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4 TrennenProf. Dr.-Ing. habil. H. Dürr (TU Chemnitz, Professur
Fertigungslehre)Dr. rer. nat. R. Pilz (TU Chemnitz, Professur
Fertigungslehre)Dr.-Ing. S. HerrbachDipl.-Ing. E. Seliga (TU
Chemnitz, Professur Schweißtechnik)
4.1 Systematisierung der Verfahrenshauptgruppe Trennen
Die Ordnungsmerkmale der Verfahrenshauptgruppe Trennen sind
Stoffzusammenhaltvermindernund Formändern. Die
Verfahrenshauptgruppe Trennen umfasst die fünf Verfahrensgruppen
Zertei-len, Spanen, Abtragen, Zerlegen und Reinigen (Bild 4.1).
Bild 4.1: Beispiele trennender Bearbeitungsverfahren
Trennen ist das Herstellen geometrisch bestimmter fester Körper
mittels Werkzeugen durchFormändern und Stoffzusammenhaltvermindern.
Geometrisch bestimmte feste Körper sindHalbzeuge, montagefähige
Einzelteile oder Werkzeuge.
Die weitere Klassifizierung der Verfahren ist
verfahrensgruppenabhängig und wird in den nachfol-genden
Abschnitten für das Spanen und Abtragen erläutert.
-
124 4 Trennen
4.2 Trennen durch Spanen
4.2.1 Wirtschaftliche Bedeutung
Die Verfahrensgruppe Spanen umfasst die große Anzahl von
Verfahrensuntergruppen und speziel-len Verfahren, mit denen
verschiedenartige Formelemente an Werkstücken durch Abtrennen
vonStoffteilchen auf mechanischem Weg gefertigt werden können.
Trennende, insbesondere spanende Werkzeuge, sind meist
werkstückunabhängige Werkzeuge mitgeringer Formspeicherung. Um
dennoch verschiedenartige Formelemente erzeugen zu können, istein
komplizierter Bewegungsaufwand notwendig. Die Werkzeuge besitzen
den Vorteil der Nach-stellbarkeit, so dass hohe Forderungen
hinsichtlich Maß-, Form- und Lagetoleranz sowie Oberflä-chengüte
erfüllt werden können. Spanende Fertigungsverfahren sind daher
vorwiegend Verfahrender Fertig- bzw. Feinbearbeitung vorgeformter
(z. B. umgeformter) Werkstücke in mittleren
Stück-zahlbereichen.
Tabelle 4.1: Fertigungsverfahren im Qualitätsvergleich (RZ) nach
DIN 4766 (Auszug)
Generell stehen die Fertigungsverfahren miteinander im
„Anwendungswettbewerb“. Die besonde-ren Vorteile des Spanens liegen
in der
• hohen Fertigungsgenauigkeit,• hohen Reproduzierbarkeit der
Qualität (Tabelle 4.1),
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4.2 Trennen durch Spanen 125
• nahezu geometrisch unbegrenzten Bearbeitungsmöglichkeit und•
hohen auftrags- und stückzahlbezogenen Fertigungsflexibilität.Die
Nachteile des Spanens sind vor allem im Materialverbrauch
(Späneabfall), in der relativ ge-ringeren Produktivität und in den
Festigkeitseigenschaften (unterbrochener Faserverlauf) des
End-produktes zu sehen.
Allgemein gesagt, hat die spanabhebende Bearbeitung überall dort
ihre Berechtigung, wo sie unterBerücksichtigung der genannten
Faktoren vorteilhafter als die spanlose Formung anzuwenden
ist.Daraus lassen sich die nachstehend genannten Einflussgrößen auf
den Spanungsvorgang und somitauch auf die Werkstückqualität
ableiten:
• Bearbeitungsverfahren• Werkstück (Werkstoff, Festigkeit,
Gefüge, Homogenität, Abmessungen, Gestalt, Stabilität)• Werkzeug
(Sorte, Anschliff, Verschleiß, Abmessungen, Starrheit)•
Werkzeugmaschine (Spannelemente, Starrheit und
Schwingungsverhalten, Betriebszustand)• Spanungsbedingungen
(Schnittgeschwindigkeit, Schnitttiefe, Vorschub, Werkzeugwinkel,
Küh-
lung, Schmierung)
Der Gesamtzusammenhang zwischen Einflussgrößen und
Werkstückqualität ist im Bild 4.2 dar-gestellt. Die
Werkstückqualität wird wesentlich vom System Werkzeugmaschine –
Werkzeug –Werkstück bestimmt.
Bild 4.2: Einflussgrößen auf die entstehende Werkstückoberfläche
bei der Metallzerspanung
Die Wettbewerbsfähigkeit der Zerspanungstechnik wird zukünftig
vor allem durch folgende Fak-toren beeinflusst:
• Flexible Automatisierung der Werkstück- und
Werkzeughandhabung• Einstellbare Werkzeugsysteme zur Minimierung
der Rüst- und Nebenzeit• Hohe Standzeiten der Werkzeuge im
HSC-(High Speed Cutting-)Bereich und in der Hartzerspa-
nung durch verbesserte Schneidstoffeigenschaften
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126 4 Trennen
• Automatisierte Prozess- und Fertigungsmittelüberwachung•
Komplettbearbeitung in einer Aufspannung• Kundengerechte
Modularisierung der Fertigungsmittel durch Plattformstrategien•
Werkstattnahe und wissensbasierte Programmiertechnologien•
Minimierung des Kühl- und Schmiermittelverbrauchs bis zur
Trockenbearbeitung
4.2.2 Grundlagen der spanenden Fertigung
In den folgenden Ausführungen soll auf die wesentlichsten
verfahrensübergreifenden Grundlagender spanenden Formung
eingegangen werden. Sie sollen dazu dienen, die
Verfahrenssystematik,-kinematik, -einflussgrößen und
Verschleißgrößen im Zusammenhang zu sehen.
4.2.2.1 Klassifizierung im Überblick
Prinzipiell sind die Klassifizierungsmerkmale
Automatisierungsgrad, Schneidengeometrie, Form-elementegeometrie
und Lage der Bearbeitungsstelle für die Verfahrenseinteilung und
-auswahlentscheidend.
nach Automatisierungsgrad:
maschinell manuellautomatisiert unbestimmte Relativbewegung
zwischen Werkzeug und Werkstück
nach geometrischer Art der Schneide:
geometrisch bestimmte Schneide geometrisch unbestimmte
SchneideSchneidenanzahl, Geometrie der Schneidkeile und Lage
derSchneiden zum Werkstück sind bekannt (Drehen, Bohren,Fräsen)
Schleifen, Honen, Läppen
nach Art der zu erzeugenden Fläche (Formelement):
Tabelle 4.2: Einfache Grundkinematikebene Fläche
kreiszylindrische Fläche
Plandrehen Planfräsen Runddrehen
Schraubflächen ProfilflächenAbbilden mit Werkzeugprofil Form
implizit im Werkzeug
Gewindestrehlen Profildrehen
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4.2 Trennen durch Spanen 127
Tabelle 4.3: Komplizierte GrundkinematikFormflächen einfacher
Art Freiformflächen (3D) Verzahnungsflächen
Werkstück und Werkzeug wälzeneinander ab (Abwälzen)
räumliche Steuerung derVorschub- bzw.
Schnittgeschwindigkeit beimFormdrehen
z. B. Hohlformen (Gesenke)5-Achsbearbeitung beim
Formfräsen
Fräser mit Bezugsprofil führt mitder Vorschubbewegung
simultane
Werkzeugbewegung aus.Wälzfräsen
4.2.2.2 Basisgrößen der Zerspantechnik
Die Zerspanungstechnologien zeichnen sich durch eine eindeutige
Definition ihrer Basisgrößenaus. Im Bild 4.3 ist dazu ein Überblick
gegeben. Die weiteren Erläuterungen dieser Größen
erfolgtüberwiegend am Beispiel des Drehens.
Bild 4.3: Basisgrößen der Zerspantechnik
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128 4 Trennen
4.2.2.3 Bewegungsvorgänge und Geschwindigkeiten bei der
Spanabnahme
Beim Spanen wird eine in der Ausgangsform eines Fertigteils
bereits enthaltene End- bzw. Fer-tigform durch die mechanische
Trennwirkung eines Schneidkeils erzeugt. Die Bewegungen
beimZerspanvorgang sind Relativbewegungen zwischen Werkzeugschneide
und Werkstück. Die Be-wegungen können gerade, kreisförmig oder
beliebig sein. Es sind Bewegungen an der Wirkstelle,die durch die
Werkzeugmaschine erzeugt werden.
Im einzelnen sind dies folgende Bewegungsvorgänge:
• Bewegungen, die die Spanabnahme vorbereiten (Anstell-,
Zustell-, Nachstell-, Rückstellbewe-gung)
• Bewegungen, die unmittelbar zur Spanabnahme führen (Schnitt-,
Vorschub-, Wirkbewegung).Die Späne entstehen durch die Wirkbewegung
nach einer vorangegangenen Zustellbewegung.Die Bewegungsrichtungen
sind dabei momentane Richtungen der Bewegungen im
ausgewähltenSchneidenpunkt (Bild 4.4).
Bild 4.4: Bewegungen zwischen Werkzeugschneide und Werkstück
(Richtungen der Schnitt-,Vorschub- und Wirkbewegungen)
Die Wirkbewegung ist die resultierende Bewegung aus Schnitt- und
gleichzeitig ausgeführter Vor-schubbewegung. Erfolgt keine
gleichzeitige Vorschubbewegung (z. B. beim Stoßen), dann ist
die
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4.2 Trennen durch Spanen 129
Schnittbewegung auch die Wirkbewegung. In diesem Zusammenhang
sind folgende Geschwindig-keiten für den Spanungsvorgang von
Bedeutung:
• Schnittgeschwindigkeit vc • Vorschubgeschwindigkeit vf •
Wirkgeschwindigkeit veIst das Verhältnis vf zu vc sehr klein, so
gilt die Annäherung: ve ≈ vc. Weitere Informationenbezüglich der
Bewegungen, Bewegungsrichtungen, Geschwindigkeiten, Wege sowie
deren Kom-ponenten sind der DIN 6580 zu entnehmen.
4.2.2.4 Hilfsgrößen (Bilder 4.5, 4.6, 4.7, 4.8)
Die einheitliche Betrachtung der verschiedenen spanenden
Fertigungsverfahren erfordert die Ein-führung einiger
Hilfsgrößen:
Vorschubrichtungswinkel ϕ
Der Vorschubrichtungswinkel ist der Winkel zwischen
Vorschubrichtung und Schnittrichtung. Erkann konstant sein, z. B.
beim Drehen ϕ = 90◦ oder sich während des Zerspanvorganges
ständigändern, wie z. B. beim Stirnfräsen.
Bild 4.5: Arbeitsebene, Vorschub- undWirkrichtungswinkel beim
Drehenϕ = 90◦
Bild 4.6: Arbeitsebene, Vorschub- undWirkrichtungswinkel
beimGegenlauffräsen ϕ < 90◦
Wirkrichtungswinkel η
Der Wirkrichtungswinkel ist der Winkel zwischen Wirkrichtung und
Schnittrichtung.
tan η = sin ϕ[(vc/vf ) + cos ϕ]
Arbeitsebene Pfe
Die Arbeitsebene (vgl. DIN 6581) ist eine gedachte Ebene, die
die Schnittrichtung und die Vor-schubrichtung im ausgewählten
Schneidenpunkt enthält. In der Arbeitsebene vollziehen sich
dieBewegungen, die an der Spanabnahme beteiligt sind.
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130 4 Trennen
Bild 4.7: Arbeitsebene, Vorschub- undWirkrichtungswinkel
beimGleichlauffräsen ϕ > 90◦
Bild 4.8: Vorschubrichtungswinkel ϕ beimStirnfräsen
4.2.2.5 Flächen und Vorschubgrößen
Vorschubgrößen ergeben sich aus Vorschubwegen, die auf die
Umdrehung oder auf den Hub be-zogen werden.
Vorschub f beim Drehen (Bild 4.9, Bild 4.10)
Der Vorschub f ist der Vorschub je Umdrehung oder Hub, gemessen
in der Arbeitsebene.
Bild 4.9: Flächen am Werkstück Bild 4.10:
Haupt-/Nebenschnittfläche,Vorschub f (Drehen)
Zahnvorschub fz
Der Zahnvorschub (fz) ist der Vorschubweg je Zahn oder je
Schneide, gemessen in der Arbeitsebe-ne. Der Zahnvorschub ist
gleich dem Abstand zweier unmittelbar hintereinander
entstehenderSchnittflächen, gemessen in Vorschubrichtung.
fz = f/z, (z · · · Anzahl der Zähne oder Schneidenträger)
-
4.2 Trennen durch Spanen 131
Ist z = 1 (beim Drehen oder Fräsen mit Einzahnfräser), so gilt
fz = f . Beim Räumen ergibtsich der Zahnvorschub aus der Staffelung
der Zähne des Räumwerkzeuges. Vom Zahnvorschubabgeleitet sind
Schnittvorschub und Wirkvorschub.
Schnittvorschub fc
Der Schnittvorschub fc ist gleich dem Abstand zweier unmittelbar
hintereinander entstehenderSchnittflächen, gemessen in der
Arbeitsebene senkrecht zur Schnittrichtung.
fc ≈ fz · sin ϕBeim Drehen und Hobeln ist: ϕ = 90◦: fc = fz = f
.
Wirkvorschub fe
Der Wirkvorschub fe ist gleich dem Abstand zweier unmittelbar
hintereinander entstehenderSchnittflächen, gemessen in der
Arbeitsebene senkrecht zur Wirkrichtung.
fe ≈ fz · sin(ϕ − η)Oft ist das Verhältnis vf/vc so klein, dass
der Winkel η vernachlässigt werden kann:
fe ≈ (fz · sin ϕ) = fc
4.2.2.6 Eingriffsgrößen des Werkzeuges
Die Eingriffsgrößen beschreiben geometrisch das
Ineinandergreifen von Werkzeug und Werkstück(Bild 4.11, Bild
4.12).
Bild 4.11: Schnittbreite ap, Arbeitseingriff aeund
Vorschubeingriff af beimUmfangsfräsen
Bild 4.12: ap, ae und af beim Stirnfräsen
Schnitttiefe bzw. Schnittbreite ap
Ist die Tiefe bzw. Breite des Eingriffs des Werkzeuges, gemessen
senkrecht zur Arbeitsebene.Beim Längs-/Plandrehen, Stirnfräsen,
Seitenschleifen entspricht ap der Schnitttiefe. Beim
Ein-stechdrehen, Räumen, Umfangsdrehen, Umfangsschleifen spricht
man von der Schnittbreite ap.Beim Bohren gilt ap = 0,5 ·
Bohrerdurchmesser.
-
132 4 Trennen
Arbeitseingriff ae
Ist die Größe des Eingriffs des Werkzeuges, gemessen in der
Arbeitsebene und senkrecht zur Vor-schubrichtung. Der
Arbeitseingriff hat insbesondere beim Fräsen und Schleifen
Bedeutung.
Vorschubeingriff af
Ist die Größe des Eingriffs des Werkzeuges in
Vorschubrichtung.
4.2.2.7 Spanungsgrößen
Die Spanungsgrößen beschreiben die Maße der vom Werkstück
abzuspanenden Schichten(Bild 4.13).
Bild 4.13: ap, af und Spanungsquerschnitt A beim Runddrehen
Sie sind nicht identisch mit den Maßen der entstehenden Späne.
Spanungsgrößen werden abgeleitetaus:
• dem Profil der aktiven Schneide,• Eingriffsgrößen und•
Vorschüben.Für die vereinfachte Betrachtung der Spanungsgrößen
gelten:
• gerade Schneiden• scharfkantige Schneidenecke• Neigungswinkel
λs = 0• Werkzeug-Einstellwinkel der Nebenschneide κ′r =
0(Anmerkung: Die Kennzeichnung der Winkel und Flächen an der
Nebenschneide erfolgt durch einApostroph am Kurzzeichen. Eine
detaillierte Betrachtung wird in der DIN 6581 vorgenommen.)
Spanungsquerschnitt A
Der Spanungsquerschnitt A ist die Querschnittsfläche eines
abzunehmenden Spanes, gemessensenkrecht zur Schnittrichtung. Durch
ihn werden im einzelnen beeinflusst:
-
4.2 Trennen durch Spanen 133
• Schnittkraft• Standzeit des Werkzeuges•
Werkstückoberflächenqualität• Spanvolumen (besser:
Zeitspanvolumen)Für das Runddrehen gilt: A = ap · f = b · h
4.2.2.8 Werkzeuggeometrie für das Spanen mit geometrisch
bestimmter Schneide
Die festgelegten Begriffe über Bezugssysteme und Winkel am
Schneidteil des Werkzeuges geltenfür alle spanenden
Fertigungsverfahren mit geometrisch bestimmter Schneide. Die
Begriffe bezie-hen sich auf einen ausgewählten Schneidenpunkt im
jeweils betrachteten Augenblick (Bild 4.14,Bild 4.15).
Bild 4.14: Schneidkeil am Zerspanwerkzeug Bild 4.15: Schneiden
und Flächen amSchneidteil des Drehmeißels
Schneidteil
Ist der wirksame Teil des Werkzeuges, an dem sich die
Schneidkeile mit den Schneiden befinden.Bei Werkzeugen mit mehreren
Zähnen hat jeder Zahn einen Schneidteil.
Schneidkeil
Ist ein durch Spanfläche und Freifläche gebildeter Keil am
Schneidteil. Durch Relativbewegungenzwischen Werkzeug und Werkstück
entstehen am Schneidkeil die Späne.
Spanfläche Aγ
Ist die Fläche am Schneidkeil, auf der der Span abläuft.
Freifläche
Ist die Fläche am Schneidkeil, die der entstehenden
Schnittfläche zugekehrt ist. Bei Werkzeugenmit Haupt- und
Nebenschneide(n) wird unterschieden in
• Hauptfreifläche Aα (Fläche an der Hauptschneide) und•
Nebenfreifläche A′α (Fläche an der Nebenschneide).
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134 4 Trennen
Schneide
Ist die von Spanfläche und Freifläche gebildete Kante am
Schneidkeil. Es wird unterschieden in
• Hauptschneide S (bei ϕ = 90◦ in Vorschubrichtung) und•
Nebenschneide S ′ (bei ϕ = 90◦ entgegen Vorschubrichtung).
Schneidenecke
Ist der relativ kleine Teil der Schneide, in dem Haupt- und
Nebenschneide zusammentreffen. AusStabilitätsgründen wird in der
Praxis die Schneidenecke mit einem Radius versehen.
Bezugssysteme
Für die eindeutige Definition und Beschreibung der Winkel am
Schneidteil sind ein „Werkzeug-Bezugssystem“ und ein
„Wirk-Bezugssystem“ erforderlich.
Das „Werkzeug-Bezugssystem“ wird für die Bestimmung der
Geometrie am Schneidteil des Werk-zeuges bei der Konstruktion,
Herstellung und Prüfung benötigt. Das „Wirk-Bezugssystem“ ist
fürdie Bestimmung der Geometrie am Schneidteil des Werkzeuges
während des Zerspanungsvorgan-ges notwendig. Für vc » vF können die
Unterschiede zwischen beiden Bezugssystemen vernach-lässigt
werden.
Die nachfolgenden Aussagen beziehen sich nur auf das
Werkzeug-Bezugssystem (Bild 4.16). Wei-tere Angaben zu beiden
Bezugssystemen sind der DIN 6581 zu entnehmen.
Bild 4.16: Ebenen im Werkzeug-Bezugssystem
Wichtige Winkel am Schneidkeil eines Drehmeißels
Ausgangspunkt bildet die Werkzeug-Bezugsebene Pr, die parallel
zur Auflagefläche des Dreh-meißels liegt. Der ausgewählte
Schneidenpunkt ist ein Punkt der Ebene Pr. Die Werkzeug-
-
4.2 Trennen durch Spanen 135
Schneidenebene Ps steht senkrecht auf Pr und verläuft entlang
der Hauptschneide. Die Werkzeug-Orthogonalebene Po steht senkrecht
auf Pr und Ps.
Gemeinsamer Schnittpunkt der drei Ebenen ist der ausgewählte
Schneidenpunkt. Für die Winkelam Schneidkeil gelten nachfolgende
Definitionen:
a) Messung der Winkel in der Werkzeug-Bezugsebene Pr (Bild
4.17)
• Der Einstellwinkel der Hauptschneide κr ist der Winkel
zwischen der Hauptschneide und demWerkstück in
Vorschubrichtung.
• Der Eckenwinkel εr ist der Winkel zwischen der Haupt- und
Nebenschneide.• Der Einstellwinkel der Nebenschneide κ′r ist der
Winkel zwischen der Nebenschneide und
dem Werkstück in Vorschubrichtung
Bild 4.17: Messung der Winkel in der Werkzeug-Bezugsebene
b) Messung der Winkel in der Werkzeug-Orthogonalebene Po (Bild
4.18)
• Der Freiwinkel αo ist der Winkel zwischen der Hauptfreifläche
und der Werkzeug- Schneide-nebene Ps.
• Der Keilwinkel βo ist der Winkel zwischen der Hauptfreifläche
und der Spanfläche.• Der Spanwinkel γo ist der Winkel zwischen der
Spanfläche und der Werkzeug-Bezugsebene
Pr. Der Spanwinkel ist positiv, wenn die durch den betrachteten
Schneidenpunkt gelegteWerkzeug-Bezugsebene außerhalb des
Schneidkeils liegt.
c) Messung der Winkel in der Werkzeug-Schneidenebene
• Der Neigungswinkel λs ist der Winkel zwischen der
Hauptschneide und der Werkzeug- Be-zugsebene. Der Neigungswinkel
ist positiv, wenn die durch den betrachteten Schneidenpunktgelegte
Werkzeug-Bezugsebene außerhalb des Schneidkeils liegt.
Zur Vereinfachung wird in den weiteren Ausführungen auf die
Verwendung der Indizes an denWerkzeug-Winkeln verzichtet.
Der Freiwinkel α ist der freie Winkel zwischen Freifläche und
bearbeiteter Fläche am Werkstück.Für α = 0◦ tritt eine starke
Reibung zwischen der Freifläche des Werkzeugs und der
Werkstück-oberfläche auf. Daraus ergibt sich eine schlechte
Werkstückoberflächenqualität. Ein großer Frei-winkel mindert den
Freiflächenverschleiß, begünstigt aber das Ausbrechen der
Schneidkante.
-
136 4 Trennen
Bild 4.18: Messung der Winkel in der
Werkzeug-Orthogonalebene
Der Keilwinkel β ist der Winkel des in das Werkstück
eindringenden Schneidkeils. Die Werkzeug-schneide dringt um so
leichter in den Werkstoff ein, je kleiner der Keilwinkel ist.
Andererseitsmuss die Schneide um so stabiler sein, je höher die
Festigkeit des zu spanenden Werkstoffs ist.Schneiden mit großem
Keilwinkel können die Zerspanungswärme besser von der Schneide
abfüh-ren.
Der Spanwinkel γ beeinflusst vor allem die Spanbildung. Der
Spanwinkel wird um so größergewählt, je weicher der Werkstoff ist.
Tabelle 4.4 enthält Richtwerte für die Winkel α, β und γzum Spanen
unterschiedlicher Werkstoffe.
Tabelle 4.4: Winkel am Schneidkeil bei unterschiedlichen
Werkstoffen