Abbildende Massenspektrometrie an biologischen Proben Bernhard Lendl Institut für chemische Technologien und Analytik
Abbildende Massenspektrometrie an
biologischen Proben
Bernhard Lendl
Institut für chemische Technologien und Analytik
– Motivation – Anwendungsbereiche
– Gerätetechnik (MALDI, SIMS, DESI) • Probennahme, Probenvorbereitung
• Messung
• Auswertetechniken
– Beispiele • Lipide
• Peptide/Proteine
– Zusammenfassung und Ausblick • Stärken/Schwächen
• Zukünftige Entwicklungen
Inhalt der Vorlesung
• Vermittlung eines grundlegenden Verständnisses über die Funktionsprinzipien moderner Techniken der abbildenden Massenspektrometrie
• Kennenlernen der Stärken/Schwächen der vorgestellten Techniken
• Beispiele sollen auch Interesse hervorrufen diese Techniken in der eigenen Forschung anwenden zu wollen
Ziele der Vorlesung
Motivation – Anwendungsbereiche
• Ortsaufgelöste Information bzgl. der chemischen Zusammensetzung einer biologischen Probe
• Massenspektrometrie: – Identifizierung von Atomen, kleinen und
großen Molekülen:
• Medikamente , Lipide, Peptide, Proteine, Metabolite, Polymere, Kohlenhydrate,...
– Markierungsfrei
• Anwendungsbereiche – Verständins von biochemischen Vorgängen in
biologischen Systemen
– Wirkstoffentwicklung und Wirkstofflokalisierung
– Medizinische Diagnostik
100 kDa
Historische Entwicklung analytischer Messgeräte
Protocols for Mass Microscopy, Ed. M. Setou, Springer 2010
S. Luxembourg, Anal. Chem. 2004, 76, 5339-5344
Experimentelle Realisierung
• MALDI (matrix assisted laser desorption ionisation)
• SIMS (secondary ion mass spectrometry)
• DESI (desorption electrospray ionisation)
Wichtigste MS Techniken für die bildgebende Analyse von biologischen Proben
MALDI SIMS DESI
Druck Vakuum Vakuum Atmospährendruck
Massenbereich < 40 kDa < 1 kDa < 5 kDa
Probenvorbereitung hoch mittel gering
Ortsauflösung ~10-20 µm Sub-µm bis 50 nm ~200 µm
MALDI
• Aufgabe der Matrix – Isolierung des Analyten durch Verdünnung, Verhinderung der Aggregatbildung
– Stabilisierung des Matrix-Analyt Co-Kristalls im Vakuum
– Absorption der Laserenergie
– Schonender Zerfall des Co-Kristalls
• Wichtige Matrixmaterialien – Sinapinsäure, SA (3,5-dimethoxy-4-hydroxy-Zimtsäure)
• Geringe Löslichkeit in H2O, löslich in MeOH/ H2O sowie in polaren org. LM
• Proteine (4-30 kDa), hohes S/N
– CHCA (a-Cyano-4-hydroxy-Zimtsäure) • Geringe Löslichkeit in H2O, löslich in MeOH/ H2O sowie in polaren org. LM
• Lipide und Peptide (~8 kDa)
– DHB (2,5-dihydroxy-Benzoesäure) • löslich in H2O, sowie in MeOH/ H2O u. polaren org. LM
• Qualität des Massenspektrums hängt von der „Qualität“ des Matrixkristalls ab
• Lipide und Peptide (~5 kDa)
MALDI – Time of Flight Mass Spectrometry
MALDI
DESORPTION
IONISIERUNG
BESCHLEUNIGUNG
TRENNUNG
Laser
Linear TOF
Linearer Modus DETEKTION
Reflectron Modus DETEKTION VERZÖGERTE EXTRAKTION (DELAYED EXTRACTION)
Unterschiede zu konventionellem MALDI
• Analyten liegen nicht getrennt vor
– Ionenunterdrückungseffekte
– Probenvorbehandlung oftmals notwendig
• Konzentrationsverhältnis Matrix/Analyt
• Nicht konstante Oberflächeneigenschaften
– Rauhigkeit
– Permitivität der Probe
Orthogonale MALDI - MS
• Apparative Trennung der Prozesse:
– Generation von Analytionen
– Massenanalyse
• zB.:
Beispiel zum Ionenunterdrückungseffekt
Probe jeweils 0.5 µl 100 nM ACTH Matrix: gesprayt 10 mg/ml a-CHCA in 50% ACN und 0.1% TFA
Protocols for Mass Microscopy, Ed. M. Setou, Springer 2010
ITO: Indium Tin Oxide (leitend)
Work flow für MALDI Imaging - Herausforderungen
Schritt Herausforderung – Ziele - Kommentare
Probennahme: dünne, gut erhaltenen (repräsentative) Probe
Kompatibilität mit Referenzmethoden (histologischen Untersuchungen) Unterbindung von post-mortem Enzymaktivität
Waschschritte Entfernung von Interferenten
Zugabe von Reagentien Erhöhung der Selektivität
MALDI Matrix Applikation Einlagerung des Analyten in den Kristall / Konzentrationsverhältnis Analyt/Matrix
Diffusion des Analyten – laterale Auflösung
Datenaufnahme Rasch, jedoch oft Minuten bis Stunden
Von Daten zur Information GB bis TB Datenmenge muss reduziert werden, multivariate Methoden
Abgleich mit Referenzinformation
Techniken zur Aufgabe der Matrix
• Makrodroplets (Pipette)
• Sprayen, manuell oder automatisch
• Sublimation
• Mikro/nanospotting (ChIP 1000)
Techniken zur Aufgabe der Matrix
• Makrodroplets (Pipette)
• Sprayen, manuell oder automatisch
• Sublimation
• Mikro/nanospotting (ChIP 1000)
Techniken zur Aufgabe der Matrix
• Makrodroplets (Pipette)
• Sprayen, manuell oder automatisch
• Sublimation
• Mikro/nanospotting (ChIP 1000)
Spray Nano
spotting Dried
droplet
defined
volume & pitch size
matrix droplet: 87pl
Courtesy of M. Marchetti-Deschmann, S. Fröhlich
Messabläufe
Extraktion des Gewebes
Schneiden des Gewebes
Waschen mit org. LM
Trocknen im Vakuum
Applikation der Matrix
Messung
Proteine, Peptide
Extraktion des Gewebes
Schneiden des Gewebes
Applikation der Matrix
Messung
Kl. Moleküle • Endogene Moleküle ( zB Lipide) • Exogene Lipide (zB Medikamente)
Applikation von Trypsin
Messung von Amyloid beta Peptiden in Mäsuehirnschnitten
• Matrix: SA in 70:30 ACN/0.1% TFA und 500 fmol/µl insulin (interner Standard)
Mech. Aging and Develop 126 (2005) 177
Parietallappen
Hinterhauptslappen
Proteine nach „enzymatischen Verdau“
• „Molecular Scanner Approach“ – Kombination von Elektroblotting mit Enzymverdau an trypsinhältiger
Membran
• Applikation von Trypsinlösung vor Aufgabe der Matrix
Proteinidentifizierung und bildgebende Analyse von Geweben mittels MALDI TOF
FFPE
Kombination von Ionenmobilitätsspektrometrie (IMS) und bildgebender Massenspektrometrie
Kombination von Ionenmobilitätsspektrometrie (IMS) und bildgebender Massenspektrometrie
• IMS erlaubt das Auftrennen von Isobaren nach Substanzklassen sowie Konformeren
• Funktionsweise
Kombination von Ionenmobilitätsspektrometrie (IMS) und bildgebender Massenspektrometrie
• IMS erlaubt das Auftrennen von Isobaren nach Substanzklassen sowie Konformeren
Proteinidentifizierung und bildgebende Analyse von Geweben mittels MALDI - ion mobility - TOF - IMS
„Driftscope“
Proteinidentifizierung und bildgebende Analyse von Geweben mittels MALDI - ion mobility - TOF - IMS
740
760
m/z
1040
1000
m/z
Drift time
Proteinidentifizierung und bildgebende Analyse von Geweben mittels MALDI - ion mobility - TOF - IMS
Rattenhirn (FFPE) Gefriergetrocknetes menschliches Kleinhirn
Proteinidentifizierung und bildgebende Analyse von Geweben mittels MALDI - ion mobility - TOF - IMS
Verteilung von Phosphatidylcholinen in Mäusehirn
• Kein Waschschritt => Bildung von Na+, K+ Addukten
• Matrix: DHB, 20 mM Kaliumazetat 70% MeOH
J. Lipid Research 50 (2009) 1776
Verteilung von Phosphatidylcholinen (PCs) in Mäusehirn
• Lokalisierung der unterschiedlichen PCs korreliert mit definierten Bereichen unterschiedlicher Funktion
J. Lipid Research 50 (2009) 1776
Imaging mit TOF-SIMS
• Ursprüngliche Hauptanwendungsgebiete: Halbleiterindustrie, Mikrolelektronik,..
• Energetische Primärionen schlagen über Stosskaskade Material (Neutrale Moleküle, Cluster als auch Molekülionen) aus < 1 nm Probentiefe
J. Phys. Chem. B, Vol. 104, No. 29, 2000 http://www.geobiologie.uni-goettingen.de/people/vthiel/tof_sims/index_e.shtml
Imaging mit TOF-SIMS
• Emission von größeren, intakten Molekülen benötigt kollektive Bewegung der Probe (in MALDI der Matrix, in DESI der Flüssigkeit)
• Durch den Einschlag eines Primärions wird dieser Bereich geschädigt „damage cross-section“, bei 1013 Ionen/cm2 ist ~ 1% der Oberfläche betroffen => stationäre SIMS (bei Verwendung von einatomigen Primärionen)
• Neuerdings: Clusterionenquellen (Aun, Bin) oder polyatomige Primärionen (SF5/6), kürzlich auch C60
• Geringere Beeinflussung unterer Schichten
Beispiel: Beobachtung der Verschmelzung von Membranen von Tetrahymena (Protozoon)
50 µm 50 µm
m/z 69 (C5H9+) m/z 184
SEM Lichtmikroskop
2 µm
• Durch die hohe räumliche Auflösung (hier 200 nm) erlaubte SIMS imaging erstmals diesen Prozess beobachten zu können
Science 305(2004)71
Linescan
Beispiel: Beobachtung der Verschmelzung von Membranen von Tetrahymena (Protozoon)
Repr. Spektrum aus Körper
Repr. Spektrum aus Verbindungsbereich
3-dimesionales Imaging mittels TOF-SIMS einer unreifen Eizelle (Xenopus laevis Oozyte)
• Die Verwendung von C60 + Primärionen erlaubt schonendes Erodieren
• Xenopus laevis als Modellsystem (d.: 0.8-1.3 mm), hier Untersuchung der ersten 75 µm
• Trend zur kombinierten Verwednung von C60 + (nur zum Erodieren), und
LMIG (liquid metal ion guns, zB Bi3+) zum imagen
Current Opinion in Chemcial Biology 15 (2011) 733
Prinzip von Desorption Electrospray Ionization (DESI) Mass Spectrometry
• kann bei Normaldruck betrieben werden
• Je nach Analyt Wahl des LM Systems (MeOH:H2O, ACN:H2O)
• Einsatz: Lipidanalyse, Screening
Beispiel: Aufnahme von „latenten“ Fingerabdrücken
A Fingerabdruck von Kokain C „normaler“ Fingerabdruck
Science 2008 (321) 805
Die Autoren behaupten so auch überlagernde Fingerabdrücke noch lesen zu könnnen da man sich auf unterschiedliche m/z Werte konzentrieren kann.
Zusammenfassung
MALDI SIMS DESI
Druck Vakuum Vakuum Atmospährendruck
Massenbereich < 40 kDa < 1 kDa < 5 kDa
Probenvorbereitung hoch mittel gering
Ortsauflösung ~10-20 µm Sub-µm bis 50 nm ~200 µm
• Aufwendige, teure Gerätetechnik welche ortsaufgelöst die chemische Zusammensetzung einer biologischen Probe ermitteln kann
• Es können je nach gerätetechnischem Aufwand fast beliebig viele Moleküle identifiziert werden -> Qualitative Information
• Derzeit ist es jedoch noch schwer verläßliche quantitative Information zu erhalten
• Aus Daten muss Information und dann noch Wissen gewonnen werden
• Wichtige zukunftsweisende Techniken in der modernen (bio)chemischen und medizinischen Forschung
• Sehr dynamische Entwicklungen neuer Messgeräte