Top Banner
54 2.4 Entscheidung bei Risiko § Entscheidung bei Risiko nimmt an, dass für jeden Zustand S j seine Eintrittswahrscheinlichkeit P(S j ) bekannt ist § Eintrittswahrscheinlichkeiten bestimmbar als § statistische Wahrscheinlichkeiten basierend auf Erfahrungen aus der Vergangenheit (z.B. wie oft hat es an diesem Tag in den letzten 100 Jahren geregnet) § subjektive Wahrscheinlichkeiten basierend auf den Erwartungen des Entscheiders Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie
26

2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

Sep 05, 2019

Download

Documents

dariahiddleston
Welcome message from author
This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Page 1: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

54

2.4 Entscheidung bei Risiko§ Entscheidung bei Risiko nimmt an, dass für jeden ZustandSj seine Eintrittswahrscheinlichkeit P(Sj) bekannt ist

§ Eintrittswahrscheinlichkeiten bestimmbar als

§ statistische Wahrscheinlichkeiten basierend auf Erfahrungen aus der Vergangenheit (z.B. wie ofthat es an diesem Tag in den letzten100 Jahren geregnet)

§ subjektive Wahrscheinlichkeiten basierend aufden Erwartungen des Entscheiders

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

Page 2: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

55

Diskrete Zufallsvariable§ Sei X eine diskrete Zufallsvariable mit möglichen Werten

{a1,…,an} und Wahrscheinlichkeiten P(X = ai),

§ Erwartungswert einer diskreten Zufallsvariable X ist

§ Beispiel: Fairer Würfel mit sechs Seiten

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

E(X) = 1 · 16 + 2 · 1

6 + . . . 6 · 16 = 3.5

µ = E(X) =nÿ

i=1ai · P (X = ai)

Page 3: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

56

Diskrete Zufallsvariable§ Varianz einer diskreten Zufallsvariable X ist

und es gilt

§ Größe σ heißt Standardabweichung (auch: Streuung)

§ Beispiel: Fairer Würfel mit sechs Seiten

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

‡2 = V (X) =nÿ

i=1(ai ≠ µ)2 · P (X = ai)

V (X) = E(X ≠ E(X))2 = E(X2) ≠ (E(X))2

V (X) = (1 ≠ 3.5)2 · 16 + (2 ≠ 3.5)2 · 1

6 + . . . + (6 ≠ 3.5)2 · 16 = 2.916

Page 4: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

57

Dominanz bei Unsicherheit§ Konzept der Dominanz lässt sich auf den Fall

mehrerer Zustände erweitern

§ absolute Dominanz betrachtet nur das schlechtmöglichsteund bestmöglichste Ergebnis je Alternative

§ Zustandsdominanz vergleich die Ergebnisseder Alternativen zustandsweise

§ stochastische Dominanz (erster Ordnung) betrachtetauch die Wahrscheinlichkeiten der Zustände

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

Page 5: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

58

Absolute Dominanz§ Alternative Ai dominiert Alternative Aj im Sinne

absoluter Dominanz, wenn gilt

d.h. das schlechteste Ergebnis von Ai ist mindestensso gut wie das beste Ergebnis von Aj

§ Beispiel:

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

min

k(xik) Ø max

k(xjk)

S1 S2 S3 S4

0.20 0.50 0.20 0.10

A1 40 20 30 50A2 20 20 5 10

A1 dominiert A2

Page 6: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

59

Zustandsdominanz§ Alternative Ai dominiert Alternative Aj im Sinne der

Zustandsdominanz, wenn gilt

d.h. Ai ist in allen Zuständen mindestens so gut wie Aj

und in mindestens einem besser

§ Beispiel:

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

’k : xik Ø xjk : · ÷ k : xik > xjk

S1 S2 S3 S4

0.20 0.50 0.20 0.10

A1 40 20 10 20A2 40 25 10 40 A2 dominiert A1

Page 7: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

60

Stochastische Dominanz§ Stochastische Dominanz beruht auf Vergleich der

Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Alternativen

§ Betrachte Alternative Ai als Zufallsvariable, dann sei

die Wahrscheinlichkeit, dass Ai zu einen Ergebniskleiner gleich xi führt

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

P (Ai Æ xi)

Page 8: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

61

Stochastische Dominanz§ Beispiel:

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

S1 S2 S3 S4

0.10 0.50 0.20 0.20

A1 10 20 50 100A2 10 50 100 20

P (Ai Æ 10) P (Ai Æ 20) P (Ai Æ 50) P (Ai Æ 100)

A1 0.10 0.60 0.80 1.00A2 0.10 0.30 0.80 1.00

10 20 50 100

A2

A1

Page 9: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

62

Stochastische Dominanz§ Stochastische Dominanz (erster Ordnung) der Alternative

Ai über die Alternative Aj liegt vor, wenn

§ Beispiel: Alternative A2 dominiert Alternative A1

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

10 20 50 100

A2

A1

’ x : P (Ai Æ x) Æ P (Aj Æ x) · ÷ x : P (Ai Æ x) < P (Aj Æ x)

…’ x : P (Ai > x) Ø P (Aj > x) · ÷ x : P (Ai > x) > P (Aj > x)

Page 10: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

63

Risikoeinstellung des Entscheiders§ Risikoneutralität

§ Entscheider ist indifferent zwischen Alternativen mitgleichem Erwartungswert

§ Risikoaversion

§ Entscheider zieht bei zwei Alternativen mit gleichem Erwartungswert diejenige mit geringerer Streuung vor

§ Risikofreude

§ Entscheider zieht bei zwei Alternativen mit gleichem Erwartungswert diejenige mit höherer Streuung vor

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

Page 11: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

64

Risikoeinstellung des Entscheiders§ Beispiel: Entscheidung über Teilnahme an einfachem

Glücksspiel (z.B. Münzwurf) mit Einsatz 10€

§ A1: Teilnahme, A2: Nicht-Teilnahme

§ S1: Gewinn, S2: Kein Gewinn

§ A1 oder A2 bei Risikoneutralität§ A1 bei Risikofreude§ A2 bei Risikoaversion

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

S1 S2 µ ‡

0.50 0.50

A1 10 ≠10 0.0 10.0A2 0 0 0.0 0.0

Page 12: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

65

Indifferenzkurven nach Risikoeinstellung

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

µ

µ

µ

Risikoneutralität Risikoaversion Risikofreude

Page 13: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

66

µ-Regel§ μ-Regel beurteilt Alternativen nach ihrem Erwartungswert

(ursprünglich formuliert für den Fall einer Zielgröße)

§ Risikoeinstellung des Entscheiders nicht berücksichtigt

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

�(Ai) = E(xij) =nÿ

j=1xij · P (Sj)

Page 14: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

67

µ-Regel§ Beispiel: Lotterie mit 5 Millionen im Jackpot und Einsatz 3€

§ A1: Teilnahme, A2: Nicht-Teilnahme

§ S1: Gewinn, S2: Kein Gewinn

§ Entscheider wird niemals an der Lotterie teilnehmen,sofern er die µ-Regel anwendet

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

S1 S2 µ

14 · 10≠6 1 ≠ 14 · 10≠6

A1 4, 999, 997 ≠3 ¥ ≠2.64A2 0 0 0

Page 15: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

68

(µ,σ)-Prinzip§ (µ,σ)-Prinzip berücksichtigt neben dem Erwartungswert

die Standardabweichung der Ergebnissezur Beurteilung der Alternativen

§ Präferenzfunktion Φ(Ai) = Φ(µi, σi) z.B. als Linearkombination von Erwartungswert µi

und Standardabweichung σi definiert

mit α als Gewichtungsparameter, welcher die Risikoeinstellung des Entscheiders erfasst (α > 0 : Risikoaversion; α < 0 : Risikofreude)

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

�(Ai) = µi ≠ – · ‡i

Page 16: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

69

(µ,σ)-Prinzip§ Beispiel:

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

S1 S2 S3 µ ‡ – = +1 – = 0 – = ≠10.5 0.2 0.3

A1 40 20 10 27.00 13.45 13.55 27.00 40.45A2 120 ≠30 ≠20 48.00 72.08 ≠24.08 48.00 120.08A3 30 10 60 35.00 18.03 16.97 35.00 53.03

Page 17: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

70

(μ,σ)-Prinzip und stochastische Dominanz§ Stochastische Dominanz erster Ordnung und

(µ,σ)-Prinzip sind inkompatibel, d.h. wireliminieren u.U. optimale Alternativen

§ Beispiel:

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

S1 S2 µ ‡

0.50 0.50

A1 100 100 100 0.00A2 50 100 75 35.35

0 50 100

A2

A1

A2 würde eliminiert, ist aber für risikofreudige Entscheider (z.B. α = -1.0) u.U. optimal

Page 18: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

71

Petersburger Spiel§ Petersburger Spiel (auch: Petersburger Paradoxon)

§ wiederholter Wurf einer fairen Münze (Kopf oder Zahl)

§ fällt im n-ten Münzwurf erstmals Zahl, so erhält Spieler 2n

§ Erwartungswert des Petersburger Spiels

§ Ein nach der µ-Regel handelnder Entscheider wäre alsoimmer bereit, einen beliebig großen Betrageinzusetzen und am Spiel teilnehmen

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

µ = 2 · 12 + 4 · 1

4 + 8 · 18 + . . . = Œ

Page 19: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

72

Bernoulli-Prinzip§ Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko

§ betrachten nur eine Zielgröße und

§ verdichten Zielgrößenwerte in den Parametern µ und σ

§ Bernoulli-Prinzip besteht aus zwei Schritten

§ bestimme für den Entscheider eine Nutzenfunktion U(xi)(z.B. mittels Durchführung einer Bernoulli-Befragung)

§ wähle eine Alternative mit höchstem erwarteten Nutzen(auch: Bernoulli-Nutzen, Erwartungsnutzen)

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

�(Ai) =nÿ

j=1U(xij) · P (Sj)

Page 20: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

73

Bernoulli-Prinzip§ Wo liegt der Unterschied zur µ-Regel und (µ,σ)-Prinzip?

§ es können mehrere Zielgrößen betrachtet werden

§ explizite Betrachtung von Nutzen anstelle von Zielgröße

§ Nutzenfunktion erfasst Risikoeinstellung des Entscheiders

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

Page 21: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

74

Nutzenfunktionen und Risikoeinstellung§ Krümmung der Nutzenfunktion lässt auf die

Risikoeinstellung des Entscheiders schließen

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

118 5 Rationale Entscheidung bei Risiko: Das Bernoulli-Prinzip

U(x)

x0

U(x)

x0

U(x)

x0

U(x)

x0 Risikofreude

RisikoaversionRisikoneutralität0

0

Abb. 5.1 Der Verlauf unterschiedlicher Nutzenfunktionen

veranschaulicht werden (vgl. bereits Abschn. 4.4 des Kap. 4): Ein Entscheider wird vordie Entscheidung gestellt, an einem Glücksspiel teilzunehmen, bei dem er mit gleicherWahrscheinlichkeit 0,5 (z. B. durch den Wurf einer Münze) den Betrag ! gewinnen oderverlieren kann. Beträgt sein gegenwärtiges Vermögen W, so ist das Ergebnis bei Teilnahmeam Glücksspiel entweder W + ! oder W − !. Da beide Ergebnisse gleich wahrscheinlichsind, beträgt der Erwartungswert W. Ist der Entscheider risikoneutral, so zeigt er sich indif-ferent bezüglich der Teilnahme am Glücksspiel. Ist er risikoavers, so lehnt er die Teilnahmestrikt ab. Ein risikofreudiger Entscheider dagegen begrüßt die Teilnahme.

Um dieses Entscheidungsverhalten über das Bernoulli-Prinzip, d. h. über die Orien-tierung an der Präferenzfunktion (5.1) nachzubilden, muss die Nutzenfunktion folgendeEigenschaft haben:

• Ist der Entscheider risikoneutral, so ist er indifferent zwischen Teilnahme und Nicht-Teilnahme am Glücksspiel. Entsprechend muss das Bernoulli-Prinzip beim Vergleichbeider Alternativen denselben Erwartungswert des Nutzens ausweisen:

12

· U(W + !) + 12

· U(W − !) = U(W).

Diese Bedingung ist für beliebige Werte von ! und W nur für lineare Nutzenfunktionenerfüllt.

118 5 Rationale Entscheidung bei Risiko: Das Bernoulli-Prinzip

U(x)

x0

U(x)

x0

U(x)

x0

U(x)

x0 Risikofreude

RisikoaversionRisikoneutralität0

0

Abb. 5.1 Der Verlauf unterschiedlicher Nutzenfunktionen

veranschaulicht werden (vgl. bereits Abschn. 4.4 des Kap. 4): Ein Entscheider wird vordie Entscheidung gestellt, an einem Glücksspiel teilzunehmen, bei dem er mit gleicherWahrscheinlichkeit 0,5 (z. B. durch den Wurf einer Münze) den Betrag ! gewinnen oderverlieren kann. Beträgt sein gegenwärtiges Vermögen W, so ist das Ergebnis bei Teilnahmeam Glücksspiel entweder W + ! oder W − !. Da beide Ergebnisse gleich wahrscheinlichsind, beträgt der Erwartungswert W. Ist der Entscheider risikoneutral, so zeigt er sich indif-ferent bezüglich der Teilnahme am Glücksspiel. Ist er risikoavers, so lehnt er die Teilnahmestrikt ab. Ein risikofreudiger Entscheider dagegen begrüßt die Teilnahme.

Um dieses Entscheidungsverhalten über das Bernoulli-Prinzip, d. h. über die Orien-tierung an der Präferenzfunktion (5.1) nachzubilden, muss die Nutzenfunktion folgendeEigenschaft haben:

• Ist der Entscheider risikoneutral, so ist er indifferent zwischen Teilnahme und Nicht-Teilnahme am Glücksspiel. Entsprechend muss das Bernoulli-Prinzip beim Vergleichbeider Alternativen denselben Erwartungswert des Nutzens ausweisen:

12

· U(W + !) + 12

· U(W − !) = U(W).

Diese Bedingung ist für beliebige Werte von ! und W nur für lineare Nutzenfunktionenerfüllt.

118 5 Rationale Entscheidung bei Risiko: Das Bernoulli-Prinzip

U(x)

x0

U(x)

x0

U(x)

x0

U(x)

x0 Risikofreude

RisikoaversionRisikoneutralität0

0

Abb. 5.1 Der Verlauf unterschiedlicher Nutzenfunktionen

veranschaulicht werden (vgl. bereits Abschn. 4.4 des Kap. 4): Ein Entscheider wird vordie Entscheidung gestellt, an einem Glücksspiel teilzunehmen, bei dem er mit gleicherWahrscheinlichkeit 0,5 (z. B. durch den Wurf einer Münze) den Betrag ! gewinnen oderverlieren kann. Beträgt sein gegenwärtiges Vermögen W, so ist das Ergebnis bei Teilnahmeam Glücksspiel entweder W + ! oder W − !. Da beide Ergebnisse gleich wahrscheinlichsind, beträgt der Erwartungswert W. Ist der Entscheider risikoneutral, so zeigt er sich indif-ferent bezüglich der Teilnahme am Glücksspiel. Ist er risikoavers, so lehnt er die Teilnahmestrikt ab. Ein risikofreudiger Entscheider dagegen begrüßt die Teilnahme.

Um dieses Entscheidungsverhalten über das Bernoulli-Prinzip, d. h. über die Orien-tierung an der Präferenzfunktion (5.1) nachzubilden, muss die Nutzenfunktion folgendeEigenschaft haben:

• Ist der Entscheider risikoneutral, so ist er indifferent zwischen Teilnahme und Nicht-Teilnahme am Glücksspiel. Entsprechend muss das Bernoulli-Prinzip beim Vergleichbeider Alternativen denselben Erwartungswert des Nutzens ausweisen:

12

· U(W + !) + 12

· U(W − !) = U(W).

Diese Bedingung ist für beliebige Werte von ! und W nur für lineare Nutzenfunktionenerfüllt.

Quelle: Laux, Gillenkirch und Schenk-Mathes [1]

konkav konvex

Page 22: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

75

Bernoulli-Befragung§ Nutzenfunktion des Entscheiders lässt sich mittels

Bernoulli-Befragung approximieren

§ bestimme schlechtestes und bestes Ergebnis xw und xb

§ für jedes Ergebnis bestimmt man die Wahrscheinlichkeit wi,so dass der Entscheider indifferent ist zwischen§ dem sicheren Ergebnis xi

§ einer Lotterie, die mit Wahrscheinlichkeit wi das Ergebnis xb und mit Wahrscheinlichkeit (1-wi) das Ergebnis xw auszahlt

§ die ermittelten Wahrscheinlichkeiten wi könnenals Werte der Nutzenfunktion U(xi)interpretiert werden

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

Page 23: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

76

Bernoulli-Befragung§ Beispiel: Ergebnisse xw = 0, 20, 40, 60, 80, 100 = xb möglich

§ für x0 = 0 gibt Entscheider Wahrscheinlichkeit w0 = 0.0 an

§ für x1 = 20 gibt Entscheider Wahrscheinlichkeit w1 = 0.4 an

§ für x2 = 40 gibt Entscheider Wahrscheinlichkeit w2 = 0.6 an

§ für x3 = 60 gibt Entscheider Wahrscheinlichkeit w3 = 0.8 an

§ für x4 = 80 gibt Entscheider Wahrscheinlichkeit w4 = 0.9 an

§ für x5 = 100 gibt Entscheider Wahrscheinlichkeit w5 = 1.0 an

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

Page 24: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

77

Bernoulli-Befragung§ Beispiel: Ermittelte Nutzenfunktion

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

0 20 40 60 80 100

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

x

w

RisikoaverserEntscheider

Page 25: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

78

Zusammenfassung§ Risikoeinstellung des Entscheiders spielt eine Rolle

§ risikoavers, risikoneutral oder risikofreudig

§ Entscheidung bei Risiko und einer Zielgröße

§ μ-Regel betrachtet nur Erwartungswert

§ (µ,σ)-Prinzip betrachtet Erwartungswert und Streuung

§ Bernoulli-Prinzip bei Risiko und beliebig vielen Zielgrößen

§ Bernoulli-Befragung zum Bestimmen einer Nutzenfunktion§ Auswahl der Alternative mit höchstem erwarteten Nutzen

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie

Page 26: 2.4 Entscheidung bei Risiko - swl.htwsaar.de · 72 Bernoulli-Prinzip § Bisherige Ansätze zur Entscheidung bei Risiko § betrachten nur eine Zielgrößeund § verdichtenZielgrößenwerte

79

Literatur[1] H. Laux, R. M. Gillenkirch und H. Y. Schenk-Mathes:

Entscheidungstheorie,Springer 2014 (Kapitel 4 und 5)

[2] Hagenloch T.: Grundzüge der Entscheidungslehre,Books on Demand GmbH 2009 (Kapitel 4)

Entscheidungsunterstützende Systeme / Kapitel 2: Entscheidungstheorie