Junge/Bub(Frage 1)Bei den Bezeichnungen fr den Jungen zeigt sich
im deutschen Sprachraum eine deutliche Zweiteilung: Hunsrck,
Westerwald (im Osten bis Marburg), Vogelsberg sowie Thringer Wald
und Frankenwald (stlich davon noch in Hof und Plauen) bilden
ungefhr die nrdliche Grenze der Verbreitung vonBu(b)(Unter dieser
Leitform sind Varianten wieBub,Bue(b),Bua(b),Buiund andere
zusammengefasst.). Nrdlich davon sagt man fast
ausschlielichJung(e). Diese Grenze in den alltagssprachen Varietten
hat sich seit der Befragung fr den Wortatlas der deutschen
Umgangssprachen in den 1970er Jahren (sieheEichhoff 1977ff.) kaum
gendert; die Verteilung entspricht schon der in den Mundarten.
Allerdings heit das natrlich nicht, dass sdlich dieser Linie nicht
auchJungeverwendet wrde. Die Antworten auf die Frage 1 (Wie nennt
man an Ihrem Ort gewhnlich ein Kind mnnlichen Geschlechts?) geben
wohl vielmehr das wieder, was als ,ortstypisch angesehen wird.Aus
dem Rhein-Main-Raum wird vereinzeltBorschgemeldet (die mundartliche
Form vonBursche), aus Krnten und der Steiermark auchBersch(nach
demWrterbuch der bairischen Mundartenin sterreich nicht
mitBurscheverwandt, sondern durch Bedeutungsbertragung
ausBarschentstanden und von Wien aus in einigen Stadtsprachen
verbreitet). Die z. B. fr Heilbronn und Bruchsal angegebene
VarianteKerlweist auf kleinere Gebiete im Sdwesten, in denen
mundartlich auchKerlfr Junge gebraucht wird (vgl.Deutscher
Wortatlas, DWA). Eine interessante Form neueren Datums ist die aus
Bern und Biel in der Schweiz gemeldete BezeichnungGiufr Junge. Es
handelt sich dabei offenbar um eines der aus dem ,Mattenenglischen,
einer Berndeutschen Geheimsprache, stammenden Wrter, die heute
allgemein blich geworden sind und kaum mehr nur als
bubensprachlich/mattenenglisch gekennzeichnet sind. Schon im 2.
Band desWrterbuchs der schweizerdeutschen Sprache(1885, 213) ist
die FormGielzu finden; mit der im Westschweizerdeutschen blichen
Vokalisierung vonlist das Wort alsgieuund dannGiuheute schon weiter
verbreitet (Prof. Dr. Beat Siebenhaar, Leipzig/Bern,
p.c.).Gromutter(Frage 2a)Die Standard-Anredeform fr dieGromutterist
in Deutschland und sterreichOma. Wir fragten gezielt auch nach der
Aussprachevariante mit kurzemO-: Es zeigt sich, dass die
AnredeOmmabesonders zwischen Niederrhein und Weser sowie um den
Main herum gelufig ist (vgl.Oppa). Wie bei den Anredeformen fr die
Mutterdie Muttibesonders im Gebiet der ehemaligen DDR verbreitet
ist, so findet sich auch die KoseformOmiauffallend oft in den neuen
Bundeslndern. Die Schweiz hat hier eine Sonderstellung: Es finden
sich besonders verbreitet Formen wieGromammi/-mamme/-mamme(vgl.
Verbreitung vonMamiin der Schweiz!), aber auchGromutti/-muttersowie
Formen wieNani(Verkleinerung von Ane/Nane, vgl.Wrterbuch der
schweizerdeutschen Sprache) oderGroi. Spezifika kleinerer Regionen
sindShlein Vorarlberg,Oomim Erzgebirge undBomiin
Luxemburg.Grovater(Frage 2b)Wollte man auch bei den Anreden fr den
Grovater eine Standardanredeform benennen, so msste dies nach dem
Kartenbild auf jeden FallOpasein. Wie bei den Anredeformen fr
dieGromutter(s.o.) ergibt sich auch hier ein recht typisches
Verbreitungsmuster vonOpiin den neuen Bundeslndern. Allerdings ist
diese Koseform dort nicht so hufig wieOmi; erst bei Bercksichtigung
der Zweitmeldungen finden sich weitere Meldungen vor allem im
Osten, z.T. aber auch aus dem Norden Niedersachsens. Wie beiOmma(s.
Kt. 'Gromutter') ist die Form mit kurz gesprochenemO-besonders
zwischen Niederrhein und Weser sowie um den Main herum gelufig. In
sterreich wird fast ausschlielichOpagebraucht. Die Sonderstellung
der Schweiz wird auch hier deutlich: Es werden vor allem Formen
wieGropappi/-pappe/-bappegebraucht (so wie brigens auch die Anrede
Papi in der Schweiz verbreitet ist), aber auchGrovati/-vatersowie
Formen wieGroddioderNeni. Vereinzelte Varianten sindhnein
Vorarlberg,Oopim Erzgebirge undBopain Luxemburg.Fernseher(Frage
3)Die Karte mit den Bezeichnungen frdas TV-Gertzeigt, dass das
standardsprachliche WortFernseherauch umgangssprachlich in ganz
sterreich und Deutschland verbreitet ist. Daneben ist vor allem die
BezeichnungFernsehpopulr: Sie wird aus verschiedenen Gebieten im
Sden Deutschlands gemeldet, besonders aber aus dem Rhein-Main- und
dem Mosel-Saar-Gebiet. In der Schweiz schlielich ist sie die fast
ausschlielich gebrauchte Variante. (Ob ein regionaler Unterschied
zwischenderFernsehunddasFernsehbesteht, msste noch gesondert
ermittelt werden.) Die FormFernsehen, die das
Duden-Universalwrterbuch genau wie die FormFernseher als
umgangssprachlich bezeichnet, wird nur relativ selten gemeldet, und
zwar fast ausschlielich im Westen. Aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt
und Sachsen wird vereinzeltGlotzeangegeben, und in Luxemburg sagt
man schlielich im Anschluss an das Franzsische
Tele.Spinnennetz(Frage 4)Die Frage nach der Bezeichnung fr das, was
Spinnen bauen, um Beute zu fangen, ergab eine erstaunliche Vielfalt
an Ausdrucksvarianten, aber im Groen kaum regionale Unterschiede.
Kleinrumig scheint es jedoch verschiedene Prferenzen zu geben: So
ist zwarSpinnennetzim gesamten Sprachraum gelufig; es ist jedoch im
Westen (nrdlich der Mosel) und in der Schweiz die weit berwiegende
Variante. In der Mitte und im Sden Deutschlands sowie zum Teil auch
noch in sterreich sagt man auerSpinnennetzvielfachSpinnenweb(e).
Nrdlich des Mains kommt auerdem die Form mit eingeschobenem -ge-,
nmlichSpinnengeweb(e)vor.Zigarettenstummel(Frage 5)Die
Bezeichnungen fr den Zigarettenstummel sind ein schnes Beispiel
dafr, dass es zwar in der Standardsprache aller deutschsprachigen
Lndern ein Wort, nmlichStummel, gibt, aber in der Umgangssprache
drei ganz verschiedene Wrter gebruchlich sind:Stummelwird in der
Schweiz fast ausschlielich verwendet. Auch im Sden Deutschlands und
in sterreich ist es hufig in Gebrauch. Allerdings bevorzugt man in
Deutschland das WortKippe, das wohl erst im 20.Jh. im
Niederdeutschen Verbreitung fand und mit dem sddeutschenKipflnglich
geformtes Brot (aus lat. cippus Pfahl vgl. auch frhnhd.KipfeSpitze)
verwandt ist (Duden-Herkunftswrterbuch, Kluge); dieser Ausdruck ist
brigens umgangssprachlich auch in Polen gebruchlich. In sterreich
istTschikdie hufigste Variante. Dieses Wort fr 'Zigarettenstummel'
wie auch 'Kautabak' geht auf das gleichbedeutende
italienischeciccazurck, das seinerseits aus dem Franzsischen
entlehnt ist (vgl.Wrterb. der bair. Mundarten in sterreich).
WieKippewirdTschikbesonders bei Jngeren auch fr die (noch nicht
gerauchte) Zigarette verwendet.Pommes frites (Frage 6)Frage 6
lautete: Wie nennt man an Ihrem Ort gewhnlich Pommes frites in
einem Satz wie ,Ich hab jetzt Hunger auf eine groe Portion .... mit
Ketchup und Mayonnaise. (Stellen Sie sich dabei diesen und die
folgenden Stze so vor, wie sie an Ihrem Ort gesprochen werden!)
Pommes frites ist eine junge, wohl erst im 20. Jahrhundert aus dem
Franzsischen entlehnte Bezeichnung fr in heiem Fett gebackene rohe
Kartoffelstbchen (s.Kluge). Die nach franzsischer Weise
ohne-sausgesprochene BezeichnungPommfrittfr die vermutlich
belgische Erfindung wird nur aus der Schweiz allgemein als blich
gemeldet, daneben in sterreich und im sdwestlichen Deutschland
(sowie am Main) noch an einigen Orten. Die mehr eingedeutschte
VariantePommfritts(mit ausgesprochenems) findet sich auch in
Norddeutschland gelegentlich, die normale Bezeichnung in
Deutschland und sterreich ist jedoch die nach der Schrift deutsch
(also zweisilbig) ausgesprochene KurzformPommes. Nur im Rheinland
zwischen Kln und der Mosel, mit Auslufern bis ins Sauerland und das
Saargebiet, hat sichFritteneingebrgert, also der zweite Teil der
ursprnglichen Bezeichnung mit der Pluralendung-n. (Band 2
desRheinischen Wrterbuchsvon 1931 verzeichnet diese Form bereits,
allerdings nur fr das Eupener, also gerade das belgische Gebiet der
ripuarischen Dialekte.) Eine bernahme aus dem
niederlndischsprachigen Belgien liegt dabei nahe, dort heit es
allgemeinfritten/frieten(whrend in den Niederlanden auch die
Bezeichnungpatatgebruchlich ist). GegenberPommeszeigt sich hier die
grere Nhe zum Franzsischen (wo die Kurzform ebenfalls frites
lautet): Dapommes (de terre)allgemein Kartoffeln bedeutet, ist der
Zusatzfritesim Franzsischen zur Unterscheidung von anderen
Kartoffel-Zubereitungen wesentlich. In Deutschland wird aber auch
imFritten-Gebiet (zunehmend?)Pommesverwendet.eh/sowieso(Frage 7)Auf
die Frage, welches Wort man in einem Satz wie Gibs auf, es ntzt ...
nichts! in dem jeweiligen Ort normalerweise benutzt, antwortete die
berwiegende Mehrheit im gesamten Sprachgebieteh. Dies ist insofern
erstaunlich, als noch bei einer Umfrage in den 1980er Jahren auf
die selbe Frageehfast ausschlielich von Informanten aus sterreich
und Sddeutschland (bis hinauf nach Hessen und Sachsen) gemeldet
wurde (Wortatlas der dt. Umgangssprachen). In der Schweiz und
Norddeutschland wurde damals vorwiegendsowiesogenannt. Dies ist in
diesen beiden Gebieten zwar immer noch verbreitet, erscheint aber
oft als Zweitvariante (Minderheit der Meldungen). Sehr hufig wurde
damals in den beiden deutschen Staaten und in der Schweiz
auchdochangegeben; in unserer Umfrage nannten nur wenige
Informanten diese Variante. Uns kam es allerdings auf die
Entwicklung vonehundsowiesoan, und dabei zeigte sich, dass wie
beihaltundeben(vgl. Karteeben/halt) die krzere sddeutsche und
sterreichische Variante immer beliebter wird. Die in der frheren
Umfrage von zwei sterreichischen Informanten geuerte Beobachtung,
dass das dt.sowiesogerade in den stdtischen Ugs. sterreichs immer
mehr zunehme, besttigt sich nach unseren Daten nicht. Dafr gab
ein(e) Informant(in) aus Freiberg in Sachsen an,ehsei erst seit
zehn Jahren (vom Befragungsjahr 2003 aus gesehen) gebruchlich. Dies
lsst vermuten, dasseh(wie auch halt) erst seit der Wende in den
stlichen deutschen Bundeslndern Verbreitung gefunden hat nachdem
sddeutsch-sterreichische Kurzwrter wieehundhaltsich zunchst in den
nrdlichen alten Bundeslndern ausgebreitet haben.Unter dem Titel
"Lecker, lecker, lecker!" wurde in der Sddeutschen Zeitung die
rapide Ausbreitung des "Modewortes"lecker(zulecken) in
Sddeutschland beklagt und mit der Macht der Werbesprache erklrt
(Arno Makowsky, SZ vom 4./5.5.2002, abgedruckt im Rundbrief des
Frdervereins Bairische Sprache und Dialekte e.V., 9/2002);
allerdings sprach auch Goethe schon vonleckern Speisen. Ein
Nord-Sd-Geflle ist in den Karten zwar noch zu erkennen, aber nur
schwach.
lecker (I) (Frage 8a)Zunchst war gefragt, ob man "auf die Frage
der Bedienung in der Pizzeria o. ., ob das Essen geschmeckt hat",
sagen wrde: "Danke, es war sehr lecker". Die entsprechende Karte
zeigt die grte Dichte von "ja"-Meldungen im Klner Raum und entlang
der niederlndischen Grenze. Darber hinaus wre diese Antwort aber
offenbar im gesamten bundesdeutschen Gebiet blich (sdlich des Mains
etwas schwcher als nrdlich), whrend in sterreich und in der Schweiz
nur vereinzelt positive Meldungen vorkommen.
lecker (II) (Frage 8b)Die zweite Karte (Gebrauch des Wortes,
wenn man mit einem Kind spricht, z. B.: "Oh, du hast ein Eis!
Lecker!") macht aber deutlich, dassleckerin der Verwendung gegenber
Kindern auch im Sden gelufiger ist (und im Norden noch
uneingeschrnktere Zustimmung findet). Das Wort wird demnach
auerhalb des Nordwestens vielfach (noch) mit "Kindersprache"
assoziiert - dagegen wird es im Nordwesten nicht nur neutral in der
Bedeutung 'wohlschmeckend' verwendet, sondern z. T. sogar noch
allgemeiner als positives Adjektiv oder Adverb (nicht nurlecker
Mdsche(Kln), sondern auchlecker warm- im Niederlndischen sogar
lekker fietsen 'schn radeln' u. .).
dann/denn(Frage 9)Dannunddenngehren (wie wann und wenn)
etymologisch zusammen und wurden bis ins 18. Jh. ohne Bedeutungs-
bzw. Funktionsunterschied gebraucht (vgl.Kluge). Der Karte nach hat
sich auch in der Alltagssprache die neuere standardsprachliche
Differenzierung durchgesetzt: Fr den Beispielsatz "Das sehen wir
.... am Montag!" wurde von den Informanten vorwiegenddanngewhlt -
auer im Sdwesten (Schweiz und angrenzend). Auch in der deutschen
Nordhlfte kommen nur noch weit verstreutedenn-Meldungen vor. Sie
entsprechen dem Stand der Dialekte, in denen fast in dem gesamten
Gebiet dieser Streumeldungen allgemeindennfr 'dann' gilt (vgl.
digitaler Wenker-Atlas Kt. 'dann',
s.http://www.diwa.info).nein(Frage 10)Die umgangssprachlichen
Formen von 'nein' stimmen darin berein, dass bei allen das-nfehlt,
unterscheiden sich dagegen im Vokal. Praktisch im gesamten nord-
und mitteldeutschen Raum wirdneegesagt, sieht man von einzelnen
Meldungen vonnaaim Rhein-Main-Gebiet und an der Mosel ab. Das
oberdeutsche Gebiet teilt sich in bairisch-frnkischesnaaund
alemannisch-schwbischesnoi/nei. Das eigentlich nieder- und
mitteldeutscheneewird aber auch fr den Sdwesten gemeldet (wo auch
in anderen Fllen norddeutsche Formen leichter Zugang finden als im
Sdosten) und kommt auerdem anscheinend insbesondere im Grenzgebiet
zwischennoi/neiundnaavor anders als in den alten Dialekten (vgl.
denDigitalen Wenker-Atlas, Kt. 'nein'). Das ist eine nicht seltene
Erscheinung: Wenn in einem Raum zwei regionale Formen konkurrieren,
setzt sich hufig eine dritte, grorumig verbreitete Form durch.
Standardsprachlichesneinist nur in Norddeutschland, sterreich und
in der Schweiz hufiger verzeichnet.Nach den Grammatiken werden sog.
Pronominaladverbien (oder Prpositionaladverbien), das sind Wrter
ausda-,wo-oderhier-und einer Prposition
(damit,womit,hiermit;daran,woran,hieranetc.), in der schriftlichen
Standardsprache grundstzlich zusammengeschrieben. In der
Umgangssprache jedoch finden sich verschiedene Formen, bei denen
entweder die beiden Teile dieser Wrter getrennt stehen (Typ I:dawei
ich nichtsvonoderdahabe ich keine Lustauf) oder der erste Teil
verdoppelt wird. Im letzteren Fall gibt es wieder zwei
Mglichkeiten: Entweder stehen der verdoppelte Teil und das
Pronominaladverb getrennt (Typ IIa:dawei ich nichtsdavonoderdahabe
ich keine Lustd(a)rauf) oder sie stehen zusammen (Typ
IIb:dadavonwei ich nichts,da d(a)raufhabe ich keine Lust). Wir
haben nach den in der jeweiligen Stadt blichen Formen fr die beiden
BeispielstzenDavonwei ich nichts. und Darauf habe ich keine Lust.
gefragt.
davon(Frage 11)Zu Davonwei ich nichts. wurde am hufigsten und
flchendeckend die korrekte zusammengezogene Form genannt. Die
anderen Formen zeigen jedoch ein charakteristisches regionales
Muster: Die einfache Getrenntstellung (dawei ich nichtsvon) wird
fast nur aus dem Norden gemeldet sowie seltener auch im Sdwesten.
(Ein Informant aus Fssen schrieb, dass die Verwendung dieser Form
dort immer mehr zunehme.) Dagegen werden allgemein im Sden bis
hinauf nach Thringen und Sachsen die Verdoppelungskonstruktionen
bevorzugt, in Thringen und Sachsen sowie in sterreich fast
ausschlielich die getrennt stehende Verdopplung (dawei ich
nichtsdavon) und in den deutschen Gebieten ungefhr sdlich des Mains
sowie in der Schweiz die zusammenstehende Verdopplung (dadavonwei
ich nichts). Diese Nord-Sd-Verteilung entspricht ziemlich genau dem
Gebrauch in den Dialekten (vgl.Fleischer), und sie zeigt sich auch
schon im Wortatlas der stdtischen Umgangssprachen fr die
ostdeutschen Bundeslnder (vgl.Protze). In der Schweiz und in
Vorarlberg sagt man auchVon demwei ich nichts.
darauf(Frage 12)Zu Darauf habe ich keine Lust. gibt es ein
weniger eindeutiges Bild als zudavon. Beidaraufhaben wir die
Besonderheit, dass die Prposition mit einem Vokal beginnt und
deswegen in der Standardsprache und in den meisten Umgangssprachen
ein-r-zwischendaundaufeingefgt wird (wie auch
inworauf;hierauf;daran;darinetc.). Die Getrenntstellung (dahabe ich
keine Lustauf), die man aus einigen nordwestdeutschen Dialekten
kennt, gibt es in der Umgangssprache fast gar nicht (nur aus einem
Ort in Ostfriesland und aus Schwaben gemeldet allerdings
berichteten Kieler Studenten, dass sie diese Form auch noch aus dem
Kieler Umland kennen). Verbreitet ist dagegen, besonders im Norden,
eine Verdopplungsform, bei der jedoch das-a-im zweiten -da-
ausgelassen wird (dahabe ich keine Lustdrauf). Die getrennt
stehende Verdopplungsform (dahabe ich keine Lustdarauf) kommt, wenn
auch recht selten, nur im Sden Deutschlands, in sterreich und in
der Schweiz vor. Viel hufiger wird dort und in Sdtirol jedoch die
zusammenstehende Verdopplungsform verwendet (dadraufhabe ich keine
Lust); diese ist im Norden des Sprachgebiets deutlich seltener. Die
ausgeschriebene Verdopplungsform wurde nur ganz selten genannt
(dadaraufhabe ich keine Lust) allerdings wieda ... davon nur im
Sden. Und schlielich gaben auch hier Gewhrsleute in Vorarlberg
sowie in Sdtirol an, dass man in solch einem Satz kein
Pronominaladverb verwenden wrde (auf dashabe ich keine Lust).
etwas(Fragen 13a und 13b)Die Verkrzung vonetwaszuwasist zwar
berregional gelufig, nicht aber, wenn es sich um eine Mengen- bzw.
Gradangabe vor Substantiven bzw. Adjektiven handelt. Nur das
nrdliche Rheinland meldet geschlossen den Gebrauch
vonwasSaftstattetwasSaft, ansonsten kommen entsprechende Meldungen
nur vereinzelt vor. Bei zhlbaren Dingen wird dagegen anders als im
Niederlndischen, wowat bloemen'ein paar Blumen' standardsprachlich
ist auch im Rheinland(et)wasoffensichtlich nirgends verwendet
(damit erbrigt sich fr diesen Satz die Kartierung). Vor Adjektiven
('etwas kalt') ist dieverkrzte Form vonetwasim Klner Raum blich,
das entsprechende Gebiet ist aber kleiner als das vonwasSaft.
Darber hinaus lassen die Karten die regionale Differenzierung der
Varianten fr 'etwas' erkennen (wonach allerdings nicht in erster
Linie gefragt war): In der deutschen Sdhlfte wurde hufigerein wenig
(a weng)und auch hufiger Formen vonein bisschenstattetwasgenannt,
obwohl nurwas/etwasvorgegeben war. Gesondert zu untersuchen wre die
Verwendung des unbestimmten Artikelsein (a)Saft, die im Sdosten
auch bei Stoffbezeichnungen blich ist (auch dies wurde hier aber
nicht systematisch erfragt).
AusspracheKnig,wenigundzwanzig(Fragen 14a, 14b und 14c)In Frage
14 zu den Aussprachevarianten lautete die Aufgabenstellung: Bei den
nchsten Fragen wssten wir gern, wie die unterstrichenen Wrter bei
Ihnen ausgesprochen werden:a) "derKnig"b) "Ich hab(e)wenigZeit."c)
"zwanzigMal"Angeboten wurden jeweils drei Aussprachevarianten,
nmlich-k,-chund-sch(also in nicht-phonetischer Schreibweise).Im
Norden und in der Mitte Deutschlands wird der Buchstabe-gam
Wortende traditionell unabhngig vom vorausgehenden
Vokal-chausgesprochen. Nach der (in diesem Punkt inkonsequenten)
Aussprachenorm gilt diese Aussprache in Wrtern auf-igals korrekt,
in allen anderen Fllen nicht. (Unkonsequent ist natrlich auch, dass
die-ch-Aussprache silbenauslautend im Wortinnern nicht immer gelten
soll; man soll alsokniklichundewiklichsagen, aber dann
wiederwenichstens, derzwanzichsteoderEwichkeit, vgl. etwa dasDuden
Aussprachewrterbuch) Die Karten zeigen jedenfalls, dass die
ursprngliche Nord-Sd-Verteilung in ein Gebiet mit-ch- und ein
Gebiet mit-k-Aussprache in der Alltagssprache im Groen und Ganzen
noch vorhanden ist. Jedoch hat sich nicht nur das
standardsprachliche-chim Sden ausgebreitet, sondern deutlich auch
das nach den Aussprachewrterbchern eigentlich ,unkorrekte-kim
Norden. Grnde dafr sind unzweifelhaft die inkonsequente Norm (inTag
vgl. die entsprechendeKarte ist das nord- und
mitteldeutsche-chnicht korrekt) und die Orthographie, die
verbreitet zu der Annahme fhren, die AusspracheKniksei die
richtige. Im Westmitteldeutschen und in Sachsen wird das-chauch in
diesem Fall (wie das-chinich, herrlich o. .) hnlich wie
ein-schgesprochen (,Koronalisierung). Dass auch zumindest aus dem
rheinischen, hessischen und pflzischen Raum auffllig hufig
die-k-Aussprache gemeldet wird, mag mit einer Neigung zur
,Hyperkorrektion zusammenhngen: Dort, wo man die-sch-Aussprache zu
vermeiden sucht, fllt es leichter, auf ein-kals auf
ein-chauszuweichen.AusspracheTagundZeug(Fragen 15a und
15b)InTagundZeugist die (hier "korrekte" vgl. Ktn.Knigusw.)
oberdeutschek-Aussprache im ursprnglichenTach-(Zeuch-) Gebiet schon
weit verbreitet, vor allem im standardnher sprechenden Norden. Eine
Ausbreitung derk-Aussprache nach Sden hin ber das dialektale
ch-Gebiet hinaus ist nicht zu erkennen. Bei 'Tag' kommt eine weiter
nrdlich gelegene Nord-Sd-Grenze hinzu: Im Norden ist der Vokal kurz
(Tach), weiter sdlich lang (Taach). BeiZeuchzeigt sich wie
beiKnigetc. die mitteldeutsche Entwicklung vonchzusch.
AusspracheSportundKarte(Fragen 16a und 16b)Die Ersetzung
des(Zpfchen-)rdurchchv.a. vort(Spocht,Kachte) ist in lteren
Tonaufnahmen bei Sprechern aus verschiedenen Regionen zu hren, z.B.
bei dem Lbecker Thomas Mann. Der Grund hierfr kann u.a. darin
liegen, dass dasZpfchen-rdeutlich zu hren sein sollte, whrend es in
dieser Position normalerweise die Tendenz zur Vokalisierung hat,
sich also nicht deutlich von dem vorausgehenden Vokal abhebt. Nach
der Aussprachenorm (insbesondere fr Berufssprecher und
Schauspieler) war noch in der ersten Hlfte des 20. Jahrhunderts nur
das besser hrbare gerollteZungenspitzen-r"korrekt". Allgemein gilt
diech-Aussprache heute jedoch als rheinische Eigenheit wie die
Karten zeigen, zu Recht (vgl. a. die Karte beiCornelissen; ob diese
Aussprache in anderen Gebieten tatschlich kaum vorkommt oder ob
hier auch ein Stereotyp eine Rolle spielt, durch das den
Rheinlndern diese Aussprache bewusster ist, wre noch eine andere
Frage). Aus dem Dialekt kommt diese Aussprache jedoch nicht, hier
wird dasrinSportetc. zum Vokal und geht nachavollkommen im
vorausgehendenaauf (Kaat). Es handelt sich beichalso um eine
"feinere" Variante (dementsprechend verspotten manche Westfalen sie
auch als "hochgestochen"), die mit dem Wechsel vom
gerolltenZungen-rzumZpfchen-rzusammenhngt. Die verbreitete Annahme,
dass dieser Wechsel, der sich ab dem 18. Jh. zunchst vor allem ber
die Stdte ausbreitete, ursprnglich vom Franzsischen (bzw. von
Paris) ausging, wird zwar teilweise in Frage gestellt vgl.
z.B.Wiese die regionale Verbreitung desZpfchen-rmacht aber doch
wahrscheinlich, dass eine "franzsische" Mode hier eine Rolle
spielt. Die Karte "Karte" zeigt dasselbe rheinischech-Gebiet wie
die Karte "Sport", auerdem wird sichtbar, dass die vollstndige
Verschmelzung desrmit dem vorausgehendena(Kaate) vor allem im
Westen (und etwas seltener auch im Norden) vorkommt. Im Sdosten
gilt zumindest im Dialektoa dies wurde aber nicht systematisch
erfragt, weil die Unterscheidung verschiedener Vokalisierungsformen
mit Hilfe der normalen Orthographie praktisch unmglich ist. Hier
sollte nur dasch-Gebiet nher eingegrenzt
werden.Aussprachedas/was(Fragen 17a und 17b)Die Karten besttigen
die landlufige Assoziation vondat-dit/watmit Rheinland, Ruhrgebiet
und Berliner Raum, darber hinaus istdat/watumgangssprachlich
offenbar auch noch ganz im Norden gebruchlich. Insoweit entspricht
die Karte den dialektalen Verhltnissen (im Sdwesten gibt sie recht
genau die traditionelle dat-das-Linie wieder). Das Auffllige ist
aber, dass in den Dialekten im ganzen niederdeutschen
Raumdatundwatgilt, in unserer Karte jedoch in weiten Teilen
Niedersachsens und Westfalens keine einzigedat/wat-Meldung
vorkommt. Unterschiedlich starke Urbanisierung und entsprechend
verschieden starker Rckgang der Dialekte kann hierfr nur teilweise
verantwortlich gemacht werden, sicherlich nicht fr den Unterschied
zwischen dem Raum Niederrhein-Ruhrgebiet-westliches Westfalen
(berwiegenddat) und dem nrdlich und stlich angrenzenden Gebiet.
Hier scheint ein anderer Hintergrund zu bestehen, nmlich die
Orientierung am Rheinland/Klner Raum, wo (wie in Berlin)wat(wiedat)
eine Sonderrolle als charakteristisches, hufiges Einzelwort spielt,
das problemlos aus dem Dialekt in eine standardnhere Sprache
bernommen werden kann, gerade weil der Gegensatz "Dialekt t
Standard s" hier in anderen Wrtern nicht auftritt. Im
niederdeutschen Raum dagegen istwatvielfach zusammen mitWateretc.
durch die hochdeutschen Formen ersetzt worden auer dort, wo das
Rheinland (oder Berlin) mitwatals Vorbild wirken. Die Karte 'das'
lsst genauer das Gebiet unter Berliner Einfluss erkennen
(det-ditstattdat).Ausspracheneues(Frage 17c)Bei der Karte 'neues'
sind die Verhltnisse anders als bei den anderen beiden Karten, weil
die entsprechende Form in den Dialekten des wat-Gebiets ursprnglich
nicht auf-etendet, sondern endungslos ist. In einigen Regionen hat
sich allerdings im Dialekt und/oder in der Umgangssprache zu
hochdeutsch-esdie andat/wat/etangepasste
Endung-etherausgebildet.
(du) kriegst(Frage 18)Die Karte zeigt eine Reihe verschiedener
Formen, die sich aus der Verbindung mehrerer sprachgeographischer
Gegenstze ergeben. Zum einen gibt es Formenmit -tundohne -t,
diejenigenohne -t(Dreiecke) dominieren dabei im Sdwesten (inkl.
Sdtirol) und Westen. Hinzu kommt der Gegensatz-g/-ch, der sich wie
in den Karten "Knig" bzw. "Zeug" darstellt. Imch-Gebiet kommt
auerdem berall die Zusammenziehung deschszusvor (krist,kriest),
besonders hufig im Westen, wo das-tfehlt (kris). Der Gegensatz
zwischen Langvokal/Diphthong und Kurzvokal schlielich entspricht
von der Verteilung her dem zwischen-gund-ch,sodass sich als
hufigste Formen sdlicheskriegst(griagst usw.) und
nrdlicheskrichstgegenberstehen. In einem Groteil der Antworten aus
der Schweiz wurde dagegen darauf hingewiesen, dass das
Verbkriegen(stattbekommen) dort berhaupt unblich ist.eins
gemerkt,eins im Sinn(Frage 19)Beim Lehren der Grundrechenarten gibt
es wohl verschiedene sprachliche Traditionen: Im grten Teil des
Sprachgebiets sagt man, wenn man beim Addieren oder Subtrahieren
eine 1 bertrgt (an die nchste Zehner-, Hunderterstelle etc.), laut
oder im Stilleneins gemerktdazu. Dagegen wurde im gesamten
Nordwesten von Schleswig-Holstein ber Hamburg, Bremen,
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen bis
zum Saarland sowie auch im Berliner Gebiet vorwiegendeins im
Sinngelernt. In der Schweiz gebraucht man meistensbehalte eins. In
den stlichen Bundeslndern sterreichs istbleibt einsverbreitet. Und
schlielich gibt es regional noch weitere Ausdrcke: In Vorarlberg
und Obersterreich isteins weiterblich, und in Sachsen sowie
stellenweise auch in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und im Schwbischen
verwendet man nichteins gemerkt, sondernmerke eins.(Fr den Hinweis
auf die regionalen Unterschiede zwischen "eins gemerkt" und "eins
im Sinn" danken wir Stefan Kleiner und Steffen Arzberger aus dem
"Forum Sprachvariation" der IGDD!)
Mundart/Platt(Frage 20)Bei den Bezeichnungen fr die rtliche
Mundart gibt es eine deutliche Zweiteilung der Sprachkarte: Im
gesamten Sden sowie im Osten bis hinauf nach Berlin wird
entwederMundartoderDialektgesagt (Die hufige Nennung vonMundartist
durchaus berraschend, mag aber damit zusammenhngen, dassMundart
nebenPlatt vorgegeben war,Dialektjedoch nicht. Vielfach gaben die
Informanten aus diesen Gebieten auch wederMundartnochDialektan,
sondern orts- oder regionsbezogene Ausdrcke
wieMansfeldisch,Schwbisch o..). Im Nordosten, im gesamten
Nordwesten sowie im Westen nennt man die MundartPlatt. Allerdings
ist gerade in einem bergangsbereich (Brandenburg, Sachsen-Anhalt
und Hessen) auffllig, dass oftPlattundMundartgemeldet werden, aber
nur ganz seltenDialekt;Dialektist dagegen besonders fr Sachsen,
Thringen sowie das Sprachgebiet sdlich des Mains typisch. (In
einigen Regionen wirdDialektauch im Sinne von Akzent, also fr eine
nur leicht regional gefrbte Sprechweise, verwendet.) Die
Verbreitung der BezeichnungPlatt(oderPlattdeutsch) ist insofern
bemerkenswert, als sie vielfach und auch nach Auskunft
etymologischer Handbcher (Duden,Pfeifer) auf das Niederdeutsche
bzw. die niederdeutschen Mundarten bezogen und mit dem platten Land
nrdlich der Mittelgebirge assoziiert wird. Unsere Karte zeigt
jedoch, dass im Westen auch weiter sdlich, nmlich berall dort, wo
es in der Mundart etwaPundund nichtPfundheit, noch vom
rtlichenPlattgeredet wird.