Aerodynamik Experimentelle Strömungsmechanik 1 ___________________________________________________________________________________________________________________ 1. Einleitung 2. Strömungssimulation in Windkanälen 3. Numerische Strömungssimulation 4. Potentialströmungen 5. Tragflügel unendlicher Streckung in inkompressibler Strömung (Profiltheorie) 6. Tragflügel endlicher Streckung in inkompressibler Strömung 7. Aerodynamik der Klappen und Leitwerke 8. Kompressible Strömungsmechanik (Gasdynamik) 9. Hochgeschwindigkeits‐Aerodynamik 10. Stabilität und Steuerbarkeit
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2.1 Erste Versuche: Otto Lilienthal, Gustaf Weißkopf und Gebr. Wright
AusgangslageIn einer sehr frühen Phase des Entwurfsprozesses wird bei der Entwicklung von Flugzeugen eine möglichst genaue mathematische Beschreibung des aerodynamischen und flugmechanischen Verhaltens des Flugzeugs benötigt
Ziel‐ Überprüfung der projektierten Flugleistungen ‐ Auslegung des Flugreglers
GrundprinzipErstellung eines Modells des zu untersuchenden ObjektsUmströmung des Modells mit einem Fluid (Luft, Wasser, …)
Variante 1Modell ist in der Messstrecke fixiert und wird umströmt‐ Windkanal‐ Wasserkanal
Variante 2Modell wird durch die Messstrecke bewegt, Fluid befindet sich in Ruhe‐ Schleppkanal (Schiffsbau)‐ Katapultanlage (Vermessung von Wirbelschleppen)
KFZ‐Aerodynamik Fahrzeug kann in Originalgröße im Windkanal getestet werden Simulationsproblem im Bereich Fahrzeugunterboden und Straße Darstellung der Relativbewegung durch „rollenden Boden“
Ergebnis Kein Problem bei der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf das Original Nur wenige unterschiedliche Konfigurationen Sehr kleine Envelope (Schiebewinkel) Inkompressibler Strömungsbereich Keine Abhängigkeit der Parameter von der Mach‐Zahl
Flugzeug‐Aerodynamik Flugzeug kann nicht in Originalgröße im Windkanal getestet werden
Ergebnis Untersuchung von maßstäblich verkleinerten Modellen Problem bei der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf das Original Integration von Antriebssystemen schwierig Sehr viele unterschiedliche Konfigurationen (Kampfflugzeug) Sehr große Envelope (Anstellwinkel, Schiebewinkel, Rollwinkel, Mach‐Zahl) Kompressibler Strömungsbereich Abhängigkeit der Parameter von der Mach‐Zahl
Zugänglichkeit für europäische Unternehmen Maximale Strömungsgeschwindigkeit: 50 ‐ 80 m/s (M = 0,15 – 0,25) Kontinuierliche Leistungsaufnahme des NFAC: ca. 100 Megawatt Erhöhung der Geschwindigkeit auf 680 m/s (M = 2,0) würde einer
Antriebsleistung von 251 Gigawatt entsprechen Installierte Kraftwerksleistung der Bundesrepublik Deutschland (2016):
213 Gigawatt
Ergebnis
Windkanäle mit kleineren Messstrecken Verwendung maßstäblich verkleinerter Modelle
Buckhingham‐‐Theorem Umformulierung einer Gleichung in der i dimensionsbehaftete Parameter
erscheinen, in eine Gleichung mit i-j dimensionslosen Parametern Hierbei beschreibt j die Anzahl der unabhängigen Basisgrößen Physikalische Basisgrößen
Strömungsmechanische Ähnlichkeit Übereinstimmung aller Kraft‐ und Energieverhältnisse im Strömungsfeld
des Originals und des Modells Vollständige Übereinstimmung nur für dem Maßstabsfaktor 1 möglich Index „O“: Original Index „M“: Modell Physikalische Basisgrößen ergeben Maßstabsfaktoren
Vollständige mechanische Ähnlichkeit zwischen dem Strömungsfeld um das Original und dem Strömungsfeld um das Modell ist nur für die Triviallösung (Maßstabsfaktor = 1) möglich
Welche physikalischen Parameter liefern einen signifikanten Beitrag?
Die Reynolds‐Zahl beschreibt das Verhältnis von Trägheitskräften in der Strömung zu den Zähigkeitskräften, die aufgrund der Reibungskräfte zwischen Fluid und Körperoberfläche auftreten
Definition
TrägheitskraftZähigkeitkraft
∙
Abbildung viskoser (= reibungsbedingte) Effekte im Experiment erfordern identische Reynolds‐Zahlen im Experiment und am Original
2.3.6 Simulationsproblematik bei zu kleiner Reynolds‐Zahl
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2.4 Strömungssimulation in Windkanälen
Windkanal vs. CFD Erstellung eines Aero‐Data‐Moduls oder eines aerodynamischen
Datensatzes zur mathematischen Modellierung der Aerodynamik eines Flugzeugs erfordert in Abhängigkeit von der Komplexität der Konfiguration 104 ‐ 105 Polaren
Messung einer Polare ‐10° < < +40° mit einer Auflösung von = 1° mit 50 Messpunkten 1 Minute im Windkanal
Berechnung eines Punktes mittels CFD Mehrere Stunden Berechnung einer Polare mit 50 Punkten Mehre Wochen Berechnung eines vollständigen Aero‐Data‐Moduls mit 104 ‐ 105 Polaren
mehrere Jahrhunderte
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2.4.1 Betriebsbereiche von Windkanälen
Niedergeschwindigkeitsbereich (M < 0,3)
Transsonik‐Geschwindigkeitsbereich (0,8 < M < 1,2)
Überschall‐Geschwindigkeitsbereich (1,5 < M < 2,5)
Hyperschall‐Geschwindigkeitsbereich (M > 4,5)
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2.4.1 Betriebsbereiche von Windkanälen
Niedergeschwindigkeitsbereich (M < 0,3)
Weltweit große Anzahl an Simulationsanlagen
Laminar‐Windkanal der Universität Stuttgart
Deutsch‐niederländischer Windkanalverbund DNW
Niedergeschwindigkeits‐Windkanal Braunschweig NWB, Messtreckenquerschnitt: 3,25m x 2,8m
LLF des DNW in Marknesse (Niederlanden),Messtreckenquerschnitt: 9m x 9m
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2.4.1 Betriebsbereiche von Windkanälen
Transsonik‐Geschwindigkeitsbereich (0,4 …. 0,8 < M < 1,2)
Europa ETW, Köln (Kryogen‐Kanal): Messtreckenquerschnitt: 2,4m x 2,0m HST des DNW, Amsterdam: Messtreckenquerschnitt: 2,0m x 1,8m ARA, Bedford, UK: Messtreckenquerschnitt von 2,74m x 2,44m S1MA ONERA, Modane‐Avrieux, Frankreich bis M < 1,0:
Messstreckendurchmesser 8 m USA
CALSPAN, N.Y., USA: Messstreckenquerschnitt von 2,44m x 2,44m
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2.4.1 Betriebsbereiche von Windkanälen
Überschall‐Geschwindigkeitsbereich (1,5 < M < 2,5)
Europa
S2MA ONERA, Modane‐Avrieux, Frankreich (0,1 < M < 3,0)
Kontinuierlicher Betrieb
TWG des DNW, Göttingen (0,3 < M < 2,2)
Messstreckenquerschnitt: 1m x 1m
Keine Untersuchung vollständiger Flugzeugkonfiguration möglich
Kontinuierlicher Betrieb
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2.4.1 Betriebsbereiche von Windkanälen
Hyperschall‐Geschwindigkeitsbereich (M > 4,5)
Große Anzahl von Versuchsanlagen aufgrund der Forschungsaktivitäten in Frankreich und Deutschland in den 60er bis 70er‐Jahren sowie in den 80er bis 90er‐Jahren des letzten Jahrhunderts
Unterscheidung zwischen „Kalten“ blow‐down‐Kanälen: Betriebszeit mehre Sekunden
z.B. S4MA ONERA in Modane‐Avrieux, FrankreichKraft‐ und Momentenmessungen
„Heißen“ Stoßwellen‐Kanälen: Betriebszeit ca. eine Millisekundez.B. F4 ONERA in Le Faugy‐Mauzac, Frankreich oder HEG DLR‐GöttingenSimulation von Realgas‐Effekten, Optische Messtechniken (PSP, LIF), Druck‐ und Temperaturverteilungen, Wärmeübergangsmessungen
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2.4.2 Konstruktionsprinzipien von Windkanälen
Bauart eines Windkanals ist abhängig von
Zu simulierende Versuchsbedingungen
Größe des Untersuchungsobjekts
Geschwindigkeitsbereich
Erforderliche Messzeit
Strömungsqualität
Kosten in Abhängigkeit von dem erforderlichen Energie‐ und
Personalaufwand zum Betrieb des Windkanals
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2.4.2 Konstruktionsprinzipien von Windkanälen
Kanal Göttinger Bauart Konstruktionsprinzip eines Windkanals mit geschlossenem Kreislauf und
kontinuierlichem Betrieb Erste Realisierung am 07.03.1917 in Göttingen durch Ludwig Prandtl, in
der Modellversuchsanstalt für Aerodynamik als Teil der Kaiser‐Wilhelm‐Gesellschaft
Später umbenannt in Aerodynamischen Versuchsanstalt (AVA) Nach dem zweiten Weltkrieg: Deutsche Forschungs‐ und Versuchsanstalt
für Luft‐ und Raumfahrttechnik (DFVLR) Seit 1989 Umbenennung in
Deutsche Zentrum für Luft‐ und Raumfahrttechnik (DLR)
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2.4.2 Konstruktionsprinzipien von Windkanälen
Kanal Göttinger Bauart: S1MA – ONERA, Modane Avrieux, Frankreich
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2.4.2 Konstruktionsprinzipien von Windkanälen
Kanal Göttinger Bauart: S1MA – ONERA, Modane Avrieux, Frankreich
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2.4.2 Konstruktionsprinzipien von Windkanälen
Kanal Göttinger Bauart: S1MA – ONERA, Modane Avrieux, Frankreich
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2.4.2 Konstruktionsprinzipien von Windkanälen
Kanal Göttinger Bauart: Mach‐2 Supersonic Transonic Wind Tunnel S‐1 (VKI)
Mach‐2 Überschall‐ und Transsonik‐Windkanal S1 (VKI)
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2.4.2 Konstruktionsprinzipien von Windkanälen
Eiffel‐Windkanal
Laminarwindkanal, Institut für Aerodynamik und Gasdynamik (IAG), Universität Stuttgart
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2.4.2 Konstruktionsprinzipien von Windkanälen
Blow‐down‐Kanal Kanaltyp ist nicht für einen kontinuierlichen Betrieb geeignet Messzeit hängt von der Größe des Druckspeichers ab Druckluft wird von einem Speicher zu einer Beruhigungskammer geführt,
expandiert und beschleunigt in einer Düse in die Messstrecke Verzögerung der Strömung in einem Diffusor Ausströmen in die freie Umgebung Bei Geschwindigkeiten größer als M = 4,5 ist eine Aufheizung vor der
Expansion erforderlich Geeignet für Kraft‐ und Momentenmessungen
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2.4.2 Konstruktionsprinzipien von Windkanälen
Blow‐down‐Kanal: Hypersonic Wind Tunnel H‐3 (VKI)
Mach‐6 Hyperschall‐Windkanal H3 (VKI)
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2.4.2 Konstruktionsprinzipien von Windkanälen
Stoßwellen‐Kanal Simulation von Energiedichten der Wiedereintrittsphase Simulation von Real‐Gas‐Effekten
Dissoziation und Rekombination mehratomiger Moleküle Anregung der inneren Freiheitsgrade
Druck‐ und Temperaturerhöhung zur Generierung der Stoßwelle Zündung eines Lichtbogens (F4 ONERA, Le Fauga‐Mauzac) Aufheizung und Bedruckung eines Kompressionsrohrs (LENS, Buffalo,
USA) Kompression mithilfe eines Kolbens (HEG, DLR Göttingen)
Kurzzeitmessungen (ca. eine Milliskunde) Messung von Druck‐ und Temperaturverteilungen, Wärmeübergänge
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Versuchsziele: Statische Kräfte und Momente, die auf das Modell wirken Dynamische Kräfte und Momente, die auf das Modell wirken Druckverteilungen auf der Modelloberfläche Temperaturverteilungen zur Bestimmung des Wärmeübergangs Analyse des Strömungsfeldes im Nahbereich des Modells Analyse von Wirbelschleppen im Nachlauf des Modells Triebwerk‐Einlaufmessungen
Fixierung des Modells in der Messtrecke (6‐Komponentenmessung) ermöglicht die Messung statischer Lasten zur Bestimmung statischer Derivativa (CA, CW, Cm, …)
Aerodynamisches Modell erfordert jedoch zusätzlich dynamische Derivativa, z.B. Rolldämpfung Cl,p
Rolldämpfung Änderung des Rollmoments in Abhängigkeit von der Drehrate um die
Flugzeuglängsachse (x‐Achse)dd ∗
Drehrate ist p dimensionsbehaftet Berechnung der Rolldämpfung Clp mit dimensionsloser Drehrate p*
Modellaufhängung Modell bewegt sich nicht frei durch die Atmosphäre Aufhängevorrichtung verändert die Druckverteilung am Modell Heckstielaufhängung verfälscht Modellgeometrie im Heckbereich Korrektur durch Verwendung