DIPLOMARBEIT Titel der Diplomarbeit „Der ressourcenorientierte Ansatz bei Strategischen Allianzen anhand des Fallbeispiels der Vienna Insurance Group AG mit der Ersten Bank AG“ Verfasser Bernd Maurer Angestrebter akademischer Grad Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (Mag. Rer. Soc. Oec.) Wien, im Juli 2012 Studienkennzahl lt. Studienblatt: 157 Studienrichtung lt. Studienblatt: Internationale Betriebswirtschaft Betreuer: ao. Univ.-Prof. Dr. Josef Windsperger
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„Der ressourcenorientierte Ansatz bei Strategischen ... · Danach wird der ressourcenorientierte Ansatz bei strategischen Allianzen darge-stellt, während danach mittels einer SWOT-Analyse
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DIPLOMARBEIT
Titel der Diplomarbeit
„Der ressourcenorientierte Ansatz bei Strategischen
Allianzen anhand des Fallbeispiels der
Vienna Insurance Group AG mit der Ersten Bank AG“
Verfasser
Bernd Maurer
Angestrebter akademischer Grad
Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
(Mag. Rer. Soc. Oec.)
Wien, im Juli 2012
Studienkennzahl lt. Studienblatt: 157
Studienrichtung lt. Studienblatt: Internationale Betriebswirtschaft
Betreuer: ao. Univ.-Prof. Dr. Josef Windsperger
1
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich an Eides statt:
dass ich die Diplomarbeit selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und
Hilfsmittel nicht benutzt und mich sonst keiner unerlaubten Hilfsmittel bedient habe,
dass ich dieses Diplomarbeitsthema bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form
als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.
Wien, im Juli 2012
2
3
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mich bei dieser Diplomarbeit unter-
stützt haben.
Diese Diplomarbeit möchte ich meinen Eltern widmen, die mich langjährig unterstützt und
auch viel Geduld gezeigt haben. Bedanken möchte ich mich auch bei meiner Freundin Verena
für ihre Ratschläge und Geduld, sowie das Korrekturlesen dieser Arbeit. Ein weiterer Dank
gilt meinem Bruder Ralf für die schöne Universitätszeit.
Es ist vollbracht!
4
5
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 10
1.1 Die wissenschaftliche Problemstellung 10
1.2 Die gewählte Untersuchungsmethode 10
1.3 Aufbau der Arbeit 10
2. Strategische Allianzen 12
2.1 Definition „Strategische Allianz“ 12
2.2 Konzeption und Formen strategischer Allianzen 14
2.3 Entwicklungsphasen bei Strategische Allianzen 16
2.3.1 Strategischer Entscheid 17
2.3.2 Konfiguration der Strategischen Allianz 18
2.3.3 Partnerwahl 20
2.3.4 Management der Strategischen Allianz 22
2.4 Vorteile und Motive für Strategische Allianzen 22
2.4.1 Kosten- und Zeitersparnis 23
2.4.2 Erschließung neuer Märkte 23
2.4.3 Know-How-Transfer 24
2.4.4 Risikostreuung 24
2.4.5 Durchsetzung von Standards 24
2.4.6 Keine Kapitalbeteiligung 24
2.4.7 Rivale wird aus dem Spiel genommen 24
2.5 Nachteile und Probleme von Strategischen Allianzen 24
2.5.1 Abstimmungs- bzw. Kontrollprobleme 25
2.5.2 Hohe Transaktionskosten 25
2.5.3 Abhängigkeit vom Partner 26
2.5.4 Verschlechterung der Wettbewerbsposition 26
2.5.5 Abgabe von wichtigem Know-How 26
2.5.6 Opportunismus 26
2.5.7 Wettbewerbsrechtliche Beschränkungen (Wettbewerbs- und
Kartellrechtsvorschriften) 26
6
2.6 Die (Erfolgs-)Faktoren Vertrauen und Commitment 26
2.6.1 Vertrauen 27
2.6.2 Commitment 27
2.7 Erscheinungsformen von strategischen Allianzen 28
2.7.1 Strategische Allianzen im Bereich der Forschung und Entwicklung 28
2.7.2 Strategische Allianzen in Beschaffung und Produktion 29
2.7.3 Strategische Allianzen im Bereich Marketing und Vertrieb/Service 30
3.6.3 Das Konzept der Kernkompetenzen (Competence-based View) 49
3.7 Erweiterung des Ressource-based View 53
3.8 Kritik des ressourcenorientierten Ansatzes 53
4. Fallbeispiel: 55
4.1 Methode 55
4.2 Unternehmensprofil 55
4.2.1 Vienna Insurance Group 55
4.2.2 Erste Group AG 59
4.3 Entwicklung der strategischen Allianz 62
4.4 Voraussetzungen für die strategische Allianz 63
7
4.5 Motive und Erfolge der strategischen Allianz im Lichte des ressourcenorientierten Ansatzes zwischen der Vienna Insurance Group und der Erste Group 65
4.6 Probleme in der strategischen Allianz 70
4.7 Resümee der bisherigen Kooperation 70
4.8 Zukunft der Kooperation 71
5. Schlusswort 73
6. Literaturverzeichnis 75
7. Internetquellen 83
8. Abstract 85
9. Anhang A – Transkription Interview Dr. Geyer 86
10. Anhang C – Transkription Interview Dr. Bosek 100
8
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Konzeption einer strategischen Allianz - eigene Darstellung ............................ 14
Abbildung 2: Ausgestaltungsformen einer strategischen Allianz - eigene Darstellung ........... 15
Abbildung 3: Managementkonzept für strategische Allianzen - eigene Darstellung ............... 16
Abbildung 16: Kernkompetenz-Kreislauf - eigene Darstellung .............................................. 51
Abbildung 17: Kompetenz-Markt-Matrix - eigene Darstellung .............................................. 52
Abbildung 18: Konzern Vienna Insurance Group AG ............................................................. 57
Abbildung 19: Managementprinzipien Vienna Insurance Group AG ..................................... 58
Abbildung 20: 3-Säulen-Strategie der Erste Group AG - eigene Darstellung ......................... 60
Abbildung 21: Präsenz der Erste Group AG in Zentral- und Osteuropa ................................. 61
Abbildung 22: Konzeption der strategischen Allianz der Unternehmen - eigene Darstellung 63
9
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Definition von Strategische Allianz ........................................................................ 13
Tabelle 2: Unterschiedliche Ziele in strategischen Allianzen - eigene Darstellung ................ 25
Tabelle 3: Ausgewählte Definitionen von Ressource .............................................................. 32
Tabelle 4: Erklärung von VRIN-Ressourcen ........................................................................... 34
Tabelle 5: Implizites vs. explizites Wissen - eigene Darstellung ............................................. 49
10
1. Einleitung
1.1 Die wissenschaftliche Problemstellung
Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wurde der Wettbewerb aufgrund der Globalisierung
der Märkte, der Öffnung von Osteuropa und der technischen Weiterentwicklung immer inten-
siver, was wiederum den Unternehmen stark zugesetzt hat. Ob im Computerbereich, in der
Automobilindustrie, der Fluglinienbranche oder dem Banken- bzw. Versicherungssektor kön-
nen mittlerweile verschiedenste Formen der Kooperation zwischen Unternehmen beobachtet
werden. In einzelnen Sparten wird das Eingehen von erfolgreichen strategischen Allianzen
sogar als überlebensnotwendig im Wettbewerb angesehen, da der Aufbau von nachhaltigen
Wettbewerbsvorteilen rechtzeitig erfolgen muss. Diese Diplomarbeit beschäftigt sich in der
Theorie mit der Kooperationsform der „strategischen Allianz“ sowie mit dem „ressourcenori-
entierten Ansatz“ und verblendet diese beiden Konzepte im nachfolgenden praktischen Teil.
Zusätzlich werden die in der Literatur ermittelten Theorien anhand des Fallbeispiels der stra-
tegischen Allianz der Vienna Insurance Group AG mit der Erste Bank AG analysiert.
1.2 Die gewählte Untersuchungsmethode
Im ersten Schritt wird der Begriff der Strategischen Allianzen anhand der vorhandenen Litera-
tur definiert und eingehend analysiert. Im Hauptteil werden zunächst Ressourcen erläutert und
klassifiziert. Danach wird der ressourcenorientierte Ansatz bei strategischen Allianzen darge-
stellt, während danach mittels einer SWOT-Analyse die Stärken und Schwächen bzw. Chan-
cen und Gefahren aufgezeigt werden. Der Ressource-based View wird vom Market-based
View abgegrenzt und zusätzlich werden Weiterentwicklungen besprochen sowie Erweiterun-
gen dargelegt.
Im letzten Schritt werden anhand einer empirischen Untersuchung (Experteninterviews) die
aus der Literatur ermittelten Behauptungen und Ergebnisse für die Praxis analysiert bzw. auf
deren Validität überprüft.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Einleitung bietet einen generellen Überblick über den Inhalt und die Zielsetzung dieser
Diplomarbeit. Für ein besseres Verständnis wird der Leser in diesem Teil außerdem mit der
generellen Vorgehensweise, sowie dem Aufbau der Arbeit vertraut gemacht, wobei die
Grundzüge dabei zunächst nur grob umrissen werden.
11
In der Folge wird der Begriff der Strategischen Allianz definiert, um eine grundlegende Wis-
sensbasis für diese Arbeit zu schaffen. Des Weiteren werden in diesem Kapitel die Konzepti-
on bzw. Formen von Strategischen Allianzen eruiert. Nach der Beschreibung der Entwick-
lungsphasen werden Vorteile und Nachteile bzw. Motive und Probleme aufgezeigt und Er-
folgsfaktoren und Erscheinungsformen erarbeitet.
Den Hauptteil dieser Arbeit stellt der Ressourcenorientierte Ansatz dar. Wie wird ein nachhal-
tiger Wettbewerbsvorteil geschaffen? Was sind die Beweggründe eines Unternehmens um
eine ressourcenorientierte Strategische Allianz einzugehen? Welche Chancen und Risiken
(SWOT-Analyse) sind mit dieser Entscheidung behaftet?
Gehen zwei oder mehrere Unternehmen eine ressourcenorientierte Strategische Allianz ein, so
sind verschiedene Faktoren/Entscheidungen zu berücksichtigen.
Diese Arbeit versucht nicht nur die Vor- bzw. Nachteile aufzuzeigen sondern widmet sich
auch den zu Grunde liegenden Motiven und Problemen dieser Kooperationsform.
Im nächsten Abschnitt werden die zuvor theoretisch erörterten Definitionen und Analysen
anhand des Praxisbeispiels der strategischen Allianz der Vienna Insurance Group und der
Erste Bank AG erläutert. Als empirische Informationsquellen dienen dabei Experteninter-
views mit Generaldirektor und Aufsichtsratsvorsitzendem Dr. Günter Geyer sowie mit dem
Mitglied des Vorstands der Erste Bank AG Dr. Peter Bosek. Darüber hinaus wurden generelle
Daten der Vienna Insurance Group und der Erste Bank AG verwendet.
Abschließend werden die Erkenntnisse dieser Arbeit noch im Detail ausgeführt, die wiederum
als Basis für die Ableitung von Schlussfolgerungen dient.
12
2. Strategische Allianzen
2.1 Definition „Strategische Allianz“
Unter dem Begriff „Strategische Allianz“ findet sich in der Literatur keine eindeutige Defini-
tion, sondern verschiedene Auffassungen. Strategische Problemstellungen haben für die ge-
samte Unternehmung immer eine langfristige Bedeutung.
Porter beschäftigte sich 1980 als Erster mit dem Begriff und spricht von „Erhaltung und Er-
zielung von Wettbewerbsvorteilen“.
Backhaus/Piltz definieren strategische Allianzen wie folgt
„Koalitionen von zwei oder mehr selbstständigen Unternehmen…,die mit dem Ziel eingegan-
gen werden, die individuellen Stärken in einzelnen Geschäftsfeldern zu vereinen." 1
Des Weiteren weisen Backhaus/Piltz sowie auch Badaracco jr. daraufhin, dass man nur von
einer strategischen Allianz sprechen kann, wenn:
(1) die Selbstständigkeit der involvierten Partner durch die Kooperation nicht verletzt
wird und
(2) die Partner im gleichen Geschäftsfeld kooperieren
Die Autoren schränken strategische Allianzen ausschließlich auf ein Geschäftsfeld ein, näm-
lich auf Bündnisse „zwischen aktuellen und potenziellen Konkurrenten“.2
Im Geschäftsleben jedoch, ist der Sachverhalt meist ein anderer, da Geschäftsfelder nie de-
ckungsgleich sind, sondern sich in einigen Sektoren überlappen. Durch die Kooperation mit
einem Konkurrenten sieht Lewis einen klaren Vorteil für beide Unternehmungen.3
1 Vgl. Backhaus/Piltz (1990) S. 1f 2 Vgl. Backhaus/Piltz (1990) S. 3; Badaracco jr. (1991) S. 15 3 Vgl. Lewis J. D. (1990) S. 14ff
13
Im Folgenden wird eine Arbeitsdefinition für strategische Allianzen ausgewählt:
Arbeitsdefinition „Strategische Allianz“
Eine Strategische Allianz liegt vor, wenn Wertschöpfungsaktivitäten zwischen mindestens
zwei rechtlich selbstständigen Unternehmen unter Verfolgung kompatibler Ziele zu einer Art
Kompetenzgeflecht verknüpft werden, das langfristig zur Erhaltung und/oder Erzielung be-
deutender Wettbewerbsvorteile und Kernkompetenzen durch Ressourcenteilung dient.
Tabelle 1: Definition von Strategische Allianz
Die Definition enthält Angaben
• zum Bezugsobjekt (mindestens zwei Unternehmen, rechtlich selbstständig),
• zur Zielebene (Erhaltung und/oder Erzielung bedeutender Wettbewerbsvorteile und
Kernkompetenzen),
• zum Zeithorizont (langfristig) und
• zum Mitteleinsatz (Ressourcenteilung).
Daher können durch solche Kooperationen weit mehr Ressourcen geteilt werden, um zum
Beispiel neue Produkte zu entwickeln, Kosten zu senken, neue Technologien einzuführen,
andere Märkte zu durchdringen, Konkurrenten zuvorzukommen oder auf den Weltmärkten zu
überleben. Beide Partner können durch gemeinsame Effizienz bzw. das jeweilige Know-how
des anderen noch erfolgreicher werden.4
Die vorherrschenden Definitionen unterscheiden sich grundsätzlich auch auf Art und Umfang
der Allianzen. Es gibt horizontale, vertikale und laterale Allianzen, welche nachfolgend erläu-
tert werden.5
4 Vgl. Lewis (1991) S. 10ff 5 Siehe Kapitel 3.3.2.1. – 3.3.2.3.
14
Unternehmen A Unternehmen B
Strategische
Allianz
Spezifische Motivation
und Interessen von
Unternehmen A
Spezifische Motivation
und Interessen von
Unternehmen B
Begrenztes gemeinsames
Ziel und Motivation
2.2 Konzeption und Formen strategischer Allianzen
Quelle: Dussauge/Garette (1999) S. 3
Abbildung 1 stellt die Idealvorstellung einer strategischen Allianz dar. Sowohl Unternehmen
A wie auch Unternehmen B streben nach einem gemeinsamen Ziel, welches sie mittels der
strategischen Allianz verfolgen. Jedes Unternehmen besitzt dennoch spezifische eigene Inte-
ressen.6
Eine erfolgreiche strategische Allianz hängt von den Fähigkeiten der Geschäftsleitungen ab,
da nur sie eine kontinuierliche und gleichberechtigte Zusammenarbeit gewährleisten können.7
Oberste Priorität ist es, dass ein Bündnis für alle Teilnehmer, in welcher Form auch immer,
Vorteile mit sich bringt. Dieser zuzumessende Wert sollte zumindest am Anfang in etwa
gleich hoch für alle Beteiligte sein. Im Laufe der Zeit kann und wird sich das auch für einen
6 Dussauge, Garette (1999) S. 3 7 Vgl. Bühner (1993) S. 353f
Abbildung 1: Konzeption einer strategischen Allianz - eigene Darstellung
15
oder alle einbezogene Partner verändern, wobei das bestehende Risiko für alle Parteien trans-
parent sein muss.
Abbildung 2: Ausgestaltungsformen einer strategischen Allianz - eigene Darstellung
Quelle: in Anlehnung an Hammes, W. (1994) S. 44
Abbildung 2 zeigt die verschiedenen Ausgestaltungsformen einer strategischen Allianz, die
sich hinsichtlich des Institutionalisierungsgrad differenzieren. Je höher der Grad der Instituti-
onalisierung, desto höher ist die Beständigkeit der jeweiligen Form. Den niedrigsten Instituti-
onalisierungsgrad weist eine vertraglose Zusammenarbeit zwischen zwei Unternehmen auf.8
Es handelt sich um eine lose Vereinbarung beispielsweise Arbeitsgruppen, die sich regelmä-
ßig treffen. Die zweite Form ist die vertraglich fixierte Zusammenarbeit, die einen höheren
Institutionalisierungsgrad aufweist. Als Beispiel kann ein Kooperationsvertrag über die Ent-
8 Vgl. Hammes (1994) S. 45
Strategische Allianz
Vertragslose Zusammenarbeit
vertragslose Kooperation
Arbeitsgruppen
Vertraglich fixierte
Zusammenarbeit
Kooperations-vertrag
Lizenzvertrag
Institutionalisierte Zusammenarbeit
Joint Venture
Institionalisierungsgrad
16
wicklung eines neuen Produktes genannt werden, wobei demnach kein gemeinschaftliches
Unternehmen existiert. Die letzte Form und gleichzeitig jene mit dem höchsten Institutionali-
sierungsgrad, ist die institutionalisierte Zusammenarbeit. Bei dieser Art von strategischer Al-
lianz wird ein gemeinsames Unternehmen gegründet (z.B. Joint Venture).9
2.3 Entwicklungsphasen bei Strategische Allianzen
Abbildung 3: Managementkonzept für strategische Allianzen - eigene Darstellung
Quelle: Bronder/Pritzl (1991) S. 18
In Abbildung 3 werden die notwendigen Schritte zur Gestaltung und Entwicklung Strategi-
scher Allianzen dargestellt. Pronder/Pritzl (1991) sehen darin einen konzeptionellen Ansatz
für die Herangehensweise an eine strategische Allianz. Diese Skizzierung ist allerdings nicht
als strikter Plan mit strengem Ablauf zu verstehen, sondern es soll vielmehr eine „strukturie-
rende Vorgehensweise mit wiederholenden Entscheidungsschritten“ vermittelt werden.10
9 Vgl. Hammes (1994) S. 45 10 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S. 19
Management der Strategischen Allianz
Partnerwahl
Konfiguration der Strategischen Allianz
Strategischer Entscheid
IV
III
II
I
17
2.3.1 Strategischer Entscheid
Abbildung 4: Phase I: Strategischer Entscheid - eigene Darstellung
Quelle: Bronder/Pritzl (1991) S. 20
In dieser Phase (siehe Abbildung 4) wird vor allem die eigene Unternehmenssituation über-
prüft und die bisher verfolgten Visionen und Nutzenpotentiale analysiert. Anhand dieser Er-
gebnisse werden Strategien zum Aufbau strategischer Kernkompetenzen entwickelt und die
Frage über den Eingang einer strategischen Allianz geklärt.11
Prinzipiell muss das Unternehmen entscheiden ob es sinnvoll ist, einen Alleingang zu wagen
oder ob es erfolgversprechender ist, eine Allianz mit einem anderen Unternehmen einzuge-
hen.12
Der unternehmerische Alleingang wird laut Bronder/Pritzl (1991) immer aussichtsloser, da in
einem entwickelten und relativ stabilen Markt (wie beispielsweise Europa) die organische
Entwicklung nur mehr langsam vorangeht und zudem noch sehr teuer ist. Natürlich hat eine
strategische Allianz den Zweck für beide beteiligte Parteien Vorteile zu bringen, weshalb das
Potential der Kooperation genau identifiziert werden muss.13
Der letzte Punkt in der Initiierungsphase ist die Beurteilung des Wertsteigerungspotentials
einer Allianz. Langfristig muss sich eine strategische Kooperation für viele Bezugsgruppen
rechnen und die Ressourcen effizient genutzt werden.14
11 Vgl. Müller-Stewens/Hillig (1992) S. 65ff bzw. S.98ff 12 Vgl. Backhaus/Piltz (1997) S. 61ff 13 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S. 22 14 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S.24f
Überprüfung der eigenen Situation
Identifikation des strategischen Kooperations-
potentials
Beurteilung des Wertsteigerungs-
potentials
18
2.3.2 Konfiguration der Strategischen Allianz
Abbildung 5: Phase II: Konfiguration der strategischen Allianz - eigene Darstellung
Quelle: Bronder/Pritzl (1991) S. 31
Abbildung 5 zeigt die Ziele der zweiten Phase des Managementkonzeptes. Nachdem sich das
Unternehmen für den Eingang einer strategischen Allianz entschieden hat, stellt sich die Fra-
ge nach der Verflechtungsrichtung und der Multiplikationsmöglichkeiten der strategischen
Allianz.
In der Theorie werden drei unterschiedliche Arten (siehe Abbildung 6) von Strategischen Al-
lianzen unterschieden: horizontale, vertikale und laterale strategische Allianzen, welche nach-
folgend kurz erläutert werden.
Bestimmung des Kooperationsfeldes
Bestimmung der Verflechtungs-
intensität
Analyse der Multiplikations-möglichkeiten
Kunde
laterale
Allianz
vertikale
Allianz
horizontale
Allianz Unternehmen Wettbewerber Wettbewerber
Lieferant
branchenfremdes
Unternehmen
branchenfremdes
Unternehmen
vertikale
Allianz
laterale
Allianz
horizontale
Allianz
Abbildung 6: Formen der Zusammenarbeit bei strategischen Allianzen - eigene Darstellung
Quelle: Michel (1996) S. 26
19
Horizontale Allianz 2.3.2.1
Bei horizontalen strategischen Allianzen wird eine Kooperation zwischen Partnerunterneh-
men, die auf der selben Produktionsstufe tätig und aus der gleichen oder verwandten Wirt-
schaftsbranche sind, geschlossen.15 Durch eine Zusammenarbeit auf der selben Wertschöp-
fungsstufe können auch komplementäre Ressourcen und Fähigkeiten gewonnen werden. Die-
se Vorteile ergeben sich besonders bei einer kooperativen Entwicklung einzelner Produkte
oder bei gesamtheitlicher, gemeinsamer Produktion.16
Vertikale Allianz 2.3.2.2
Anders als bei der horizontalen Allianz arbeiten die Unternehmen bei der vertikalen strategi-
schen Allianz auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette zusammen. Der Unter-
schied dabei ist, dass für einen Partner der Kooperation die Zusammenarbeit vor- und beim
Anderen nachgelagert ist.17
Laterale Allianz 2.3.2.3
Eine diagonale Allianz-Ausrichtung ist ein Widerpart der beiden vorher genannten und liegt
dann vor, wenn zwei Partner aus völlig unterschiedlichen Branchen ihre Wertschöpfungsakti-
vitäten verbinden das heißt sie waren bisher noch nie auf einem gemeinsamen Markt tätig und
standen bis dato auch noch nicht in einem Käufer-Verkäufer-Verhältnis.18
In einem nächsten Schritt wird nun entschieden, in welchen Bereichen des Unternehmens
gemeinsame Kompetenzen entwickelt werden sollen bzw. in welcher Intensität die Allianz
etabliert wird.19 Prinzipiell kommen alle möglichen Kompetenzen in Betracht:
- Forschung und Entwicklung
- Marketing und Vertrieb
- Produktion und Logistik
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach dem Zeithorizont und der Ressour-
cenzuordnung der Allianz. Zunächst müssen sich die Allianzpartner überlegen, ob sie eine
15 Vgl. Jung (2008) S. 267 16 Vgl. Bauer, S. (2003) S. 112ff 17 Vgl. Jung (2008) S. 267 18 Vgl. Piontek (2005) S. 68 19 Vgl. Schubert/Küting (1981) S. 21ff
20
kurz- oder langfristige Zusammenarbeit anstreben. Danach wird festgelegt, welche Ressour-
cen miteinander geteilt werden bzw. ob ein eigenständiger Ressourcenpool geschaffen wird.20
Zuletzt folgt die Analyse der Multiplikationsmöglichkeiten, d.h. die Entscheidung über eine
Ausdehnung der Allianz um weitere Partner und damit zu einem sogenannten Unternehmens-
netzwerk. Dies ist gleichzeitig das Ende der zweiten Phase.21
2.3.3 Partnerwahl
Es folgt die entscheidendste Phase: Die Suche und Auswahl des richtigen Partners, da nur so
eine erfolgreiche Allianz entstehen kann. Piontek (2005) vergleicht eine strategische Allianz
mit einer Ehe. Beide erfordern große Anstrengungen, „um die Beziehung über einen längeren
Zeitraum trotz sich verändernder Umfeldbedingungen, wechselnder relativer Stärken und
variierender Erwartungen erfolgreich zu gestalten“.22
In Abbildung 7 zeigen Bronder/Pritzl (1991) die Analyse zur Partnerwahl auf drei Ebenen:
- Fundamentaler Fit
- Strategischer Fit
- Kultureller Fit
Abbildung 7: Phase III: Partnerwahl - eigene Darstellung
Quelle: Bronder/Pritzl (1991) S. 37
Fundamentaler Fit 2.3.3.1
Die Idealvorstellung einer strategischen Allianz ist, wenn sich beide Partner in einer „win-
win“-Situation befinden. Ebenfalls von großer Bedeutung sind der gemeinsame Wille, die
20 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S. 32ff 21 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S. 34f 22 Piontek (2005) S. 72
Fundamentaler Fit Strategischer Fit Kultureller Fit
21
konvergierende Vision, überdurchschnittliche Wertsteigerungspotentiale und das überschau-
bare Risiko.23 Dies setzt ein hohes Maß an Ehrlichkeit, Vertrauen und Transparenz voraus.24
Strategischer Fit 2.3.3.2
Eine Kooperation in der die Mitglieder nicht die gleichen bzw. nicht kompatiblen Ziele ver-
folgen, wird nicht erfolgreich sein. Wenn man den Partner für eine Allianz gefunden zu haben
glaubt, müssen übereinstimmende, strategische Ziele vereinbart werden bzw. müssen auch die
Business Pläne der Unternehmungen festgelegt und an einander angepasst werden.25
Kultureller Fit 2.3.3.3
Bei internationalen Kooperationen ist die kulturelle Ebene von besonderer Wichtigkeit, da
fremde Landes- und Unternehmenskulturen von Natur aus sehr unterschiedlich sein können.
Die Kulturen der Partner müssen einander nicht ähnlich sein, damit eine Kooperation erfolg-
reich ist. Um jedoch kulturelle Konflikte vermeiden zu können, ist es aber wichtig, dass der
Partner bereit ist, bei kulturbezogene Problemen, Kompromisse einzugehen bzw. für kulturel-
le Unterschiede Verständnis zu zeigen.26
Buono/Bowditch (2003)27 zeigen im Zusammenhang mit dem Aufeinandertreffen verschiede-
ner Unternehmenskulturen folgende Reaktionen auf:
- Kulturpluralismus : Beide Unternehmenskulturen bleiben nebeneinander bestehen.
- Kulturassimilation : Beide Unternehmenskulturen verschmelzen langsam in eine neue
einheitliche Kultur.
- Kulturübernahme : Die Kultur der einen Unternehmung wird versucht auf den Part-
ner zu übertragen.
- Kulturwiderstand : In extremen Fällen kann der Widerstand die Auflösung der Alli-
anz zur Folge haben.
23 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S. 37 und Lewis (1991) S. 266ff 24 Vgl. Badaracco jr. (1991) S. 148 25 Vgl. Das/Teng (1999) S. 57 und Piontek (2005) S. 73 sowie Bronder/Pritzl (1991) S. 37f 26 Vgl. Child/Faulkner/Tallman (2005) S. 102ff 27 Vgl. Buono/Bowditch (2003) S. 147ff
22
2.3.4 Management der Strategischen Allianz
Abbildung 8: Phase IV: Management der strategischen Allianz - eigene Darstellung
Quelle: Bronder/Pritzl (1991) S. 41
Wenn man einen geeigneten Partner gefunden hat, müssen in Phase IV (siehe Abbildung 8)
die gemeinsamen Ziele vertraglich festgeschrieben werden. Natürlich muss dabei das eigene
Bestreben häufig überdacht oder sogar neu definiert werden.28
Des Weiteren hat es sich in der Praxis als erfolgreich erwiesen eine Person als Koordinations-
schnittstelle zwischen die Unternehmen zu schalten, die von sämtlichen Aufgaben innerhalb
der Firma befreit ist. Sie ist die Ansprechstelle beider Parteien und sollte Konflikte oder etwa-
ige Probleme früh erkennen und beseitigen. Ihre Kompetenzen und Pflichten müssen aller-
dings schon beim Eingang der Allianz festgelegt werden.29
2.4 Vorteile und Motive für Strategische Allianzen
Die geänderten Rahmenbedingungen der Märkte, wie z.B. verkürzte Produktlebenszyklen,
das Zusammenwachsen von Märkten, die Globalisierung des Wettbewerbs und die höhere
technische Diskontinuität sind die eigentlichen Ursachen für die Entwicklung strategischer
Allianzen. Eine Allianz hat das Potenzial, mehr Werte und größeres Wachstum zu schaffen,
als eine Unternehmung alleine im Stande wäre. Der Hauptgrund zur Bildung strategischer
Allianzen liegt in der Vereinigung von Unternehmensstärken zum Ausgleich individueller
Schwächen.
Erst bei genauer Betrachtung erkennt man, dass das Thema „strategische Allianzen“ kein ein-
faches „Management-Tool“ ist, sondern dass es sich um eine Koordinationsform handelt, die
28 Vgl. Schubert/Küting (1981) S. 16ff 29 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S. 40ff bzw. Badaracco jr. (1991) S. 160
Vertrags-verhandlungen
Festlegen einer Koordinations-
schnittstelle
Lernende Adaption und Überprüfung
23
gleichzeitig auch viele Probleme aufwirft. Das Um und Auf ist die Wahl des richtigen Part-
ners bzw. die Organisation der Allianz. Des Weiteren muss die Einbindung in bestehende
Organisationsstrukturen gegeben sein und auch die Kontrolle der kooperierenden Parteien
vereinbart werden.30
Darüber hinaus gibt es mehrere Gründe, die sehr unterschiedlich sein können:
2.4.1 Kosten- und Zeitersparnis
Kostenvorteile in einer strategischen Allianz kommen dadurch zustande, dass eine Zusam-
menarbeit in Beschaffung, Produktion oder Absatz eingegangen wird. Diese Economies of
Scale entstehen bei wachsender Menge wenn die Fixkosten konstant bleiben d.h. die Kosten
je produzierter Einheit werden immer geringer. Es können auch Zeitvorteile generiert werden,
da eine schnellere Produktion bzw. auch eine schnellere Produkteinführung in fremde Märkte
erwartet werden kann.31 Zusätzlich zur schnelleren Einführung in neue Märkte ist selbstver-
ständlich auch im Bereich der Forschung und Entwicklung von neuen Produkten eine Zeiter-
sparnis ein großer Vorteil, da eine frühzeitige Produkteinführung strategisch wertvoll sein
kann. 32
2.4.2 Erschließung neuer Märkte
Häufig werden strategische Allianzen für die Erschließung neuer Absatzmärkte eingegangen,
um so die Umsetzung von Wachstumsstrategien voran zu treiben. Ein wichtiger Aspekt dabei
ist die Nutzung von Erfahrung lokaler Partner, da sie der erste Schritt für einen erfolgreichen
Eintritt auf einen neuen Markt sind.33 Als Beispiel hierfür kann China aufgeführt werden, wo
ein Markteintritt ohne Kooperation nahezu ausgeschlossen werden kann.
Im umgekehrten Fall, beim Rückzug eines Unternehmens aus einem Markt aufgrund von feh-
lenden, langfristigen Erfolgsaussichten, kann eine strategische Allianz ebenso Vorteile schaf-
fen. Hierbei sind die relevanten Marktaustrittsbarrieren zu berücksichtigen, d.h. eine sofortige
Stilllegung oder ein Verkauf der Unternehmenseinheit, welche beide mit hohen Kosten ver-
bunden sind. Wenn der Partner Interesse an der Weiterführung des Geschäfts bekundet, kann
eine Kooperation diese Marktaustrittsbarrieren deutlich reduzieren.34
30 Vgl. Hammes (1994) S. 7ff 31 Vgl. Porter/Fuller (1989) S. 375ff 32 Vgl. Mowery, Oxley, Silverman (1996) S.79 33 Vgl. Perlmutter, Heenan (1986) S. 136 34 Vgl. Dinauer (2008) S. 102
24
2.4.3 Know-How-Transfer
Aufgrund der Kooperation mit einem anderen Unternehmen kann auch auf Technologien des
Partners zurückgegriffen werden, ohne eine feste Verbindung eingehen zu müssen. Natürlich
beruht dies auf Gegenseitigkeit beider Vertragsparteien. Durch den Eingang in eine Allianz
können Economies of Scope erwirtschaftet werden, was bei einem Alleingang nicht denkbar
gewesen wäre.35
2.4.4 Risikostreuung
Eine strategische Allianz kann auch den Nutzen haben, finanzielle, politische und technologi-
sche genauso wie allgemeine Marktrisiken zu teilen. Besonders in Arbeitsgebieten, die eine
hohe Wettbewerbsdynamik bzw. auch eine große Unsicherheit aufweisen, ist dies sinnvoll.36
2.4.5 Durchsetzung von Standards
Technologiepolitisch kann eine Allianz auch zur Durchsetzung von Standards benötigt wer-
den, da eine Unternehmung alleine womöglich zu wenig Marktmacht verfügt und daher einen
Partner benötigt.37
2.4.6 Keine Kapitalbeteiligung
Eine strategische Allianz ist auf gegenseitigen Austausch von Leistungen und Know-How
ausgelegt und bedarf daher keiner Kapitalbeteiligung, welche aber auch nicht verboten ist.38
2.4.7 Rivale wird aus dem Spiel genommen
Durch den Eingang der Allianz mit einem ausländischen Unternehmen wird anstatt des Kon-
kurrenzkampfes eine Zusammenarbeit, die auf gemeinsame und komplementäre Interessen
aufgebaut ist, etabliert.39
2.5 Nachteile und Probleme von Strategischen Allianzen
Es gibt aber nicht nur Vorteile bei strategischen Allianzen. Oftmals treten verschiedene Risi-
ken bzw. Kosten auf, die eine Allianz schnell nachteilig werden lassen.
35 Vgl. Kutschker, Schmid (2008) S. 897; Lewis (1991) S. 63 36 Vgl. Das/Teng (1998) S. 24 37 Vgl. Schröder (2008) S. 350 38 Vgl. Büter (2007) S. 104 39 Vgl. Kutschker, Schmid (2008) S. 899 und Hamel/Doz/Prahalad (1989) S. 190
25
Huxham und Vangen (2005) beschreiben die Problematik unter dem Gesichtspunkt der unter-
schiedlichen Zielsetzung: Die Ziele von Unternehmen sind klarerweise auf das jeweilige Un-
ternehmen ausgelegt und können daher variieren. Nicht jedes Unternehmen will beispielswei-
se einen neuen Markt erobern oder seinen Innovationsprozess beschleunigen - manche wollen
einfach nur eine Risikominimierung bewirken.40
Explizite Ziele Vermutete Ziele Versteckte Ziele
Ebene der
Strategischen Allianz Ziele der Strategischen Allianz
Ebene
des Unternehmens Ziele der an der strategischen Allianz beteiligten Unternehmen
Individuelle Ebene Ziele der an der strategischen Allianz beteiligten Individuen
Tabelle 2: Unterschiedliche Ziele in strategischen Allianzen - eigene Darstellung
Quelle: Huxham, Vangen (2005) S. 62
Tabelle 2 zeigt die verschiedenen Ebenen der Zielverfolgung. Die Ebene der Individuen und
die des Unternehmens verfolgen im Gegensatz zur Ebene der Strategischen Allianz auch ver-
steckte Ziele die zu Problemen in der Kooperation führen können.
2.5.1 Abstimmungs- bzw. Kontrollprobleme
Da eine strategische Allianz ein komplexer Gegenstand ist, kann es laufend zu Koordinati-
onsproblemen kommen. Schon Picot (1982) und Porter/Fuller (1989) erkannten, dass auf bei-
de Parteien nicht nur Interessenskonflikte, sondern auch hohe Koordinationskosten zukom-
men können.41
2.5.2 Hohe Transaktionskosten
Jung (2008) hebt die Kosten für die Informationssuche d.h. für die Suche nach dem geeigne-
ten Partner bzw. wenn bereits ein Partner gefunden wurde, auch die Kosten des Verhandelns
und Formulierens der Verträge hervor. Weiters entstehen bei der Kontrolle der vertraglichen
40 Vgl. Huxham, Vangen (2005) S. 62 41 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S. 29f; Porter/Fuller (1989) S. 375ff
26
Vereinbarungen und auch bei der Anpassung der Firmenbedingungen Kosten. Sogar die Be-
endigung einer Allianz ist mit entsprechenden Kosten verbunden.42
2.5.3 Abhängigkeit vom Partner
Durch den Eingang in eine strategische Allianz verliert das Unternehmen an Flexibilität sowie
Eigenständigkeit – eine Abhängigkeit des Allianzpartners kann entstehen.43
2.5.4 Verschlechterung der Wettbewerbsposition
Der Aufbau einer strategischen Allianz braucht Zeit, die im jetzigen Wettbewerb eigentlich
nicht vorhanden ist und somit Druck erzeugt. Des Weiteren kann sich die Marktposition durch
den Verlust von Kernkompetenzen deutlich verschlechtern. 44
2.5.5 Abgabe von wichtigem Know-How
Natürlich kann es vorkommen, dass das Partnerunternehmen mehr Wissen absorbieren kann,
als das eigene Unternehmen aufzunehmen fähig ist. Dies kann zu Unzufriedenheit in der Alli-
anz führen.45
2.5.6 Opportunismus
Eine weitere mögliche Gefahr kann ein gegenläufiges Interesse einzelner Akteure in einer
strategischen Allianz sein.46
2.5.7 Wettbewerbsrechtliche Beschränkungen (Wettbewerbs- und Kartellrechts-vorschriften)
Hammes (1994) schreibt, dass es zwar nur in Ausnahmefällen zu wettbewerbsrechtlichen Be-
schränkungen kommt. Wenn eine strategische Allianz zu viel Marktmacht besitzt, können
Einschränkungen eingefordert werden.47
2.6 Die (Erfolgs-)Faktoren Vertrauen und Commitment
Diese beiden Faktoren stehen auch eng im Zusammenhang mit dem Erfolg von strategischen
Allianzen. Nachstehend werden beide Einflüsse näher beschrieben:
42 Vgl. Jung (2008) S. 268f 43 Vgl. Bullinger/Warnecke/Westkämpfer (2003) S. 606 44 Vgl. Eisenhart/Galunic (2000) S. 101 45 Vgl. Kutschker, Schmid (2008) S. 899 46 Vgl. Moerman, Commandeur, Langerak (2003) S. 607, Das/Teng (2006) S. 12f 47 Vgl. Büter (2010) S. 111
27
2.6.1 Vertrauen
„Vertrauen ist die Erwartung, nicht durch das Handeln anderer benachteiligt zu werden; als
solches stellt es die unverzichtbare Grundlage jeder Kooperation dar.“48
Allgemein gesehen muss Vertrauen die Grundlage sein, um eine Allianz zu formen. Ohne
Vertrauen kann keine Allianz aufgebaut werden bzw. wird keine erfolgreiche Allianz entste-
hen. Geht das Vertrauen im Laufe der Zeit in der Allianz verloren, wird sie höchstwahrschein-
lich aufgelöst werden. Parkhe (1998) schreibt darüber hinaus auch noch, dass Vertrauen einer
der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Stabilität von Allianzen ist.49
Cullen/Johnson/Sakano (2000) unterscheiden Vertrauen in ihrer Untersuchung in „rationales
Vertrauen“ und emotionales Vertrauen“.50
Rationales Vertrauen 2.6.1.1
Dies ist der praktische Teil des Vertrauens. Es wird hinterfragt, ob der Partner wirklich das
Ziel und die Möglichkeit hat, Zusicherungen einzuhalten, ob er diese überhaupt erreichen will
und ob er eigentlich über das Know-How und die Ressourcen verfügt oder diese einbringen
wird.51
Emotionales Vertrauen 2.6.1.2
Hier stellt sich die Frage, ob der Partner in der Allianz gute Absichten mitbringt oder ob er
das andere Unternehmen willentlich schaden will. Ist er bereit, bei abgeänderten Vorausset-
zungen die Allianz ebenso fortzuführen?52
2.6.2 Commitment
Der zweite, ebenfalls nicht unwichtige, Aspekt ist Commitment. Bei diesem Faktor geht es
um Interesse, Verpflichtung und den Willen sich in einer Partnerschaft zu betätigen. De-
mirbag/Mirza schreiben, dass engagierte Partner den langfristigen Gewinn, dem kurzfristigen
Vorteil bevorzugen. Des Weiteren fängt es schon beim Management an, dessen Vorbildfunk-
tion genutzt werden muss um die strategische Allianz zu stärken.53
48 Gabler Wirtschaftslexikon (online) „Vertrauen“ abgerufen am 24.03.2012 49 Vgl. Parkhe (1998) S. 219ff 50 Vgl. Cullen/Johnson/Sakano (2000) S.225 51 Vgl. Cullen/Johnson/Sakano (2000) S.225 52 Vgl. Cullen/Johnson/Sakano (2000) S.225 53 Vgl. Demirbag/Mirza (2000) S. 7, Porter/Fuller (1989) S. 382
28
In der Literatur wird häufig zwischen rationalem und emotionalem Commitment unterschie-
den:54
Rationales Commitment 2.6.2.1
Diese Art von Commitment steht unter dem Einfluss von Marktwachstum und Umsatzsteige-
rungen in Allianzen. Wenn diese Kennzahlen positive Steigerungen einfahren, wird der Wille
stärker, in Allianzen zu investieren und Commitment einzugehen.55
Emotionales Commitment 2.6.2.2
Bei erfolgreichen Partnerschaften wird auch eine emotionale Art des Commitment sichtbar.
Die Partner identifizieren sich mit der Allianz und investieren mehr als das im Vertrag Gere-
gelte, damit die Kooperation noch erfolgreicher wird.56
2.7 Erscheinungsformen von strategischen Allianzen
Bevor zwei Unternehmen eine strategische Allianz eingehen, müssen sie sich überlegen in
welchen Unternehmensbereichen sie diese Kooperation eingehen wollen. In der Theorie gibt
es vier verschiedene Modelle, die nachfolgend erläutert werden.
2.7.1 Strategische Allianzen im Bereich der Forschung und Entwicklung
Dem Bereich der Forschung und Entwicklung kommt in der heutigen Zeit immer größerer
Bedeutung zu. In dem Teil der Innovationstätigkeit von Unternehmen bilden sich immer mehr
Allianzen, um sich im verschärften Wettbewerb Vorteile zu verschaffen.57 Anknüpfend muss
hingewiesen werden, dass es nicht sinnvoll ist, wenn in Allianzen beide Partner in den glei-
chen Sparten Defizite offenbaren, vielmehr sollten die beiden Allianzteilnehmer einander er-
gänzen. Ziel in diesem Bereich ist nicht ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Leis-
tung, sondern eine neue Information, eine neue Beschreibung eines Verfahrens bzw. einer
Methode oder einer Weiterführung.
Ein sehr wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist der verkürzte Amortisationszeitraum
der Forschungs- und Entwicklungskosten, da der Technologiewandel immer schneller wird
und sich dadurch die Produktionszyklen verkürzen. Perillieux (1991) zeigt auf, dass dieser
54 Vgl. Cullen/Johnson/Sakano (2000) S. 226 55 Vgl. Cullen/Johnson/Sakano (2000) S. 225 56 Vgl. Demirbag/Mirza (2000) S. 7 57 Vgl. Picot, Reichwald, Wigand (2003) S. 2ff
29
Innovationsprozess nicht präzise steuerbar ist und dadurch ein enormes wirtschaftliches Risi-
ko entsteht.58 In Allianzen kann dieses Risiko durch Einsatz gemeinsamer Ressourcen dras-
tisch reduziert werden bzw. auch die Entwicklungszeit verkürzt werden.
In der Praxis ist es oftmals der Fall, dass nach gemeinsamen, kurzfristigen Projekten diese
Allianzen wieder aufgelöst werden. Eine Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und
Entwicklung ist daher sehr erfolgsversprechend. Ein weiterer Vorteil von strategischen Alli-
anzen ist die Beobachtung der Konkurrenz. Ein Netzwerk mit anderen Unternehmen ist eine
Luke, durch welche die Konkurrenz beobachtet werden kann.59
2.7.2 Strategische Allianzen in Beschaffung und Produktion
Diese Art von strategischen Allianzen ermöglicht es, auf lang anhaltende Produktentwicklun-
gen zu verzichten. Unternehmen können damit den „First-Mover-Advantage“ wahren und den
Markteintritt zum ehestmöglichen Zeitpunkt durchziehen.60
Ein weiterer Vorteil solcher Allianzen ist die Kostenreduzierung und dadurch auch die Risi-
koreduzierung der Parteien, da der finanzielle Aufwand unter den Partnern geteilt wird. Oft-
mals steht auch ein strategischer Hintergedanke im Vordergrund und einzelne kleine Unter-
nehmungen gehen eine Kooperation ein, um gegenüber einem Großunternehmen wettbe-
werbsfähig zu bleiben.61
Strategische Allianzen im Bereich der Produktion beschränken sich meistens nur auf die Her-
stellung eines Produktes und auf dessen Produktlebenszyklus. Ist diese Kooperation sehr er-
folgreich, kann die Allianz auf nächstfolgende Produkte verlängert werden.62
Im Bereich der Beschaffung können Partner in einer strategischen Allianz günstigere Preise
bzw. bessere Konditionen bei der Lieferung erlangen. Durch die Zusammenlegung der Nach-
fragen in den Unternehmen werden Preisnachlässe möglich. Diese reichen von höheren Quali-
tätsforderungen bis Zahlungszielverlängerungen und werden dadurch erreicht, dass man ge-
meinsam eine größere Verhandlungsmacht gegenüber den Lieferanten besitzt.
Diese Art von strategischen Allianzen ist in der Automobil-, Elektronik- und Luftfahrtindust-
rie sehr beliebt. Eine effiziente Anpassung von Produkten und Herstellungskapazitäten an
eine schnell ändernde Marktnachfrage kann somit sichergestellt werden.
58 Vgl. Perillieux (1991) S. 23ff 59 Vgl. Lewis (1991) S. 58ff 60 Vgl. Badaracco (1991) S. 24ff 61 Vgl. Porter/Fuller (1989) S. 385f 62 Vgl. Klaue (1991) S. 1577ff
30
2.7.3 Strategische Allianzen im Bereich Marketing und Vertrieb/Service
Auch in den Bereichen Marketing und Vertrieb sind strategische Allianzen vertreten. Solche
Kooperationen haben zum Ziel, bestimmte Marketing- bzw. Vertriebsziele zu verwirklichen
und von den Stärken des Partners zu profitieren. Gerade mittelständische Betriebe haben nicht
immer die Mittel, Kapazitäten oder Kompetenzen und können durch den Zusammenschluss
der Großkonkurrenz entgegenwirken.63
Aber auch bei der Expansion in fremde Märkte kann eine strategische Allianz vom Vorteil
sein. Laut Harrigan (1985) ist ein Marktzutritt die attraktivste Ressource, die durch eine stra-
tegische Allianz gewonnen werden kann.64 Erschwerend können dabei Markteintrittsbarrieren
sein, die eine internationale Vermarktung abwehren.
Ein weiterer Vorteil einer Kooperation in diesen Gebieten sind Effizienzsteigerungen bei ei-
ner Zusammenlegung der Vertriebsorganisationen, wobei diese Effekte durch Rationalisie-
rungsmaßnahmen in beiden Unternehmungen entstehen.65
Schließen sich Unternehmen zu Vertriebsallianzen zusammen, können mit der Zeit Wachs-
tumsmöglichkeiten offengelegt werden. Dadurch können wichtige Synergieeffekte erzielt
werden, welche unbedingt notwendig sind, um vor der Konkurrenz zu sein/bleiben. Entschei-
dend dabei ist Aufrichtigkeit der beiden Partner, ohne die es in der Planung der Strategie im
Selbstverständlich kann eine strategische Allianz auch in mehr als einer Abteilung auftreten.
In einer funktionsübergreifenden Kooperation werden Tätigkeiten unterschiedlicher Abtei-
lungen abgestimmt und die Stärken des Partners in verschiedenen Funktionsbereichen reali-
siert. Vorteile sind positive Leistungssteigerungen, freie Kapazitäten und Wettbewerbsvorteile
durch Bündelung von Stärken mit dem Partner in der Wertekette.67
63 Vgl. Perlitz (2002) S. 535-545 64 Vgl. Harrigan (1985) S. 59ff 65 Vgl. Porter/Fuller (1989) S. 386f 66 Vgl. Porter/Fuller (1989) S. 387 67 Vgl. Porter/Fuller (1989) S. 387f
31
3. Der ressourcenorientierte Ansatz (Resource-based View)
Dieses Kapitel beschäftigt sich zunächst mit dem Terminus „Ressource“ und mit der Klassifi-
zierung nach Grant (1991). Danach werden die Kriterien der Ressourceneinteilung angeführt
und erklärt.
Den Hauptteil dabei nimmt die Ressourcentheorie, auch als ressourcenorientierter Ansatz be-
kannt in Anspruch. Darin werden alle Ansätze und Modelle zusammengefasst, die den indivi-
duellen Wettbewerbserfolg einer Unternehmung über die Existenz einzigartiger Ressourcen
zu erklären versuchen.68
Es werden die Grundlagen und die Entwicklung des ressourcenorientierten Ansatzes erläutert.
Danach wird der Ressource-based View vom marktorientierten unterschieden, analysiert so-
wie abgegrenzt. Darüber hinaus werden die Weiterentwicklungen des ressourcenorientierten
Ansatzes aufgezeigt und die Erweiterungen dargelegt. Abschließend wird der Resource-based
View kritisch hinterfragt.
3.1 Definition „Ressource“
Tabelle 3 verdeutlicht, dass der Begriff „Ressource“ in der wirtschaftswissenschaftlichen Li-
teratur sehr uneinheitlich verwendet wird.
68 Rose (2003) S. 35ff
32
Autor(en) (Jahr) Definitionen
Wernerfelt (1984) „By a resource is meant anything which could be thought of as a
strength or weakness of a given firm. More formally, a firm´s resource at
a given time could be defined as those (tangible and intangible) assets
which are tied semipermanently to the firm. “69
Barney (1991) „… firm resources include all assets, capabilities, organizational pro-
cesses, firm attributes, information, knowledge etc. controlled by a firm
that enable the firm to conceive of and implement strategies that im-
prove its efficiency and effectiveness. … firm resources are strengths
that firms can use to conceive of and implement their strategies.“70
Grant (1996) Resources are inputs into the production process – they are the basic
units of analysis. The individual resources of the firm include items of
capital equipment, skills of individual employees, patents, brand names,
finance, and so on.71
Teece, Pisano
and Shuen (1997)
„Resources are firm-specific assets that are difficult if not impossible to
imitate. Trade secrets and certain specialized production facilities and
engeneering experience are examples. Such assets are difficult to trans-
fer among firms because of transaction costs and transfer costs, and be-
cause the assets may contain tacit knowledge“.72
Tabelle 3: Ausgewählte Definitionen von Ressource
3.2 Klassifizierung von Ressourcen
Grant (1995) klassifiziert Ressourcen und unterscheidet in materielle, immaterielle und Hu-
manressourcen. 73
69 Wernerfelt (1984) S. 172 70 Barney (1991) S. 101 71 Grant (1996) S. 118f 72 Teece, Pisano and Shuen (1997) S. 516 73 Vgl. Grant (2009) S. 120ff
33
3.2.1 Materielle (tangible) Ressourcen
Materielle Ressourcen werden oft auch als physische Ressourcen bezeichnet. Sie sind aus der
Bilanz ablesbar und können selbst aktiviert werden oder auch von anderen Unternehmen ge-
kauft werden. Diese Art von Ressourcen weist eine begrenzte Kapazität auf und unterliegt
gleichzeitig hohen Abnutzungserscheinungen.74
3.2.2 Immaterielle (intangible) Ressourcen
Immaterielle bzw. intangible Ressourcen sind sehr eng mit dem Unternehmen verwachsen
und können nicht käuflich erworben werden. Sie sind nicht greifbar und können somit auch
nicht automatisch in andere Unternehmen transferiert werden. Beispiele für immaterielle Res-
sourcen sind Know-How, Image, Marken und Technologien.75 Im Gegenteil zu materiellen
Ressourcen weisen sie nur vereinzelt Kapazitätsbegrenzungen auf, sind flexibel einsetzbar
und nutzen sich kaum ab.
3.2.3 Human-Ressourcen
Diese Art von Ressource beschreibt das Know-How, die Fähigkeiten, die Routine und die
Motivation des Mitarbeiterstabes.76
Grant (2009) gruppiert des Weiteren die sogenannten „Organizational Capabilities“, da, seiner
Meinung nach, nicht Ressourcen selbst zum strategischen Erfolg beitragen, sondern vielmehr
von den Führungsfähigkeiten abhängen.
3.3 Ressourcen im Resource-based View
Rasche (1994) fasst den Ressourcenbegriff im Ressource-based View schon wesentlich enger.
Es werden nur jene Ressourcen angerechnet, die eine wettbewerbsstrategische Bedeutung
aufweisen.
Freiling definierte 2002 Ressourcen im ressourcenorientierten Ansatz wie folgt:
„Zusammenfassend ist von Ressourcen im Kontext des Resource-based View dann zu spre-
chen, wenn (in Märkten beschaffbare) Inputgüter durch Veredelungsprozesse zu unterneh-
menseigenen Merkmalen für Wettbewerbsfähigkeit weiterentwickelt worden sind und die
Möglichkeit besteht, Rivalen von der Nutzung dieser Ressourcen in nachhaltiger Weise auszu-
74 Vgl. Camphausen (2007) S. 65 75 Vgl. Camphausen (2007) S. 65 76 Vgl. Bea/Haas (2005) S. 29
34
schließen. Die Veredelungsprozesse beruhen auf der an gegenwärtigen und zukünftigen
Marktanforderungen ausgerichteten Weiterentwicklungen der Basis verfügbarer Inputgüter
einer Unternehmung sowie auf der Ingangsetzung von Isolationsmechanismen.“77
Barney (1991) definierte schon in den 90er Jahren einige Zusatzfunktionen, die Ressourcen –
sowohl aus Kunden- wie auch aus Unternehmersicht – besondere Wichtigkeit verleihen:78
Funktionen, die
• Wertvoll bzw. werthaltig sind,
• Von strategischer Relevanz sind,
• begrenzt transferierbar bzw. begrenzt handelbar sind,
• nicht oder kaum imitierbar sind,
• nicht substituierbar sind und
• den Zugang zu einem breiteren Spektrum an Märkten ermöglichen.
3.3.1 Kriterien der Ressourceneinteilung
In diesem Abschnitt sollen die vorher angesprochenen Funktionen erörtert werden, die eine
starke Auswirkung auf die Strategie einer Unternehmung hat. In der Literatur werden diese
Ressourcen auch als VRIN-Ressourcen (siehe Tabelle 4) angeführt. Die Kriterien der Ab-
nutzbarkeit und der Transferierbarkeit gelten als Kriterien, aber bilden – wie in Abbildung 9
ersichtlich - keine notwendige Voraussetzung für Ressourcen mit nachhaltigen Wettbewerbs-
vorteilen.
V Valuable = Wert
R Rare = Knappheit
I Imperfectly Imitable = begrenzte Imitierbarkeit
N Non Substitutable = begrenzte Substituierbarkeit
Tabelle 4: Erklärung von VRIN-Ressourcen
77 Freiling (2002) S. 17 78 Vgl. Barney (1991) S. 106ff
35
Ressourcen bieten einen potenziellen Wettbewerbsvorteil, sobald diese wertvoll und rar sind.
Erfolg und einen damit verbundenen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil erzielen sie bei be-
grenzter Imitierbarkeit und Substituierbarkeit. Können Mitbewerber längerfristig die wertvol-
le und knappe Ressource nicht nachahmen oder sogar substituieren, ist ein nachhaltiger Wett-
bewerbsvorteil vorliegend.
Wert 3.3.1.1
Eine Ressource kann für Unternehmungen ungleichen Wert besitzen, d.h. es kann für ein Un-
ternehmen einen höheren Wert darstellen als für ein anderes Unternehmen. Ein Grund hierfür
wäre, wenn ein Unternehmen durch die Ressource einen besseren Nutzen am Markt heraus-
schlagen kann.79 Der Wert einer Ressource ändert sich, wenn die Konkurrenz diese imitiert
hat oder durch eine andere substituieren kann.80
Seltenheit 3.3.1.2
Laut Teece, Pisano und Shuen (1997) generiert eine seltene Ressource einen höheren Wett-
bewerbsvorteil, als eine die häufig am Markt erscheint. Ist demnach ist die Verfügbarkeit der
Ressource begrenzt und kann diese auch nicht imitiert oder substituiert werden ist sie für ein
Unternehmen sehr wertvoll. Diesen Vorteil kann aber nur generiert werden, wenn die Res-
source im Unternehmen selbst oder alternativ im engeren Kreis von Konkurrenten zugänglich
ist. 81
Imitierbarkeit 3.3.1.3
Sobald nicht alle Unternehmungen geeignete Ressourcen besitzen versuchen sie diese nach-
zuahmen. Zum Schutz vor Nachahmung von wettbewerbsrelevanten Ressourcen können Imi-
tationsbarrieren wie Patente von Nutzen sein. Außerdem kann die Ressource zu kausaler
Mehrdeutigkeit führen, d.h. den Mitbewerbern ist der Bezug von der Ressource zum Wettbe-
werbsvorteil unklar. Zuletzt kann ein historisch gewachsener Imitationsschutz entstehen.82
79 Vgl. Barney (1991) S. 102f 80 Vgl. Grant (1991) S. 117 81 Vgl. Teece, Pisano und Shuen (1997) S. 509f. 82 Vgl. Barney/Clark (2007) S. 59ff
36
Substituierbarkeit 3.3.1.4
Wenn Ressourcen nicht imitierbar sind bzw. die Kosten dafür zu hoch und auf anderen Märk-
ten nicht erwerbbar sind, werden Konkurrenten versuchen diese zu substituieren.
Barney/Clark (2007) verstehen unter substitutiven Gütern, Ressourcen, die obwohl strategisch
äquivalent, voneinander getrennt die gleiche Strategie erreichen können.83 Für ein Unterneh-
men entsteht somit ein nicht berechenbares Risiko, da es jederzeit soweit sein kann, dass ein
Substitut für eine wertvolle Ressource generiert wird und der nachhaltige Wettbewerbsvorteil
schlagartig verloren geht.
Mögliche Strategien um einer Substitution entgegenzuwirken können sein:
• Zeitvorsprung, solange dieser nicht durch finanzielle Investition kompensiert werden
kann
• Der Nutzen der Kompetenz ist nur in Verbindung mit einer anderen Ressource gege-
ben.
Abnutzbarkeit 3.3.1.5
Grant (1991) nennt auch die Abnutzbarkeit (engl. durability) als wichtigen Faktor in Bezug
auf die Nachhaltigkeit von Wettbewerbsvorteilen. Tangible Ressourcen nützen sich, aufgrund
des technischen Fortschrittes, schneller ab. Intangible Ressourcen (z.B. das Image eines Un-
ternehmens) nützt sich hingegen nicht so rasch ab, sondern kann im günstigsten Fall sogar
noch wichtiger werden. Dieses Kriterium ist aber sicher nicht ein entscheidendes Merkmal,
um zu urteilen ob eine Ressource einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil besitzt.84
Transferierbarkeit 3.3.1.6
Genauso wie die Abnutzbarkeit findet auch der Transfer bzw. die Transferierbarkeit von Res-
sourcen bei Grant (1991) Anklang, wobei auch dieses Kriterium wiederum keine notwendige
Voraussetzung einer VRIN-Ressource darstellt.
Der Großteil der Ressourcen kann nicht auf andere Unternehmen transferiert werden bzw.
man kann diese auch nicht einfach auf Märkten erwerben. Bei finanziellen Wettbewerbsvor-
83 Vgl. Barney/Clark (2007) S. 65f 84 Vgl. Grant (1991) S. 124f
37
teilen auf der anderen Seite trifft dies wiederum nicht zu, da Finanzmärkte in der Regel frei
zugänglich sind.85
Grant (1991) nennt in diesem Zusammenhang Gründe, bei denen der Transfer von Ressour-
cen nicht stattfinden kann:86
- Geografische Immobilität
Da der Transfer von Betriebsmitteln bzw. auch von gut geschultem Personal sehr teuer
ist, schreckt das mögliche Abwerbungsversuche der Konkurrenz ab. Der finanzielle
Nachteil dadurch wäre nicht wieder gut zu machen und der Transfer wird folgedessen
als unrentabel erachtet.
- unvollkommene Information
Der Besitzer einer überlegenen Ressource gewinnt mit der Zeit natürlich Erfahrungs-
werte über die Ressource bzw. hat Informationen, die einem möglichen Erwerber
nicht bekannt sind. Die Konkurrenz weiß daher nicht, ob die Ressource über- oder un-
terbewertet wird.
- Firmenspezifische Ressourcen
Sind Ressourcen auf das Entwicklungs-Unternehmen zurechtgeschnitten, können sie
für die Konkurrenz gar keinen Wert haben. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Image ei-
ner Marke, weil ein Wechsel des Besitzes des Markennamens den Wert verfallen lässt.
Einige Ressourcen lassen sich nur dann transferieren, wenn die Unternehmung als
Ganzes akquiriert wird, wobei sich selbst in diesem Fall die Reputation des Unter-
nehmens verschlechtert.
- Immobilität von Fähigkeiten
Ähnlich wie bei den firmenspezifischen Ressourcen verhält es sich auch mit der ein-
geschränkten Mobilität von Fähigkeiten. Meistens arbeitet nicht nur ein Einzelner an
einem Projekt, sondern es ist ein ganzes Team, welches zusammen agiert. Die Kon-
kurrenz müsste das gesamte Team abwerben und hat selbst dann noch immer nicht die
Sicherheit, dass es auch danach noch gleichwertige Fähigkeiten kreiert.
85 Vgl. Grant (1991) S. 126 86 Vgl. Grant (1991) S. 126f
38
Keine Voraussetzung für VRIN-Ressourcen
Abbildung 9: Voraussetzung für VRIN-Ressourcen - eigene Darstellung
3.4 Grundlagen und Entwicklung der ressourcenorientierten Theorie
Im strategischen Management wird grundsätzlich zwischen zwei Strömungen unterschieden.
Im Gegensatz zum Market-based View, der bis zum Anfang der 90er Jahre dominierte und
sich mit dem Außenverhältnis von Unternehmen befasst, beschäftigt sich der Resource-based
View mit dem Innenverhältnis. Anstelle von Chancen und Gefahren (externe Analyse) und
der Konzentration auf die Umwelt, werden nun Stärken und Schwächen (interne Analyse)
herangezogen und rücken damit die Ressourcenausstattung in den Mittelpunkt der Betrach-
tung.87
Der Ressourcenansatz beruht auf dem soziologischen Leadership-Modell von Selznik (1957)
und der Wachstumstheorie von Penrose (1959) und stellt die Ressourcenheterogenität, welche
87 Vgl. Bamberger/Wrona (1996) S. 130f
Voraussetzungen von Ressourcen für nachhaltige Wettbewerbs-
vorteile
Wert Seltenheit
Substituierbar
-keitImitierbarkeit
AbnutzbarkeitTransferierbar-
keit
39
die ungleiche Verteilung von Informationen, Wissen und Fähigkeiten zwischen Wirtschafts-
subjekten beschreibt, in den Vordergrund.88
1959 erkennt Penrose bereits, dass ein Unternehmen ein Bündel von Ressourcen ist:
„Thus, a firm is more than an administrative unit; it is also a collection of productive re-
sources the disposal of which between different uses and over time is determined by adminis-
trative decision. “89
Penrose (1959) kommt zu dem Entschluss, dass Unternehmungen ohne produktiven Einsatz
der Ressourcen nicht erfolgreich wachsen können. Des Weiteren sieht die Autorin die Fähig-
keit des Managements zur Koordination alter bzw. zur Aufdeckung neuer Ressourcen als im-
mens wichtig an.90
Es wird davon ausgegangen, dass ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil und dadurch der poten-
tielle Unternehmenserfolg nur auf der Grundlage von Ressourcen möglich sind, wobei das
Unternehmen selbst als spezifisches Bündel von Ressourcen angesehen wird.91
Wettbewerbsvorteile entstehen durch die effiziente Kombination von Ressourcen und Fähig-
keiten. Die in Punkt 3.3 definierten Ressourcen sind Potentialfaktoren, die direkt der Wert-
schöpfung dienen, während Fähigkeiten die Chance darlegen, die genannten Ressourcen op-
timal zu bündeln und bestmöglich einzusetzen.92 Dieses unternehmerische Ressourcenpoten-
tial verschafft dem Unternehmen eine erfolgversprechende Marktposition, da diese Ressour-
cen asymmetrisch am Markt verteilt sind. Die damit verbundene Einzigartigkeit der Unter-
nehmen ist ein wesentliches Kennzeichen für den Resource-based View. 93
Die Weiterentwicklung dieser Ressourcen erfolgt strategisch und die Wettbewerbsstrategie
muss an die Ressourcenausstattung angepasst werden, da die Konkurrenz sich zum Ziel ge-
setzt hat, erfolgreiche Ressourcen – durch Imitation oder Substitution – selbst zu erringen.94
Barney (1991) vertritt die Meinung, dass ein dauerhafter Wettbewerbsvorteil erst geschaffen
ist, wenn es gegenwärtige oder potenzielle Wettbewerber nicht vollbringen den Wettbewerbs-
vorteil zu imitieren oder gar zu substituieren. Barney (1991) spezifiziert dennoch den Zeit-
88 Vgl. Barney (1991) S. 99, Penrose (1959) S. 24f, Selznick (1959) 89 Penrose (1959) S. 24 90 Vgl. Penrose (1959) S. 24 91 Vgl. Rumelt (1984) S. 557f 92 Siehe Kapitel 3.3. 93 Vgl. Krüger/Homp (1996) S. 25ff sowie Corsten (1998) S. 136ff 94 Vgl. Macharzina (1995) S. 60 und Bamberger/Wrona (1996) S. 132
40
raum des Vorteiles nicht und geht darüber hinaus nicht davon aus, dass dieser für immer be-
steht.95
Abbildung 10 gibt einen Überblick zur Entwicklung der Ressourcentheorie. Der klassische
Resource-based View stellte den Ursprung dar, der in den 1980er Jahren die Bedeutung von
Ressourcen für Unternehmen verstärkte. In den Folgejahren wurde der Resource-based View
um eine kompetenzbasierte Sichtweise und einen wissensbezogenen Ansatz erweitert.
1950er Jahre
- Selznick (1957)
- Penrose (1959)
1980er Jahre
- Wernerfelt (1984)
- Rumelt (1984)
- Barney (1986)
- Hamel/Doz/Prahalad
(1989)
1990er Jahre
- Teece/Pisano/Shuen (1990)
- Prahalad/Hamel (1990)
- Grant (1996)
- Teece/Pisano/Shuen (1997)
Abbildung 10: Überblick zur Entwicklung der Ressourcentheorie - eigene Darstellung
Andrews Analyse unternehmensinterner Stärken sowie Ansoffs Definition von Synergie als
unternehmensintern generierte Kombination von Fähigkeiten und Kompetenzen sind eng mit
dem ressourcenorientierten Ansatz verbunden.96
95 Vgl. Barney (1991) S. 102 96 Vgl. Andrews (1971) S. 98ff, Ansoff (1965) S. 75ff
Betonung der Bedeutung von unternehmens-
internen Bedingungen
Klassischer Resource-based
View
Capability-based View
Dynamic Capabilitiy-based
View
Knowledge-based View
41
3.5 Ressourcenorientierter vs. Marktorientierter Ansatz
Der wesentlichste Unterschied der beiden Ansichten existiert vor allem in den differenten
Analysen, die als Ausgangspunkt dienen. Im marktorientierten Ansatz sind nicht die Ressour-
cen des Unternehmens entscheidend, sondern dieser nimmt als Schlüssel für den Aufbau
nachhaltiger Wettbewerbsvorteile die Marktseite, bzw. die Beziehung des Unternehmens zur
Außenwelt wahr.
Im Gegensatz zum ressourcenorientierten Blickwinkel wird beim marktorientierten Ansatz
die Hauptursache des Erfolges durch externe Determinanten, wie beispielsweise Branchenat-
traktivität und Positionierung innerhalb der Branche, betont. Die internen Abläufe bleiben
beim Market-based-View unbeachtet d.h. er bildet mit seinem „outside-in“-Verständnis einen
„Blick von oben“, auf den Erfolg des Betriebes. 97
Abbildung 11: SWOT-Analyse - interne und externe Analyse - eigene Darstellung
Quelle: in Anlehnung an Barney (1991) S. 100
Barney (1991) und Wernerfelt (1984) verallgemeinern in Abbildung 11 den Ressourcenbe-
griff und erachten Ressourcen als die Stärken im SWOT-Konzept (Strengths-Weaknesses-
97 Vgl. Wernerfelt (1984) S. 171ff
E X T E R N E A N A L Y S E
WE
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SV
OR
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Stärken
I N T E R N E A N A L Y S E
Schwächen
Chancen Risiken
42
Opportunities-Threats) ausmachen. Die Stärken-Schwächen-Chancen-Gefahren-Analyse ist
ein Werkzeug des strategischen Managements und stellt die internen der externen Analysen
gegenüber. Die Zielerreichung der Organisation wird mit Hilfe der Stärken und Schwächen
einer Organisation (interne Sicht) und den Chancen und Risiken der Umwelt (externe Sicht)
abgeleitet.98
Beispiele für Stärken und Schwächen sind Eigenschaften der Organisation, ihrer Prozesse und
Dienstleistungen (z.B. Führungsstil, Kontroll- und Steuerungsinstrumente, Motivation und
Wirtschaftlichkeit). Bei den Chancen bzw. Risiken wird die Entwicklung in der Umwelt und
speziell in den Märkten beobachtet, wobei Wettbewerberstruktur, Kundenstruktur und Ände-
rungen rechtlicher Rahmenbedingungen zu den Beispielen zählen.99
Das Musterszenario setzt sich wie folgt zusammen: Stärken müssen analysiert und dadurch
Chancen abgeleitet werden. Mögliche Risiken werden aus den Schwächen herausgearbeitet,
wobei Bedrohungen auch durch Nichtnutzung der eigenen Stärken entstehen können. Besei-
tigt man eventuelle Schwächen können daraus Chancen entstehen, die zu gewichtigen Vortei-
len verhelfen können.100
In Abbildung 12 wird deutlich gezeigt, dass marktorientierte Strategieansätze mit der jeweili-
gen Umweltsituation beginnen, welche sich vorrangig aus den Chancen und Risiken ableitet.
Werden unternehmensspezifische Stärken und Schwächen in den Mittelpunkt gestellt, wird
von ressourcenorientierten Strategieansätzen gesprochen.101
98 Vgl. Barney (1991) S. 100; Wernerfelt (1984) S. 172ff 99 Vgl. Schneider, Minnig, Freiburghaus (2007) S. 156f 100 Vgl. Rosenkranz, Missler-Behr (2005) S. 164ff 101 Vgl. Krausz (2002) S. 53f
43
Abbildung 12: SWOT-Analyse als Ausgangspunkt der Strategieentwicklung - eigene
Darstellung
Quelle: Krausz, S. (2002) S. 53
Daraus ergeben sich zwei unterschiedliche Ziele:
Der marktorientierte Ansatz hat den Abbau von Schwächen zum Ziel, wogegen der ressour-
cenorientierte Ansatz den Aufbau von Stärken forciert.102
Im Gegensatz zum ressourcenorientierten Ansatz ist der marktorientierte eher kurzfristig an-
gelegt - Ressourcen werden bei diesem View darüber hinaus als homogen und perfekt mobil
angesehen. Geeignete Mittel zum Erreichen, der laut Market-based View entscheidenden,
Machtposition in der Branche sind der Aufbau von Eintrittsbarrieren, welche beispielsweise
durch Erfahrung, Patente und gutem Ruf entstehen können.103
102 Vgl. Corsten (1998) S. 16 103 Vgl. Porter (1991) S. 99f
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U N T E R N E H M E N S S I T U A T I O N
S t ä r k e n S c h w ä c h e n
Fähigkeiten beibehalten und behaupten, Chancen nutzen
Schwächen verringern/ eliminieren, Chancen
nutzen
Stärken einsetzen, Konfrontationen vermeiden
Fähigkeiten verbessern, Situation entschärfen
44
Bedeutend für den marktorientierten Ansatz ist das in Abbildung 13 dargestellte Fünf-Kräfte-
Modell von Porter:
Abbildung 13: Five-Forces-Modell nach M. E. Porter - eigene Darstellung
Quelle: Porter, M. E. (2008) S. 4
Dem Modell zufolge wird die Rentabilität einer Branche durch die Ausprägung von fünf
Wettbewerbskräften bestimmt. Innerhalb der Branche besteht eine Rivalität zwischen den
bestehenden Wettbewerbern. Neben den bestehenden Nebenbuhlern stellen auch potentielle
neue Konkurrenten eine Bedrohung dar, da sie durch das Einbringen neuer Kapazitäten Ein-
fluss auf die vorherrschenden Preise nehmen, was wiederum zu Rentabilitätseinbußen bei
bisherigen Anbietern führt und die Attraktivität des Marktes für alle Beteiligten schmälert.
Diese Bedrohung kann mit Hilfe von Eintrittsbarrieren verhindert bzw. deutlich erschwert
werden.104
Eine nicht zu unterschätzende Kraft ist die Marktmacht der Käufer, da diese einen geringeren
Preis, besseres Service oder höhere Qualität zu den gleichen Preisen fordern können. Dadurch
104 Vgl. Porter (1999) S. 29ff
Wettbewerb
in der Branche
Potentielle Konkurrenten
Käufer
Ersatzprodukte
Lieferanten
45
können die Käufer auch die Rentabilität der Branche und der dort ansässigen Unternehmen
beeinflussen. Bei Lieferanten verhält es sich ähnlich wie bei Kunden: Ihre Marktmacht kann
ebenso erheblichen Druck erzeugen.105
Die Lieferanten können versuchen höhere Preise für die Waren zu fordern bzw. das Angebot
dieser Waren zu verringern. Diese Maßnahmen führen ebenfalls zu einer Unattraktivität der
Branche und wirken sich somit negativ auf alle Unternehmen in dieser aus.
Eine weitere Kraft ist die Bedrohung durch Ersatzprodukte. Diese sind in der Lage die Be-
dürfnisse des Kunden annäherungsweise so zu erfüllen wie es die Produkte des eigenen Un-
ternehmens im Stande sind zu tun. Die Förderung des Markenbewusstseins und die Betonung
der Qualität sind wirksame Methoden um dieser Kraft entgegen zu wirken.106
Fällt die Bedrohung durch diese fünf Kräfte sehr stark aus, ist eine Branche unattraktiv für ein
Unternehmen, da die Erzielung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils sich sehr schwierig
gestaltet.
In der Literatur wird davon ausgegangen, dass der ressourcenorientierte und der marktorien-
tierte Ansatz einander gegenseitig nicht ausschließen, sondern vielmehr sogar ergänzen.107
Abbildung 14 zeigt diese Ergänzung. Unter Marktorientierter Sicht versteht man den Versuch
des Unternehmens, Kundenbedürfnisse zu befriedigen, Vorzüge zu gewinnen und, darauf bil-
dend, Ressourcenaufbau zu betreiben. Aus der Ressourcenorientierten Sicht verfügt die Un-
ternehmung über spezielle Ressourcen und Fähigkeiten und versucht durch Kombination die-
ser, eine bestmögliche Erfolgsposition zu bewirken.108
105 Vgl. Porter (1999) S. 29ff 106 Vgl. Porter (1999) S. 29ff 107 Vgl. Corsten (1998) S. 20 108 Vgl. Corsten (1998) S. 19f
46
Abbildung 14: Wirkungskreislauf von Markt- und Ressourcensicht - eigene Darstellung
Quelle: Corsten (1998) S. 19
Abbildung 15 gibt die Beziehung zwischen dem ressourcenorientierten und dem marktorien-
tierten Ansatz genau wieder und zeigt dabei, dass bei den Schlüsselfaktoren eine Wechselwir-
kung besteht, die einerseits auf einen gegenseitigen Abstimmungsbedarf und andererseits auf
einen synergetischen Einfluss auf das Erfolgs- bzw. Gewinnpotential hinweist. Beide Ansätze
verfolgen das gleiche Ziel, wobei der Marktorientierte Ansatz mit Schlüsselerfolgsfaktoren
und, daraus resultierend mit externen Bedingungen zum Ziel gelangen will. Der Ressourcen-
orientierte Ansatz versucht wiederum durch wettbewerbsrelevante Ressourcen Vorteile zu
generieren und sich durch interne Bedingungen Erfolgs bzw. Gewinnpotentiale zu erarbei-
ten.109
109 Vgl. Corsten (1998) S. 20f
Erfolgsposition aufbauen
Ressourcensicht
Kernkompetenzen aufbauen
Marktsicht Fit
47
Abbildung 15: Beziehung zwischen der markt- und ressourcenorientierter Sichtweise -
_Konzernbericht_2011_VIG_final.pdf S.18 - abgerufen am 19.05.2012
58
Die Vienna Insurance Group verfolgt klar definierte strategische Ziele:
• die Stärkung der Spitzenposition der Vienna Insurance Group in Österreich sowie
• den stetigen Ausbau der Versicherungsaktivitäten in der Wachstumsregion Central
Eastern Europe
Diese Staaten zählen zu den größten und erfolgversprechendsten Märkten und haben außer-
dem in den letzten Jahren durch ein großes wirtschaftliches Entwicklungspotenzial auf sich
aufmerksam gemacht.
Die Vienna Insurance Group vertraut dabei auf vier Managementprinzipien, die sich in fol-
gender Grafik (Abbildung 19) widerspiegeln.
Quelle: http://www.vig.com/de/vig/strategie/managementprinzipien.html - abgerufen am
19.05.2012
Die Versicherung setzt auf eine Mehrmarkenpolitik, einen Multikanalvertrieb, eine breite Di-
versifikation und auf ein – global denkendes - lokales Management. Das Modell der Mehr-
markenpolitik ist in Österreich sehr erfolgreich und wird deshalb in den neuen Märkten an-
Abbildung 19: Managementprinzipien Vienna Insurance Group AG
59
gewandt und fortgesetzt. Die Vienna Insurance Group hat es sich zum Ziel gemacht, das loka-
le Know-how der Mitarbeiter mit den hohen Standards des Konzerns zu verknüpfen. Die
Schwesternunternehmungen haben zwar eine gemeinsame Mutter, der Wettbewerb zwischen
einander ist aber gegeben und überdies auch erwünscht. Die breite Sortimentsausweitung
nach Ländern, Vertriebswegen sowie Produkten und die Risikostreuung in der Veranlagung
ist ein weiterer Vorteil den die Vienna Insurance Group gekonnt einzusetzen vermag.
Großen Wert wird auf Kundennähe, umfassendes Produkt- und Serviceangebot genauso wie
ein breitest aufgestelltes Vertriebsnetz gelegt.
4.2.2 Erste Group AG
Die Erste Group AG wurde 1819 durch Johann Baptist Weber, Pfarrer in Leopoldstadt, als
„Verein der Ersten österreichischen Spar-Casse“, gegründet. Im Jahre 1993 wurde der Ge-
schäftsbetrieb der Sparkasse gemäß einer Novelle auf eine Aktiengesellschaft übertragen.
"DIE ERSTE österreichische Spar-Casse" blieb als die Holdinggesellschaft für die Aktien an
der neu gegründeten Tochtergesellschaft bestehen und änderte gleichzeitig mit der Übertra-
gung des Bankgeschäfts ihren Namen auf "DIE ERSTE österreichische Spar-Casse Anteils-
verwaltungssparkasse“.
1997 wurde die GiroCredit Bank AG erworben, welche im selben Jahr mit der „DIE ERSTE
österreichische Spar-Casse“ verschmolz und zusammen wurde der Name in "Erste Bank der
oesterreichischen Sparkassen AG" geändert. Im Herbst startete die Erste Bank ihren Feldzug
in Zentral- und Osteuropa und übernahm in Ungarn eine Bank. Zeitgleich wurde das Risiko
eines Börsegangs des Unternehmens in Kauf genommen. In den folgenden Jahren dehnte das
Unternehmen seine Geschäfte in Europa auf Tschechien, Kroatien, Slowakei, Serbien, Rumä-
nien und Ukraine aus.
Mit August 2008 wurde die Trennung von Holding (Erste Group Bank AG) und Erste Bank
der österreichischen Sparkassen AG rechtswirksam.131 Zudem wurde eine Vertriebskoopera-
tion mit der Vienna Insurance Group AG abgeschlossen, welche auf die Dauer von 25 Jahren
ausgelegt ist. Heute betreuen über 50.000 Mitarbeiter in mehr als 3.000 Filialen in 8 Ländern
ca. 17,4 Millionen Kunden und, gemessen an der Kundenzahl und Bilanzsumme, gehört die
Erste Group AG zu den größten Finanzdienstleistern in Zentral- und Osteuropa.
131 Vgl. http://www.erstegroup.com/de/Ueber-uns/Geschichte/Milestones - abgerufen am 14.06.2011
60
EINHEITLICHE STRATEGIE
WERTSCHAFFUNG FÜR AKTIONÄRE, KUNDEN UND MITARBEITER
Geschäftsfokus: Retail und KMU-
Banking
Geografischer Fokus: Zentral- und Osteuropa
Effizienzfokus: Ganz-heitlicher
Effizienzansatz
Quelle: http://www.erstegroup.com/de/Ueber-uns/Strategie - abgerufen am 08.12.2011
Abbildung 20 zeigt die strategische Ausrichtung der Erste Group AG, die seit dem Börsen-
gang 1997 unverändert geblieben ist. Auch in schwierigen, wirtschaftlichen Zeiten waren kei-
ne wesentlichen Anpassungen nötig. Die Erste Group AG steht für Nachhaltigkeit und Be-
ständigkeit und es sind gerade diese Gegebenheiten, die einen erheblichen Wettbewerbsvorteil
des Unternehmens darstellen.132
Die Erste Group war schon als Sparkasse immer im Einlagen- und Kreditgeschäft tätig gewe-
sen und ist damit kaum fremden Finanzierungsquellen unterworfen. Dabei konzentriert sich
die Group auf Märkte in Zentral- und Osteuropa, die langfristig das größte Wachstumspoten-
zial aufweisen. Die dritte Säule steht für die Steuerungsfunktion der Erste Bank Holding und
ermöglicht gerade aus diesem Grund auch eine bessere konzernweite Koordination und
Marktpräsenz133
132 Vgl. http://www.erstegroup.com/de/Ueber-uns/Strategie abgerufen am 08.12.2011 133 Vgl. http://www.erstegroup.com/de/Downloads?chronicleId=0901481b80002282.pdf abgerufen am 08.12..2011
Abbildung 20: 3-Säulen-Strategie der Erste Group AG - eigene Darstellung
61
Abbildung 21: Präsenz der Erste Group AG in Zentral- und Osteuropa
Quelle: http://www.erstegroup.com/de/Downloads/0901481b800a1657.pdf abgerufen am
19.05.2012
Abbildung 21 zeigt die Positionierung der Erste Group AG in Zentral- und Osteuropa, welche
stark an die Positionierung der Vienna Insurance Group AG erinnert. Sie verfügt heute in den,
in der Europäischen Union verankerten, Kernmärkten Österreich, Tschechien, Slowakei, Un-
garn, Rumänien und dem Mitte 2013 der EU beitretenden Kroatien, über flächendeckende
Filialnetze und ist aufgrund substanzieller Investitionen in die Tochtergesellschaften vielfach
in führenden Marktpositionen. Die Erste Group beschäftigt über 50.000 Mitarbeiter in Ihrem
Konzern.134
134 http://www.erstegroup.com/de/Downloads/0901481b800a1657.pdf S. 10, 19 abgerufen am 19.05.2012
62
4.3 Entwicklung der strategischen Allianz
In der Literatur schreiben Backhaus/Piltz (1997), dass jedes Unternehmen prinzipiell ent-
scheiden muss, ob es sinnvoll ist, einen Alleingang zu wagen oder doch besser eine Koopera-
tion mit einem anderen Unternehmen einzugehen.135 Auch Bronder/Pritzl (1991) meinen, dass
ein unternehmerischer Alleingang in einem so entwickelten und stabilen Markt wie Europa
immer aussichtsloser wird.136
Sowohl die Erste Group und die, damals noch, Wiener Städtische Versicherung näherten sich,
nach eingehenden Prüfungen und Untersuchungen, immer mehr einander an. Während eine
Vertriebsübereinkunft bereits seit 2001/2002 bestand, gab es lange Zeit zuvor bereits erste
Kontakte zwischen der Vienna Insurance Group und der Erste Group, die sich hauptsächlich
in der Beteiligung der Erste Group an der Donau Versicherung, einer Tochter der Vienna In-
surance Group, äußerten.
Im September 2008 – nach Zustimmung der zuständigen Wettbewerbsbehörde – übernahm
die Vienna Insurance Group schließlich nicht nur sämtliche Versicherungsaktivitäten der Ers-
te Group, sondern beide Unternehmungen vereinbarten darüber hinaus auch ein gegenseitiges
Vertriebsabkommen für einen Zeitraum von 15 Jahren.
Abbildung 22 zeigt, dass sowohl die Vienna Insurance Group wie auch die Erste Group nach
einem gemeinsamen Ziel, welches sie mittels der strategischen Allianz zu verfolgen versu-
chen, streben. Beide Unternehmungen wollen einander in der Expansion nach Central Eastern
Europe helfen bzw. zusammenarbeiten. Durch die strategische Allianz können darüber hinaus
auch Effizienzsteigerungen und beträchtliche Synergieeffekte erzielt werden. Alle diese Fak-
toren werden in der Fallstudie detailliert beschrieben und haben durchwegs positiven Einfluss
auf die strategische Allianz der beiden Unternehmen. Beide Unternehmen besitzen aber den-
noch spezifische eigene Interessen.
135 Vgl. Backhaus/Piltz (1997) S. 61ff 136 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S. 22
63
Vienna Insurance Group Erste Group
Strategische
Allianz
Spezifische Motivation und Interessen der Vi-enna Insurance Group
Spezifische Motivation und Interessen der
Erste Group
Gemeinsame Ziele:
• Expansion in CEE • Effizienzsteigerungen
• Synergieeffekte
Quelle: in Anlehnung an Dussauge/Garette (1999) S. 3
4.4 Voraussetzungen für die strategische Allianz
In der ersten Phase der Entwicklung einer strategischen Allianz stellen Bronder/Pritzl (1991)
die Überprüfung der eigenen Unternehmensanalyse dar.137 Im vorliegenden Fallbeispiel war
dieser Schritt ebenfalls nicht wegzudenken.
Laut VIG-Generaldirektor Dr. Geyer waren vier Faktoren bei der Partnerauswahl besonders
entscheidend:
1. Welcher Partner passt historisch gesehen am besten zur Vienna Insurance Group?
2. Wer weist eine nahezu idente Unternehmensstrategie auf?
3. Wer verfügt über eine ähnliche Marktpräsenz?
4. Welche Alternativen gibt es?
137 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S. 20f
Abbildung 22: Konzeption der strategischen Allianz der Unternehmen - eigene Darstellung
64
Wie sich schon in der Literaturrecherche gezeigt hat, haben sich auch Bronder/Pritzl (1991) in
ihrem Managementkonzept für strategische Allianzen mit der Identifikation des strategischen
Kooperationspotentials bzw. mit der Beurteilung des erzielbaren Wertsteigerungspotentials
befasst. 138 Dieser Punkt kann mit den Aussagen von Dr. Geyer sehr gut verglichen werden,
da eine nahezu idente Unternehmensstrategie und eine ähnliche Marktpräsenz Ausprägungen
von Kooperationspotential bzw. Wertsteigerungspotential sind. Zudem beschreibt Dr. Geyer
die entscheidende Phase bei der Partnerwahl. Wie in der Theorie unter Punkt 2.3.3 beschrie-
ben ist es von großer Bedeutung, dass der gemeinsame Wille (fundamentaler Fit), überein-
stimmende strategische Ziele (strategischer Fit) und die gleiche kulturelle Ebene (kultureller
Fit) gegeben sind.139
Versicherungen benötigen – im technischen Zahlungsverkehr – die Dienstleistungen von
Banken und auch umgekehrt gesehen, ist es für Banken nur von Vorteil eine Verbindung mit
einem Versicherungsunternehmen einzugehen. Zum Faktor der Unternehmensstrategie erläu-
tert Dr. Geyer wie folgt: „Wenn man als Konzern in mehreren Ländern tätig ist, dann ist die
Bankenbeziehung auch eine Frage“ und deutet somit auf die Suche nach ähnlich aufgestellten
Banken hin. Beide Parteien haben schon einige Jahre lang positive Erfahrungen bei der Ko-
operation in Tschechien gesammelt, wo die Kooperativa poisťovňa, a.s, ein Versicherungsun-
ternehmen erfolgreich mit der Česká spořitelna, einer Bank, zusammengearbeitet hat. Ebenso
gleichen in einigen weiteren Ländern die Marktpräsenzen der Erste Group und der Vienna
Insurance Group einander mehr als deutlich. Laut Dr. Bosek war besonders die ähnliche Un-
ternehmensgeschichte, aber vielmehr der sehr ähnliche Fußabdruck auf der Landkarte ein
wesentliche Kriterien seitens der Erste Group AG für die strategische Partnerschaft mit der
Vienna Insurance Group.
Beide Gesprächspartner beziehen sich hier auf die Theorie der „horizontalen Allianz“, da bei-
de Unternehmungen auf derselben Produktionsstufe tätig sind und aus verwandten Wirt-
schaftsbranchen stammen. Ziele der strategischen Allianz sind, wie bereits erläutert, gemein-
same Produktentwicklung und auch gegenseitiger Vertrieb der Produkte.140
138 Vgl. Bronder/Pritzl (1991) S. 19 139 Vgl. Kapitel 2.3.3 - Partnerwahl 140 Vgl. Jung (2008) S. 267
65
Des Weiteren spielte es eine tragende Rolle, dass die Erste Group die strategische Entschei-
dung getroffen hat, das Sachgeschäft nicht mehr selbst durchzuführen, sondern es künftig
durch die, damals noch, Städtische Gruppe managen zu lassen. Vorstandsdirektor Dr. Bosek
sieht in der daraus folgenden Übertragung der Sparkassen Versicherung an die Vienna Insu-
rance Group auch eine Frage der Kernkompetenz. Ohne Kernkompetenz konnte die Erste
Group nur im Bereich der Wohnbaufinanzierung Versicherungsprodukte anbieten, wohinge-
gen eigene Sachversicherungsprodukte zu entwickeln überhaupt keinen Sinn gemacht hätte.
Dieser beispielhafte strategische Schritt wird von Prahalad/Hamel (1991) ebenso in der Theo-
rie aufgezeigt: Unternehmungen müssen ihre Ressourcen entsprechend vorteilhaft einsetzen,
denn andernfalls ist der mögliche Wettbewerbsvorteil schnell kompensiert.141
Letztlich ist keine der beiden Unternehmungen mit Zwang in diese Kooperation eingetreten
und somit konnte diese gänzlich ohne Druck aufgebaut werden.
4.5 Motive und Erfolge der strategischen Allianz im Lichte des ressour-cenorientierten Ansatzes zwischen der Vienna Insurance Group und der Erste Group
Beide Unternehmen streben durch den Eingang dieser strategischen Allianz nach einem lang-
fristig nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Dieser so wichtige Marktvorteil – so erhoffen sich
beide Parteien – wird durch die Kombination von Ressourcen und Fähigkeiten geschaffen.
Da beide Unternehmen sehr ähnlich aufgestellt und ausgestattet sind, können sie in vielen
Ländern kooperieren. Dabei führt der Wegfall von Informations-, Anbahnungs- und Kontroll-
kosten zu Kosten-, als auch zu Zeiteinsparungen, da nun die Suche nach einem geeigneten
Partner wegfällt. Dr. Bosek betont vor allem die Kontrollkosten in einer Allianz: „Es ist sonst
immer ein wenig die Kontrolle da, bietet der Partner die Produkte so an, wie wir es eigentlich
erwartet? – und das fällt auf alle Fälle bei unserer Kooperation weg.“ Wie schon in Kapitel
2.4.1 erwähnt, bilden Kosten- und Zeitersparnis laut Mowery, Oxley und Silverman (1996)
aussagekräftige Motive einer strategischen Allianz.142