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Spezielle Methoden der Pharmazeutischen Chemie 4 : Instrumentelle Methoden zur Diastereomeren- und Enantiomerentrennung (für Diplomanden und Dissertanten im Fach Pharmazeutische Chemie/Synthese) Vorlesung, 2 st, n.Ü., Beginn : Mi, 24.3.2010, 15.00-17.00 im Hörsaal 5 320.141
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320.141 Spezielle Methoden der Pharmazeutischen Chemie 4 · Wirkung stereoselektiv nein Entwicklung nicht sinnvoll erwünschte Wirkung stereoselektiv ja Entwicklung sinnvoll ja unerwünschte

Aug 20, 2019

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hoangnhan
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Page 1: 320.141 Spezielle Methoden der Pharmazeutischen Chemie 4 · Wirkung stereoselektiv nein Entwicklung nicht sinnvoll erwünschte Wirkung stereoselektiv ja Entwicklung sinnvoll ja unerwünschte

Spezielle Methoden der Pharmazeutischen Chemie 4:Instrumentelle Methoden zur Diastereomeren- und Enantiomerentrennung (für Diplomanden und Dissertanten im Fach Pharmazeutische Chemie/Synthese)Vorlesung, 2 st, n.Ü., Beginn: Mi, 24.3.2010, 15.00-17.00 im Hörsaal 5

320.141

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Kapiteleinteilung:

1. Chiralität und Arzneistoff2. Nachweis der Enantiomerenreinheit chiraler Verbindungen

• durch Polarimetrie• durch NMR-Spektroskopie

- NMR-Spektroskopie mit chiralen shift-Reagenzien- NMR-Spektroskopie diastereomerer Derivate

• durch Gaschromatographie (GC)- GC an chiralen Phasen- GC diastereomerer Derivate

• durch Hochdruckflüssigchromatographie- HPLC an chiralen Phasen- HPLC diastereomerer Derivate

• durch Kapillarelektrophorese (CE)3. Präparative Trennungen von Enantiomeren und Diastereomeren

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Chiralität und Arzneistoff

Die Antipoden chiraler Arzneistoffe zeigen in biologischen Systemen häufig unterschiedliche Wirkungen, sodaß man folgende Bezeichnungen eingeführt hat:Eutomer: Enantiomer mit der erwünschten WirkungDystomer: Antipode des Eutomer

Das Phänomen der chiralen Erkennung tritt vorallem dann auf, wenn die Wirkung des Arzneistoffes durch Interaktion mit Rezeptoren zustandekommt.

Rezeptoren können aus folgenden Gründen zwischen den Antipoden chiraler Arzneistoffe unterscheiden:

• Am Aufbau von Rezeptoren sind Proteine stets maßgeblich beteiligt.• Proteine sind aus chiralen Aminosäuren aufgebaut• daher besitzen Rezeptoren immer asymmetrische Geometrie• es bilden sich mit den Enantiomeren diastereomere Wirkstoff-Rezeptor-Komplexe

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Übersicht:

• Beispiele für die Enantioselektivität von Arzneistoffwirkungen• Eutomer ist Träger der erwünschten Wirkung /

Dystomer ist inaktiv• Eutomer ist Träger der erwünschtenWirkung

Dystomer verursacht toxische Nebenwirkungen• Enantiomer ist Träger einer erwünschten Wirkung

Antipode ist Träger einer anderen erwünschten Wirkung• ein Enantiomer ist Träger einer erwünschten Wirkung (mit hohe Enantioselektivität)

beide Antipode sind Träger einer anderen erwünschten Wirkung (mit niedriger Selektivität)• Enantiomer ist Träger einer erwünschten Wirkung

Antipode ist Träger einer anderen erwünschtenWirkungWirkungen sind synergistisch im Sinne des Therapiezieles

• Entwicklung eines Enantiomers zum Arzneistoff

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HON

OMe

O NH2 H

O

O

HH

OHN

MeO

ONH2H

O

O

HH

Aspartam

L-Asp-L-Phe-methylester

Süßkraft 180

D-Asp-D-Phe-methylester

bitter

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Menthol

OH

(-)-Menthol, (1R,3R,4S)

erfrischend, stark kühlend,süß-minzig

Mundpflegeprodukte

(+)-Menthol, (1S,3S,4R)

dumpf, muffig, krautig

HO

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Androsta-4,16-dien-3-on

O

(+)-Enantiomer

durchdringender UringeruchEntdeckungsschwellwert 1 ppb

(-)-Enantiomer

geruchlos

O

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Fall 1:Eutomer ist Träger der erwünschten WirkungDystomer ist inaktiv

Chiralität und Arzneistoff

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Ibuprofen

OH

HO

(S)-(+)-EnantiomerEutomer : Dystomer = 200:1

Dexibuprofen: Actfen ®, Monactil ®, Seractil ®

Racemat: (Avallone ®, Brufen ®, Dismenol ®, Dolgit ®, ...)

(R)-(-)- Enantiomerin vitro inaktiv

OH

HO

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OH

H

(S)-(+)- Ibuprofen

OH

H

(R)-(-)- Ibuprofen

SCoA

H

(S)-(+)- Ibuprofen-CoA

SCoA

H

(R)-(-)- Ibuprofen-CoA

Acyl-CoA-Synthetase

Acyl-CoA-Synthetase

Epimerase

O O

O O

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(-)-Hyoscyamin

N

O

Racemat = Atropin

O

HOH

(+)-Hyoscyamin

N

O O

HOH

N

O OH

HO

Enol-Form

Eutomer:Dystomer = 40:1

Hyoscyamin

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Fall 2:Eutomer ist Träger der erwünschtenWirkungDystomer verursacht toxische Nebenwirkungen

Chiralität und Arzneistoff

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Ethambutol

NN

H

H

H

OH OH

H

(S,S)-Enantiomer

AntituberculoticumEutomer : Dystomer = 16:1

(R,R)-Enantiomer

hoch toxisch, verursacht Opticusneuritis

NN

H

H

H

OHHO

H

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Levodopa

OH

NH2

HO

HO

HO

(S)-(-)-Enantiomer

Basistherapeuticum bei Morbus Parkinson

wird aktiv resorbiert

(R)-(+)- Enantiomer

verursacht Granulocytopenie

Resorption durch passive Diffusion

OH

NH2

HO

HO

HO

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Ofloxacin

NNN

O O

OH

O

F

(S)-(-)-Enantiomer

besser ZNS-gängig

Levofloxacin: Tavanic ®

(R)-(-)-Enantiomer

neurotoxisch

Eutomer : Dystomer = 128:1

NNN

O O

OH

O

F

Racemat: Tarivid ®, Floxel ®

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D-Penicillamin

OH

HS

NH2

HO

(S)-(-)-Penicillamin

Basistherapeuticum bei rheumatischer Arthritis

Antidot bei Schwermetall-Vergiftung (Hg,Cu,Pb,Zn,Co)

(R)-(+)- Penicillamin

stört Proteinsynthese (Einbau statt L-Val und L-Ile)

Vitamin-B6-Antagonist

Mutagen, Muskelspasmen, Gewichtsverlust, allergische Reaktionen

OH

HS

NH2

HO

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Fall 3:Enantiomer ist Träger einer erwünschten WirkungAntipode ist Träger einer anderen erwünschtenWirkung

Chiralität und Arzneistoff

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(S)-Propranolol

O

OH

N

H

H

β-Adrenorezeptoren-Blocker

(R)-Propranolol

keine Wirkung an β- Rezeptoren

hemmt Deiodase zur Konversion von L-T4 in L-T3Anwendung bei Thyreoiditis

O

OH

N

H

H

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Levothyroxin

OH

NH2

HO

O

I

I

I

I

HO

Dextrothyroxin

OH

NH2

HO

O

I

I

I

I

HO

Schilddrüsenhormon L-T4 Lipidsenker

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Dexfenfluramin

HN

H

CF3

(S)-(+)-EnantiomerAppetitzügler

serotoninerg durch5-HT-Freisetzung und5-HT-reuptake-Hemmung

Dexfenfluoramin: Isomeride ®

Levofenfluramin

HN

H

CF3

(R)-(-)-EnantiomerNeurolepticum

Dopamin-Antagonist

Anwendung bei Stereotypien

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Levamisol Dexamisol

AnthelminticumPhagocytose und Lymphocytenaktivitätstimulierend

AntidepresivumEmetikum

Levamisol: Virbac®, Ripercol ®

N

SN

H N

S N

H

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Fall 4:ein Enantiomer ist Träger einer erwünschten Wirkung(mit hohe Enantioselektivität)beide Antipode sind Träger einer anderen erwünschtenWirkung(mit niedriger Enantioselektivität)

Chiralität und Arzneistoff

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Carvedilol

O

HO

N

H

NH

O

OMe

β-Blocker

α1-Blocker

β-Blocker-Wirkung: (-)-(S)-Enantiomer 100x wirksamerα-Blocker-Wirkung: beide Enantiomere gleich aktiv

Racemat: Dilatrend ®

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Propafenon

O

OH

N

H

HO

β-Blocker-Wirkung: (+)-(S)-Enantiomer 100x wirksamerNa-Kanal-Blocker-Wirkung: beide Enantiomere gleich aktivMDR-modulierende-Wirkung: beide Enantiomere gleich aktiv

Racemat: Asonacor ®, Metronom ®, Rhythmocord ® , Rhythmonorm ®

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Verapamil

Ca-Kanal-Blocker-Wirkung: (-)-(S)-Enantiomer 20x wirksamerMDR-modulierende-Wirkung: beide Enantiomere gleich aktiv

Racemat: Isoptin ®, Verapabene ®, Verexamil ®

NMeO

MeO

C

N OMe

OMe

HCl

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(-)-(S)-Timolol (+)-(R)-Timolol

Eutomer zur Behandlung von Hypertonie und Angina Pectoris

Eutomer zur Glaukom-Behandlung

β-Blocker-Wirkung: (-)-(S)-Enantiomer 100x wirksamerVerminderung der Kammerwasserproduktion: beide Enantiomere gleich aktiv

Racemat: Blocadren ®, Timoptic ®

OH

N

H

H

OO

N

NS

N

OH

N

H

H

OO

N

NS

N

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Fall 5:Enantiomer ist Träger einer erwünschten WirkungAntipode ist Träger einer anderen erwünschtenWirkung

Wirkungen sind synergistisch im Sinne des Therapiezieles

Chiralität und Arzneistoff

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(1R,2R)-Tramadol

HO OMe

N

HCl

µ-Opioidrezeptor-AgonistSerotonin-reuptake-Inhibitor

1/5 - 1/10 der Morphinwirkung

(1S,2S)-Tramadol

keine Wirkung an OpioidrezeptorenNoradrenalin-reuptake-Inhibitor

Hemmung der Schmerzleitung in den noradrenergen Bahnen

Racemat: (Tramal ®, Tramabene ®, Nycodol ®, ...)

OHMeO

N

HCl

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Entwicklung eines Enantiomers zum Arzneistoff

Konfiguration stabilnein Entwicklung nicht sinnvoll

ja

Wirkung stereoselektivnein

Entwicklung nicht sinnvoll

erwünschte Wirkung stereoselektiv

jaEntwicklung sinnvoll

ja

unerwünschte Wirkung stereoselektiv

jaEntwicklung sinnvoll

nein

Metabolismus stereoselektiv

jaEntwicklung sinnvoll

nein

neinEntwicklung nicht sinnvoll