrag zwischen dem 1486 bis 1496 als Parlier am Wittenberger Schlossbau tätigen Michael Heyenclangk (Heideclang) und dessen Schwiegermutter über gelie-henes Geld und die Nutzung eines Gartens.54

Abb. 6: Merseburg, Dom, Nordportal, Tympanon, 1503

Abb. 7: Halle, Moritzburg, Nordportal, Wappenfries, 1504

Am Anfang war die Residenz

50 RatsA Wittenberg, Urbarium 106 (Bc 94) 1377 –1507, Bl. 242.

51 Brief Martin Luthers an Nikolaus von Amsdorf vom 28. Februar 1529; vgl. WA BR 5, S. 22 Nr. 1383; s. auch PfarrA Wittenberg, Rechnung des Gemeinen Kastens 1529: 1 ß 24 gr hat Claus Heff ner von wegen seyns weybs, frawen Cathari-nen seligen, Testament entrichtet; zitiert nach Kawerau, Lutherana 1913, S. 524.

52 Überliefert als Abschrift des 18. Jahrhunderts; vgl. Wink-ler, Bauhütte 1930, S. 58 f.

53 Kawerau, Lutherana 1913, S. 524.

54 Zu Michael Heideclangs Tätigkeit am Schloss vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2726, Bl. 66r sowie Bb 2735, Bl. 70r. Zum Receß zwischen Michel Heyenclangk und seyner sweger s. RatsA Wittenberg, 101 (Bc 89) 1435–1502, Bl. 32v. Den Vertrag bezeugten neben Claus Heff ner auch Heinrich Rebenstock (Parlier am Schloss und Mitglied der Steinmetzbruderschaft) Hanns der Plahtner, Meyster Gregor der Meurer (Gregor Chemnitz, Maurer am Schloss), Meyster Nickel der Kleynschmidt, Meyster Bastian der Smidt (Schmiede am Schloss), Bartholomey Schober (Maurer am Schloss) und Meyster Simon der Tischler (Tischler am

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Heff ners Reputation bewirkte gar seine Berufung als Vormund eines späteren Universitätsrektors. So wurde der ersame Claußen Bildenhauer am 1. Dezember 1503 dem damals 13jährigen Benedicto Paule, Jacoff Pau-ley selig gelassen vormunden sone zue eynem rechten vor-munden erkorn und gesatzt. Der Bestallung wohnten Goswin von Orsoy, erster Kanzler der Universität Wit-tenberg und Generalpräzeptor des Antoniterklosters Lichtenberg, Dr. Friedrich von Kitzscher, Probst des Al-lerheiligenstifts und als Verwalder und Geschickte unsers gnedisten herrn Bernhard von Dornbach, Amtmann zu Eilenburg und späterer Hofrichter sowie der Bürger-meister Hans Crappe bei.55 Heff ners Mündel Dr. jur. Benedikt Pauli wurde 1529 erstmals Bürgermeister der Stadt und amtierte im Wintersemester 1525 /26 und

1548 /49 als Rektor der Wittenberger Universität.56Zwei Jahre nach Gründung der Leucorea erließ Kur-

fürst Friedrich der Weise 1504 eine städtische Willkür. Gemäß dieser Neuordnung hatte der Rat jährlich zwei Baumeister zu berufen, denen die Aufsicht und Kosten-verwaltung aller städtischen Baumaßnahmen oblag.57 Heff ner wurde 1504 zum Wittenberger Stadtbaumeis-ter gewählt.58 Mit seinem Hofdiener verschaff te sich Friedrich die Kontrolle über sämtliche städtischen Bau-belange und der Rat verfügte nunmehr über einen kom-petenten Baufachmann. Als Ratsbaumeister übernahm Heff ner 1524 den Bau des Ratsbrunnens.59 Seit 1533 übte er zudem das Amt eines städtischen Kämmerers und Richters aus.60 Heff ner besaß mehrere Privilegien, darunter das der Weinschankgerechtigkeit.6¹ Enge

Abb. 8a /b: Liste der Wittenberger Maurer- und Steinmetzbruderschaft von 1497, Abschrift des 18. Jh.

Anke Neugebauer

Schloss). 1495 /96 wurden Michael Heideclang und Gregor Chemnitz von ihrem Baumeister unter Arrest gestellt: Item 1 ß Michil Heideclangk und Greger Kempnitz steynmettzin alz sie Hans Swabe der bawmeister seliger gefenglich liß settzin, haben sie solch ß do sie des gefengniß enlediget wurden gebin; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2734, Bl. 12v.

55 RatsA Wittenberg, 101(Bc 89) 1435 –1502, Bl. 33r.56 Junghans, Verzeichnis 2005, S. 252.57 Siehe besonders Seidel, Statuten 2002, S. 111, 121 sowie

Eschenhagen, Beiträge 1927, S. 42, 62.58 Zweiter Ratsbaumeister wurde Andreas Dehne; vgl. die

Ratslinie bei Eschenhagen, Beiträge 1927, S. 111 –123, hier S. 112.

59 Bellmann /Harksen /Werner, Denkmale 1979, S. 221.60 Vgl. die Ratslinie bei Eschenhagen, Beiträge 1927,

S. 111 –123, hier S. 119 f.61 RatsA Wittenberg, KR 1513, Bl. 133: 30 gr Einnahme von

Claus Bildenhauer 15 ohmen zu 4 pf das assel geschanckt.

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Kontakte zu Lucas Cranach d. Ä. und anderen Ratseli-ten sind evident. Auch bei studentischen Feierlichkei-ten ist Heff ner nachweisbar.6²

Neben Claus Heff ner lebte und wirkte dessen Bru-der Jürgen (Georg) in Wittenberg. Jürgen erscheint in der Liste der Wittenberger Steinmetzbruderschaft an fünfter Stelle und ist am Wittenberger Schlossbau ab 1494 als Steinmetz und Polier belegt.6³ Nach einem Ent-wurf von Konrad Pfl üger errichtete Jürgen Heff ner 1503 /04 das Collegium Fridericianum, den ersten Uni-versitätsbau (sogenanntes Altes Collegium).64 1504 /05 wurde Jürgen für 18 Gulden mit der Ausführung der steinernen Kanzel in der Schlosskirche verdingt.65 Par-allel zu seiner Tätigkeit in Wittenberg ist Jürgen Heff -ner 1502 an der alten Hofkapelle des Torgauer Schlos-ses nachzuweisen.66 Ab 1507 gehörte Jürgen Heff ner ein Haus in der Coswiger Straße in Marktnähe, für dieses Haus zahlte sein Bruder Claus ab 1518 Schoß.67 Vermut-lich war Jürgen Heff ner zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben. Dies unterstreicht auch eine Passage in sei-nes Bruders Testament, worin Claus wünscht, dass er an jenem Ort auf dem Kirchhof der Wittenberger Ma-rienkirche bestattet werden möchte, da mein liebe haus-frau […] und mein Bruder unnd desselben kinder begra-ben sind.68 Zu prüfen bleibt, ob es sich bei dem 1515 an der Wittenberger Leucorea im Kindesalter immatriku-lierten Th omas Heff ner um einen Sohn Jürgens han-deln könnte.69

Doch zurück zu Claus Heff ner. Auch er hatte Kin-der. Sicher nachzuweisen ist eine Tochter, die eine lu-krative Ehe mit Bastian (Sebastian) Krüger einging.70 Bastian Krüger war der leitende Werkmeister des 1523 begonnenen Wittenberger Rathauses.7¹ Dies ist in der Forschung nahezu unbekannt, wird doch Konrad Krebs die Oberbauleitung des Ratsgebäudes zugewiesen, was aber auf einem Fehlschluss beruht.7² Laut der Witten-berger Schoßregister bezog Bastian Krüger 1523 jenes Haus in der Coswiger Straße, das zuvor Jürgen Heff ner gehört hatte. 7³ 1531 beziff erte Krüger den Wert dieses Hauses auf 400 Gulden.74 Claus und Jürgen Heff ner und Bastian Krüger waren nicht nur miteinander ver-wandt, sondern zeichneten für die wichtigsten Bauten in Wittenberg verantwortlich: das Schloss, das erste Collegium und das Rathaus. Dies spricht nicht nur für einen spezialisierten Familienbetrieb, sondern auch für ein hohes Ansehen der Handwerker in der Stadt.

Für stattliche 900 Gulden verkaufte Claus Heff ner am 19. April 1532 seinen Baumgarten am Zahnischen Wege vor dem Elstertore gelegen an Martin Luther. Laut Kaufvertrag gehörten zur Parzelle auch eine Breite (Wiese oder Feld) und eine Scheune mit daran gelege-nem Häuslein, das Claus Heff ner zu seinen Lebetagen […] furbehalten bleiben sollte.75 Das Haus ist nach Heff ners Tod Luther zugefallen.

Am 18. März 1537 verfasste Claus Heff ner ein zwei-tes umfangreiches Testament.76 Darin bestimmte er

Am Anfang war die Residenz

62 1538 wurde Claus Heff ner zur Baccalaureatsfeier von Johann Kersten d. J. eingeladen; vgl. Metzler, Stephan Roth 2008, S. 123, Anm. 648.

63 Als Polier 1494 /95 erhielt er für 47 Wochen bis zu 16 Groschen pro Woche, zusätzlich Badegeld; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2733, Bl. 75v–76r. Außerdem erhielt er Werklohn, so bekam er 1502 150 gr vonn etzlichen kameyn zcubereiten; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. S fol. 23b (1501 /02), Bl. 35r. 1507 wird Jürge Mewrer für 40 gr eine Woche angedingt, um den Keller unter der Sakristei zu tünchen und zu berappen; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2751, Bl. 65r.

64 Meister Jürgen dem Steinmetz 1 Schock 11 Groschen für die Anlage des Kellers und des Kellerhalses. 18 Groschen Jürgen Heff ner von dem collegio zcu mauren, für 109 Ruten und je für eine Rute 42 Groschen und 1 Schock ins Gedinge. Jürgen Heff ner und seinen Gesellen 2 Schock 34 Groschen für sechs gehauene Steintüren im Collegium; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2742, Bl. 94 v, 110 r–v.

65 6 ß 18 gr vom steynen predichstul zcumachen Jurgen Heff ner vordyngeth; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2744, Bl. 97v. Mit der fysyrunge zcum predichstule wurde Hans Byldenhawer beauftragt; ebd., Bl. 89v. Die Identität dieses Bildhauers ist bislang off en. Während Buchwald, Wit-tenbergisches 1929, S. 56 in ihm einen Bruder des Claus und Jürgen Heff ner sah, vermuteten Bellmann /Hark-sen /Werner, Denkmale 1979, S. 245 Hans den Nieder-länder. Dieser erhielt – allerdings erst in der Amtsrech-nung des Jahres 1505 /06 – 31 Groschen, 4 Pfennige und einen Heller für Arbeiten an einem Kreuz zur Marter; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2746, Bl. 92r.

66 Findeisen /Magirius, Denkmale 1976, S. 120, 202.67 Vgl. RatsA Wittenberg, KR 1507, Bl. 285r; KR 1518, Bl. 14r.

68 RatsA Wittenberg 35 (Bc 24) 1536, Bl. 181r–181v.69 Th omas Heff ner Wittenbergen. Dioc. Branden. Ob puericiam

non potuit iurare; vgl. Foerstemann, Album I, 1841, S. 57.70 In einem Streitfall mit seinen Nachbarn bezeichnete

Bastian Krüger Claus Heff ner als Vater seiner Frau. Heff ner wiederum Bastian Krüger als seinen Sohn, für den sich der Bildhauer beim Kurfürsten einsetzte; vgl. RatsA Wittenberg, 69 (Bc 57) 1512 –1612, Bl. 14 –17; s. auch Metzler, Stephan Roth 2008, S. 122 f. mit Anm. 648.

71 Bellmann /Harksen /Werner, Denkmale 1979, S. 107.72 Zu Konrad Krebs vgl. Mannewitz, Bürgerhaus 1914,

S. 40; Bellmann /Harksen /Werner, Denkmale 1979, S. 106, Dehio-Handbuch, Sachsen-Anhalt II 1999, S. 495. Winkler, Bauhütte 1930, S. 89 mit Anm. 2 stellte den Sachverhalt richtig: »Mannewitz führt […] unter Berufung auf meine archivarische Forschung an, dass das Wittenber-ger Rathaus unter der Oberleitung von Konrad Krebs erbaut worden sei. Diese Angabe ist nicht zutreff end; der Irrtum ist anscheinend auf ein Missverständnis bei einer Unterhaltung zurückzuführen. Konrad Krebs hat mit dem Wittenberger Rathaus nichts zu tun gehabt.« (!)

73 Vgl. Anm. 67 sowie RatsA Wittenberg, KR 1523, Bl. 13v. Zur Lage des Heff ner-Krügerschen Hauses vgl. die Angabe bei Bellmann /Harksen /Werner, Denkmale 1979, S. 107: Bastian Krüger der am Markt wohn.

74 Vgl. Straube, Soziale Struktur 1985, S. 152, Anm. 36.75 Der Kaufvertrag ist enthalten in RatsA Wittenberg,

Urbarium 109 (Bc 97) 1528 –1555, Bl. 309r; vgl. auch WA Br 9, S. 587 f., Beilage III.

76 Testamentum seu ultima voluntas des erbarn unnd weisen Clausen Heff ener Rathman und Burger der Stadt Witten-bergk; vgl. RatsA Wittenberg, Urbarium 35 (Bc 24) 1536, Bl. 180r–183v.

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zehn Gulden für ein christliches Begräbnis und was da-von übrig bliebe, sollte am Tag seiner Beerdigung unt-ter arme durff tige leuth [ausgeteilt werden], soviel der fur mein behausung, so ich itzund bewohne, komme, itzlichen zwene pfennige. Zehn Gulden waren für den Gemeinen Kasten bestimmt, jeweils ein Gulden den vier Kapla-nen. Seiner Schwester Agathe, Witwe Michael Munchs zu Mansis in der Coburgischen Pfl ege und deren vier Kindern; seiner Schwester Christina und ihrem Gatten Claus Leupolts zu Großwalbur und deren vier Kindern und seiner Schwester Fela (Felicitas), Witwe des Hans Lurtzwig zu Häselrieth und deren vier Kindern vererbte er jeweils 20 Gulden. Seinem Neff en Lorenz Fromme, Sohn seiner seligen Schwester Kunigunde, welchen sie zu Lamprechtshausen erzeugett, hinterließ Heff ner sei-nen braunen gefüttertten purper samthen Rock.77 Auch einer Margaretha, Hedwig Mahrstallers Tochter, sollten zwei Gulden zukommen. Den Kindern seines Bruders Wolff Heff ner, soviel der vorhanden und zu rechter Ehe gezeuget, vermachte Heffner 40 Gulden. Als Testa-mentsvollzieher setzte Claus Heff ner seine Freunde Lu-cas Zimmermann, Bakkalaureus und späteres Ratsmit-glied sowie Georg Rhau, Buchdrucker und vormaliger Leipziger Th omaskantor, ein. Beiden überließ er seine zwene silbern pecher und jeweils zehn Gulden. Die laut Testament zu vererbende Barschaft belief sich 1537 auf insgesamt 386 Gulden.

Claus Heff ners Tochter wird im Testament nicht er-wähnt.78 Jedoch listen die Wittenberger Schoßregister im Jahr 1537 Heff ners Schwiegersohn Bastian Krüger als neuen Eigentümer des Hauses in der Schlossstraße,79 womit der Hauptteil des Erbes an die Familie von Heff -ners Tochter fi el. Bastian Krüger versteuerte dieses Haus fünf Jahre später mit einem Wert von 600 Gulden (!).80 Dass diese Übertragung nicht ohne Wirkung blieb, ist einer Tischrede Martin Luthers zu entnehmen. Heff ner war am 18. April 1539 bei Luther zu Gast und klagte, dass er von seinen Kindern, denen er all seine Güter übergeben hatte, nun in seinen alten Tagen verlassen und mit Füßen getreten würde. Luther antwortete ihm mit einem Spruch in Anlehnung an Jesus Sirach: Ein Vater könne zehn Kinder ernähren, aber zehn Kinder nicht einen Vater.8¹ In einem Brief vom 14. August 1539 teilte Martin Luther Justus Jonas mit, dass ein guter Mann zu Gott gegangen ist: Claus Bildenhain.8²

Claus Heff ners Künstlersozialgeschichte wird wei-ter fortgeschrieben; sie steht exemplarisch für die zahl-reicher spezialisierter Bau- und Kunsthandwerker, die es an den nahezu vier Jahrzehnte währenden Schloss-neubau Kurfürst Friedrichs des Weisen zog. Das Schloss

bildete die Keimzelle des ernestinischen Wittenberg, die daran beteiligten Architekten, Steinmetze, Zimmer-leute, Maler und Bildhauer den Auftakt für ein viel-schichtiges Neben- und Miteinander von Residenz, Universität und Stadt.

Anke Neugebauer

77 Zu den Ortsnamen siehe Anm. 31.78 Nicht gesichert ist das Verwandtschaftsverhältnis einer

Margarethe Heff ner, die am 15. Oktober 1536 als Köchin am kursächsischen Hof in Weimar von Johann Friedrich von Sachsen in unser jungenn herrschaff t als vor ein kochin inn unserm frauennn zimer […] uff ire lebelangk jerlichenn bestallt wurde und ein malter kornn weimerische masse

unnd wochentlich sechs groschen kost gelt aus unserm ambt weymar erhielt; vgl. Th ürHStA Weimar, EGA, Reg. Rr pag. 1 –316, Nr. 771a.

79 RatsA Wittenberg, KR 1537, Bl. 7r.80 Straube, Soziale Struktur 1985, S. 152, Anm. 36.81 WA TR 4, S. 351 f. Nr. 4506 und 4508.82 WA TR 8, S. 532, Nr. 3376.

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Anke NeugebauerAm Anfang war die Residenz – Forschungen und Perspektiven S. 82–92

Abb. 1: Wittenberg, Marienkirche, Epitaph des Franziskus Oldenhorst, 1565 (Ausschnitt)

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Impressum

Das ernestinische Wittenberg: Universität und Stadt (1486–1547)Wittenberg-Forschungen, Band 1

Im Auftrag der Stiftung LEUCOREA herausgegeben von Heiner Lück, Enno Bünz, Leonhard Helten, Dorothée Sack und Hans-Georg Stephan

Redaktion: Ralf Kluttig-Altmann (Leipzig), Th omas Lang (Leipzig), Ulrike Ludwig (Leipzig), Anke Neugebauer (Halle) und Katja Pürschel (Halle) Pläne: Antonia Brauchle (Berlin), Elgin von Gaisberg (Berlin)Gestaltung: Helmut Völter (Leipzig)Druck: Grafi sches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, CalbeVerlag: Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG, Stettiner Straße 25, 36100 Petersberg

Printed in Germany

© 2011 die Autorinnen und Autoren, Michael Imhof Verlag, Petersberg

isbn 978–3–86568–270–3

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist ur heber rechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts-gesetzes ist ohne Zustimmung der Herausgeber unzulässig. Dies gilt insbesondere für Verviel-fältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.