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AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ
M a i 2 0 1 4 | H e f t 5
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Umwelt Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abdrift Seite 172
Pflanzenbau Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem Seite 196
Nutztiere Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) Seite 204
ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.
HerausgeberinAgroscope
Partnerb Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB;
Institut für Nutztierwissen schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits wissenschaften INH), www.agroscope.ch
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,
Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.chb Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, www.fibl.org
180 Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risiko-mindernde Massnahmen bezüglich Abschwemmung Irene Hanke, Thomas Poiger, Annette P. Aldrich
und Marianne E. Balmer
Umwelt
188 Heubläser als Alternative zum Heu-rechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren
Nina Richner, Léonie Durocher, Hanspeter
Rohrer und Thomas Walter
Pflanzenbau
196 Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem
Ute Vogler, Romana Schmon, Melanie Jänsch
und Werner E. Heller
Nutztiere
204 Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) Silvia Ampuero Kragten und Ueli Wyss
Kurzbericht
212 Wirkungsanalyse der Verkäsungszulage auf den Milchmarkt
Giulia Listorti und Axel Tonini
216 Porträt
217 Aktuell
219 Veranstaltungen
Sortenliste
Beilage Liste der empfohlenen Winterrapssorten für die Ernte 2015
Alice Baux, Carolin Luginbühl und
Yves Grosjean
Spezialpublikation
Beilage Agroscope
InhaltMai 2014 | Heft 5
Bei der Sprühanwendung von Pflanzenschutzmitteln werden Gewässer und weitere Flächen durch Abdrift belastet. Forschende von Agroscope untersuchen abdriftmindernde Massnahmen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)
Editorial
171Agrarforschung Schweiz 5 (5): 171, 2014
Liebe Leserin, lieber Leser
Pflanzenschutzmittel (PSM) sind aus einer produktiven Landwirtschaft nicht
wegzudenken. Sie ermöglichen auf wirkungsvolle Art, Ertragsverluste durch
Krankheiten und Schädlinge zu minimieren oder die unerwünschte Konkur-
renz durch Unkräuter zu reduzieren. PSM unterstützen aber nicht nur einen
effizienten Pflanzenbau; da sie gegenüber Schadorganismen toxisch wirken,
bergen sie auch Risiken für Nicht-Ziel-Organismen in terrestrischen und
aquatischen Ökosystemen. Um diese Risiken auf ein akzeptables Niveau zu
senken, sollen PSM nur so viel wie nötig eingesetzt werden. Zudem sollen bei
einem Einsatz Emissionen so weit wie möglich verhindert und besonders sen-
sible Organismen möglichst wenig exponiert werden.
Gestützt auf die seit 2010 in Kraft getretene neue Pflanzenschutzmittel-
verordnung (PSMV) werden bereits zugelassene PSM regelmässig neu evalu-
iert oder aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gezielt überprüft.
Diese Überprüfung führt besonders bei älteren Wirkstoffen häufig zu einer
Neueinstufung der Risiken und zum Teil zu verschärften Auflagen für die
Anwendung; beispielsweise werden Sicherheitsabstände zu Oberflächen-
gewässern und zu besonders schützenswerten Biotopen erhöht. Der Preis für
den besseren Schutz der Umwelt ist dabei der Verlust an kultivierbarer Flä-
che. Vor dem Hintergrund dieser Problematik beauftragte das Bundesamt
für Landwirtschaft BLW die Forschungsanstalt Agroscope, praxistaugliche
Massnahmen zu entwickeln, die es erlauben, PSM-Emissionen aus behandel-
ten Kulturen zu reduzieren und entsprechend die Sicherheitsabstände zu
verkleinern, ohne die Umwelt zu gefährden. In einem ersten Schritt konzen-
trierte man sich auf Abdrift und oberflächliche Abschwemmung als wichtige
Emissionsquellen (vgl. die entsprechenden Artikel in diesem Heft S. 172 und
180). Da zurzeit EU-weit ebenfalls Anstrengungen zur Risikominderung beim
Einsatz von PSM unternommen werden, suchten die Experten von Agroscope
den Austausch mit Kollegen im europäischen Umfeld. Das Resultat: eine Liste
von Massnahmen, die vergleichbar sind mit den Vorkehrungen, die in Nach-
barländern diskutiert werden.
Im Rahmen eines Workshops mit Vertretern der kantonalen Pflanzen-
schutzdienste und Fachstellen wurden die vorgeschlagenen Massnahmen
auf ihre Praxistauglichkeit und Umsetzbarkeit geprüft und angepasst. Die
Massnahmen zur Reduktion der Abdrift und zum Schutz von Nicht-Ziel-
Arthropoden in Naturschutzgebieten wurden in der Folge als Weisung for-
muliert, die vom BLW Ende 2013 publiziert und Anfang 2014 in Kraft gesetzt
wurde. Die Massnahmen zur Reduktion der oberflächlichen Abschwemmung
werden 2014 mit den Massnahmen zum Erosionsschutz abgeglichen und vor-
aussichtlich 2015 als Weisung publiziert.
Mit der Umsetzung risikomindernder Massnahmen beim Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln in der Praxis wird sich zeigen, dass sich eine effiziente
Landwirtschaft und ein wirkungsvoller Umweltschutz durchaus vereinbaren
lassen.
Benno Graf, Koordinator PSM-Prüfung, Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB
Risiken mindern beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
172 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 172–179, 2014
tion in der Schweiz und der EU weitgehend harmonisiert.
Bei der Abschätzung der Exposition (PEC = Predicted
Environmental Concentration) gibt es gewisse Unter-
schiede.
Für die Einschätzung der durch Abdrift verursachten
Umweltrisiken muss bekannt sein, wieviel PSM tatsäch-
lich verfrachtet und ausserhalb der Kultur abgelagert
wird. Diese Frage wird schon seit einiger Zeit von ver-
schiedenen Versuchsinstitutionen verfolgt und es wurde
eine grosse Zahl von Messungen in unterschiedlichen
Kulturen durchgeführt. Für die Abschätzung der Abdrift
werden von vielen Behörden in Europa und auch in der
funktionen herangezogen, welche auf zahlreichen Pra-
xismessungen basieren (Ganzelmeier et al. 1995; FOCUS
2001; Rautmann et al. 2001).
U m w e l t r i s i k o d u r c h A b d r i f t
Bei jeder Sprühapplikation von Pflanzenschutzmitteln
(PSM) entsteht Abdrift: Wirkstoffhaltige Tröpfchen, die
ausserhalb des Zielbereichs abgelagert werden (Abb. 1).
Dieser direkte Eintrag in sensible Nichtzielflächen
(Gewässer und andere Biotope) stellt einen Teil der
Umweltbelastung durch PSM dar.
Risikobeurteilung
Die ökotoxikologische Risikobeurteilung für einen
Pflanzenschutzmitteleinsatz basiert auf der Toxizität
(Giftigkeit) des Wirkstoffes und der zu erwartenden
Exposition (Kontakt mit dem Wirkstoff) von Nichtziel-
organismen. Die Verfahren zur Beurteilung der Toxizi-
tät sind bezüglich Datenanforderungen und Interpreta-
Pflanzenschutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich AbdriftSimon Schweizer, Heinrich Höhn, Daniel Ruf, Pierre-Henri Dubuis und Andreas Naef
Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8820 Wädenswil, Schweiz
Eine zentrale Aussage der Untersuchungen zu Abdrift ist,
dass die Deposition von PSM mit zunehmendem Abstand
von der Applikationsfläche schnell abnimmt (Abb. 2).
Einflussfaktoren der Abdrift
Abdrift ist ein dynamischer Prozess, welcher durch viel-
fältige Faktoren beeinflusst wird. Wichtig sind dabei
Witterung, Applikationstechnologie sowie Geräteein-
stellungen und Vorgehen beim Sprühen. Grundsätzlich
gilt: je kleiner ein Tröpfchen, desto leichter kann es
durch Luftbewegungen (Wind, Thermik, Gebläse) ver-
frachtet werden.
Das Wetter ist wichtig, nicht nur in Bezug auf die
Windverhältnisse. Tiefe Luftfeuchtigkeit oder hohe Tem-
peraturen beschleunigen das Verdunsten der schweben-
den Tröpfchen, welche so schnell kleiner und somit
abdriftgefährdet werden. Gute Agronomische Praxis
(GAP) beachtet das Wetter und hält sich an Vorgaben.
Bestimmungen für die Schweiz werden von BAFU und
BLW (2013) herausgegeben.
Art und Stadium der Kultur sind entscheidende Vor-
aussetzungen für die Einschätzung der Abdrift. Hochge-
wachsene Raumkulturen wie etwa Kernobst benötigen
eine Applikationstechnik, welche die Tröpfchen in der
ganzen Höhe der Pflanzen verteilt. Die Abdrift ist dabei
wesentlich grösser als bei einem gerade nach unten
sprühenden, tief geführten Spritzbalken im Ackerbau.
Im Jahresverlauf verändert sich die Belaubung aller
Kulturen. Gut entwickelte Belaubung fängt mehr des
ausgebrachten PSM auf als eine Pflanze im Keim- oder
0,01
0,1
1
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1 10 100
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enge
Abstand vom Feldrand [m]
Messwerte, 90. Perzentile (Ganzelmeier et al. 1995)
Basic drift values auf Basis 90. Perzentile (Rautmann et al. 2001)
Abb. 2 | 90. Perzentile der Messwerte für die Deposition durch Abdrift aus Obstanlagen im frühen Vegetationsstadium (Ganzel-meier et al. 1995) und daraus abgeleitete standardisierte Depositionsfunktion (Rautmann et al. 2001) in doppelt logarithmischer Darstellung.
Abb. 3 | Abschätzung der produktiven Fläche in Pufferzonen. Die Zone bis 6 m vom Ufer des Bachs umfasst hier keine Produktionsfläche, bis 20 m einen schmalen Streifen, bei 50 und 100 m wesentliche Teile der Parzellen. Daten: ThurGIS (1985); ThurGIS (2012). Kartenhinter-grund: swissimage (2009).
Literatur ▪ BAFU und BLW, 2013. Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft. Ein Modul der Vollzugshilfe Umweltschutz in der Landwirtschaft. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Vollzug 1312. 58 S.
▪ BLW, 2008. Weisungen betreffend der Sicherheitsabstände, die bei Oberflächengewässern einzuhalten sind, und der Massnahmen, die eine Reduktion dieser Abstände erlauben (9. Januar 2008). Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern
▪ BLW, 2013a. Weisungen betreffend der Massnahmen zur Reduktion der Risiken bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (22. November 2013). Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern.
▪ BLW, 2013b. Weisungen und Erläuterungen zur Verordnung über die Direktzahlungen an die Landwirtschaft (Direktzahlungsverordnung, DZV; SR 910.13 vom 7.12.1998). Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern.
▪ ChemRRV, 2005. Verordnung zur Reduktion von Risiken beim Umgang mit bestimmten besonders gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und Ge-genständen (Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung, ChemRRV). 814.81. Stand am 1. Juni 2013.
▪ DZV, 2014. Verordnung über die Direktzahlungen an die Landwirtschaft (Direktzahlungsverordnung, DZV). 910.13. Stand am 1. Januar 2014.
▪ FOCUS, 2001. FOCUS Surface Water Scenarios in the EU Evaluation Pro-cess under 91/414/EEC. Report of the FOCUS Working Group on Surface Water Scenarios, EC Document Reference SANCO/4802/2001-rev.2. 245 S.
▪ Friessleben R., Fried A., Lange E., Schmidt K., Funke H.-G., Koch H., Knewitz H., Palm G., Stadler R. und Heinkel R., 2003. Zusammenfassende
Auswertung von Versuchen zur biologischen Wirksamkeit von Pflanzen-schutzmitteln im Apfelanbau bei grobtropfiger Applikation. Gesunde Pflanzen 55(3), 77–84.
▪ Ganzelmeier H., Rautmann D., Spangenberg R., Streloke M., Herrmann M., Wenzelburger H.-J. und Walter H.-F., 1995. Untersuchungen zur Abtrift von Pflanzenschutzmitteln. Mitteilungen aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Berlin-Dahlem 304.
▪ Höhn H., Kuske S., Schweizer S. und Naef A., 2014. Einfluss von Drift-reduktionsmassnahmen. Schweizerische Zeitschrift für Obst- und Wein-bau 7, 8–11.
▪ Nuyttens D., D’Hoop M., Blauwer V. d., Hermann O., Hubrechts W., Mestdagh I. und Dekeyser D., 2009. Drift-Reducing Nozzles and their Biological Efficacy. Comm. Appl. Biol. Sci, Ghent University 74(2), 1–9.
▪ Rautmann D., Streloke M. und Winkler R., 2001. New basic drift values in the authorization procedure for plant protection products. Mitteilungen aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Berlin-Dahlem 383, 133–141.
▪ Schweizer S., Kauf P., Höhn H. und Naef A., 2013. Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch. Agrarforschung Schweiz 4, 484–491.
tritt von Oberflächenabfluss ins Gewässer verhindern
resp. verzögern.
In der Schweiz ist die periodische oder ganzjährige
Begrünung in Dauerkulturen weit verbreitet (Abb. 3). In
Obstanlagen wird generell empfohlen, die Fahrgassen
mit einer gut befahrbaren und tragfähigen, dichten
Grasnarbe zu begrünen, während die Baumstreifen im
Frühjahr und Sommer meist unkrautfrei gehalten wer-
den. Im Weinbau sind regional noch unterschiedliche
Verfahren gebräuchlich. Je nach Standort kann die
zusätzliche Vegetation mit den Reben zu stark um Wasser
konkurrenzieren, weshalb der Boden von Zeit zu Zeit
bearbeitet und von Bewuchs freigehalten werden muss.
An steilen Hängen ist eine Terrassierung wegen Erosi-
onsgefahr sinnvoll. Die Verringerung des oberflächli-
chen Abflusses führt auch zu geringerer Abschwem-
mung von PSM (Abb. 4).
Bewachsene Pufferstreifen verbessern die Infiltra-
tion von oberflächlich abfliessendem Wasser und den
darin gelösten PSM-Rückständen. Durch den dichten
Bewuchs werden Bodenpartikel und daran gebundene
PSM zurückgehalten. Die erzielbare Reduktion ist abhän-
gig von den physikalisch-chemischen Eigenschaften des
Diverse Massnahmen, die zur Erosionsprävention und
zur Vermeidung von Nährstoff einträgen in Gewässer
bereits angewendet werden, weisen auch ein grosses
Potenzial für die Verringerung der Einträge von PSM
durch Abschwemmung auf:
Konservierende Bodenbearbeitung: Wenn weniger
intensiv oder gar nicht gepflügt wird, ist der Acker-
boden in der Regel durchlässiger. Das Regenwasser
kann somit besser versickern und es fliesst weniger
Wasser oberflächlich ab. Pflanzenreste, die nach dem
Ernten zurückbleiben, verlangsamen den Wasserfluss
auf der Oberfläche zusätzlich. Gleichzeitig verschlämmt
bedeckter Boden bei Regen weniger stark (Abb. 2).
Bodenschonende Anbauverfahren sind daher gut
geeignet, oberflächliche Abschwemmung zu reduzie-
ren. Sie sind derzeit aber praktisch nur im Feldbau eta-
bliert.
Verschiedene Massnahmen innerhalb der Parzelle
können dazu beitragen, oberflächliche Abschwem-
mung gar nicht erst entstehen zu lassen oder die Menge
des abfliessenden Wassers zu reduzieren. Im Feld kön-
nen bewachsene, unbehandelte Streifen, Hecken und
andere Barrieren die Hanglänge reduzieren oder die
Bildung von konzentrierter Abschwemmung verrin-
Abb. 2 | Maisfeld nach Direktsaat. Das abgestorbene Pflanzenmaterial zwischen den Reihen verlangsamt das Abfliessen des Wassers und der Boden verschlämmt bei Regen weniger stark. (Foto: Volker Prasuhn, Agroscope)
rationen und Belastungsspitzen zu erwarten sind. Diese
Annahme wurde durch eine kürzlich publizierte Aus-
wertung von Monitoringdaten aus der Schweiz bestä-
tigt (Munz et al. 2012). Weniger strenge Auflagen an
grösseren Gewässern wären daher zwar grundsätzlich
denkbar, widersprechen jedoch dem Ziel einer mög-
lichst geringen Gewässerbelastung.
Abgeschwemmtes Wasser kann nicht nur oberfläch-
lich in Gewässer fliessen, sondern auch via sogenannte
Abb. 3 | Rebberg in Stein am Rhein (SH). Die Begrünung der Fahrgassen reduziert die oberflächliche Abschwemmung von PSM deutlich. (Foto: Thomas Poiger Agroscope)
beitung, Massnahmen zur Erosionsminderung im Feld,
Begrünung der Fahrgassen im Obst- und Rebbau und
Terrassierung.
Die Massnahmen sollten nicht direkt als Auflagen
auf der Etikette erscheinen, sondern separat in einer
Weisung aufgeführt werden. In der Weisung werden
den Massnahmen Punkte zugeordnet, die dem jeweili-
gen Risikoreduktionspotential entsprechen (in Analogie
zur Abdrift: Höhn et al. 2014). Bei einer Kombination
mehrerer Massnahmen addieren sich die Punkte. In der
Auflage wird lediglich definiert, welche Punktzahl benö-
tigt wird, um das Produkt trotz Abschwemmungsrisiko
anwenden zu können.
Abb. 4 | Rebberg in Stäfa (ZH). Durch die Terrassierung versickert Regenwasser besser und weniger Wasser kann oberflächlich abfliessen. (Foto: Werner Siegfried, Agroscope)
Literatur ▪ Aldrich A. & Daniel O., 2006. Pflanzenschutzmittel in Oberflächengewäs-sern: Konzept für die ökotoxikologische Risikoabschätzung und -verringe-rung in der Schweiz (Entwurf, vertraulich). Agroscope Changins-Wädens-wil ACW.
▪ BAFU & BLW, 2013. Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft – Ein Modul der Vollzugshilfe Umweltschutz in der Landwirtschaft. Bern.
▪ BLW, 2013. Agrarbericht 2013. Bern. ▪ Doppler T., Camenzuli L., Hirzel G., Krauss M., Lück A. & Stamm C., 2012. Spatial variability of herbicide mobilisation and transport at catch-ment scale: insights from a field experiment. Hydrol. Earth Syst. Sci. Dis-cuss. 16, 1947–1967.
▪ FOCUS, 2007. Landscape and Mitigation Factors in Aquatic Risk Assess-ment. Volume 1. Extended Summary and Recommendations. Final Report of the FOCUS Working Group on Landscape and Mitigation Factors in Ecological Risk Assessment, EC Document Reference SANCO/10422/2005 v2.0. 169 S.
▪ Grégoire C., 2010. ArtWET. Final report. Covering the project activities from 1.10.2006 to 30.9.2010.
▪ Lacas J.-G., Voltz M., Gouy V., Carluer N. & Gril J.-J., 2005. Using grassed strips to limit pesticide transfer to surface water: a review. Agronomy for Sustainable Development 25 (2), 253–266.
▪ Munz N., Wittmer I. & Leu C., 2012. Schweizweite Auswertung von Pesti-zidmessungen in Fliessgewässern. Aqua & Gas 11, 32–41.
▪ Reichenberger S., Bach M., Skitschak A. & Frede H.-G., 2007. Mitigation strategies to reduce pesticide inputs into ground and surface water and their effectiveness; A review. Science of the Total Environment (384), 1–35.
▪ Schweizer S., Höhn H., Ruf D. & Dubuis P.-H., Naef A., 2014. Pflanzen-schutzmitteleinsatz – Risikomindernde Massnahmen bezüglich Abdrift Agrarforschung Schweiz 5 (5), 172–179.
▪ Stamm C., Doppler T., Prasuhn V. & Singer H., 2012. Standortgerechte Landwirtschaft bezüglich der Auswirkung von landwirtschaftlichen Hilfs-stoffen auf Oberflächengewässer. Projekt-Schlussbericht.
▪ Szerencsits E., 2008. Gewässerschonstreifen – Wie viel Fläche ist betrof-fen? Agrarforschung 15 (5), 236 - 238.
Applicazione di prodotti fitosanitari: misure
per ridurre il rischio di dilavamento
È possibile che durante eventi pluviali i
prodotti fitosanitari possano essere dilavati
dalla particella trattata e raggiungere le
acque di superficie. I rischi per gli organismi
acquatici che ne conseguono sono valutati
nel corso dell’omologazione e, se necessario,
saranno prescritte delle misure per la loro
riduzione. Attualmente, per ridurre il rischio
di dilavamento, può essere richiesta una
zona tampone inerbita larga 6 m. Su incarico
dell’Ufficio federale dell’agricoltura (UFAG),
la stazione di ricerca Agroscope ha esami-
nato ulteriori opzioni relative alle misure per
la riduzione del rischio di deriva. Misure che
in futuro potrebbero risultare determinanti
per l’omologazione di prodotti fitosanitari.
Queste misure devono ridurre l’inquina-
mento delle acque e, contemporaneamente,
limitare il meno possibile la produzione
agricola. Il risultato di questo progetto è una
lista di misure dalla quale i produttori
possono selezionare e abbinare quelle più
idonee al loro caso, oppure quelle che, per
altri motivi, stanno già applicando (p. es. per
la protezione dall’erosione). Nella lista
appaiono, oltre alla zona tampone al bordo
del campo, anche nuove misure come p. es.
una lavorazione minima del terreno, l’im-
pianto di bande coltivate all’interno della
particella, come pure l’inerbimento all’in-
terno di colture perenni.
Plant protection products – mitigating the
risk due to surface runoff
Plant protection products (PPP) can be
transported from treated fields to surface
waters via surface runoff during rain events.
Potential risks for aquatic organisms due to
surface runoff are assessed during the
registration process for PPP, and risk mitiga-
tion measures are implemented if necessary.
Currently, a vegetated buffer zone of 6 m
width may be required as risk mitigation
measure for surface runoff. Further options
for risk mitigation of surface runoff that can
be linked to PPP registration were evaluated
at Agroscope on behalf of the Swiss Federal
Office for Agriculture. These options should
effectively reduce the contamination of
surface waters while minimizing impacts on
agricultural productivity. The list of mitiga-
tion measures resulting from this project
offers farmers the possibility to combine
those measures that are best suited for their
particular situation or those that are already
implemented for other reasons (e.g., for
erosion control). Besides vegetated buffer
zones, these include e.g. conservation
tillage, vegetated strips within the field and
use of cover crops in orchards and vineyards.
Key words: surface water, risk mitigation
measures, plant protection products, surface
runoff.
188 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren
nehmen mit dem Bundesamt für Landwirtschaft sind
Vollzugshilfen für bestimmte Unterhaltsmassnahmen
möglich. Schliesslich sieht die Öko-Qualitätsverordnung
im Sinne von ökologischen Ausgleichszahlungen finanzi-
elle Entschädigungen für Landwirtschaftsbetriebe vor,
die Trockenwiesen und -weiden bewirtschaften (BLW
2001).
Wiesen reagieren sehr sensibel auf die Art ihrer
Bewirtschaftung. Damit sie ihr ökologisches Potenzial
entfalten können, muss die Störung durch alle Bearbei-
tungsschritte vom Mähen bis zur Ernte möglichst gering
gehalten werden. Seit Kurzem setzen Betriebe Heublä-
ser als Alternative zum traditionellen und zeitintensiven
E i n l e i t u n g
Trockenwiesen sind wertvolle Lebensräume, die mit
ihren besonderen Bedingungen zahlreiche typische
Arten beherbergen. In Europa sind Trockenwiesen
besonders bedroht. Ihre Fläche ist in der Schweiz seit
1950 um 90 % zurückgegangen (Ballmer 2010; Dostalek
und Frantik 2008). Als Reaktion auf diesen Rückgang hat
der Bundesrat ein Inventar der Biotope erstellt, darunter
auch eine Bestandesaufnahme der Trockenwiesen und
-weiden von nationaler Bedeutung (Gubser et al. 2010).
Dieses Inventar umfasst 23 648 Hektaren, was 1,48 % der
Land- und Alpwirtschaftsfläche entspricht. Im Einver-
Nina Richner1, Léonie Durocher1, Hanspeter Rohrer2 und Thomas Walter1
1Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8046 Zürich, Schweiz2Pro Natura Unterwalden, 6072 Sachseln, Schweiz
Methode Rechen: Position am Hang 0,004 0,003 1,32 0,187
Tab. 1 | Generalisiertes lineares MischmodellPflanzenvielfalt im Jahr 2013 bei Berücksichtigung der Faktoren «Bewirtschaftungsmethode» und «Position am Hang» (Artenvielfalt ~ Bewirtschaftungsmethode + Position am Hang, Family = Poisson); Varianz = 1,2536 e-17; Standardabweichung = 3,5406 e-09
Schätzwert Standardfehler Z-Wert p
(Schnittpunkt) 1,792 0,124 14,393 < 0,001
Methode Rechen 0,00 0,114 –0,002 0,999
Position am Hang 0,001 0,003 0,208 0,835
Tab. 2 | Generalisiertes lineares MischmodellAnzahl Ziel- und Leitarten im Jahr 2013 bei Berücksichtigung der Faktoren «Bewirtschaftungsmethode» und «Position am Hang» (Anzahl Ziel- und Leitarten ~ Bewirtschaftungsmethode + Position am Hang, Family = Poisson); Varianz = 2,127 e-16; Standardabweichung = 1,4584 e-08
Schätzwert Standardfehler Z-Wert p
(Schnittpunkt) 1,878 0,268 7,015 < 0,001
Methode Rechen 0,264 0,175 1,507 0,132
Position am Hang 0,01 0,004 4,350 < 0,001
Methode Rechen: Position am Hang –0,012 0,005 –2,543 0,011
Tab. 3 | Generalisiertes lineares MischmodellDeckung der Moose im Jahr 2013 bei Berücksichtigung der Faktoren «Bewirtschaftungsmethode» und «Position am Hang» (Deckung der Moose ~ Bewirtschaftungsmethode + Position am Hang, Family=Poisson); Varianz= 0,27072; Standardabweichung = 0,52031
Bewirtschaftungsmethode Bläser Rechen
Position am Hang 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5
Anzahl Arten 63 59 46 53 46 64 61 53 57 53
Tab. 4 | Gesamtzahl der Arten an fünf nach der Position am Hang festgelegten Punkten nach Bewirtschaftungsmethode. Position am Hang: 1 am tiefsten gelegener Punkt, 5 am höchsten gelegener Punkt
Umwelt | Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren
192 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
Einfluss des Gefälles
Dasselbe Modell ergab dagegen, dass die Position am
Hang einen Einfluss auf die Artenvielfalt im Jahr 2013
hatte (Tab. 1). Bei beiden Arten von Parzellen war die
Artenzahl im unteren Bereich des Hangs grösser, bei den
geblasenen Parzellen war dieser Trend jedoch ausge-
prägter (Abb. 3). Die Position am Hang beeinflusste die
Die Zahl der Ziel- und Leitarten hing dagegen nicht von
der Position am Hang ab. Die Deckung der Moose im Jahr
2013 betrug auf den gerechten Parzellen 8,7 % ± 2,7 %,
auf den geblasenen Parzellen 10,7 % ± 3,6 %. Die
Deckung der Moose veränderte sich entlang des Höhen-
gradienten, der Trend war bei den beiden Parzellentypen
jedoch gegenläufig: Bei den geblasenen Parzellen waren
im oberen Bereich des Hangs mehr Moose zu finden,
während sie bei den gerechten Parzellen im unteren
Bereich einen grösseren Flächenanteil einnahmen (Tab. 3).
Sowohl bei den geblasenen als auch bei den gerechten
Parzellen waren die grössten Unterschiede der Artenviel-
falt zwischen den Positionen 1 und 5, d.h. zwischen der
am höchsten und der am tiefsten gelegenen Position der
Parzelle zu finden (Tab. 4 und 5). Die Artenzahl war im
unteren Bereich der Parzelle am höchsten. Bezüglich der
Reaktionszahl und der Nährstoffe waren die Unter-
schiede entlang des Höhengradienten zwar nicht signifi-
kant (Tab. 6 und 7), es liess sich mit einem p-Wert von
0,086 aber immerhin ein interessanter Trend ausmachen:
Die Nährstoffzahl nahm mit zunehmender Höhe in der
Parzelle ab.
−4 −2 0 4
−4
−2
0
PC1
PC2
pos
2
24
geblasene Flächengerechte Flächen
Abb. 2 | Hauptkomponentenanalyse der Artenzusammensetzung für die Gesamtheit der Aufnahmen. Je weiter oben am Hang sich die Aufnahmefläche (pos) befindet, desto weiter nach rechts kommt der entsprechende Punkt in der Grafik zu liegen. Die erste Achse (PC1) erklärt 10,2 % der Gesamtvarianz, die zweite Achse (PC2) 6,5 %.
Tab. 5 | Wilcoxon-Test mit Vergleich der Zeigerwerte auf Parzellen, die mit dem Bläser (B) und dem Rechen (R) bewirtschaftet wurden
Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren | Umwelt
193Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
mensetzung verändert. Die Ergebnisse bestätigen diese
Vermutung jedoch nicht. Die untersuchten Aspekte der
Artenvielfalt scheinen im Zeitraum von vier Jahren
durch die Bewirtschaftungsmethode nicht beeinflusst
worden zu sein.
Interessant war der Einfluss des Höhengradienten auf
die Ergebnisse. Das Gefälle kann Unterschiede der
Bodeneigenschaften bewirken, die wiederum die
Vegetation bestimmen. Durch das Gefälle, das eine
konsequente Ernte von oben nach unten zur Folge hat,
sind auch Rückschlüsse auf den Einfluss der Ernterich-
D i s k u s s i o n
Diese Studie wurde aufgrund der Vermutung begon-
nen, dass die Ernte mit dem Rechen oder Bläser durch
die unterschiedliche Wirkung auf die Bodenoberfläche
und auf die Verbreitung der Samen die Vegetation
einer Wiese unterschiedlich beeinflussen könnte: Der
Rechen, indem er den Boden stellenweise öffnet und
damit die Keimung neuer Arten fördert, und der Bläser,
indem er die Verbreitung eines breiten Spektrums von
Samen fördert und auf diese Weise die Artenzusam-
10 20 30 40 50 60
1520
2530
35
Position am Hang
Anza
hl A
rten
geblasene Flächengerechte Flächen
Abb. 3 | Durchschnittliche Anzahl Arten der einzelnen Aufnahmen je nach Position am Hang (die auf der Abszissenachse eingetragene Distanz bezieht sich auf die Basislinie zuunterst am Hang); geblasene Parzellen: R2 = 0,1499; gerechte Parzellen: R2 = 0,3092.
Schätzwert Standardfehler T-Wert p R2
(Schnittpunkt) 3,523 0,061 57,980 < 0,001 –0,017
Position am Hang 0,001 0,001 0,002 0,674
Tab. 6 | Lineare Regression der Werte für die Reaktionszahl mit der Position am Hang
Schätzwert Standardfehler T-Wert p R2
(Schnittpunkt) 2,445 0,052 47,272 < 0,001 0,041
Position am Hang –0,003 –0,003 0,002 0,086
Tab. 7 | Lineare Regression der Werte für die Nährstoffe mit der Position am Hang
194
Umwelt | Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
tung möglich. Bei der Artenvielfalt lässt sich feststellen,
dass bezüglich der durchschnittlichen Artenzahl pro
Vegetationsaufnahme, aber auch hinsichtlich der
Gesamtzahl der Arten zwischen den höchsten und
tiefsten Positionen ein Unterschied besteht. Bei Nie-
derschlägen werden Nährstoffe im Allgemeinen nach
unten ausgewaschen (Korsaeth und Eltun 2000). Ver-
mutlich begünstigen die höhere Nährstoffkonzen-
tration im unteren Bereich des Hangs sowohl Trocken-
wiesenarten als auch typische Arten intensiv
bewirtschafteter Wiesen (Bobbink et al. 1998; Korsa-
eth und Eltun 2000; Stevens et al. 2004). Damit liesse
sich die höhere Vielfalt an Pflanzenarten erklären. Die
tiefere Nährstoffkonzentration im oberen Parzellenbe-
reich kann entsprechend eine geringere Artenvielfalt
zur Folge haben (Janssens 1998).
Der Unterschied der Artenvielfalt könnte aber auch dar-
auf zurückzuführen sein, dass Samen leichter in den unte-
ren Parzellenbereich gelangen. Dieser Transport könnte
durch den Heubläser stärker gefördert werden. Deshalb
wurde vermutet, dass die Samen je nach ihren Eigenschaf-
ten und je nach der Bewirtschaftungsmethode in stärke-
rem oder geringerem Ausmass transportiert werden. Dies
würde schliesslich zu einer unterschiedlichen Artenzu-
sammensetzung führen (Howe und Smallwood 1982). Die
Bewirtschaftungsmethode zeigte jedoch keine Beeinflus-
sung auf die Artenzusammensetzung nach vier Jahren,
unabhängig davon, ob die Ernte mit Rechen oder Bläser
erfolgt, und unabhängig von der Position entlang des
Höhengradienten. Es ist denkbar, dass ein allfälliger Ein-
fluss erst nach langer Zeit sichtbar würde.
Auch die Anzahl Ziel- und Leitarten und die Deckung der
Moose waren in den gerechten und geblasenen Parzel-
len ähnlich. Dagegen liess sich ein Einfluss der Position
am Hang feststellen, wobei die Moose bei den geblase-
nen Parzellen eine grössere Deckung im oberen Bereich
aufweisen, bei den gerechten Parzellen eine grössere
Deckung im unteren Bereich. Die höhere Deckung der
Moose im oberen Hangbereich erstaunt nicht, da dort
die Konkurrenz aufgrund der geringeren Artenvielfalt
und Nährstoffkonzentration vermutlich geringer ist (Lee
und Caporn 1998). Die Ergebnisse der gerechten Parzel-
len zeichnen allerdings ein anderes Bild.
Wir werden unsere Beobachtungen bis 2015 fortset-
zen und in zwei Jahren eine abschliessende Analyse der
gesamten Daten des sechsjährigen Zeitraums durchfüh-
ren. Mit dieser Untersuchung werden sich die hier vorge-
stellten Ergebnisse bestätigen oder differenzieren lassen.
� n
Dank
Markus Odermatt, Landwirt, Seewli, Obbürgen und job-vision, Stans, für die Bewirtschaftung der Wiese. Gisela Lüscher, Andrea Klieber-Kühne, René Hoess und Markus Baggenstoss für die Vegetationsaufnahme und Philippe Jeanneret für die statistische Beratung.
195
Heubläser als Alternative zum Heurechen: Einfluss auf die Vegetation nach vier Jahren | Umwelt
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 188–195, 2014
Leaf blowers as an alternative to rakes:
impact on vegetation after four years
In the mountains, hay harvesting repre-
sents a significant task for farmers. To
make this job easier and speed up the
harvest, farmers are gradually replacing
rakes with leaf blowers. The Swiss nature
conservancy organisation Pro Natura and
the Agriculture and Agri-Food Research
Station Agroscope are currently evaluat-
ing the potential effects of leaf blowers
on the plant diversity of dry grasslands –
habitats which are already under severe
threat. In this study, plant surveys are
carried out annually on a meadow where
plots with the two types of harvest
alternate. The analysis of the data
collected in 2013 does not attest to any
impact of blowers on plant diversity,
species composition, the presence of
target or characteristic species, or moss
cover. By contrast, position on the slope
has an influence on the number of species,
which is higher at the bottom of the slope
on all plots. Moss cover is greater at the
top of the blown plots and at the bottom
of the raked plots.
Key words: hay harvesting, leaf blower,
vegetation, change.
Il soffiatore come alternativa al rastrello:
influenza sulla vegetazione dopo quattro
anni
In montagna la fienagione è molto
impegnativa per i contadini. Per alleviare il
compito e procedere più rapidamente nel
raccolto, questi sostituiscono progressiva-
mente il rastrello con il soffiatore. Attual-
mente l'organizzazione Pro Natura e la
stazione di ricerca per la filiera agronomica
e agroalimentare Agroscope valutano i
potenziali effetti sulla vegetazione dei
prati secchi che sono habitat già molto
minacciati. In questo studio ogni anno
sono realizzati rilevamenti di vegetazione
su un prato in cui si alternano particelle
dei due tipi di raccolto. L'analisi dei dati
raccolti nel 2013 non testimonia alcuna
influenza del soffiatore sulla ricchezza spe-
cifica, sulla composizione delle specie,
sulla presenza di specie bersaglio e
caratteristiche o sulla copertura di muschi.
La posizione in pendenza, invece,
influenza il numero di specie. Questo è più
elevato alla base del pendio, su tutte le
particelle. La copertura di muschi è
maggiore nella parte alta delle particelle
soffiate e nella parte bassa di quelle
rastrellate.
Literatur ▪ Ballmer M., 2010. Fakten zu Trockenwiesen und -weiden in der Schweiz. Pro Natura, Basel. 2 S.
▪ BLW, 2001. Verordnung über die regionale Förderung der Qualität und der Vernetzung von ökologischen Ausgleichsflächen in der Landwirt-schaft (Öko-Qualitätsverordnung, ÖQV). Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern.
▪ Bobbink R., Hornung M. & Roelofs J.G.M., 1998. The effects of air-borne nitrogen pollutants on species diversity in natural and semi-natural European vegetation. Journal of Ecology 86 (5), 717–738.
▪ Dostalek J. & Frantik T., 2008. Dry grassland plant diversity conservation using low-intensity sheep and goat grazing management: case study in Prague (Czech Republic). Biodiversity and Conservation 17 (6), 1439–1454.
▪ Gubser C., Volkart G., Dipner-Gerber M., Eggenberg S., Hedinger C., Martin M., Walter T. & Schmid W., 2010. Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung. Vollzugshilfe zur Trockenwiesenverordnung. Umwelt-Vollzug 1017. Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern. 83 S.
▪ Howe H.F. & Smallwood J., 1982. Ecology of seed dispersal. Annual Review of Ecology and Systematics 13, 201–228.
▪ Janssens F., Peeters A., Tallowin J.R.B., Bakker J.P., Bekker R.M., Fillat F. & Oomes, M.J.M., 1998. Relationship between soil chemical factors and grassland diversity. Plant and Soil 202, 69–78.
▪ Korsaeth A. & Eltun R., 2000. Nitrogen mass balances in conventional, integrated and ecological cropping systems and the relationship between balance calculations and nitrogen runoff in an 8-year field experiment in Norway. Agriculture Ecosystems & Environment 79 (2–3), 199–214.
▪ Küchler M., 2012. VEGEDAZ – ein Programmpaket zur Erfassung und Exploration von Vegetationsdaten. Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Birmensdorf.
▪ Landolt E., 2010. Flora indicativa. Haupt Verlag, Bern. 378 S. ▪ Lee J. A. & Caporn S.J.M., 1998. Ecological effects of atmospheric reacti-ve nitrogen deposition on semi-natural terrestrial ecosystems. New Phy-tologist 139 (1), 127–134.
▪ R Core Team, 2013. R: A Language and Environment for Statistical Com-puting. Version 3.0.2. R Foundation for Statistical Computing, Wien.
▪ Stevens C.J., Dise N.B., Mountford J.O. & Gowing D.J., 2004. Impact of nitrogen deposition on the species richness of grasslands. Science 303 (5665), 1876–1879.
▪ Walter T., Eggenberg S., Gonseth Y., Fivaz F., Hedinger C., Hofer G., Klieber-Kühne A., Richner N., Schneider K., Szerencsits E. & Wolf S., 2013. Operationalisierung der Umweltziele Landwirtschaft. Bereich Ziel- und Leitarten, Lebensräume (OPAL). ART-Schriftenreihe 18, 1–134.
196 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
Gemüsekohl nur bis zu einer bestimmten Schadschwelle
toleriert werden kann, gilt im Anbau von Raps als tole-
rierbar und nicht bekämpfenswert. Die Folge für Gemü-
sekulturen ist ein höherer Aufwand an Pflanzenschutz-
massnahmen.
Die Kleine Kohlfliege D. radicum
Ein Schädling, der an Gemüse aus der Familie der Kreuz-
blütler zu hohen Qualitätseinbussen führen kann, ist die
Kleine Kohlfliege Delia radicum (Diptera: Anthomyii-
dae). In Deutschland (Erichsen und Hünmörder 2005)
und Kanada (Dosdall et al. 1996b) hat D. radicum ausser-
dem im Anbau von Raps in der Bedeutung als Schädling
zugenommen. In der Schweiz ist D. radicum als Schäd-
ling in Raps bisher nicht erwähnt (BLW 2014).
Aufgrund von Neubeurteilungen der Höchstkonzentrati-
onen für einzelne Wirkstoffe durch die Abteilung
Lebensmittelsicherheit des Bundesamt für Gesundheit
im Jahr 2010 wurden die betroffenen Bewilligungen
E i n l e i t u n g
Das Kohl-Raps-Agrarökosystem ist dadurch gekenn-
zeichnet, dass die Kulturpflanzen der Pflanzenfamilie
der Kreuzblütler (Brassicaceae) angehören. Vertreter der
Kreuzblütler besitzen eine Vielzahl an Gemeinsamkei-
ten, zum Beispiel enthalten sie Senföle, die auch Glucosi-
nolate genannt werden. Glucosinolate spielen bei einer
Vielzahl von Schädlingen eine Rolle in der Erkennung
ihrer Wirtspflanzen (Hopkins et al. 2009). Daher sind
Kreuzblütler attraktive Wirtspflanzen und prädestiniert,
um von verschiedenen Schädlingen und Krankheiten
befallen zu werden. Durch die Vermarktung ober- und
unterirdischer Pflanzenteile werden hohe Qualitätsan-
forderungen an die Ernteprodukte im Gemüsebau
gestellt, die nur durch tiefe Schadschwellen eingehalten
werden können. Vor allem in kleinräumigen Anbauge-
bieten können daraus Konfliktsituationen entstehen.
Schädlings- oder Krankheitsbefall, der im Anbau von
Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem Ute Vogler, Romana Schmon, Melanie Jänsch und Werner E. Heller
Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8820 Wädenswil, Schweiz
Tab. 1 | Übersicht zu Aufbau, Platzierung und Abbau der Wassergelbfallen im Kohl-Raps-Agrarökosystem in 2012
Pflanzenbau | Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem
198 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
ist der Befall als Pilzrasen auf der Blattunterseite oder
auf beiden Blattseiten sichtbar. Vorbeugende Bekämp-
fungsmassnahmen, wie Bodenentseuchung und Saat-
gutdesinfektion müssen vor Kulturbeginn durchgeführt
werden, während kurative Bekämpfungsmassnahmen
während der Kultur eingesetzt werden. Allerdings zei-
gen kurative chemische Bekämpfungsmassnahmen bei
starkem Befall oder zum falschen Einsatzzeitpunkt meist
keine genügende Wirkung.
Im integrierten Anbau von Gemüsekohlen ist daher der
Befalls- und Infektionsdruck von grosser Bedeutung. Mit
Hilfe einer Standortanalyse im Kohl-Raps-Agrarökosystem
wurde stellvertretend für Schädlinge D. radicum und für
Krankheiten H. parasitica während der Vegetationsperi-
ode beobachtet, um Zusammenhänge zu untersuchen.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Untersuchungen zur Aktivität von D. radicum
Die Aktivität von D. radicum wurde bei Ruswil im Kanton
Luzern mit Hilfe von Wassergelbfallen (Finch und Skin-
ner 1974) im Jahr 2012 überwacht. Dafür wurden die
Wassergelbfallen in einem Kohlfeld und in drei Rapsfel-
dern aufgestellt (Tab. 1 und 2), wöchentlich gewechselt
und im Labor ausgewertet. Zusätzlich wurde die Eiab-
lage von D. radicum bei Kohl- und Rapspflanzen
wöchentlich geprüft. Dafür wurde bei zehn zufällig aus-
gewählten Pflanzen pro Feld die Erde rund um den Wur-
zelhals entnommen, in einem Gefäss aufgeschwemmt
und die Eier ausgezählt. In den Rapsfeldern wurde die
Eiablage ab dem 26.3.12 bis zur Ernte und in Blumen-
kohl ab dem 06.6.12 bis zum 22.10.12 kontrolliert.
Populationsstudie zu H. parasitica
Für molekulare Analysen zur Untersuchung der Popula-
tionen von H. parasitica wurde unterschiedliches Pflan-
zenmaterial verwendet (Tab. 3). Gebeiztes Saatgut von
drei Rapssorten ‘Nodari’, ‘Intense’ und ‘13090 (CSZ9222)’
wurde gewaschen und anschliessend im Gewächshaus
zu Jungpflanzen herangezogen (SS1 – SS3, Tabelle 3).
Pflanzen mit und ohne Symptome von H. parasitica wur-
den untersucht, um mögliche Infektionsquellen im Kohl-
Raps-Agrarökosystem zu identifizieren. Zur Extraktion
der Desoxyribonukleinsäure (DNS) aus den Jungpflanzen
von Blumenkohl, Kohlrabi, und Raps wurden die Blätter
über Nacht gefriergetrocknet (ALPHA 1 – 2 LO plus) und
pulverisiert (Fast Prep FP 120). Die DNS wurde mit dem
DNeasy Plant Mini Kit (Qiagen, Sample & Assay Techno-
logies) (Qiagen 2006) extrahiert. Das Protokoll wurde in
den Schritten 18 und 19 modifiziert, indem 50 µl Wasser
anstelle von 100 µl AE Puffer verwendet wurde. Um DNS
aus Rapssamen zu isolieren, wurden diese mit flüssigem
Stickstoff gemörsert. Die weiteren Schritte entsprechen
den bereits genannten Schritten zur Extraktion der DNS
Kohl Raps 1 Raps 2 Raps 3
Kohl – 1400 1000 330
Raps 1 1400 – 470 1070
Raps 2 1000 470 – 710
Raps 3 330 1070 710 –
Tab. 2 | Übersicht zum Abstand in Metern (m) zwischen den Wassergelbfallen in Kohl und Raps bzw. Ausfallraps
Saatgut-beizung
WirkstoffSymptom
H. parasitica Pflanzenstadium Abkürzung Herkunft
Blumenkohl – – x Jungpflanze CF Bio Jungpflanzen Beat Jud, Tägerwilen,
SchweizKohlrabi – – x Jungpflanze CT
Raps ‘Nodari’ x Methiocarp – Saatgut ST 1
Eric Schweizer AG, Thun, Schweiz
Raps ‘Nodari’ x Methiocarp –Jungpflanze
(Gewächshaus)SS 1
Raps ‘Intense’ xFludioxonil, Metalaxyl–M,
Thiamethoxam– Saatgut ST 2
Raps ‘Intense’ xFludioxonil, Metalaxyl–M,
Thiamethoxam–
Jungpflanze (Gewächshaus)
SS 2
Raps ‘13090 (CSZ9222)’
xFludioxonil, Metalaxyl–M,
Thiamethoxam– Saatgut ST 3
Raps ‘13090 (CSZ9222)’
xFludioxonil, Metalaxyl–M,
Thiamethoxam–
Jungpflanze (Gewächshaus)
SS 3
Raps unbekannt unbekannt xJungpflanzen
(Feld)
OR 1
Rapsfelder RuswilOR 2
OR 3
Tab. 3 | Zusammenstellung des Pflanzenmaterials, das auf H. parasitica untersucht wurde
Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem | Pflanzenbau
199Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
A)
PCR Programm 95°C 15 Min
40 Zyklen 94°C 30 Sek
60°C 30 Sek
72°C 10 Min
10°C ∞
B)
PCR MasterMix
PCR Volumen 10 µl
HotStar Taq 5 µl
Primer AFP293 (for) 1 µl
Primer AFP294 (rev) 1 µl
H2O 2 µl
DNS 1 µl
Tab. 4 | A) Modifiziertes PCR Programm nach dem Protokoll von (Brouwer et al. 2003). B) PCR MasterMix
0
10
20
30
40
50
60
26.03
.12
02.04
.12
09.04
.12
16.04
.12
23.04
.12
30.04
.12
07.05
.12
14.05
.12
21.05
.12
28.05
.12
04.06
.12
11.06
.12
18.06
.12
25.06
.12
02.07
.12
09.07
.12
16.07
.12
23.07
.12
30.07
.12
06.08
.12
13.08
.12
20.08
.12
27.08
.12
03.09
.12
10.09
.12
17.09
.12
24.09
.12
01.10
.12
08.10
.12
15.10
.12
22.10
.12
Klei
ne K
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n in
Was
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elbf
alle
n (A
nzah
l ges
amt)
2011 CF1 CF2
A
Blumenkohl 1 Blumenkohl 2
0
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10
15
20
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35
26.03
.12
02.04
.12
09.04
.12
16.04
.12
23.04
.12
30.04
.12
07.05
.12
14.05
.12
21.05
.12
28.05
.12
04.06
.12
11.06
.12
18.06
.12
25.06
.12
02.07
.12
09.07
.12
16.07
.12
23.07
.12
30.07
.12
06.08
.12
13.08
.12
20.08
.12
27.08
.12
03.09
.12
10.09
.12
17.09
.12
24.09
.12
01.10
.12
08.10
.12
15.10
.12
22.10
.12
Anza
hl E
ier /
10
Pflan
zen
CF1 CF2
B
Abb. 1 | Resultate der Überwachung von D. radicum in Gemüsekohl während der Vegetationsperiode in 2012 (2011 = Brache nach Brokkoli in 2011, CF1 = Blumenkohl 1. Satz, CF2 = Blumenkohl 2. Satz). A) Flugaktivität von D. radicum, gemessen an der Anzahl D. radicum in Wassergelbfallen. B) Eiablage von D. radicum an Blumenkohlpflanzen, gemessen an der Anzahl Eier an 10 zufällig ausgewählten Pflanzen (1. und 2. Satz).
aus Jungpflanzen. Im Anschluss an die Polymerase-Ket-
ten-Reaktion (PCR) (Tab. 4) und Gelelektrophorese wur-
den die PCR-Produkte sequenziert. Für die Sequenzie-
rung wurde der ABI PRISM 3130xl Genetic Analyzer
verwendet. Die sequenzierten PCR-Produkte wurden mit
dem Geneious Programm (www.geneious.com) ange-
passt und mit dem MultiAlign bestätigt (Corpet 1988).
Anschliessend wurden die Sequenzen mit der Datenbank
des National Center for Biotechnology Information ver-
glichen (www.ncbi.nlm.nih.gov).
R e s u l t a t e
Die Kleine Kohlfliege D. radicum
In der Vegetationsperiode 2012 konnten in Gemüsekohl-
kulturen drei Generationen von D. radicum beobachtet
werden (Abb. 1). Die Flugaktivität der ersten Generation
wurde im brachliegenden Feld mit vorjährigem Brokkoli-
anbau im Zeitraum vom 2.4.12 bis zum 10.4.12 beobach-
tet (Abb. 1A). Die Flugaktivität der ersten Generation
hielt über eine Periode von sieben Wochen an. Die maxi-
Pflanzenbau | Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem
200 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
male Anzahl gefangener D. radicum an einem Kontroll-
termin lag bei 20 Fliegen. Während der Flugaktivität der
ersten Generation waren keine geeigneten Wirtspflan-
zen verfügbar, so dass keine Kontrolle der Eiablage von
D. radicum in Gemüsekohl möglich war (Abb. 1B). Die
ersten D. radicum der zweiten Generation wurden im
Zeitraum vom 25.6.12 bis zum 2.7.12 gefangen und über
einen Zeitraum von acht Wochen mit einem Maximum
von 50 Fliegen in einer Woche beobachtet. Die ersten
Eier wurden eine Woche nach Beginn der Flugaktivität
an Gemüsekohl gefunden. Direkt im Anschluss an den
Flug der zweiten Generation startete die Flugaktivität
der dritten Generation. Diese war während acht Wochen
aktiv, mit einem Maximum an 30 gefangenen D. radicum
pro Woche. Die letzten D. radicum wurden im Zeitraum
vom 8.10.12 bis zum 15.10.12 gefangen. Die Eiablage der
dritten Generation begann am 24.9.12.In den drei überwachten Rapsfeldern wurde die
Flugaktivität von zwei Generationen D. radicum beob-
achtet (Abb. 2). Die ersten D. radicum wurden zwischen
dem 2.4.12 und dem 10.4.12 in den Rapsfeldern F1 und
F2 gefangen, und im Rapsfeld F3 ab dem Zeitraum
10.4.12 bis zum 16.4.12 (Abb. 2A). Die Flugaktivität der
ersten Generation D. radicum in Raps dauerte sieben
Wochen und es wurden zu einem Kontrolltermin maxi-
mal 329 D. radicum gefangen (Abb. 2A). Aufgrund
ungünstiger Wetterverhältnisse sind für den Zeitraum
vom 23.4.12 bis zum 14.5.12 keine Fangzahlen vorhan-
den. Während der Flugaktivität der ersten Generation
D. radicum wurde in allen drei Rapsfeldern Eiablage
nachgewiesen (Abbildung 2B). Die zweite Generation
D. radicum startete zwischen dem 2.7.12 und dem
9.7.12 im Rapsfeld F1, und eine Woche später in den
beiden Rapsfeldern F2 und F3. Der Flug dauerte vier
Wochen mit einem Maximum von 200 D. radicum pro
Woche. Während der zweiten Generation wurde
keine Eiablage in Raps festgestellt (Abbildung 2B).
Nach der Rapsernte wurde die Flugaktivität in Ausfall-
raps in den drei Feldern F1, F2 und F3 fortgeführt
(Tabelle 1). Die Flugaktivität von D. radicum war mit
einem Maximum an 20 gefangenen Fliegen in einer
Woche geringer als in der vorhergehenden Rapskultur,
allerdings höher als in Gemüsekohl im gleichen Zeit-
raum. Ende August musste die Überwachung der Flug-
aktivität und der Eiablage in den drei Rapsfeldern ein-
gestellt werden.
0
2
4
6
8
10
12
26.0
3.12
02.0
4.12
09.0
4.12
16.0
4.12
23.0
4.12
30.0
4.12
07.0
5.12
14.0
5.12
21.0
5.12
28.0
5.12
04.0
6.12
11.0
6.12
18.0
6.12
25.0
6.12
02.0
7.12
09.0
7.12
16.0
7.12
23.0
7.12
30.0
7.12
06.0
8.12
13.0
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20.0
8.12
27.0
8.12
Anza
hl E
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10
Pflan
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F1 F2 F3
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0
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100
150
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(Anz
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F1F2F3
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02.0
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4.12
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4.12
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4.12
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14.0
5.12
21.0
5.12
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06.0
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13.0
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20.0
8.12
27.0
8.12
Abb. 2 | Resultate der Überwachung von D. radicum in den drei Rapsfeldern F1, F2 und F3. A) Flugaktivität von D. radicum, gemessen an der Anzahl D. radicum in Wassergelbfallen. B) Eiablage D. radicum an Rapspflan-zen, gemessen an der Anzahl Eier an 10 zufällig ausgewählten Pflanzen.
Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem | Pflanzenbau
201Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
achtet, um grundlegende Zusammenhänge zu untersu-
chen und Schlüsse für den integrierten Anbau von Gemüse
zu ziehen.
Die Anzahl gefangener D. radicum war in den Rapsfel-
dern während der Flugaktivität der ersten und zweiten
Generation höher als in den überwachten Gemüsekohl-
feldern. Daraus hat sich die Frage ergeben, welchen Ein-
fluss die Überwinterung des Schädlings hat, und ob Raps-
felder eine wenig gestörte Überwinterungsmöglichkeit
bieten, verglichen mit Feldern auf denen Gemüsekohl
angebaut werden. Es ist bereits bekannt, dass kulturtech-
nische Parameter wie zum Beispiel Bodenbearbeitung
(Valantin-Morison et al. 2007), Aussaattermin (Dosdall et
al. 1996a) und Düngung (Marazzi und Städler 2005)
einen Einfluss auf den Befall mit D. radicum haben. Das
legt die Vermutung nahe, dass die Unterschiede im Kohl-
Raps-Agrarökosystem ebenfalls auf unterschiedlichen
kulturtechnischen Massnahmen beruhen.
Felder für den Anbau von Gemüsekohlen werden in
der Regel häufiger mechanisch bearbeitet, einerseits um
die Fläche für das Setzen der Jungpflanzen vorzuberei-
ten, andererseits um während der Kultur das Unkraut zu
bekämpfen (Bauermeister et al. 2005). Während einer
Vegetationsperiode werden im Gemüsebau mehrere
Sätze angebaut und der Boden mehrfach bearbeitet. Da
D. radicum im Gemüsebau ein gefürchteter Schädling ist,
werden vorbeugende Bekämpfungsmassnahmen wie
zum Beispiel Kulturschutznetze eingesetzt, und entspre-
chend der aktuellen Bewilligungssituation Behandlun-
gen durchgeführt.
Anders ist der Anbau von Raps. Raps wird in der Schweiz
in der Regel als Winterraps angebaut. Die Aussaat
erfolgt im Spätsommer, der Raps keimt, überwintert im
Rosettenstadium und wächst und blüht im darauffol-
genden Jahr, bevor er im Sommer gedroschen wird. Im
gesamten Zeitraum zwischen Aussaat und Ernte steht D.
radicum diese Wirtspflanze zur Verfügung. Ein weiterer
Vorteil für D. radicum ist, dass der Boden in diesem Zeit-
raum nicht bearbeitet wird. Zusätzlich finden frisch
geschlüpfte D. radicum der ersten Generation an dem
Platz, wo sie schlüpfen, attraktive Wirtspflanzen vor.
Für H. parasitica bedeutet der Anbau von Winterraps,
dass die Inokulum- und Infektionsdichte im Kohl-Raps-
Agrarökosystem zunehmen wird. H. parasitica kann
ungestört überwintern, da in Raps keine Pflanzenschutz-
massnahmen zur Bekämpfung durchgeführt werden.
Mit einer zunehmenden Rapsanbaufläche nimmt der
Infektionsdruck auf Flächen mit Gemüse stark zu. Für
Ernteprodukte mit hochstehendem Qualitätsanspruch
und hoher ökonomischer Wertschöpfung wie Gemüse-
kohl bedeutet das, dass zusätzliche Pflanzenschutzmass-
nahmen notwendig werden.
Proben mit Befall durch H. parasitica
Die molekularen Analysen von Pflanzenmaterial (Tab. 3)
haben ergeben, dass alle Proben mit H. parasitica infi-
ziert waren (Abb. 3). Saatgut der drei Rapssorten ‘Nodari’,
‘Intense’ und ‘13090 (CSZ9222)’ wurde untersucht.
Obwohl keine sichtbaren Symptome vorhanden waren,
wurde H. parasitica in den Proben nachgewiesen. Somit
stellt bereits die Verwendung von nicht-desinfiziertem
Saatgut eine Infektionsquelle dar. Um zu prüfen, ob der
auf Raps nachgewiesene H. parasitica auch Kohlarten
infizieren kann, wurden die DNS des Falschen Mehltaus
sowohl von Raps als auch von Gemüsekohl sequenziert.
Die Sequenzen zeigten keinen genetischen Unterschied
zwischen den untersuchten Proben. Die zusätzliche
BLAST-Analyse ergab eine 100 % Übereinstimmung von
der als Referenz gewählten ST1-Probe mit der in der
NCBI Datenbank für H. parasitica hinterlegten Sequenz.
Somit ist belegt, dass die gesammelten Proben aus dem
Kohl-Raps-Agrarökosystem einer Population angehören.
D i s k u s s i o n
Die Kleine Kohlfliege D. radicum und der Falsche Mehltau
H. parasitica wurden im Kohl-Raps-Agrarökosystem beob-
Abb. 3 | Ergebnis der Gel-Elektrophorese mit PCR-Produkten am-plifiziert aus Rapssaatgut (2-9, 11–14), Raps- und Kohljungpflan-zen (15-20, 22–29, 31–32) und negativer Kontrolle (33) mit Ver-wendung der AFP293 und AFP249 Primer. Die Pfeile markieren die Amplicons von H. parasitica, die für die anschliessende Sequenzie-rung ausgewählt wurden. Saatgut ohne sichtbare Symptome von H. parasitica (ST1-ST3), Rapsjungpflanzen von drei Standorten (OR1-OR3), Rapsjungpflanzen aus dem Gewächshaus (SS1-SS3), und Blumenkohl (CF) - und Kohlrabijungpflanzen (CT). Linien 1, 10, 21, 30 mit Standard ladder mix (Fermentas, Thermo scientific life science research www.thermoscientificbio.com).
202
Pflanzenbau | Schädlinge und Krankheiten im Kohl-Raps- Agrarökosystem
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 196–203, 2014
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S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Für D. radicum und H. parasitica heisst das, dass mit einer
Flächenzunahme im Rapsanbau ungestörte Vermeh-
rungs- und Überwinterungsmöglichkeiten zunehmen.
Damit nimmt auch der Befallsdruck mit D. radicum und
der Infektionsdruck mit H. parasitica im Anbau von
Gemüsekohl zu.
Allerdings stellen der untersuchte Schädling und die
untersuchte Krankheit nur einen kleinen Ausschnitt der
Interaktionen im komplexen Agrarökosystem dar.
Raps ist auch für andere Schädlinge an Gemüsekoh-
len eine Wirtspflanze und fördert deren Vermehrung,
Verbreitung und bedingt damit auch einen intensivier-
ten Pflanzenschutz in Gemüsekulturen. Neben den
Schädlingen werden auch Krankheiten gefördert, zum
Beispiel die bodenbürtige Kohlhernie Plasmodiophora
brassicae (Neuweiler et al. 2009) oder der bodenbürtige
Abb. 1 | Futterproben (von links nach rechts und von oben nach un-ten): Maisganzpflanzen vor der Silierung, Maissilage, Heu, lyophyli-siertes Gras, Grassilage.
Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) | Nutztiere
205
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Die Verwendung der Nahinfrarotspektrosko-
pie (NIRS) zur Bestimmung der chemischen
Zusammensetzung von Futtermitteln wird
mit Hilfe von Schätzmodellen dargestellt,
welche am Institut für Nutztierwissenschaf-
ten INT von Agroscope entwickelt wurden.
Angewendet wurden geläufige Werte für
den Koeffizienten R2 > 0,96 bei Parametern
wie Trockensubstanz (TS), Rohprotein (RP),
Lignocellulose (ADForg), Zellwände (NDForg),
Rohfaser (RF), Asche (RA), Fett (RL), Zucker
und Stärke in Heu und Gras, in Grassilage, in
Maisganzpflanzen vor der Silierung sowie in
Maissilage. Die Analyse von Einzelproben
mit NIRS ist gegenüber einer gepoolten
Mischprobe, die chemisch analysiert wird,
vorteilhaft, da man auf diese Weise der
Besonderheit jeder einzelnen Probe gerecht
werden kann.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e
Die Referenzdatenbank
Seit 2005 werden Spektren von Raufutterproben aus der
ganzen Schweiz gesammelt. Die Proben mit einem
Feuchtegehalt von ≥ 13 % wurden entweder im Ofen ca.
15 h bei 60° C getrocknet oder lyophylisiert. Alle Proben
wurden anschliessend mit einer Brabender Messermühle
mit 1 mm Sieb gemahlen. Die Raufutterproben wurden
vier Gruppen zugeordnet. Abbildung 1: I) Gr-H: Gras und
Heu; sowohl bei 60° C im Ofen getrocknetes oder lyo-
phylisiertes Gras als auch Heu. II) Gr-Sil: Grassilage. III)
M-frisch: Maisganzpflanzen vor der Silierung, bei 60° C
im Ofen getrocknet. IV) M-Sil: Maissilage. Momentan
befinden sich zwischen 100 und 780 Proben pro Gruppe
in der jeweiligen Datenbank (400–2600 Spektren). Aus-
serdem wurde eine Serie von zehn Proben durch Probe-
bohrungen in zehn unterschiedlichen Heuballen genom-
men (Abb. 2). Die elfte Probe ist eine Mischprobe aus
den zehn Einzelproben. In Tabelle 1 werden die verwen-
deten Referenzanalysen dargestellt.
Das NIRS-Gerät
Die Analysen wurden mit einem Laborgerät, NIRFlex
N-500 FT-NIR Spektrometer der Büchi Labortechnik AG
(Flawil, Schweiz) durchgeführt. Die Messung der NIR-
Spektren in diffuser Reflexion erfolgte im Spektralbe-
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
reich von 1000 bis 2500 nm (10 000 bis 4000 cm-1) mit
einer Auflösung von 8 cm-1. Das Gerät ist mit einer spezi-
ellen Messschale mit einem Durchmesser von 10 cm und
einer Höhe von 4 cm ausgestattet. Der NIR Lichtstrahl
fällt aus einem Fenster von 2,2 cm Durchmesser (Abb. 3).
Jeder Wert ist ein Mittelwert aus 32 Spektren, welche
beim Scannen der um sich selbst rotierenden Messschale
jeweils pro Drittel einer Runde gemessen werden. So las-
sen sich pro Probe während einer vollständigen Rotation
der Messschale drei Wiederholungen durchführen. Das
Scannen einer so grossen Oberfläche ist bei inhomoge-
nen Proben von Vorteil.
Abb. 2 | Heuballen mit sichtlichen Spuren der erfolgten Probe-bohrungen.
Abb. 3 | NIRS-Analyse mit einem FT-NIR-Gerät.
Nutztiere | Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS)
206
Die chemometrischen Modelle wurden mit der Software
NIRCal® der Büchi Labortechnik AG (Flawil, Suisse) entwi-
ckelt. Diese quantitativen Schätzmodelle verwenden
den Algorithmus der Regression mit partiellen kleinsten
Quadraten (PLS) begleitet von diversen mathematischen
Vorbehandlungen, wie zum Beispiel ncl (normalisation
by closure), nle (normalisation to unit length), msc full
(multiplicative scatter correction), snv (standard normal
Abb. 5 | NIRS-Spektren nach mathematischer Vorbehandlung von kontrastierenden Proben aus: I) Gras, II) Grassilage, III) Maisganzpflanzen vor der Silierung und IV) Maissilage.
Tab. 4 | Eigenschaften der NIRS-Kalibrierungen für die Schätzung der chemischen Zusammensetzung (in g/kg TS Maisganzpflanzen vor der Silierung)
Tab. 5 | Eigenschaften der NIRS-Kalibrierungen für die Schätzung der chemischen Zusammensetzung (in g/kg TS Maissilage)
n Durchschnitt Bereich R2 SEC SEP SEL RPD
TS 121 954 894–984 0,9692 4,91 5,23 1,36 4,2
RP 139 74 51–92 0,9612 1,89 2,01 1,58 3,4
ADForg 93 228 180–352 0,9887 4,80 6,02 5,48 5,3
NDForg 93 414 327–577 0,9494 14,60 15,76 8,28 2,9
RF 143 200 151–302 0,9848 4,42 5,20 5,49 4,9
RA 143 36 26–55 0,9582 1,50 1,72 2,19 3,0
Stärke 74 364 129–423 0,9942 5,87 *7,70 3,6 7,1
*: Standardabweichung der Kreuzvalidierung
Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) | Nutztiere
209
kann man in einem solchen Fall versuchen festzustellen,
ob sich ein zufälliger Fehler während des Verfahrens
eingeschlichen hat: Fehler in der Referenzanalyse,
schlechte Probenahme bei der Erfassung des NIR-Spekt-
rums, längliche Partikel in einer gemahlenen Probe etc.
Es ist empfehlenswert, periodisch neue Referenzproben
aufzunehmen, um die Kalibrierung weiter auszubauen,
damit die Modelle die gesamte existierende Diversität
(sortenbedingt, geografisch, klimatisch, abhängig von
der Produktions-, Konservierungs- oder Probenvorberei-
tungsmethode etc.) beinhalten. Diese Vorgehensweise
verbessert bei der von der Matrix abhängigen NIRS die
Robustheit der Modelle und ermöglicht es, systemati-
sche Abweichungen zu vermeiden.
Einige Parameter stehen in keinem direkten Zusam-
menhang mit der molekularen Vibrationsenergie, auf
welcher die NIRS basiert. Dies ist beispielsweise bei der
Verdaulichkeit der organischen Substanz oder der für
die Laktation oder die Fleischproduktion zur Verfügung
stehende Energie der Fall. Jedoch erlaubt die Korrela-
Eine generell anerkannte empirische Regel besagt,
dass eine gute Kalibrierung eine SEP zwischen 1,0 und
1,5 × SEL aufweist (Mark et al. 2003). Aber die höheren
SEP Werte können eine bestimmte Heterogenität des
physikalischen oder chemischen Zustands der Proben
repräsentieren, wie z. B. die Granulometrie, den Rest-
feuchtegehalt (Vorbereitung der Proben), die Oxida-
tion und andere chemische Reaktionen. Ist eine SEP
jedoch kleiner als SEL, so kann dies dadurch bedingt
sein, dass die Gesamtmenge der Kalibrierungsproben
homogener ist als die Gesamtmenge der für die Bestim-
mung der SEL bestimmten Proben.
Im Allgemeinen erkennt das System Spektren von
Proben, die den Proben der Grundgesamtheit des Kalib-
riersatzes nicht ähneln. Beispielsweise kann eine Silage-
probe, die mit einem Modell für Heu geschätzt wird, als
«residual outlier» angegeben werden. Es passiert auch,
dass Proben mit grossen Abweichungen zwischen dem
geschätzten Wert und dem Referenzwert entdeckt wer-
den. Bevor man diese Werte als Ausreisser verwirft,
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
Abb. 6 | Relation zwischen den mit NIRS geschätzten Werten und denjenigen der Referenzmethode für RP in Heu und in Gras. Blaue Rauten: Kalibrierungsproben; Grüne Quadrate: Validierungsproben; Hellgrüne Kreise: Ausrei-sser.
Tab. 6 | Beispiele für Futterproben mit kontrastierender chemischer Zusammensetzung (A, B), die mit NIRS bestimmt wurden
Gr-Sil: Grassilage; M-frisch: Maisganzpflanzen vor der Silierung; M-Sil: Maissilage.
100 200 300 400 500
100
200
300
400
500
RP N
IRS
[g/k
gMS]
RP [g/kgMS]
210
Nutztiere | Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS)
tion dieser Parameter mit der chemischen Zusammen-
setzung der Probe dennoch ihre Schätzung durch NIRS
(Roberts et al. 2004).
Ein Spezialfall ist die Bestimmung von in geringen
Mengen vorliegenden Substanzen wie Mineralstoffen.
Obwohl in mehreren Arbeiten gute Schätzungen mit
Modellen für P, Ca, K und Na nachgewiesen wurden, ist
die Qualität der Modelle bei den Spurenelementen pro-
blematisch, deren Gehalte im Bereich eines mg/kg (g/kg
für die ersten) liegen.
Proben mit kontrastierender Futterqualität
Abbildung 5 zeigt die Spektren nach mathematischer
Vorbehandlung von zwei Proben (A und B) mit kontras-
tierender Futterqualität jeder Gruppe. Jedes Mal hat die
mathematische Vorbehandlung die möglichen Unter-
schiede der Probenvorbereitung (Granulometrie) korri-
giert und dabei verschiedene diskriminatorische Banden
der beiden Proben hervorgehoben. Tabelle 6 gibt die
Futterqualität dieser Proben wieder.
Mehrere Einzelproben oder eine Mischprobe?
Abbildung 7 zeigt die RP-Gehalte (g/kg TS) der Misch-
probe sowie der zehn Einzelproben des Ballenheus. Die
NIRS-Bestimmung der gleichen Proben wird ebenfalls
dargestellt (Durchschnitt aus drei Probennahmen). Es
lässt sich eine geringe Abweichung zwischen der Misch-
probe und dem Mittelwert der zehn Einzelproben für
die Referenzanalyse feststellen. Diese Abweichung – so
wie auch die individuellen Tendenzen — werden auf
direktem Weg über die NIRS-Schätzungen übertragen.
Trotz einer leichten Verschiebung der NIRS-Schätzungen
in Relation zur Referenzanalyse (+0,6 %) ist diese
Methode informativer, da sie die individuelle Qualität
der Heuballen beschreibt. Der Determinationskoeffizi-
ent des NIRS-Modells verbessert sich mit dem Vorschub
der Repliken. Folglich steigt R2 mit dem Gebrauch von 1,
2 und 3 Messschalen von 0,932 auf 0,9779 bzw. 0,985
(Ergebnisse nicht abgebildet).
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
•• Die NIRS ist nicht nur eine Technologie, die wegen
ihrer Geschwindigkeit, der geringen Kosten und der
weniger aufwändigen Vorbereitungszeit der Proben
vorteilhaft, sondern auch ein Werkzeug, dessen Poten-
zial noch längst nicht ausgeschöpft ist.
•• Die Bemühungen hinsichtlich der Entwicklung von
Kalibrierungsmodellen bestehen in erster Linie im
Zusammentragen repräsentativer Proben mit hoch-
wertigen Referenzanalysen. Diese Arbeit wird bei
einer routinemässigen Verwendung der NIRS belohnt.
•• Um Abweichungen zu vermeiden und die Aktualisie-
rung von Modellen bei sorten- oder klimabedingten
Änderungen etc. zu ermöglichen, werden periodische
Validierungen empfohlen. n
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
Abb. 7 | RP, bestimmt in zehn Einzelproben aus Heuballen und in einer Mischprobe einer homoge-nen Mischung von zehn Einzelproben. Die schwarzen Punkte und die roten Quadrate korrespondie-ren mit der Referenzanalyse (Dumas, N x 6,25) und den NIRS-Bestimmungen der zehn Einzelproben. Die schwarze und die rote Linie korrespondieren mit den Werten der Referenzmethode bzw. den NIRS-Werten der Mischprobe. Die blaue Linie entspricht dem Durchschnitt aus den Referenzanaly-sen der zehn Einzelproben.
130
140
150
160
170
180
190
0 2 4 6 8 10
RP [g
/kg
TS]
Probe
RP
durchschn. RP
RP (Mischprobe)
RP-NIRS
RP-NIRS (Mischprobe)
211
Futtermittel im Nah-Infrarotlicht (NIRS) | Nutztiere
Ria
ssu
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Sum
mar
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Agrarforschung Schweiz 5 (5): 204–211, 2014
Applicazione del NIRS per la determi-
nazione dei foraggi
Viene presentata l’applicazione del
NIRS nella determinazione della
composizione chimica dei foraggi
attraverso modelli di previsione
sviluppati presso l’Istituto di scienze
della produzione animale IPA di
Agroscope con valori tipici del coeffi-
ciente R2 > 0.96 per parametri quali
materia secca (MS), materia azotata
(MA), lignina (ADForg), pareti cellulari
(NDForg), cellulosa, ceneri, materia
grassa, zuccheri e amidi nel fieno,
nell’erba e nell’insilato d’erba, nella
pianta intera di mais prima dell’insila-
mento e nell’insilato di mais. L’analisi
con metodi chimici di un campione
composto (miscela omogenea di
campioni individuali) è stata positiva-
mente sostituita dall’analisi dei
campioni individuali con NIRS, che
mostra le particolarità di ogni singolo
campione.
Forages in the light of NIRS
An insight into the determination of
the chemical composition of forages
via NIRS is presented. Predictive
models developed at the Agroscope
Institute for Livestock Sciences ILS
show the typical values: R2 > 0.96 for
dry matter (DM), crude protein (CP),
ADForg, NDForg, crude fibre (CF),
cellulose, ash, fat, sugar and starch
content in hay and grass, grass silage,
green maize for silage and maize
silage. The analysis of individual
samples by NIRS is preferred to the
analysis of a pooled sample by classical
methods because NIRS shows the
individual particularities of each
sample.
Key words: NIRS, forage, nutritional
quality.
212 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 212–215, 2014
K u r z b e r i c h t
Nun wurden in einer Wirkungsanalyse mit dem Modell
«Common Agricultural Policy Regionalized Impact»
(CAPRI) (Britz und Witzke 2012) zwei Szenarien simuliert:
Im ersten Szenario (R), dem Referenzszenario, wird die
Agrarpolitik 2014–2017 fortgesetzt (mit der Verkäsungs-
zulage); im zweiten, hypothetischen Szenario (A) wird
die Verkäsungszulage abgeschafft. Nach einer kurzen
Darstellung der Funktionsweise von CAPRI werden die
Ergebnisse der Simulationen aufgezeigt und kommen-
tiert.
Das Modell CAPRI
CAPRI ist ein statisches partielles Gleichgewichtsmodell
für den Agrarsektor (Britz und Witzke 2012). Es umfasst
ein Modul der Weltmärkte, in das die Schweiz im Jahr
2011 aufgenommen wurde. Für jeden der 40 regionalen
Handelsblöcke können die Auswirkungen von Verände-
rungen bei der Innenpolitik oder der Aussenhandelspo-
litik auf die Gleichgewichtspreise und -mengen von
47 Agrarprodukten sowie auf die ökonomische Wohl-
fahrt simuliert werden. Ausserdem werden die wichtig-
sten politischen Grenzschutzmassnahmen der einzelnen
Länder dargestellt und für die Schweiz anhand des TRI-
Mit CAPRI – einem statischen partiellen Gleichgewichtsmodell für den Agrarsektor – kann man den Einfluss der Verkäsungszulage auf den Milchmarkt analysieren. (Foto: BLW)
1Vgl. Artikel 38 des Landwirtschaftsgesetzes (LwG, SR 910.1) und Milchpreisstüt-zungsverordnung (MSV, SR 916.350.2).
Wirkungsanalyse der Verkäsungszulage auf den Milchmarkt | Kurzbericht
213Agrarforschung Schweiz 5 (5): 212–215, 2014
nahmen und den virtuellen Preis von Fett und Eiweiss
bestimmt. Die Auswirkung der Verkäsungszulage auf
die Verarbeitung wird in Abbildung 1 dargestellt.
Mit der Einführung der Zulage erhöht sich die Nach-
frage nach Rohmilch für die Käseherstellung. Dadurch
verschiebt sich die Nachfragefunktion (DD) der Rohmilch
nach rechts (DD') und verlagert das ursprüngliche Gleich-
gewicht von (a) nach (c). Dadurch steigt der Produzen-
tenpreis (Pd) und sinkt der vom Verarbeiter bezahlte
Preis (Ps). Pd entspricht der Summe von Ps und der
Zulage (PdPs). Aufgrund der Verschiebung des ursprüng-
lichen Wettbewerbsgleichgewichts führt die Einführung
der Zulage zu einem Marktversagen. Die Ineffizienz die-
ser Massnahme (blaues Dreieck abc) zeigt auf, in wel-
chem Ausmass die Kosten der Zulage deren Ertrag über-
steigen. Sie wird in erster Linie von den Marktbedingungen
bestimmt. Es ist offensichtlich, dass die Beihilfe nicht voll-
umfänglich den Produzentinnen und Produzenten
zugute kommt; sie gewinnen bei den Preisen nur die Dif-
ferenz zwischen Pd und Pe (OECD 2002).
Die Verkäsungszulage wird in CAPRI als Zulage pro
Kilogramm produziertem Käse modelliert, da die für die
Verarbeitung zu Käse nachgefragte Milchmenge im
Modell nicht explizit abgegrenzt werden kann. Die
Zulage zum Käseangebot führt zur Verschiebung der
Nachfrage nach Rohmilch wie in Abbildung 1 dargestellt
(Finger 2014; diese technische Modellierungsoption ist
aus ökonomischer Sicht korrekt, auch wenn im Vollzug
die Weitergabe der Beihilfe an die Produzentinnen und
Produzenten über einen anderen Weg läuft).
Wenn man davon ausgeht, dass für die Herstellung
von einem Kilogramm Käse im Mittel zehn Kilogramm
Milch benötigt werden und eine gesamtschweizerische
Produktion von 185 000 Tonnen Käse im Referenzszena-
rio (R) berücksichtigt wird, führt dies im Modell zu einer
Budgetbelastung von 278 Millionen Franken, was fast
der effektiven Mittelbindung im Jahr 2012 entspricht.
Szenarien und Ergebnisse
Die Abschaffung der Verkäsungszulage (Szenario A)
wird hier im Vergleich zum Referenzszenario (R) analy-
siert, wobei letzteres als wahrscheinliche Situation in der
Zukunft bei Weiterführung der bestehenden politischen
Massnahmen und Abkommen definiert wird. Es basiert
weitgehend auf Prognosen von internationalen Institu-
und, für die Schweiz, zusätzlich auf dem SWISSland-
Modell unter Anwendung der Agrarpolitik 2014–2017
(Zimmermann et al. 2011).
Die Analyse zeigt, dass im Falle einer Abschaffung
der Verkäsungszulage die Käseproduktion um rund
5 Prozent zurückgeht, während der Käsepreis um ca.
b
Pd a
c
Qs
Ps
Qe
Pe
DD
OO
DD’
P
Q
Abb. 1 | Mikroökonomische Auswirkung der Verkäsungszulage.Verschiebung des Gleichgewichts zwischen der Nachfragekurve und der Angebotskurve von Rohmilch. Legende: P = Preis; Q = Menge; DD = Nachfragefunktion; OO = Angebotsfunktion; a = ursprüngliches Gleichgewicht; Pe = vom Verarbeiter bezahlter Produzentenpreis im Gleichgewicht a; Qe = produzierte Menge im Gleichgewicht a; c = Gleichgewicht nach Einführung der Zulage; Pd = Produzentenpreis im Gleichgewicht c; Ps = vom Verarbeiter bezahlter Preis im Gleichge-wicht c; PdPs = Zulage; Qs = produzierte Menge im Gleichgewicht c; Dreieck abc = Ineffizienz aufgrund der Einführung der Zulage.
Tab. 1 | Preis- und Marktveränderungen in Szenario A (ohne Verkäsungszulage) gegenüber Szenario R (mit Verkäsungszulage)Lesebeispiel: Der Produzentenpreis für Rohmilch bei Szenario A ist 8 Prozent tiefer als der Produzentenpreis für Rohmilch bei R.
Kurzbericht | Wirkungsanalyse der Verkäsungszulage auf den Milchmarkt
214 Agrarforschung Schweiz 5 (5): 212–215, 2014
4 Prozent ansteigt (Tab.1 und Abb. 2). Die Exporte sinken
um etwa 13 Prozent. Mit dem Rückgang der Gesamt-
nachfrage nach Rohmilch für die Verarbeitung geht der
Produzentenpreis für Rohmilch um 8 Prozent zurück und
die Milchproduktion nimmt um 1 Prozent ab. Bei den
übrigen Milchprodukten erhöht sich die Produktion
leicht, vor allem bei den Produkten auf Eiweissbasis, was
auf deren Preise drückt (Tab. 1).
Es zeigt sich, dass die Kürzung um 8 Prozent des Produ-
zentenpreises für Rohmilch PdPe/Pd kleiner ist als der
Anteil der Zulage am Milchpreis Pd Ps/Pd; im Vergleich
mit dem durchschnittlichen Rohmilchpreis im Zeitraum
von 2002–2012 beträgt die Zulage rund 23 Prozent des
Produzentenpreises. Dieses Ergebnis stimmt überein mit
der ökonometrischen Preisübertragungsanalyse von Fin-
ger (2014), die aufzeigt, dass sich die marginalen Kür-
185 176
166 166
32 34
51 44
0
50
100
150
200
Szenario R Szenario A
in 1
000
t
Nettoproduktion
Konsum
Import
Export
Abb. 2 | Käsemarkt.
Wohlfahrt der Konsumentinnen und Konsumenten 7
Butter -2
Rahm 1
Käse -54
Magermilchpulver 2
Vollmilchpulver 6
Frischmilchprodukte 47
Landwirtschaftliche Gewinne -168
Rohmilch -168
Gewinne der Milchverarbeiter -81
Rohmilch für die Verarbeitung 11
Butter -7
Rahm -4
Käse -91
Magermilchpulver 10
Vollmilchpulver 2
Frischmilchprodukte -3
Andere Gewinne (Futtermittel, Verarbeitung, andere) -4
Zolleinnahmen und Renten aus Zollkontingenten -4
Ausgaben für interne Stützungsmassnahmen 278
Gesamtwohlfahrt 28
Tab. 2 | Auswirkung auf die betroffenen Wirtschaftsakteure (Wohlfahrtsanalyse), absolute Veränderungen in Szenario A (ohne Ver-käsungszulage) gegenüber Szenario R (mit Verkäsungszulage) in Mio. Fr.; (Detailangaben für Milchprodukte); die Gesamtsummen beziehen auch die anderen Modell-Produkte mit ein). Lesebeispiel: Die Wohlfahrt der Konsumenten in Szenario A ist 7 Millionen CHF höher als in Szenario R.
Wirkungsanalyse der Verkäsungszulage auf den Milchmarkt | Kurzbericht
215Agrarforschung Schweiz 5 (5): 212–215, 2014
Marktgleichgewicht von Preisen und Mengen werden
vom Budgetaufwand (278 Mio. Fr.) nur 60 Prozent
(168 Mio. Fr.) an die landwirtschaftlichen Produzentin-
nen und Produzenten weitergegeben, ca. 30 Prozent
gehen an die Verarbeitungsbetriebe (81 Mio. Fr.). Die
verbleibenden 10 Prozent sind ein Nettoverlust; sie ent-
sprechen den Kosten, die auf Ineffizienzen zurückzufüh-
ren sind, die mit einer Preisstützungsmassnahme entste-
hen und die gesamte Wertschöpfungskette bis zu den
Konsumentinnen und Konsumenten betreffen (Abb. 1).
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die Verkäsungszulage stützt die inländische Produktion
und hat einen positiven Einfluss auf die Exporte. Die
landwirtschaftlichen Gewinne und die Gewinne der
Milchverarbeiter erhöhen sich (+168 Mio. Fr. bzw.
+81 Mio. Fr.), während die Wohlfahrt der Konsumentin-
nen und Konsumenten leicht sinkt (-7 Mio. Fr.). Da es sich
um eine Preisstützungsmassnahme handelt – und wie
dies gemäss der Wirtschaftstheorie zu erwarten war –
zeigen die Analysen jedoch, dass Ineffizienzen die Wei-
tergabe der für diese Massnahme veranschlagten Mittel
an die Produzentinnen und Produzenten schmälern (nur
60 Prozent vom Budgetaufwand von 278 Millionen Fran-
ken werden an die landwirtschaftlichen Produzentinnen
und Produzenten weitergegeben).
Es gilt zu beachten, dass ökonomische Modellrech-
nungen immer eine vereinfachte Darstellung der
Realität wiedergeben. Dennoch sind sie ein hilfreiches
Instrument für die Wirkungsanalyse politischer Mass-
nahmen. n
zungen der Verkäsungszulage nicht vollumfänglich im
Produzentenpreis niederschlagen.
CAPRI ermöglicht zudem eine Analyse der ökonomi-
schen Wohlfahrt2. In Tabelle 2 wird die Wohlfahrt unter-
teilt in die Wohlfahrt der Konsumentinnen und Konsu-
menten, die landwirtschaftlichen Gewinne (Differenz
zwischen dem Wert der landwirtschaftlichen Produktion
und den Kosten der Faktoren), die Gewinne der Milch-
verarbeiter und andere Gewinne (Futtermittel und Ver-
arbeitungsindustrie) sowie Zolleinnahmen und Renten
aus Zollkontingenten und Ausgaben für interne Stüt-
zungsmassnahmen.
Im Szenario A (ohne Verkäsungszulage) erhöht sich
die Wohlfahrt der Konsumentinnen und Konsumenten
gegenüber dem Szenario R leicht (+7 Mio. Fr.), während
die landwirtschaftlichen Gewinne und die Gewinne der
Milchverarbeiter aufgrund der tieferen Preise der Milch-
produkte sinken (–168 Mio. Fr. bzw. – 81 Mio. Fr.). Das
verfügbare Budget des Bundes erhöht sich (+278 Mio.
Fr.). Die Auswirkung auf die Wohlfahrt fällt insgesamt
positiv aus (+28 Mio. Fr.). Die Analyse zeigt zudem, dass
die Verluste auf Produzentenseite, die durch die Abschaf-
fung der Verkäsungszulage verursacht werden, kleiner
sind als der heutige Budgetaufwand für diese Mass-
nahme. Aufgrund der Auswirkungen der Zulage auf das
Literatur ▪ Britz W. & Witzke H.P., 2012. CAPRI Model Documentation 2012. Zugang: www.capri-model.org/docs/capri_documentation.pdf [19.2.2014].
▪ Europäische Kommission, Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, 2010. Prospects for agricultural markets and income in the EU 2010–2020, 78. Zugang: http://ec.europa.eu/agriculture/publi/cap-rep/prospects2010/fullrep_en.pdf [19.2.2014].
▪ Finger R., Briner S. & Peerlings J., 2014. Projekt-Evaluation «Milch-markt», Ex-post-Evaluation der Zulagen für verkäste Milch, im Auftrag des Bundesamtes für Landwirtschaft, November 2013.
▪ Lau L. J., 1978. Applications of profit functions. In: Production econo-mics: a dual approach to theory and applications (Ed. M. Fuss & McFad-den D.). North-Holland, Amsterdam, 133–215.
▪ Kempen M., Witzke P., Pérez-Dominguez I., Jansson T. & Sckokai P., 2011. Economic and environmental impacts of milk quota reform in Europe. Journal of Policy Modeling 33 (1), 29–52.
▪ Listorti G., Tonini A., Kempen M., & Adenauer M., 2013. How to implement WTO scenarios in simulation models: linking the TRIMAG tariff aggregati-
on tool to CAPRI. 135th EAAE Seminar: Challenges for the Global Agricul-tural Trade Regime After Doha, Belgrade, Serbia, 28–30, August 2013.
▪ OECD, 2002. The Incidence and Transfer Efficiency of Farm Support Measures. Working party on agricultural policy and markets. Organiza-tion for Economic Cooperation and Development 36.
▪ OECD, FAO, 2010. OECD-FAO Agricultural Outlook 2010, OECD Publishing. ▪ Witzke H.P., Kempen M., Pérez Domínguez I., Jansson T., Sckokai P., Hel-ming J., Heckelei T., Moro D., Tonini A., & Fellmann T., 2009. Regional Economic Analysis of Milk Quota Reform in the EU. JRC Scientific and Technical Reports, European Commission, Joint Research Centre, Institu-te for Prospective and Technological Studies, 116. Zugang: http://ftp.jrc.es/EURdoc/JRC53116.pdf [19.2.2014].
▪ Zimmermann A., Möhring A., Mack G., Mann S., Ferjani A. & Gennaio Franscini M.P., 2011. Die Auswirkungen eines weiterentwickelten Direkt-zahlungssystems: Modellberechnungen mit SILAS und SWISSland. ART-Bericht 744, 1–16.
2 Dabei handelt es sich um ein ökonomisches Standard-Konzept zur Evalution von Politiken, das heisst die Auswirkung auf alle betroffenen Wirtschaftsakteure wird analysiert.
216
P o r t r ä t
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 216, 2014
Seit rund 300 Tagen leitet Doris Herrmann das Ressort
Forschung, Dienstleistungen und Weiterbildung der
Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissen-
schaften HAFL. Bei so mancher Herausforderung kann
sie auf die Erfahrung aus ihrer beruflichen Laufbahn
zurückgreifen. Gleichzeitig gehört aber auch viel Unbe-
kanntes zu ihrem Arbeitsalltag. So landen auf dem
Schreibtisch der studierten Agronomin durchaus Berichte
über die Schutzwaldpflege rutschgefährdeter Hänge
oder zur Einkaufsatmosphäre in Lebensmittelgeschäf-
ten. Die Vielfalt entspricht ihr voll und ganz. Bereits bei
ihrer Studienwahl war sie ein wichtiger Faktor. «Die
Breite der Agronomie fand ich schon immer äusserst
spannend. Da spielt die Wirtschaft ebenso eine Rolle wie
die Biologie», erzählt sie. Dass sie auf einem Bauernhof
aufgewachsen ist und stets einen engen Bezug zum
bäuerlichen Leben hatte, sei bei ihrer Wahl sicher eben-
falls ausschlaggebend gewesen.
Während ihres Studiums an der ETH Zürich speziali-
sierte sie sich auf Agrar-Biotechnologie und bildete sich
auch in Didaktik. Unterrichten wollte sie jedoch nie. «Mir
ging es einfach um eine Horizonterweiterung. Ich lernte
in den Didaktikvorlesungen und in einem Praktikum vor
allem effizienter zu planen und lockerer vor Leute hin-
zustehen», erklärt sie ihre Beweggründe.
Forschen für die Praxis
Nach dem erfolgreich abgeschlossenem Studium arbei-
tete sie bei Agroscope und machte dort – in Zusamme-
narbeit mit der Universität Zürich – ihre Dissertation. Es
sei ein bewusster Entscheid für Agroscope gewesen, da
sie möglichst angewandte Forschung betreiben wollte.
In der Folge drehte sich bei ihr alles um molekulare
Züchtung von Futterpflanzen. Wieso Pflanzen und nicht
Tiere im Zentrum ihrer Forschungstätigkeit standen,
erklärt unter anderem ein prägendes Erlebnis während
eines Praktikums. «Ich musste Insekten unter dem Bino-
kular untersuchen. Von da an wusste ich, dass ich künftig
mit Pflanzen arbeiten wollte. Die laufen nämlich nicht
ständig weg!», erinnert sich Doris Herrmann.
Management statt aktive Forschung
Auch in den folgenden Jahren blieb sie Forscherin durch
und durch, arbeitete bei der Eidgenössischen Forschung-
sanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL sowie am
Institut national de la recherche agronomique INRA.
Mittelfristig wollte sie aber weniger selber forschen,
sondern vielmehr koordinierende Aufgaben in der Fors-
chung übernehmen. Diesen Wechsel von der Forscherin
zur Managerin vollzog sie, als sie Programme Manager
der Indo-Swiss Collaboration in Biotechnology an der
ETH Lausanne wurde. Und sie fand Gefallen daran.
An der HAFL steht für Doris Herrmann das Fors-
chungsmanagement noch stärker im Mittelpunkt. Sie
und ihr Team sind Drehpunkt der HAFL-Forschung. Sie
hat den Überblick über die vielfältigen Forschungs- und
Dienstleistungsprojekte und kann die Forschenden
dadurch beraten, wo sich Möglichkeiten für eine inter-
disziplinäre Zusammenarbeit bieten könnten. Auch
wenn sie selber nicht mehr forscht, bringt Doris Herr-
mann mit ihrer Arbeit die Forschung der HAFL weiter.
Matthias Zobrist, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwis-
senschaften HAFL
Doris Herrmann: die Forschungsmanagerin
217
A k t u e l l
Agrarforschung Schweiz 5 (5): 217–219, 2014
N e u e P u b l i k a t i o n e n
Agroscope Science Nr. 2 / April 2014
In Anbetracht der grossen Dynamik des Handels mit
Agrarprodukten gewinnt die ökologische Konkurrenz-
fähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirt-
schaft zunehmend an Bedeutung. Die Debatte um den
zu erzielenden Selbstversorgungsgrad verdeutlicht die
Wichtigkeit der Herkunft von Nahrungsmitteln in unse-
rer Gesellschaft im Hinblick auf deren zu erwartende
Umweltwirkungen. Im Bestreben, die Konkurrenzfähig-
keit der Schweizer Agrarerzeugnisse gegenüber dem
Ausland in Zukunft sicherzustellen, entwickelte die
Branche mit Unterstützung des Bundes eine Qualitäts-
strategie. Diese hat zum Ziel, dass die Schweizer Land-
wirtschaft, sich in Bezug auf Qualitätsaspekte und auch
ökologische Aspekte von der Produktion anderer Län-
der abhebt. Datengrundlagen, welche einen systemati-
schen und wissenschaftlich fundierten Vergleich der
Umweltwirkungen von Nahrungsmitteln aus unter-
schiedlichen Herkunftsländern erlauben, fehlen jedoch
weitgehend.
Das Projekt «Ökobilanz ausgewählter Schweizer
Landwirtschaftsprodukte im Vergleich zum Import»
wurde vom Bundesamt für Landwirtschaft bei Agro-
scope in Auftrag gegeben mit dem Ziel, die Umweltwir-
kungen ausgewählter Agrarprodukte aus der Schweiz
mit den wichtigsten Importländern zu vergleichen und
25.5.2014Breitenhof-Tagung 2014, Treffpunkt der SteinobstbrancheAgroscopeSteinobstzentrum Breitenhof, Wintersingen
Juni 2014
27.6.2014Nationale Tagung zum internationalen Jahr der bäu-erlichen FamilienbetriebeSAB, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die BerggebieteLandwirtschaftliches Institut Grangeneuve, Posieux (FR)
Juli 2014
06. – 10.07.2014AgEng 2014 ZurichInternational Conference of Agricultural EngineeringAgroscope, ETH ZürichZürich
August 2014
09.08.2014Geschmackserlebnis Kartoffelvielfalt in MaraniProSpecieRara und Forschungsanstalt Agroscope (IPB, INH)Schaugarten Maran, Arosa/GR
V o r s c h a u
Juni 2014 / Heft 6
Weizen ist die Weltkulturart Num-mer 1 für unsere Ernährung. Die Züchtung einer neuen Weizensorte benötigt mindestens 15 Jahre. Die Juniausgabe enthält einen Beitrag zu Hybridgetreide und die Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte 2015. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)
V o r s c h a u
•• Warum Hybridgetreide kommen wird, Andreas Hund
et al., ETH Zürich und Agroscope
•• Holzasche: ein neuer Dünger für die Schweizer
Landwirtschaft, Alexandra Maltas und Sokrat Sinaj,
Agroscope
•• Ansätze zur Optimierung betriebswirtschaftlicher
Weiterbildung in der Landwirtschaft, Florian Sandrini
et al., HAFL und Agridea
•• Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer
als Norwegen?, Christian Gazzarin et al., Agroscope,
ETH Zürich und Norsk institutt for landbruksøkono-
misk forsking, Norwegen
•• Bewässerungsbedarf und Wasserdargebot unter
Klimawandel: eine regionale Defizitanalyse, Jürg
Fuhrer und Pierluigi Calanca, Agroscope
•• Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte
2015
Sonntag bis Donnerstag, 6.–10. Juli 2014
AgEng 2014 an der ETH in Zürichorganisiert durch Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH
Internationale Wissenschaftstagung:Technik für ressourcen-effiziente Landwirtschaft• Automatisierung der landwirtschaftlichen Produktions-verfahren
• Verminderung von Ammoniak- und anderen Emissionen• Monitoring und artgerechte Tierhaltung• Umweltgerechte Applikationstechnik• Sensorik, NIR-Analytik und Imaging
Detailprogramm und Anmeldungwww.AgEng2014.ch
AgEng 2014 Zu r i chInternational Conference of Agricultural Engineering
6 –10 July
Tagungsrahmen• Eröffnung durch Bernard Lehmann,Direktor BLW
• Rund 550 Beiträge eingereicht (über200 Vorträge, über 300 Poster)
• Diverse Workshops• Exkursionen zu Firma Knüsel (Rigitrac) undAgroscope Tänikon
TagungsortETH Zürich, ETH Zentrum, Hauptgebäude
Sonntag, 25. Mai, 9.30 Uhr
Breitenhof-Tagung 2014Steinobstzentrum Breitenhof in Wintersingen BL
Referate•Begrüssung zur Breitenhof-Tagung Lukas Bertschinger, Stv. Institutsleiter, Forschungsverantwortlicher, Internationale Kooperationen Agroscope
•Ausblick auf die Schweizer Steinobsternte und Vermarktung 2014 Hansruedi Wirz, Früchtezentrum Basel
Betriebsrundgang•Wilde Bienen im Steinobst – ganz fleissig!• Neue Kirschen – Ergebnisse aus der Sortenprüfung•Kirschenfliege und Kirschessigfliege – alternative Bekämpfungsmethoden unter der Lupe
Ausstellung und InfoständeInformationen – Gespräche – Gemütlichkeitwww.agroscope.ch