Kapitelmanuskript Beitrag zum UschokBuch Körper und Körperbild in der Pflege Verlag Hans Huber Bern 2015 Wortzählung 9120 Zeichenzählung 73899 Erwin Lemche Wider die babylonische Sprachverwirrung: gegenwärtige Definition des Körperbildes „Da man dreierlei unterscheiden muß, erstens das Bewegende, zweitens das Bewegungsmittel, und drittens das Bewegte, so ist das Bewegende von zweierlei Art, nämlich teils selbst bewegt, und teils bewegend“ (Aristoteles 433 b 1315) 1. Einleitung Als eines der ersten wissenschaftlichen Seelenkonzepte wird von der Psychologie die Theorie des Aristoteles angesehen. Fast in Vorwegnahme des unten dargestellten modernen KörperbildKonzeptes sieht Aristoteles in der Schrift Περι Ψυχης die Seele in der Bewegung des Körpers begründet (Lemche, 1996). Das Zitat aus dem Buch des Aristoteles belegt die Schlüsselstellung, die der Begründer der Naturwissenschaften der Entelechie (d.h. hier einer dem Organismus innewohnenden Kraft zur Selbstverwirklichung) des Körpers zuweist, ausgehend von der Sonderstellung des Tastsinnes unter allen Sinnesmodalitäten. Aristoteles steht damit am Anfang einer Vielzahl von philosophischen Theorien zum Verhältnis von Körper und Geist, auch als KörperGeistProblem bezeichnet, heute den zentralen Ausgangspunkt der sogenannten Philosophie des Geistes darstellend, die bis hin zur aktuellen Neurophilosophie reichen. Die theoriegeschichtliche Notwendigkeit zur Konzeptualisierung einer spezifischen Körpervorstellung ergibt sich jedoch erst mit der Annahme eines LeibSeele Dualismus bei René Descartes (Descartes, 1641)(neueste Befunde über einen Basalhirntumor bei Descartes nähren die Spekulation, daß die Beschreibung einer Aufspaltung von Körpermaterie und Denken möglicherweise eine patho philosophische Folge dieser Hirnläsion sein könnten). Spezifische philosophische Ansätze, insbesondere etwa die Phänomenologie in der Nachfolge von Husserl, MerleauPonty, Heidegger, Jaspers u.a. betonen dagegen auch heutzutage noch die phänomenologische Einheit des Leiberlebens
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Against Babylonian confusion: current definition of the body image
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Kapitelmanuskript Beitrag zum Uschok-‐Buch Körper und Körperbild in der Pflege Verlag Hans Huber Bern 2015 Wortzählung 9120 Zeichenzählung 73899 Erwin Lemche Wider die babylonische Sprachverwirrung: gegenwärtige Definition des Körperbildes „Da man dreierlei unterscheiden muß, erstens das Bewegende, zweitens das Bewegungsmittel, und drittens das Bewegte, so ist das Bewegende von zweierlei Art, nämlich teils selbst bewegt, und teils bewegend“ (Aristoteles 433 b 13-‐15) 1. Einleitung Als eines der ersten wissenschaftlichen Seelenkonzepte wird von der Psychologie die Theorie des Aristoteles angesehen. Fast in Vorwegnahme des unten dargestellten modernen Körperbild-‐Konzeptes sieht Aristoteles in der Schrift Περι Ψυχης die Seele in der Bewegung des Körpers begründet (Lemche, 1996). Das Zitat aus dem Buch des Aristoteles belegt die Schlüsselstellung, die der Begründer der Naturwissenschaften der Entelechie (d.h. hier einer dem Organismus innewohnenden Kraft zur Selbstverwirklichung) des Körpers zuweist, ausgehend von der Sonderstellung des Tastsinnes unter allen Sinnesmodalitäten. Aristoteles steht damit am Anfang einer Vielzahl von philosophischen Theorien zum Verhältnis von Körper und Geist, auch als Körper-‐Geist-‐Problem bezeichnet, heute den zentralen Ausgangspunkt der sogenannten Philosophie des Geistes darstellend, die bis hin zur aktuellen Neurophilosophie reichen. Die theoriegeschichtliche Notwendigkeit zur Konzeptualisierung einer spezifischen Körpervorstellung ergibt sich jedoch erst mit der Annahme eines Leib-‐Seele-‐Dualismus bei René Descartes (Descartes, 1641)(neueste Befunde über einen Basalhirntumor bei Descartes nähren die Spekulation, daß die Beschreibung einer Aufspaltung von Körpermaterie und Denken möglicherweise eine patho-‐philosophische Folge dieser Hirnläsion sein könnten). Spezifische philosophische Ansätze, insbesondere etwa die Phänomenologie in der Nachfolge von Husserl, Merleau-‐Ponty, Heidegger, Jaspers u.a. betonen dagegen auch heutzutage noch die phänomenologische Einheit des Leiberlebens
und kommen daher recht gut ohne explizite Theorie einer mentalen Körpervorstellung aus. Die auf der Konferenz-‐Serie Mind-‐and-‐Life-‐Dialogue des 1990 offiziell eröffneten Mind and Life Institute von dem Kognitionsbiologen Francisco Varela (Varela, Thompson, & Rosch, 1991) begründete embodiment-‐Bewegung übt seither gewichtigen Einfluß auf Kognitionswissenschaft, Neurophilosophie und Klinische Psychologie aus. Unter den Theoremen embodiment und embodied cognition wird die Vorstellung konzeptualisiert, daß Umweltwahrnehmungen durch die Eigenbewegungen des Organismus und dessen Affektzustände geformt werden, somit auch die abstraktesten Kognitionen auf sensorischen input eines konkret-‐leiblichen Organismus zurückzuführen sind. In fast zeitlicher Parallelität belegten die elektrophysiologischen Experimente des Neurolinguisten Friedemann Pulvermüller (Pulvermüller, 2013), daß Handlungssprache und Emotionssprache von für motorische und emotionale Funktionen typischen neuronalen Erregungsmustern begleitet werden (und dabei dem sog. dorsalen cerebralen Verarbeitungs-‐Strom für körpernahe Kognitionen folgen). Die dem Funktionskreis in der Umweltlehre (Uexküll, 1909) des Verhaltensbiologen Jakob Johann von Uexküll ähnliche Theorie der sensumotorischen Koordination eines agierenden Wesens in der embodiment-‐Theorie, ist bereits implizit in vielen Wahrnehmungsübungen der Humanistischen Psychologie und verschiedener Körperpsychotherapien seit Mitte der 1950er Jahre überliefert. Trotz ihrer modernen Ausgestaltung decken auch sie sich im Kern mit der eingangs dargestellten Auffassung des Aristoteles. 2. Welche babylonischen Sprachverwirrungen gibt es überhaupt? Die unterschiedlichen Terminologien hinsichtlich des Körpererlebens und der Körperrepräsentation sind tatsächlich so divergent, daß wiederholt in der Theoriegeschichte Versuche unternommen wurden, eine Ordnung oder einen Konsensus herbeizuführen (Lautenbacher, Roscher, Strian, Pirke, & Krieg, 1993; Lemche, 1993; Röhricht, et al., 2005): Bereits 1934 hatte sich um die Konstrukte Körperbewußtheit und Körperschema eine gelehrte Kontroverse entfacht (Conrad, 1933; Schilder, 1934). Seit den 1950er Jahren fügten Experimentalpsychologen immer häufiger eigene Begrifflichkeiten hinzu. Eine babylonische Verwirrung wurde sodann in einer Habilitationsschrift konstatiert (Röhricht, et al., 2005), diese läßt sich jedoch leicht hirnphysiologisch auflösen (siehe Abschnitt 7 und Tabelle 2). In der Psychoanalyse begründete erstmals Sigmund Freud in seiner Traumdeutung (Freud, 1990a) durch Berufung auf die somatischen Traumquellen, und damit mittels der Viscerozeption („innerer Leibreiz“), das Konzept eines körperlichen Ichgefühls (in heutiger Lesart somit: die Körperselbst-‐Komponente)(Lemche, 1993). In der Neurologie verwandte Pierre Bonnier (Bonnier, 1905) erstmals den Begriff aschématie für den Verlust der kognitiven Körperorientierung, was in das spätere Konzept eines Körperschemas einfloß. In der akademischen Psychologie bezieht sich erstmals Theodor Lipps (Lipps, 1906)
in seiner Einfühlungslehre auf ein Körper-‐Ich mit mentaler Körperprojektion als zentralem Mechanismus ästhetischen Erlebens (Lemche, 1996). Später wurde auch in der geistigen Tradition der deutschen Nervenheilkunde (Röhricht, et al., 2005) mit ähnlicher Begrifflichkeit operiert. Die klassische, bis heute häufig aufzufindende Verwirrung besteht in der Vertauschung von Körperbild und Körperschema (siehe Abschnitt 3). Weiterhin treten Facetten unterschiedlicher Bedeutung vor allem innerhalb des Schema-‐Begriffes auf. Während Head und Holmes beim neurologischen Konzept des Haltungsschemas (postural scheme, siehe Abschnitt 5)(Head & Holmes, 1911, 1912) den reflektorischen Mechanismus der posturalen Ausgleichsmotorik im Sinne thalamo-‐vestibulo-‐cerebellär-‐pontiner Schaltkreise verstanden, wurde in der Psychologie nach dem zweiten Weltkrieg der Begriff Schema wesentlich im Sinne der sensumotorischen Schemata von Jean Piaget konzeptualisiert (diese hatte der Biologe und Entwicklungspsychologe Piaget ähnlich wie die von Uexküllschen Funktionskreise bei Tieren als angeborene explorative Bewegungsmuster beim Säugling beschrieben). Schließlich war der Terminus Körperschema im Sinne der deutschen psychologischen Gestalttheorie als ganzheitlicher Vergleichsmaßstab in der kognitiven Körperorientierung eingesetzt worden. Vermutlich auch um einer Überladenheit und Überfrachtung zu entgehen, wandelte Paul Schilder sein Körperschema i.S. des Headschen postural body model (Schilder, 1934) in seiner neuen Monographie in body image (Schilder, 1935), und wohl gleichzeitig, um der Bedeutung der visuellen Körper-‐Vorstellungen und sozialen Wahrnehmung Rechnung zu tragen. Eine grobe Einander-‐Zuordnung der verschiedenen gesammelten Begriffe (Röhricht, et al., 2005) könnte dergestalt aussehen: <<<<<Tabelle 1 bitte hier einfügen>>>> Eine eigene körperorientierte Selbst-‐Reflexion (Röhricht, et al., 2005)(i.S. von mindfulness und selbstgerichteter theory-‐of-‐mind-‐Operationen) kann resultieren aus Selbsterfahrungen im Rahmen körperorientierter Psychotherapien oder aus introspektiven Meditationen (Achtsamkeit). Unter der englischen Bezeichnung mindfulness werden im angloamerikanischen Wissenschaftsraum seit jüngerer Zeit Körpermeditationen und körperbezogene therapeutische Ansätze umfaßt, wie sie im deutschen Sprachraum z.B. in Form der Konzentrativen Bewegungstherapie bereits seit Jahrzehnten gelehrt wurden. Neuerdings finden auch Begriffe wie Körpergedächtnis oder Leibgedächtnis Anwendung, ohne daß ihnen echte Neuerung innewohnte: Das interaktionelle Leibgedächtnis ist eigentlich Teil des sozio-‐emotionalen Körperbildes (Komponente Körper-‐Ideation, siehe Abschnitt 7)(Lemche, 2009), das solche Erlebnis-‐Engramme speichert. In diesem Sinne verhält es sich mit den meisten Begriffsvariationen, die in den vergangenen Jahrzehnten schlagwortartig geprägt wurden.
3. Gegenwärtige Sprachgebräuche Heutzutage läßt sich insbesondere im Internet die Konzeptualisierung in der Regel aus Sicht bestimmter theoretischer Lager oder Gruppen beobachten, weshalb bei solchen Einträgen stets gewisse Vorsicht geboten ist, da sie häufig einseitig unterrichten. Dies sei an den Beispielen Körperschema und Körperbild aus Wikipedia mit Stand Herbst 2014 illustriert. Auf Einträgen, die klinische Körperbild-‐Störungen beschreiben und erklären, ist eine ganz simple Fächer-‐Aufteilung zu beobachten: Auf neurologischen Seiten ist in der Regel vom Körperschema die Rede, während sich Erklärungen hinsichtlich psychologisch-‐psychiatrisch begründbarer Störungen häufiger auf das Körperbild beziehen. Im Abschnitt 7 wird jedoch gezeigt werden, daß sich beide Funktionen stattdessen am sinnvollsten in einem Gesamtkonstrukt der Körperrepräsentation integrieren lassen (Lemche, 2009). Doch zunächst zurück zu Wikipedia. Das Körperschema also wird in der online-‐Enzyklopädie derzeit als unbewußt funktionierender neuromotorischer Handlungs-‐ und Lernautomatismus definiert. Beim Körperbild hingegen wird mittlerweile in Wikipedia unterschieden zwischen sozialem Körperbild und medizinischem Körperbild. Das Körperbild im medizinischen Sinne wird als neurologisches Konstrukt im Sinne Schilders ausgeführt. Die gegenwärtige Definition vom Körperschema ist primär diejenige eines räumlichen Haltungsmodelles „a body schema can be considered the collection of processes that registers the posture of one's body parts in space. The schema is updated during body movement. This is typically a non-‐conscious process, and is used primarily for spatial organization of action“ (aufgerufen am 03. 12. 2014). Das Konstrukt Körperschema wird zeitgenössisch wesentlich von der Psychophysik des motorischen Lernens und der motorischen Handlungskontrolle verwendet: Es ist die kognitive Voraussetzung für Werkzeuggebrauch (Carlson, Alvarez, Wu, & Verstraten, 2010) und daher für die Robotik bedeutsam. In diesem Zusammenhang haben Arbeiten des computationalen Biologen und Robotikers Daniel Mark Wolpert dem Cerebellum beim kontinuierlichen update somatosensorischer Eindrücke eine zentrale Rolle nachgewiesen (Wolpert & Kawato, 1998; Wolpert, Miall, & Kawato, 1998). Gleichzeitig wird in Wikipedia eine Überschneidung mit den kognitiven Funktionen im Bereich der Körperorientierung angeführt, und weiterhin auch die Überschneidung mit dem peripersonalen Körperraum. Dem Körperschema wird nach dieser Lesart maßgeblich die motorische Handlungsmodalität zugeordnet, dem Körperbild hingegen die visuelle Außenwahrnehmung anderer Körper, die visuellen Körpervorstellungen, und körperbezogenen Einstellungen, in Verbindung mit der propriozeptiven Innenwahrnehmung: „A body image consists of perceptions, attitudes, and beliefs concerning one's body. Body image may involve a person’s conscious perception of his or her own physical appearance. It is how individuals see themselves when picturing themselves in their mind, or when perceiving themselves in a mirror“(aufgerufen am 03. 12. 2014). Diese Definition bezieht sich also vor allem auf bewußte Außenwahrnehmung des Körpers. Hingegen bezog sich Schilder mit image jedoch auf die mentale Repräsentation, einschließend die subjektive visuell-‐
imaginative Körperrepräsentation, während er sich mit der Bezeichnung appearance dann auf die soziale Außenwahrnehmung bezog. Demnach wird in Wikipedia jene Seite als Körperbild behandelt, die ursprünglich als öffentliche, außen-‐perzeptuelle Erscheinung beschrieben worden war. Es ergibt sich teilweise sogar eine Gleichsetzung mit dem körperlichem Selbstkonzept: dieses beinhaltet wesentlich die kognitiv-‐affektiv-‐sozialen Aspekte der Körpervorstellung. Letztlich, so wäre demnach insgesamt keine strenge Unterscheidung zwischen den Begriffen zu treffen, dem Körperschema wird eher die Motorik zugeordnet, dem Körperbild alle anderen, u.a. auch kognitiv-‐affektiv-‐sozialen Dimensionen (Die neueren Forschungen zum sozialpsychologischen Körperbild werden in Abschnitt 6 zusammengefaßt). 4. Phantomglied und weitere sogenannte Körperbild-‐Störungen Nicht nur in der Philosophie, auch in der Medizingeschichte gelangen in der Renaissance-‐Periode grundlegende Beobachtungen und Beschreibungen zur Körperrepräsentation. Der französische Feldscher Ambroise Paré (Paré, 1564) beschrieb in seiner 1564 erschienenen Monographie Abhandlungen zur Chirurgie das nach der Einführung der Feuerwaffen häufiger vorkommende Symptom des Phantomgliedes. Während seiner Arbeit mit Kriegsverletzten protokollierte Paré den Schmerz Amputierter, welcher als räumliche Sensation in dem amputierten Phantomglied bzw. dessen Hautoberfläche wahrgenommen wird. Paré schloß bereits damals scharfsinnig, daß Phantomgliederschmerzen im Hirn entstünden und nicht im Gliederstumpf, ganz entsprechend der modernen Auffassung (Flor, Nikolajsen, & Staehelin Jensen, 2006), die jedoch selbst noch heute keinesfalls unkontrovers ist. <<<<<Abbildung 1 bitte hier einfügen>>>> Das klinische Phänomen des Phantomgliedes wird als erster realer wissenschaftlicher Beleg für die Existenz einer unabhängigen neuronalen und mentalen Repräsentation des Körpers angesehen. In der Beschreibung der Amputierten werden jene Regionen der amputierten Gliedmaße als besonders prominent wahrgenommen, die Gelenkrezeptoren enthalten oder eine sehr hohe Dichte an taktilen Mechanorezeptoren. Zu der lebhaften Wahrnehmung einer amputierten Gliedmaße gesellt sich regelmäßig ein starkes Schmerzempfinden in dem verbliebenen realen Ansatz jener Gliedmaße, der sog. Stumpfschmerz. Im Jahre 1983 konnte Michael Merzenich durch Mikroelektroden-‐Kartierung zeigen, daß im Gyrus postcentralis (Sitz des sog. somatosensorischen Homunculus, siehe Abbildung 1), mehrfache Körperkarten (Somatotopien, sensorisch Brodmann Areae 1-‐3, motorisch BA 4, 6) existieren, welche sich reorganisieren, wenn der afferente sensorische input z.B. durch Gliedmaßenamputation ausbleibt (Kaas, Merzenich, & Killackey, 1983; Merzenich, et al., 1983). Der Neurologe Vilaynur S. Ramachandran konnte dieses remapping durch taktile Stimulation von in der Somatotopie angrenzenden Regionen (z.B. Gesicht-‐Hand) mittels
Magnetenzephalograhie (MEG) in der kontralateralen Region weiter belegen (Ramachandran, 1993; Ramachandran, Rogers-‐Ramachandran, & Stewart, 1992; Yang, et al., 1994). Etwas später gelang Ramachandran durch psychologische Intervention mittels einer Spiegelbox-‐Therapie bei amputierten Extremitäten der Nachweis, daß das Phantomglied durch imaginierte bzw. experimentell induzierte visuelle Positionswechsel in der Wahrnehmung beeinflußbar ist (Ramachandran, 1996; Ramachandran & Rogers-‐Ramachandran, 1996; Ramachandran, Rogers-‐Ramachandran, & Cobb, 1995). Weiterhin konnten durch induzierte Vorstellungsbildung selbst anatomisch unmögliche Bewegungsabfolgen im Phantomglied antrainiert werden (Moseley & Brugger, 2009). Die psychologische Schmerzforscherin Herta Flor konnte mittels MEG schließlich zeigen, daß ein direkter Zusammenhang besteht zwischen der Größe der Fläche, die von der corticalen Reorganisation betroffen ist, und dem Ausmaß des subjektiven Schmerzerlebens (Flor, et al., 1995). Neben dem Phantomglied (mittlerweile ein fast eigenständiges Forschungsgebiet) gibt es noch eine ganze Reihe von klinischen Problemen entweder eher psychopathologischen Ursprungs oder die Folge neurologischer Läsion. Diese können als klassische Körperbild-‐Störungen (im Englischen je nach Ausmaß der Beeinträchtigung als distortions, disturbances, oder body image disorders bezeichnet) betrachtet werden. Derzeit gilt als psychologische Körperbild-‐Störung (disorder) schlechthin die Dysmorphophobie, die beiden Termini werden heute (fälschlicherweise) fast gleichgesetzt. Diese von dem Neurologen Enrico Morselli 1886 erstmals beschriebene Störung kreist im Kern der Problematik häufig um die Überzeugung, körperlich verunstaltet oder versehrt zu sein (ohne daß jedoch ein psychotiformer Wahn vorliegt). Im Extremfall werden eigene Extremitäten oder Körperteile als ichfremd oder fremdbessessen erlebt. Weiterhin können Fragmentierungserleben oder Zerstückelungsphantasien (so wie der von der Psychiaterin Gisela Pankow 1981 beschriebene corps morcelé) der Dysmorphophobie zugruppiert werden, welche gleichermaßen von neurotischen oder psychotischen Patienten berichtet werden können. In beiden Krankheits-‐Formenkreisen jedoch kommt es durch mentale Abspaltung einzelner Glieder, respektive durch Dissoziation in die elementaren Anteile, zum Zerfall oder Verlust der morphosynthetischen Einheit des Körperbildes. Auch die für die Eßstörungen Anorexie, Bulimie (und psychogene Adipositas, welche jedoch derzeit nicht als Eßstörung klassifiziert wird) pathognomonischen Körperproportions-‐ und Körperumfangs-‐Fehlwahrnehmungen werden zu den psychisch-‐basierten Körperbild-‐Störungen gerechnet. Zu den klassischen Körperbild-‐Störungen gehört ebenfalls die Depersonalisation bzw. die jüngst neu so bezeichnete Depersonalisations-‐Derealisationsstörung (1872 wurden erstmals entsprechende Symptome durch den Mediziner Maurice Krishaber beschrieben), welche am häufigsten durch ein Nicht-‐Erleben der Körperwahrnehmungen (Viscerozeption und Propriozeption) gekennzeichnet ist, was wiederum auf Abnormalitäten in den das innere Körpererleben (Körperselbst-‐Komponente, siehe Abschnitt 7) monitorierenden Regionen dorsaler Cingulärcortex und anteriore Insula basiert (Lemche, et al., 2013). Die ebenfalls als Körperbild-‐Störung klassifizierbare Somatisierungsstörung beruht wesentlich auf kognitiver Mißinterpretation von
körperlichen Korrelaten besonders negativer Emotion und Stress in den Regionen des posterioren Cingulärcortex und basalen Präcuneus (Lemche, et al., 2012). Als Teil von Depersonalisations-‐Zuständen, oder auch Teil anderer Störungen (Paqueron, et al., 2003), können die bereits von Schilder als Mikropsie bzw. Makropsie beschriebenen Schwankungen der Körperextremitäten in ihrer Größe bzw. Proportionen zueinander auftreten. Mit der Depersonalisation gleichgesetzt wurden (früher) verwandte Störungen wie die Out-‐of-‐Body Experience (OBE) oder Autoskopie (Blanke, 2012; Blanke & Mohr, 2005; Blanke, Ortigue, Landis, & Seeck, 2002; Wolpert, Goodbody, & Husain, 1998). Die Arbeiten des Neurologen Olaf Blanke mit Direkter Elektrostimulation (DES) erwiesen die Region temporo-‐parietal junction (TPJ, BA 39 im hinteren Gyrus temporalis superior) als Ausgangspunkt dieses Erlebens, wohingegen funktionelle Hirnbildgebungen diesbezüglich den parieto-‐occipitalen Übergangsbereich indizieren. OBEs und Autoskopien sind jedoch keinesfalls auf die Depersonalisation oder andere pathologische Zustände beschränkt: Sie sind Teil des normalen Alltagserlebens und im Französischen existiert hierfür sogar die Bezeichnung „dédoublement“ (Grimaud, 2014). In der nach dem erstbeschreibenden Psychiater Joseph Capgras (1923) benannte Capras-‐Illusion bzw. Delusion (da häufig auch als monothematischer Wahn betrachtet), beim Doppelgänger-‐Syndrom und der Heautoskopie sind, wie z.B. Ramachandran und Ellis (Ellis & Lewis, 2001) zeigten, die Betroffenen wie in der Depersonalisation vom emotionalen Körperselbst-‐Erleben abgeschnitten. Heautoskopien (Synonym: Spiegelhalluzinationen, fälschlicherweise dem Psychiater Erich Menninger-‐Lerchenthal 1935 zugeschrieben) und Doppelgänger-‐Phänomene sind eine der frühesten Studienobjekte der Neurologie hinsichtlich des Körperbildes. Sie wurden bereits von dem Neurologen Pierre Bonnier (Bonnier, 1905) erwähnt, später von Jacques Lhermitte und Henri Hécaen untersucht. Noch älter ist das Cotard-‐Syndrom benannt nach dem Neurologen Jules Cotard (1882): Ähnlich wie in der Depersonalisation wird der eigene Körper als erlebens-‐entleerte ‚Leiche’ erlebt, weshalb in der Psychopathologie auch die Bezeichnung „nihilistischer Wahn“ gebräuchlich ist. Es tritt in Psychosen, bei Migräne oder als Läsionsfolge der TPJ in der nondominanten Hemisphäre auf. Laut einer früheren Aufzählung (Lemche, 1993) sind zusätzlich noch für folgende Psychopathologien Involvierungen des Körperbildes klinisch beschrieben worden: Hypochondrie, motorische Konversion, psychomotorische Impulsstörungen und Tics, autodestruktive Symptomhandlungen und manche Dermatosen. Speziell für die motorische Konversion konnte eine Verknüpfung von sozialen Gedächtnisinhalten und Aktivierung der motorischen und supplementär-‐motorischen Regionen in fMRI nachgewiesen werden (Aybek, et al., 2014; Brown, Nicholson, Aybek, Kanaan, & David, 2014; Kanaan, Craig, Wessely, & David, 2007). In der kognitiven Neurologie bzw. Neuropsychologie werden wesentlich die Anosognosie, der unilateral neglect, die Asomatognosie, die Autotopagnosie und die Fingeragnosie (Gerstmann-‐Syndrom) als Störungen (disturbances) des Körperbildes aufgefaßt. In der Anosognosie (Erstbeschreiber Joseph Babinski 1914), dem Nicht-‐Erkennen speziell von Halbseitenlähmungen und allgemein von Körperkrankheiten, besteht eine Abwendung der Aufmerksamkeit von eingebüßten Körperfunktionen. Als Insultfolge häufig im nondominanten
Parietalcortex wird nach gegenwärtigem Verständnis die Intaktheit der kognitiven Körperorientierung im Lobulus parietalis inferior (BA 39/40) durch die von der kontralateralen Sprachregion erzeugten Konfabulationen aufrechterhalten. Als eine Sonderform betrifft in der hemispatialen neglect-‐Störung (Erstbeschreiber Joseph Babinski 1914) die visuelle, auditorische, motorische, kinästhetische und propriozeptive Aufmerksamkeitsfunktion hinsichtlich der kontralateralen Körperhälfte und des personalen Körperraumes (Vaishnavi, Calhoun, & Chatterjee, 2001). In der Asomatognosie wird die Zugehörigkeit eines Körperteiles zum Körperbild verleugnet, als Folge von Verletzungen im somatosensorischen Cortex, oder dem angrenzenden Lobulus parietalis superior (BA 5/7), dessen Leistung die Morphosynthese des Köperbildes ist, und das Erleben der körperlichen Ganzheit. Die Fingeragnosie (Gerstmann-‐Syndrom) als Läsionsfolge in den Regionen der kognitiven Körperorientierung (Lobulus parietalis superior, Gyri supramarginalis BA 40 und Gyrus angularis BA 39) ist in der Regel durch Agraphie, Akalkulie, Rechts-‐Links-‐Verwechslung und fehlende Finger-‐Benennung gekennzeichnet, da die Körperorientierung dort nondominant und Symbolfunktionen dominant lateralisiert sind. Das Gerstmann-‐Syndrom als Entwicklungs-‐Dyskalkulie (Lemche, 2005) ist hingegen auf eine Abnormalität im Sulcus intraparietalis des superioren Parietalcortex, der Rechen-‐ und logische Operationen unterliegt, zurückzuführen. Den neuropsychologischen Körperbild-‐Störungen zugeordnet werden kann das Bálint-‐Syndrom, ein nach dem Neurologen Rezsö Bálint (1909) benanntes Syndrom der kombinierten Ataxie, Apraxie und visuellen Agnosie, da ihm ebenfalls Läsionen der ‚Körperbild-‐Region’ inferiorer Parietalcortex zugrunde liegen. Es handelt sich hierbei gewissermaßen um eine Generalisierung des halbseitigen neglect-‐Syndroms. Hierbei beeinträchtigt die Läsion Funktionen der Körper-‐Raum-‐Beziehung, welche in diesen parietalen Regionen unterstützt werden. 5. Neurologie und Psychoanalyse Wie bereits oben angedeutet, sind neurologische und psychoanalytische Ansätze vielfach schwerlich zu trennen, da die beiden Hauptprotagonisten Paul Ferdinand Schilder und Sigmund Freud beide sowohl neurologische als auch psychoanalytische Beiträge verfaßt hatten. Schilder bezog sich theoretisch auf die Hirnschnitte des Psychiaters und Neuropsychologen Carl Wernicke. Dieser hatte Strukturen und Leitungssysteme des Gehirns in Projektionssysteme und Assoziationssysteme differenziert. Zu Freuds maßgeblichen Einflüssen zählen die Erkenntnisse zur Konnektivität des Gehirns des Psychiaters und Neuroanatomen Theodor Meynert, sowie des Psychiaters und Physiologen Paul Emil Flechsig. Wie aus Freuds Bemerkungen zur Neuroanatomie des Körper-‐Ichs (Freud, 1923b) hervorgeht, beruft Freud sich auf die durch Elektrostimulation gewonnenen Homunculi-‐Hirnkarten der motorischen und somatosensorischen Somatotopien, die der mit ihm befreundete Flechsig-‐Schüler, der Psychologe, Hypnotherapeut (wie Freud) und Neurobiologe Oskar Vogt beschrieben hatte. Aus Oskar Vogts Berliner Neurobiologischem Laboratorium war 1914 das Kaiser-‐Wilhelm-‐Institut für Hirnforschung, hervorgegangen, und viele der frühen elektrophysiologischen
Arbeiten (u.a. Krause, Bumke, Foerster, Altenburger, Penfield) waren dort durchgeführt worden. Freud, früher selbst aktiv neurobiologisch Forschender, gründete seine psychologischen Theorie-‐Konstrukte auf die seinerzeit verfügbare Neurologie. In der Neurologie gingen jedoch zentrale Erkenntnisse aus den Studien Sherringtons und Heads hervor. Sherrington ist der „Entdecker“ der Synapsen, wofür er einen Nobelpreis erhielt. Eine seiner wesentlichen Leistungen bestand in der Untersuchung der Gesetzmäßigkeit der sensiblen Dermatome in ihrer Beziehung zu spezifischen Rückenmarkswurzeln. Auf ihn geht die Unterteilung des sensorischen inputs in Exterozeption, Propriozeption, Interozeption (heute Viscerozeption) und Nozizeption zurück (Sherrington, 1906, 1907). Er betonte jedoch trotz dieser Differenzierung gleichzeitig die Einheit des Körpererlebens durch die integrative Funktion des Nervensystems (Sherrington, 1906). Bonnier charakterisierte mit dem Begriff aschématie Ausfälle der kognitiven Körperorientierung (im heutigen Sprachgebrauch als Asomatognosie bezeichnet, siehe Abschnitt 4)(Bonnier, 1905). Henry Head prägte mit Gordon Holmes den Begriff des bereits erwähnten Haltungsschemas (postural scheme). Das Interesse unter Neurologen wie Hughlings Jackson und Charles Scott Sherrington an dieser Thematik war 1881 durch die Demonstration (Hermann Munks auf dem 7. Internationalen Medizin-‐Kongreß in London)(Jacobson, 1993) der subcortical gesteuerten Motorik von Hunden mit Cortex-‐Ablation geweckt worden. In den folgenden Jahrzehnten sollten experimentelle Untersuchungen an decerebrierten, sog. „Thalamus-‐Tieren“ die Schlußfolgerungen Heads zum postural scheme weitestgehend stützen: demnach laufen Stellungsregulationen und Motorprogramme automatisch in subcorticalen Strukturen ab (Eine Darstellung des Zusammenhanges von propriozeptivem System und Labyrinthreflexen in (Granit & Pompeiano, 1979)). Allgemeiner bekannt unter Medizinern ist jedoch die Bestimmung der Headschen Zonen, d.h. des Phänomens der Schmerzprojektion innerer Organe an die Körperoberfläche (über mehrere sog. Dermatome hinweg). In der weiteren psychoanalytischen Theoriebildung gibt es keine vereinheitlichte Nomenklatur in Bezug auf die Körperrepräsentation. Je nach wissenschaftstheoretischem Paradigma (Libidotheorie, Ich-‐Psychologie, Objektbeziehungstheorie, Selbst-‐Psychologie) werden verschiedene Termini wie Körper-‐Ich, Körperbild und Körperselbst eingesetzt, jedoch um auch verschiedene Erlebensbereiche bzw. Funktionen zu beschreiben. Eine umfassende Monographie eigens hierzu ist früher erschienen (Lemche, 1993), weshalb an dieser Stelle auf eine detaillierte Wiederholung verzichtet werden kann. Zwei wichtige Wendepunkte seien jedoch hervorgehoben. Freud selbst wurde in seiner Strukturtheorie stark von dem Neurologen Schilder beeinflußt, der 1923 ein erstes Werk zum Körperschema veröffentlicht (Schilder, 1923): Freud folgt hierin Schilder. Schilder wiederum übernimmt 1935 aus der Psychoanalyse den Terminus ‚Imago’ für die Gesamtheit der neurologischen, kognitiv-‐affektiven und sozialpsychologischen Anteile der Körperrepräsentation (historisch wurden mentale Repräsentationen als ‚Objekte’, dann ‚Imagines’, oder ‚Repräsentanzen’ bezeichnet). Schilder hatte bereits 1914 eine Monographie zum Selbstbewußtsein (Schilder, 1914) herausgebracht, die sich mit klinischen Körperbild-‐Störungen (v.a. die Depersonalisation) befaßte. Vermutlich beeinflußt durch Heads (Head, 1920)
Studies in Neurology bringt Schilder 1923 die Monographie zum Körperschema heraus, später mehrere Arbeiten zu den Lagereflexen (Lemche, 1993). Schilder hatte Ambitionen auf eine Forschungskarriere in den USA, arbeitete seit 1929 am New Yorker Bellevue Hospital und publizierte 1935 deshalb auf Englisch sein Schlüsselwerk The Image and Appearance of the Human Body. Tatsächlich konnte Schilder ein research professorship an der NYU erlangen, starb jedoch bereits 1940. Schilders Ehefrau, die Neuropsychologin Lauretta Bender, gab später viele seiner Schriften posthum heraus und führte seine Arbeiten weiter. Die durch beide gegründete Bellevue-‐Schule der Neuropsychologie wurde einflußreich. Maßgeblich auf Schilders Beobachtungen zur visuellen Agnosie im neglect bezog sich auch der Neurologe Derek Denny-‐Brown (Denny-‐Brown, Meyer, & Horenstein, 1952) in seinen Studien parietaler Störungen. Er schlußfolgerte, daß eine zentrale parietale Leistung in der kognitiven Formkonstitution besteht und diese auch subjektiv wie objektiv in der Erkennung der Körpergestalt (postural morphosynthesis) wirksam ist. Spätere Untersuchungen einzelner Neuronen der betreffenden Region BA 7 zeigten, daß diese vor allem bei der visuo-‐somatosensorischen Integration bei räumlichen Manipulationen aktiv sind (Hyvarinen & Poranen, 1974). Umgekehrt, so konnte durch regionale Anästhesie experimentell demonstriert werden, zerfällt das Einheitserleben des Körperbildes bereits nach 20 Minuten, wenn der afferente input aus aus peripheren Aδ-‐ und C-‐Nervenfasern unterbunden wird (Paqueron, et al., 2003). In Weiterführung der Arbeiten von Otfrid Foerster der intraoperativen Untersuchung von Epileptikern mittels live-‐Elektrophysiologie fertigte der Neurochirurg Wilder Penfield die bis heute akzeptierten motorisch-‐efferenten und somatosensorisch-‐afferenten Projektions-‐Topographien (Di Noto, Newman, Wall, & Einstein, 2013). 6. Sozial-‐, Experimental-‐ und Kognitionspsychologie Der Ausgangspunkt für die sozialpsychologischen Forschungen zum Körperbild und zur Permeabilität von mentalen Körper-‐(raum-‐)grenzen entstammen der Zusammenarbeit der klinischen Psychologen Seymour Fisher und Sid Cleveland in den 1950er Jahren. Seymour Fisher, der heute eigentlich vornehmlich viel bekannter ist für seine Untersuchungen psychoaktiver Substanzen, zur Persönlichkeit oder v.a. zum weiblichen Orgasmus, bezog sich primär auf Schilders sozialpsychologische Dimension des Körperbildes. Seine experimentellen Arbeiten beschäftigten sich in diesen Zusammenhängen mit der sozialen Abgrenzung des Körpers und der Permeabilität dieser Körpergrenzen (Fisher, 1986). Mit seinem Body Prominence Index wird etwa das Ausmaß der Beschäftigung mit dem eigenen Körper ermittelt. Seit 2004 gibt es eine eigene Forschungszeitschrift Body Image, die sich in der sozialpsychologischen Tradition in der Nachfolge Fishers sieht. Diese sozialpsychologische Tradition beschäftigt sich mit der äußeren Erscheinung des eigenen Körpers und ihrer subjektiven Wahrnehmung. Zentrale Forschungsanstrengungen beziehen sich daher auf Zufriedenheit mit dem eigenen Körper. Die meisten in Body Image publizierten Arbeiten beziehen sich auf
Fragebogen-‐Erhebungen zur Körperzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen, der Veränderung des Aussehens, subjektiver Schönheitswahrnehmung, und auch dem öffentlichen Aussehensideal in Medien. Alle Studien hierzu zeigten die Beeinflussung des weiblichen Selbsterlebens durch diese Faktoren. Männliches Selbstwerterleben scheint demnach in weitaus geringerem Ausmaß durch solche Außenwahrnehmungen beeinflußbar zu sein (mehr ausgerichtet auf muskuläre Erscheinung)(Jones, Bain, & King, 2008); daher konstatieren die meisten Forscher hier eine grundlegende Geschlechterdifferenz. Gesichert erscheint weiterhin, daß Körperunzufriedenheit bei beiden Geschlechtern auf elterliche Einflüsse in der Kindheit zurückgeht (Al Sabbah, et al., 2009). Untersuchungen belegen demnach insbesondere bei Frauen Zusammenhänge zwischen der Abweichung von einer idealen Körperform, Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, Diätverhalten, Rauchen, Gesundheitsverhalten, und eigener Sexualität. Eine Vielzahl von Fragebögen, Figurschätzungs-‐, Spiegel-‐ und Videobeobachtungsverfahren sind entwickelt worden, um diese Mechanismen besser zu erfassen. Dabei werden regelmäßig ein Zusammenhang zwischen Selbstwerterleben und idealem Körperbild, mit der Selbsteinschätzung vor allem weiblicher Attraktivität aufgewiesen, welche durch ihre emotionale Bewertung autonom-‐physiologische Regulationen in Gang setzen bzw. bestimmen. Einige Sozialpsychologen beklagen aktuell weitere Verstärkungen dieser sozialpsychologischen Mechanismen im Verlaufe der Etablierung sozialer Medien mit gleichzeitiger kontinuierlicher Promi-‐Beobachtung und Promi-‐Klatsch, welcher sich fast immer um körperliches Erscheinen und Zurschaustellung dreht (Stichwort „Selfie“-‐Photographien von Körperteilen etc.). 7. Das Komponenten-‐Modell des Körperbildes Das Komponenten-‐Modell des Körperbildes wurde ursprünglich bereits 1995 auf der IV. Selbstpsychologie-‐Tagung (Dreieich), und das hierzu zugehörige Modell entwicklungspychologischer Phasen im selben Jahr auf der Fachgruppentagung Entwicklungspsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (Leipzig) vorgetragen. Die folgenden Abschnitte stellen das Komponenten-‐Modell neu vor und leisten eine Auswertung angesichts von aufgelaufenen Neubefunden aus der jüngeren Forschung, einer Darstellung auf der Feldenkrais-‐Forschungstagung 2012 (Lemche, 2012) folgend. Der Vorteil eines neurophysiologischen Gesamt-‐Modelles der Körperrepräsentation (des Körperbildes im übergeordneten Sinne) liegt darin, daß erstens einzelnen Komponenten spezifische Subfunktionen bzw. Leistungen zugeordnet werden, daß zweitens diese Leistungen hirnphysiologisch begründet werden, und daß drittens damit letztlich auch terminologische Klarheit hergestellt wird (die frühere Konfusion bzw. babylonische Sprachverwirrung somit beseitigt wird). <<<<<Abbildung 2 bitte hier einfügen>>>> Das Komponenten-‐Modell bezieht aus der psychoanalytischen
Theoriebildung die Subfunktions-‐Konstrukte (den wissenschaftsteoretischen Paradigmata folgend Körper-‐Ich, Körperideation, Körperselbst), sowie aus den neurologische Arbeiten Bonniers, Heads und Schilders die Komponenten (Subfunktionen) Haltungsschema und kognitive Körperorientierung (siehe Abbildung 2). Die Funktionsleistungen der Komponenten wurden auf Hirnsubstrate bezogen, wie sie in der Epoche vor der Verfügbarkeit von neuroimaging-‐Experimenten mittels Magnetresonanztomographie vor allem aus klassischen Arbeiten mit DES und neurologischen Läsionen bekannt waren. Nach neuesten Darstellungen gelten Studien mit DES immer noch als der „Goldstandard“ (Borchers, Himmelbach, Logothetis, & Karnath, 2012) der topographischen Neurowissenschaft, trotz neuroimaging. Wie auch bei neuroimaging lassen sich mit DES bestimmte kognitive Funktionen bisweilen an verschiedenen Regionen nachweisen, wie z.B. bei dem Bewegungsimpuls. DES wurde von Bartholow 1874 auf den Menschen übertragen. Um 1934 wurde die Methode technisch so verbessert, daß systematische Corticographien erstellt werden konnten (z.B. von Krause, Bumke, Foerster, Altenburger). Der Neurochirurg Wilder Penfield lernte die Methode am unter Oskar Vogt begründeten KWI für Hirnforschung (in Berlin-‐Buch, heute Max-‐Delbrück Centrum für Molekulare Medizin, und in Breslau bei Otfrid Foerster) kennen: Die Karten aus seinen Publikationen sind die bis heute bekanntesten Darstellungen von Homunculi. Diese Theorie des Körperbildes macht bestimmte Annahmen zur Entwicklung (bzw. Veränderung). Es schreibt hierbei der Akkumulation von sensorischer Erfahrung aus der Propriozeption eine zentrale Rolle zu. Das Zusammenwirken von sensumotorischem Input aus der Koaktivation von α-‐ und γ-‐Motoneuronen und dessen neuronale Repräsentation in bottom-‐up cerebralen Hierarchien steht daher im Zentrum dieses Modells. Die neocorticalen Substrate (d.h. die Leistung der Hirnregionen) für bestimmte Komponenten ist auf Tabelle 2 zusammengestellt. <<<<<Tabelle 2 bitte hier einfügen>>>> Die Propriozeption, ein evolutionär äußerst hochentwickelter Körpersinn (Smetacek & Mechsner, 2004), basiert auf dem somatosensorischen System. Zum somatosensorischen System gehören mindestens 20 verschiedene Rezeptortypen, die über den gesamten Körper verteilt sind, bestehend aus Mechanorezeptoren und Nocizeptoren. Bei der Viscerozeption (früher auch Enterozeption genannt), treten zu diesen beiden Klassen auch Thermo-‐ und Chemosensoren hinzu, die Glucose, Säuregehalt, oder bestimmte Metaboliten registrieren können, und die Körperselbst-‐Komponente durch entsprechenden input afferent bestimmen. Die taktilen Mechanorezeptoren der Haut bestehen vor allem aus sogenannten Haarfollikelnervenendungen, freien Nervenendungen, Merkel-‐Disks, Ruffini-‐Endungen, sowie Meissner-‐ und Vater-‐Pacini-‐Lamellen-‐Corpuskeln, deren afferente Informationen mittels Aβ-‐Nervenfasern zum Spinalkanal gesandt werden. Die propriozeptive Tiefen-‐Wahrnehmung basiert maßgeblich auf Gelenkstellungs-‐Rezeptoren (in Gelenkkapseln, Gelenkbändern und im Gelenkknorpel, vornehmlich vom Ruffini-‐Typ und freien Nervenendigungen), Ausdehnungs-‐Mechanorezeptoren in Muskelspindeln und Golgi-‐Sehnenorganen,
deren sensorische Informationen durch Aα-‐Nervenfasern zum Spinalkanal gesandt werden. Neben visuellen Informationen sind für das Körperbild die Informationen durch das vestibuläre System im Innenohr (Otolithen in Utriculus und Sacculus, Haarzellen in den Halbkreisbögen des Labyrinthes) zentral. In dem komplexen Reflexautomatismus der Haltungsschema-‐Komponente lösen vestibuläre Information eine Bereitstellung von Muskelaktivitäten vermittelt durch Propriozeption aus. Weiterhin wird auch die kinästhetische Wahrnehmung durch das Vestibularorgan bereitgestellt, und dieser Input wird komplementiert durch spezifische Neuronen für Bewegungsgeschwindigkeit (Angelaki, Shaikh, Green, & Dickman, 2004). Die Propriozeption gewährleistet damit parallele Informationen aus Muskeln, Sehnen, Gelenkkapseln und Vestibularorgan hinsichtlich der Stellung und Bewegung des Körpers im Raum. Solch synchron registrierte Informationen über Muskelspannung (Golgi-‐Sehnenorgan), Muskellänge (Muskelspindel) und Gelenkstellung beziehungsweise Bewegung werden bereits auf Rückenmarkebene (monosynaptisch) verschaltet (sog. Eigenreflexe). Bewußt wahrgenommene Propriozeption wird dem Gehirn durch die anterioren und posterioren spinocerebellären Bahnen sowie die spinothalamischen Hinterstrangbahnen projiziert. Die afferent-‐propriozeptiven Bündel Fasciculus cuneatus (untere Extremitäten) und Fasciculus gracilis (obere Extremitäten) weisen bereits unterhalb ihrer Relais-‐Kerne in der Medulla oblongata somatotope Organisationen auf; weiterhin bleiben in ihnen Oberflächen-‐ und Tiefensensibilität streng getrennt. Die langen afferenten somatosensorischen Bahnen des Rückenmarks werden zunächst in den medullären Nuclei cuneatus und gracilis, danach im Lemniscus medialis umgeschaltet (anschließend in der decussatio lemniscorum seitengekreuzt) und sodann auch im Thalamuskern VPL (ventralis posterolateralis oder ventrocaudalis externus). Propriozeptiver input wird anschließend als sogenannter oberer Thalamusstiel kontralateral gekreuzt zum somatosensorischen Cortex der Hemisphären geleitet. Dieser besteht aus primären somatosensorischen (S1; Gyrus postcentralis, BA 1-‐3) und sekundären (S2) somatosensorischen Abschnitt im anterioren Parietalcortex (tiefergelegen im parietalen Operculum im Sulcus lateralis, BA 40, 43, angrenzend zur Insula). Die somatosensorischen Projektionsregionen und nachgeschaltete Regionen weisen alle Somatotopien (Homunculi) auf, in denen Körperregionen neuronal räumlich repräsentiert werden (siehe unten). Der propriozeptive Input wird jedoch nicht nur in den primären und sekundären Projektionsregionen (S1 und S2) somatotopisch gegliedert (entsprechend einem Homunculus) neuronal repräsentiert. Bislang sind beim Menschen mindestens 25 Ganz-‐ und Teilsomatotopien entdeckt (Lemche, 2009), auf subcorticaler und corticaler Ebene. Von diesen primären und sekundären Projektionsregionen werden die propriozeptiven Informationen in die heteromodalen Assoziationsregionen des oberen posterioren Parietalkortex (BA 5/7) geleitet. In diesen Assoziations-‐Regionen erfolgt die Integration der Sinnesmodalitäten visuell-‐vestibulär-‐kinästhetisch-‐somatosensorisch (Andersen, Snyder, Bradley, & Xing, 1997). Von der sekundären Region (S2) fließt propriozeptive Sinnesinformation auch weiter zu temporalen und unteren parietalen Areae (BA 22, 38, 39, 40), zur Insula, sowie den frontalen und temporalen Assoziationscortices. Während im superioren
Parietalcortex die Morphosynthese-‐Leistung erfolgt, ebenso wie die bewußten Raum-‐Lage-‐Wahrnehmungen, sind die inferioren Parietalregionen für die Körperorientierung und die Orientierung des eigenen Körpers zu anderen Objekten im Außenraum zuständig. Eine zentrobasale parietale Verbindung des Präcuneus (BA 7) scheint die Integration mit Viscerozeption und Körperselbst-‐Funktionen im posterioren Cingulum (viscerozeptive Projektionsregion BA 23) zu gewährleisten (Lemche, et al., 2012). Die viscerozeptive Aufmerksamkeit ist jedoch auch eine Funktion der anterioren Insula (Craig, 2009; Seth, Suzuki, & Critchley, 2011). Wie wird nun propriozeptive Erfahrung durch neuronalen Input akkumuliert? Ein grundlegender neuronaler Mechanismus ist hierbei in der sogenannten Alpha-‐Gamma-‐Koaktivation zu beschreiben. Die parallele Aktivierung von α-‐ und γ-‐Motoneuronen produziert bereits auf spinalem Niveau sensorische Rückmeldung aus dem Effektor-‐Muskel. Gemäß des „Reafferenzprinzips“ (Holst & Mittelstädt, 1950) wird im Cortex die sensorische Erfahrung mit dem motorischen Befehlsimpuls abgeglichen: Die sogenannte Efferenzkopie aus dem primären Motorcortex (M1, BA 4) wird mit dem oben skizzierten synchronen propriozeptiven Rezeptorsignalen und den zeitlichen Berechnungen aus dem Cerebellum in der zentralen somatosensorischen Integration verarbeitet. Experimentelle Untersuchungen belegen hierbei die Wichtigkeit des Transfers zwischen beiden Hemisphären bei komplexen Bewegungsabfolgen (Lausberg, Cruz, Kita, Zaidel, & Ptito, 2003). Auf solche Weise wird durch Bewegungsaktivität gleichzeitig automatisch propriozeptiver Erfahrungsinput generiert, und stets aktuelle updates desselben in der Körper-‐Ich-‐Komponente gespeichert. Motorische Aktivität wird bereits früh im intrauterinen Leben durch den Basic-‐Rest-‐Activity-‐Cycle (BRAC) biozyklisch generiert. <<<<<Abbildung 3 bitte hier einfügen>>>> Was versteht man unter Morphosynthese im Erleben des Körpers? Unter Morphosynthese wird diejenige integrative Funktion des Körperbildes verstanden, die gewährleistet, daß der Körper als kohärentes Ganzes in seiner Form im Raum erlebt wird mit einer Außengrenze. Morphosynthese betrifft jedoch auch Objekte im Außenraum: denn auch diese müssen als Entitäten erst neuronal synthetisiert werden. Der Begriff Morphosynthese wurde 1952 von dem Neurologen Denny-‐Brown erstmals verwandt im Zusammenhang mit der klinischen Beschreibung des Phänomens des unilateral neglect (eine Läsionsfolge). Morphosynthese wird in einer vestibulär-‐kinästhetisch-‐somatosensorischen-‐visuellen Assoziationsregion des posterioren superioren Parietalcortex (BA 7b, Präcuneus) gewährleistet (innen und außen). Die Komponenten Körper-‐Ich, Körper-‐Ideation und Haltungsschema konvergieren hingegen im anterioren superioren Parietalcortex (BA 5), und durch diese heteromodale Verschränkung wird eine kohärente Ganzheit des gesamten Körpererlebens (aus den Körper-‐Einzelteilen) assoziativ synthetisiert (Holmes & Spence, 2004; Shimada, Hiraki, & Oda, 2005). Für die Körperoberfläche, bei älteren Kindern und Erwachsenen auch innere Organvorstellungen, werden kognitive Körperorientierungen und Benennungen rechtshemisphärisch lateralisiert im inferioren Parietalcortex repräsentiert.
Wie werden die bildhaften und emotionalen Körpervorstellungen erzeugt? Die Inhalte des Körpergedächtnisses, um einer neueren Bezeichnung zu folgen, beinhalten Erlebnisinhalte, die das sozial-‐emotionales Körperbild (Körperbild im engeren Sinne, oder Körper-‐Ideation-‐Komponente)(z.B. als körperliches Gegenüber eines frühkindlichen Interaktionspartners) und die visuelle Körpervorstellung. Obwohl bereits früher von Gernot Goldenberg (Goldenberg, 1987) postuliert, wurde ein Teil dieser visuellen Körpervorstellung durch Paul Downing (Downing, Jiang, Shuman, & Kanwisher, 2001; Downing & Peelen, 2011) in Form der extrastriate body area (EBA) als eigenes corticales Modul experimentell demonstriert. Die EBA beinhaltet Körperansichten und gewährleistet damit eine visuelle Erkennung fremder Körper. In einer unimodalen tertiären visuellen Occipital-‐Region (BA 19) werden somit Imaginationen visueller körperlicher Vorstellungsgehalte erzeugt. Erinnerungs-‐Engramme sozial-‐emotionaler Erlebnisse in der kindlichen Entwicklung (Körper-‐Gedächtnis, Leibgedächtnis) werden im Temporalcortex assoziiert und als Teil des episodisch-‐autobiographischen Gedächtnissystems gespeichert. Der Temporalcortex ermöglicht als Assoziationsregion die Verschränkung von auditorischen mit visuellen Eindrücken. Elektrophysiologische Untersuchungen zeigten, daß der Gyrus temporalis medialis (BA 21) Selbst-‐Andere-‐Kooperationen maßgeblich unterstützt (Yun, Watanabe, & Shimojo, 2012). Zur bottom-‐up-‐Integration von Emotionsgehalten aus der Amygdala in das Körperbild und bewußte Körpererleben kommt es ebenfalls dort im Temporalcortex durch limbischen output über den Temporalpol (BA 38), und durch die Insula über das parietale Operculum (S2). Basieren körperliche Interaktion und Ausdruckskommunikationen auf dem Körperbild? Durch fMRI-‐Untersuchungen wurde eine zentrale Rolle der multiplen Somatotopien in S2 in der körperlichen Ausdruckskommunikation demonstriert (de Gelder, 2006; Thioux & Keysers, 2015). Taktile Stimulationen und nonverbale Kommunikation zeigen dieselben Aktivierungsmuster in den primären und sekundären somatosensorischen Projektionsregionen (S1 und S2), wie propriozeptive Empfindungen (Keysers, Kaas, & Gazzola, 2010). Diese Erkenntnisse unterstreichen, daß die körperbezogenen Interaktionssysteme maßgeblich zur Konstitution von sozial-‐emotionalem Körperbild und mentaler Selbst-‐Repräsentation beitragen, jedoch umgekehrt offenbar auch die Grundlage interaktiver und Ausdruckskommunikation darstellen. 8. Überprüfungen im Lichte neurer Erkenntnisse Durch die Entdeckung der Spiegelneuronen bei Primaten im Jahre 1992 durch die Gruppe von Rizzolatti (di Pellegrino, Fadiga, Fogassi, Gallese, & Rizzolatti, 1992) wurden eine gezielte Erforschung neurobiologischer Mechanismen zur motorischen Imitation und zum Handlungsverstehen in Gang gesetzt. Allerdings sind bis heute Spiegelneuronen beim Menschen noch nicht direkt nachgewiesen, jedoch wird davon ausgegangen, daß die homologen Regionen beim Menschen zum Spiegelneuronen-‐System (mirror neuron system, MNS)(Rizzolatti & Craighero,
2004) gehören. Dies wären mit gewisser Vorsicht dann die präfrontalen Sprachregionen, sowie die inferioren Parietalregionen. Bislang sind fMRI-‐Untersuchungen des MNS häufiger nicht eindeutig, vermutlich weil die Häufigkeit multimodaler Konvergenzneuronen selbst in entsprechenden Assoziationregionen sehr gering sein dürfte, und damit deren neuronale Aktivierung nicht zu meßbaren Signalschwankungen führen kann. Es wurde jedoch gezeigt, daß Spiegelneuronen auch für die Verarbeitung von Körpergrenzen und die Erkennung des peripersonalen Raumes bedeutsam sind (Ishida, Fornia, Grandi, Umilta, & Gallese, 2013) während direkte proxemische Körperdistanz-‐ bzw. Körpernähe-‐Regulationen durch die Amygdala moduliert werden (Kennedy, Glascher, Tyszka, & Adolphs, 2009). Für das Körpererleben, die Raumnavigation und die Stellung des Körpers im Raume sind vermutlich auch sogenannte Gitterneuronen (sensitiv für räumliche Raster oder Waben)(Hafting, Fyhn, Molden, Moser, & Moser, 2005) im Hippocampus und dem angrenzenden entorhinalen Cortex (die Gruppe von Maybritt und Edvard Moser; sie wurden dafür im Oktober 2014 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet) zentral: Sie zeigen nicht nur Erinnerungen, sondern auch Zukunftsextrapolationen). Weiterhin stehen der Körperorientierung bereits die in den 1980er Jahren entdeckten Kompaß-‐Zellen zur Verfügung, sowie die vom Moser-‐Team entdeckten Grenz-‐Neuronen, die allesamt dazu dienen, den Körper durch den Raum zu navigieren. Hinsichtlich der neuroimaging-‐Untersuchung für bestimmte Mechanismen der Komponenten bzw. Subfunktionen der Körperrepräsentation ist jedoch einschränkend auszuführen, daß viele nicht der Magnetresonanztomographie zugänglich sind. Denn die Voraussetzungen für fMRI-‐Experimente beinhalten bei Untersuchungen, daß die experimentellen Stimulationen innerhalb des Magneten durchgeführt werden können. fMRI-‐Experimente mit dem Körpererleben sind daher auf zwei Modalitäten beschränkt: visuelle und haptische Stimulation. Die visuelle Modalität schließt protokollgeleitete Imaginationen von Körpererleben mit ein. Die Forschungsergebnisse aus den vergangenen Jahren beziehen sich daher der visuellen Körpererkennung, der Imagination, von künstlichen Avataren oder künstlichen Räumen. Eine der am meisten beachteten Entdeckungen der letzten zwei Dekaden ist Entdeckung der oben erwähnten EBA durch Paul Downing neben der fusiform face area und der parahippocampal place area. In allen Fällen handelt es sich um spezialisierte visuell-‐kognitive Module für Objekte, ganze Körperansichten, oder Körperteile, kombiniert mit motorischen Anteilen (Orlov, Makin, & Zohary, 2010) . Die EBA reagiert hierbei sowohl auf Ganz-‐ oder Teilansichten fremder als auch des eigenen Körpers. Die Gummihand-‐Illusion (rubber hand illusion, RHI) ist ein experimentelles Paradigma (Untersuchungsmethode), welches von Botvinick (Botvinick & Cohen, 1998) erstmals ausgearbeitet worden war, und vielfältige Nachahmung und Variation gefunden hat. Die RHI bedient sich der visuomotorischen Konvergenz, die durch die gleichzeitige Stimulation einer falschen und der echten Gliedmaße verschoben wird: Sie wurde durch Henrik Ehrsson (Ehrsson, 2007; Ehrsson, Spence, & Passingham, 2004) weiterentwickelt. Die echte Hand wird dabei distal und die falsche Hand mehr proximal zum Körper platziert. Wird eine physische Verletzung an der Gummihand zugefügt, reagiert die gesamte Person mittels einer
Schutzreaktion durch Rückzug des eigenen Arms. Die RHI demonstriert (ebenso wie Ramachandrans Spiegelbox), daß innerhalb von zehn Sekunden das Körperbild plastisch verändert und somit überlistet werden kann. Dabei wurden Hirnaktivierungen zur RHI in superioren und inferioren Parietalregionen registriert (Zeller, Litvak, Friston, & Classen, 2014). Die Gummihand-‐Illusion und die OBE-‐Experimente sind prototypisch für eine Reihe von Versuchen, in denen mittels computergestützter virtueller Realität Veränderungen im Körperbild induziert werden können. Dabei kann anhand von virtuell-‐induzierten fremden oder Puppen-‐Körpern experimentell die körperliche Selbst-‐Anderer-‐Differenzierung in ihren Facetten studiert werden (Lenggenhager, Tadi, Metzinger, & Blanke, 2007; Petkova, Khoshnevis, & Ehrsson, 2011). Wie bereits oben erwähnt konnte 2002 die Arbeitsgruppe von Olaf Blanke durch DES zeigen, daß OBEs von der temporo-‐parietalen Übergangsregion TPJ im Gyrus temporalis superior mediiert werden. Neuere Theorien zur Erklärung von OBEs gehen mittlerweile davon aus, daß die Fehlfunktion der TPJ durch eine Unterbrechung der Interozeption, Propriozeption und Kinästhesie durch limbischen (d.h. emotionalen) Einfluß herbeigeführt wird (Cheyne & Girard, 2009). Mehrfach erwähnt wurden ebenfalls der Zusammenhang zwischen Raumnavigation und der Stabilität des Körperbildes im Raume. Bereits Paul Schilder beschrieb die Parallelität der Verarbeitung von Körper und Raumwahrnehmung im Parietalcortex. Demnach wird dort der eigene Körper wie ein Objekt des Außenraumes synthetisiert, gleichzeitig ist die Raumwahrnehmung immer auf den eigenen Körper als Referenzpunkt bezogen (egozentrische Raumwahrnehmung)(Hasselbach-‐Heitzeg & Reuter-‐Lorenz, 2002). Nach O‘Keefe (O'Keefe & Dostrovsky, 1971)(ebenfalls einer der Nobelpreisträger von 2014) registrieren Orts-‐Neuronen im Hippocampus räumliche Marker im Außenraum, und helfen so kognitive Landkarten zu erzeugen. Entsprechend können auch Navigationsaufgaben in virtuellem Raum einen der Lokomotion ähnlichen optic flow erzeugen, in welchem äußere Objekte ihre Position verändern. Thomas Wolbers konnte so zeigen, daß der prämotorische Cortex (BA 6) und der ventrale Präcuneus (BA 7) die einzigen Regionen sind, in welchem der egozentrische Raum während des optic flow aktiv sind (Wolbers, Hegarty, Büchel, & Loomis, 2008). 9. Zusammenfassung Es zeigt sich, daß insgesamt auch neuere experimentelle Untersuchungen die Vorhersagen des Komponenten-‐Modells stützen können. Eine wesentliche Region, die im Körperbild-‐Modell von 1995 nicht berücksichtigt worden war, ist die Insula. Wie oben erwähnt ist die anteriore Insula für emotionale Ausdrucksbewegungen mit Somatosensorik eine maßgebliches Relais-‐Region (de Gelder, 2006), ebenso wie ein Referenzzentrum für autonome Innenwarnehmung: z.B. Blutdruck, Herzschlag, oder Lungenfunktionen wie Atmung oder Bronchiokonstriktion (Critchley, Melmed, Featherstone, Mathias, & Dolan, 2002; Seth, et al., 2011). Zusätzlich erwiesen Untersuchungen an Insultpatienten die posteriore Insula als eine Region für die Attribuierung von Gliedmaßen entweder zum eigenen Selbst
oder zu anderen Personen (Stephan, et al., 2005). Weiterhin war in dem ursprünglichen Modell die Region S2 im parietalen Operculum (der Insula nächstgelegen) der Körper-‐Ich-‐Komponente zugruppiert worden. Neuere Untersuchungen belegten inzwischen jedoch, daß diese Region in die Verarbeitung emotionaler Berührungen, Bewegungs-‐Imitationen und Ausdrucksbewegungen involviert ist (Bjornsdotter, Gordon, Pelphrey, Olausson, & Kaiser, 2014; Mengotti, Ticini, Waszak, Schutz-‐Bosbach, & Rumiati, 2013), und daher eher der sozial-‐emotionalen Komponente Körper-‐Ideation (Körperbild im engeren Sinne) zugeordnet werden könnte. Andere fMRI-‐Experimente jedoch legen wiederum eine Zugehörigkeit der S2-‐Region zur kognitiven Körperorientierungs-‐Komponente im inferioren Parietalcortex nahe (Corradi-‐Dell'Acqua, Tomasino, & Fink, 2009). Die meisten der neuen Entdeckungen, wie die EBA, betreffen das visuelle System, jedoch weniger das propriozeptive System selbst. Trotzdem war diese Imaginations-‐Region (BA 19) bereits in dem ursprünglichen Komponenten-‐Modell (Lemche, 1996) vorhergesagt, bzw. als Region der Körperimagination beschrieben worden. Zum Schluß noch einmal die grundlegenden take home messages dieses Kapitels: Die jahrzehntelange Begriffsverwirrung um die Körperrepräsentation läßt sich sinnvoll überwinden durch die Beschreibung von neurophysiologischen Funktionsebenen innerhalb einer übergeordneten Körperrepräsentation, und deren neuronaler Repräsentationen im Gehirn. Das Komponenten-‐Modell bezeichnet fünf solcher Funktionsniveaus Körper-‐Selbst, Körper-‐Ich, Körperorientierung, Körper-‐Ideation, und Haltungsschema. Fast alle neueren Untersuchungen stützen dieses Modell, auch wenn meist die Propriozeption selbst nicht untersucht wurde, und fast alle neueren Experimente sich visueller oder taktiler Stimulation oder protokollgestützter Imaginationen bedienen müssen.
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Abbildung 1: Neufassung des somatosensorischen Homunculus
Neufassung nach struktureller Magnetresonanztomographie von Dinse, Neumann, Ripper & Rosenzweig (2004), mit freundlicher Genehmigung Museum Turm der Sinne, Nürnberg.
Abbildung 2: Komponenten der Körperrepräsentation
Quelle: Nach Lemche (2012). Die Abbildung zeigt die fünf Komponenten der Körperrepräsentation, des Körperbildes im übergeordneten Sinne. Das Haltungsschema entspricht der automatisierten Stellungs-‐ und Lagereaktion. Das Körper-‐Ich umfaßt die Willkürmotorik, die bewußte Somatosensorik, sowie körperbezogene Morphosynthese der Körperoberfläche. Die Körper-‐Ideation (das Körperbild im engeren Sinne) umfaßt das autobiographische Gedächtnis für sozial-‐emotionale Interaktionerlebnisse und Körpererfahrungen, das Abgrenzungserleben zu anderen, sowie v.a. visuelle Körperimaginationen. Die Körperorientierung umfaßt die topologische Lokalisationsfähigkeit am eigenen Körper, die symbolische Verarbeitung von Körperteilen, und basale Körperorientierungsgehalte. Das Körper-‐Selbst umfaßt die körperbezogenen Gefühle, die sich aus der Viscerozeption von affektiven Reaktion und autonomen Regulationsprozessen erschließen.
Tabelle 1: Sammlung historischer Begrifflichkeiten der Körperrepräsentaton Postural-‐kinästhetische Dimension Körperschema Vestibularfunktion, Stellungsregulation Kognitive Dimension Körperorientierung, Körperkonzept kognitive Raumorientierung, Benennung von Körperteilen Motorische und propriozeptiv-‐somatosensorische Dimension Körper-‐Ich, Körperbewußtsein, Körperperzept Willkürmotorik und Somatosensorik Visuelle und räumliche Körperideation Körperbild, Körperwissen morphosynthetisches Modell und bewußte Vorstellung Viscerozeption, Wahrnehmung autonomer (ANS) Regulationsprozesse Body awareness, Körperempfinden, körperliches Selbstgefühl Body cathexis, Körperaffekte, Körper-‐Emotion Viscerozeption Quelle: Sammlung modifiziert nach Röhricht et al. 2005; Zuordnung zu den einzelnen Dimensionen nach Lemche (2009).
Tabelle 2: Cerebrale Substrate der Subfunktionen des Körperbildes